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Verfassung Freistaats Thüringen - thueringen.de · Inhaltsübersicht Präambel 5 Erster Teil Grundrechte, Staatsziele und Ordnung des Gemeinschaftslebens Artikel 1 bis 43 5 Erster

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Verfassung des

Freistaats Thüringen

Stand: Februar 2010

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Inhaltsübersicht

Präambel 5

Erster TeilGrundrechte, Staatsziele und Ordnungdes GemeinschaftslebensArtikel1bis43 5

ErsterAbschnittMenschenwürde,GleichheitundFreiheitArtikel1bis16 5

ZweiterAbschnittEheundFamilieArtikel17bis19 10

DritterAbschnittBildungundKulturArtikel20bis30 11

VierterAbschnittNaturundUmweltArtikel31bis33 14

FünfterAbschnittEigentum,WirtschaftundArbeitArtikel34bis38 14

SechsterAbschnittReligionundWeltanschauungArtikel39bis41 16

SiebterAbschnittGemeinsameBestimmungenfüralleGrundrechteundStaatszieleArtikel42und43 18

Zweiter TeilDer Freistaat ThüringenArtikel44bis103 19

ErsterAbschnittGrundlagenArtikel44bis47 19

ZweiterAbschnittDerLandtagArtikel48bis69 20

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DritterAbschnittDieLandesregierungArtikel70bis78 28

VierterAbschnittDerVerfassungsgerichtshofArtikel79und80 30

FünfterAbschnittDieGesetzgebungArtikel81bis85 32

SechsterAbschnittDieRechtspflegeArtikel86bis89 34

SiebterAbschnittDieVerwaltungArtikel90bis97 35

AchterAbschnittDasFinanzwesenArtikel98bis103 38

Dritter TeilÜbergangs- und SchlussbestimmungenArtikel104bis106 41

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DerThüringerLandtaghatmitdernachArtikel106Abs.1dieserVerfassungvorgesehenenMehrheitdasfolgendeGesetzbeschlossen:

Präambel

IndemBewusstseindeskulturellenReichtumsundderSchönheitdesLandes,seinerwechselvollenGeschichte,derleidvollenErfahrungenmitüberstandenenDiktatu­renunddesErfolgesderfriedlichenVeränderungenimHerbst1989,

in dem Willen, Freiheit und Würde des Einzelnen zuachten, das Gemeinschaftsleben in sozialer Gerechtig­keit zu ordnen, Natur und Umwelt zu bewahren undzuschützen,derVerantwortungfürzukünftigeGenera­tionengerechtzuwerden,innerenwieäußerenFriedenzu fördern, die demokratisch verfasste RechtsordnungzuerhaltenundTrennendesinEuropaundderWeltzuüberwinden,

gibt sich das Volk des Freistaats Thüringen in freierSelbstbestimmungundauchinVerantwortungvorGottdieseVerfassung.

Erster TeilGrundrechte, Staatsziele und Ordnung des Gemein-

schaftslebens

Erster AbschnittMenschenwürde, Gleichheit und Freiheit

Artikel 1

(1) DieWürde des Menschen ist unantastbar. Sie auchimSterbenzuachtenundzuschützen,istVerpflichtungallerstaatlichenGewalt.

(2)Thüringenbekenntsichzudenunverletzlichenundunveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage je­derstaatlichenGemeinschaft,zumFriedenundzurGe­rechtigkeit.

Artikel 2

(1)AlleMenschensindvordemGesetzgleich.

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(2)FrauenundMännersindgleichberechtigt.DasLand,seineGebietskörperschaftenundandereTrägerderöf­fentlichenVerwaltungsindverpflichtet,dietatsächlicheGleichstellungvonFrauenundMännerninallenBerei­chendesöffentlichenLebensdurchgeeigneteMaßnah­menzufördernundzusichern.

(3) Niemand darf wegen seiner Herkunft, seiner Ab­stammung,seinerethnischenZugehörigkeit,seinerso­zialenStellung,seinerSprache,seinerpolitischen,welt­anschaulichenoderreligiösenÜberzeugung,seinesGe­schlechtsoderseinersexuellenOrientierungbevorzugtoderbenachteiligtwerden.

(4) Menschen mit Behinderung stehen unter dem be­sonderenSchutzdesFreistaats.DasLandundseineGe­bietskörperschaftenfördernihregleichwertigeTeilnah­meamLebeninderGemeinschaft.

Artikel 3

(1) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Un­versehrtheit.DieFreiheitderPersonistunverletzlich.IndieseRechtedarfnuraufGrundeinesGesetzeseinge­griffenwerden.

(2) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seinerPersönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer ver­letztodernichtgegendieverfassungsmäßigeOrdnungverstößt.

Artikel 4

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund einesförmlichenGesetzesundnurunterBeachtungderdarinvorgeschriebenenFormeneingeschränktwerden.

(2)FestgehaltenePersonendürfenwederseelischnochkörperlichmisshandeltwerden.

(3)ÜberdieZulässigkeitundFortdauereinerFreiheits­entziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei je­dernichtaufrichterlicherAnordnungberuhendenFrei­heitsentziehungistunverzüglich,spätestensjedochin­nerhalbvon24Stunden,einerichterlicheEntscheidungherbeizuführen.DasNähereregeltdasGesetz.

(4) Jeder wegen desVerdachts einer strafbaren Hand­lung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tag

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nachderFestnahmedemRichtervorzuführen,derihmdieGründederFestnahmemitzuteilen, ihnzuverneh­menundihmGelegenheitzuEinwendungenzugebenhat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mitGründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlas­senoderdieFreilassunganzuordnen.

(5) Von jeder richterlichen Entscheidung über die An­ordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung istunverzüglicheinAngehörigerdesFestgehaltenenodereinePersonseinesVertrauenszubenachrichtigen.

Artikel 5

(1)JederBürgergenießtFreizügigkeit.

(2)DiesesRechtdarfnuraufGrundeinesGesetzesundnur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eineausreichendeLebensgrundlagenichtvorhandenistundder Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehenwürdenoder indeneneszurAbwehreinerdrohendenGefahrfürdenBestandoderdiefreiheitlichedemokra­tischeGrundordnungdesBundesodereinesLandes,zurBekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophenoder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutzder Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbarenHandlungenvorzubeugen,erforderlichist.

Artikel 6

(1) Jeder hat das Recht auf Achtung und Schutz seinerPersönlichkeitundseinesprivatenLebensbereiches.

(2)JederhatAnspruchaufSchutzseinerpersonenbezo­genen Daten. Er ist berechtigt, über die Preisgabe undVerwendungsolcherDatenselbstzubestimmen.

(3) Diese Rechte dürfen nur auf Grund eines Gesetzeseingeschränkt werden. Den Belangen historischer For­schungundgeschichtlicherAufarbeitungistangemes­senRechnungzutragen.

(4) JederhatnachMaßgabederGesetzeeinRechtaufAuskunftdarüber,welcheInformationenüberihninAk­tenundDateiengespeichertsindundaufEinsichtinihnbetreffendeAktenundDateien.

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Artikel 7

(1)DasBriefgeheimnis,dasPost­undFernmeldegeheim­nis sowie das Kommunikationsgeheimnis sind unver­letzlich.

(2)BeschränkungendürfennuraufGrundeinesGeset­zesangeordnetwerden.SiesindgrundsätzlichdemBe­troffenen nach Abschluss der Maßnahme mitzuteilen.IhmstehtderRechtswegoffen.

Artikel 8

(1)DieWohnungistunverletzlich.

(2)DurchsuchungendürfennurdurchdenRichter,beiGefahrimVerzugeauchdurchdieindenGesetzenvor­gesehenenanderenOrganeangeordnetundnurinderdortvorgeschriebenenFormdurchgeführtwerden.

(3)EingriffeundBeschränkungendürfenimÜbrigennurzurAbwehreinergemeinenGefahrodereinerLebensgefahrfüreinzelnePersonen,aufGrundeinesGesetzesauchzurVerhütungdringenderGefahrenfürdieöffentlicheSicherheitundOrdnung,insbesonderezurBehebungderRaumnot,zurBekämpfungvonSeu­chengefahroderzumSchutzgefährdeterKinderundJugendlichervorgenommenwerden.

Artikel 9

Jeder hat das Recht auf Mitgestaltung des politischenLebensimFreistaat.DiesesRechtwirdimRahmendie­serVerfassunginAusübungpolitischerFreiheitsrechte,insbesondere durch eine Mitwirkung in Parteien undBürgerbewegungenwahrgenommen.

Artikel 10

(1) Jeder Bürger hat das Recht, sich mit anderen ohneAnmeldung oder Erlaubnis friedlich und unbewaffnetzuversammeln.

(2)FürVersammlungenunterfreiemHimmelkanndie­sesRechtaufGrundeinesGesetzeseingeschränktwer­den.

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Artikel 11

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu äußernund zu verbreiten sowie sich aus allgemein zugängli­chenQuellenungehindertzuunterrichten.

(2) Die Freiheit der Presse, des Rundfunks, des Fernse­hens,desFilmsundderanderenMedienwirdgewähr­leistet.Zensuristnichtzulässig.

(3)DieseRechtefindenihreSchrankenindenVorschrif­tenderallgemeinenGesetze,dengesetzlichenBestim­mungenzumSchutzderKinderundJugendlichenundindemRechtderpersönlichenEhre.

Artikel 12

(1)DasLandgewährleistetdieGrundversorgungdurchöffentlich­rechtlichenRundfunkundsorgt fürdieAus­gewogenheit derVerbreitungsmöglichkeiten zwischenprivatenundöffentlich­rechtlichenVeranstaltern.

(2) In den Aufsichtsgremien der öffentlich­rechtlichenRundfunkanstalten und in den vergleichbaren Auf­sichtsgremien über den privaten Rundfunk sind diepolitischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichenGruppennachMaßgabederGesetzezubeteiligen.

Artikel 13

(1)JederBürgerhatdasRecht,Vereinigungenzubilden.

(2)Vereinigungen,derenZweckoderderenTätigkeitdenStrafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen dieverfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken derVölkerverständigungrichten,sindverboten.

Artikel 14

JederhatdasRecht,sicheinzelnoder inGemeinschaftmit anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oderBeschwerden an die zuständigen Stellen und an dieVolksvertretung zu wenden. Es besteht Anspruch aufbegründetenBescheidinangemessenerFrist.

Artikel 15

EsistständigeAufgabedesFreistaats,daraufhinzuwir­ken,dassinausreichendemMaßeangemessenerWohn­

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raum zur Verfügung steht. Zur Verwirklichung diesesStaatsziels fördern das Land und seine Gebietskörper­schaftendieErhaltung,denBauunddieBereitstellungvonWohnraumimsozialen,genossenschaftlichenundprivatenBereich.

Artikel 16

DasLandundseineGebietskörperschaftensichernallenimNotfalleinObdach.

Zweiter AbschnittEhe und Familie

Artikel 17

(1)EheundFamiliestehenunterdembesonderenSchutzderstaatlichenOrdnung.

(2)WerinhäuslicherGemeinschaftKindererziehtoderfüranderesorgt,verdientFörderungundEntlastung.

(3) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und dieFürsorgederGemeinschaft.

Artikel 18

(1)ElternundandereSorgeberechtigtehabendasRechtunddiePflichtzurErziehungihrerKinder.

(2)KinderdürfenvondenSorgeberechtigtengegende­renWillennuraufGrundeinesGesetzesgetrenntwer­den, wenn dasWohl des Kindes gefährdet ist und derGefahrnichtaufandereWeisebegegnetwerdenkann.

(3)DieelterlicheSorgedarfnuraufgesetzlicherGrund­lage durch ein Gericht eingeschränkt oder entzogenwerden.

Artikel 19

(1) Kinder und Jugendliche haben das Recht auf einegesunde geistige, körperliche und psychische Entwick­lung. Sie sind vor körperlicher und seelischerVernach­lässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zuschützen.

(2)NichtehelichenundehelichenKindernundJugend­lichensinddurchdieGesetzgebungdiegleichenBedin­

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gungen für ihre Entwicklung und ihre Stellung in derGemeinschaftzuschaffenundzusichern.

(3) Das Land und seine Gebietskörperschaften fördernKindertageseinrichtungen, unabhängig von ihrer Trä­gerschaft.

(4) Das Land und seine Gebietskörperschaften fördernden vorbeugenden Gesundheitsschutz für Kinder undJugendliche.

Dritter AbschnittBildung und Kultur

Artikel 20

JederMenschhatdasRechtaufBildung.Derfreieundgleiche Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrich­tungenwirdnachMaßgabederGesetzegewährleistet.Begabte,BehinderteundsozialBenachteiligtesindbe­sonderszufördern.

Artikel 21

Das natürliche Recht und die Pflicht der Eltern, Erzie­hungundBildungihrerKinderzubestimmen,bildendieGrundlage des Erziehungs­ und Schulwesens. Sie sindinsbesondere bei dem Zugang zu den verschiedenenSchulartenzuachten.

Artikel 22

(1)ErziehungundBildunghabendieAufgabe,selbstän­digesDenkenundHandeln,AchtungvorderWürdedesMenschen und Toleranz gegenüber der Überzeugunganderer,AnerkennungderDemokratieundFreiheit,denWillen zu sozialer Gerechtigkeit, die Friedfertigkeit imZusammenleben der Kulturen undVölker und dieVer­antwortungfürdienatürlichenLebensgrundlagendesMenschenunddieUmweltzufördern.

(2)DerGeschichtsunterrichtmussaufeineunverfälsch­teDarstellungderVergangenheitgerichtetsein.

(3) Die Lehrer haben auf die religiösen und weltan­schaulichen Empfindungen aller Schüler Rücksicht zunehmen.

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Artikel 23

(1)EsbestehtallgemeineSchulpflicht.

(2) Das gesamte Schulwesen steht unter der AufsichtdesLandes.

(3) Eltern,andereSorgeberechtigte, Lehrerund Schülerwirken bei der Gestaltung des Schulwesens sowie desLebensundderArbeitinderSchulemit.

Artikel 24

(1)DasLandgewährleisteteinausreichendesundviel­fältiges öffentliches Erziehungs­ und Schulwesen, dasneben dem gegliederten Schulsystem auch andereSchulartenermöglicht.

(2)IndenöffentlichenSchulenwerdendieSchülerinnenundSchülergemeinsamundungeachtetdesBekennt­nissesundderWeltanschauungunterrichtet.

(3)DerUnterrichtanöffentlichenSchulenistunentgelt­lich.DieFinanzierungvonLern­undLehrmittelnregeltdasGesetz.

Artikel 25

(1) Religions­ und Ethikunterricht sind in den öffentli­chenSchulenordentlicheLehrfächer.

(2) Die Eltern und anderen Sorgeberechtigten habendasRecht,überdieTeilnahmedesKindesamReligions­oder Ethikunterricht zu entscheiden. Mit Vollendungdes14.LebensjahresobliegtdieseEntscheidungdenJu­gendlichenineigenerVerantwortung.

(3) Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtetwerden,Religionsunterrichtzuerteilen.

Artikel 26

(1)DasRechtzurErrichtungvonSchuleninfreierTräger­schaftwirdgewährleistet.

(2) Schulen in freierTrägerschaft als Ersatz für öffent­liche Schulen bedürfen der Genehmigung des Landes.GenehmigteErsatzschulenhabenAnspruchauföffent­licheZuschüsse.DasNähereregeltdasGesetz.

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Artikel 27

(1)Kunstistfrei.Wissenschaft,ForschungundLehresindfrei.

(2)DieFreiheitderLehreentbindetnichtvonderTreuezurVerfassung.

Artikel 28

(1) Die Hochschulen genießen den Schutz des LandesundstehenunterseinerAufsicht.SiehabendasRechtaufSelbstverwaltung,anderalleMitgliederzubeteili­gensind.

(2)HochschuleninfreierTrägerschaftsindzulässig.

(3)DieKirchenundandereReligionsgesellschaftenha­bendasRecht,eigeneHochschulenundanderetheolo­gischeBildungsanstaltenzuunterhalten.DasMitspra­cherechtderKirchenbeiderBesetzungderLehrstühletheologischer Fakultäten wird durchVereinbarung ge­regelt.

(4)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 29

DasLandundseineGebietskörperschaftenförderndieErwachsenenbildung.AlsTrägervonEinrichtungenderErwachsenenbildungsindauchfreieTrägerzugelassen.

Artikel 30

(1)Kultur,Kunst,BrauchtumgenießenSchutzundFörde­rungdurchdasLandundseineGebietskörperschaften.

(2)DieDenkmalederKultur,Kunst,GeschichteunddieNaturdenkmale stehen unter dem Schutz des LandesundseinerGebietskörperschaften.DiePflegederDenk­maleobliegtinersterLinieihrenEigentümern.SiesindderÖffentlichkeitimRahmenderGesetzeunterBeach­tungderRechteandererzugänglichzumachen.

(3)DerSportgenießtSchutzundFörderungdurchdasLandundseineGebietskörperschaften.

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Vierter AbschnittNatur und Umwelt

Artikel 31

(1) Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen desMenschenistAufgabedesFreistaatsundseinerBewoh­ner.

(2) Der Naturhaushalt und seine Funktionstüchtigkeitsindzuschützen.DieheimischenTier­undPflanzenar­ten sowie besonders wertvolle Landschaften und Flä­chensindzuerhaltenundunterSchutzzustellen.DasLand und seine Gebietskörperschaften wirken daraufhin, dass von Menschen verursachte UmweltschädenimRahmendesMöglichenbeseitigtoderausgeglichenwerden.

(3)MitNaturgüternundEnergie istsparsamumzuge­hen.DasLandundseineGebietskörperschaftenförderneineumweltgerechteEnergieversorgung.

Artikel 32

Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geach­tet.SiewerdenvornichtartgemäßerHaltungundver­meidbaremLeidengeschützt.

Artikel 33

JederhatdasRechtaufAuskunftüberdieDaten,welchedienatürlicheUmweltinseinemLebensraumbetreffenund die durch den Freistaat erhoben worden sind, so­weit gesetzliche Regelungen oder Rechte Dritter nichtentgegenstehen.

Fünfter AbschnittEigentum, Wirtschaft und Arbeit

Artikel 34

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährlei­stet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetzebestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleichdemWohlederAllgemeinheitdienen.

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(3)EineEnteignung istnurzumWohlederAllgemein­heitzulässig.SiedarfnuraufGrundeinesGesetzeser­folgen,dasArtundAusmaßderEntschädigungregelt.Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung derInteressenderAllgemeinheitundderBeteiligtenzube­stimmen.WegenderHöhederEntschädigungstehtimStreitfallederRechtswegoffen.

Artikel 35

(1) Jeder Bürger hat das Recht, Beruf, Arbeitsplatz undAusbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufswahl, dieBerufsausübung sowie die Berufsausbildung könnenaufGrundeinesGesetzesgeregeltwerden.

(2)NiemanddarfzueinerbestimmtenArbeitgezwun­gen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichenallgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstlei­stungspflicht.

Artikel 36

EsistständigeAufgabedesFreistaats, jedemdieMög­lichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch freigewählteunddauerhafteArbeitzuverdienen.ZurVer­wirklichung dieses Staatsziels ergreifen das Land undseine Gebietskörperschaften insbesondere Maßnah­menderWirtschafts­undArbeitsförderung,derberuf­lichenWeiterbildungundderUmschulung.

Artikel 37

(1)DasRecht,zurWahrungundFörderungderArbeits­undWirtschaftsbedingungenVereinigungenzubilden,istfürjedenundfüralleBerufegewährleistet.Abreden,die dieses Recht einschränken oder zu behindern su­chen,sindnichtig,hieraufgerichteteMaßnahmensindrechtswidrig.

(2) Das Recht, Arbeitskämpfe zu führen, insbesonderedasStreikrecht,istgewährleistet.

(3) Die Beschäftigten und ihre Verbände haben nachMaßgabe der Gesetze das Recht auf Mitbestimmungin Angelegenheiten ihrer Betriebe, Unternehmen oderDienststellen.

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Artikel 38

Die Ordnung des Wirtschaftslebens hat den Grund­sätzen einer sozialen und der Ökologie verpflichtetenMarktwirtschaftzuentsprechen.

Sechster AbschnittReligion und Weltanschauung

Artikel 39

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und dieFreiheitdesreligiösenundweltanschaulichenBekennt­nissessindunverletzlich.

(2)JederhatdasRecht,seineReligionoderWeltanschau­ungungestört,alleinodermitanderen,privatoderöf­fentlich auszuüben. Die Ausübung einer Religion oderWeltanschauung darf dieWürde anderer nicht verlet­zen.

Artikel 40

FürdasVerhältnisdesFreistaatszudenReligionsgesell­schaften und Weltanschauungsgemeinschaften giltArtikel 140 des Grundgesetzes für die BundesrepublikDeutschlandvom23.Mai1949*;eristBestandteildieserVerfassung.

*Artikel140Grundgesetz

RechtderReligionsgesellschaftenDieBestimmungenderArtikel136,137,138,139und141derdeutschenVer­fassungvom11.August1919**sindBestandteildiesesGrundgesetzes.

**Artikel136WeimarerReichsverfassung(WRV)

Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten wer­dendurchdieAusübungderReligionsfreiheitwederbedingtnochbe­schränkt.

Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zu­lassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösenBekenntnis.

Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zueiner Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und PflichtenabhängenodereinegesetzlichangeordnetestatistischeErhebungdieserfordert.

NiemanddarfzueinerkirchlichenHandlungoderFeierlichkeitoderzurTeilnahmeanreligiösenÜbungenoderzurBenutzungeinerreligiösenEidesformgezwungenwerden.

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Verfassung17

Artikel137WRV

EsbestehtkeineStaatskirche.

DieFreiheitderVereinigungzuReligionsgesellschaftenwirdgewährlei­stet.DerZusammenschlussvonReligionsgesellschaften innerhalbdesReichsgebietsunterliegtkeinenBeschränkungen.

Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre AngelegenheitenselbständiginnerhalbderSchrankendesfürallegeltendenGesetzes.SieverleihtihreÄmterohneMitwirkungdesStaatesoderderbürgerlichenGemeinde.

Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allge­meinenVorschriftendesbürgerlichenRechtes.

Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichenRechtes,soweitsiesolchebisherwaren.AnderenReligionsgesellschaf­tensindaufihrenAntraggleicheRechtezugewähren,wennsiedurchihreVerfassungunddieZahlihrerMitgliederdieGewährderDauerbie­ten.Schließensichmehrerederartigeöffentlich­rechtlicheReligionsge­sellschaftenzueinemVerbandezusammen,soistauchdieserVerbandeineöffentlich­rechtlicheKörperschaft.

Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichenRechtes sind, sind berechtigt, aufgrund der bürgerlichen SteuerlistennachMaßgabederlandesrechtlichenBestimmungenSteuernzuerhe­ben.

Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt,diesichdiegemeinschaftlichePflegeeinerWeltanschauungzurAufga­bemachen.

SoweitdieDurchführungdieserBestimmungeneineweitereRegelungerfordert,liegtdiesederLandesgesetzgebungob.

Artikel138WRV

Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhendenStaatsleistungenandieReligionsgesellschaftenwerdendurchdieLan­desgesetzgebungabgelöst.DieGrundsätzehierfürstelltdasReichauf.

DasEigentumundandereRechtederReligionsgesellschaftenundreligi­ösenVereineanihrenfürKultus­,Unterrichts­undWohltätigkeitszwek­kebestimmtenAnstalten,StiftungenundsonstigenVermögenwerdengewährleistet.

Artikel139WRV

DerSonntagunddiestaatlichanerkanntenFeiertagebleibenalsTagederArbeitsruheundderseelischenErhebunggesetzlichgeschützt.

Artikel141WRV

Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, inKrankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstaltenbesteht,sinddieReligionsgesellschaftenzurVornahmereligiöserHand­lungenzuzulassen,wobeijederZwangfernzuhaltenist.

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Verfassung18

Artikel 41

Die von den Kirchen, anderen Religionsgesellschaftenund Weltanschauungsgemeinschaften unterhaltenensozialen und karitativen Einrichtungen werden als ge­meinnütziganerkanntundgefördert.DiesgiltauchfürdieEinrichtungenderVerbändeder freienWohlfahrts­pflege.

Siebter AbschnittGemeinsame Bestimmungen für alle Grundrechte

und Staatsziele

Artikel 42

(1)DieindieserVerfassungniedergelegtenGrundrechtebindenGesetzgebung,vollziehendeGewaltundRecht­sprechungalsunmittelbargeltendesRecht.

(2)DieGrundrechtegeltenauchfürinländischejuristi­schePersonen,soweitsie ihremWesennachaufdieseanwendbarsind.

(3) Soweit nach dieser Verfassung ein Grundrecht aufGrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann,mussdasGesetzallgemeinundnichtnurfürdenEinzel­fallgelten.AußerdemmussdasGesetzdasGrundrechtunterAngabedesArtikelsnennen.

(4)DasGesetzmussdenGrundsatzderVerhältnismä­ßigkeit wahren. In keinem Fall darf ein Grundrecht inseinemWesensgehaltangetastetwerden.

(5)WirdjemanddurchdieöffentlicheGewaltinseinenRechtenverletzt,sostehtihmderRechtswegoffen.So­weiteineandereZuständigkeitnichtbegründetist, istderordentlicheRechtsweggegeben.

Artikel 43

DerFreistaathatdiePflicht,nachseinenKräftenundimRahmenseinerZuständigkeitendieVerwirklichungderin dieser Verfassung niedergelegten Staatsziele anzu­strebenundseinHandelndanachauszurichten.

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Verfassung19

Zweiter TeilDer Freistaat Thüringen

Erster AbschnittGrundlagen

Artikel 44

(1) Der Freistaat Thüringen ist ein Land der Bundesre­publik Deutschland. Er ist ein demokratischer, sozialerunddemSchutzdernatürlichenLebensgrundlagendesMenschenverpflichteterRechtsstaat.

(2) Die Landesfarben sind weiß­rot. Das Wappen desLandesbildeteinaufrechtstehender,achtfachrot­silbergestreifter,goldgekrönterundgoldbewehrterLöweaufblauemGrund,umgebenvonachtsilbernenSternen.

(3)DieHauptstadtdesLandesistErfurt.

Artikel 45

Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Es verwirklichtseinenWillendurchWahlen,VolksbegehrenundVolks­entscheid.Eshandeltmittelbardurchdieverfassungs­gemäß bestellten Organe der Gesetzgebung, der voll­ziehendenGewaltundderRechtsprechung.

Artikel 46

(1) Wahlen nach Artikel 49 Abs. 1 und AbstimmungennachArtikel82Abs.6dieserVerfassungsindallgemein,unmittelbar,frei,gleichundgeheim.

(2) Wahl­ und stimmberechtigt sowie wählbar ist je­derBürger,derdas18.LebensjahrvollendetundseinenWohnsitzimFreistaathat.

(3)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 47

(1)DieGesetzgebungstehtdemLandtagunddemVolkzu.

(2) Die vollziehende Gewalt liegt bei der Landesregie­rungunddenVerwaltungsorganen.

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(3)DierechtsprechendeGewaltwirddurchunabhängi­geGerichteausgeübt.

(4)DieGesetzgebungistandieverfassungsmäßigeOrd­nung,dievollziehendeGewaltunddieRechtsprechungsindanGesetzundRechtgebunden.

Zweiter AbschnittDer Landtag

Artikel 48

(1)DerLandtagistdasvomVolkgewählteobersteOrganderdemokratischenWillensbildung.

(2) Der Landtag übt gesetzgebende Gewalt aus, wähltdenMinisterpräsidenten,überwachtdieAusübungdervollziehenden Gewalt, behandelt die in die Zuständig­keitdesLandesgehörendenöffentlichenAngelegenhei­tenunderfülltdieanderenihmnachdieserVerfassungzustehendenAufgaben.

Artikel 49

(1)DerLandtagwirdnachdenGrundsätzeneinermitderPersonenwahlverbundenenVerhältniswahlgewählt.

(2) Für die Zuteilung von Landtagssitzen ist ein Min­destanteil von fünf vom Hundert der im Land für alleWahlvorschlagslisten abgegebenen gültigen Stimmenerforderlich.

(3) Der Landtag prüft die Gültigkeit der Wahl. Er ent­scheidet,obeinMitgliedseinenSitz imLandtagverlo­renhat.

(4)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 50

(1) Der Landtag wird auf fünf Jahre gewählt. Die Neu­wahl findet frühestens 57, spätestens 61 Monate nachBeginnderWahlperiodestatt.DieNeuwahlfürdiefünf­teWahlperiodefindetimZeitraumvom1.Juli2009bis30.September2009statt.

(2)DieNeuwahlwirdvorzeitigdurchgeführt,1. wennderLandtagseineAuflösungmitderMehrheit

von zwei Dritteln seiner Mitglieder auf Antrag von

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einemDrittelseinerMitgliederbeschließt,2. wennnacheinemerfolglosenVertrauensantragdes

Ministerpräsidenten der Landtag nicht innerhalbvon drei Wochen nach der Beschlussfassung überden Vertrauensantrag einen neuen Ministerpräsi­dentengewählthat.

Über den Antrag nach Nummer 1 darf frühestens amelftenundmussspätestensam30.TagnachAntragstel­lungoffenabgestimmtwerden.DievorzeitigeNeuwahlmussinnerhalb70Tagenstattfinden.

(3)DieWahlperiodeendetmitdemZusammentrittei­nesneuenLandtags.Diesmussspätestensam30.TagnachderWahlerfolgen.

Artikel 51

(1)WersichumeinenSitzimLandtagbewirbt,hatAn­spruchauf denzurVorbereitungseinerWahlerforder­lichenUrlaub.

(2) Niemand darf gehindert werden, ein Mandat zuübernehmenoderauszuüben;eineKündigungoderEnt­lassungausdiesemGrundistunzulässig.

Artikel 52

(1) Wer zum Abgeordneten gewählt ist, erwirbt dieRechtsstellung eines Abgeordneten mit der AnnahmederWahl.

(2)EinAbgeordneterkannjederzeitaufseinMandatver­zichten. DerVerzicht ist vom Abgeordneten persönlichdemPräsidentendesLandtagsgegenüberschriftlichzuerklären.DieErklärungistunwiderruflich.

(3)VerlierteinAbgeordneterdieWählbarkeit,soerlischtseinMandat.

Artikel 53

(1)DieAbgeordnetensinddieVertreterallerBürgerdesLandes. Siesind anAufträgeundWeisungen nicht ge­bundenundnurihremGewissenverantwortlich.

(2) Jeder Abgeordnete hat das Recht, im Landtag dasWortzuergreifen,AnfragenundAnträgezustellenso­wieanWahlenundAbstimmungenteilzunehmen.

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(3)JederAbgeordnetehatdiePflicht,dieVerfassungzuachtenundseineKraftfürdasWohldesLandesundal­lerseinerBürgereinzusetzen.

Artikel 54

(1) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine ange­messene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädi­gung.AufdenAnspruchkannnichtverzichtetwerden.

(2)DieHöhederEntschädigungverändertsichjährlichaufderGrundlageder jeweils letztenFestlegungnachMaßgabe der allgemeinen Einkommens­, die der Auf­wandsentschädigung nach der allgemeinen Preisent­wicklungimFreistaat.

(3)FürdiewirksameMandatsausübungsinddieerfor­derlichenMittelbereitzustellen.

(4)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 55

(1) Abgeordnete dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Ab­stimmungoderwegeneinerÄußerung,diesieimLand­tag,ineinemseinerAusschüsseodersonstinAusübungihresMandatsgetanhaben,gerichtlichoderdienstlichverfolgtodersonstaußerhalbdesLandtagszurVerant­wortunggezogenwerden.Diesgiltnichtfürverleumde­rischeBeleidigungen.

(2)AbgeordnetedürfenwegeneinermitStrafebedroh­ten Handlung nur mit Zustimmung des Landtags zurVerantwortung gezogen oder verhaftet werden, es seidenn,dasssiebeiderBegehungderTatoder imLaufedes folgenden Tages festgenommen werden. Die Zu­stimmung ist auch für jede andere Beschränkung derpersönlichenFreiheitvonAbgeordnetenerforderlich.

(3) Jedes Strafverfahren gegen Abgeordnete und jedeHaft oder sonstige Beschränkung ihrer persönlichenFreiheitsindaufVerlangendesLandtagsfürdieDauerderWahlperiodeauszusetzen.

(4)DieEntscheidungennachdenAbsätzen2und3kön­neneinemAusschussübertragenwerden.

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Artikel 56

(1)DieAbgeordnetensindberechtigt,überPersonen,dieihneninihrerEigenschaftalsAbgeordneteoderdenensie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben,sowie über dieseTatsachen selbst das Zeugnis zu ver­weigern.

(2)Personen,derenMitarbeitAbgeordneteinAusübungihresMandatsinAnspruchnehmen,könnendasZeugnisüberdieWahrnehmungenverweigern,diesieanlässlichdieserMitarbeitgemachthaben.ÜberdieAusübungdesRechtsentscheidengrundsätzlichdieAbgeordneten.

(3) Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht,dürfen Schriftstücke, andere Datenträger und Dateienwederbeschlagnahmtnochgenutztwerden.

Artikel 57

(1)DerLandtagwähltausseinerMittedenPräsidenten,dieVizepräsidentenunddieSchriftführer.

(2)DerPräsidentkanndenLandtagjederzeiteinberufen.Eristhierzuverpflichtet,wenneinFünftelderMitgliederodereineFraktionoderdieLandesregierungesverlan­gen.ErleitetdieSitzungendesLandtagsnachMaßgabederGeschäftsordnung.

(3) Der Präsident führt die Geschäfte des Landtags. ErübtdasHausrecht,dieOrdnungs­unddiePolizeigewaltimLandtagsgebäudeaus.EineDurchsuchungoderBe­schlagnahmedarfindenRäumendesLandtagsnurmitZustimmungdesPräsidentenvorgenommenwerden.

(4) Der Präsident vertritt das Land in Angelegenhei­ten des Landtags, leitet dessen Verwaltung und diewirtschaftlichen Angelegenheiten nach Maßgabe desHaushaltsgesetzes.ErstelltdieBedienstetenderLand­tagsverwaltungein,entlässtsieundführtübersiedieAufsicht.

(5)DerLandtaggibtsicheineGeschäftsordnung.

Artikel 58

Abgeordnete der gleichen Partei oder Liste haben dasRecht,sichzueinerFraktionzusammenzuschließen.DieAnzahl der Fraktionsmitglieder muss mindestens dem

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Stimmenanteilentsprechen,dernachArtikel49Abs.2fürdieZuteilungvonLandtagssitzenerforderlichist.

Artikel 59

(1) Parlamentarische Opposition ist ein grundlegenderBestandteilderparlamentarischenDemokratie.

(2) Oppositionsfraktionen haben das Recht auf Chan­cengleichheitsowieAnspruchaufeinezurErfüllungih­rerbesonderenAufgabenerforderlicheAusstattung.

Artikel 60

(1)DerLandtagverhandeltöffentlich.

(2) Auf Antrag von zehn Abgeordneten, einer Fraktionoder der Landesregierung kann die Öffentlichkeit mitderMehrheitvonzweiDrittelnderabgegebenenStim­menausgeschlossenwerden.ÜberdenAntragwird innichtöffentlicherSitzungentschieden.

(3)WahrheitsgetreueBerichteüberdieöffentlichenSit­zungen des Landtags und seiner Ausschüsse bleibenvonjederVerantwortlichkeitfrei.

Artikel 61

(1) Der Landtag ist beschlussfähig, wenn mehr als dieHälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Er gilt solangeals beschlussfähig, bis vom Präsidenten das Gegenteilfestgestelltwird.

(2)DerLandtagbeschließtmitderMehrheitderabge­gebenen Stimmen, soweit dieseVerfassung nichts an­deres vorsieht. Für die vom Landtag vorzunehmendenWahlen kann durch Gesetz oder durch die Geschäfts­ordnunganderesbestimmtwerden.

Artikel 62

(1) Zur Vorbereitung seiner Verhandlungen und Be­schlüsse setzt der Landtag Ausschüsse ein. In der Zu­sammensetzungderAusschüssehabensichdieMehr­heitsverhältnisseimLandtagwiderzuspiegeln.

(2)DieSitzungenderAusschüssesindinderRegelnichtöffentlich.

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Artikel 63

DerLandtagkannEnquetekommissioneneinsetzen.Ih­nenkönnenauchMitgliederangehören,dienichtAbge­ordnetesind.

Artikel 64

(1)DerLandtaghatdasRechtundaufAntragvoneinemFünftelseinerMitgliederdiePflicht,Untersuchungsaus­schüsse einzusetzen. Über die Verfassungswidrigkeitdes Untersuchungsauftrages entscheidet der Verfas­sungsgerichtshofaufAntragvoneinemFünftelderMit­gliederdesLandtags.

(2)ImUntersuchungsausschusssinddieFraktionenmitmindestensjeeinemMitgliedvertreten.

(3) Die Untersuchungsausschüsse erheben in öffentli­cherSitzungdieBeweise,dieeinFünftel ihrerMitglie­derfürerforderlichhalten.DabeigeltendieVorschriftenderStrafprozessordnungunddesGerichtsverfassungs­gesetzes sinngemäß, soweit gesetzlich nichts anderesbestimmtist.DieÖffentlichkeitkannbeiderBeweiser­hebungmiteinerMehrheitvonzweiDrittelnderAus­schussmitglieder ausgeschlossen werden. Über denAusschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicherSitzungentschieden.DieBeratungensindnichtöffent­lich.

(4)GerichteundVerwaltungsbehördensindzurRechts­und Amtshilfe verpflichtet. Die Landesregierung unddieBehördendesLandessowiedieKörperschaften,An­staltenundStiftungendesöffentlichenRechts,diederAufsicht des Landes unterstehen, sind verpflichtet, dievondenUntersuchungsausschüssenangefordertenAk­tenvorzulegenundAuskünftezugeben,Zutrittzudenvon ihnen verwalteten öffentlichen Einrichtungen zugewähren sowie die erforderlichen Aussagegenehmi­gungenzuerteilen.Artikel67Abs.3giltentsprechend,soweitdasBekanntwerdengeheimhaltungsbedürftigerTatsachen in der Öffentlichkeit nicht durch geeigneteVorkehrungen verhindert wird oder der unantastbareBereichprivaterLebensgestaltungbetroffenist.

(5) Das Briefgeheimnis, das Post­ und Fernmeldege­heimnissowiedasKommunikationsgeheimnisbleibenunberührt.

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(6)DerUntersuchungsberichtistderrichterlichenErör­terungentzogen.InderWürdigungundBeurteilungdesder Untersuchung zugrunde liegenden SachverhaltssinddieGerichtefrei.

(7)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 65

(1)DerLandtagbestellteinenPetitionsausschuss,demdieEntscheidungüberdieandenLandtaggerichtetenEingaben obliegt. Der Landtag kann die EntscheidungdesPetitionsausschussesaufheben.

(2)Artikel64Abs.4Satz1und2sowieArtikel67Abs.3geltenentsprechend.

(3)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 66

(1)DerLandtagundseineAusschüssekönnendieAnwe­senheitjedesMitgliedsderLandesregierungverlangen.

(2)DieMitgliederderLandesregierungundihreBeauf­tragten haben zu allen Sitzungen des Landtags undseinerAusschüsseZutritt.DenMitgliedernderLandes­regierungoderderenStellvertreternistimLandtagundseinen Ausschüssen aufWunsch dasWort zu erteilen.Regierungsmitglieder und ihre Beauftragten könnendurch Mehrheitsbeschluss für nichtöffentliche Sitzun­gen der Untersuchungsausschüsse, die nicht der Be­weisaufnahmedienen,ausgeschlossenwerden.

Artikel 67

(1)ParlamentarischeAnfragenhatdieLandesregierungunverzüglichzubeantworten.

(2)JedesMitgliedeinesLandtagsausschusseskannver­langen,dassdieLandesregierungdemAusschusszumGegenstandseinerBeratungAuskünfteerteilt.

(3) Die Landesregierung kann die Beantwortung vonAnfragen und die Erteilung von Auskünften ablehnen,wenn1. dem Bekanntwerden des Inhalts gesetzliche Vor­

schriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdigeInteresseneinzelner, insbesonderedesDatenschut­

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zes,entgegenstehenoder2. dieFunktionsfähigkeitunddieEigenverantwortung

der Landesregierung nicht nur geringfügig beein­trächtigtwerden.

DieAblehnungistdenFrage­oderAntragstellendenaufderenVerlangenzubegründen.

(4)DieLandesregierungunterrichtetdenLandtagrecht­zeitiginsbesondereüberGesetzentwürfederLandesre­gierung,AngelegenheitenderLandesplanungund­ent­wicklung,geplanteAbschlüssevonStaatsverträgenundVerwaltungsabkommen, BundesratsangelegenheitenundAngelegenheitenderEuropäischenGemeinschaft,soweit diese für das Land von grundsätzlicher Bedeu­tungsind.

Artikel 68

(1)DienachArtikel46Abs.2wahl­undstimmberechtig­tenBürgerhabendasRecht,demLandtag imRahmenseinerZuständigkeitbestimmteGegenständederpoli­tischenWillensbildungzuunterbreiten (Bürgerantrag).Als Bürgerantrag können auch Gesetzentwürfe einge­brachtwerden.

(2)BürgeranträgezumLandeshaushalt,zuDienst­undVersorgungsbezügen, Abgaben und Personalentschei­dungensindunzulässig.

(3)DerBürgerantragmusslandesweitvonmindestens50000Stimmberechtigtenunterzeichnetsein.

(4) Die Unterzeichner des Bürgerantrags können Ver­treterbestellen.DiesehabeneinRechtaufAnhörungineinemAusschuss.

(5)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 69

ZurWahrungdesRechtsaufSchutzderpersonenbezo­genenDatenundzurUnterstützungbeiderAusübungderparlamentarischenKontrollewirdbeimLandtageinDatenschutzbeauftragterberufen.

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Dritter AbschnittDie Landesregierung

Artikel 70

(1)DieLandesregierung istdasobersteOrgandervoll­ziehendenGewalt.

(2) Sie besteht aus dem Ministerpräsidenten und denMinistern.

(3) Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit derMehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in gehei­merAbstimmunggewählt.Erhält imerstenWahlgangniemanddieseMehrheit,sofindeteinneuerWahlgangstatt.KommtdieWahlauchimzweitenWahlgangnichtzustande,so istgewählt,wer ineinemweiterenWahl­gangdiemeistenStimmenerhält.

(4)DerMinisterpräsidenternenntundentlässtdieMi­nister. Er bestimmt einen Minister zu seinem Stellver­treter.

Artikel 71

(1)DerMinisterpräsidentunddieMinisterleistenbeiderAmtsübernahme vor dem Landtag folgenden Eid:“Ichschwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkeswidmen,VerfassungundGesetzewahren,meinePflich­tengewissenhafterfüllenundGerechtigkeitgegen je­dermannübenwerde.”

(2)DerEidkannmiteinerreligiösenBeteuerunggelei­stetwerden.

Artikel 72

(1)DieMitgliederderLandesregierungstehenineinembesonderen öffentlich­rechtlichen Amtsverhältnis zumLand.

(2)DieMitgliederderLandesregierungdürfenkeinan­deres besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Berufausüben; sie dürfen ohne Zustimmung des Landtagsweder der Leitung noch dem Aufsichtsgremium einesaufErwerbgerichtetenUnternehmensangehören.

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Artikel 73

Der Landtag kann dem Ministerpräsidenten dasMisstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit derMehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.Den Antrag kann ein Fünftel der Abgeordneten odereineFraktioneinbringen.ZwischendemAntragundderWahlmüssenmindestensdrei,dürfenjedochhöchstenszehnTageliegen.DieWahlerfolgtingeheimerAbstim­mung.

Artikel 74

ÜberdenAntragdesMinisterpräsidenten,ihmdasVer­trauen auszusprechen, darf frühestens am drittenTagnachSchlussderAusspracheundmussspätestensamzehntenTag, nachdem er eingebracht ist, abgestimmtwerden. Der Antrag ist abgelehnt, wenn er nicht dieZustimmungderMehrheitderMitgliederdesLandtagsfindet.

Artikel 75

(1)DieLandesregierungundjedesihrerMitgliederkön­nenjederzeitihrenRücktritterklären.

(2)DasAmtderMitgliederderLandesregierungendetmit dem Zusammentritt eines neuen Landtags, demRücktrittderLandesregierungodernachdemderLand­tag einen Vertrauensantrag des Ministerpräsidentenabgelehnthat.DasAmteinesMinistersendetauchmitdemRücktrittoderjederanderenErledigungdesAmtesdesMinisterpräsidenten.

(3)DerMinisterpräsidentundaufseinErsuchendieMi­nistersindverpflichtet,dieGeschäftebiszumAmtsan­trittihrerNachfolgerfortzuführen.

Artikel 76

(1) Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien derRegierungspolitikundträgtdafürgegenüberdemLand­tagdieVerantwortung.InnerhalbdieserRichtlinienlei­ten und verantworten die Minister ihren Geschäftsbe­reichselbständig.

(2) Die Landesregierung beschließt insbesondere überdieAbgrenzungderGeschäftsbereiche,dieEinbringungvonGesetzentwürfen,denAbschlussvonStaatsverträ­

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genunddieStimmabgabeimBundesrat.Sieentschei­det bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mi­nistern.

(3) Der Ministerpräsident führt denVorsitz in der Lan­desregierungundleitetderenGeschäfte.DieLandesre­gierunggibtsicheineGeschäftsordnung.

Artikel 77

(1)DerMinisterpräsidentvertrittdasLandnachaußen.ErkanndieseBefugnisübertragen.

(2)StaatsverträgebedürfenderZustimmungdesLand­tags.

Artikel 78

(1) Der Ministerpräsident ernennt und entlässt die Be­amten und die Richter des Landes, soweit gesetzlichnichtsanderesbestimmtist.

(2)ErübtdasBegnadigungsrechtaus.

(3) Er kann die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2übertragen.

(4)EineAmnestiebedarfeinesGesetzes.

Vierter AbschnittDer Verfassungsgerichtshof

Artikel 79

(1)DerVerfassungsgerichtshofisteinallenanderenVer­fassungsorganen gegenüber selbständiges und unab­hängigesGerichtdesLandes.

(2)ErbestehtausdemPräsidentenundachtweiterenMitgliedern.DerPräsidentundzweiweitereMitgliedermüssen Berufsrichtersein.DreiweitereMitgliederdesVerfassungsgerichtshofs müssen die Befähigung zumRichteramthaben.

(3) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs dürfenweder dem Landtag oder der Landesregierung nochentsprechendenOrganendesBundesodereinesande­renLandesangehören.Siedürfen,außeralsRichteroderHochschullehrer,beruflichwederimDienstdesLandes

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noch einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öf­fentlichenRechtsunterAufsichtdesLandesstehen.SiewerdendurchdenLandtagmitderMehrheitvonzweiDrittelnseinerMitgliederaufZeitgewählt.

Artikel 80

(1)DerVerfassungsgerichtshofentscheidet1. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann

mitderBehauptungerhobenwerdenkönnen,durchdie öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten,grundrechtsgleichen Rechten oder staatsbürgerli­chenRechtenverletztzusein,

2. überVerfassungsbeschwerdenvonGemeindenundGemeindeverbänden wegen der Verletzung desRechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 91 Abs. 1und2,

3. über die Auslegung dieser Verfassung aus AnlassvonStreitigkeitenüberdenUmfangderRechteundPflichteneinesoberstenLandesorgansoderandererBeteiligter, die durch diese Verfassung oder in derGeschäftsordnung des Landtags oder der Landes­regierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattetsind,aufderenAntrag,

4. beiMeinungsverschiedenheitenoderZweifelnüberdieförmlicheodersachlicheVereinbarkeitvonLan­desrecht mit dieser Verfassung auf Antrag einesFünftels der Mitglieder des Landtags, einer Land­tagsfraktionoderderLandesregierung,

5. überdieVereinbarkeiteinesLandesgesetzesmitdie­serVerfassung auf Antrag eines Gerichts, wenn esein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei derEntscheidungankommt,fürunvereinbarmitdieserVerfassunghält,

6. überdieZulässigkeitvonVolksbegehrennachArtikel82Abs.3Satz2,

7. überdieVerfassungswidrigkeitdesUntersuchungs­auftragesnachArtikel64Abs.1Satz2,

8. überdieAnfechtungderPrüfungderGültigkeitderLandtagswahlnachArtikel49Abs.3.

(2) Dem Verfassungsgerichtshof können durch GesetzweitereAngelegenheitenzurEntscheidungzugewiesenwerden.

(3)DurchGesetzkannfürVerfassungsbeschwerdendievorherigeErschöpfungdesRechtswegeszurVorausset­zunggemacht,einbesonderesAnnahmeverfahrenein­geführtundvorgesehenwerden,dassunzulässigeoder

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offensichtlichunbegründeteBeschwerdendurcheinenvom Gericht zu bestellenden Ausschuss zurückgewie­senwerdenkönnen.

(4)DasGesetzbestimmt,inwelchenFällendieEntschei­dungendesVerfassungsgerichtshofsGesetzeskraftha­ben.

(5)DasNähereregeltdasGesetz.

Fünfter AbschnittDie Gesetzgebung

Artikel 81

(1)GesetzesvorlagenkönnenausderMittedesLandtags,durch die Landesregierung oder durch Volksbegehreneingebrachtwerden.

(2) Gesetze werden vom Landtag oder vomVolk durchVolksentscheidbeschlossen.

Artikel 82

(1)DienachArtikel46Abs.2wahl­undstimmberechtig­ten Bürger können ausgearbeitete Gesetzentwürfe imWegedesVolksbegehrensindenLandtageinbringen.

(2)VolksbegehrenzumLandeshaushalt,zuDienst­undVersorgungsbezügen, Abgaben und Personalentschei­dungensindunzulässig.

(3)DerAntragaufZulassungdesVolksbegehrensmussvonmindestens5000Stimmberechtigtenunterzeich­netsein.HaltendieLandesregierungodereinDrittelderMitglieder des Landtags die Voraussetzungen für dieZulassung desVolksbegehrens für nicht gegeben oderdasVolksbegehrenfürmithöherrangigemRechtnichtvereinbar,habensiedenVerfassungsgerichtshofanzu­rufen.

(4) Die Antragsteller des Volksbegehrens können Ver­treterbestellen.DiesehabeneinRechtaufAnhörungineinemAusschuss.

(5)MitderVorlagedesAntragsaufZulassungdesVolks­begehrens entscheiden die Antragsteller darüber, obdieSammlungdurchEintragunginamtlichausgelegte

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Unterschriftsbögen oder in freier Sammlung erfolgensoll. EinVolksbegehren ist zustande gekommen, wennihm durch Eintragung in die amtlich ausgelegten Un­terschriftsbögen acht vom Hundert der Stimmberech­tigteninnerhalbvonzweiMonatenzugestimmthabenoderinfreierSammlungmindestenszehnvomHundertderStimmberechtigteninnerhalbvonvierMonatenzu­gestimmthaben.

(6)DiefreieSammlungderUnterschriftenfüreinVolks­begehrenkanndurchGesetzfürbestimmteOrteausge­schlossen werden. Die Unterschrift zur UnterstützungeinesVolksbegehrenskannvomUnterzeichnerohneAn­gabevonGründenbiszumAblaufderSammlungsfristwiderrufenwerden.

(7) Der Landtag hat ein Volksbegehren innerhalb vonsechsMonatennachderFeststellungseinesZustande­kommens abschließend zu behandeln. Entspricht derLandtageinemVolksbegehrennicht,findetüberdenGe­setzentwurf, der Gegenstand des Volksbegehrens war,einVolksentscheidstatt; indiesemFallkannderLand­tagdemVolkzusätzlichaucheineneigenenGesetzent­wurfzurEntscheidungvorlegen.ÜberdieAnnahmedesGesetzes entscheidet die Mehrheit der abgegebenenStimmen; es ist im Wege des Volksentscheids jedochnurbeschlossen,wennmehralseinViertelderStimm­berechtigtenzustimmt.

(8)DasNähereregeltdasGesetz.

Artikel 83

(1)DieseVerfassungkannnurdurcheinGesetzgeändertwerden,dasihrenWortlautausdrücklichändertoderer­gänzt.

(2) Der Landtag kann ein solches Gesetz nur mit einerMehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlie­ßen. Zu einer Verfassungsänderung durch Volksent­scheidbedarfesderZustimmungderMehrheitderAb­stimmenden;dieseMehrheitmussmindestens40vomHundertderStimmberechtigtenbetragen.

(3)EineÄnderungdieserVerfassung,durchwelchedieindenArtikeln1,44Abs.1,Artikeln45und47Abs.4nie­dergelegtenGrundsätzeberührtwerden,istunzulässig.

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Artikel 84

(1) Die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverord­nung kann nur durch Gesetz erteilt werden. Es mussInhalt,ZweckundAusmaßdererteiltenErmächtigungbestimmen.InderVerordnungistdieRechtsgrundlageanzugeben.

(2)IstdurchGesetzvorgesehen,dassdieErmächtigungzum Erlass einer Rechtsverordnung weiter übertragenwerden kann, so bedarf es zu ihrer Übertragung einerRechtsverordnung.

Artikel 85

(1) Der Präsident des Landtags fertigt die verfassungs­mäßigzustandegekommenenGesetzeausundverkün­detsieinnerhalbeinesMonatsimGesetz­undVerord­nungsblatt. Rechtsverordnungen werden vorbehaltlichanderweitiger gesetzlicher Regelung im Gesetz­ undVerordnungsblattverkündet.

(2)GesetzeundRechtsverordnungentreten,wennnichtsanderesbestimmtist,mitdem14.TagnachAblaufdesTagesinKraft,andemsieverkündetwordensind.

Sechster AbschnittDie Rechtspflege

Artikel 86

(1)DieRechtsprechungwirdimNamendesVolkesdurchdenVerfassungsgerichtshofunddieGerichteausgeübt.

(2)DieRichtersindunabhängigundnurdemGesetzun­terworfen.

(3)AnderRechtsprechungwirkenFrauenundMännerausdemVolkmit.

Artikel 87

(1) Gerichte für besondere Sachgebiete können nurdurchGesetzerrichtetwerden.

(2)Ausnahmegerichtesindunzulässig.

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(3)NiemanddarfseinemgesetzlichenRichterentzogenwerden.

Artikel 88

(1)VorGerichthatjedermannAnspruchaufrechtlichesGehör.DasRechtaufVerteidigungdarfnichtbeschränktwerden.JederkannsicheinesrechtlichenBeistandesbe­dienen.

(2) EineTat kann nur bestraft werden, wenn die Straf­barkeitgesetzlichbestimmtwar,bevordieTatbegangenwurde.

(3)NiemanddarfwegenderselbenTataufgrundderall­gemeinenStrafgesetzemehrmalsbestraftwerden.

Artikel 89

(1)DieRechtsstellungderRichterwirddurcheinbeson­deresGesetzgeregelt.

(2)ÜberdievorläufigeAnstellungderRichterentschei­detderJustizminister,überderenBerufungaufLebens­zeit entscheidet er mit Zustimmung des Richterwahl­ausschusses. Zwei Drittel der Mitglieder des Richter­wahlausschusses werden vom Landtag mit Zweidrit­telmehrheit gewählt. Jede Landtagsfraktion muss mitmindestenseinerPersonvertretensein.

(3) Verstößt ein Richter im Amt oder außerhalb desAmtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oderdieserVerfassung,sokannaufAntragderMehrheitderMitgliederdesLandtagsdasBundesverfassungsgerichtmit Zweidrittelmehrheit anordnen, dass der Richter ineinanderesAmtoderindenRuhestandzuversetzenist.ImFalleeinesvorsätzlichenVerstoßeskannaufEntlas­sungerkanntwerden.

(4)DasNähereregeltdasGesetz.

Siebter AbschnittDie Verwaltung

Artikel 90

DieVerwaltungdesLandeswirddurchdieLandesregie­rungunddieihrunterstelltenBehördenausgeübt.Auf­

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bau,räumlicheGliederungundZuständigkeitenwerdenauf Grund eines Gesetzes geregelt. Die Errichtung derstaatlichenBehördenimEinzelnenobliegtderLandes­regierung.SiekanneinzelneMinisterhierzuermächti­gen.

Artikel 91

(1)DieGemeindenhabendasRecht, ineigenerVerant­wortung alle Angelegenheiten der örtlichen Gemein­schaftimRahmenderGesetzezuregeln.

(2) Weitere Träger der Selbstverwaltung sind die Ge­meindeverbände. Das Land gewährleistet ihnen dasRecht, ihre Angelegenheiten im Rahmen der GesetzeuntereigenerVerantwortungzuregeln.

(3) Den Gemeinden und Gemeindeverbänden könnenaufGrundeinesGesetzesstaatlicheAufgabenzurErfül­lungnachWeisungübertragenwerden.

(4) Bevor auf Grund eines Gesetzes allgemeine Fragengeregeltwerden,diedieGemeindenundGemeindever­bände betreffen, erhalten diese oder ihre Zusammen­schlüssegrundsätzlichGelegenheitzurStellungnahme.

Artikel 92

(1) Das Gebiet von Gemeinden und Landkreisen kannausGründendesöffentlichenWohlsgeändertwerden.

(2) Das Gemeindegebiet kann durchVereinbarung derbeteiligten Gemeinden mit staatlicher Genehmigungoder auf Grund eines Gesetzes geändert werden. DieAuflösung von Gemeinden bedarf eines Gesetzes. Voreiner Gebietsänderung oder einer Auflösung müssendieBevölkerungunddieGebietskörperschaftenderun­mittelbarbetroffenenGebietegehörtwerden.

(3) Das Gebiet von Landkreisen kann auf Grund einesGesetzesgeändertwerden.DieAuflösungvonLandkrei­senbedarfeinesGesetzes.DiebetroffenenGebietskör­perschaftensindzuhören.

Artikel 93

(1)DasLandsorgtdafür,dassdiekommunalenTrägerderSelbstverwaltungihreAufgabenerfüllenkönnen.Führt

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die Übertragung staatlicher Aufgaben nach Artikel 91Abs.3zueinerMehrbelastungderGemeindenundGe­meindeverbände, so ist ein angemessener finanziellerAusgleichzuschaffen.

(2)DieGemeindenundLandkreisehabendasRecht,ei­geneSteuernundandereAbgabennachMaßgabederGesetzezuerheben.

(3)DieGemeindenundGemeindeverbändewerdenun­terBerücksichtigungderAufgabendesLandesimRah­mendesGemeindefinanzausgleichsandessenSteuer­einnahmenbeteiligt.

Artikel 94

Die Gemeinden und Gemeindeverbände unterstehender Aufsicht des Landes. In Selbstverwaltungsangele­genheiten ist die Aufsicht auf die Gewährleistung derGesetzmäßigkeitbeschränkt.

Artikel 95

IndenGemeindenundGemeindeverbändenmussdasVolkeineVertretunghaben,dieausallgemeinen,unmit­telbaren,freien,gleichenundgeheimenWahlenhervor­gegangenist.AndieStelleeinergewähltenVertretungkann nach Maßgabe des Gesetzes eine Gemeindever­sammlung treten. In Gemeindeverbänden, die nichtGebietskörperschaften sind, kann das Volk auch einemittelbargewählteVertretunghaben.

Artikel 96

(1) Die Beamten und sonstigen Verwaltungsangehöri­genhabenihrAmtundihreAufgabenunparteiischundnurnachsachlichenGesichtspunktenwahrzunehmen.

(2)DieEignungzurEinstellungundzurWeiterbeschäf­tigungimöffentlichenDienstfehltgrundsätzlichjederPerson,diemitdemfrüherenMinisteriumfürStaatssi­cherheit/AmtfürNationaleSicherheitzusammengear­beitethatoderfürdiesestätigwar.

Artikel 97

ZumSchutzderverfassungsmäßigenOrdnungisteineLandesbehörde einzurichten. Polizeiliche Befugnisse

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undWeisungenstehendieserBehördenichtzu.IhreTä­tigkeit wird durch eine parlamentarische Kontrollkom­missionüberwacht.

Achter AbschnittDas Finanzwesen

Artikel 98

(1)AlleEinnahmenundAusgabensowieVerpflichtungs­ermächtigungendesLandessindindenHaushaltsplaneinzustellen. Bei Landesbetrieben und bei Sonderver­mögenbrauchennurdieZuführungenunddieAbliefe­rungeneingestelltzuwerden.DerHaushaltsplanistinEinnahmenundAusgabenauszugleichen.

(2) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahmevon Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewähr­leistungen, die zu Ausgaben in künftigen Haushaltenführenkönnen,bedürfeneinerderHöhenachbestimm­ten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz.DieEinnahmenausKreditendürfendieSummederimHaushaltsplanveranschlagtenAusgabenfürInvestitio­nennichtüberschreiten.AusnahmensindnurzulässigzurÜberwindungeinerschwerwiegendenStörungderWirtschafts­ und Beschäftigungsentwicklung des Frei­staats unter Berücksichtigung des gesamtwirtschaftli­chen Gleichgewichts sowie zur Abwehr einer StörungdiesesGleichgewichts.DasNähereregeltdasGesetz.

(3) Die Summe der im Haushaltsplan veranschlagtenPersonalausgaben darf grundsätzlich höchstens 40vom Hundert der Summe der Gesamtausgaben desHaushaltsbetragen.

Artikel 99

(1)DerHaushaltsplanwirdvorBeginnderRechnungspe­riodefüreinodermehrereRechnungsjahre,nachJahrengetrennt, durch das Haushaltsgesetz festgestellt. FürTeiledesHaushaltsplanskannvorgesehenwerden,dasssie, nach Rechnungsjahren getrennt, für unterschiedli­cheZeiträumegelten.

(2)IndasHaushaltsgesetzdürfennurVorschriftenauf­genommen werden, die sich auf die Einnahmen undAusgabendesLandesundaufdenZeitraumbeziehen,für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das

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Haushaltsgesetzkannvorschreiben,dassdieVorschrif­tenerstmitderVerkündungdesnächstenHaushaltsge­setzesoderbeiErmächtigungnachArtikel98Abs.2Satz1zueinemspäterenZeitpunktaußerKrafttreten.

(3)DerEntwurfdesHaushaltsgesetzesmitHaushalts­plansowieEntwürfezuderenÄnderungwerdenvonderLandesregierung eingebracht. Der Landtag darf Mehr­ausgaben oder Mindereinnahmen gegenüber demEntwurf der Landesregierung oder dem festgestelltenHaushaltsplannurbeschließen,wennDeckunggewähr­leistetist.

Artikel 100

(1)KannderHaushaltsplannichtvorBeginneinesRech­nungsjahresdurchGesetzfestgestelltwerden,soistdieLandesregierungbiszumInkrafttretendesGesetzeser­mächtigt,alleAusgabenzuleistenoderVerpflichtungeneinzugehen,dienötigsind,um1. gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten

undgesetzlichbeschlosseneMaßnahmendurchzu­führen,

2. dierechtlichbegründetenVerpflichtungendesLan­deszuerfüllensowie

3. Bauten, Beschaffungen und sonstige LeistungenfortzusetzenoderBeihilfenfürdieseZweckeweiterzugewähren,soferndurchdenHaushaltsplaneinesVorjahresbereitsBeträgebewilligtwordensind.

(2) Soweit der Geldbedarf aus Steuern, Abgaben undsonstigen Einnahmen nicht gedeckt werden kann, umdienachAbsatz1zulässigenAusgabenzudecken,darfdie Landesregierung die zur Aufrechterhaltung derWirtschaftsführung erforderlichenMittel bis zurHöheeinesViertelsderEndsummederimHaushaltsplandesVorjahresveranschlagtenEinnahmenimWegedesKre­ditsbeschaffen.

Artikel 101

(1) Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgabenbedürfen der vorherigen Zustimmung des Finanzmi­nisters.Siedarfnur imFalleeinesunvorhergesehenenundunabweisbarenBedürfnisseserteiltwerden.

(2)ÜberderartigeZustimmungen istdemLandtagfürjedesVierteljahrnachträglichzuberichten.

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Artikel 102

(1) Die Landesregierung hat durch den Finanzmini­ster dem Landtag über alle Einnahmen und Ausga­ben sowie die Inanspruchnahme der Verpflichtungs­ermächtigungen jährlich Rechnung zu legen. Sie hatdie Haushaltsrechnung mit einer Übersicht über dasVermögen und die Schulden des Landes im nächstenRechnungsjahrdemLandtagvorzulegen.

(2)DerLandesrechnungshofberichtetdemLandtagundder Landesregierung unmittelbar zur Haushaltsrech­nung.

(3)DerLandtagbeschließtüberdieEntlastungderLan­desregierungaufgrundderHaushaltsrechnungundderBerichtedesLandesrechnungshofs.

Artikel 103

(1) Der Landesrechnungshof ist eine selbständige, nurdemGesetzunterworfeneobersteLandesbehörde.Sei­neMitgliederbesitzenrichterlicheUnabhängigkeit.

(2)DerLandesrechnungshofbestehtausdemPräsiden­ten,einemodermehrerenVizepräsidentenundweiterenMitgliedern. Präsidenten und Vizepräsidenten werdenvomLandtagmitderMehrheitvonzweiDrittelnseinerMitgliedergewählt.DieweiterenMitgliederwerdenaufVorschlag des Präsidenten des Landesrechnungshofsmit Zustimmung des Landtags vom Ministerpräsiden­tenernannt.

(3) Der Landesrechnungshof überwacht die gesamteHaushalts­undWirtschaftsführungdesLandes.Erüber­prüftauchdiebestimmungsmäßigeundwirtschaftlicheVerwaltungundVerwendungvonLandesvermögenundLandesmitteln durch Stellen außerhalb der Landesver­waltung.DerLandesrechnungshofübermittelt jährlichdas Ergebnis seiner Prüfung gleichzeitig dem LandtagundderLandesregierung.

(4)DasNähereüberStellung,Aufgaben,Prüfungskom­petenzen und Arbeitsweise des LandesrechnungshofsregelteinGesetz; insbesonderekanndemLandesrech­nungshof auch die Überwachung der Haushalts­ undWirtschaftsführung der kommunalen Gebietskörper­schaftenübertragenwerden.

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Dritter TeilÜbergangs- und Schlussbestimmungen

Artikel 104

BürgerimSinnedieserVerfassungist,werdiedeutscheStaatsangehörigkeitbesitztoderalsFlüchtlingoderVer­triebenerdeutscherVolkszugehörigkeitoderalsdessenEhegatteoderAbkömmlingindemGebietderBundes­republikDeutschlandAufnahmegefundenhat.

Artikel 105

Die während der Geltung der Vorläufigen Landessat­zung für das Land Thüringen vom 7. November 1990(GBl.S.1),zuletztgeändertdurchGesetzvom15.Dezem­ber1992(GVBl.S.575),durchgeführtenWahlenbleibenwirksam.IndieserZeitgesetztesRechttritt,soweitesimWiderspruchzudieserVerfassungsteht,spätestensam31.Dezember1997außerKraft.

Artikel 105 a

AbweichendvonArtikel54Abs.2Halbsatz 1verändertsichdieHöhederEntschädigungderAbgeordnetenbiszum31.Oktober2006nicht.BeidernächstenVerände­rungwirddie2003wirksamgewordeneFestlegungderEntschädigungshöheunddieallgemeineEinkommens­entwicklungimFreistaatimletztendieserVeränderungvorausgehendenJahrzugrundegelegt.

Artikel 106

(1) Diese Verfassung wird mit der Mehrheit von zweiDritteln der Mitglieder des Landtags beschlossen unddurchVolksentscheidbestätigt.SieistnachihrerAnnah­me durch den Landtag vom Präsidenten des LandtagsauszufertigenundimGesetz­undVerordnungsblattzuverkünden.

(2)DieseVerfassungtrittamTagnachderVerkündungvorläufiginKraft.

(3) AmTag der ersten Landtagswahl nach derVerkün­dung dieser Verfassung ist ein Volksentscheid überdieseVerfassung durchzuführen. Stimmt ihr dabei dieMehrheit der Abstimmenden zu, ist sie endgültig inKraft getreten. Dies ist vom Präsidenten des LandtagsimGesetz­undVerordnungsblattbekanntzumachen.

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(4)WirddieseVerfassungdurchdenVolksentscheidab­gelehnt,trittdieVorläufigeLandessatzungfürdasLandThüringenvom7.November1990(GBl.S.1),zuletztgeän­dertdurchGesetzvom15.Dezember1992(GVBl.S.575),erneutinKraft.

DerPräsidentdesLandtags

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