Verhandeln in Einkauf Und Vertrieb

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    Gerold Braun

    Verhandeln in Einkaufund Vertrieb

    Mit System zu besseren Konditionenund mehr Profit

    2., ergnzte Auflage

  • 7/26/2019 Verhandeln in Einkauf Und Vertrieb

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    Gerold BraunBchingen, Deutschland

    ISBN 978-3-8349-4617-1 ISBN 978-3-8349-4618-8 (eBook)DOI 10.1007/ 978-3-8349-4618-8

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-nalbibliograe; detaillierte bibliograsche Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.deabrufar.

    Springer Gabler Springer Fachmedien Wiesbaden 2008, 2013Das Werk einschlielich aller seiner eile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung,die nicht ausdrcklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedar der vorherigen Zu-stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere r Vervielltigungen, Bearbeitungen, ber-setzungen, Mikroverlmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischenSystemen.

    Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die-sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dasssolche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als rei zu be-trachten wren und daher von jedermann benutzt werden dren.

    Lektorat:Manuela Eckstein

    Gedruckt au surereiem und chlorrei gebleichtem Papier

    Springer Gabler ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist eil der FachverlagsgruppeSpringer Science+Business Media.www.springer-gabler.de

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    Liebe Leserin, lieber Leser,dieses Buch ist r Sie als Praktiker in Einkau und Vertrieb gedacht. Es ist rMenschen, die beruich verhandeln und deren Resultate grten Einuss dar-au haben, ob es ihrem Unternehmen gut geht oder nicht.

    Erstaunlich ist: Viele Menschen, betraut mit solch weit reichenden Ver-handlungen, kennen keine Methodik, die ihnen regelmig und sicher zum

    Erolg verhil. Sie gehen o ohne klaren Kurs und ohne Navigationsinstru-mente in solche Verhandlungen.

    Es ist dann kein Wunder, dass sie Verhandlungen als problematische undschwierige Situationen schnell hinter sich bringen wollen, anstatt die Heraus-orderung anzunehmen und das Beste r das eigene Unternehmen herauszu-holen. Unweigerlich, eher rher als spter, kommt der Zeitpunkt, zu dem siedann auauen.

    So bleibt es immer am Einkuer hngen, wenn es zu Produktionsausllen

    kommt, weil Zulieerer zum Beispiel alsche Qualitt oder auch nicht recht-zeitig lieern. Und wie ist der Verkuer im eigenen Unternehmen angesehen,dessen Kunden immer er kurz vor Vertragsunterzeichnung noch mit dieserund jener allerletzten Nachorderung kommen, dessen so gewonnene Aurgedann kaum noch Gewinn abweren?

    Das sind nur zwei Beispiele, die sich so oder so hnlich jeden ag tausend-ach in Unternehmen abspielen. Es sind Beispiele dar, wie es in der Regellu, wenn Verhandlungen nicht proessionell gehrt werden. Und nicht

    Vorwort

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    6 Vorwort6

    proessionell heit hier: Verhandler haben keine Methodik, die ihnen zuverls-sig dabei hil, gute Entscheidungen zu treffen.

    Nun gibt es den offenbar nicht ausrottbaren Mythos, dass man Verhandeln

    nicht wirklich lernen kann, sondern dazu geboren sein muss. Verhandeln istnach dieser Sichtweise eine Art Kunst. Gute Verhandler haben ein geradezuphantastisches alent und werden deshalb auch gern und zuverlssig vonder Muse geksst. hnlich wie bei einem begnadeten Musiker iet es ausihnen, sodass sie am Ende der Verhandlung selbst nicht sagen knnen, wie eszu diesem op-Ergebnis gekommen ist. Wir wissen natrlich, dass selbst dieberhmtesten Virtuosen viele, viele Jahre sehr hart gearbeitet haben, bis sie mit scheinbarer Leichtigkeit Meisterwerke ablieern konnten.

    Hinzu kommt, dass in den allermeisten Verhandlungen Meisterstcke garnicht abgeordert werden. Man muss lediglich besser prpariert sein als derandere. Solides, lernbares Wissen und Knnen uend au einem wirksamenSystem das gewinnt; regelmig und sicher.

    Und es gibt noch einen Mythos, der viel Strahlkra hat, aber auch schnellentzaubert ist: Die gute Beziehung zum Verhandlungspartner sei das A undO eines guten Verhandlers. Stellen Sie sich vor, Sie sind beauragt, wichtigeProduktionsmittel zu beschaffen. Ihnen liegen zwei Angebote vor. Eines von

    einem wirklich netten Kerl. Allerdings klemmt das Angebot vorne und hin-ten. Hinter dem anderen Angebot, und es ist genau das, was die Produktionbraucht, steht ein yp, mit dem Sie nicht wirklich warm werden. Wer bekommtden Zuschlag? Die gute Beziehung ist nicht mehr das, was sie einmal war. Dazuist heutzutage einach der Wettbewerbsdruck zu gro. Was wirklich zhlt,sind passende Lsungen und verlssliche Partner. Und um das zu bekommen,braucht es intensive Verhandlungen.

    Ich will Ihnen mit diesem Buch ein Verhandlungssysteman die Hand geben.

    Ein System, das, sobald man es begriffen hat, einach anzuwenden ist und dassoort zu sehr sicheren und guten Entscheidungen in Verhandlungen hrt.Und das System hat noch einen Vorteil: Jede Entscheidung ist rational

    nachvollziehbar. Sie knnen jederzeit ganz genau sagen, warum Sie sich sound nicht anders entschieden haben. Es kommt also nicht au Bauchgehl anoder in welcher agesorm man ist. Mit diesem System bei der Hand kann derAnnger dem ausgebuesten Pro gegenbertreten und die Chancen stehenhoch, dass er herausholt, was r ihn drin ist.

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    Vorwort 7

    Wenn ich hier und im weiteren Verlau immer nur eine, berwiegend diemnnliche Form benutze Verkuer, Verhandler, Annger usw. dann dientdies dem besseren Leseuss. Es sind immer beide Geschlechter gemeint, wenn

    ich nicht explizit darau hinweise, dass das Gesagte nur r Frauen oder nur rMnner gilt.

    Wie Sie mit dem Buch am besten arbeiten

    Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert, die aueinander aufauen. Siewerden am Ende ein elegantes, einach zu handhabendes und komplettes Sys-

    tem zur Hand haben.In den einzelnen Kapiteln werde ich natrlich Flle als Beispiele bespre-

    chen, aber das Buch ist keine Fallsammlung, sondern ein Kurs, bei dem allesaueinander aufaut. Deshalb empehle ich Ihnen, beim Durcharbeiten nichtzu springen. Beginnen Sie mit Kapitel 1 und arbeiten Sie dann kontinuierlichdie olgenden Kapitel durch: In den Kapiteln 1 bis 3 legen wir das Fundament r unser Verhandlungs-

    system. Sie lernen die Konzepte dahinter kennen und verstehen.

    In Kapitel 4 hren wir die Komponenten zum System zusammen. Das or-male System wird Ihnen klar und olgerichtig erscheinen. Und das ist esauch. Sie haben jetzt Ihren unktionierenden Prototypen des Systems. Damitgehen Sie hervorragend ausgerstet in jede geschliche Verhandlung.

    In Kapitel 5 werden Sie sich Ihre Verhandlungsstrategie erarbeiten und ler-nen, wie Ihre Strategie Sie hrt und Sie niemals Ihr Ziel aus den Augenverlieren.

    In Kapitel 6 werden Sie wichtige Verhandlungstaktiken kennen lernen. Es

    geht also um spezielle und vor allem konkrete Methoden der Beeinussung. Im Abschlusskapitel nden Sie die hchste Verdichtung des Stoffes: Die7 goldenen Regeln r Verhandler als Soortprogramm r die schnelleUmsetzung.Ich wnsche Ihnen nun viel Erolg mit dem neuen Verhandlungssystem.

    Am besten Sie beginnen soort damit, mehr Prot zu erzielen.

    Bchingen, im August 2013 Gerold Braun

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    Vorwort ......................................................................................................... 5

    Wie Sie mit dem Buch am besten arbeiten ................................................... 7

    1. Souvern verhandelt besser ................................................................. 13

    Die Emotionen im Spiel .................................................................................14Klar Schiff machen! ........................................................................................18Wie sehen wir den anderen ........................................................................ 22Der eigene Status ............................................................................................24Wertschtzen, was man hat und was man ist .............................................. 28Sind Sie auch aberglubisch? .........................................................................31Ein gesunder Geist in einem gesunden Krper ..........................................32ake away .........................................................................................................35

    2. Sicher Entscheidungen treffen und die Fhrung bernehmen .......... 37

    Verschiedene Verhandlungsarten .................................................................37

    Was geschieht, sobald einer systematisch verhandelt? .............................. 41Mit was vergleichen Sie? ................................................................................43Andere Werte als Geld ................................................................................... 48Die Vielleicht-Falle ......................................................................................... 58ake away .........................................................................................................59

    3. Geben und Nehmen ............................................................................ 61

    Den Rahmen bestimmen ..............................................................................61Die Agenda-Planung ......................................................................................62

    Inhaltsverzeichnis

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    10 Inhaltsverzeichnis

    Der andere zuerst ............................................................................................63Zwischen den Zeilen lesen ............................................................................ 64Die eigenen Ziele abstecken ..........................................................................66

    Der Link in die Zukun ................................................................................70Commitment ................................................................................................... 74Das Commitment des anderen .....................................................................80Bedrigkeit ................................................................................................... 83ake away .........................................................................................................87

    4. Das Verhandlungssystem .................................................................... 89

    Systematisch verhandeln ...............................................................................89Die Regelprozedur .......................................................................................... 92

    Die Regelprozedur im Detail ........................................................................92Widerstand, was ist das? ................................................................................99Das Verhandlungsende ................................................................................101Angebote machen .........................................................................................106Angebote in verschiedenen Phasen ...........................................................107ake away .......................................................................................................110

    5. Mit der richtigen Strategie ans Ziel .................................................. 113

    Strategie von aktik unterscheiden ............................................................113Eine Strategie erarbeiten ..............................................................................115Spezielle Einkuer- und Verkuerstrategien ..........................................120Eine Strategie ist nicht in Stein gemeielt .................................................124Scheitern ist eine Alternative ......................................................................124Der Ghost Negotiator ...................................................................................125Die Verhandlung in der Hand behalten ....................................................126ake away .......................................................................................................126

    6. Taktik Den anderen geschickt beeinussen ................................... 129Seeding ...........................................................................................................130Direkte persnliche Bindung ......................................................................131Krpersprache wirkt ....................................................................................133Mach es dringlich .........................................................................................136Fordere Investitionen ...................................................................................136Mach ein Angebot, das garantiert daneben liegt ......................................137Die Was-wre-wenn-Masche ......................................................................138

    Reaktion au auergewhnliche Preise testen ..........................................138

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    Inhaltsverzeichnis 11

    Gib nicht, ohne gleichzeitig zu ordern .....................................................139Lass den anderen sein Gesicht wahren ......................................................140Faktor Zeit .....................................................................................................141

    Verhandeln als Gruppe ................................................................................142ake away .......................................................................................................147

    7. Soort-Programm: Die 7 goldenen Regeln r Verhandler .............. 149

    bersicht .......................................................................................................150Die 7 goldenen Regeln einzeln betrachtet .................................................150

    Literatur ..................................................................................................... 159

    Der Autor ................................................................................................... 161

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    Wikipedia deniert Souvernitt als Zustand von Eigenstndigkeit undSelbstbestimmtheit, im Gegensatz zur Fremdbestimmtheit.

    Es gibt wenige geschliche Situationen, in denen es wichtiger ist, souvernzu handeln, als in Verhandlungen. Und wie die Denition oben sagt, ist Souve-rnitt ein Zustand, genauer: ein mentaler Zustand.

    Mentale Zustnde kann man in gewissem Mae herbeihren und kontrol-

    lieren. Ob wir uns beispielsweise zu unbedachten Reaktionen hinreien lassenoder ob wir cool unser Ziel verolgen in Geschsverhandlungen haben wires selbst in der Hand.

    Merke!

    Wir mssen uns im Klaren sein, wie genau Souvernitt aussieht und wiewir diesen Zustand in uns selber herbeihren und esthalten knnen.

    In diesem ersten Kapitel geht es genau darum. Sie lernen die mentalenGrundlagen der Verhandlungshrung kennen. Das hil Ihnen zu erkennen,wenn andere Sie aus dem Gleichgewicht bringen wollen, und Sie wissen, wieSie dem entgegentreten. Eine weitere Sache, die Sie im Auge behalten mssen,ist Ihre Stimmung. Sie kann Sie sttzen, wenn Sie zuversichtlich in Verhand-lungen gehen, sie kann aber auch gegen Sie arbeiten. Weiterhin geht es darum,wie Sie es mit den Werten halten, die Sie vertreten. Stehen Sie zu Ihrem Unter-nehmen, zu Ihren Produkten und Preisen? Das sollten Sie unbedingt, weil es

    unverzichtbar ist, um au Dauer erolgreich zu sein. Schlielich geht es darum,

    Souvern verhandelt besser 1

    G. Braun, Verhandeln in Einkauf und Vertrieb,DOI 10.1007/ 978-3-8349-4618-8_1,

    Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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    wie Sie Ihren Krper einsetzen. Als guter Verhandler kennen Sie alle Ihre Res-sourcen und nutzen sie.

    Die Emotionen im Spiel

    Erahrene und erolgreiche Verhandler haben nicht nur ihre eigenen Emoti-onen gut im Griff, sie wissen auch, wie sie Einuss au die ihres Gegenbersnehmen.

    Die Palette der Mglichkeiten reicht von kaum merklichen Inszenierun-gen der Verhandlungsatmosphre bis hin zu schroffen persnlichen Attacken.

    Wir schauen uns die Manipulationen zunchst genauer an. Am Ende diesesAbschnitts nden Sie eine abelle mit einer bersicht der Manipulationen.

    Ob Sie reundlich empangen und zuvorkommend behandelt werden, oderob man Sie warten lsst und dann in einen zu kalten oder viel zu warmen Ver-handlungsraum bringt in der Regel geschieht so etwas nicht ohne Absicht.Die Atmosphre soll Wirkung erzielen.

    Wenn man die Manipulation erkennt und ber eine einache Kontrolltech-nik vergt, dann lsst man sich von so etwas allerdings nicht vom Kurs abbrin-

    gen. Meistens jedenalls.Zur Kontrolltechnik, wie Sie also sich und die Situation im Griff behalten,

    nden Sie spter eine einache bung.

    Die positive Manipulation

    Vorher aber noch etwas, das mir ber die Jahre, in denen ich Verhandler aus-

    bilde und trainiere, augeallen ist. Die meisten, auch bestens ausgebildeteMenschen, knnen viel besser mit negativen Manipulationen umgehen als mitscheinbar positiven. Und ich selbst bin da keine Ausnahme.

    Beispiel

    Ich erinnere mich an eine Verkausverhandlung vor einigen Jahren, inderen Verlau ich windelweich gesplt wurde. Die Entwicklung des Kon-takts mit dem Entscheider war hervorragend gelauen. Vom ersten Hinter-

    grundgesprch und den olgenden Spezikationsrunden mit verschiedenenMitarbeitern aus seinem Unternehmen und dem, r das ich damals ttig

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    Die Emotionen im Spiel 15

    war, bis zur jetzt anstehenden Vertragsverhandlung ging alles reibungslos.Meine gute Stimmung, in der ich ankam, wurde noch gehoben, als mir dieAssistentin erzhlte, dass ihr Che ganz angetan sei von der Arbeit mit mir

    und mich in einem internen Meeting als Vorbild r seine Verkuer dar-gestellt habe.So prpariert ging ich in die entscheidende Verhandlung. Wahrscheinlichhtte mein Gegenber mir das letzte Hemd ausziehen knnen und ich httemich nicht gewehrt. So wichtig war mir die gute Stimmung, so stolz warich au den Eindruck, den ich glaubte, gemacht zu haben, dass ich zumganz schlechten Verkuer wurde und das Ziel, ein gutes Resultat r meinUnternehmen zu erreichen, aus den Augen verlor.

    Es hat eine Weile gedauert, bis ich dahinter kam, was mir geschehen war.Als ich nach einigen Wochen den Vertrag mit khlem Verstand noch einmaldurchging, konnte ich nur den Kop darber schtteln, was ich alles wider-standslos abgenickt hatte.

    Gott sei Dank stehe ich damit nicht alleine. Es gibt prominente Oper dieserSchmeicheltaktik. US-Che-Diplomat und Meisterverhandler Henry Kissingererzhlt1, dass gyptens Staatsche Anwar as-Sadat sehr gekonnt mit dieser

    aktik arbeitete. So versicherte Sadat ihm vor einer Verhandlung, dass er (Kis-singer) und seine Landsleute r Umgnglichkeit und Fairness bekannt seien.Sadat brachte seine Verhandlungspartner damit dazu, dass sie whrend desreffens ihrem guten Ru gerecht werden wollten und sich so verhielten, wie eres ihnen zugeschrieben hatte.

    Das Bild, das mir bei dieser aktik in den Sinn kommt, ist, den anderen zuentwaffnen: Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich Ihnen die Peile aus demKcher nehme, nicht wahr? Aber nein, berhaupt nicht, tun Sie sich keinen

    Zwang an. So, und nachdem das erledigt ist, schreiten wir jetzt zum Duell.Ein bisschen unair, oder?Seien Sie also vorsichtig, wenn Sie ein schmeichelhaes Etikett angehe-

    tet bekommen oder wenn Ihnen ein Gegenber sympathischer ist, als er es gem der Dauer und Intensitt des Kontakts eigentlich sein sollte. SchauenSie soort nach, ob Sie noch alle Peile im Kcher haben.

    1 Cialdini, Robert B., Die Psychologie des berzeugens, Bern 2004

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    16 1 Souvern verhandelt besser

    Tipp

    Erwnschtes Verhalten zu erzeugen, indem man seinem Gegenber

    ein passendes Etikett anheftet, knnte zuknftig vielleicht ein Pfeil

    in Ihrem Kcher sein, oder nicht?

    Die negative Manipulation

    Die Manipulation zum Negativen, die darin besteht, dass Sie sich unwohlhlen sollen in Ihrer Haut, ist leichter zu durchschauen. Whrend uns die

    positive Manipulation in eine passive Haltung hrt, wir also das Angenehmegeschehen lassen wollen, werden wir durch die negative aktiviert: iehen oderzurckschlagen.

    Wer sich mit Flucht- (muss ich mir das wirklich antun?) oder Angriffs-gedanken (so nicht, mein Freund!) herumschlgt, hat wenig oder gar keinenRaum, die eigentliche Sache, den Verhandlungsgegenstand zu berdenken.Und das ist auch das Ziel dieser Manipulation. Sie sollen nicht mehr klar den-ken knnen.

    Die negative Manipulation kommt in vielen Gestalten daher. Da gibt es dieschleichende Vergiung, mit o kaum merklichen oder scheinbar unwillentli-chen Manipulationen, die alle leicht erniedrigenden Charakter haben, wie zumBeispiel warten lassen, unkonzentriert begren, mit Nebenschlichkeiten dasGesprch unterbrechen, selber trinken, dem anderen nichts anbieten usw.

    Langsam wird so Druck im Gegenber augebaut. Ziel ist, dass man entwe-der, nur um hier herauszukommen, schnell klein beigibt oder dass man seinemrger Lu macht und unntig Inormationen preisgibt (Peile einach in die

    Lu schiet, die einem nachher dann ehlen).

    Die offensiv-aggressive Manipulation

    Eine andere, diesmal offensiv-aggressive Manipulation ist als Guter-Polizist-bser-Polizist-aktik aus vielen Krimis bekannt. In Geschsverhandlungenklingt das dann so:

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    Die Emotionen im Spiel 17

    Beispiel

    Bser Polizist (wie aus heiterem Himmel): Ja glauben Sie wirklich, wirholen hier Wasser mit dem Sieb? Ihr verchtliche Pause Angebot

    vom Tisch wischende Handbewegung ist eine einzige Katastrophe. Langeschau ich Ihnen nicht mehr zu, dann knnen Sie Ihre Sachen einpacken!Das arme Oper schluckt und schaut verblf vom einen zum anderenPolizisten.Guter Polizist (wartet au den Moment der strksten Wirkung beim Oper):Moment, so schlecht sehe ich das Angebot gar nicht. Sicher, die Lieerzei-ten sind so nicht hinnehmbar und der Preis ... effektvolle Pause ich binberzeugt, das mit den Lieerzeiten ist in unserem Sinne machbar und beim

    Preis, da ist noch ordentlich Spielraum, Herr X, nicht wahr?Das arme Oper (ist in seiner Not r die Hile dankbar und nickt): Natr-lich werde ich mein Bestes geben.ja, und dann wird ihm von den beiden bei lebendigem Leib das Fell berdie Ohren gezogen. Er hat sich in eine Not manvrieren lassen. Eine einge-bildete Not, die nur in seinem Kop entstanden ist.

    Merke!Subtile Manipulationen wirken in der Summe und allmhlich. Die Wir-kung kommt ast unmerklich herbeigeschlichen. Frontale Manipulationensollen schocken. Die Wirkung Verwirrung und Kontrollverlust setztschlagartig ein.

    Und wenn jetzt eine Not, wie wir oben gesehen haben, nur als Einbildungim Kop entsteht, muss es doch auch etwas geben, das man im Kop dagegen

    unternehmen kann, oder nicht? Und ja, da gibt es sogar etwas verblffendSchlichtes, das unktioniert.Zu Beginn dieses Kapitels habe ich Ihnen eine Kontrolltechnik angekndigt,

    die Sie in solchen Situationen souvern bleiben lsst. Diese echnik nenne ich:

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    Klar Schiff machen!

    Worum geht es dabei? Wir wollen gute Entscheidungen treffen und uns inunserem Urteil nicht aus der Bahn weren lassen. Weder durch negative nochdurch positive Manipulation.

    Um Manipulation zu erkennen und ihr nicht au den Leim zu gehen, ms-sen wir jederzeit in der Lage sein, unsere Emotionen zu beherrschen. Und dasgelingt am besten, wenn wir mit klarem Verstand die Lage in Augenscheinnehmen.

    Wie macht man klar Schiff im Kop? Vllige Gedankenleere, das Nirwana,erreichen nur einige Mnche und Zen-Meister. Das kann nicht unser Ziel sein.Als Verhandler wollen wir aumerksam registrieren, was der andere uns entge-genbringt, aber wir werden es nicht bewerten keine ablenkenden Gedanken

    zulassen.

    Tab. 1.1 Arten der Manipulation

    Manipulation Tricks

    Subtil negativ Warten lassen

    Huge Redeunterbrechung Nebenbei andere Arbeiten erledigen

    Namen vergessen

    Allgemeine Hichkeitsregeln scheinbar aus Versehen verletzen

    Subtil positiv Etikettieren

    Loben

    Ausgesucht hich empangen

    Hohe Chargen einbinden (Vorstandsvorsitzender kommtwhrend der Verhandlung vorbei, um den/die Besucherpersnlich kennenzulernen)

    Frontal negativ Guter Polizist Bser Polizist

    Schreien, Beschimpen

    Eisige, persnliche Ablehnung

    Frontal positiv Kommt selten vor, weil

    stark bertriebene Hichkeit

    auergewhnliche Herzlichkeit

    eher argwhnisch machen als positiv stimmen

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    Klar Schiff machen! 19

    Mit nicht bewerten meine ich, dass wir keine Stimmen in uns auommenlassen, die etwas sagen wie Wieso spricht der so herablassend mit mir? oder Uff,die hab ich au dem alschen Fu erwischt, so aggressiv wie die ist oder Der risst

    mir aus der Hand ... oder ... Ich denke, Sie wissen, was ich meine, nicht wahr?Warum ist es r Verhandler so gehrlich, Verhalten zu bewerten? Dar

    gibt es zwei Grnde. Erstens: Die Geahr, alsche Schlsse zu ziehen, ist sehr,sehr gro. Der zweite Grund ist der, dass wir unseren Verstand vernebeln bzw.dass er uns vernebelt wird.

    Mit vernebeltem Verstand konzentrieren wir uns nicht mehr darau herauszu-nden, wie wir die optimalen Bedingungen durchsetzen knnen, sondern kmp-en mit unseren Gehlen wie zum Beispiel beleidigt sein, Angst haben, gebauch-

    pinselt sein, bse werden und so weiter. Kurz: Tema verehlt. Setzen! Sechs.Was tun wir als Verhandler anstatt zu bewerten? Wir registrieren das Ver-

    halten unseres Gegenbers. Fertig, nichts weiter. Und dann berlegen wir, wiewir darau reagieren knnen und wollen, um unsere Ziele zu erreichen.

    Hier eine bung r Sie, um das Klar Schiff machen rasch zu lernen.

    bung: Verschrfte Aufmerksamkeit

    Nehmen Sie einen Gegenstand (Kugelschreiber, Schlssel oder hn-liches) in Ihre Fhrhand (Rechtshnder rechts; Linkshnder links).

    Umschlieen Sie den Gegenstand mit der Hand Sie haben ihn inder Faust. Erhlen Sie mit der Handinnenche seine Beschaffen-heit, ohne hinzuschauen. Wie ist er beschaffen? Warm kalt; hart weich; kantig stump usw. alles, was Sie hlen knnen (keineWertungen wie z. B. angenehm/ unangenehm).

    Wenn Sie glauben, dass Sie nichts weiter erhlen knnen aber erst

    dann nehmen Sie einen Gegenstand in Ihrer Umgebung ins Visier(das kann auch ein Bild an der Wand sein). Behalten Sie dabei denGegenstand in der geschlossenen Hand.

    Beschreiben Sie stumm, in Gedanken, den Gegenstand (das Bild).Was sehen Sie? Gre, Form, Farben usw. Beschreiben Sie nur das,was Sie mit den Augen sehen. (Auch hier: keine Wertungen wie z. B.schn/hsslich).

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    20 1 Souvern verhandelt besser

    Fortsetzung bung: Verschrfte Aufmerksamkeit

    Wenn Sie nichts Neues mehr sehen aber erst dann erinnern Sie

    sich an den Gegenstand in Ihrer Hand. Erhlen Sie ihn erneut (dies-mal geht das viel schneller als beim ersten Mal).

    Kehren Sie jetzt wieder zum Bild zurck. Beschreiben Sie es erneut.SOP!

    Rekapitulieren Sie, wie es Ihnen bei der bung ergangen ist. Vielleichtist es Ihnen schwer geallen, sich beim ersten Mal au den Gegenstandin der Hand zu konzentrieren? Vielleicht war der Wechsel vom Fh-len zum Sehen nicht ganz einach? Vielleicht waren Sie auch verwun-

    dert, dass Sie den Gegenstand in der Hand vllig vergessen hatten,nachdem Sie mit dem Seh-Objekt ertig waren?

    Ich wei es nicht. Aber Sie wissen es. Beim ersten Mal ist es sinnvoll,das auzuschreiben.

    Was lernen Sie mit Hile dieser bung?Nach wenigen rainingseinheiten haben Sie gelernt zu registrieren, ohne

    zu bewerten. Das konnten Sie natrlich auch schon vorher. Das ist nichts wirk-lich Neues. Neu ist: Sie sind sich bewusst, wie es ist, wenn Sie nur registrieren.

    Noch besser werden

    Als nchsten Schritt variieren wir die obige Basis-bung. Nehmen Siez. B. einen anderen Gegenstand in Ihre Hand (jetzt knnen Sie auch Ihre

    Nicht-Fhrhand ausprobieren). Und als Kontrast schalten Sie den Fernse-her/das Radio ein und beschreiben sich stumm eine ausgesuchte Stimme(hoch tie, laut leise, voll ach usw. aber immer ohne Wertung, reinobjektiv).

    Sie knnen auch mit Geruch und Geschmack ben. Aromatischer ee oderkriger Rotwein sind sehr angenehme bungsobjekte.

    Bisher haben Sie diese bungen ein paar Mal in ruhiger Atmosphredurchgespielt, ohne groe Strungen von auen. Jetzt erschweren wir das

    Ganze. Sie ben quasi ffentlich.

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    Klar Schiff machen! 21

    Nutzen Sie dazu bliche Situationen, wenn es nicht so darau ankommt,dass Sie voll teilnehmen an dem, was Sie umgibt. Das kann in der mor-gendlichen U-Bahn-Fahrt zur Arbeit sein, das kann in Ihrem Lieblings-

    Straencae sein usw. (Sie mssen jetzt nicht jede sich bietende Situationzum ben hernehmen. un Sie es eine Woche lang ein oder zwei Mal amag). Greien Sie aus dem Stimmenwirrwarr eine heraus. Bestimmen Sie:mnnlich weiblich; hoch tie; hell dunkel; beschwichtigend aggressivusw. wie gehabt.

    Nehmen Sie eine etwas weiter enternt sitzende Person ins Visier. Bestim-men Sie: Hrt seinem Gesprchspartner aumerksam/abwesend zu; gesti-kuliert ausladend mit den Armen/nur mit einem Finger; wirkt aggressiv/

    macht einen gelassenen Eindruck usw. Ihre jeweilige Beobachtung braucht nicht lnger als vielleicht 30 Sekunden

    zu dauern. Beobachten Sie Aufflligkeiten. Werten Sie nicht, warum er/siesich wohl so verhlt.

    Wenn Sie gestrt werden (der Kellner kommt): Gut so. Steigen Sie aus IhrerBeobachtung aus, und gehen Sie au die Strung ein. Wenn die Strung vor-ber ist, steigen Sie da in Ihrer Beobachtung ein, wo Sie ausgestiegen sind.Noch ein letzter ipp zur Meisterreie. Machen Sie es so, wie es op-Sport-

    ler machen, wenn sie sich au den Punkt konzentrieren mssen: Geben Sie sichein Codewort/eine kurze Codephrase.

    Das heit: Unmittelbar bevor Sie die bung beginnen (diese Stimmenehme ich; diesen Mann da drben), sagen Sie sich stumm Ihr Codewort, unddann starten Sie konzentriert Ihre bung.

    Was Sie als Codewort/Codephrase nehmen? Vermeiden Sie sowohl Aller-weltswrter (jetzt, konzentrieren) als auch Wrter, die Sie sehr gelug nut-zen. Hren Sie in sich hinein, schauen Sie, was da Interessantes, vielleicht

    Ungewhnliches herauskommt. Ohne wichtigen Grund sollten Sie ein einmalgewhltes Codewort nicht auswechseln.brigens: Beim Film heit das Codewort, wenn es losgeht: Uuuund

    ktschn!

    Merke!

    Immer wenn Ihnen ein Gegenber vertrauter oder sympathischer ist, alses der Situation angemessen wre, ist die Geahr gro, dass Sie vom Pad

    abkommen und verhrt werden. Und immer wenn Sie eine innere Stimme

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    hren, die sagt blo weg hier oder dem werd ichs aber zeigen, wissenSie, dass Sie vom Pad abgekommen sind.

    In diesen Zustnden verhandeln Sie nicht mehr proessionell mit allemKnow-how, das Ihnen zur Vergung steht. In diesen Situationen sollten Sieerst einmal klar Schiff im Kop machen, bevor Sie weiter verhandeln.

    Und dazu haben Sie jetzt die Kontrolltechnik Verschre Aumerksam-keit. Sie sagen sich still Ihr Codewort und sezieren die Situation wie einGerichtsmediziner eine Leiche: mit ruhiger Hand und sehr sicher.

    Wie Sie au die Situation reagieren werden, das bestimmen Sie und nichtderjenige, der Sie manipulieren wollte. Und auch, was die beste Reaktion ist,

    das wissen Sie in jeder Situation ganz genau, weil Sie mit einem guten Systemverhandeln. Sie lernen es mit diesem Buch.

    Wie sehen wir den anderen

    Schon von ber 2000 Jahren hat der rmische Dichter Plautus erkannt: DerMensch ist dem Menschen ein Wol (Homo est homini lupus). Das gilt auch

    heute noch und ist nicht weiter schlimm, wenn man es immer gerade in Ver-handlungen im Hinterkop behlt.

    Der Wol ist ein sehr soziales Wesen, das im Rudel lebt. Allerdings, wenn ereinen Vorteil r sich sieht, nimmt er ihn. Und hin und wieder kmp er auch,um sich einen Vorteil zu verschaffen.

    So hnlich wie beim Wol ist das auch bei uns Menschen, zumindest imGeschsleben. Wer r sich und die Seinen (das eigene Unternehmen) dasBeste aus Verhandlungen herausholt, der steigt im Ansehen, verbessert seine

    Karrierechancen und verdient mehr Geld.Grund genug also, davon auszugehen, dass unser Gegenber in Verhand-lungen alles Erlaubte dar tun wird, das Beste r sich und sein Unternehmenherauszuholen. Wenn er sich nicht so verhlt, dann ist er ehl am Platze undwird von seinem Rudel ausgewechselt.

    Es ist also nicht ratsam, den anderen, der au der anderen Seite des Ver-handlungstisches sitzt, als Partner anzusehen. Er ist nur soweit Partner, wie esihm bzw. seinem Rudel nutzt. Das heit auch, dass er, wenn es ntzlich ist, nach

    uns schnappen wird.

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    Wie sehen wir den anderen 23

    Beispiel

    Stellen Sie sich vor, Sie vertreten ein kleines mittelstndisches Unterneh-men, das eine Chemikalie an groe Hersteller lieert. Bei Ihrem Kunden A,

    der ast 30 Prozent Ihres Umsatzes bringt, gab es ein paar Umstrukturie-rungen und Sie haben es pltzlich mit einem neuen Einkuer zu tun. Siehaben einen ersten ermin mit ihm vereinbart, bei dem Sie keine spezielleGesprchsagenda augestellt haben: Ich komme mal vorbei, damit wir unskennen lernen.Sie kommen pnktlich an und mssen erst einmal warten. Die Sekretrinhat Ihnen mit ernster Miene gesagt: Herr X hat heute alle Hnde voll zutun, es wird sich ein bisschen verzgern. Bitte haben Sie einen Moment

    Geduld.Ihre Geduld wurde au die Probe gestellt, aber jetzt ist es endlich soweit.Der Neue begrt Sie ormell und reundlich (auch wenn er noch einmalau den Aktendeckel schauen musste, um Ihren Namen parat zu haben).Sie sitzen noch gar nicht richtig, da legt er schon los: Ich habe einen sehrstraffen Zeitplan heute, Herr Y. Wie Sie sicher wissen, stellen wir bei A mitder Umstrukturierung alles Eingeahrene in Frage. Auch die Beziehungenmit unseren Lieeranten. Ich habe mir Ihre Akte angesehen. Da lag ja der

    Staub von Jahrzehnten drau. Das Ganze ist ja wie tot.Mit solch einem Frontalangriff haben Sie nicht gerechnet. Schlielich sindSie zum Kaffeetrinken gekommen. Was jetzt?, schiet es Ihnen durch denKop. So kann es nicht weitergehen, bellt der Wol au der anderen Seitedes Schreibtisches. Und weiter: berall gibt es neue technische Entwick-lungen, Rationalisierungen, scharen Wettbewerb. Nichts davon zu sehen,dass da was bei Ihnen passiert wre. Oder dren nur wir an Ihren Kosten-einsparungen nicht teilhaben?

    So oder so hnlich passiert es Verkuern nicht selten, dass sie in die Deen-sive gedrngt werden sollen. Wer im anderen nur den Partner gesehen hat, derist in so einer Situation ziemlich durcheinander und auch hilos. Meist kommtdann nur eine Lsung in Frage: Wie viel mssen wir mit dem Preis runter, umden Kunden nicht zu verlieren? Andere Optionen scheint es nicht zu geben.

    Und doch, die gibt es. Wer seine Gehle im Griff hat, gert hier nicht inPanik, sondern sieht genau, was vor sich geht. Der andere, der Wol da drben,

    hat genau das getan, was das Rudel von einem guten Wol erwarten muss.

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    In so einer Situation geht es darum, dass wir nicht soort einknicken, son-dern klar Schiff in unserem Kop und Herzen machen, um dann herauszu-nden, wie viel nur Drohgebrde und wie viel echte Bedrohung ist. Eines

    macht ein guter Wol nmlich nicht: sinnlos kmpen.bersetzt in Geschsverhandlungen heit das: Wenn der Schaden aus

    einem Wechsel des Lieeranten wahrscheinlich grer ist als der Nutzen, dannwird ein Einkuer schon aus Eigenschutz den aktuellen Lieeranten nicht dau-erha und lange bedrngen.

    Deshalb stellt der gute Verkuer in so einer Situation nicht die Frage nachdem gelligen Preisnachlass, sondern sucht nach den Grnden r die Preis-attacke: Gab es Schwierigkeiten mit der Lieerung? Hat etwas nicht gestimmt

    (Qualitt, Menge, Zeitpunkt)?Vielleicht muss dann an den Lieervertrgen etwas gendert werden, viel-

    leicht der Preis, vielleicht auch nicht.Ich werde im weiteren Verlau nicht vom Verhandlungspartner oder hnli-

    chem sprechen, sondern ihn den anderen oder auch das respektierte Gegen-ber nennen. Eine respektvolle Haltung nicht ngstlich unterwrg undnicht berheblich dominant das ist eine gute Haltung und die beste Voraus-setzung, um hervorragende Resultate zu verhandeln.

    Der eigene Status

    Im vorangegangenen Abschnitt haben wir genau hingeschaut, wie es aussieht,wenn andere uns manipulieren wollen. Und wie steht es mit uns selbst? Kn-nen wir selbst uns manipulieren?

    Ja, das knnen wir, man nennt es dann stimulieren. Und wir tun es

    stndig, meist unbewusst. Man kann sich selbst neutral, positiv oder negativstimulieren.Die Klar-Schiff-bung von oben bringt uns ganz bewusst in einen neut-

    ralen Zustand. Und im neutralen Zustand sind wir au Aunehmen gepolt, vonuns selbst geben wir dabei sehr wenig preis.

    Unsere eigenen positiven und negativen Zustnde nehmen wir, wenn ber-haupt, meist nur halbbewusst wahr. Vielleicht sagen wir zu uns selbst: Ver-dammt, heute will aber auch gar nix klappen. Und in positiver Stimmung

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    Der eigene Status 25

    hren wir uns selbst bei der Arbeit summen. Vielleicht macht uns aber auchein Kollege oder eine Kollegin au eine besondere Stimmung aumerksam.

    Andere registrieren strkere Stimmungsschwankungen, egal ob nach oben

    oder nach unten, o schneller und genauer als wir selber. Das gilt in verschr-ter Form r solche anderen, mit denen wir verhandeln.

    Wer in Verhandlungen geht, ist gut beraten, wenn er es in einem Zustandtut, der seinem Naturell entspricht. Sie haben den besten Stand, wenn Sie ausIhrer Mitte heraus in eine Verhandlung gehen. Nicht zu vorsichtig, pessimis-tisch und auch nicht zu euphorisch, siegesgewiss.

    Das sagt sich so leicht dahin, nicht wahr: Sei nicht so pessimistisch, daswird schon gut gehen. Und warum soll einer, der richtig gut drau ist, wieder

    ein Stck herunterkommen?Zuerst einmal zum Warum.Warum sind starke Stimmungsabweichungen

    vom Naturell in Verhandlungen gehrlich?Wir haben schon estgestellt, dass wir Stimmungshochs und -ties nicht

    wirklich vor anderen verbergen knnen. Und erahrene Verhandler wissen, wiesie sich unsere auergewhnliche Stimmung zu Nutze machen.

    Zwei Beispiele, wie so etwas ablauen kann.

    BeispielVerkuer zum (niedergeschlagenen) Einkuer: Unser Angebot ist dochair, nicht wahr? Und Sie knnen jetzt noch 15 Angebote einholen und,glauben Sie mir, der Auwand lohnt absolut nicht. Ich kann mir nicht vor-stellen, dass ein besseres als unseres darunter ist. Kommen Sie, geben SieIhrem Herzen einen Sto. Mit einem Seuzer grei der Einkuer zumhingereichten Vertrag und unterschreibt. Diese Augabe hat er jetzt wenigs-tens vom isch.

    Einkuer zum (euphorischen) Verkuer: Was spricht dagegen, dass Sie mirdie 500 Stck zum 10.000er Preis geben? Ich hoffe doch, dass wir in Zukunregelmig ordentliche Mengen bei Ihnen kauen, oder? Und schon sagtder Verkuer Ja. Zu was genau eigentlich?, ragt er sich noch schnell undkommt zur Einsicht: Ach, ist doch egal, sei nicht ppstlicher als der Papst.Und wenn dann zuknig noch die dicken Aurge kommen ...

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    Sowohl der Niedergeschlagene als auch der Euphorische lassen leichtertigGeld au dem isch liegen. Ein geschickter Gegenspieler hat ihre Stimmungausgenutzt.

    Und jetzt zum Wie. Wie kommen wir aus einer Verstimmung in unsereMitte zurck? Sie haben sicher schon er estgestellt, dass Ermahnungen aneinen selbst nicht wirklich rasch helen. Und auch wenn andere es gut meinen,zum Beispiel mit Komm mal wieder au den eppich oder auch in einem iemit So schlimm ist es doch nicht, es nutzt meist nicht.

    Ich werde Ihnen gleich eine Methode zeigen, die Sie schnell und sicher inIhre Mitte zurckhrt, wenn Sie verstimmt sind. Und Sie mssen dabei nichteinmal etwas Neues lernen, Sie knnen es schon. Sie mssen sich nur vor der

    Verhandlung in der schwankenden Stimmung kurz daran erinnern und esdann anwenden.

    Weil die Methode so einach und so nahe liegend ist, sehe ich in meinenSeminaren immer wieder Leute, die annglich nicht glauben wollen, dass esunktioniert. (Aber nur solange, bis sie bei sich selbst merken, wie es wirkt.)Deshalb will ich hier kurz erklren, wie die Methode entdeckt wurde.

    Es ist unbestritten, dass sich Stimmungen in der Krpersprache und derMimik widerspiegeln. Beim einen mehr, beim anderen weniger. Aber die Spie-

    gelungen sind da und werden als Gesamtbild von guten Bekannten und erah-renen Beobachtern sicher erkannt.

    Ein paar Anzeichen von vielen: Der Niedergeschlagene geht schwerer,wie mit einer Last beladen. Der Kop hngt nach vorne, die Schultern nachunten und der Rcken ist gewlbt. Die Miene ist leidend. Der Euphorische tn-zelt beim Gehen. Der Kop wird hoch getragen, die Arme schlenkern stark. DieAugen sind weit geffnet, das Gesicht glht.

    Nun ist es so, dass Kpersprache und Stimmung keine Einbahnstraen-

    Regelung unter sich ausgemacht haben. Anders gesagt: Wenn eine bestimmteStimmung zu einer ganz bestimmten Kpersprache hrt, dann wird die glei-che, diesmal gespielte Krpersprache zu der bestimmten Stimmung hren.Und das ist tatschlich so.

    An dieser Stelle zitiere ich die berhmte Familientherapeutin VirginiaSatir2. Und zwar mit einer ihrer Anweisungen, wie man in ein bestimmtes,gestrtes Verhaltensmuster gert:

    2

    Gordon, D., Terapeutische Metaphern, Paderborn 1986

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    Der eigene Status 27

    Der Beschwichtiger ... Sie werden spter merken, dass Ihnen, wenn Sie dieseRolle nur n Minuten spielen, bel wird und Sie brechen mchten ... Sei dieklebrigste, leidendste, Fe kssende Person, die du nur sein kannst. Stell dirdeinen Krper mit einem Bein kniend vor, ein bisschen wackelnd, eine Handbittend ausgestreckt, und pass au, dass dein Kop stark nach oben gerichtet ist,so dass dein Nacken schmerzt, deine Augen beranstrengt werden und du inkrzester Zeit Kopschmerzen bekommst.

    Wenn du in dieser Position sprichst, wird deine Stimme winselnd und piepsendsein, denn du hltst deinen Krper so geduckt, dass du nicht gengend Lu reine reiche, volle Stimme hast.

    Merke!

    Wir knnen durch Haltung und Krpersprache innere Zustnde und Stim-mungen herbeihren. Selbstverstndlich nicht nur schlechte, gestrte,sondern auch gute, gesunde.

    Und Sie ahnen jetzt sicher schon, dass genau das unsere einache Methodeist: Durch bewusste Kpersprache aus der Verstimmung herauskommen und

    in die eigene Mitte hineingleiten.Bevor ich Ihnen jetzt beschreibe, wie Sie das am besten einben, noch ein

    wichtiger Hinweis: Ich rede hier von Verstimmungen, wie wir sie alle hin undwieder haben. Depression und rauer sind nicht mit inbegriffen, die brauchenproessionelle psychologische Hile.

    Wie hren Sie sich nun selbst in Ihre Mitte zurck, wenn Sie mal herausge-rutscht sind? Als erstes mssen Sie sich Ihr Kpergehl bewusst machen, wiees ist, wenn Sie in Ihrer Mitte sind. Das heit: Wie hlt es sich an, wenn Sie

    sich gut und sicher, souvern hlen?Gehen Sie in Gedanken in eine solche Situation, die Sie in den letzten agenerlebt haben. Das kann eine ganz einache Situation gewesen sein, wie zumBeispiel ein Gesprch mit einem Freund, ein Spaziergang, irgendwas. SuchenSie ruhig ein bisschen. Wichtig ist, dass Sie wissen: Ich habe mich in dieserSituation gut und sicher gehlt.

    Lassen Sie die Situation vor Ihrem inneren Auge Revue passieren. AchtenSie dabei au sich. Haben Sie gestanden oder gesessen? Hielten Sie etwas in

    den Hnden? Welche Bewegungen mit den Armen und Hnden haben Sie

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    gemacht? Knnen Sie nachempnden oder gar hren, wie Ihre Stimme geklun-gen hat? Wenn Sie gelauen sind, wie sind Sie gelauen?

    Achten Sie au die Einzelheiten, die Ihnen auffallen wollen. Und wenn Sie

    ein paar Einzelheiten haben (z. B. Ihren Gang, Ihre Oberkrperhaltung und dieStimmlage), dann pren Sie die Sache, indem Sie sie jetzt nachstellen.

    Wie hlt es sich jetzt an, wenn Sie die Haltung einnehmen? Lassen Sie esganz entspannt 10 bis 20 Sekunden au sich wirken. Fhlen Sie sich gut undsicher?

    Sobald Sie die richtige Krpersprache sprechen, beginnen Sie schon, sichgut und sicher zu hlen. Und je mehr Details Sie eingen, desto rascher undbesser gelingt es. Bewegen Sie sich in Ihrer Mitte und spren Sie, wie sich Sou-

    vernitt ganz sicher von selbst einstellt.Es ist Ihre eigene Kpersprache, nichts Augesetztes oder Antrainiertes. Sie

    selbst sind es. Sie sind sich dessen jetzt nur bewusster geworden. Ab jetzt gehenSie immer aus Ihrer Mitte souvern in Verhandlungen.

    Tipp

    ben Sie, indem Sie die Krpersprache Ihrer Mitte in den nchsten

    Tagen fter einmal bewusst sprechen.

    Wertschtzen, was man hat und was man ist

    Im Vergleich mit der Konkurrenz sind wir viel zu teuer, nicht modern genug,zu unexibel, zu ... So klingt es, wenn Verkuer nicht hinter ihrem Angebotstehen.

    Und der Einkuer, der denkt, dass die Produktion immer diese Sonder-wnsche hat, dass die Konkurrenz wirklich Geld anasst, um erstklassige Pro-dukte zu ergattern, dass man ihm nie gengend Spielraum lsst, dass ... stehtauch nicht zu seiner Augabe.

    Seien Sie versichert, dass Ihr Gegenber das bemerkt und nutzt. Er wirdversuchen, die Klu zwischen Ihnen und Ihrem Unternehmen, das Sie ja soalleine im Regen stehen lsst, zu vergrern. Und wenn Sie nicht aupassen,dann hlen Sie sich ihm mehr verpichtet als Ihrem eigenen Unternehmen.

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    Wertschtzen, was man hat und was man ist 29

    Zumindest kurzzeitig, was meist r ein schlechtes Verhandlungsergebnisreicht.

    BeispielEinkuer zum (schwankenden) Verkuer: Ich wei nicht, wie ich dassagen soll. Ihr Produkt ist so weit o. k. Lange Pause Nur, wenn ich dieProdukte Ihrer Konkurrenten gedanklich daneben stelle, dann ehlt ihmirgendwas. Es wirkt irgendwie alt, oder irre ich mich da?Der Verkuer, der selber der Meinung ist, dass die Konkurrenz die moder-neren Produkte hat, eiert herum, weil er sich keine Argumente zurechtge-legt hat. Und was macht er? Er gleicht das scheinbare Manko mit einem

    dicken Preisnachlass aus: Ich mache Ihnen r unser bewhrtes Produkteinen sehr guten Preis.

    Was kann man tun, um die eigenen Werte nicht zu verleugnen, sondernanzuerkennen? Wenn Sie merken, dass Sie nie und immer in negativenSelbstaussagen benutzen, wie zum Beispiel die Konkurrenz ist immer gns-tiger als wir oder ich habe nie genug Zeit, um Angebote wirklich zu pren,mssen Sie einmal innehalten.

    Schauen Sie sich Ihre Aussagen genau an. Stimmt es wirklich, haben Sie niegenug Zeit? Wenn nein, hren Sie damit au, sich mit negativen Aussagen selbstnach unten zu ziehen. Wenn ja, hren Sie au zu jammern und suchen Sie nacheiner Lsung.

    Und ist die Konkurrenz wirklich immer gnstiger? Auch dann, wenn SieQualitt, Lieerkonditionen, Service usw. mit in Betracht ziehen? Wahrschein-lich nicht. Denken Sie ber Ihre Nutzenargumentation nach. Wie knnen Siedem nchsten Interessenten Ihr Produkt so richtig schmackha machen?

    Wenn es bei Ihnen im Unternehmen bereits Jammerzirkel gibt, halten Siesich ern. Gehen Sie nicht in das Bro von Kollege X, wo die Kollegen Y und Zherumstehen und zynische Witze ber die eigene Fhrung machen. Das raubtIhnen wirklich die Motivation.

    Ganz erstaunlich nde ich, dass Fhrungskre nicht selten bei solchenJammerzirkeln wegschauen, anstatt etwas dagegen zu unternehmen. Damitlassen sie zu, dass ihre Mitarbeiter sich gegenseitig in den Keller ziehen unddie eam-Perormance gleich mit. Dabei gilt in diesen Fllen analog: Ein auler

    Apel in der Kiste verdirbt ganz schnell die ganze Charge.

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    Fhrungskre, die eine op-Perormance ihres eams wollen, helen ihrenLeuten, Spitzenleistung zu erbringen. Dazu gengt es nicht, einmal im Jahr einMitarbeitergesprch zu hren und genauso o ein Motivationsevent (was sind

    wir toll) durchzuziehen.Die gute Fhrungskra scha eine Atmosphre des Respekts. In einem

    eam, das wirklich Spitzenleistung bringt, wird nicht hintenherum getuschelt.Wenn etwas nicht in Ordnung ist, was immer mal passieren kann, wird dasoffen angesprochen und gemeinsam gelst. Neben der Atmosphre des gegen-seitigen Respekts gibt es noch ein weiteres wichtiges Merkmal eines Spitzen-teams: Alle sind hoch motiviert bei der Arbeit.

    Stellen wir kurz berlegungen an, was wirkliche Motivation ist. Besondere

    Belohnungen r gute Leistung, dazu zhlt natrlich auch Selbstbelohnung,haben ihren Sinn. Sie sind Anerkennung und auch Ansporn, eine gute Leistungzu wiederholen, bzw. zeigen anderen, dass sich Leistung lohnt.

    Solche besonderen Belohnungen haben eine gewisse, nicht allzu langeHalbwertszeit. Dann verlieren sie rasch an Wirkung. Kommen sie jedoch zuo, verlieren sie das Besondere und damit auch einen guten eil ihres Leis-tungsanreizes. Sie taugen also nicht als Motivation rs tgliche Gesch.

    Das, was uns ag r ag aus Neue motiviert, unser Bestes zu geben, das ist

    Erolg in unserer Arbeit. Wenn wir immer wieder vor Herausorderungen ste-hen und diese erolgreich meistern, dann sind wir voll bei der Sache, motiviert.

    Ein gute Fhrungskra sorgt also dar, dass die Mitarbeiter a) geordertwerden und b) dabei erolgreich sein knnen. Und wenn Sie Ihr eigener Chesind, dann mssen Sie sich selbst eine gute Fhrungskra sein.

    Merke!

    Erolgreich Herausorderungen meistern zu knnen, das motiviert die

    meisten Menschen am strksten.

    Fordern und zum Erolg behigen, wie kann man das erreichen? Wo rich-tig gearbeitet wird, da tauchen auch Probleme au. Ermutigen Sie Ihre Leute,diese Probleme offen anzusprechen und Lsungen als eam zu suchen. Scha-en Sie den Rahmen (regelmige Meetings zu diesem Zweck) und berneh-men Sie als Fhrungskra die Moderation. Geben Sie Ihren Mitarbeitern dar-ber hinaus Gelegenheit, sich weiterzubilden. Und ganz wichtig, vergessen Sie

    sich selbst dabei nicht.

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    Sind Sie auch aberglubisch? 31

    Hier ein paar Vorschlge: Buchen Sie ein Gekonnt-Verhandeln-Seminarr Ihr eam oder r einen Einzelnen, der anschlieend sein neues Wissenins eam einbringt. Holen Sie einen Verhandeln-Coach oder Berater zu eam-

    Meetings dazu und lassen Sie sich zeigen, wo weitere Entwicklungsmglichkei-ten bestehen.

    Sind Sie auch aberglubisch?

    Es gibt noch einen wunden Punkt, den ich immer wieder sehe, wenn ichVerhandler coache oder trainiere. Es klingt seltsam, aber es ist so etwas wie

    Aberglaube.Hier einige Beispiele dar, was ich meine:

    Montags gehen meine Verhandlungen immer schie. Wenn ich einem Mann gegenber sitze, der ein Hemd mit ab-Kragen

    trgt, brauche ich es erst gar nicht zu versuchen, das geht immer schie. Wenn au der Gegenseite zwei Leute sitzen, dann geht es schie (jede andere

    Anzahl ist in Ordnung). Was ist da passiert? Da hat jemand ein paar Mal die scheinbar gleiche

    schlechte Erahrung gemacht und ngt an, daran zu glauben, dass das beiihm immer so ist, als sei es eine unumstliche Wahrheit.Nehmen wir das Beispiel mit dem ab-Kragen-rger. (Das kann auch

    ein Mann mit buschigen Augenbrauen sein oder eine Frau im Nadelstreien-Kostm.) Es kann sein, dass man zwei- oder dreimal kurz hintereinander anverschiedene Leute gert, die solch einen Kragen bevorzugen, und schlechteErgebnisse erzielt.

    Nun sucht man immer nach Grnden und das ist auch sinnvoll und gut

    , warum man nicht zum Zuge gekommen ist. Man vergleicht Situationen undReaktionen und da, au einmal llt es einem wie Schuppen von den Augen: Dieypen tragen alle das gleiche modische Accessoire, den ab-Kragen. Das ist es.

    Und schon bei der nchsten Verhandlung schaut man unwillkrlich nachdem Kragen des Gegenbers (jahrelang war der Kragen des Gegenbers ziem-lich uninteressant). Glck gehabt, der hat keinen. Jetzt knnen wir anangen.

    Aber wehe, er hat einen ab-Kragen. Dann geht es los im Kop: Das wirdnix, ich kann eigentlich gleich einpacken und gehen. Es beginnt eine Spirale

    nach unten. Das Ganze wird zu einer selbsterllenden Prophezeiung. Wir

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    erwarten ja geradezu das Scheitern und reden es innerlich herbei. Und wasinnen ist, das wissen wir bereits, wird auen sichtbar. Unser Gegenber merkt,dass wir nicht an unseren Erolg glauben, und wird das r sich nutzen. Am

    Ende geht es tatschlich schlecht r uns aus, was unseren Aberglauben nurnhrt. Jetzt sitzt es noch ester.

    Wie geht man dagegen vor, sodass man sich von einem alschen Glaubenbereit? Es wre alsch, wenn man versuchte, so einen Glauben, hat er sich erst-mal richtig estgesetzt, einach wegzuwischen oder zu ignorieren. Der lauertim Hinterstbchen und kommt garantiert im alschen Augenblick nach vorneins Bewusstsein.

    Besser ist es, den (Aber-)Glauben herauszuordern. Und weil er estsitzt,

    mssen wir ihn wieder in Bewegung bringen. Bisher haben wir vielleicht soetwas zu uns selber gesagt: Uff, er hat einen ab-Kragen. Da kann ich gleicheinpacken. Das Ergebnis steht also est: Ich habe keine Chance.

    Zuknig gehen wir mit Zuversicht an die Sache: Ahh, er hat einen ab-Kragen. Das war bisher immer kritisch. Und jetzt bin ich gespannt, wie gut ichmich schlage. Merken Sie den Unterschied? Hier ist wieder Bewegung drin,das Ergebnis ist offen.

    Und damit Sie Ihr Bestes geben knnen, machen Sie rasch klar Schiff , so

    wie Sie es oben gelernt haben.

    Ein gesunder Geist in einem gesunden Krper

    Nehmen wir einmal an, einer Ihrer Lieeranten mchte Preiserhhungendurchsetzen. In einer ersten Verhandlung haben Sie abgelehnt, weil Sie imGegenzug keine Vorteile r Ihr Unternehmen sehen. Auch sind die Rohstoff-

    preise nicht gestiegen und bei der Konkurrenz Ihres Lieeranten (das haben Sieselbstverstndlich recherchiert) bleiben die Preise stabil.Was soll das?, haben Sie den Verkuer deshalb geragt und weiter: Ihr

    Unternehmen steckt doch nicht etwa in Schwierigkeiten, oder? Nein, imGegenteil, lchelt der souvern. Wir expandieren und haben enorm in neueProduktionstechnik investiert. Sptestens in einem Jahr beglckwnschen Siesich, dass Sie uns als Lieeranten behalten haben. Um den Beweis anzutreten,ldt Sie der Verkuer zu einer Besichtigung der neuen Fabrik ein.

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    Ein gesunder Geist in einem gesunden Krper 33

    Sie werden abends, am ag vor der Besichtung, im Hotel, am Bahnhooder am Flughaen von einem jungen, netten Vertriebsassistenten empangen.Obwohl Sie eigentlich mde sind und lieber entspannen wrden, knnen Sie

    ihm das kleine Abendprogramm nicht abschlagen, das er extra r Sie arran-giert hat. (Wenn mein Boss erhrt, dass ich Sie nicht wie einen Knig empan-gen habe, dann Gute Nacht!)

    An diesem Abend trotz seiner Jugend versteht der Vertriebler sein Hand-werk essen Sie zu viel und zu ett, Sie trinken etwas mehr, als Ihnen gut tut,und Sie kommen viel spter ins Bett als blich. Am nchsten ag ordert IhrKrper sein Recht ein. Sie sind mde und roh, wenn Sie ohne groe Anstren-gung durch die Gesprche gleiten dren. Das, was Sie schar hinterragen

    wollten, dar jetzt in der Ferne verimmern. Zwischendurch ragen Sie sichhchstens einmal kurz, warum der junge Vertriebsassistent nicht zu sehenist. Und Sie kommen drau, dass er nach der anstrengenden Nachtschicht mitIhnen wahrscheinlich rei hat.

    Umgekehrt, mit vertauschten ter- und Operrollen, geht das natrlichgenauso.

    Beispiel

    Ich hatte einmal einen Einkuer-Kollegen, der wichtige Verhandlungenimmer au die Mittagszeit terminierte. Er steuerte die Verhandlung so, dassvor dem Mittagessen keine bedeutenden Entscheidungen getroffen wur-den. Dann, im richtigen Moment, unterbrach er die Verhandlung und ludsein Gegenber zum Mittagessen ein. Das el ppig aus, mit allem Drumund Dran (und noch einen Grappa hinterher, das tut dem Magen gut). Undnach dem Mittagessen, sobald der Kper des Verkuers voll mit Verdauenbeschigt war, ging es Schlag au Schlag mit den wichtigen Punkten wei-

    ter. Nun muss ich dazu sagen, dass mein Kollege ein Hne war und ihmin unserem Unternehmen keiner gewachsen war, was Essen und rinkenanging. Meistens konnten die Verkuer ihm nach dem Mittagessen auchkeine Gegenwehr mehr leisten.

    Was nehmen wir mit aus diesen Beispielen? Achten Sie darau, dass Sie vorund whrend wichtiger Verhandlungen Ihrem Krper nicht zu viel zumuten.Gehen Sie ausgeruht und entspannt in Verhandlungen, nur so knnen Sie

    immer Herr der Lage sein.

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    Es gibt Branchen oder auch Firmenkulturen, da gehrt Prassen zum nor-malen Geschsgebaren. Was tun, wenn man nicht umhin kann, mitzueiern?Mein Rat: Nehmen Sie einen trinkesten Kollegen mit. Wenn Sie keinen Kol-

    legen nden, der mitgeht, dann suchen Sie jemanden, den Sie dar bezahlen,dass er mitgeht und das rinken bernimmt. Sie eiern auch richtig mit undtrinken Mineralwasser.

    Bisher habe ich darber gesprochen, wie man es vermeidet, seinem Krperzu viel zuzumuten. Machen wir noch einen kleinen Abstecher zu dem, wasman Vorbeugen nennt.

    Verhandeln ist im wesentlichen Denken. Und Denken ist harte Arbeit.Wussten Sie, dass unser Gehirn nur rund 2 Prozent unserer Krpermasse aus-

    macht, aber 20 bis 25 Prozent unserer zugehrten Energie braucht? Wir ms-sen dar sorgen, dass auch bei langen und schwierigen Verhandlungen unse-rem Gehirn nicht die Kra ausgeht. In Verhandlungspausen sollte man deshalbnicht rauchen und auch nicht hektisch mit dem Handy teleonieren, sondernden Krper, besonders das Hirn, regenerieren. Am besten ist da Bewegung undam allerbesten an der rischen Lu.

    Eine gewisse krperliche Grundtness ist auch hilreich, besonders wenndas Verhandeln schwierig wird und/oder lnger dauert. Mit Fitness meine ich

    nicht Bodybuilding, sondern eine Krperbeherrschung, die es uns ermglicht,schmerz- und ermdungsrei lange zu sitzen (Verhandlungen nden meistensim Sitzen statt) und bewusst Spannung und Entspannung zu regeln, um Ver-spannungen zu verhindern.

    Es ist nicht verkehrt, einen Yoga-Kurs oder auch ein Seminar ber Progres-sive Muskelentspannung (PMR) zu besuchen. Nicht umsonst bieten moderneKrankenkassen ihren Mitgliedern solche Kurse als Prventivmanahmen kos-tenlos oder doch gut gesponsert an.

    Im letzten Punkt, den ich hier ansprechen will, geht es um unsere Ernh-rung. Wie wichtig gutes, risches Obst ist und wie schdlich ettes, schnellgemachtes elleressen, gerade wenn man unter Volldamp arbeitet, habe ich ineinem ganz anderen Zusammenhang kennen und schtzen gelernt.

    Vor vielen Jahren nahm ich an einem kleinen Messe-raining teil, das sei-nerzeit eine Messe erahrene Kollegin aus dem Verkau leitete. Es waren nurein paar Stunden raining, schnell au die Beine gestellt, geradezu improvisiertund trotzdem richtig wertvoll.

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    Take away 35

    Zwei Stze, r die ich der Kollegin sehr, sehr dankbar war, habe ich seithernicht vergessen: Nehmen Sie mindestens zwei Paar eingelauene Schuhe mit.Und greien Sie o zu dem rischen Obst, das immer r Sie bereitsteht. Sp-

    testens am dritten Messetag wusste ich, was die Kollegin r mich getan hatte.Fr Verhandlungen reicht wahrscheinlich ein Paar Schuhe. Aber der ipp

    mit dem Obst gilt auch hier, denn rische Frchte halten in Verhandlungengeistig und krperlich risch. Essen Sie sich bei Verhandlungen nicht satt, wennzwischendurch gegessen wird. So wie ein Jagdhund besser arbeitet, wenn erleichten Hunger hat (wenn er satt ist, hat er es nicht ntig, Beute zu machen),so sind auch bei uns Menschen die Sinne schrer eingestellt, wenn wir nochnicht satt sind.

    Take away

    Sie lassen sich nicht remdbestimmen, weil Sie Manipulationsversucheerkennen und mit der Kontrolltechnik Klar Schiff unschdlich machen.

    Sie wissen, dass Sie sich selbst ein Bein stellen knnen, wenn Sie mit zunegativer oder zu euphorischer Einstellung in Verhandlungen gehen. Hier

    haben Sie eine einache Methode, um jederzeit sehr sicher aus Ihrer Mitteheraus zu agieren.

    Sie wissen, was Sie wert sind und was Sie knnen. Wenn es nicht so lu,wie es soll (was immer einmal vorkommen kann), dann jammern Sie nicht,sondern unternehmen etwas. Sie sind immer willens und hig, Ihre besteLeistung zu bringen.

    Ihre Gesundheit ist Ihr wichtigstes Gut. Sie wissen, was Ihr Kper braucht,damit Sie dauerha Spitzenleistung als Verhandler bringen knnen. Und

    Sie geben es ihm.

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    In diesem Kapitel erahren Sie, welche Arten von Verhandlungen es gibt undworin sich die Geschsverhandlung von anderen Verhandlungen unterschei-det. Sie lernen, wie Sie Ihr Gegenber in der Verhandlung hren, indem Siesich das Prinzip des Abwgens bei Entscheidungen zu Nutze machen. Sie wis-sen nach der Lektre, welchen Wert ein Gesch r Ihr Gegenber hat undwie Sie mit diesem Wissen die Fhrung bernehmen und behalten.

    Verschiedene Verhandlungsarten

    Es gibt verschiedene Arten von Verhandlungen. Manches, was Verhandlunggenannt wird, ist gar keine (ich denke zum Beispiel an Schauprozesse in Dik-taturen), und manches, was au den ersten Blick gar nicht danach aussieht, isteine Verhandlung.

    Nehmen wir nur einmal meinen Hund. Wenn er meint, dass es Zeit rseinen Spaziergang ist, wird er unruhig. Das ngt langsam an mit orderndemSitz neben mir an meinem Schreibtisch und gelegentlichen, sanen Schub-sern mit der Schnauze. Je lnger ich nicht au seine Forderung eingehe, was hinund wieder vorkommt, weil ich ja so unheimlich stark beschigt bin, destoheiger wird seine Unruhe. Das steigert sich von Rumhpen vor mir, ber ander r Kratzen bis hin zum krigen Bellen. In gewissen Kreisen wird das,was mein Hund macht, die Daumenschrauben anziehen genannt. Nun, ich

    habe natrlich auch meine Mittel und Methoden, um meine Position am

    Sicher Entscheidungen treffen und dieFhrung bernehmen 2

    G. Braun, Verhandeln in Einkauf und Vertrieb,DOI 10.1007/ 978-3-8349-4618-8_2,

    Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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    38 2 Sicher Entscheidungen treffen und die Fhrung bernehmen

    Schreibtisch weiterzuarbeiten zu verteidigen. Ich kann zum Beispiel einHr au hinweren, was mir in der Regel eine halbe Minute Ruhe und einkurzristiges Verzgern der nchsthheren Stue verscha. Und ich kann ihm

    immer noch einen Kompromiss anbieten: Okay, wir machen jetzt soort einenSpaziergang. Aber es wird nur eine kleine Runde. Dar machen wir heuteAbend einen richtig langen Spaziergang. Was soll ich sagen, mein Hund kenntmich, er vertraut mir und geht anstandslos au mein Kompromissangebot ein.ja, und wenn das keine Verhandlungen sind ...

    Kommen wir zu den Verhandlungsarten. Zuerst schauen wir die Sache imDetail an, am Ende des Abschnitts nden Sie eine tabellarische bersicht.

    Es gibt verschiedene Wege, Verhandlungen einzuordnen. Man kann Ver-

    handlungen zum Beispiel danach unterscheiden, wer die Verhandler sind oderauch welche Regeln gelten und welche nicht. Wir werden unsere Art der Ver-handlung, die Geschsverhandlung in Ein- und Verkau, von allen anderengleich durch eine ganz bestimmte Regel abgrenzen. Zuvor schauen wir kurz aueinige andere Verhandlungsarten.

    Beispiele

    Es gibt Verhandlungen zwischen Staaten, Diplomatie genannt. Das unse-

    ligste Ergebnis einer solchen Verhandlung kann ein Krieg sein. Krieg istlaut Clausewitz3ja die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Gewaltist r uns in der Geschsverhandlung aber kein Mittel zum Zweck.Eine andere Konstellation, bei der entscheidend ist, wer die Verhandlersind, sind quasi ffentliche Verhandlungen gesellschalicher Gruppen.Bestes Beispiel: ariverhandlungen zwischen Gewerkschaen und Arbeit-geberverbnden. Nicht selten werden solche Verhandlungen nur scheinbaram isch, zwischen den unmittelbaren Verhandlern, entschieden. In Wahr-

    heit knnen diese vielleicht nur noch abnicken, was bereits durch mehroder weniger geschickte ffentlichkeitsarbeit vorgegeben ist.Ein zentraler Punkt bei solchen Verhandlungen, eine Regel, wird hierwichtig: Die Verhandlungen mssen egal, wie lange es dauert zu einemErgebnis kommen. Diese Art von Verhandlungen steuern von Anang anau einen Kompromiss zu.Noch eine dritte Art von Verhandlungen, die durch die Verhandler an sichbestimmt wird: Verhandlungen zwischen Menschen, die enge Bindungen

    3 Clausewitz, Carl von, Vom Kriege, Reinbek bei Hamburg 1963

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    Verschiedene Verhandlungsarten 39

    haben, zum Beispiel zwischen Ehepartnern oder zwischen Eltern und Kin-dern. Hier dar man nicht vom anderen sprechen, wie ich es im erstenKapitel deniert habe, sondern man hat es wirklich mit Partnern zu tun.

    Bei dieser Art von Verhandlungen gehrt es dazu, dass man hin und wiederin schweres Fahrwasser gert. Das ist eil des Reieprozesses eines jedenMenschen. Ein hoffentlich erlltes Leben lang.

    Betrachten wir noch einige Regeln verschiedener Verhandlungstypen.Eine haben wir schon gesehen: die ariverhandlung, die nicht ohne Ergeb-nis enden dar. Die Regel heit: Es muss eine Einigung geben, vorher drihr nicht auren. hnliches gilt brigens auch r Verhandlungen zwischen

    Eltern und einem minderjhrigen Kind. Sie sind aneinander gebunden undmssen au Gedeih und Verderb einen Kompromiss nden. Eine andere Regelgilt bei Gerichtsverhandlungen: Nicht die Verhandler entscheiden, sondern einunbeteiligter Dritter (oder eine ganze Gruppe) steuert die stark reglementierteVerhandlung und llt abschlieend ein Urteil.

    Was ist jetzt das zentrale Element, das eine Geschsverhandlung in Ein-und Verkau von den zuvor beschriebenen Verhandlungen unterscheidet? Esist olgende Regel:

    Jede der beteiligten Parteien kann die Verhandlung jederzeit

    beenden und gehen.

    Schauen wir genauer hin, was die besondere Regel r geschliche Ver-handlungen r uns bedeutet. Niemand kann uns zwingen, in eine Verhand-lung einzusteigen. Wir gehen reiwillig in Verhandlungen. Das hat Vor- undNachteile:

    Der groe Vorteil: Wir sind sehr rei in unseren Entscheidungen. Ein Nachteil: Wir knnen nicht das Schicksal oder hhere Gewalt r dasErgebnis verantwortlich machen.

    Die Konsequenz: Wir sind r alles, was in einer Verhandlung passiert undauch was nicht passiert, verantwortlich.Wir tragen also die Verantwortung r den Ausgang der Verhandlung, was

    nicht jedermanns Sache ist. Aber Sie haben zu diesem Buch hier gegriffen,und das heit: Sie wollen die Verantwortung bernehmen oder haben sie gar

    bereits.

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    Was Sie jetzt brauchen, sind Werkzeuge und Methoden, die Ihnen ermg-lichen, in Verhandlungen immer klare und gute Entscheidungen zu treffen.Verhandeln ist im Grunde nichts anderes, als ortwhrend Entscheidungen zutreffen. Um entscheiden zu knnen, braucht man natrlich Inormationen. Das

    heit, man muss Fragen stellen und Antworten einordern. Und man muss mitFragen der anderen Partei umgehen.

    Es ist erstaunlich, aber ich sehe immer wieder, dass Leute, mit den wich-tigsten Verhandlungen betraut, keinen Zugriff au Methoden und Werkzeugehaben, kein System haben, mit dem sie klare und gute Entscheidungen sichertreffen. Wenn ich Verhandlungshrer rage: Nach welchem System gehen Sievor?, bekomme ich als Antwort o eine Gegenrage: System? Diese Art derUnsicherheit ist blich und weit verbreitet. Und es spielt kaum eine Rolle, ob

    man da die Einkuer- oder Verkuerseite betrachtet.Untersuchungen und Studien besttigen dies. So schreibt das Wirtschas-magazin CAPIAL in Nr. 24/2004 (S. 66 ff.):

    Gute Verhandler bringen Gewinn, schlechte verursachen hohe Kosten. Rund 2,5Milliarden Euro pro Jahr verlieren deutsche Unternehmen, weil ihre Mitarbeiter inVerhandlungen zu schnell klein beigeben oder sich gar vor ihnen drcken, schtzendie Experten der Internationalen Arbeitsorganisation IAO. Unternehmenslenkerwissen um den hohen Stellenwert der Verhandlungskompetenz ihrer Mitarbeiter.

    Tab. 2.1 Verhandlungsarten

    Verhandlungsart Besondere Regel

    Verhandlungen

    zwischen Staaten

    Gewalt ist ein Druckmittel.

    VerhandlungenzwischengesellschalichenGruppen

    Kompromiss ist Picht.

    Gerichtsverhandlungen Die Parteien sind dem Urteil eines unbeteiligten Drittenunterworen.

    FamilireVerhandlungen

    Die Beziehungen untereinander beeinussen dieVerhandlungen strker als bei jeder anderen Art von

    Verhandlung.GeschlicheVerhandlungen

    Jede der beteiligten Parteien kann die Verhandlungjederzeit beenden und gehen.

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    Was geschieht, sobald einer systematisch verhandelt?

    Wer mit einem guten Verhandlungssystem antritt, der ist den Amateuren

    dramatisch berlegen, und die Proessionellen haben den ntigen Respekt.Unaire Manipulation wird rechtzeitig erkannt und unschdlich gemacht. Miteinem guten Verhandlungssystem nehmen Sie Verhandlungen in die Hand.Sie steuern und kontrollieren den Verhandlungsprozess das, was vor sichgeht. Sie wissen genau, wo Sie in der Verhandlung stehen und was Ihr nchsterSchritt ist.

    Wir werden uns im Folgenden ein wirksames Verhandlungssystem erarbei-ten, mit dem Sie sicher und regelmig beste Resultate erzielen. Bevor wir uns

    an die einzelnen Systemkomponenten machen und in Kapitel 4 dann alles bei-sammen haben, um das System ormal zu assen, will ich hier an einem Beispielkurz zeigen, wie es nachher unktioniert.

    Beispiel

    Wenn ein Verkuer mit einem neuen Interessenten spricht, dann ist dasschon die erste Verhandlung. Er muss herausnden, ob der Interessent alsKunde qualiziert ist. Nicht wenige Verkuer scheuen diese rhe Qua-

    lizierung, weil sie rchten, den Interessenten zu erschrecken, wenn sieihn beispielsweise ragen, ob er sich das Produkt leisten kann. Die Folgedavon: Verkuer investieren enorm in einen Interessenten (Inormationenzusammentragen, Angebote schreiben, Besuche machen), nur um irgend-wann estzustellen, dass der Interessent sich zum Beispiel das Produkt garnicht leisten kann, oder nur eine uninteressante Menge kauen will, odergar nicht der Entscheider ist oder ...Das erste, was wir uns klarmachen mssen, ist: Ein Nein vom anderen

    ist eine erlaubte und gute Antwort. Wer kein Nein hren will, wird auchnicht o Ja hren. Denken Sie einmal darber nach. Daraus olgt der ersteSchritt in unserem System: Wir mssen irgendwann ein Angebot machen,das unser Gegenber annehmen oder ablehnen kann. Das heit konkret:Eine geschlossene Frage stellen es ist nur Ja oder Nein als Antwort mg-lich. Beispiel: Was meinen Sie, knnen Sie mit unserem Produkt Ihr Pro-blem lsen?Wenn jetzt ein Ja vom Gegenber kommt, stellen wir ihm soort eine

    Qualizierungsrage, eine Hrde, ber die er muss. Beispiel r die HrdePreis: Ein Produkt dieser Kategorie kostet um die xx Euro. Wie passt das

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    zu Ihrem Budget? Hat er das Budget, geht es weiter mit dem nchstenVerhandlungspunkt. Hat er das Budget nicht, wird dieser Punkt verhan-delt. Vielleicht kann der Verkuer dem Interessenten helen, mehr Budget

    zusammenzubekommen. Eventuell lsst sich der Produktpreis entbndelnin Produkt und Produktschulung, und der Interessent kann zustzlich einSchulungs- und Weiterbildungsbudget in seinem Unternehmen anzapen.Vielleicht nden die beiden auch eine ganz andere Lsung, wie ein leis-tungsschwcheres und daher gnstigeres Produkt. Vielleicht kommen sieauch nicht zusammen. Dann knnen beide ihre Zeit und Energie in ergie-bigere Projekte stecken.

    Das Grundprinzip unseres Systems lautet: Mach ein Angebot und stell einekleine Hrde davor. Und nur wenn der andere ber die Hrde springt, gehtes zum nchsten Verhandlungspunkt. Und so wie ein guter Verkuer einemInteressenten nicht eine einzige Entscheidung abordert, sondern den Kau inkleinere eilprozesse mit einzelnen Angeboten und Hrden aueilt ein pas-sendes Bild ist: rittsteine durch einen Bach zeigen , so macht das auch eingeschickter Einkuer, wenn er nachher keine bsen berraschungen erlebenwill.

    Beispiel

    Einkuer zum Verkuer: Ihr Produkt passt zu unseren Spezikationen.Ich wrde gerne eine kleine Menge probeweise kauen. Das ist ein Ange-bot. Jetzt wartet der Einkuer au die Reaktion des Verkuers. Ist die Ja,stellt er die Hrde hin: Wir brauchen ganz zuverlssig in dieser Qualittjeden Monat 10.000 Stck. Knnen Sie das leisten?

    Sie sehen schon an diesen kleinen Beispielen, dass Verhandler, die mit demGrundprinzip des Systems Angebot und Hrde arbeiten, immer wissen,wann sie den nchsten Verhandlungsschritt gehen knnen und wann nicht.Das alleine ist schon sehr hilreich, wenn auch noch etwas holprig. Bauenwir als nchstes weiter Basis-Know-how r gekonntes Verhandeln au undbetrachten wir wichtige Prinzipien, wie Menschen Entscheidungen treffen.

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    Mit was vergleichen Sie?

    Fast jede wichtige Entscheidung, und auch viele unwichtige, llen wir au-

    grund eines Vergleichs. Der Vergleich ist zwar nicht die einzige Methode, diewir einsetzen, um Entscheidungen zu treffen dazu spter mehr aber sie istunser Mittel der Wahl bei den meisten Entscheidungen, die wir in Verhandlun-gen treffen. Dass das so ist, ist au den ersten Blick nicht soort klar. Wenn wiraber ein Stck zurcktreten und unsere Entscheidungen betrachten, knnenwir sehr schn sehen, wann wir verglichen haben und wann nicht. Schauen wiruns unter diesem Gesichtspunkt einige alltgliche Situationen an.

    BeispieleVordergrndig stehe ich vielleicht vor olgender Entscheidung: Kaue ichden tollen neuen Fernseher, oder kaue ich ihn nicht? Bei nherem Hinse-hen geht es jedoch nicht um ob oder ob nicht, sondern um ob Fernseheroder etwas anderes. Da ich nicht beliebig viel Geld habe, mache ich mirGedanken, wie ich es verwende. Der Fernseher konkurriert vielleicht miteinem Wochenend-rip nach London oder auch mit einer Sondereinzah-lung in meinen Altersvorsorge-Fond. Ich schaue mir also die Optionen an,

    die ich mit meinem Geld habe ich vergleiche und dann entscheide ichmich.Im Gegensatz zum Geld haben wir an Zeit alle gleich viel. Und ist es danicht wichtig, dass wir unsere begrenzte Zeit sinnvoll nutzen? Nur, was istsinnvoll? Das kann r jeden etwas anderes sein. Deshalb schauen wir aucho nach, welche Optionen wir haben, bevor wir uns r eine zeitauwn-dige Sache entscheiden. Schau ich mir im Fernsehen zwei Stunden einenmittelmigen Krimi an oder gehe ich lieber meinen Vortrag r morgen

    noch einmal durch? Vielleicht mache ich aber auch eine gute Flasche Weinau und geniee den schnen Sommerabend gemeinsam mit meiner Frauau der errasse.

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    Eine kleine bung zum Schrfen der Wahrnehmung

    Gehen Sie in Gedanken noch einmal die letzten beiden age durch. Ach-

    ten Sie dabei au Situationen, in denen Sie sich entscheiden mussten.Das muss nichts Dramatisches sein, es reichen alltgliche Situationen,wie zum Beispiel: Gehe ich mit den Kollegen heute in der Mittagspausezum Italiener? Oder auch: Ziehe ich die Anrage vor, die AbteilungA so dringend macht? Unabhngig davon, wie Sie sich entschiedenhaben, berpren Sie in der Rckschau noch einmal an zwei oder dreiEntscheidungen, welche Optionen Sie verglichen haben. Machen Sie sichbewusst, dass Sie Optionen hatten. Gute Verhandler entscheiden immer

    in vollem Bewusstsein ihrer Optionen.

    Hinter unserem Verhalten, bei Entscheidungen Optionen zu vergleichen,steht das Kontrastprinzip der Wahrnehmung. Kontrast entsteht, wenn sichDinge gegeneinander abgrenzen. Bei Fragen der Art ob oder ob nicht ent-steht praktisch kein Kontrast. Kontrast entsteht bei Fragen nach ob dieses oderob jenes. Hier stehen zwei Optionen (oder auch mehr) einander gegenber.

    Mit dem Kontrast hat es noch eine interessante Bewandtnis: Dinge tretendeutlicher hervor, wenn sie neben Gegenstzen stehen: Ein groer Mensch wirkt noch grer, wenn er neben einem kleinen Men-

    schen steht und umgekehrt. Ein Preis erscheint kleiner, wenn er neben einem deutlich hheren steht. Auch 6 Euro/qm Miete klingt r viele gnstiger als 600 Euro Miete. Und was halten Sie davon: Die Miete betrgt weniger als die Leasingrate r

    einen BMW, wie Sie ihn ahren.

    Das letzte Beispiel ist schon eine kleine Suggestion. Das heit, der andereserviert uns den r seine Belange besten Vergleich au dem Silbertablett. Vor-her, vor dieser Suggestion, htten wir beim Preis vielleicht gedacht: Das ist aberganz schn teuer, wenn man bedenkt, wie hoch die Mieten voriges Jahr waren/ bei uns in A-Stadt sind / bei der Immobilie sind, die wir vorhin besichtigthaben /... Wie auch immer, wir htten unseren eigenen Vergleichsmastabgesucht. Jetzt vergleichen wir die Miete mit der Leasingrate r ein teures Auto.Und da macht die Miete au einmal gar keine schlechte Figur.

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    Mit was vergleichen Sie? 45

    Au solche Suggestionen oder Vergleichsangebote treffen wir stndig inunserer Alltagssprache. Denken wir an leicht wie eine Feder oder, das Gegenteildavon, bleischwer. Das bedeutet, wir sind es gewohnt, Suggestionen zu olgen,

    schlielich helen sie uns im Alltag, uns besser verstndlich zu machen undauch besser zu verstehen. Wir sind leichte Beute. Deshalb muss man ganz hell-hrig werden, wenn einem in Verhandlungen Suggestionen angeboten werden.Selbst vergleichen ist sicherer.

    Unsere Abschnittsberschri heit ja: Mit was vergleichen Sie?Und das ist die zentrale Frage, die wir unserem Gegenber in Verhand-

    lungen immer dann als nchstes stellen mssen, wenn er ber die Hrde vorunserem Angebot nicht drber will oder kann. Wenn wir das nicht tun, angen

    wir an zu spekulieren, was meist schlecht ist. Wie das o schie lu, betrachtenwir an einem Beispiel.

    Beispiel

    Der Einkuer verzieht schmerzvoll das Gesicht, als er den Preis hrt, undversinkt darauin in Schweigen. Beim Verkuer geht es darauin im Koprichtig los: Ich wusste es! Ich wusste, dass ich ihm mit dem Preis nichthtte kommen dren. Konkurrent A hat gerade die Preise gesenkt, und das

    wei der Einkuer natrlich ganz genau. Jetzt muss ich ... Und herauskommt: Wissen Sie, dass die bei A nicht wirklich die Preise gesenkt haben?Die haben einach nur den Service herausgerechnet. Und den berechnendie jetzt extra. Bei uns bleibt der im Gesamtpreis mit drin.Was denkt jetzt der Einkuer? Aha, das ist ja interessant. Whrend A diePreise gesenkt hat, haben die sie gegenber letztem Jahr erhht. Da ist dasletzte Wort noch nicht gesprochen ... Mit was hat der Einkuer den aktu-ellen Preis von sich aus verglichen (warum hat er das Gesicht verzogen)?

    Mit dem vom vorigen Jahr. Und wenn der Verkuer geragt htte: Ichsehe, den nackten Preis wollen Sie so noch nicht akzeptieren. Woran mes-sen Sie ihn? (Mit was vergleichen Sie?), htte er gut vorbereitet, wie erist auch ordentlich etwas in die Waagschale weren knnen. So hingegenhat er seinem Gegenber vergiete Peile gegeben, damit der sie au ihnabschieen kann.

    Das Prinzip, das hier grei, lsst sich sehr gut mit einer Waage verbildli-

    chen. In der einen Waagschale unser Angebot im speziellen Fall hier unser

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    Preis (P) und in der anderen der wahrgenommene Gegenwert, das, womitunser Gegenber den Preis vergleicht.

    Ist die Waage aus Sicht unseres Gegenbers in Balance, bekommen wir sein

    Ja. Wie wir gesehen haben, sind Suggestionen, also Vergleichsvorschlge,gekoppelt mit unserem Angebot, eine Mglichkeit, die Waage in Balance zuhalten. Allerdings sind Suggestionen auch nicht ungehrlich, besonders wennunser Gegenber ein erahrener Verhandler oder sensibel r Manipulationund hellhrig geworden ist. Auch ungeschicktes, offensichtliches Lenken hrtzu Ablehnung und Widerstand. Und au Widerstand werden wir weiter untennoch aushrlich eingehen.

    Bleiben wir noch einen Moment bei der Waage. Woran erkennt man, dass

    sie nicht in Balance ist? Sie ist immer dann auer Balance, wenn unser Gegen-ber unser Angebot nicht akzeptiert. Und nicht akzeptiert heit: Er sagtnicht uneingeschrnkt Ja dazu. (Nur nicht Nein sagen, reicht nicht!) Umdie richtigen Schlsse zu ziehen, dar man nicht nur au das gesprochene Worthren, sondern muss den ganzen Menschen beachten. Vielleicht sagt unserGegenber Ja oder murmelt ein zustimmendes Mhmm, und sein Gesichtoder seine Krperhaltung sagen etwas ganz anderes. Dann heit es nachragen.

    Abb. 2.1 Preis undwahrgenommener Wertstimmen berein.

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    Mit was vergleichen Sie? 47

    Beispielfragen

    So ganz einverstanden scheinen Sie nicht, Herr X. Was lsst Sie zgern?Wie kommt es, dass Sie an dieser Stelle nicht Ja und nicht Nein sagen wollen,

    Herr X?Sie haben sicher gute Grnde, hier zu zgern ... unser aufforderndes Schwei-

    gen bringt den anderen zum Reden.

    Tipp

    Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass keine dieser Fragen mit

    Warum beginnt. Warum-Fragen und Wieso und Weshalb

    gehren auch in diese Kategorie drngen den anderen in eine

    Rechtfertigungshaltung. Er glaubt, sich verteidigen zu mssen, undreagiert defensiv. Achten Sie in den nchsten Tagen einmal darauf,

    wie sich Ihre Gesprchspartner verhalten, wenn Sie Warum-Fragen

    stellen, und achten Sie dabei auch auf Ihre Empndungen. Steht

    nicht oft hinter einem Warum ein hrbar erhobener Zeigenger:

    Sag jetzt blo nichts Falsches, sonst ...?

    Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, Druck auf-

    zubauen. Und Warum-Fragen sind ein vorzgliches Mittel, es sub-til zu tun, weil das Rechtfertigungsgefhl beim anderen automa-

    tisch anspringt. Wenn wir aber wirklich die Grnde fr ein Zgern

    erfahren wollen, brauchen wir ein Gegenber, das sich ffnet.

    Deshalb baut man Warum-Fragen um in Wie- oder Was-Fragen:

    Wie kommt es, dass ...?, Was muss erfllt sein, damit...? Diese Art

    von Fragen signalisiert echtes, nicht wertendes Interesse.

    Zurck zur Waage: Ist sie auer Balance, was in Verhandlungen o der Fallist, gibt es mindestens zwei Mglichkeiten, die Balance wieder herzustellen. Wirknnen au der einen Seite etwas wegnehmen oder au der anderen Seite etwasdrauegen. Noch eine Mglichkeit wre eine Mischung aus beidem: au dereinen Seite ein bisschen wegnehmen und au der anderen ein bisschen draue-gen. Im Bild ist hier wieder links der Preis (P) und rechts der vom Gegenberwahrgenommene Wert (siehe Abbildung 2). Einach am Preis zu schrauben,das ist die beliebteste und scheinbar einachste Lsung. Nur, was nutzt dem

    Einkuer ein zu niedriger Preis, wenn er beim Lieeranten dar nur C-Kunde

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    ist und im Ernstall auch so behandelt wird? Und was hat der Verkuer davon,wenn er einen zu hohen Preis durchsetzen kann und der Kunde ihn deswegenstndig in Frage stellt, ihn bei der erstbesten Gelegenheit ersetzen wird?

    Merke!

    Machen Sie sich vor jeder Verhandlung bewusst: Der Preis ist immer nurein eil des Gegenwerts. Und o nicht einmal der wichtigste.

    Andere Werte als Geld

    Au der rechten Seite der Waage liegt der Wert, den unser Angebot r unserGegenber hat. Es geht hierbei um mehr als Geld gegen Ware. Fr einenEinkuer beispielsweise kann es sehr wichtig sein, dass er Lsungen einkau,die seine Kollegen auch benutzen wollen und knnen, dass Lieerung oderInstallation reibungslos lauen und dass auch in ein paar Jahren noch Ersatz-teillieerung und Wartung gewhrleistet sind. Und der Verkuer wird internauch an den Kunden gemessen, die er gewinnt. Ist der Kunde kooperativ, wenn

    technisch etwas nicht so lu, wie es sollte, oder steht er soort au der Matte

    Abb. 2.2 Es gibt zweiMglichkeiten, dieBalance herzustellen.

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    und macht alles nieder? Zahlt er pnktlich seine Rechnungen oder zgert erZahlungen immer hinaus, bis es nicht mehr geht, und koppelt auch noch For-derungen daran? Das dar man als Verhandler nicht aus den Augen verlieren:

    Reibungslose Zusammenarbeitnachher im alltglichen Gesch ist sowohlr den Ein- als auch r den Verkuer meistens sehr viel wert.

    Es gibt noch andere Werte, die in der Waagschale liegen knnen. Am Endedes Abschnitts nden Sie eine kleine tabellarische bersicht dieser Werte.Betrachten wir sie aber erst einmal einzeln.

    Da gibt es die strategischen Werte.Ein Verkuer, der bereits ein anderesProdukt (A) an diesen Kunden verkau, kann dem Einkuer klar machen,dass er Synergie-Effekte erzielt, wenn er auch Produkt B bei ihm kau. Viel-

    leicht lassen sich Lieerkosten einsparen, da A und B zusammen gelieert wer-den knnen. Vielleicht passen auch A und B perekt zusammen, und bei einemFremdprodukt r B elen Anpassungsarbeiten an. Der Einkuer knnte stra-tegisch eine exklusive Belieerung wollen, so dass Konkurrenten das Produktnicht beziehen knnen bzw. bei komplexeren Lsungen sicherstellen, dass keinKnow-how durch den Lieeranten zu Wettbewerbern abiet. Vielleicht ver-scha ein Einkuer auch einem Verkuer bei einem Abschluss den Eintrittin ein neues Marktsegment/eine neue Branche mit einer guten Reerenz. Das

    sind alles strategische Werte, die zustzlich zum Geldpreis an einem Produkt,oder allgemeiner gesagt, an einem Gesch dranhngen knnen.

    Neben reibungslosem Ablau und strategischen berlegungen gibt es nocheine weitere Sorte von Werten, die man in Verhandlungen nicht unterscht-zen dar: Werte, die das Ego ttern.Wir haben im vorherigen Kapitel schondie Etikettierung kennen gelernt. Sie erinnern sich sicher an das Beispiel mitHenry Kissinger und Anwaras-Sadat. Wer r ein bestimmtes Verhalten vorder Verhandlung gelobt oder bewundert wird, der tut nachher in der Verhand-

    lung sehr viel dar, um dieser Zuschreibung zu entsprechen.Nun, dieser rick mit dem Etikett ist eine kleine Manipulation des Egos.Es gibt natrlich auch eine Vielzahl nicht manipulierter Bedrnisse des Egos.Meist geht es den Protagonisten dabei um die Besttigung des Bildes, das sievon sich selber haben, oder um das Ansehen im eigenen Unternehmen. Wennich zum Beispiel von mir das Bild des investigativen Einkuers