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197 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 85 (2008), Heft 3 Die neue DIN 4085 enthält Angaben zum Erddruck infolge „intensiverVer- dichtung“ der Hinterfüllung von Wän- den. Sie beruhen auf grundsätzlichen Untersuchungen von Broms [1] und vor allem auf Messergebnissen von Petersen und Schmidt [2] und [6]. Sie entsprechen intensiver Verdichtung, auch mit schweren Verdichtungsgerä- ten. Für leichte Verdichtung, die vor allem bei Kelleraußenwänden zum Einsatz kommt, sind gegenwärtig in der DIN 4085 keine Rechenansätze enthalten. Das ist nachteilig, da bei Kelleraußenwänden mit geringen Ver- tikallasten die in der Norm enthalte- nen Ansätze in den Fällen, die nur eine leichte Verdichtung der Hinter- füllung erfordern, einen zu hohen konstruktiven Aufwand zur Folge ha- ben. Um diesen Nachteil zu beseitigen, sollen Folgerungen aus entsprechen- den Untersuchungen der Vergangen- heit gezogen werden, bei denen der Zuwachs des Erddrucks infolge „leich- ter Verdichtung“ gemessen wurde. 1972 bis 1974 wurden am Bau- grundinstitut Stuttgart, initiiert von Smoltczyk, Versuche mit Oberflächen- rüttlern in einem speziellen Versuchs- gelände durchgeführt. Die Ergebnisse werden in der Arbeit von Spotka [3] mitgeteilt. An der TU Dresden wurden in den Jahren 1975 bis 1978 ebenfalls Erddruckmessungen an hinterfüllten Kellerwänden der Großplattenbau- weise „Wohnungsbauserie 70“ im na- türlichen Maßstab durchgeführt, Me- ckelburg [4] und [5]. Die Untersu- chungen galten generell dem belasten- den Erddruck für Kelleraußenwände, mit und ohne Verdichtung der Hinter- füllung. Hinsichtlich der Verdichtung der Hinterfüllung wurde die Wirkung verschiedener Verdichtungsgeräte ein- schließlich Oberflächenrüttler unter- schiedlicher Größe gemessen. Die Ergebnisse sind in der Dis- sertation mit dem Titel „Erddruck auf Kellerwände des WBS 70“ von L. Me- ckelburg (1979) und verkürzt in den Veröffentlichungen [4] und [5] ent- halten. Als wesentliche Erkenntnis wurde festgestellt: a) Auch bei unverdichtetem Ein- bau der Hinterfüllung ist der Erd- druck auf die Wand größer als der ak- tive Erddruck, aber kleiner als der Erd- ruhedruck. Nach heutigem Sprach- gebrauch entspricht er einem „erhöh- ten aktiven Erddruck“. b) Durch eine sorgfältige Ver- dichtung beim Einbau der Hinterfül- lung wächst der Erddruck um ein be- stimmtes Maß an. Die Größe des Erd- druckzuwachses hängt wesentlich von der Art des Verdichtungsgerätes ab. Bei gleicher Wirkungsweise der Ver- dichtungsgeräte, wie bei Vibrations- platten, ist ihre Eigenmasse die wich- tigste Einflussgröße. Die Ergebnisse wurden bereits bei der ersten Fassung der TGL 11464, Blatt 3 „Erdstatische Berechnungs- verfahren, Verfahren zur Berechnung des Erddrucks“ von 1979 berücksich- tigt. Für die Wirkung von Oberflächen- rüttlern wurden auch in Stuttgart ver- gleichbare Ergebnisse erhalten. Von beiden Seiten werden auch ganz ähnliche Berechnungsvorschläge gemacht, die sich an die Vorschläge von Broms anlehnen. Die damals gewonnen Untersu- chungsergebnisse bei Verdichtungs- arbeiten mit Vibrationsplatten kön- nen für eine praktische Anwendung bei „leichter Verdichtung“ genutzt werden. Aus grundsätzlichen bodenme- chanischen Erkenntnissen folgt, dass der nach derVerdichtung infolge Ver- spannung im Boden verbleibende Erddruck nicht größer als der passive Erddruck e pg (d p = 0) sein kann. Dar- aus folgt das Maß z p in Bild 19 der DIN 4085. Dieses Maß beschreibt die Größe des Erddruckzuwachses und ist vom Verdichtungsgerät ab- hängig. Nach Spotka [3] ergibt sich bei den üblichen Oberflächenrüttlern z p in der Größenordnung von 0,20 bis 0,25 m. Die von ihm verwendeten Vi- brationsplatten hatten ein Betriebs- gewicht von 61 kg für „leichte Ver- Dietrich Franke Verdichtungserddruck bei leichter Verdichtung Der Erddruck auf hinterfüllte Wände wird durch die Verdichtung der Hinterfüllung erhöht. In vielen Fällen reicht eine leichte Verdichtung zur Vermeidung größerer Setzungen aus. In Auswertung entsprechender Erddruckmessungen, die in der Vergangenheit in Stutt- gart und Dresden durchgeführt wurden, lassen sich die Angaben der neuen DIN 4085 für leichte Verdichtung ergänzen, wenn bestimmte Einschränkungen bei der Auswahl der Verdichtungsgeräte eingehalten werden. Earth pressure due to light compaction. The earth pressure acting on backfilled walls is increased by compaction. A light compaction suffices in many cases to prevent larger settlements. Earth pressure measurements were performed in the past in Stuttgart and Dresden. Based on these measurements, the specifications of the new DIN 4085 are complemented for light compaction. Fachthemen DOI: 10.1002/bate.200810017

Verdichtungserddruck bei leichter Verdichtung

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Page 1: Verdichtungserddruck bei leichter Verdichtung

197© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 85 (2008), Heft 3

Die neue DIN 4085 enthält Angabenzum Erddruck infolge „intensiverVer-dichtung“ der Hinterfüllung von Wän-den. Sie beruhen auf grundsätzlichenUntersuchungen von Broms [1] undvor allem auf Messergebnissen vonPetersen und Schmidt [2] und [6]. Sieentsprechen intensiver Verdichtung,auch mit schweren Verdichtungsgerä-ten. Für leichte Verdichtung, die vorallem bei Kelleraußenwänden zumEinsatz kommt, sind gegenwärtig inder DIN 4085 keine Rechenansätzeenthalten. Das ist nachteilig, da beiKelleraußenwänden mit geringen Ver-tikallasten die in der Norm enthalte-nen Ansätze in den Fällen, die nureine leichte Verdichtung der Hinter-füllung erfordern, einen zu hohenkonstruktiven Aufwand zur Folge ha-ben.

Um diesen Nachteil zu beseitigen,sollen Folgerungen aus entsprechen-den Untersuchungen der Vergangen-heit gezogen werden, bei denen derZuwachs des Erddrucks infolge „leich-ter Verdichtung“ gemessen wurde.

1972 bis 1974 wurden am Bau-grundinstitut Stuttgart, initiiert vonSmoltczyk, Versuche mit Oberflächen-rüttlern in einem speziellen Versuchs-gelände durchgeführt. Die Ergebnisse

werden in der Arbeit von Spotka [3]mitgeteilt.

An der TU Dresden wurden inden Jahren 1975 bis 1978 ebenfallsErddruckmessungen an hinterfülltenKellerwänden der Großplattenbau-weise „Wohnungsbauserie 70“ im na-türlichen Maßstab durchgeführt, Me-ckelburg [4] und [5]. Die Untersu-chungen galten generell dem belasten-den Erddruck für Kelleraußenwände,mit und ohne Verdichtung der Hinter-füllung. Hinsichtlich der Verdichtungder Hinterfüllung wurde die Wirkungverschiedener Verdichtungsgeräte ein-schließlich Oberflächenrüttler unter-schiedlicher Größe gemessen.

Die Ergebnisse sind in der Dis-sertation mit dem Titel „Erddruck aufKellerwände des WBS 70“ von L. Me-ckelburg (1979) und verkürzt in denVeröffentlichungen [4] und [5] ent-halten.

Als wesentliche Erkenntnis wurdefestgestellt:

a) Auch bei unverdichtetem Ein-bau der Hinterfüllung ist der Erd-druck auf die Wand größer als der ak-tive Erddruck, aber kleiner als der Erd-ruhedruck. Nach heutigem Sprach-gebrauch entspricht er einem „erhöh-ten aktiven Erddruck“.

b) Durch eine sorgfältige Ver-dichtung beim Einbau der Hinterfül-lung wächst der Erddruck um ein be-stimmtes Maß an. Die Größe des Erd-druckzuwachses hängt wesentlich vonder Art des Verdichtungsgerätes ab.Bei gleicher Wirkungsweise der Ver-dichtungsgeräte, wie bei Vibrations-platten, ist ihre Eigenmasse die wich-tigste Einflussgröße.

Die Ergebnisse wurden bereits beider ersten Fassung der TGL 11464,Blatt 3 „Erdstatische Berechnungs-verfahren, Verfahren zur Berechnungdes Erddrucks“ von 1979 berücksich-tigt.

Für die Wirkung von Oberflächen-rüttlern wurden auch in Stuttgart ver-gleichbare Ergebnisse erhalten.

Von beiden Seiten werden auchganz ähnliche Berechnungsvorschlägegemacht, die sich an die Vorschlägevon Broms anlehnen.

Die damals gewonnen Untersu-chungsergebnisse bei Verdichtungs-arbeiten mit Vibrationsplatten kön-nen für eine praktische Anwendungbei „leichter Verdichtung“ genutztwerden.

Aus grundsätzlichen bodenme-chanischen Erkenntnissen folgt, dassder nach derVerdichtung infolge Ver-spannung im Boden verbleibendeErddruck nicht größer als der passiveErddruck epg(dp = 0) sein kann. Dar-aus folgt das Maß zp in Bild 19 derDIN 4085. Dieses Maß beschreibtdie Größe des Erddruckzuwachsesund ist vom Verdichtungsgerät ab-hängig.

Nach Spotka [3] ergibt sich beiden üblichen Oberflächenrüttlern zpin der Größenordnung von 0,20 bis0,25 m. Die von ihm verwendeten Vi-brationsplatten hatten ein Betriebs-gewicht von 61 kg für „leichte Ver-

Dietrich Franke

Verdichtungserddruck bei leichter Verdichtung

Der Erddruck auf hinterfüllte Wände wird durch die Verdichtung der Hinterfüllung erhöht.In vielen Fällen reicht eine leichte Verdichtung zur Vermeidung größerer Setzungen aus.In Auswertung entsprechender Erddruckmessungen, die in der Vergangenheit in Stutt-gart und Dresden durchgeführt wurden, lassen sich die Angaben der neuen DIN 4085 fürleichte Verdichtung ergänzen, wenn bestimmte Einschränkungen bei der Auswahl derVerdichtungsgeräte eingehalten werden.

Earth pressure due to light compaction. The earth pressure acting on backfilled walls isincreased by compaction. A light compaction suffices in many cases to prevent largersettlements. Earth pressure measurements were performed in the past in Stuttgart andDresden. Based on these measurements, the specifications of the new DIN 4085 arecomplemented for light compaction.

Fachthemen

DOI: 10.1002/bate.200810017

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D. Franke · Verdichtungserddruck bei leichter Verdichtung

Bautechnik 85 (2008), Heft 3

dichtung“ und von 520 kg für „starkeVerdichtung“.

Meckelburg gibt für eine Reihevon Verdichtungsgeräten die Größeder Werte von zp an. Er bezeichnetdas gleichbedeutende Maß mit zkr.

In TGL 11464, Blatt 3, wurdendie Verdichtungsgeräte in drei Grup-pen eingeteilt. Sie entsprachen

zp = 0,20 m; zp = 0,40 m und zp = 0,60 m.

Das kleinste Maß gilt für Vibrations-platten mit einer Betriebsmasse von £ 250 kg.

Aus Gl. (82) der neuen DIN 4085erhält man

evh = zp · g · Kphg(dp = 0).

Setzt man in diese Gleichung die an-gegebenen Werte für zp ein, erhältman für g = 18 kN/m3 und f = 35° diein Tabelle 1 enthaltenen Werte für evh.

Die Werte der Zeilen 2 und 3entsprechen in der Größenordnungden Werten, die in Tabelle 3 derneuen DIN 4085 angegeben werden.

Die Zeile 1 entspricht einer leich-ten Verdichtung, für die die neueDIN 4085 noch keine Angaben ent-hält und gilt für eine Verdichtungs-wirkung, die von Oberflächenrüttlernmit einer maximalen Betriebsmassevon 250 kg erreicht wird.

Wenn keine höheren Forderun-gen an die Verdichtung bestehen, ge-nügt es in vielen Fällen, die Hinterfül-lung von Kelleraußenwänden leichtzu verdichten. Dafür sind Vibrations-platten mit einem Betriebsgewichtvon £ 250 kg geeignet. Der dabei ent-stehende Erddruckzuwachs lässt sichdamit in guter Näherung entspre-chend der Tabelle 2 ermitteln.

Literatur

[1] Broms, B. B.: Lateral earth pressuresdue to compaction of cohesionslesssoils; Proc. 4th Int. Conf. Soil Mech. a.Found. Engng.; Budapest, S. 373–384,1971.

[2] Petersen, G., Schmidt, H.: Boden-druckmessungen an Tunnelbauwerkendes Hamburger Schnellbahnbaues. DerBauingenieur 49 (1974), S. 318–326.

[3] Spotka, H.: Einfluß der Bodenver-dichtung mittels Oberflächen-Rüttlerauf den Erddruck einer Stützwand beiSand. Mitteilungen des Baugrundinsti-tuts Stuttgart Nr. 9.

[4] Meckelburg, L.: Erddruck auf Kel-lerwände. Bauzeitung, 1979, H. 11,S. 607–609.

[5] Meckelburg, L.: Erddruck nichtbindi-ger Hinterfüllungen nach der Verdich-tung. Bauzeitung, 1980, H. 1, S. 47–49

[6] Petersen, G., Schmidt, H.: Boden-druckmessungen an einem Tunnelbau-werk in abgeböschter Baugrube. DerBauingenieur 55 (1980), S. 109–114.

Autor dieses Beitrages:Univ.-Prof. i. R. Dr.-Ing. habil. Dietrich Franke,Plauenscher Ring 44, 01187 Dresden, vormals Technische Universität Dresden,Institut für Geotechnik

Tabelle 2. Verdichtungserddruck bei intensiver und leichter VerdichtungTable 2. Earth pressure due to heavy and light compaction

Nachgiebig- intensive Verdichtung leichte Verdichtung mitkeit der Wand Vibrationsplatten mit einer

Breite des zu verfüllenden Raumes B Betriebsmasse von £ 250 kg

£ 1,00 m ≥ 2,50 m

gering evh = 25 kN/m2 za = 2,00 m evh = 15 kN/m2 za = 2,00 m

unnachgiebig evh = 40 kN/m2 evh = 25 kN/m2 evh = 15 kN/m2

Für Zwischenwerte von B darfgeradlinig interpoliert werden.

Tabelle 1. Verdichtungserddruck in Abhängigkeit von zpTable 1. Earth pressure due to compaction against zp

Zeile zp evh [kN/m2]

berechnet mit Gl. (82) das ergibt in der Größenordnung

0,20 13,321 0,225 14,95 15

0,25 16,61

2 0,40 26,64 25

3 0,60 39,96 40

Bild 1. Ansatz des Verdichtungserd-drucks nach DIN 4085, 10/2007Fig. 1. Earth pressure due to compac-tion according to DIN 4085, 10/2007

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