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Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte Einflüsse DISSERTATION der Universität St.Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Alexander Hasler-Dierauer von Altstätten (St.Gallen) Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Torsten Tomczak und Prof. Dr. Marcus Schögel Dissertation Nr. 3342 Zürich, Druckerei Irchel, 2007

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Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte Einflüsse

DISSERTATION der Universität St.Gallen,

Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften

vorgelegt von

Alexander Hasler-Dierauer von

Altstätten (St.Gallen)

Genehmigt auf Antrag der Herren

Prof. Dr. Torsten Tomczak und

Prof. Dr. Marcus Schögel

Dissertation Nr. 3342

Zürich, Druckerei Irchel, 2007

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Die Universität St.Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St.Gallen, den 21.05.2007 Der Rektor: Prof. Ernst Mohr, PhD

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Outcomes are inevitably the result, in part, of nonrational choices in what might otherwise be impossibly difficult situations to resolve. Philip H. Gulliver

Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.

Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden.

Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.

Sun Tse

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Für

Beatrice

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I. Vorwort Das Wichtigste im Leben und in der Arbeit ist, etwas zu werden, das man am Anfang nicht war. Wenn Sie ein Buch beginnen und wissen schon am Anfang, was Sie am Ende sagen

werden, hätten Sie noch den Mut, es zu schreiben? (…) Das Spiel ist deshalb lohnend, weil wir nicht wissen, was am Ende dabei herauskommen wird.

Michel Foucault (Foucault 1993, S. 15)

Verhandlungen sind ein immer wichtiger werdender Bestandteil unserer Gesellschaft und durchdringen das private sowie das wirtschaftliche Leben fast aller Individuen. „… negotiation has also come to be viewed as a central aspect of managerial life” (Neale and Bazerman 1991, S. 1). Verhandlungserfolg lässt sich weniger auf Gesprächsführung, Persönlichkeitsmerkmale und Argumentationsketten zurückführen, als auf klar unterscheidbare Phasen, Zyklen und das sichtbare Verhalten des Verhandlungsführers. Eine realitätsfremde und falsche Annahme besteht darin, Verhandlungen liessen sich stets rational führen und Verhandlungsführer würden vernünftig handeln oder zumindest richtig auf Irrationalitäten reagieren. Vielmehr sind Verhandlungen kognitiven Effekten und Emotionen ausgesetzt. Verhandlungsführer sind durch diese Faktoren manipuliert und überfordert, was zu schlechten Verhandlungsergebnissen führt. Diese Dissertation soll aufzeigen, welche Faktoren bei Verhandlungen Erfolg versprechen und welche nicht. Das Ziel dieser Studie liegt darin, Verhandlungen im Allgemeinen und Verkaufsverhandlungen im Speziellen planbarer und erfolgreicher gestalten zu können. Meinem Doktorvater Professor Dr. Torsten Tomczak danke ich einerseits sehr für die Chance an der Universität St.Gallen doktorieren zu dürfen und andererseits für die wertvolle fachliche Unterstützung. Seine positive, lockere und stets motivierende Art während der letzen drei Jahre spiegelt sich hoffentlich in der vorliegenden Dissertation wieder. Ebenfalls danke ich Professor Dr. Marcus

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Schögel für die Übernahme des Korreferates und seine gezielten und frischen Anregungen. Dank gehört auch all jenen Personen am Institut für Marketing und Handel der Universität St.Gallen, die meiner Dissertation mit Korrekturarbeiten, Anregungen oder aber administrativer Hilfe die Arbeit erleichtert haben. Diesbezüglich gilt es die statistische Unterstützung von Dr. Silke Mühlmeier und vor allem den unermüdlichen Einsatz von Dipl. Kfm. Daniel Wentzel hervorzuheben. Ohne die Unterstützung von Praktikern wäre die vorliegende Arbeit nicht in dieser Form möglich gewesen. Ich danke an dieser Stelle allen Personen und Unternehmen, die durch ihre Ideen, Antworten, Zeit und Engagement zu dieser Doktorarbeit beigetragen haben. „Es gibt Dinge über die man sich einigen kann und es gibt wichtige Dinge.“ Meine Dissertation war für mich ein solches wichtiges Ding. Deshalb kamen in den letzten drei Jahren vor allem Menschen zu kurz, die mir sehr nahe stehen. Deshalb gebührt zunächst ein grosses Dankeschön meinen Eltern, die mich bis anhin stets unterstützten und ermunterten, das zu tun, was ich gerne mache. Ohne Beatrice Dierauer, meine Freundin und Verlobte, die mich während guter Phasen bremste, während schlechter jedoch motivierte, die mir in Gesprächen und Diskussionen oft den Spiegel vorhielt, die Dissertation mehrere Male durchlas, sprachlich überarbeitete, Unmengen von Kommas durch Punkte ersetzte, mich vorbehaltlos unterstützte und vor allem immer für mich da war, hätte ich die Arbeit wohl kaum so souverän verfassen können. Beatrice und meinen Eltern widme ich diese Arbeit. Winterthur, im Mai 2007 Alexander Hasler-Dierauer

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Inhaltsverzeichnis

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II. Inhaltsverzeichnis

I. VORWORT ...................................................................................................................... 5

II. INHALTSVERZEICHNIS ............................................................................................ 7

III. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................ 10

IV. TABELLENVERZEICHNIS..................................................................................... 12

1 SUMMARY................................................................................................................ 13

2 EINLEITUNG, ZIELSETZUNG UND AUFBAU.................................................. 15 2.1 RELEVANZ DER VERHANDLUNGSFORSCHUNG ...................................................... 15 2.2 FORSCHUNGSLÜCKE ............................................................................................. 16 2.3 ZIELSETZUNG ....................................................................................................... 17 2.4 AUFBAU DER ARBEIT............................................................................................ 20

3 THEORETISCHE BEZUGSPUNKTE: VERHANDELN UND VERHANDELN IM MARKETING ............................................................................................................. 24

3.1 VERHANDELN: EIN GRUNDPFEILER DER GESELLSCHAFT ..................................... 24 3.1.1 Verhandlungsmodelle .................................................................................. 26 3.1.2 Normative Verhandlungsmodelle – wie verhandelt werden soll!................ 28 3.1.3 Deskriptive Verhandlungsmodelle – wie verhandelt wird! ......................... 28 3.1.4 Analytischer Rahmen von Verhandlungen .................................................. 29 3.1.5 Eine Klassifizierung von Strategien des Verhandelns................................. 35

3.2 VERHANDELN ALS FORSCHUNGSFELD .................................................................. 39 3.2.1 Verhandeln ist kein eigenständiges Marketingforschungsgebiet ................ 39 3.2.2 Überblick über die Verhandlungsliteratur und Stand der Forschung ........ 41 3.2.3 Folgerungen aus dem Stand der Forschung ............................................... 45

4 ZENTRALE THEORETISCHE KONSTRUKTE UND MODELLE.................. 49 4.1 RATIONALES VERHANDELN ALS GRUNDLAGE DES HARVARD-KONZEPTS............ 49

4.1.1 Konsens als Ziel der Verhandlung – doch auf welcher Ebene?.................. 50 4.1.2 Die Entstehung der Kooperation................................................................. 52 4.1.3 Exkurs: Kooperation entsteht an den bizzarsten Orten - Leben und leben

lassen im Stellungskrieg............................................................................... 56 4.1.4 Konzeptionalisierung eines rationalen Verhandlungsmodells auf Basis des

Harvard-Konzeptes ...................................................................................... 58 4.1.5 Das Harvard-Konzept ................................................................................. 60 4.1.6 Best Alternative To a Negotiated Agreement .............................................. 66 4.1.7 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen dem

sachgerechten Verhandeln und Erfolg......................................................... 68 4.1.8 Kritische Einwände und Überleitung zu psychologischen Aspekten und

Emotionen .................................................................................................... 69 4.2 EXKURS: DER RATIONALE VERHANDLER EXISTIERT NICHT.................................. 71

4.2.1 Über Emotionen........................................................................................... 71 4.2.2 Über kognitive Effekte ................................................................................. 74 4.2.3 Besteht Hoffnung für rationales Verhandeln?............................................. 82

4.3 ZYKLISCHES UND PROZESSORIENTIERTES VERHANDLUNGSMODELL VON GULLIVER............................................................................................................................. 85

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Inhaltsverzeichnis

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4.3.1 Konzeptionalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells (ZVM) nach Gulliver ........................................................................................................ 86

4.3.2 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen von Verhandlungszyklen und –Erfolg................................................................. 91

4.3.3 Konzeptionalisierung des Phasen-Verhandlungsmodells nach Gulliver .... 92 4.3.4 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen den

Phasen des Verhandelns und Verhandlungserfolg .................................... 101

5 GRUNDLAGEN UND METHODEN DER UNTERSUCHUNG ....................... 104 5.1 WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN UND AUSRICHTUNG .................. 104

5.1.1 Der kritische Rationalismus als Grundlage der empirisch-quantitativen Sozialforschung.......................................................................................... 105

5.1.2 Das qualitative Forschungsvorgehen als alternativer Erkenntnisweg...... 105 5.1.3 Die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Sozialwissenschaft

und der daraus resultierende Forschungsprozess ..................................... 107 5.2 DREI WIRKUNGSMODELLE DES VERHANDLUNGSERFOLG UND HYPOTHESEN FÜR DIE

EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG ................................................................................. 108 5.2.1 Wirkungsmodell und Hypothesenübersicht des Harvard-Konzeptes ........ 108 5.2.2 Wirkungsmodell und Hypothesen des Zyklischen Verhandlungsmodells nach

Gulliver ...................................................................................................... 110 5.2.3 Wirkungsmodell und Untersuchungshypothesen des Phasenmodells nach

Gulliver ...................................................................................................... 112 5.3 ÜBERBLICK ÜBER DAS EMPIRISCHE VORGEHEN.................................................. 115

5.3.1 Forschungsmethodisches Vorgehen und Datenerhebung ......................... 117

6 AUSWERTUNGSMETHODISCHES VORGEHEN UND DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE ........................................................................................................ 123

6.1 ÜBERBLICK ÜBER DAS AUSWERTUNGSMETHODISCHE VORGEHEN ...................... 123 6.2 METHODISCHE GRUNDLAGEN DER AUSWERTUNG.............................................. 125 6.3 OPERATIONALISIERUNG DER MODELLKONSTRUKTE........................................... 129

6.3.1 Vorgehensweise bei der Operationalisierung der Modellkonstrukte ........ 129 6.3.2 Operationalisierung des Harvard-Konzeptes............................................ 130 6.3.3 Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns ..................................... 134 6.3.4 Operationalisierung der Phasen des Verhandelns.................................... 140

6.4 BETRACHTUNG DER ERGEBNISSE DER STRUKTURMODELLE ............................... 145 6.4.1 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Harvard-Konzepts ..

................................................................................................................... 146 6.4.2 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten zyklischen

Verhandlungsmodelles nach Gulliver........................................................ 150 6.4.3 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Phasenmodells nach

Gulliver ...................................................................................................... 155 6.5 ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNG DER RESULTATE ..................................... 160

7 SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK .................................................. 162 7.1 IMPLIKATIONEN FÜR DIE THEORIE ...................................................................... 166 7.2 IMPLIKATIONEN FÜR DIE PRAXIS ........................................................................ 168 7.3 AUSBLICK UND ANREGUNG FÜR ZUKÜNFTIGE FORSCHUNG................................ 172

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Inhaltsverzeichnis

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V. LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................. 177

VI. ANHANG................................................................................................................... 192

VII. CURRICULUM VITAE ......................................................................................... 236

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Abbildungsverzeichnis

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III. Abbildungsverzeichnis Abb. 2-01: Zielsetzungen des Dissertationsprojektes ......................................................... 18

Abb. 2-02: Aufbau und Struktur der Arbeit ........................................................................ 21

Abb. 3-01: Gemeinsamkeiten und Elemente von Verhandlungen ...................................... 25

Abb. 3-02: Verhandlungsstufen nach Saner ........................................................................ 27

Abb. 3-03: Verhandlungsstufen nach Douglas.................................................................... 29

Abb. 3-04: Bargaining zone nach Bazerman/Neale ............................................................ 30

Abb. 3-05: Tauschgewinne nach Saner ............................................................................... 31

Abb. 3-06: Gerechtigkeit und Effizienz nach Saner............................................................ 32

Abb. 3-07: Verhältnis von Strategie und Taktik nach Saner............................................... 34

Abb. 3-08: Verschiede Verhandlungsstrategien nach Lewicki ........................................... 36

Abb. 3-09: Wissenschaftliche Disziplinen in der Verhandlungsforschung......................... 41

Abb. 3-10: Analysekontexte des Verhandelns nach Oser/Reichenbach (2002).................. 45

Abb. 4-01: Konsensebenen nach Reichenbach.................................................................... 51

Abb. 4-02: Die drei Phasen des Harvard-Konzeptes........................................................... 65

Abb. 4-03: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für das Model des Harvard-Konzeptes ......................................................................................................... 69

Abb. 4-04: Emotionen und Verhandlungsphasen nach Saner ............................................. 72

Abb. 4-05: Massnahmen gegen Fehler aufgrund von Emotionen nach Saner .................... 73

Abb. 4-06: Gullivers Zyklisches Phasenmodell .................................................................. 87

Abb. 4-07: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für das ZVM...................... 92

Abb. 4-08: Phasenmodell nach Gulliver ............................................................................. 93

Abb. 4-09: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für die Phasen des Verhandelns nach Gulliver ............................................................................. 102

Abb. 5-01: Pfaddiagramm Harvard-Konzept mit Hypothesen und Messmodellen........... 109

Abb. 5-02: Pfaddiagramm Zyklisches Verhandlungsmodell mit Hypothesen und Messmodellen................................................................................................. 111

Abb. 5-03: Pfaddiagramm Phasenmodell nach Gulliver mit Hypothesen und Messmodellen........................................................................................................................................... 113

Abb. 5-04: Empirisches Design der Dissertation von Alexander Hasler .......................... 116

Abb. 5-05: Fragekatalog für semi-strukturierte Interviews............................................... 117

Abb. 5-06: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Verkaufsverhandlungs-Befragung 2006). 121

Abb. 6-01: Überblick über die Auswertungsverfahren nach Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996, S. 12) ............................................................... 124

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Abbildungsverzeichnis

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Abb. 6-02: Ergebnisse und Hypothesentest des Wirkungsmodells Harvard-Konzept...... 148

Abb. 6-03: Ergebnisse und Hypothesentest des Zyklischen Verhandlungsmodells ......... 152

Abb. 6-04: Ergebnisse und Hypothesentest des Phasenmodells nach Gulliver ................ 157

Abb. 7-01: Zielsetzungen der Dissertation........................................................................ 163

Abb. 7-02: Zusammenhänge zwischen Verhandlungsmodellen und Erfolg ..................... 165

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Tabellenverzeichnis

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IV. Tabellenverzeichnis Tab. 4-01: Regel und Punkteverteilung im Prisoner’s Dilemma......................................... 53

Tab. 4-02: Grundpfeiler und Massnahmen zur kooperationspflege .................................... 54

Tab. 4-03: Strategien für integrative Verhandlungslösungen nach Bazerman und Neale... 60

Tab. 4-04: Vier Grundregeln des Harvard-Konzeptes nach Fisher/Ury (a.a.O., S.31) ....... 62

Tab. 4-05: Anchoring and Adjustment Effket: Fragen Gruppe 1........................................ 74

Tab. 4-06: Anchoring and Adjustment Effket: Fragen Gruppe 2........................................ 75

Tab. 4-07.: Antworten auf den Waffenabrüstungsvorschlag............................................... 80

Tab. 4-08: Rationaler Rahmen für Verhandlungen (Bazerman and Neale 1992) ............... 83

Tab. 4-09: Rezept für integratives Verhandeln nach Bazerman und Neale ........................ 83

Tab. 4-10: Strategien zur Prioritätenfestlegung nach gulliver............................................. 88

Tab. 5-01: Untersuchungshypothesen zum harvard-Konzept ........................................... 110

Tab. 5-02: Untersuchungshypothesen des Zyklischen Verhandlungsmodells .................. 112

Tab. 5-03: Untersuchungshypothesen zum Phasenmodell nach Gulliver ......................... 114

Tab. 6-01: Postulierte Cut-Off-werte bei den Verfahren 1. Und 2. Generation ................ 130

Tab. 6-02: In der Befragung verwendete Indikatoren des Harvard-Konzeptes................. 131

Tab. 6-03: Übersicht über die werte der messmodelle der Dimension Harvard-Konzept 133

Tab. 6-04: Faktoren und Indikatoren Dimension Zyklen des Verhandelns ...................... 136

Tab. 6-05: Faktoren und Indikatoren der Dimension Zyklen des Verhandelns nach Hauptkomponentenanalyse............................................................................. 137

Tab. 6-06: Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns nach Gulliver..................... 138

Tab. 6-07: Faktoren und Indikatoren der Dimension Phasen des Verhandelns ................ 142

Tab. 6-08: Statistische Werte der Operationalisierung der Phasen des Verhandelns........ 144

Tab. 6-09: Gütemasse des Strukturmodelles des Harvard-Konzeptes .............................. 146

Tab. 6-10: Fornell/Larcker-Kriterium für die Faktoren des Harvard-Konzeptes.............. 149

Tab. 6-11: Mittelwerte der Faktoren des Harvard-Konzeptes........................................... 150

Tab. 6-12: Gütemasse des Strukturmodelles des zyklischen Verhandlungsmodelles....... 151

Tab. 6-13: Fornell/Larcker-Kriterium für die Faktoren des ZVM .................................... 153

Tab. 6-14: Mittelwerte der Faktoren des ZVM ................................................................. 154

Tab. 6-15: Gütemasse des Strukturmodelles des Phasenmodells...................................... 156

Tab. 6-16: Fornell/Larcker für die Faktoren des Phasenmodells ...................................... 158

Tab. 6-17: Mittelwerte der Faktoren des Phasenwirkungsmodells ................................... 159

Tab. 6-18: Zusammenfassende Betrachtung der Zusammenhänge ................................... 160

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Kapitel 1: Summary

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1 Summary Successful negotiating: Cyclical and phase-related influences on successful negotiating This dissertation is not redundant, even though Donald G. Gifford frivolously claims that „everyone knows what negotiation is“. (Gifford 1989, p. 2) On the basis of three negotiation models, this doctoral thesis investigates which factors lead to successful negotiations and which do not. The main purpose of this study is to point out ways and elements of how to make negotiations and especially sales negotiations more predictable and successful. Effective negotiating can be accomplished rather by considering clearly distinguishable phases and cycles and less by personal factors, the ways of discussing or the choice of arguments. Therefore, the very well known “Harvard concept” by Roger Fisher and William Ury, is being operationalised. Furthermore, two less known negotiation models, the cyclical negotiation model and the phase model, both of them by the ethnologist P.H. Gulliver, are being investigated. The data are based on quantitative and qualitative methods. The qualitative part contains an analysis of various documents as well as semi-structured interviews. A questionnaire, completed by 177 negotiating salesmen in the industrial sector, is the main part of the quantitative analysis. The analysis shows that the structural model of the Harvard concept can explain negotiation success by 0.43 percent. The two models by Gulliver even show stronger correlations: The cyclical negotiation model shows a correlation of 0.64, the phase model one of 0.56. The analysis of these structural models in this dissertation leads to six practical suggestions for business and marketing negotiations. These suggestions and conclusions support Hans Ulrich’s demand for relevant research for entrepreneurial use.

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Kapitel 1: Summary

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Verhandlungserfolg: Zyklische und phasenbedingte Einflüsse auf Verhandlungserfolg Diese Dissertation ist nicht obsolet, obwohl Donald G. Gifford leichtfertig behauptet, dass „everyone knows what negotiation is“ (Gifford 1989, S. 2). Vielmehr zeigt diese Doktorarbeit anhand dreier Verhandlungsmodelle auf, welche Faktoren bei Verhandlungen Erfolg versprechen und welche nicht. Das Ziel dieser Studie liegt darin, Verhandlungen im Allgemeinen und Verkaufsverhandlungen im Speziellen planbarer und erfolgreicher gestalten zu können. Verhandlungserfolg lässt sich weniger auf Gesprächsführung, Persönlichkeitsmerkmale und Argumentationsketten zurückführen, als auf klar unterscheidbare Phasen und Zyklen. Diesbezüglich wird zum Einen die bestens bekannte Arbeit von Roger Fisher und William Ury, das Harvard-Konzept, operationalisiert. Zum Anderen werden zwei weniger bekannte Verhandlungsmodelle, das zyklische Verhandlungsmodell sowie das Phasenmodell, des Ethnologoen P.H. Gulliver untersucht. Die Empirie besteht aus einem Mix qualitativer und quantitativer Methoden. Die qualitative Arbeit besteht in einer Dokumentenanalyse und semi-strukturierten Interviews. Im Zentrum der quantitativen Analyse steht ein Fragebogen, der von 177 verhandelnden Verkäufern aus der Baubefestigungsbranche beantwortet wurde. Diese Analyse zeigt, dass das Strukturmodell des Harvard-Konzepts Verhandlungserfolg mit 0.43 Prozent zu erklären im Stande ist. Die beiden Modelle Gullivers erklären noch stärkere Zusammenhänge. So weist das Zyklische Verhandlungsmodell gar einen Zusammenhang von 0.64 und das Phasenmodell von 0.56 auf. Die Analysen der Arbeit münden in sechs Folgerungen für die unternehmerische Verhandlungspraxis, die aus der Analyse der Strukturmodelle abgeleitet werden. Diese Folgerungen, die den Abschluss der Dissertation bilden, stehen in der Tradition Hans Ulrichs, der die unternehmerische Praxis durch fundierte wissenschaftliche Forschung unterstützen und voranbringen will.

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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2 Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

Das Geheimnis der Verhandlung liegt darin, die wirklichen Interessen der betreffenden

Parteien in Einklang zu bringen. François de Callières (1645 - 1717)

2.1 Relevanz der Verhandlungsforschung Verhandlungen sind nicht nur ein immer wichtiger werdender Bestandteil der Gesellschaft – sie durchdringen auch das wirtschaftliche Wirken fast aller Individuen. „… negotiation has also come to be viewed as a central aspect of managerial life” (Neale and Bazerman 1991, S. 1). Bazerman und Neale (Bazerman and Neale 1992) führen die Wichtigkeit von Verhandlungen auf die folgenden “wirtschaftlichen Veränderungen und Trends” zurück: „1. Workforce Mobility, 2. Corporate Restructuring, 3. Diversified Workforce, 4. Service-Sector Economy, 5. Renegotiation und 6. Global Marketplace.“ Diese Punkte rufen vermehrt Verhandlungen hervor, wodurch Verhandlungen im Allgemeinen und durch die gesellschaftliche Bedeutung als Forschungsgegenstand an Wichtigkeit gewinnen. Es darf angenommen werden, dass zumindest einer dieser sechs Punkte die meisten Personen in den Industrienationen betrifft, unabhängig von ihrem Alter, sozialen Status oder Beruf. So gesehen ist ein Grossteil der Bevölkerung von berufsbezogenen Verhandlungen betroffen. Darüber hinaus, auf den privaten Bereich bezogen, finden ebenfalls häufig Verhandlungen statt, ob wir es wollen oder nicht (Fisher, Ury et al. 2001). Diese Entwicklung macht auch vor dem Marketing nicht halt: Verhandlungen finden sowohl im Business to Business (B2B-), wie auch im Business to Consumer (B2C-) Marketing statt. B2B-Verhandlungen unterscheiden sich von B2C-Verhandlungen zumeist in Verhandlungsvolumen und -komplexität. So verhandelt

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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beispielsweise der Reifenhersteller Continental als Zulieferer mit einem der grossen Automobilproduzenten über die Reifen-Erstausstattung von Neufahrzeugen. Die Verhandlung zwischen diesen beiden ist eine klassische B2B-Verhandlung mit wenigen Ansprechpartnern, dafür umso grösserem Verhandlungsvolumen. Mit diesen wenigen Verhandlungspartnern wird ein prozentualer Umsatzanteil von 70 Prozent erzielt. Continental vertreibt seine Produkte jedoch nicht nur über einige wenige Automobilhersteller. Die restlichen 30 Prozent der rund 14 Milliarden Euro Jahresumsatz (Zahl aus dem Jahr 2005) werden in unzähligen B2C-Verhandlungen erwirtschaftet: Der Reifenkäufermarkt umfasst allein in Deutschland rund 40 Millionen Personen. Für diese 30 Prozent des Umsatzes muss im B2C-Markt deshalb ein ungleich grösserer Aufwand für Verhandlungen betrieben werden. Diese Problematik stellt sich nicht nur für Continental, sondern für viele andere Firmen, die sowohl im B2B wie auch im B2C tätig sind, sei dies in der Bauzuliefer-, Zigaretten- oder in der Flugzeugtriebwerksindustrie. Betreffend der Relevanz von Verhandlungen für das Marketing muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich Marketing-Verhandlungen (B2B wie auch B2C) nicht unterscheiden von Verhandlungen in einem anderen Kontext. Sie unterscheiden sich allenfalls in Verhandlungsgegenstand, Anzahl Teilnehmende oder im Komplexitäts- und Aufmerksamkeitsgrad der Öffentlichkeit – die Zyklen und Phasen einer Verhandlung bleiben jedoch gleich, wie diese Studie aufzeigen wird.

2.2 Forschungslücke Obwohl Verhandlungen, wie soeben gezeigt, ein fixer und evidenter Bestandteil unserer Gesellschaft darstellen, schlägt sich dies, zumindest in der europäisch-deutschsprachigen wissenschaftlichen Forschungsliteratur, nicht nieder. Forschungsschwerpunkte und –Massstäbe sowie Trends werden im anglikanischen Raum gesetzt. Und obschon zwischen dem anglikanischen und dem europäisch-deutschsprachigen Raum eine solche Differenz besteht, fordern für den anglikanischen Sprachraum Eliashberg et al. mehr praxisbezogene Forschung und die Adaption eklektischerer Forschungsmethoden-Sets (Eliashberg, Lilien et al. 1994). In der deutschsprachigen Literatur findet sich nicht einmal ein Aufruf nach

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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mehr Forschung bezüglich Verhandlungen und deren Aspekte1. Werden praxisrelevante Lücken mit wissenschaftlichen Bedürfnissen zusammengebracht, sollten einerseits pragmatische Hilfestellungen möglich sein und andererseits der theoretische Gegenstand wissenschaftlich vorangebracht werden. Durch die Literaturarbeit im Rahmen dieser Dissertation wurden die folgenden zwei Forschungslücken eruiert und in der folgenden Studie bearbeitet: 1. Hunderte von Verhandlungsstudien haben sich mit Verhandlungsverhalten beschäftigt, die wenigsten starteten den Versuch, Verhandlungsprozesse, insbesondere im Industriekontext zu erklären (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25). Prozessuale Aspekte wurden beispielsweise bis anhin mehrheitlich ausgeklammert. Denn oft werden Aspekte nicht erforscht, da sie schwierig zu operationalisieren sind und deshalb komplexere Methodensets verlangen. 2. Psychologische Aspekte, Emotionen und andere sogenannte „softe Faktoren“ sind bis anhin zwar isoliert, jedoch im Verhandlungsprozess nur unzulänglich erforscht (vgl. Downie 1991). Diese „soften Faktoren“ müssen verstärkt erforscht und in prozessuale Verhandlungs-Modelle miteinbezogen werden. Deshalb bedient sich, wie weiter unten aufgezeigt wird, diese Arbeit dreier Verhandlungsmodelle, die zum einen zyklische und prozessuale Aspekte explizit und zum anderen genau solche „softe“ Faktoren implizit miteinbeziehen. Verhandlungen können, wie im Laufe des vierten Kapitels demonstriert wird, nicht vollkommen rational geführt werden. Vielmehr hängt Verhandlungserfolg von klaren Prozessen, Zyklen und dem Miteinbezug dieser „soften Faktoren“ ab. Durch die Auswahl der Probanden wird auch der Forderung nach vermehrtem Einbezug von Verhandlungen im Industriekontext in Marketing-Studien Rechnung getragen. Eine ausführlichere Herleitung und Ausführung der Forschungslücke aus dem “Body of Literature” findet im dritten Kapitel in Anschluss an jenen statt.

2.3 Zielsetzung Die Zielsetzung des Dissertationsprojektes gründet auf einer Analyse des „Body of Literature“2 sowie den zu Beginn der Studie geführten explorativen Interviews3. Die

1 Im Folgenden gelten die Annahmen und Appelle, die für den anglikanischen Raum gelten auch für den europäisch-deutschsprachigen. 2 Vgl. dazu Kapitel 3.2

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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Relevanz, sowie die Forschungslücke wurden in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben und präsentiert. Abbildung 2-01 stellt die drei zentralen Zielsetzungen dieser Studie graphisch dar. Da sich diese Promotionsarbeit, wie weiter unten ausgeführt wird, dem Tomczakschen (Tomczak 1992) wie auch dem Ulrichschen (Ulrich 1981) Forschungsansatz verpflichtet fühlt und dies auch im forschungsmethodischen Design und Vorgehen einfliessen lässt, wird nicht zwischen theoretischer und praktischer Relevanz unterschieden.

ABB. 2-01: ZIELSETZUNGEN DES DISSERTATIONSPROJEKTES

1) Modell-Test und -Entwicklung Aus theoretischer Sicht, wie weiter oben bereits aufgezeigt, geniesst die praxisbezogene Weiterentwicklung von Verhandlungsmodellen grösstmögliche Relevanz. Dies ist, wie folgende Aussage belegt, auch ein Anliegen der Praxis. „Empirische Daten, die belegen könnten, dass System X dem System Y überlegen ist in bestimmten Situationen. Das könnte ein Ansatz (für die Forschung) sein.“ (Interview 2005, S. 5) Dies wird durch die Operationalisierung der drei Verhandlungs-Modelle in Indikatoren und den darauf folgenden empirischen-quantitativen Praxistest angestrebt. Dabei sollen erfolgsrelevante Verhandlungsfaktoren operationalisiert und deren Einfluss auf ihre Effektivität analysiert werden. Es wird vermutet, dass nicht alle theoretisch beschriebenen Modell-Faktoren auch empirisch nachweisbar sein werden. Die zu testenden und 3 Siehe dazu Anhang

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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modifizierten Verhandlungsmodelle sollen Praktikern eine Orientierungs- und Gestaltungshilfe sein. 2) Erfolgssteuerung „We need more researcher-practitioner interaction to allow researchers to better understand the important elements of the real-world negotiations problems they are researching“ (Eliashberg, Lilien et al. 1995, S. G56). An dieser Forderung orientiert sich diese Studie: Die praxisbezogene Analyse der drei Verhandlungsmodelle anhand komplexer und adäquater statistischer Auswertungsverfahren verfolgt das Ziel Verhandlungserfolg planbarer zu machen. Die praxisbezogene Analyse bringt nicht nur eine verbesserte Planbarkeit von Verhandlungen mit sich; diese macht Verhandlungserfolg auch unabhängiger von Verhandlungserfahrung. Indem die effizientesten Verhandlungsfaktoren normativer und deskriptiver Verhandlungsmodelle operationalisiert und auf ihren Erfolgsanteil hin untersucht werden, können diese Erkenntnisse zu einem sequentiellen Modell zusammengeführt werden. Mit den weiter unten in dieser Studie postulierten Handlungsempfehlungen sollte es einem unerfahrenen Verhandlungsführer eher möglich sein, Verhandlungen erfolgreich zu gestalten. Die im letzten Kapitel formulierten Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen unterscheiden sich durch ihre wissenschaftliche Basis vom Gros der Ratschläge in der deutschsprachigen Verhandlungsliteratur. Diese basiert zumeist auf primärem oder gar sekundären Erfahrungswissen und entbehrt jeglicher empirischer Basis. 3) Die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und Forschung Dieser letzte postulierte Punkt darf als sogenanntes „Kuppelprodukt“ (Nadig 2000, S. 256ff; Rieder and Siegwart 1997, S. 147) der vorliegenden Studie betrachtet werden. Obwohl Verhandlungen, wie weiter oben schon skizziert, privates und berufliches Tun und Handeln durchdringen, sind vor allem im deutschsprachigen Forschungsraum wenig bis gar keine empirischen überprüfte Handlungsempfehlungen zu finden. Deshalb ist ein Anliegen dieser Studie, suboptimale Transaktionen durch Handlungsempfehlungen aufgrund der empirisch überprüften Modelle zu minimieren. Dieser letzte Punkt impliziert erfolgreiche Transaktionen analog des bereits beschriebenen Nash-Punktes (vgl. dazu Kapitel 3), bei welchem alle Parteien optimale Erträge verhandeln. Der anschliessende Abschnitt soll einen knappen Überblick über den Aufbau der vorliegenden Dissertation liefern.

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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2.4 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel und einen Anhang, denen folgende Inhalte zu Grunde liegen: Kapitel 1 fasst die wichtigsten Punkte dieser Studie in einem Abstract zusammen. Kapitel 2 beschreibt das Thema dieser Studie, die Relevanz, die Forschungslücke, die Ziele der Promotionsarbeit sowie den hier aufgeführten Aufbau der Dissertation. In Kapitel 3 werden die beiden Forschungsfelder, welche diese Dissertation tangieren, beschrieben. Zunächst wird auf- und ausgeführt, weshalb Verhandeln ein Grundpfeiler und deshalb unerlässlich, für die Gesellschaft ist. Diesbezüglich werden normative und deskriptive Verhandlungsmodelle aufgezeigt, ein analytischer Rahmen für Verhandlungen postuliert und Strategien und Taktiken umschrieben. Im Anschluss daran wird ein Überblick über die relevante Literatur der Verhandlungs- als auch der Marketingforschung gegeben. Aus der Analyse des „Body of Literature“ werden Folgerungen und Ziele der Verhandlungsforschung im Rahmen des Marketings abgeleitet, worauf die inhaltlich, wissenschaftliche Relevanz dieser Studie gründet.

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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ABB. 2-02: AUFBAU UND STRUKTUR DER ARBEIT

Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle sind Bestandteile des vierten Kapitels. Die Modelle von P.H. Gulliver, sowie R. Fisher und W. Ury werden detailliert beschrieben und analysiert. Die drei Verhandlungsmodelle werden einerseits theoretisch beschrieben und an der Verhandlungsliteratur gemessen und andererseits in die empirisch zu untersuchenden Faktoren zerlegt. Aus der Analyse der drei Modelle werden statistisch zu testende Hypothesen abgeleitet und postuliert. Da das Harvard-Konzept von Fisher und Ury ein problemlösungsorientiertes Modell der rationalen Verhandlungsschule repräsentiert,

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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wird diese in gebotener Kürze hergeleitet und erläutert. Dem wird ein kontroverser Exkurs gegenüber gestellt, denn es darf bereits an dieser Stelle bezweifelt werden, dass es den „rationalen Verhandlungsführer“ überhaupt gibt. Dies ist die Thematik des Abschnittes „der rationale Verhandlungsführer existiert nicht“, das Emotionen und kognitive Effekte im Kontext des Verhandelns ausführt. Kapitel 5 gibt einen fundierten Einblick in die Grundlagen und Methoden der im Rahmen dieser Dissertation getätigten Untersuchung. Zunächst werden wissenschaftstheoretische Grundlagen erarbeitet und auf deren Erkenntnissen für die wissenschaftstheoretische Ausrichtung dieser Promotionsarbeit argumentiert. Ferner werden Kausalbeziehungen zwischen Verhandlungszyklen und -phasen, rationalem Verhandeln und Verhandlungserfolg hergestellt und in Form von Hypothesen überblicksartig aufgelistet, nachdem die Hypothesenherleitung Bestandteil des dritten Kapitels sein wird. In den darauf folgenden beiden Abschnitten wird zunächst das empirische Design präsentiert und erläutert, um im Anschluss daran aufzuzeigen, wie das empirische Design effektiv umgesetzt werden soll. Dies ist Teil des forschungsmethodischen Vorgehens und der Datenerhebung im letzten Abschnitt des fünften Kapitels. Das sechste Kapitel steht ganz im Zeichen der statistischen Auswertung und Darstellung der Ergebnisse der quantitativen Erhebung. Nachdem zunächst ein Überblick über das auswertungsmethodische Vorgehen gegeben und im Anschluss daran eine knappe Einführung in die methodischen Grundlagen der Modellschätzung erfolgt ist, werden im zentralen Abschnitt des sechsten Kapitels die Modellkonstrukte operationalisiert. Welches Modell einen Verhandlungsführer eher zu Erfolg führt, zeigen die Ergebnisse der Strukturmodelle, welches Inhalt des zweitletzten Absatzes ist, bevor die Erkenntnisse in einem zusammenfassenden Abschnitt zusammengeführt und abschliessend betrachtet werden. Die Konklusion der theoretischen Aufbereitung der drei Verhandlungsmodelle sowie deren statistische Analyse finden in Kapitel 7 statt. Zunächst sollen Implikationen für die Theorie aus den Ergebnissen abgeleitet, geprüft und erörtert werden. Im zweiten Abschnitt werden aus den gewonnenen Erkenntnissen Vorschläge für die Verhandlungspraxis erörtert. Ziel und Antrieb dieser Arbeit besteht in der Verbesserung der Verhandlungsprofessionalität von Praktikern. Diese Handlungsempfehlungen finden Niederschlag in den Implikationen für die Praxis. Den Schluss bildet ein Ausblick mit Anregungen für zukünftige Forschung

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Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau

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einerseits im Bereich der klassischen Verhandlungsforschung und andererseits auf der Schnittstelle von Marketing- und Verhandlungsforschung. Nach dem Literaturverzeichnis werden im Anhang im Sinne der verlangten empirischen Nachvollziehbarkeit zunächst die geführten Interviews angehängt, die Personenliste der Validierungs-Experten aufgeführt und Screenshots des Fragebogens abgebildet.

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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3 Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

3.1 Verhandeln: Ein Grundpfeiler der Gesellschaft Die vorliegende Arbeit wäre obsolet, folgte man Donald G. Giffords leichtfertiger Aussage, dass „everyone knows what negotiation is“ (Gifford 1989, S. 2). Dies rührt daher, weil wir über den eigenen Lohn, über die Wahl der nächsten Feriendestination oder über den Preis eines neuen Autos verhandeln. Wir sind häufig selbst in solchen grossen und kleinen, wichtigen oder weniger wichtigen Verhandlungen. „Like it or not, you are a negotiator“, bringen es Roger Fisher und William Ury (Fisher, Ury et al. 2001) auf den Punkt. „Wir können uns also nicht länger der Einsicht entziehen: Für uns Heutige als Bürger einer „Verhandlungsdemokratie“ ist geradezu das Zeitalter des Verhandelns angebrochen. Darauf haben wir uns künftig einzustellen. Die Kunst des zielbewussten und Ergebnis bringenden Verhandelns ist daher für jeden von uns, der in Zukunft hier noch wirkungsvoller mitreden und mithandeln will, ein unerlässliches Grund- und Führungswissen“ (Hartig 1995, S. 21). Und obschon das „Zeitalter des Verhandelns“ angebrochen zu sein scheint, herrscht in der Wissenschaft zunächst Unklarheit darüber, was Verhandeln genau ist. So definieren die beiden Marketeers McCall und Warrington Verhandeln folgendermassen: „Negotiation is any sequence of written and / or verbal communication processes whereby parties to both common and conflicting interests (…) consider the form of any joint action they might take in pursuit of their individual objectives which will define or redefine the terms of their independence” (McCall and Warrington 1984, S. 13). Der Ökonom Raymond Saner stellt demgegenüber Verhandlung dar als einen „Vorgang, bei dem zwei oder mehr Parteien eine Einigung darüber suchen, wer von ihnen in einer angestrebten Transaktion was leisten, empfangen, dulden oder unterlassen soll” (Saner 1997 S. 13). Der Ethnologe Philip H. Gulliver wiederum gewichtet den Informationsaustausch: „In essence – and this is to be emphasized – the process of negotiation is one of information exchange and of consequent learning and

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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adjustment by the parties“ (Gulliver 1979, S. 81). Selbst Gifford definiert trotz seiner eingangs provokanten Aussage Verhandlung: “... negotiation can be defined as a process in which two or more participants attempt to reach a joint decision on matters of common concern in situations where they are in actual or potential disagreement or conflict“ (Gifford 1989, S. 3). Die beiden wohl bekanntesten Verhandlungsexperten Roger Fisher und William Ury beschreiben Verhandeln als “eine Grundform, Gewünschtes von anderen Leuten zu bekommen. Es ist wechselseitige Kommunikation mit dem Ziel, eine Übereinkunft zu erreichen, wenn man mit der anderen Seite sowohl gemeinsame als auch gegensätzliche Interessen hat“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 15). Eine leicht andere Gewichtung nimmt Dean G. Pruitt vor, indem er sein Hauptaugenmerk auf die Entscheidung und auf das Problemlösen legt: „Negotiation is a form of decision making in which two or more parties talk with one another in an effort to resolve their opposing interests“ (Pruitt 1981, S. xi). Obschon die Varianz dieser Definitionen über die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen nicht unwesentlich ist, so fasst Roland Reichenbach diese Unterschiede doch zu zwei äusseren Gemeinsamkeiten und zwei inneren Elemente des Verhandelns zusammen (vgl. Reichenbach 1994).

ABB. 3-01: GEMEINSAMKEITEN UND ELEMENTE VON VERHANDLUNGEN

Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, meint Reichenbach mit den äusseren Gemeinsamkeiten erstens Divergenzen und zweitens Interdependenzen zwischen den verhandelnden Parteien. Mit inneren Elementen beschreibt er einerseits den

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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Informationsaustausch zwischen den Parteien sowie andererseits die Notwendigkeit der Anpassung und des Lernens. In den folgenden Abschnitten sollen weitere generelle und allgemeingültige Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Verhandlungen aufgezeigt und ausgearbeitet werden. Diese Abschnitte sollen Antworten auf die Fragen liefern, welche Arten von Verhandlungen es gibt, wie die Struktur von Verhandlungen ist, welche Verhandlungsstile und -modelle existieren, sowie welche Relevanz Verhandlungen fürs Marketing haben.

3.1.1 Verhandlungsmodelle

Verhandlungsmodelle versuchen, Verhandlungen modellhaft abzubilden und zu erläutern. Jede Verhandlung, ob komplex oder einfach, kompetitiv oder kooperativ, distributiv oder integrativ, kurz oder lang, unterliegt einem ähnlichen Ablauf und einer analogen Struktur. „TIME MATTERS in negotiations; a negotiation begins, unfolds, and concludes“ (Holmes 1992, S. 82). Verhandlungen können und werden in voneinander trennbaren Phasen unterteilt und in Phasenmodellen dargestellt. Pruitt beschreibt auf der Grundlage von Druckmans (Druckman 1977; Druckman and Mahoney 1977) Artikeln ein Modell mit sechs Stufen (Pruitt 1981, S. 14): 1. Agreement about the need to negotiate. 2. Agreement on a set of objectives and principles (e.g., in arms control negotiations, the principle that the agreement should permit neither side to coerce the other). 3. Agreement on certain rules of conduct, which occasionally leads to initialling (sic!) a protective contract. 4. Defining the issues and setting up an agenda. 5. Agreement on a formula (i.e., an agreement in principle). 6. Agreement on implementing details. Unterscheidungen lassen sich vor allem im Detaillierungsgrad und der Anzahl der Phasen feststellen.

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Saner (Saner 1997) beschreibt diesbezüglich vier grundlegende aufeinander folgende Phasen.

ABB. 3-02: VERHANDLUNGSSTUFEN NACH SANER

Eine weitere, viel fundamentalere Unterscheidung bezüglich Verhandlungsmodellen ist ihr wissenschaftlicher Zugang. So lassen sich einerseits normative und andererseits deskriptive Verhandlungsmodelle unterscheiden (Holmes 1992). Das Prinzip der Modelle bleibt generell das gleiche. Die Auseinandersetzung mit Phasenmodellen zeigt, „how interaction changes over time, how the longitudinal structure of negotiation is related to input and outcome variables, and how interventions (such as change of bargainers) influence the development of a negotiation” (Holmes 1992, S. 83f). Allen Modellen zugrunde liegt die gleiche, hier kurz angedeutete Kritik: Modelle vereinfachen die Realität und sind deshalb für die Praxis nur von beschränktem Nutzen. Ferner müssen für Modelle viele Annahmen getroffen werden, die in der Realität wiederum keine Gültigkeit besitzen (Holmes 1992; Hartig 1995; Saner 1997). Nichtsdestotrotz können Modelle helfen, „ein flexibles strategisches Rahmenkonzept, innerhalb dessen sich verschiedenartige Strategien taktisch umsetzen lassen und wirkungsvoll entfalten können“, umzusetzen (Hartig 1995, S. 250). Des Weiteren erleichtern sie das Verständnis und den Zugang zu Verhandlungen und geben einen formal-logischen Rahmen vor. Wie weiter oben angedeutet, werden normative und deskriptive Verhandlungsmodelle unterschieden, welche Inhalt der folgenden beiden Abschnitte sein werden und den Gedanken von Holmes (Holmes 1992) folgen.

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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3.1.2 Normative Verhandlungsmodelle – wie verhandelt werden soll!

Normative Phasen-Modelle dienen Verhandlungsführern zumeist als Richtlinie und Checkliste. Pruitt spricht von einer dualen Funktion von Stufen und Phasen. “Organizing the intellectual efforts of the bargainers so that they can think more clearly and dealing efficiently with basic differences in outlook between the two bargainers that might otherwise continually plague their discussion of specific issues” (Pruitt 1981 S. 14). Holmes meint zur Logik und Struktur von normativen Modellen: „In the case of prescriptive models, phases are coherent periods of activity that center on a particular subgoal or milestone in the negotiation“ (Holmes 1992, S. 86). Die Phasen lassen sich klar voneinander unterscheiden und sind als solche auch erkennbar. Ein wichtiger Aspekt ist, dass „jede der vier4 dargestellten Phasen einer Verhandlung eine ganz bestimmte Funktion zu erfüllen [hat]“ (Saner 1997, S. 159). Obwohl die Anzahl der einzelnen Phasen bei unterschiedlichen Modellen differiert, weisen alle die folgenden „Grund-Phasen“ auf: 1. Einstiegs-, 2. Problemlösungs- und 3. Beschlussphase. Zumeist fokussieren normative Modelle auf die Aktivitäten der verhandelnden Parteien. Des Weiteren tendieren diese Modelle dazu, den transaktionalen Charakter von Verhandlungen zu vernachlässigen. Zu den wichtigsten und vor allem bekanntesten normativen Verhandlungsmodellen gehört das Harvard-Konzept von Fisher, Ury und Patton (Fisher, Ury et al. 2001). Ferner repräsentieren die Modelle von Atkinson (Atkinson 1980), Carlisle und Leary (Carlisle and Leary 1981), Zartman und Berman (Zartman and Berman 1982), und Donohue et. al (Donohue, Kaufmann et al. 1990a; Donohue, Kaufmann et al. 1990b) am besten normative Verhandlungsmodelle.

3.1.3 Deskriptive Verhandlungsmodelle – wie verhandelt wird!

Deskriptive Verhandlungsmodelle beschreiben Verhandlungen und sind für gewöhnlich das Resultat wissenschaftlicher Beobachtung und Analyse. „Since most descriptive models are not guides for practitioners, they depict the unfolding negotiation itself, rather than the activities of only one party” (Holmes 1992, S.

4 Die Modelle unterscheiden sich in der Anzahl der Phasen und Stufen. Bei Saner sind es in diesem Fall vier Phasen. Die Logik bleibt aber unabhängig von der Anzahl der Stufen die selbe.

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92). Im Zentrum deskriptiver Modelle stehen die sich entwickelnde Verhandlung und nicht die Aktivitäten der Verhandler. Ein sehr zentrales und grundlegendes deskriptives Verhandlungsmodell hat Ann Douglas (Douglas 1962) entwickelt. Sie beschreibt die Verhandlung in drei aufeinander folgenden Phasen:

ABB. 3-03: VERHANDLUNGSSTUFEN NACH DOUGLAS

Diese drei Phasen finden sich in den meisten anderen deskriptiven Verhandlungsmodellen wieder. Weitere relevante deskriptive Verhandlungsmodelle wurden von Gulliver (1979), Putnam, Wilson und Turner (Putnam, Wilson et al. 1990), Abbott (Abbott 1986) und Bednar und Curington (Bednar and Curington 1983) entwickelt. Diese Modelle unterscheiden sich in der Anzahl Stufen oder Phasen, in deren Ausgestaltung sowie durch den wissenschaftlichen Hintergrund.

3.1.4 Analytischer Rahmen von Verhandlungen

Der analytische Rahmen von Verhandlungen folgt in diesem Abschnitt der Struktur von Walton und McKersie (Walton and McKersie 1965) unter Auslassung der Faktoren „Attitudinal Structuring und Intraorganizational Bargaining“. Walton & McKersie haben zum ersten Mal sogenannte distributive und integrative Verhandlungen als „systems of activity“ (Walton and McKersie 1965, S. 4) unterschieden. „Verhandlung bedeutet oft Verteilung. (…) Daher nennen wir diesen Vorgang auch distributive Verhandlung“ (Saner 1997, S. 39). Distributive Verhandlungen unterliegen der Logik des „Nullsummenspiels“: Des Einen

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Gewinne sind des Anderen Verluste. “A distributive negotiation usually involves a single issue – a “fixed-pie” – in which one person gains at the expense of the other” (Bazerman and Neale 1992, S. 16). Deshalb werden solche Verhandlungen auch als “win-lose, zero-sum, pure conflict and competitive” beschrieben (Kersten 2001, S. 500). Derartige Verhandlungen werden allgemein dort angetroffen, wo Käufer und Verkäufer um einen Preis feilschen: Beim türkischen Bazar, vor Gericht bei einer Schadenersatzklage oder beim Kauf eines neuen Autos. Bei distributiven Verhandlungen müssen die Begriffe „bargaining zone“ sowie „Zone of possible Agreement, ZOPA“ eingeführt werden (Walton and McKersie 1965; Raiffa 1982; Bazerman 1990; Bazerman and Neale 1992; Saner 1997). Die „bargaining zone“ beschreibt bei einer Preisverhandlung das Spektrum zwischen den maximal geforderten und minimal erwarteten Outcome der beiden Parteien. Dies soll die nachstehende Abbildung verdeutlichen:

ABB. 3-04: BARGAINING ZONE NACH BAZERMAN/NEALE

Wenn die Angebote der verhandelnden Parteien einen übereinstimmenden oder überlappenden Teil vorweisen, spricht man von einer positiven Verhandlungszone (Bazerman 1990, S. 107). „The challenge is to identify where the two price ranges overlap, if it all“ (Bazerman and Neale 1992, S. 72). Verhandlungen mit positiven Einigungsbereichen müssten bei rationalem Vorgehen zum Abschluss gebracht werden, wohingegen Verhandlungen, die keinen Einigungsbereich vorweisen, unter rationalem Verhalten zu keiner Einigung führen sollten.

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„Eine wirklich erfolgreiche Verhandlung hat keine Verlierer“ (Saner 1997, S. 83). Im Gegensatz zu distributiven Verhandlungen ermöglicht die Struktur und Logik von integrativen Verhandlungen Lösungen, die über das reine Feilschen des Preises hinweggehen. „Integrative agreements in bargaining are those that reconcile (i.e., integrate) the parties’ interests and hence yield high joint benefit” (Pruitt 1983, S. 35). Dazu müssen aber zuerst auch mehrere Gegenstände zur Verhandlung stehen. „Die wichtigste Bedingung für eine integrative Lösung ist das Vorhandensein mehrerer Verhandlungsgegenstände“ (Saner 1997, S.84). Die folgende Abbildung soll diesen Sachverhalt aufzeigen:

ABB. 3-05: TAUSCHGEWINNE NACH SANER

Die Vergrösserung des Kuchens misslingt oft auf Grund einer fixierten Sichtweise des Verhandlungsgegenstandes. “In most conflicts, however, more than one issue is at stake, and each party values the issues differently. The outcomes available are no longer a fixed-pie divided among all parties. An agreement can be found that is better for both parties than what they would have reached through distributive negotiation. This is an integrative negotiation” (Bazerman and Neale 1992, S. 16). Die integrative Verhandlung führt von “win-lose”, “Nullsummenspiel” usw. weg hin zu „win-win“ Lösungen. Saner fasst den Hauptunterschied zwischen distributiven und integrativen Verhandlungen folgendermassen zusammen: „Wer eine distributive Verhandlung führt, strebt ausschliesslich den grössten eigenen Nutzen an; er verursacht gleichzeitig die grössten Kosten des Gegners. (…) Die integrative Verhandlung

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erweitert diesen Spielraum, indem sie mehrere Themen gleichzeitig behandelt und damit Tauschgewinne ermöglicht“ (Saner 1997, S. 88). Distributive und integrative Verhandlungsstrategien sollen weiter unten besprochen werden. Ein weiterer interessanter Aspekt, der distributive und integrative Verhandlungen betrifft, ist jener der Fairness und Gerechtigkeit (Saner 1997). Distributive Verhandlungen produzieren Verlierer, die sich unfair und ungerecht behandelt fühlen und zumeist diesen emotionalen Zustand in einer weiteren Verhandlung korrigieren wollen. Howard Raiffa (Raiffa 1982) hat diesbezüglich in „The art and science of negotiation“ interessante Überlegungen angestellt. Nach Raiffa lässt sich bei Verhandlungen ein Pareto-Optimum herstellen. Die folgende Abbildung von Saner (Saner 1997, S. 95) zeigt den angesprochenen Sachverhalt.

ABB. 3-06: GERECHTIGKEIT UND EFFIZIENZ NACH SANER

Die Gerade A-B (verbindet X- und Y-Achse) beschreibt den Spielraum für alle distributiven Lösungen zwischen den Parteien A und B. Rationale und distributive Lösungen finden im Abschnitt zwischen den beiden „Effizienz-Pfeilen“ statt. Zu betonen gilt aber, dass des Einen Gewinne des Anderen Verluste darstellen. Indem der „fixed-pie“ vergrössert wird, kann ein integratives und in dem graphisch dargestellten Falle effizientes, gerechtes und faires Verhandlungsresultat herbeigeführt werden. Dieses stellt der „Nash-Punkt“ dar. Dieser Punkt ist nicht nur optimal sondern „it also satisfies the criterion of maximizing the product of the parties’ rescaled utilities“ (Greenhalgh and Neslin 1983, S. 123). Der Nash-Punkt

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stellt die integrative „Ideal-Verhandlungs-Lösung“ dar, die in der Realität zumeist nicht erreicht werden wird. Aber auch integrative Verhandlungen können suboptimal verlaufen. Gillespie und Bazerman (Gillespie and Bazerman 1997) sprechen diesbezüglich von „parasitärer Integration“: „Parasitic integration involves two or more negotiating parties reaching an agreement that is Pareto-superior for them but imposes costs on other stakeholders to the negotiations“ (Gillespie and Bazerman 1997, S. 274). In Verhandlungen lässt sich feststellen, dass diese oft mit distributiven Strategien begonnen werden und im Verlaufe der Verhandlung auf integrative gewechselt wird (Olekalns, Brett et al. 2003, S. 194ff).

3.1.4.1 Verhandlungsstrategien

Die Ausgestaltung einer Verhandlung erfolgt durch die Wahl der Strategie. „A strategy is a plan of action, specifying broad objectives and the general approach that should be taken to achieve them“ (Pruitt and Carnevale 1993, S. 3). Die Verhandlungspartei muss sich darüber im Klaren sein, welches ihre Position sowie die Wünsche sind und welche Ziele sie durch die Verhandlung verfolgt. “Die Strategie ist die übergeordnete Leitlinie, die uns die Richtung von den Wünschen und Bedürfnissen zu den Zielen weist” (Saner 1997, S. 109). Oft werden die Begriffe Strategie und Taktik im selben Atemzug und hierarchisch als gleichgestellt verwendet (vgl. Karrass 1980). Dies führt allerdings zu einer ungenauen Betrachtungsweise, da Strategie und Taktik begrifflich von einander getrennt und hierarchisch betrachtet werden müssen. „Strategie“ bedeutet ursprünglich die „Kunst der Heerführung“ (Duden 1997). Heute wird damit das vorausplanende Miteinbeziehen der relevanten Faktoren in ein Vorgehen, um ein definiertes Ziel zu erreichen, gemeint. Schon Carl von Clausewitz hat Strategie und Taktik unterschieden, indem er „die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges“ beschrieben hat (Clausewitz 2004, S. 53f). Dieses Verständnis kann sehr wohl und direkt auf das Verständnis von Strategie und Taktik bei Verhandlungen übertragen werden. Die Strategie ist der Taktik übergeordnet, jedoch nur erfolgreich, wenn beide, Strategie sowie Taktik, bestens ausgeführt und umgesetzt werden. „Wir verstehen unter „Verhandlungsstrategie“ die Planung und

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umsichtige Vorbereitung einer Verhandlung, unter „Verhandlungstaktik“ das geschickte und planmässige Vorgehen im Verhandlungsgespräch“ (Hartig 1995, S. 35f). Die folgende Abbildung (Saner 1997, S. 110) soll das Verhältnis von Strategie und Taktik aufzeigen.

ABB. 3-07: VERHÄLTNIS VON STRATEGIE UND TAKTIK NACH SANER

Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass die Strategie eine klare Richtung und Grenze vorgibt, innerhalb derer die Taktik zu Anwendung gelangt.

3.1.4.2 Verhandlungstaktik

Das Verhältnis zwischen Strategie und Taktik wurde weiter oben bereits aufgezeigt. Unter Verhandlungstaktik wird „das geschickte und planmässige Vorgehen im Verhandlungsgespräch (verstanden) (…). Zugespitzt formuliert, ist Verhandlungstaktik gewissermassen die Geistesgegenwart des planvollen Agierens und Reagierens im Fluss der Verhandlung, sie ist argumentative, psychologische und auch intuitive Manövrierkunst, Verhandlungsgeschick“ (Hartig 1995, S. 35f; S. 249). Zu ergänzen gilt es, dass „schlecht inszenierte Taktik jede noch so gute Strategie ruinieren“ kann (Saner 1997, S. 135). Die Umsetzung einer Strategie hängt demnach eng mit der Auswahl und Realisierung von Taktiken zusammen. Grundsätzlich lassen sich Taktiken immer anwenden, jedoch gibt es solche, die besser zu kompetitiven, solche die besser zu kooperativen und wieder andere besser zu problemlösungsorientierten Verhandlungsstrategien passen. Einen sehr umfangreichen Überblick über Taktiken gibt Chester L. Karrass (Karrass 1980) in

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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seinem Buch „Verhandlungsführung von A bis Z“. Darin beschreibt er 200 Strategien und Taktiken. In den meisten Verhandlungswerken finden sich Kapitel zu Taktiken (Karrass 1980; Karrass 1989; Pruitt and Carnevale 1993; Hartig 1995; Saner 1997; Hodgson 1998; Lewicki, Hiam et al. 1998; McCormack 2001)5. Grundsätzlich lassen sich Taktiken in faire und weniger faire unterteilen. Hodgson unterteilt Taktiken in „Taktiken, Tricks und Drohungen“ (Hodgson 1998). An dieser Stelle sollen keine Taktiken näher aufgezeigt und ausgeführt werden. Abschliessend soll darauf hingewiesen haben, dass die meisten Taktiken erlernt werden können. Ihre Anwendung in einer Verhandlung hingegen geschieht oft intuitiv. Da Intuition wiederum nicht erlernt werden kann und durch eine falsch inszenierte Taktik die Strategie und dadurch sogar der potentielle Verhandlungserfolg zerstört werden kann, soll darauf verwiesen werden, dass Taktiken sehr genau durchdacht, geplant und eingesetzt werden müssen (Hartig 1995; Saner 1997).

3.1.5 Eine Klassifizierung von Strategien des Verhandelns

Grundsätzlich werden kompetitive und kooperative Verhandlungsstile unterschieden. Eine dritte Strategieart sind die problemlösungsorientierten Verhandlungsstrategien. Gulliver definiert kompetitiv als: „where interests in the outcome are, or seem to be, diametrically opposed“ (Gulliver 1979, S. 35). Demgegenüber ist nach Williams bei kooperativen Verhandlungen das explizite Ziel „to reach a fair resolution of the conflict based on an objective analysis of the facts and law” (Williams 1983, S. 53). Problemlösen wird definiert als „trying to locate and adopt options that satisfy both parties’ goals“ (Pruitt and Carnevale 1993, S. 3). Die Festlegung auf eine Strategie hängt von „der Beziehung zum Verhandlungspartner und dem Verhandlungsergebnis selbst“ (Lewicki, Sheppard et al. 1986, S. 61) ab. Folgt man Lewickis Ausführungen, so unterscheidet er im Grunde genommen ebenfalls die drei oben aufgeführten Strategien, differenziert diese jedoch mehr, indem jene in Beziehung zum Verhandlungsergebnis und der Beziehung zwischen den verhandelnden Parteien gestellt werden. Daraus lassen

5 Dies ist nur eine Auswahl von Monographien, die Taktiken besprechen, die für diese Studie zu Rate gezogen wurden.

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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sich fünf Strategien ableiten (Lewicki, Hiam et al. 1998): 1. Vermeidung (Lose-Lose) 2. Anpassung (Lose to Win), 3. Konkurrenz (Win-Lose), 4. Kooperation (Win-Win), 5. Kompromiss (sich auf halbem Weg entgegenkommen). Die folgende Abbildung (Lewicki, Hiam et al. 1998, S. 64) soll diesen Sachverhalt aufzeigen:

ABB. 3-08: VERSCHIEDE VERHANDLUNGSSTRATEGIEN NACH LEWICKI

Lewicki zeigt fünf Strategien für Verhandlungen auf, die jedoch alle auf den drei, eingangs des Abschnittes definierten, grundlegenden Strategien beruhen (kooperativ, kompetitiv und problemlösungsorientiert). Vier dieser fünf Faktoren sollen im Folgenden genauer betrachtet und ausgeführt werden. Auf die Strategie „Vermeidung“ (Lose-Lose) wird mangels praktischer Relevanz im Verkauf verzichtet (vgl. Wallihan 1998). Die erste Strategie des Verhandelns sensu Lewicki et al. ist die Anpassung (Lose to Win), bei welcher der Verhandlungsführer der Beziehung mehr Gewicht beimisst als dem Ergebnis. Der Verhandlungsführer ist in seiner Grundhaltung kooperativer als kompetitiver eingestellt. „Um die Gegenseite zufrieden zu stellen, opfert er seine eigenen Interessen – sei es nun aus selbstloser Grosszügigkeit, Mildtätigkeit

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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oder erzwungenem Gehorsam“ (Saner 1997 ,S. 114). Diese Verhaltensweise darf jedoch nicht als Schwäche interpretiert werden. „Diese Strategie von Verhandeln wird oft als Schwäche ausgelegt und als Zeichen naiver Gutgläubigkeit gesehen. Dennoch ist diese Position nicht von vornherein abzulehnen – es kommt immer auf das Ziel und die näheren Umstände an. Wer in unwichtigen Dingen nachgibt, dafür aber seine wichtigen Ziele erreicht, wird am Ende kaum als Verlierer dastehen“ (a.a.O, S. 115). Die zweite Strategie (Win-Lose) nach Lewicki wird von Jürgen Herzlieb (Herzlieb 2000) als kompetitiven Verhandlungsstil beschrieben. Ihr werden folgenden Eigenschaften zugeschrieben:

• Die Verhandlungspartei wird als Gegner betrachtet.

• Die Verhandlungspartei will den Gegner besiegen.

• Die eigene Position wird konsequent verteidigt.

• Die sogenannte Verhandlungslinie ist nicht transparent.

• Die gegnerische Verhandlungspartei wird ständig unter möglichst grossen Druck gesetzt.

• Es wird gedroht und Ultimaten werden eingesetzt.

• Die Verhandlungsparteien misstrauen sich. Eine weitere Strategie in der obigen Abbildung (Win-Win) wird dahingegen von Deutsch (Deutsch 1973) und Deutsch und Coleman (Deutsch and Coleman 2000) sowie Johnson und Johnson (Johnson and Johnson 1989) durch die folgenden Attribute dargestellt: A perceived similarity in beliefs and attitudes.

• A readiness to be helpful.

• Openness in communication.

• Trusting and friendly attitudes.

• Sensitivity to common interests with a de-emphasis of opposed interests. An orientation to enhancing mutual power. Die letzte hier beschriebene Verhandlungsstrategie (Kompromiss) ist die wohl „schweizerischste“, will man Saner Glauben schenken. Dieser zitiert das böse Vorurteil über Schweizer Verhandlungsführer: „Die Schweizer beginnen eine Verhandlung mit einem Kompromiss und beenden sie in Konfrontation“ (Saner

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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1997, S. 121). Der Kompromiss ist eine Mittellösung, „bei der beide Seiten sich Zugeständnisse machen“ (Hartig 1995, S. 265). Vor allem in der Politik und Diplomatie findet der Kompromiss, oder das sich „in der Mitte treffen“, eine häufige Anwendung. In der Politik gilt der Kompromiss als Kunst des Machbaren und ist positiv konnotiert. Bei ökonomischen Verhandlungen hingegen ist der Begriff der Kompromissorientierung eher negativ belastet. Denn am Kompromiss muss bemängelt werden, dass sowohl in Bezug auf die Beziehung wie auch auf das Ergebnis Potenzial unausgeschöpft bleibt. Ein Hauptanliegen dieser Studie liegt darin, aufzuzeigen, inwieweit die Anwendung von den in Kapitel 4 beschriebenen Verhandlungsmodellen Verhandlungserfolg nach sich zieht. Deshalb soll an dieser Stelle die Frage nach der Effizienz von kooperativen und kompetitiven Verhandlungsstilen aufgeworfen werden. Denn sowohl der letztere als auch der erstere Stil haben Vor- wie auch Nachteile und können zu Erfolg und Misserfolg führen. Kompetitives Verhandeln birgt das Risiko, durch stures Beharren auf Sachverhalten, durch Festhalten an Positionen und Verletzen von Beziehungen, den Verhandlungserfolg zu gefährden. Kooperative Verhandler unterliegen dem Risiko, vor allem wenn sie auf kompetitive Verhandlungsführer treffen, ausgenutzt zu werden. Ferner kann es dabei zu zeitlicher Ineffizienz, parasitärem Verhalten (vgl. Gillespie and Bazerman 1997) und schlechten, vorschnellen Kompromissen führen. Williams (Williams 1983) hat deshalb diese beiden Verhandlungsstile im Hinblick auf ihre Effizienz hin empirisch untersucht. Seine Analyse zeigte, dass sowohl kooperative als auch kompetitive Verhandler effizient sein können. Bei genauerer Betrachtung lassen sich folgende Schlussfolgerungen aus Williams’ Untersuchung6 ziehen: Fast zwei Drittel verhandeln kooperativ, wovon wiederum ca. 40 Prozent effizient verhandeln. Von den einem Drittel kompetitiv verhandelnden Versuchspersonen sind nur gerade sechs Prozent effizient. Interessant sind die Eigenschaften, die Williams den effizient-verhandelnden Personen zuschreibt (Williams 1983, S. 27ff): Ethisch, vertrauenswürdig, ehrlich. Beachtung und Befolgung der üblichen Regeln.

6 Williams repräsentative Stichprobe umfasst amerikanische Anwälte.

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Seriöse und umfassende Vorbereitung. Kreativ, flexibel, anpassungsfähig. Fähigkeit den Gegner einzuschätzen und Hinweise richtig zu deuten.

• Ausgeprägtes Wahrnehmungsvermögen. Interessanterweise beziehen sich diese Eigenschaften einerseits auf kompetitive und kooperative effektive Verhandler und andererseits gehören sie in das Portfolio der dritten Verhandlungsstrategie, des problemlösungsorientierten Verhandelns. Einer der bekanntesten problemlösungsorientierten Ansätze ist das sachbezogene Verhandeln. Dieses bildet das Kernstück des Harvard-Konzepts (Fisher, Ury et al. 2001). Das „principled negotiation“ umfasst die vier folgenden Grundaspekte: Erstens sollen Menschen und Probleme getrennt von einander behandelt werden. Des Weiteren soll darauf geachtet werden, dass nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt gestellt werden. Drittens müssen immer mehrere Entscheidungsalternativen zur Auswahl stehen. Und zuletzt soll das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen (Fisher, Ury et al. 2001, S. 31). Das Harvard-Konzept wird weiter unten im vierten Kapitel ausführlicher diskutiert. Welche Strategie nun in einer Verhandlung zur Anwendung gelangt, hängt von der jeweiligen Situation, den Verhandlungspartnern, Zielen und Bedürfnissen ab. Grundsätzlich und hier abschliessend sollten „gute Verhandler das gesamte Repertoire beherrschen“ (Saner 1997, S. 121).

3.2 Verhandeln als Forschungsfeld Dieses Kapitel lokalisiert zunächst Verhandeln als Marketingforschungsgebiet, um im Anschluss Forschungsschwerpunkte aufzuzeigen. Den Abschluss dieses Kapitels bilden Folgerungen, die aus dem Forschungsstand abgeleitet und die Relevanz dieser Dissertation unterstreichen sollen.

3.2.1 Verhandeln ist kein eigenständiges Marketingforschungsgebiet

Dieser Abschnitt verfolgt das Ziel, „Verhandeln“ als Gegenstand in der Marketingforschung zu lokalisieren. Der Abschnitt folgt den Ausführungen

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Malhotra, Peterson et al. (Malhotra, Peterson et al. 1999) und Roths und Gmürs (Roth and Gmür 2004). Vorweggenommen werden kann, dass Verhandeln kein eigenständiges Marketing-Forschungsfeld mit einer homogenen Forschungs-Schule ist und so gesehen auch keine Forschungs-Tradition im Marketing aufweist. So kristallisieren Roth und Gmür (Roth and Gmür 2004) in ihrer Zitations- und Kozitationsanalyse nordamerikanischer Marketingjournals der Jahrgänge 1987 bis 2001 drei Richtungen heraus: Die institutionenökonomische Unternehmensperspektive, die industrieökonomische Wettbewerbsperspektive und die verhaltenswissenschaftliche Konsumentenperspektive. In der ganzen Analyse fällt der Begriff „Negotiation“ oder „Verhandeln“ kein einziges Mal. Diese Beobachtung ist auch auf die Analyse von Malhorta, Peterson et al. (Malhotra, Peterson et al. 1999) übertragbar. Beiden Marketingforschungs-Analysen gleich ist, dass sich hingegen das Thema „Sales“ als eigenständiges Forschungsgebiet lokalisieren lässt. Bestimmte Punkte, die im „Sales“ erforscht werden, sind auch für die Verhandlungsforschung relevant, insbesondere Persönlichkeitsmerkmale, Motivation und Pricing. Allerdings wäre es meines Erachtens falsch, „Negotiation“ als ein Teilforschungsgebiet des Forschungsfeldes „Sales“ oder auch „Sales Promotion“ zu betrachten. Und selbst im Bereich des „Sales“ finden sich Begriffe wie „Negotiation“ und „Verhandeln“ nicht als eigenständige Themen (Bush and Grant 1994, S. 61). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Verhandeln kein prioritäres Marketingforschungsgebiet ist. Gründe dafür liegen meines Erachtens in der Interdisziplinarität des Forschungsgegenstandes: Im Gegensatz zu einem klassischen Marketingthema wie „Marktsegmentierung“ oder „Branding“ wird Verhandeln vielmehr durch andere wissenschaftliche Disziplinen beeinflusst.

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Ein Überblick über die wichtigsten Forschungsdisziplinen, die sich mit Verhandeln auseinandersetzen, liefert die folgende Abbildung:

ABB. 3-09: WISSENSCHAFTLICHE DISZIPLINEN IN DER VERHANDLUNGSFORSCHUNG

So befassen sich die Politikwissenschaft, die Psychologie, die Jurisprudenz u.a. mit Verhandeln. Anzufügen gilt, dass sich auch andere Forschungsrichtungen mit Verhandlungen auseinandersetzen, auch wenn sie in der obigen Abbildung nicht enthalten sind. In Abbildung 3-09 wurden vor allem jene Disziplinen berücksichtigt, welche für diese Studie hilfreiche Publikationen stellen.

3.2.2 Überblick über die Verhandlungsliteratur und Stand der Forschung

Über Verhandeln wird schon so lange nachgedacht und geschrieben, wie es Macht und Kriege gibt. Solche Werke beschreiben zwar eher Macht und Machtkonstellationen, wie man diese erreicht und erhält (Machiavelli 2001) oder sie führen Kriegsstrategien und –Taktiken aus (Sunzi 1988; Clausewitz 2004; Musashi 2004). Dennoch beinhalten diese Schriften verhandlungsrelevante Aspekte und können einen guten Einstieg in das Gebiet der Verhandlung bieten. Da wie weiter oben aufgezeigt Verhandlungsforschung im Marketing über die letzten Jahre nur eine untergeordnete Priorität gespielt und einen sehr geringen marketingspezifischen Literaturoutput nach sich gezogen hat, soll die Perspektive

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auf den Forschungsgegenstand der Verhandlung selbst gerichtet werden. Somit werden primär Literaturquellen verwendet, bei denen Verhandeln im Zentrum steht, auch wenn diese keinen marketingspezifischen Kontext vorweisen können. Dies macht in Bezug auf diese Studie auch Sinn, da die drei Verhandlungsmodelle nicht explizit einen Marketing-Approach verfolgen. Doch welche Arten von Verhandlungen werden letztendlich erforscht und beschrieben? Diesbezüglich unterscheiden Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994) fünf Haupt-Forschungsfelder im Bereich des Verhandelns: 1. Marketing Negotiations, 2. Political Negotiations, 3. Labor/Management Negotiations, 4. Legal Negotiations/Arbitration, 5. Interpersonal Negotiations. Mit Marketing-Verhandlungen ist „the exchange process between organizational or business decision-making units“ gemeint (a.a.O.Eliashberg, Lilien et al. 1994 , S. 6). Die fünf Forschungsfelder können für diese Studie nicht sinnvoll getrennt werden, da hier unterstellt wird, dass die in dieser Studie zu untersuchenden Zyklen und Phasen in allen Verhandlungen sichtbar sind. Deshalb ist ein Wissenstransfer sinnvoll, da generalisierende Aussagen über den Gegenstand der Verhandlung angestrebt werden sollen. Der Fokus dieser Arbeit liegt nichtsdestotrotz auf Marketing-Verhandlungen mit dem Ziel, allgemeingültige Aussagen zu erarbeiten. Diese Studie bedient sich zum einen an Quellen aus der Psychologie, die, wie weiter unten aufgeführt, einen grossen Input bezüglich Persönlichkeit, Emotionen und kognitiven Effekten bietet. Ferner übt die ganze Salesforschung einen grossen Einfluss auf die Verhandlungsforschung und die vorliegende Arbeit aus. Den grössten Artikel-Output verweisen die Themen „Selling Process and Technique“, „Motivation“, „General Selling und Sales Management“ und „Sales Evaluation and Performance“ (Bush and Grant 1994, S. 61). Es gilt aber auch hier festzuhalten, analog zur Marketingverhandlungsforschung, dass die Auseinandersetzung mit diesen Gebieten vor allem in den siebziger Jahren stattgefunden hat. Für diese Studie interessieren aus dem Gebiet des Sales vor allem Artikel, die den Prozess und Techniken vertiefen (Rook 1985, Kurtz 1993; Clopton 1984).

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Der „Body of Literature“ dieser Arbeit orientiert sich an einer Verhandlungsliteraturgliederung von Eliashberg et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994), die den forschungsrelevanten Literaturoutput in fünf Felder unterteilen, von denen hier die ersten vier kurz umschrieben werden sollen: Ein erstes Gebiet umfasst Studien mit anekdotischem Charakter, die auf fundierten Praxiserfahrungen basieren. In methodischer Hinsicht sind dies vor allem Fallstudien (Cohen 1980; Douglas 1962). Ein zweites, sehr umfassendes und für die vorliegende Arbeit sehr wertvolles Feld kann mit „experimentellen Studien“ umschrieben werden, welches auch gleich den methodischen Hintergrund erraten lässt. Dazu zählen allen voran die wertvollen Arbeiten von Neale und Bazerman (Neale and Bazerman 1985; Bazerman, Russ et al. 1987; Bazerman 1990; Bazerman and Neale 1992b) zu unterschiedlichen kognitiven Effekten (Rubin and Brown 1975). Ferner werden Einflüsse von Macht (McAlister, Bazerman et al. 1986; Eliashberg 1986), Zeitdruck (Carnevale and Lawler 1986) oder Erwartungen (Pruitt 1981) erforscht. Die dritte Gruppe von Artikeln und Werken widmet ihre Aufmerksamkeit der Entwicklung von formalen Theorien, die Verhandlungsresultate unter dem Einfluss von Macht, Effizienz oder Gleichheit vorherzusagen im Stande sind. Diese basieren auf den klassischen Arbeiten der Spieltheorie von Nash oder Young (Nash 1950; Young 1975). Diese Beiträge sind vor allem deshalb wertvoll, weil sie die Basis für die Schule des rationalen Verhandelns bilden. Das vierte und letzte Feld lässt sich durch Arbeiten zu „nicht-kooperativen“ Verhandlungs-Modellen bilden. Diese Arbeiten beschäftigen sich mit dem Einfluss von unvollständiger Information auf das Verhandlungsresultat, z.B. den Einfluss des „reservation prices“ (Chatterjee and Samuelson 1983), Verhandlertypen (Harsanyi and Selten 1972) oder Zeitpräferenzen (Rubinstein 1987). Zu diesem „Body of Literature“ gilt es festzuhalten, dass vor allem in den siebziger und frühen achtziger Jahren vermehrt in den aufgeführten Bereichen geforscht und die Thematik auch ausgereizt wurde. Da aber, wie eingangs dieser Studie erläutert, die Bedeutung von Verhandlungen generell zunimmt, erstaunt es, dass der Output an Verhandlungsstudien im Bereich des Marketings und Sales abgenommen hat. Aus dem Stand der Forschung kann ein eigentlicher inhaltlicher Trend in der Verhandlungsforschung nicht klar festgemacht werden. Am ehesten gehören den

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Themen „Emotionen“ (Adler, Rosen et al. 1998, Graham, Kim et al. 1988; Bagozzi, Gopinath et al. 1999; Barry, Fulmer et al. 2004; Barry 1999), „Beziehungsmanagement“ (Harwood 2002; Sondak, Neale et al. 1999, Cannon and Perreault 1999; Weitz and Bradford 1999; Weitz, Castleberry et al. 1992) und „Teamverkauf und -verhandlungen“ (Brodt 1997; 283ff; Eden and Ackermann 2001;) die nahe Forschungszukunft. Schwerpunktmässig bearbeitet werden mit Sicherheit die Felder „computergestützte Verhandlungssysteme“ (Khan and Quaddus 2004; Weigand, Schoop et al. 20033 Quellen) sowie „Interkulturelle Verhandlungsunterschiede“ (Graham, Kim et al. 1988; Salacuse 1999, Campell, Graham et al. 1988; Kopelman and Olekalns 1999; Simintiras and Thomas 1996). Spannend zu verfolgen wird vor allem das Forschungsfeld der „computergestützten Verhandlungssysteme” sein, da diese an einer Form von Verhandlungen forschen, welche auf persönliche, direkte Kommunikation verzichtet: Verhandelt wird beispielsweise per computergestützten Bietverfahren (Ku and Murnighan). Interessant wird diesbezüglich sein, inwiefern sich kognitive Effekte und Emotionen damit reduzieren oder gar eliminieren lassen. Bei „Internationalen Verhandlungsunterschieden“ werden noch, aufgrund der Intensivierung der weltweiten Vernetzung und des globalen Handels, unzählige Studien über Unterschiede im Verhandlungsverhalten zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen in Angriff genommen und veröffentlicht werden. Dies macht auch deshalb Sinn, da unzählige Verhandlungen aufgrund ungenügender Kultur- und Verhandlungskenntnisse scheitern. Bezüglich „Emotionen“ und „beziehungsrelevanten Faktoren“ muss erwähnt werden, dass es genau diese weichen Faktoren sind, die methodisch schwierig zu erforschen sind und deshalb auch die grössten Herausforderungen an die Verhandlungsforschung stellen. Im folgenden Abschnitt sollen Folgerungen aus dem Stand der Forschung gezogen werden. Diese Folgerungen leiten zum vorliegenden Dissertationsprojekt über zeigen die die Relevanz der Studie auf.

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3.2.3 Folgerungen aus dem Stand der Forschung

Im folgenden Abschnitt sollen drei Folgerungen, die aus dem Überblick der Verhandlungsliteratur und dem Stand der Forschung getroffen werden, aufgezeigt werden. Eine erste und generelle Folgerung aus der Analyse der Verhandlungsliteratur besteht darin, dass eine Schwierigkeit in der Verhandlungsforschung darin besteht, die richtige Balance zwischen Theorie und Praxis, zwischen theoretischen und empirischen Publikationen, konkreten Ratschlägen von und für Praktiker und generalisierenden Aussagen, zwischen deskriptiver und normativer Forschung, zwischen einfachen statistischen und komplexen statistischen Methoden zu finden. So zeigen Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994), dass es mehr theoretische als empirische Studien gibt, dass einfachere statistische Methoden überwiegen, dass oft normative Ratschläge getätigt werden, die nicht empirisch überprüft wurden. Eine zweite inhaltliche Folgerung liefern die beiden Erziehungswissenschaftler Oser und Reichenbach, die einen Analysekontext des Verhandelns vorlegen. Dieser Analysekontext eignet sich bestens, um Folgerungen für die Marketingwissenschaft konkreter festzumachen. Die folgende Abbildung zeigt diesen Analysekontext auf:

ABB. 3-10: ANALYSEKONTEXTE DES VERHANDELNS NACH OSER/REICHENBACH (2002)

Wie die Abbildung zeigt, konzentriert sich Verhandlungsforschung auf vier verschiedene Felder: 1. (Inter-) Kultureller Kontext des Verhandelns, 2. Soziale,

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organisationale, rechtliche Bedingungen der Verhandlungsparteien, 3. Konkretes Interaktions- und Kommunikationsgeschehen und 4. Innerpsychologische Bedingungen oder Situationen der verhandelnden Person (Oser and Reichenbach 2002). Die wichtigste inhaltliche Folgerung aus Osers und Reichenbachs Analysekontext hängt stark mit einem methodischen Appell Eliashbergs, Lilien et al. zusammen: Die grössten wissenschaftlichen Forschungslücken bestehen beim konkreten Interaktions- und Kommunikationsgeschehen und innerpsychologischen Bedingungen oder Situationen der verhandelnden Personen. Diese beinhalten sogenannte „weiche Faktoren“. Es sind zumeist gerade diese „weichen Faktoren“ wie Emotionen, beziehungsrelevante Aspekte, Persönlichkeitsmerkmale oder psychologische Aspekte etc, die eine Verhandlung scheitern oder gelingen lassen (vgl. Downie 1991). Diese „soften Faktoren“ müssen verstärkt erforscht und in prozessuale Verhandlungs-Modelle miteinbezogen werden. Damit hängt die dritte, letzte und methodische Folgerung eng zusammen: Verhandlungsforschung muss vermehrt „real world“ Probleme bearbeiten und adäquate, komplexe statistische Methoden berücksichtigen. Dies ist auch im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung im Sinne Ulrichs (Ulrich 1981), die von Problemen der Praxis ausgehen soll. Auch Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994) appellieren für eine pragmatischere und praxisorientiertere Verhandlungsforschung. “We need more researcher-practitioner interaction to allow researchers to better understand the important elements of the problems they are researching” (Eliashberg, Lilien et al. 1994, S. 17). Aus der Analyse der bisherigen Forschung geht hervor, dass aus methodischer Sicht auffällt, dass Forscher zu oft jene Methoden anwenden, die ihnen leicht fallen und beherrscht werden und nicht jene, die benötigt würden, damit das Untersuchungsobjekt auch effektiv und umfassend erfasst werden kann. Ob allerdings mit der Forderung der Autoren nach mehr Fallstudien der Verhandlungsforschung gedient wäre, muss vor allem in Hinblick auf generalisierende Aussagen und Methodenvielfalt bezweifelt werden. Da die Ziele in dieser Studie aus den Abschnitten „Überblick über die Verhandlungsforschung und Stand der Verhandlungsforschung“ sowie „Folgerungen aus dem Stand der Verhandlungsforschung“ abgeleitet werden,

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sollen die Ziele der Verhandlungsforschung in diesem Abschnitt nur knapp aufgeführt werden, wodurch Redundanzen vermieden werden. Ein generelles Ziel jeglicher praxisorientierter und –relevanter Verhandlungsforschung sollte es sein, dass Verhandlungsführer durch Forschungsergebnisse die Strukturen und Prozesse leichter und besser verstehen und dadurch wirksamere Ergebnisse erzielen können. Damit könnten Verhandlungsergebnisse unabhängiger von Alter und Verhandlungs-Erfahrung gemacht werden, denn “older, more experienced, and more highly educated individuals were more prone to assume the risks associated with enacting a coordinative stance when negotiating with their younger, less experienced, and less educated peers“ (Alexander, Schul et al. 1994, S. 37). Dies verlangt nach empirisch überprüften Verhandlungsmodellen, durch die weniger erfahrene oder jüngere Verhandlungsführer bessere Verhandlungsresultate erreichen. Unmittelbar mit diesem generellen Ziel hängt ein spezifischeres, inhaltliches Ziel zusammen, das Alexander, Schul und Babakus fordern. “While hundreds of studies of negotiation behaviours have been conducted, only a few of these studies have attempted to explain the content of the negotiation process in an industrial selling context (e.g. Alexander, Schul, and Babakus 1991, Angelmar and Stern 1978, Clopton 1984; Campell, et al. 1988; Graham 1986, 1987; McAlister, Bazerman, and Fader 1986; Soldow and Thomas 1984)” (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25). Die vorliegende Studie wird den Verhandlungsprozess unter anderem auch im Industriekontext analysieren und versuchen, Generalisierungen bezüglich prozessualer Aspekte und inhaltlicher Schwerpunkte zu entwickeln. Weitere inhaltliche Ziele der Verhandlungsforschung sind, wie schon in den beiden vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, die Operationalisierung und Erforschung von Emotionen und beziehungsrelevanten Aspekten, sowie der vermehrte Einbezug von psychologischen Aspekten in den Verhandlungsprozess. Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1995) wünschten sich vermehrt Fallstudien, die sich auf die Persönlichkeit, die soziale Beziehung, kulturelle Unterschiede, auf die Bedeutung des Verhandlungsortes, Zeitbeschränkungen und auf das Lernen konzentrierten. Die methodischen Ziele der Verhandlungsforschung wurden ebenfalls bereits in den vorangegangenen Abschnitten betrachtet. Zusammenfassend handelt es sich

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Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing

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dabei einerseits um Forderungen nach einer anwendungsorientierteren Forschung, die auf einem Dialog mit der Verhandlungspraxis basiert und andererseits auf den Einbezug und die Weiterentwicklung komplexerer statistischer Methoden. Allerdings ist im Gegenzug dazu ein anderes Ziel, vermehrt Fallstudien zu erstellen, wodurch zwar weniger generalisierende Aussagen gemacht, dafür jedoch in engerem Rahmen konkrete Aussagen und Hilfestellungen für die Praxis bereitgestellt werden können (Eliashberg, Lilien et al. 1995). Einige der aufgeführten Ziele der Verhandlungsforschung tangieren dieses Dissertationsprojekt ebenfalls. Eines der Hauptziele des Projektes geht aus einer Forderung Alexanders, Schuls et al. hervor, die aufzeigen, dass “very little is known about the negotiation process as it is enacted in industrial marketing exchanges” (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25). Die drei zentralen Verhandlungsmodelle dieser Studie sollen auch auf Verhandlungen im Industriekontext angewendet werden können. Ferner verlangen Alexander, Schul et al. auch vermehrt ein Überprüfen normativer Annahmen im industriellen Kontext, damit das formale Verständnis von Verhandlungen zunimmt (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25). Da das Harvard-Konzept ein rein normatives Verhandlungsmodell ist, kann auch dieser Forderung entsprochen werden. Eng damit zusammen hängt der Wunsch der Verkaufs-Verhandlungs-Praxis7, die ein Interesse an der Antwort auf die Frage hat, welches Modell letztendlich in der Praxis funktioniert. Durch den quantitativen Ansatz besteht die Möglichkeit einer komplexen und dem Untersuchungsobjekt entsprechenden statistischen Auswertung. Schliesslich soll die weiter oben bereits beschriebene Balance zwischen Theorie und Praxis, zwischen theoretischen und empirischen Publikationen, konkreten Ratschlägen von und für Praktiker und generalisierenden Aussagen, zwischen deskriptiver und normativer Forschung, zwischen einfachen statistischen und komplexen statistischen Methoden angestrebt werden. Detailliertere Ausführungen zu den Zielen der vorliegenden Studie, Forschungsfragen und Hypothesen werden in Kapitel 5 aufgezeigt, beschrieben und erläutert.

7 Dieser Wunsch wurde teilweise explizit geäussert, mehrheitlich jedoch nur implizit angedeutet und in den Interviews im Rahmen dieser Vorstudie (siehe Anhang) festgestellt.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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4 Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

4.1 Rationales Verhandeln als Grundlage des Harvard-Konzepts …oder wie Kooperation entsteht.

„Manchmal entsteht Kooperation dort, wo man sie am wenigsten erwartet.“ (Robert Axelrod)

Das Ziel einer Verhandlung sollte eine Einigung zwischen den verhandelnden Parteien sein. Da diese Parteien jedoch zumeist unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche vorweisen und diese befriedigt sehen wollen, muss ein Mindestmass an Kooperation an den Tag gelegt werden, damit letztendlich in der Verhandlung ein Konsens gefunden werden kann. Diese Kooperation muss aus Freiwilligkeit entstehen oder gerne an den Tag gelegt werden. „In realen Diskursen können wir uns zigfache Gründe vorstellen, warum eine Einigung zustande gekommen ist. Konformitätsdruck, Falschbeurteilung der Sachlage, subtile Drohungen, Informationsmangel, Müdigkeit, Zeitdruck, Einigungsdruck u.s.w. mögen kräftig mitgeholfen haben, den "Konsens" hervorzubringen. In der Tat wäre es naiv, nicht mit solchen Einflussgrössen zu rechnen“ (Reichenbach 1994, S. 227f). Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass sich die verhandelnden Parteien nicht kooperativ zeigen und keine Einigung gefunden werden kann. Auch für diesen Ausgang der Verhandlung lassen sich fast unzählige Gründe aufführen. Zuerst soll die Thematik des Konsenses eingehender behandelt werden. Was für Einigungen gibt es und wie kommt es dazu? Im Anschluss daran soll der Frage nachgegangen werden, wann, wie und warum Kooperation entsteht und was diese bewirkt. Daraus sollen drittens Grundlagen des rationalen Verhandelns aufgezeigt und ausgeführt werden. Diese Grundlagen rationalen Verhandelns bilden das Fundament des Harvard-Konzeptes, das als vierter und zentraler Abschnitt besprochen werden wird. Die Limitationen des Harvard-Konzeptes und des rationalen Verhandlungsparadigmas schlagen die Brücke zum zweiten Absatz dieses Kapitels, welcher psychologische Effekte aufzeigt und den „Faktor Mensch“ in Verhandlungen miteinbezieht und zu verstehen hilft.

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4.1.1 Konsens als Ziel der Verhandlung – doch auf welcher Ebene?

Wenn zwei Parteien Differenzen ausräumen müssen, so zumeist mit dem Ziel, einen Konsens zu erreichen. Reale Diskurse beschäftigen sich ebenfalls mit Einigungsprozessen, es ist aber vor allem die Verhandlungsforschung, die sich damit auseinandersetzt. Im Verhandlungsprozess werden, wie weiter oben bereits aufgezeigt, Informationen ausgetauscht. Diese Informationen beinhalten oft Argumente, mit welchen versucht wird, die Gegenseite von den eigenen Anliegen zu überzeugen. „Beim Argumentieren für oder gegen den Geltungsanspruch einer Aussage beziehen wir uns auf eine andere Aussage, von der wir behaupten, dass sie in der Lage sei, uns rational zu Anerkennung bzw. Bestreitung der betreffenden Aussage zu bewegen. (Kopperschmidt 2000, S. 55) Allerdings führen gute Argumente nicht zwingend zu einer Einigung und ferner kann Rationalität weder in realen, argumentativen Diskursen noch in Verhandlungen vorausgesetzt werden. Es gilt zu unterstreichen, dass Argumente nicht zwingend die Kraft haben, Personen zu überzeugen. „Oft können Argumentationen, obwohl sie schlecht sind, trotzdem überzeugend wirken; und manche gute Argumentationen, vor allem, wenn sie schon komplizierter sind, überzeugen mitunter nur ein paar wenige“ (Follesdal, Walloe et al. 1988, S. 5). Dies hängt damit zusammen, dass Individuen nur ungern von ihren Argumenten und Positionen ablassen wollen. Des Weiteren vermag die Glaubwürdigkeit, die Attraktivität oder die Macht einer Person grösseren Einfluss auf die Güte und Kraft eines Argumentes auszuüben als die Qualität des Argumentes selbst. „Auf den Punkt gebracht kann man sagen, dass „Glaubwürdige schneller zu überzeugen vermögen“ (Reichenbach 1994, S. 240). Doch selbst solch überzeugende Individuen und starke Argumente können keine Einigung garantieren. Denn vor allem in distributiven Situationen, wird der Einsatz der folgenden Aussage eine Einigung verhindern. „Ich weiss, dass du recht hast, aber ich sage trotzdem nein“ (a.a.O., S. 229). Dieses Festhalten an den eigenen Argumenten und Positionen und das damit zusammenhängende Unterstreichen der Differenzen, schliesst eine diskursive Einigung aus und impliziert eine Verhandlung. „Wenn die Kraft des besseren Arguments verpufft ist, muss verhandelt werden – die Argumente allein vermögen kein Herbeiführen eines Konsenses mehr“ (a.a.O., S. 238).

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Reichenbach (Reichenbach 1994) unterscheidet drei verschiedene Diskurs-Ebenen, auf denen eine Einigungen erzielt werden kann. Diese Ebenen unterscheiden sich zunächst in den zur Diskussion stehenden Themen, dann in deren Relevanz und schliesslich in der Art, wie der Konsens diskursiv erarbeitet wird.

Konsensebene INormen

Schwache Diskurse

Konsensebene IIAllgemeingültige Normen

Starke Diskurse

Konsensebene IIIFundamentale Prinzipien

Keine Diskurse, der Konsens wird vorgefunden

Konsensebene INormen

Schwache Diskurse

Konsensebene IIAllgemeingültige Normen

Starke Diskurse

Konsensebene IIIFundamentale Prinzipien

Keine Diskurse, der Konsens wird vorgefunden

ABB. 4-01: KONSENSEBENEN NACH REICHENBACH

Auf der Konsensebene III wird der Konsens bereits vorgefunden, da dieser fundamentale Prinzipien wie bspw. Verbote des Tötens behandelt. Auf der zweiten Konsensebene werden allgemeine Normen diskursiv behandelt. „Hier finden Diskurse im starken Sinne statt, da die Kraft der besseren Argumente wirksam ist und gefundene Konsense als moralisch-inhaltlich richtig (legitimiert) betrachtet werden müssen (was nicht deren Unveränderbarkeit bedeutet)“ (a.a.O., S. 226). Es gilt zu unterstreichen, dass auf dieser Ebene die Einigungen, obwohl dies weiter oben angezweifelt wird, nur aufgrund der Stärke der Argumente zustande kommen. Auf der Konsensebene I, die wie schon Konsensebene II, auf der vorangegangenen Ebene aufbaut, werden Einigungen bezüglich Normen, die keine Allgemeingültigkeit beanspruchen, angestrebt. Diese Einigungen können auch aufgrund schwächerer oder gar falscher Argumente getroffen werden, denn „auf dieser Ebene ist bedeutsam, dass konsensuell entschieden wird, nicht was entschieden wird“ (a.a.O., S. 227). Im Gegensatz zu Reichenbach unterscheidet Giegel (Giegel 1992) nicht drei qualitative unterscheidbare Ebenen des Konsens, sondern differenziert Konsens in Hintergrund-, Ergebnis- sowie Argumentationskonsens. Interessant ist diesbezüglich die Anmerkung Giegels,

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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dass es vor allem eine Argumentations-Kompetenz braucht, wenn eine Einigung diskursiv getroffen werden soll. Aber auch mit einer ausgeprägten Argumentations-Kompetenz ist nicht gesichert, dass sich die stärksten oder klügsten Argumente in einem Diskurs durchsetzen. Grundlegende Voraussetzung solcher Diskurse ist die Fähigkeit zur Interaktion. Oser (Oser 1982, Oser 1981) zeigt empirisch auf, dass sich vier Stufen der Interaktion unterscheiden lassen. Diese Stufen, die bis zum dritten Niveau durch älter werden erreicht und überwunden werden, unterscheiden sich durch qualitative kognitive Differenzen. Somit muss in Diskursen auch evaluiert werden, ob die am Diskurs teilnehmenden Personen erstens nach Giegel (Giegel 1992) die Kompetenz im Umgang mit Argumenten mitbringen, zweitens nach Oser (Oser 1981; 1982) die kognitiven Fähigkeiten zur Interaktion und drittens, je nach Problem, sich auf der richtigen Konsensebene nach Reichenbach (Reichenbach 1994) befinden. Nebst diesen drei postulierten Grundlagen braucht es für den Verhandlungsprozess Kooperationsbereitschaft. Diese Kooperation kann verschiedene Aspekte (Informationsabgabe, Agenda-Punkte, Zeitfaktoren etc.) im Verhandlungsprozess berühren. Nichtsdestotrotz muss ein Mindestmass an Kooperationsbereitschaft vorhanden sein, damit die Verhandlung zu einer Einigung, dem Ziel der hier zu untersuchenden Verhandlungen, gelangt. Wie Kooperation entstehen kann, soll im nächsten Abschnitt aufgezeigt werden.

4.1.2 Die Entstehung der Kooperation

Zumeist wird Konsens nur durch ein Mindestmass an Kooperation erreicht. Wie Kooperation entstehen kann, zeigt Axelrod auf Basis des Gefangenen-Dilemmas anhand mehrerer Computersimulationen (Axelrod 1987). Zentral in den Untersuchungen Axelrods ist die Frage, welche Strategien im Gefangenen-Dilemmas zum Einsatz gelangen und erfolgreich sind. Interessanterweise wird bezüglich Ausrichtung und Einsatz der unterschiedlichen Strategien die Annahme völliger Rationalität überwunden, was die Untersuchung für die Realität wertvoller macht. Die Ergebnisse und die Schlüsse daraus sollen im Folgenden beschrieben werden.

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Im „Prisoner’s Dilemma“ besteht das Dilemma darin, „dass es für jeden Spieler, unabhängig vom Verhalten des anderen, vorteilhafter ist, zu defektieren8, dass jedoch beiderseitige Defektion für jeden Spieler ungünstiger ist als wechselseitige Kooperation“ (Axelrod 2000, S. 5). Zunächst wurden 14 Regeln analysiert, die jeweils paarweise gegeneinander und gegen eine Zufallsstrategie antraten (Axelrod 1980, S. 7f). Die Versuchsanlage, sowie die Punkteverteilung der Computer-Simulation zeigen sich wie in der folgenden Tabelle:

Spieler 1

Kooperation Defektion

Kooperation R = Reward Reward = 3, Reward = 3

S = Sucker’s Payoff; T = Temptation Sucker’s Payoff = 0, Temptation = 5

Spie

ler 2

Defektion Temptation = 5, Sucker’s Payoff = 0

P = Punishement Punishment = 1, Punishment = 1

TAB. 4-01: REGEL UND PUNKTEVERTEILUNG IM PRISONER’S DILEMMA

Bei wechselseitiger Kooperation bekamen beide Spieler 3 Punkte ausbezahlt. Wenn eine Partei die andere ausnützt, werden der ausnützenden Partei fünf und der ausgenutzten null Punkte zugeschrieben. Bei wechselseitiger nicht-kooperativer Spielweise erhalten die Spieler pro nicht-kooperativer Runde je 1 Punkt. Die erfolgreichste Strategie war „Tit-For-Tat“ (TFT), die immer mit einem kooperativen Schritt beginnt und die in den folgenden 199 Spielrunden immer gleich gehandelt hat wie der Gegenspieler. In einer zweiten Turnierrunde wurden die Anzahl Spielrunden nicht festgelegt, sondern mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit nach einer Spielrunde beendet. In diesem Turnier traten total 63 Strategien gegeneinander an und wiederum gewann Tit-For-Tat (Axelrod 1980b). Der Erfolg von TFT liegt einerseits in seiner Einfachheit und andererseits in seiner Stringenz und Robustheit. „Was den robusten Erfolg von TIT FOR TAT erklärt, ist die Kombination, freundlich zu sein, zurückzuschlagen, Nachsicht zu üben und verständlich zu sein“ (Axelrod 2000, S. 48). Freundlichkeit hilft bezüglich

8 Mit Defektion ist nicht-kooperatives Verhalten gemeint.

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Konfliktvermeidung, Zurückschlagen hält den Gegner davon ab, den Spieler nach Möglichkeit auszunützen und Nachsicht verhindert zumeist eine Eskalationsspirale und stellt die Möglichkeit für wechselseitige Kooperation wieder her. Schliesslich sind die Regeln und die Vorgehensweise von TFT sehr leicht verständlich, wodurch die Identifikation und langfristige Kooperation erleichtert wird. Interessanterweise setzt sich TFT auch in langfristigen Spielen gegen andere Strategien in feindlichen Territorien durch. „Kooperation kann also auch in einer Welt unbedingter Defektion entstehen. (…) Also kann wechselseitige Kooperation in einer Welt von Egoisten ohne zentrale Kontrollinstanz entstehen, wenn sie mit einer Gruppierung von Individuen beginnt, die sich auf Gegenseitigkeit verlassen“ (a.a.O., S. 61f.). Axelrod entwickelt aus den Erkenntnissen der Computer-Simulationen Massnahmen zur Förderung und Pflege von Kooperation. Der Erfolg von TFT basiert auf vier Grundpfeilern, die im Folgenden kurz aufgezeigt werden sollen. Die Pflege der Kooperation beruht auf fünf Massnahmen, die einen hohen praktischen Nutzen aufweisen und ebenfalls erläutert werden sollen. Grundpfeiler Massnahmen

Sei nicht neidisch Erweitere den Schatten der Zukunft

Defektiere nicht als erster Ändere die Auszahlungen

Erwidre sowohl Kooperation als auch Defektion

Unterweise die Menschen, sich umeinander zu kümmern

Sei nicht zu raffiniert Unterweise in Sachen Reziprozität

Verbessere die Erinnerungsfähigkeit TAB. 4-02: GRUNDPFEILER UND MASSNAHMEN ZUR KOOPERATIONSPFLEGE

Die Grundpfeiler von Tit For Tat decken sich mit den weiter unten beschriebenen Erfolgsfaktoren und sollen an dieser Stelle deshalb nicht erläutert werden. „Erweitere den Schatten der Zukunft“ unterstreicht die Wichtigkeit von langfristigen Beziehungen. Denn je langfristiger eine Beziehung angelegt ist, desto lohnenswerter ist es, diese auch kooperativ zu gestalten. Mit „Ändere die Auszahlung“ meint Axelrod, dass es notwendig ist, „den langfristigen Anreiz zur wechselseitigen Kooperation grösser zu machen als den kurzfristigen zur

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Defektion“ (Axelrod 2000, S. 120). Dies kann durch eine externe Instanz, beispielsweise die Regierung und ihre Gesetze, verfolgt und erreicht werden. Eine weitere Massnahme besteht darin, die Menschen zu unterweisen, dass sie sich umeinander kümmern. Dahinter steht das Konzept des „Altruismus“, womit gemeint ist, „dass der Nutzen einer Person durch die Wohlfahrt einer anderen Person positiv beeinflusst wird“ (a.a.O., S. 121). Dies birgt allerdings die Gefahr von sogenannten Trittbrettfahrern (Kirsch 1997, S. 108) und Profiteuren. Nichtsdestotrotz erhöht diese Unterweisung die Chance auf langfristige Kooperation. „Reziprozität“ wirft die Frage nach dem moralischen Wert von TFT auf. Die Strategie handelt nach der einfachen Regel „wie du mir, so ich dir“, mit dem wichtigen Zusatz, dass sie kooperativ beginnt. Der moralische Wert von TFT entspricht ungefähr der zweiten Stufe des moralischen Urteils nach Kohlberg, einem amerikanischen Psychologen, der sich mit moralischer Entwicklung auseinandergesetzt hat (Oser and Althof 1994, S. 41 – 83). Die zweite Stufe entspricht in etwa dem Handeln eines Kindes. So gesehen könnte behauptet werden, dass Tit For Tat keine anspruchsvolle, sondern eine „minderwertige“ oder „unterentwickelte“ oder zumindest eine „kindlich-naive“ Moral enthält und darstellt. Hält man sich jedoch das Verhalten von Nationen oder Firmen in Konflikten vor Augen, so wird ersichtlich, dass Tit For Tat sehr wohl zum Einsatz gelangt (vgl. Saner 1997, S. 102ff). Da TFT „Defektierer“ bestraft und diese dadurch langfristig nicht erfolgreich sein können, werden deshalb der Nutzen und der Wert von Kooperation erkannt. Insofern hat Saner auch Recht, wenn er schreibt, dass TFT eine „gutgläubige und vertrauensweckende Strategie“ (Saner 1997, S. 101) ist, die Kooperation im Anderen weckt. Eine Grundbedingung für die soeben beschriebene Reziprozität ist die Erinnerungsfähigkeit einer Person. Wenn sich die Person nicht an das Verhalten einer anderen Person erinnern kann, ist auch reziprokes Verhalten nicht möglich. Im folgenden Exkurs soll aufgezeigt werden, dass die Ausführungen und Erkenntnisse Axelrods nicht nur realitätskonform beschrieben werden, sondern effektiv auch realitätstauglich sind.

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4.1.3 Exkurs: Kooperation entsteht an den bizzarsten Orten - Leben und leben lassen im Stellungskrieg

Im erbittertsten Stellungskrieg in Frankreich und Belgien, so zeigt Axelrod (2000, S. 68ff.) auf, kann wechselseitige Kooperation entstehen. Das „Leben und leben lassen“ wird mit dem „Tit for Tat“ Rapoports verglichen. Gemeinsamkeiten dieser beiden Strategien zeigt das folgende Zitat auf: „Es wäre ein Kinderspiel, die mit Verpflegungswagen und Wasserkarren vollgestopfte Strasse hinter den feindlichen Linien zu beschiessen und in eine blutige Wüste zu verwandeln(...) aber im grossen ganzen ist es ruhig. Wenn du deinen Feind daran hinderst, seine Verpflegung zu fassen, verfügt er schliesslich über ein einfaches Mittel: er wird dich daran hindern, Deine zu bekommen“ (Hay 1916, zitiert von Axelrod 2000, S. 71). Obwohl Gemeinsamkeiten zwischen dem zitierten Beispiel und TFT bestehen, unterscheiden sie sich in ihrem ersten Schritt. Der besteht im Kriegsfall nämlich in der Defektion, wohingegen TFT kooperativ auftritt. So gesehen stellen die unzähligen Kooperationsbeispiele (Dugdale 1932; Belton 1916) im Ersten Weltkrieg ein Paradoxon dar. Die Pflege des kooperativen Verhaltens im Stellungskrieg basiert jedoch auf den oben beschriebenen Grundpfeilern und Massnahmen von TFT. Interessant erscheinen diese Beispiele auch im Hinblick auf das Eskalationspotential dieser erstaunlichen Konstellationen im Stellungskrieg. Denn wie Bazerman im nächsten Exkurs aufzeigt, bergen die soeben beschriebenen Situationen enormes Eskalationspotential. „Consider your alternatives by evaluating only the future costs and benefits associated with each.” (Bazerman and Neale 1992, S. 10f). Und gerade im Stellungskrieg wiegen diese „future costs“ höher als die „benefits“. Denn im Krieg bezahlen Individuen ihren Einsatz häufiger mit dem Leben als dass sie einen Gewinn erzielen. Darin liegt wohl der wesentlichste Unterschied, denn Tit For Tat wurde als Spiel konzipiert, die Konstellationen im Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges waren bitterste Realität. Und es darf angenommen werden, dass Spieler wie Soldaten sich dessen bewusst waren.

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4.1.3.1 Kritische Betrachtung von Tit For Tat

Wie soeben aufgezeigt wurde, ist Tit For Tat eine stabile, glaubwürdige, Vertrauen weckende und erfolgreiche Strategie. Der Erfolg dieser Strategie, vor allem in evolutorischen Spielrunden, wurde in unzähligen Nachfolgestudien weiter untersucht. Die Resultate dieser Nachfolgestudien (Kirchkamp 2000; Nachbar 1992; Schenk 1995; Schenk and Wiese 1995) brachten allerdings teilweise stark abweichende Ergebnisse; je nach Umwelt agiert TFT mit mehr oder weniger Erfolg. (Roth 2003, S. 57) Ferner muss erwähnt werden, dass das Muster von Tit For Tat zwar in der Realität beobachtet und vorgefunden werden kann (Saner 1997, S. 102ff; Bazerman and Neale 1992, S. 160ff), aber der Unterschied zwischen einer Computersimulation und dem realen Leben doch unterstrichen werden muss. Eine Computer-Simulation impliziert maximale Rationalität in dem Sinne, dass sich die Computer-Programme strikt an ihre Programmierung halten. In Axelrods Versuchsanlage konnten die Spieler nur zwischen Kooperation und Defektion wählen. Die Realität bietet aber mehr als nur zwei Handlungsarten. Des Weiteren weist das Prisoner’s Dilemma einen strikt distributiven Charakter auf. Integrative Lösungen können nicht in Betracht gezogen werden. Eine weitere grosse Gefahr im Spiel mit TFT ist die Eskalationsspirale: Denn es gilt zu beachten, dass zu Beginn einer Eskalationsspirale Rache stehen kann und „Rache kann rational sein“ (Heumann and Storbeck 2005, S. 86), wie Nobelpreisträger Robert Aumann in einem Interview treffend zitiert wird. Beginnt ein Spieler mit einer Defektion gegen TFT und wartet auf ein kooperatives Zeichen, wird das Spiel eskalieren und Kooperation der Verhandlung versagt bleiben. Pruitt und Carnevale sprechen diesbezüglich von drei Defekten: „One is to adopt a variant of tit-for-tat. The second is to employ a „starting mechanism“. The third is to communicate with the other party through an auxiliary channel.” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 76) Diese drei Defekte führen zu einem klassischen „Lose-Lose“ (vgl. Lewicki, Hiam et al. 1998). Eine weitere Limitation besteht darin, dass TFT und die anderen Computer-Programme weder über ihre Strategie kommunizieren noch davon lernen können. Wie Gulliver (Gulliver 1979) in seinem zyklischen Verhandlungsmodell aufgezeigt hat, sind gerade Kommunikation und Lernen zwei elementare

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Indikatoren für erfolgreiches Verhandeln. Durch kommunizierte Informationen werden Erwartungen und Präferenzen und somit auch die Taktik ständig angepasst. Dies impliziert, dass die Verhandlungspartner über ein Mindestmass an Lernfähigkeit verfügen. Dies wird ausgeklammert, da die Spieler bei Axelrod nur zwischen Kooperation und Defektion in unterschiedlichen Kombinationen programmiert sind, aber nicht voneinander lernen und ihre Absichten nicht kommunizieren können. Die einzige stattfindende Kommunikation besteht im Handeln der jeweiligen Spieler. Axelrod zeigt aber mit seiner Studie nichtsdestotrotz auf, wie Kooperation zustande kommt und gefördert werden kann. „Kooperation muss auf Gegenseitigkeit beruhen, und der Schatten der Zukunft muss gross genug sein, um diese Gegenseitigkeit stabilisieren zu können“ (Axelrod 1987, S. 156). Um das Wachstum sowie die Aufrechterhaltung der Kooperation zu erlauben, müssen andere in der Umgebung existieren, die Gegenseitigkeit zeigen und dieses stillschweigende Einverständnis TIT FOR TAT aufrechterhalten. Zum anderen muss die Zukunftsperspektive, der Schatten der Zukunft, vorhanden sein. Dadurch wird es sich langfristig lohnen zu kooperieren und eine Defektion des Kontrahenten könnte vergelten werden.

4.1.4 Konzeptionalisierung eines rationalen Verhandlungsmodells auf Basis des Harvard-Konzeptes

Die Grundlagen rationalen Verhandelns bestehen aus problemlösungsorientiertem Handeln und die Suche nach integrativen Verhandlungslösungen. Bazerman definiert Rationalität folgendermassen: „(…) rationality refers to the decision-making process that is logically expected to lead to the optimal result given an accurate assessment of the decision maker’s values and risk preferences” (Bazerman 1990, S. 4; Bazerman and Messick 1998). Pruitt und Carnevale definieren „problem solving“ als „trying to locate and adopt options that satisfy both parties’ goals” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 3f). Wo der kompetitive Verhandlungsführer zu hohe Forderungen stellt, wird der kooperative eher zu tiefe festlegen. Deshalb kann allein der problemlösungsorientierte Verhandlungsstil Rationalität für sich beanspruchen (Fisher, Ury et al. 2001). Der problemlösungsorientierte Verhandlungsführer setzt das Minimum dort, wo es für

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ihn eine mindestens so gute Alternative zur Verhandlungseinigung gibt. Diesbezüglich wird auch von der sogenannten BATNA gesprochen, der Best Alternative To a Negotiated Agreement. Alle Übereinkünfte, die höher als die BATNA liegen, sollten von einem rationalen Verhandler akzeptiert werden.9 Wenn der rationale Verhandler an der vermeintlich besten Alternative für beide Parteien interessiert ist, wird das Verhandlungs-Pareto-Optimum (Raiffa 1982) angestrebt. Diesbezüglich beschreiben Raiffa und Saner den sogenannten Nash-Punkt10, der für alle beteiligten Parteien die rationalste und gleichzeitig fairste Lösung in einer Verhandlung darstellt. (Raiffa 1982; Bazerman 1990; Saner 1997) Der Nash-Punkt wird ausschliesslich in integrativen Verhandlungen erreicht. Pruitt (Pruitt 1990, S. 118) referiert vier Schwierigkeiten, die beim Problemlösen in der Verhandlungs-Wirklichkeit zu beachten sind. So weist er erstens auf die Gefahren von kompetitivem, distributivem Verhalten hin. Zweitens unterstreicht er die Wichtigkeit von Vertrauen. Drittens beeinträchtigen psychologische Anspannung und Informationsüberfluss die kooperative Haltung und schliesslich wird Problemlösen durch inadäquate Kommunikation behindert. Bazerman und Neale (Bazerman and Neale 1992, S. 91ff) beschreiben zwölf Strategien, um rationale, integrative Lösungen zu erreichen:

Strategien nach Bazerman und Neale

1 Build trust and share information

2 Ask lots of questions

3 Give away some information

4 Make multiple offers simultaneously

5 Search for post-settlement settlements

6 Use differences of expectations to create mutually beneficial perceived trade-offs

7 Use differences of risk preferences to create mutually beneficial perceived trade-offs

8 Use different time preferences to create mutually beneficial trade-offs

9 Consider adding issues to the negotiation to increase the potential for making mutually beneficial trade-offs

10 Consider whether there is some way to reduce the costs to the other party of

9 Vgl. dazu das Kapitel 4.1.6 über die BATNA. 10 Vgl. dazu auch die Ausführungen, sowie die Abbildung in Kapitel 3.1.4

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allowing you to get what you want, and vice versa

11 Consider whether there is some way to reduce or eliminate the scarcity of the resource that is creating the conflict between the two parties

12 Search for novel solutions to the negotiation that do not meet either party’s stated position, but do meet their underlying interests

TAB. 4-03: STRATEGIEN FÜR INTEGRATIVE VERHANDLUNGSLÖSUNGEN NACH BAZERMAN UND

NEALE

Diese Strategien decken sich auch mit dem Vorgehen von Fisher und Ury (Fisher, Ury et al. 2001), Saner (Saner 1997) oder Pruitt und Carnevale (Pruitt and Carnevale 1993). Zu beachten gilt, dass die Strategien (1) bis (5) zwar für rationale, aber nicht zwingend integrative Lösungen herangezogen werden müssen. Strategien (6) bis (12) helfen hingegen rationale und integrative Übereinkünfte zu erzielen. Diese Strategien müssen, je nach Situation, selektiv ausgewählt und eingesetzt werden und stellen keine Garantie für Verhandlungserfolg dar. Allerdings reduzieren sie die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruches oder suboptimalen Verhandlungsergebnisses.

4.1.5 Das Harvard-Konzept

Der wohl bekannteste normative Problemlösungs-Ansatz im Verhandeln ist das Harvard-Konzept von Fisher und Ury. „Jede Verhandlungsweise sollte man am besten aufgrund von drei Kriterien bewerten: Sie sollte eine vernünftige Übereinkunft zustande bringen - sofern Übereinkunft möglich ist. Sie sollte effizient sein. Und sie sollte das Verhältnis zwischen den Parteien verbessern oder zumindest nicht zerstören“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 22). Das Harvard-Konzept basiert auf vier Axiomen: Eine erste Grundvoraussetzung für diese drei zentralen Kriterien für erfolgreiches Verhandeln ist die Dichotomie von Positionen und Interessen. Ein zweiter zentraler Punkt besteht im Auseinanderhalten von Verhandlungsobjekt und -führer. Ferner unterstreichen Fisher und Ury die Notwendigkeit Verhandlungen nach Möglichkeit nicht als „fixed pie“ zu betrachten und stets nach multiplen, integrativen Lösungen auf

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Basis neutraler und objektiver Kriterien zu suchen. Diese vier Grundannahmen von Fisher und Ury werden im folgenden Absatz ausführlich beschrieben.

4.1.5.1 Sachgerecht verhandeln anstatt um Positionen feilschen!

Es ist nach Reichenbach (Reichenbach 1994) sinnvoll, zwischen eingenommenen Positionen (Forderungen/Offerten, Argumentationen, ausgedrückten Wünschen und Meinungen etc.) und zugrunde liegenden Interessen (so genannt "wahren" Interessen) zu unterscheiden. Die Positionen verändern sich im Verlaufe des Verhandlungsprozesses (Gulliver 1979), da durch neue Informationen die Erwartungen und Präferenzen angepasst werden. Ein weiterer Unterscheidungs-Grund von Positionen und Interessen liegt darin, dass die Interessenlage der Partei oft, auch aufgrund ungenügender Informationen, noch nicht gänzlich geklärt ist und sich im Verhandlungsprozess entwickelt. Die Positionen hängen stark mit dem ersten Angebot, der Initial-Offerte, zusammen und oft auch davon ab. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Initial-Offerte die Zone of possible Agreement stärker beeinflussen, im Sinne des „primacy effects“11, als alle folgenden Konzessionen, wodurch das erste Angebot an grosser Bedeutung gewinnt (Liebert, Smith et al. 1968; Rubin and Brown 1975). Hohe oder übertriebene Initial-Offerten können als Taktik eingesetzt werden. Eine Regel besagt, dass wer mehr verlangt, in den meisten Fällen auch mehr erhält (McCormack 2001, S. 103ff; Karrass 1989). Daraus kann, zum Teil fälschlicherweise, gefolgert werden, zu Beginn einer Verhandlung eine kompetitive Strategie zu fahren, um im Verlauf des Verhandlungsprozesses auf eine kooperative zu wechseln (Coker, Neale et al. 1987). Die Vorteile, zu Beginn einer Verhandlung eine kompetitive, maximalistische Initial-Offerte zu veröffentlichen, sind in etwa die folgenden: Zuerst können die tatsächlichen Erwartungen und Präferenzen, sprich die Interessen verdeckt werden. Zweitens wird die Gefahr einer zu bescheidenen Evaluation der Verhandlungssituation vermindert. Ferner verschafft die Partei sich dadurch mehr Verhandlungszeit, wodurch die wahren Interessen der gegnerischen Partei (eventuell sogar die eigenen) erörtert werden können. Des Weiteren kann eine zu optimistische Haltung der anderen Partei gebrochen werden und zuletzt ermöglicht ein hohes Initial- 11 Kognitionspsychologische Effekte werden im Exkurs 4.2 ausgeführt.

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Gebot die Möglichkeit für nachträgliche „wenig“ schmerzvolle Konzessionen, wodurch Kooperation demonstriert werden kann. Diese Vorteile werden zum Teil von den folgenden drei Nachteilen kompensiert: Eine zu hohe Initial-Offerte birgt die Gefahr, dass diese einen Verhandlungsabbruch provoziert. Zweitens können übertriebene Forderungen die Beziehung zwischen den Parteien nachhaltig belasten und drittens sind diese maximalistischen Forderungen schwierig zu rechtfertigen. Dies kann zu einem Argumentations- und damit einem Glaubwürdigkeitsdefizit führen (Williams 1983). Dies können Gründe dafür sein, warum in Verhandlungen Positionen bezogen werden, die nicht direkt mit den Interessen übereinstimmen. Sehr dramatisch formulieren Fisher und Ury die Gefahren, die durch das Feilschen um Positionen entstehen: „Das Feilschen um Positionen belastet so die Beziehung zwischen den Parteien und zerstört sie mitunter gar. (...) Der bittere Nachgeschmack solcher Zusammenstösse kann ein Leben lang weiterwirken“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 25). Die beiden Autoren sehen ferner den kompetitiven Verhandlungsstil dem kooperativen (oder auch weichen) überlegen (a.a.O., S. 29), wobei Williams (Williams 1983) diese Aussage mit seiner empirischen Studie widerlegen würde12. Fisher und Ury schlagen einen „alternativen“ Weg zu weichem (kooperativen) und hartem (kompetitiven) Verhandeln vor: Dieser besteht zunächst darin, die Aufmerksamkeit auf die Interessen und nicht auf die Positionen zu lenken. Ferner soll eine Verhandlung nicht mit überrissenen Initial-Offerten eröffnet werden, sondern mit kooperativen und rationalen Alternativen. Zuletzt sollen integrative, multiple Offerten angeboten werden, die auf standardisierten Kriterien beruhen. Im Zentrum des sogenannten Harvard-Konzeptes steht die Methode des „sachgerechten Verhandelns“. Dieses besteht aus den in der folgenden Tabelle aufgeführten vier Grundregeln: Menschen Menschen und Probleme getrennt von einander behandeln!

Interessen Nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt stellen!

Möglichkeiten Vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickeln!

Kriterien Das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen! TAB. 4-04: VIER GRUNDREGELN DES HARVARD-KONZEPTES NACH FISHER/URY (A.A.O., S.31)

12 In Kapitel 3.1.5 werden die Erkenntnisse der empirischen Studie von Williams bezüglich Verhandlungsstilen aufgezeigt.

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Erstens „Menschen und Probleme getrennt von einander behandeln!“ Des Weiteren soll darauf geachtet werden, dass „nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt!“ gestellt werden. Drittens müssen immer mehrere Entscheidungs-Alternativen zur Auswahl stehen. Und zuletzt soll „das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen!“ (a.a.O., S. 31) Diese vier Aspekte sollen kurz erläutert werden, da sie faktisch das „Herz“ des Harvard-Konzeptes darstellen. Zu Menschen: Personen, die an Verhandlungen teilnehmen sind Menschen, die emotional reagieren können. Des Weiteren sind diese Personen stets in einem Kontext, bestehend aus ihrer Beziehung und ihrer „Verhandlungs-Geschichte“ zu sehen. Deshalb ist es ratsam, Probleme zu attackieren und nicht die Menschen (a.a.O., 2000). Fisher und Brown (Fisher and Brown 1988) postulieren sieben Richtlinien, wie zerrüttete Beziehungen verbessert werden können. Ausserdem zeigen Untersuchungen, dass der Angriff auf die Kompetenz einer Person eine Beeinträchtigung der Offenheit der Verhandlungsperson gegenüber den Forderungen der gegnerischen Partei bewirkt (Tjosvold, Johnson et al. 1980). Zu Interessen: Wie schon weiter oben aufgezeigt wurde, ist es nicht ratsam, sich auf Positionen zu konzentrieren. Im Gegenteil: Verhandlungspositionen verschleiern oft das richtige Anliegen der jeweiligen Verhandlungspartei. Die Konzentration sollte vielmehr auf die Interessen, die hinter den Positionen stehen, gerichtet werden, die sogenannten „underlying concerns“. „An interest is what the negotiator really desires even if it is not publicly stated” (Neale and Bazerman 1991, S. 19). Allerdings sollte beachtet werden, dass die selben Angelegenheiten verschiedene Bedeutungen für die Verhandlungsparteien haben können (Pruitt and Carnevale 1993, S. 39). Zuletzt unterstreichen Neale und Bazerman, dass selbst die Interessen hinter den Positionen stets relativ zu betrachten und immer wieder neu zu evaluieren und beurteilen sind (a.a.O., S. 40). Zu Möglichkeiten:

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Wenn die Verhandelnden die Sachlage nüchtern analysieren und von menschlichen Belangen getrennt haben, ist es an der Zeit, multiple integrative Lösungen für die Verhandlung zu suchen. Die Suche nach Verhandlungslösungen soll nach Möglichkeit immer auch die andere Seite mit einbeziehen. Die wohl wichtigste Komponente im Bestreben, integrative Möglichkeiten zu entwickeln, ist der Informationsaustausch (Bazerman and Neale 1992, S. 67f). Dieser Punkt gewinnt an Wichtigkeit, wenn die beiden Parteien zu sehr unterschiedlichen Informationen Zugang haben (Walton and McKersie 1965, S. 148f). In dieser Phase der Verhandlung, bei der Suche nach möglichen Lösungen, ist Kreativität gefragt. Wie weiter oben bereits aufgezeigt, kommen hier die multiplen integrativen Angebote zum Tragen. Wie bringe ich die eigenen Interessen mit denen des Gegners in Einklang? Zu Kriterien: Konnten sich die beiden Parteien auf eine gemeinsame Lösung einigen, so muss dieses Ergebnis kontrolliert werden. Diesbezüglich weisen Fisher und Ury darauf hin, dass dies aufgrund von neutralen Kriterien und nicht aufgrund von Wünschen geschehen sollte. Dies kann prinzipiell wiederum eine kleine Verhandlung auslösen, da sich die beiden Parteien auf neutrale Kriterien einigen müssen. Dies können beispielsweise Experten, Rechtsnormen oder auch Rituale sein (Gulliver 1979; Saner 1997). Diese Grundsätze des sachgerechten Verhandelns nach Fisher und Ury folgen bestimmten normativen Phasen. Diese Phasen sind Bestandteil der Ausführungen des folgenden Abschnittes.

4.1.5.2 Die Phasen des Harvard-Konzeptes

Wie bereits in Kapitel 3.1.2 aufgezeigt, dienen normative Phasen-Modelle vor allem als Richtlinien und Checklisten. “In the case of prescriptive models, phases are coherent periods of activity that center on a particular subgoal or milestone in the negotiation“ (Holmes 1992, S. 86).

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Der problemlösungsorientierte Verhandlungsansatz von Fisher und Ury kann im Sinne Holmes verstanden werden und lässt sich, wie in der folgenden Graphik abgebildet, in drei Phasen unterteilen (Fisher, Ury et al. 2001):

ABB. 4-02: DIE DREI PHASEN DES HARVARD-KONZEPTES

Die erste Phase, die sogenannte Analyse-Phase, beinhaltet die Suche, das Ordnen und die Analyse der erhaltenen und abgegebenen Informationen. Ausserdem sollten allfällige Probleme von den Verhandlungsführern getrennt werden. Durch den Informationsaustausch sollte es gelingen, die „underlying concerns“ zu eruieren, wodurch die Verhandlung sich an den Interessen und nicht den Positionen der Verhandlungsparteien orientiert. Dies führt zu nachhaltigeren „Agreements“. Ein wichtiger Bestandteil der ersten Phase ist die Entwicklung von Möglichkeiten und das Vorantreiben von Verhandlungskriterien. In der Planungsphase sollten möglichst viele „W-Fragen“ gestellt und nach Möglichkeit auch beantwortet werden. Birkenbihl führt zu Informationsbeschaffung und Fragen an: „Wer fragt, führt“ (Birkenbihl 2001, S. 152). Welches sind unsere Ziele? Wie verfolgen wir diese? Welches sind die Ziele der anderen? Wie gehen wir menschliche Probleme an? In der Planungsphase eminent wichtig ist das Miteinbeziehen der gegnerischen Partei, wodurch Verhandlungslösungen deutlich bessere Realisierungschancen geniessen (Fisher, Ury et al. 2001, S. 112). Die letzte Phase ist die Phase der eigentlichen Verhandlung, die erst beginnen kann oder sollte, wenn die Parteien die vier Grundlagen (Menschen, Interessen,

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Möglichkeiten, Kriterien) in den Phasen 1 und 2 bearbeitet haben. In der Diskussionsphase sollten alle Beteiligten soweit sein, dass die Sachlage rational erörtert und Emotionen aussen vor gelassen werden können. Dann sind beide Parteien soweit, der anderen Seite ihre Interessen sachlich aufzuzeigen und auch zuzuhören. Wird keine gemeinsame Lösung erreicht, so muss die Verhandlungssituation wieder bei der ersten Phase begonnen werden. Im folgenden Abschnitt wird ein zentrales Problem rationalen Verhandelns thematisiert: Der Umgang mit Verhandlungslösungen und deren rationale Beurteilung. Die rationale Beurteilung kann unter Umständen weniger rational vollzogen werden als gewünscht und der Umgang mit Verhandlungslösungen unterliegt zumeist auch Faktoren wie Handlungszwang, Informationen und Macht. „Was nützt nun das Gespräch über Interessen, Optionen und Kriterien, wenn die Gegenseite in der stärkeren Position ist?“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 143). Eine Methode, die dem Verhandlungsführer hilft, die eigene Verhandlungsposition zu entwickeln und stärken, ist die sogenannte BATNA, welche im folgenden Absatz beschrieben und ausführlich diskutiert werden soll.

4.1.6 Best Alternative To a Negotiated Agreement

Ein Verhandlungsführer muss vor jeder Verhandlung seine Verhandlungsziele, Prioritäten und Erwartungen definieren (Gulliver 1979; Bazerman and Neale 1992). Diese Definitionen sollten auch Überlegungen miteinbeziehen, dass die Verhandlung scheitern oder abgebrochen werden könnte, weil bessere Alternativen als das vermeintliche Verhandlungsergebnis bestehen. „At least one negotiator appears to have a better nonagreement alternative“, meint Wallihan (Wallihan 1998, S. 259) dazu und beschreibt damit das Konzept der sogenannten BATNA. Diese sollte in der Vorbereitungsphase definiert werden, denn sie „determines the lowest value acceptable to you for a negotiated agreement; if the parties cannot reach agreement, they settle for their BATNAs” (Bazerman and Neale 1992, S: 67). Beispielsweise bietet Verkäufer X das Auto für 25‘000 Franken an. Falls Verkäufer Y nicht unter diesen Preis geht, wird Käufer A Auto bei X kaufen, der besten Alternative von Käufer A. Die beste Alternative wird von beiden Parteien autonom festgelegt, in Abhängigkeit der jeweiligen Möglichkeiten. Dabei ist es

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auch durchaus möglich, dass keine Alternativen existieren, was den Druck auf die Verhandlung und die Verhandlungsführer ausserordentlich verstärken wird. “BATNA refers to the best outcome a party could achieve if the talks ended in impasse. In theory, behavior, and ultimately outcomes, depend centrally on the parties’ alternatives. The worse a party’s alternative, the lower its reservation value and the more eager it will be to sign a deal” (Odell 2002, S. 44f). Nicht nur wird es schwieriger, einen Abschluss zu erzielen, wenn eine Partei schlechte Alternativen vorweist, auch die Machtverhältnisse werden asymmetrisch verteilt sein. Denn es gilt zu berücksichtigen, dass „je attraktiver Ihre „Beste Alternative“, um so grösser ist Ihre Macht“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 147). Die Verhandlungsmacht oder –stärke muss nicht zwangläufig mit der Grösse der Verhandlungsparteien oder deren Repräsentanten korrelieren (Bacharach and Lawler 1981). Vielmehr liegt die Macht darin, eine Verhandlung scheitern lassen zu können, aber trotzdem noch Alternativen in der Hinterhand zu haben. „Je stärker Ihre Bereitschaft ist, Verhandlungen auch scheitern zu lassen, um so machtvoller können Sie Ihre Interessen und die für Sie akzeptable Grundlage für ein Übereinkommen präsentieren“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 153). Denn wie Bazerman und Neale dazu schreiben, ist das Ziel einer Verhandlung, „knowing how to reach the best agreement, not just any agreement“ (Bazerman and Neale 1992, S. 1). Die beste Übereinkunft schliesst bei einer rationalen langfristig ausgelegten Verhandlungsbeziehung beide Seiten mit ein. Denn wie Saner schreibt und Axelrod (Axelrod 2000) empirisch zeigt, ist „ein guter Abschluss nicht maximal, sondern optimal. Das heisst nun keinesfalls, eigene Vorteile ohne weiteres preiszugeben. Regelmässig wird sich aber eine kooperative Haltung bezahlt machen“ (Saner 1997, S. 40). Damit eine BATNA für beide Seiten eine optimale Übereinkunft herbeiführen kann, muss zunächst einmal eine „Zone of possible Agreement“ (Raiffa 1982; Saner 1997; Lewicki, Hiam et al. 1998) bestehen und Informationen im Sinne Gullivers (Gulliver 1979) ausgetauscht werden. Diesbezüglich weisen Fisher und Ury jedoch auf die Gefahr hin, dass nicht zu viele Informationen bezüglich der eigenen BATNA Preis gegeben werden dürfen, da ansonsten diese an Macht verliert. Ferner muss als Limitation beachtet werden, dass die Beziehung der verhandelnden Parteien Einfluss auf die Wahl und Realisierung der BATNA nimmt. „Greenhalgh points out that inherent in the

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BATNA concept is the assumption that negotiators consider only the utility of their alternatives and not the parties’ commitment to their relationships in deciding to abandon negotiations. (…) Relationship generally has a higher value than zero in any negotiations” (Donohue and Ramesh 1992, S. 209). Greenhalgh muss wohl Recht gegeben werden, allerdings impliziert seine Aussage, dass auch suboptimale Alternativen zugunsten der Beziehung realisiert werden sollten. Mit anderen Worten sollen alle Lösungen realisiert werden, die grösser Null sind, damit eine allfällig bestehende Beziehung nicht gefährdet werden wird, was meines Erachtens ein Trugschluss wäre. Die Beziehung ist mit Bestimmtheit wichtig, der Verhandlungserfolg aber ebenso. Mit Saners Worten: „Eine wirklich erfolgreiche Verhandlung hat keine Verlierer“ (Saner 1997, S. 83).

4.1.7 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen dem sachgerechten Verhandeln und Erfolg

Die folgenden Schlussfolgerungen gründen sich ausschliesslich auf den vorangegangenen Ausführungen über rationales Verhandeln und das Harvard-Konzept von Fisher und Ury (2000). Im Zentrum dieser Studie steht die Überlegung, Verhandlungen für die Praxis erfolgreicher zu machen. Verspricht die Anwendung eines bestimmten Verhandlungsmodells effektiv auch Erfolg in Verhandlungen? Deshalb wird zunächst das normative Harvard-Konzept in vier Faktoren („Menschen und Probleme trennen“, „Interessen und Positionen unterscheiden“, „Möglichkeiten“ und „Kriterien“) zerlegt und in einem Wirkungsmodell zusammengeführt. Das Wirkungsmodell als solches wird in Kapitel 5 und 6 detailliert aufgezeigt und ausgeführt.

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Im vorliegenden Absatz sollen nur die Kausalbeziehungen in der untenstehenden Abbildung zwischen den vier Faktoren und Verhandlungserfolg aufgeführt werden. Hypothese 1: Das Harvard-Konzept hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg. Hypothese 2: Die Teilkomponente „Trennung von Mensch und Sache“ bildet eine

relevante Komponente des Harvard-Konzeptes. Hypothese 3: Die Teilkomponente „Interessen und Positionen unterscheiden“ hat

einen positiven Einfluss auf das Harvard-Konzept. Hypothese 4: Die Teilkomponente „Alternativen“ bildet eine relevante Komponente

des Harvard-Konzeptes. Hypothese 5: Die Teilkomponente „Kriterien“ bildet eine relevante Komponente des

Harvard-Konzeptes. ABB. 4-03: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DAS MODEL DES

HARVARD-KONZEPTES

Hypothese 1 beschreibt den vermuteten Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung des Harvard-Konzeptes und Verhandlungserfolg. Hypothesen 2 bis 5 beschreiben hingegen die Zusammenhänge zwischen dem Konstrukt des Harvard-Konzeptes und dessen Teilkomponenten des Secondorder-Konstrukts. Alle aufgeführten Wirkungszusammenhänge wurden im Rahmen einer schriftlichen Online-Befragung eines internationalen Unternehmens im Befestigungssektor überprüft. Die Aufbereitung, Auswertung und Interpretation der Befragung sind Bestandteil der Kapitel fünf bis sieben. Im Anschluss an diesen Abschnitt werden zunächst kritische Einwände zum rationalen Verhandeln, insbesondere dem Harvard-Konzept aufgeführt. Dies leitet zum zweiten Exkurs dieser Studie über. Dieser führt den „Faktor Mensch“ bei Verhandlungen ein, mit all seinen Komplikationen.

4.1.8 Kritische Einwände und Überleitung zu psychologischen Aspekten und Emotionen

Normative Modelle wie das Harvard-Konzept unterstellen eine idealistische Rationalität, die so in der Wirklichkeit zum Scheitern verurteilt ist: Sie setzen nicht nur voraus, dass Verhandlungsführer stets vollkommen rational handeln, sondern

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auch, das Verhandler das relevante Wissen konstant verfügbar und einsatzbereit haben. Gerade dies kann jedoch angezweifelt werden, vor allem bei diesen vielen Annahmen (Pruitt and Carnevale 1993, S. 125). Der sogenannte „human factor“ ist aber nicht zu negieren. „Der „human factor“ ist der grösste Unsicherheitsfaktor und die grosse Unbekannte, auf die wir uns bei der Gegenseite am Konferenz- und Verhandlungstisch einstellen müssen, wenn wir Erfolge erzielen wollen“ (Hartig 1995, S. 70). Nicht nur ist es nicht möglich, dass ein Verhandlungsführer selbst immer rational handelt und stets nach bestem Wissen handelt, auch wird dies dem Verhandlungspartner kaum gelingen. Zuletzt müssten sich auch Verhandlungssituation und -prozess als stabil und voraussehbar herausstellen, um ein Mass an Rationalität gewährleisten zu können, beispielsweise mit Saners Worten: „Je länger die Verhandlung dauert und je mehr Stress sie verursacht, desto leichter wird das Verhalten des Verhandlers emotional; er entfernt sich damit vom Idealbild eines vollständig rationalen und effektiven Unterhändlers“ (Saner 1997, S. 34). Zeitdruck ist nur eine limitierende Störvariable bezüglich Verhandlungen: Kostendruck, Team-Hierarchien, Unglücksfälle und Emotionen etc. stören und limitieren permanent die Rationalität der meisten Verhandlungen. Bazerman (Bazerman 1990) sieht drei Quellen für Limitationen der gewünschten Rationalität: (1) Emotionen, (2) Motivation und (3) Kognitionen. Rationales Verhandeln verlangt, „that negotiators understand and reduce the cognitive errors that permeate their decision processes“ (Neale and Bazerman 1991, S.1). Damit die kognitiven Effekte reduziert und verstanden werden können, braucht es zunächst ein Wissen dieser Effekte. Deshalb soll im Anschluss ein Exkurs über einschränkende kognitive Effekte und der Einfluss von Emotionen im Verhandlungsprozess behandelt werden, die zur Verhandlungswirklichkeit dazu gehören.

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4.2 Exkurs: Der rationale Verhandler existiert nicht

„Anyone can become angry – that is easy. But to be angry with the right person, to the right degree, at the right time, for the right purpose, and in the right way – this is not

easy.” Aristoteles, The Nicomachean Ethics

4.2.1 Über Emotionen

William James hat schon im 19. Jahrhundert gefragt, was eine Emotion sei (James 1884). Der Begriff der Emotion gehört zu jenen Worten, die sich kaum exakt definieren lassen. Ott meint dazu: „Definitionen bereiten zwar in allen Bereichen der Psychologie Probleme, scheinen aber in der Emotionspsychologie besonders widerspenstig zu sein“ (Otto J. H. 2000, S. 11). Vielleicht deshalb findet sich diesbezüglich eine Umschreibung von einigen wenigen Kernbegriffen, die das Konstrukt „Emotion“ beschreiben (Maslow 1978, S. 386f, Goleman 1996, S. 289, Frijda 2000, S. 61). Reinhard Pekrun löst das babylonische Sprachchaos um die Definition von Emotionen dadurch, dass er eine reduktive Definition vorschlägt. Zunächst definiert Pekrun Emotionen als „subjektives emotionales Erleben, physiologische Aktivierung und Ausdrucksmotorik“ (Pekrun 1988, S. 98). Die zweite Definitionsmöglichkeit besteht darin, „den Emotionsbegriff auf die Komponente subjektiven Erlebens zu reduzieren“ (Pekrun 1988, S. 98). Daniel Goleman bezieht sich bei Emotionen „to a feeling and its distinctive thoughts, psychological and biological states, and range of propensities to act” (Goleman 1996, S. 289). Kleinginna und Kleinginna definieren Emotion „als ein komplexes Muster von Veränderungen, das psychologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen umfasst. Diese treten als Reaktion auf eine Situation auf, die ein Individuum als persönlich bedeutsam wahrgenommen hat (Kleinginna and Kleinginna 1981). Ulrich dahingegen beschreibt Emotionen als subjektive Erfahrungstatsachen bzw. Bewusstseinsinhalte, die persönliche Betroffenheit und Engagement in unseren Beziehungen zur Welt ausdrücken (Ulrich 1995, S. 82).

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Da Verhandlungen von Menschen geführt werden, sind Emotionen immer ein Bestandteil jener, da sie nicht ausschliesslich rational geführt werden können. Barry, Fulmer et. al. (Barry, Fulmer et al. 2004) geben in ihrer Arbeit einen detaillierten Überblick über den Forschungsstand zur Rolle von Emotionen bei Verhandlungen. Diesbezüglich proklamiert das Harvard-Konzept die Trennung von “Menschen” und “Problemen”. Wenn allfällige Emotionen angesprochen worden sind, lassen sich Probleme leichter lösen (Fisher, Ury et al. 2001, S. 56). Gulliver erwidert diesbezüglich noch einmal die zu hohen Erwartungen an die Rationalität: „I’m content to make a few observations in order to suggest that the convenience and optimism of an oversimplification of “rational” does not and cannot adequately deal with, or dispose of, the problems relating to actual negotiations and negotiators” (Gulliver 1979, S. 44). Saner zeigt auf, welche Emotionen in welcher Phase einer Verhandlung auftreten können (Saner 1997, S. 236). Die folgende Abbildung zeigt den Sachverhalt auf:

ABB. 4-04: EMOTIONEN UND VERHANDLUNGSPHASEN NACH SANER

Die aufgeführten Gefühle sind ein Ausschnitt aus der Gesamtheit aller möglichen Emotionen. Ferner werden diese hier nur auf-, aber nicht ausgeführt, da diese hinlänglich bekannt sein sollten. Für eine Vertiefung diesbezüglich sei auf die Arbeit von Schumacher (Schumacher 2004, S. 65ff) verwiesen. Interessant erscheint die Phase III, die Parallelen mit Gullivers Phase 3 aufweist. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Qualität von Verhandlungsergebnissen mit

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der Zeit korreliert, die in die Phase 3 sensu Gulliver investiert wird (Laupper 1999, S. 180ff). Wird diesen Gefühlen Zeit und Raum gegeben, können sie geäussert werden und wird ihnen mit Ernst entgegen gekommen, so zieht dies qualitativ gute Verhandlungsergebnisse nach sich. Ist dies nicht der Fall, so kommt es entweder zu Verhandlungsabbruch oder aber die verhandelnden Parteien müssen diese Phase ein weiteres Mal durchlaufen (a.a.O.Laupper 1999, S.180ff). Emotionen müssen aber Verhandlungen nicht zwangsläufig behindern. Sie können diese im Gegenteil sogar vorantreiben und positiv beeinflussen (Adler, Rosen et al. 1998). Lawler und Yoon schreiben dazu, dass „emotions can be a positive motivation force in or a subtle hindrance to successful negotiation“ (Lawler and Yoon 1995, S. 146). Allerdings betonen Adler, Rosen et al., dass durch Emotionen in Verhandlungen oft Fehler resultieren (Adler, Rosen et al. 1998a.a.O., S. 1). Saner beschreibt pragmatische und sinnvolle Massnahmen, die dagegen ergriffen werden können. Diese sind in der nachfolgenden Abbildung aufgeführt:

ABB. 4-05: MASSNAHMEN GEGEN FEHLER AUFGRUND VON EMOTIONEN NACH SANER

Analog zu der vorangegangenen Abbildung gilt auch für diese, dass Saners Massnahmenkatalog einer unter vielen darstellt. Ferner fällt auf, dass diese Massnahmen einen Versuch veranschaulichen, durch klar strukturiertes und bestens geplantes Verhalten, den Emotionen mit Rationalität Einhalt zu gebieten. Dazu gehört auch das von Roger Fisher proklamierte „systematische Denken“ (Fisher 1995, S. 82ff).

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Emotionen sind zwar irrationaler Natur, allerdings lassen sie sich im Sinne taktischen Verhaltens rational gezielt einsetzen (Barry 1999, S. 93ff). Für den Verhandlungsgegner kann ein solcher Einsatz als echte Emotion erscheinen und nicht rationales Verhalten auslösen. Deshalb müssen Bazerman und Neale zufolge Verhandler „(…) understand and anticipate the impact of emotional considerations and perceptions of fairness“ (Bazerman and Neale 1992, S. 116). Denn ohne dieses Verständnis würden einerseits pareto-optimale Verhandlungsergebnisse unwahrscheinlicher und andererseits der Konkurrenz allenfalls ein Vorteil zugestanden werden. Damit Emotionen taktisch eingesetzt werden können, muss der Umgang mit diesen erlernt werden. Wird den Ausführungen Golemans Glauben geschenkt, so ist dies in der Tat möglich (Goleman 1996, S. 261ff). Kognitive Effekte können selbst nicht erlernt werden. Nichtsdestotrotz können sich Verhandlungsführer Wissen von und über kognitive Effekte aneignen. Deshalb soll im Anschluss an diesen Abschnitt, der die Limitation von Verhandlungsrationalität durch Emotionen zum Thema hat, die wichtigsten kognitiven Effekte, wie sie wirken, sich erkennen und vermeiden lassen, beschrieben werden. Denn nur wer Kenntnisse und Wissen von solchen Effekten hat, kann diese kontrollieren (Bazerman and Neale 1992, S. 116). Verhandlungsführer, die dies nicht wissen, werden in die Falle dieser kognitiven Effekte treten und dadurch suboptimale Ergebnisse erzielen oder gar scheitern.

4.2.2 Über kognitive Effekte

Anchoring and Adjustment-Effekt Anhand dieser Fragen eines kleinen Experimentes lässt sich der erste hier beschriebene kognitive Effekt aufzeigen: Frage an die erste Experimentalgruppe

1 Hat die Türkei mehr als 35 Millionen Einwohner?

2 Wie gross schätzen Sie die Einwohnerzahl der Türkei?“ TAB. 4-05: ANCHORING AND ADJUSTMENT EFFKET: FRAGEN GRUPPE 1

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Frage an eine zweite Experimentalgruppe

1 Hat die Türkei mehr als 100 Millionen Einwohner?

2 Wie gross schätzen Sie die Einwohnerzahl der Türkei?“ TAB. 4-06: ANCHORING AND ADJUSTMENT EFFKET: FRAGEN GRUPPE 2

Wenn einer ersten Experimentalgruppe die beiden Fragen der ersten Tabelle und einer anderen Gruppe die Fragen der zweiten gestellt werden, so nennt die zweite Gruppe eine um viele Millionen grössere Einwohnerzahl (Hammond, Keeney et al. 2001, S. 146f). Die Antworten werden durch die erhaltenen Informationen beeinflusst, die wie ein Anker wirken (Eisenführ and Weber 1993, S. 174). Dies wurde bereits in den siebziger Jahren durch Kahneman und Tversky empirisch nachgewiesen (Tversky and Kahneman 1974) und in etlichen Nachfolgestudien bestätigt (Joyce and Biddle 1981; Ritov 1996; Neale and Bazerman 1985). Der einflussreichste und häufigste Anker ist der Status Quo (Pruitt and Carnevale 1993, S.95). Anchoring beeinflusst Verhandlungen, beispielsweise beim sogenannten „initial offer“, äusserst stark und hält Individuen von rationalem Verhandeln ab (Bazerman and Neale 1992, S. 25). Damit dieser kognitive Effekt keine Wirkung auf die eigene Verhandlung auswirken kann, müssen die Gebote der gegnerischen Verhandlungspartei sorgfältig analysiert und der Situation angepasst werden. Auf keinen Fall darf dem Anfangsgebot zu viel Gewicht beigemessen werden. Wenn es jedoch gelingen sollte, diesen Effekt zu seinem eigenen Vorteil zu verwenden, so muss entschieden werden, wie hoch das Anfangsgebot als Anker definiert werden soll. „If you prepare before a negotiation and are flexible during the negotiation, you can reduce the adverse impact of anchoring” (a.a.O.Bazerman and Neale 1992, S. 29f). Framing „Pessimists see the wine glass half empty, optimists see it half full” (Mandel 2001, S. 56). Es gibt, analog zum Weinglas, auch Verhandlungen, die pessimistisch oder optimistisch betrachtet und angegangen werden können. Dieser kognitive Effekt, das sogenannte Framing, lässt sich auf Kahnemann und Tverskys (Kahneman and Tversky 1979) „prospect theory“ zurückführen. Der Begriff „decision frame“

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wurde von den beiden Autoren zwei Jahre später (Tversky and Kahneman 1981) eingeführt. Durch welchen Rahmen Verhandlungen betrachtet werden, hat einen Einfluss „how they (die Verhandlungsführer) see the dispute unfolding and whether and how they see the dispute being resolved“ (Gray 1997, S. 171). Durch welch unterschiedliche „Rahmen“ Konflikte betrachtet werden können, wurde in etlichen Studien untersucht (Highhouse and Yüce 1996; Levin, Scheider et al. 1998; Li and Adams 1995; Pinkley and Northcraft 1994). Einen interessanten Überblick über die Framing-Forschung geben Putnam und Holmer (Putnam and Holmer 1992, S. 128ff). Die zur Verhandlung stehenden Alternativen werden als potentielle Gewinne oder potentielle Verluste betrachtet. „Negotiators behave in a more risk-averse fashion when evaluating potential gains, and in a more risk-seeking manner when evaluating potential losses” (Neale and Bazerman 1991, S. 44). Verhandlungsführer müssen beachten, dass “it is harder for people to accept a loss than to fail to make a gain” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 99). Neale und Bazerman (Neale and Bazerman 1991, S. 47) beantworten die Frage, wovon es abhängt, ob Individuen einen positiven oder negativen Rahmen haben, anhand eines Beispieles: „Consider the reference points available to a union negotiator in negotiating a wage: (1) last year’s wage, (2) management’s initial offer, (3) the union’s estimate of management’s reservation point, (4) the union’s reservation point, or (5) the union’s publicly announced bargaining position” (Neale and Bazerman 1991, S. 47). Deshalb müssen Verhandlungsführer versuchen, positive Verhandlungsrahmen zu entwickeln und gleichzeitig die Verluste für die Gegenseite zu minimieren. Zuletzt ist es evident, dass Verhandlungsführer bei der Evaluation von Verhandlungsalternativen eine risiko-neutrale oder risiko-suchende Perspektive einnehmen. Dies führt zu profitableren Übereinkünften (Bazerman and Neale 1992, S. 41). Winner’s Curse Dieser kognitive Effekt lässt sich am einfachsten anhand einer beispielhaften Situation aufzeigen: Sie befinden sich an einem Markt und wollen ein schönes Schmuckstück erwerben. Obwohl Sie schon einige Schmuckstücke gekauft haben, sind Sie kein Schmuckexperte. Sie diskutieren mit dem Verkäufer und machen kurzerhand ein Angebot, das Ihnen vernünftig und fair erscheint. Der Verkäufer

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akzeptiert sofort und das Schmuckstück gehört Ihnen. Die meisten Käufer fühlen sich bei einem solchen Kauf unsicher und unwohl. Dieser Effekt wird „Winner’s Curse“ genannt, der vor allem bei Auktionen ein Problem darstellt. Foreman und Murnighan verweisen auf unterschiedliche Arten von Auktionen (Foreman and Murnighan 1996, S. 170), die in zahlreichen Studien untersucht wurden. Die Schlüsseleigenschaft des Winner’s Curses liegt in der Informationsassymmetrie zugunsten des Verkäufers. „Against a better informed opponent, your expected return from a transaction decreases dramatically” (Bazerman and Neale 1992, S. 53). Elementar bei Verhandlungen und für zufriedenstellende Ergebnisse ist der Informationsaustausch zwischen den beiden Parteien (Pruitt and Carnevale 1993, S. 42; Gulliver 1979, S. 81). Aber gerade bei Auktionen ist dieser Austausch nicht immer gewährleistet. Neben dieser Informationsassymmetrie stellt das unbedingte „Gewinnen-wollen“, vor allem bei unerfahrenen oder naiven Verhandlungsführern, eine weitere Falle dar (Murnighan 1991). Bazerman und Neale zeigen zwei Möglichkeiten auf, die gegen den Winner’s Curse schützen können. Zunächst unterstreichen die Autoren die Wichtigkeit der Informationen im Hinblick auf die eigene Expertise, die ständig verbessert werden muss. Dies kann auch durch den Kauf von Informationen geschehen (Bazerman and Neale 1992, S. 55). Eine zweite Möglichkeit besteht in der Stärkung und Betonung der Beziehung, denn „a seller may not want to harm the relationship by taking advantage of a buyer” (a.a.O.Bazerman and Neale 1992, S. 54). Interessanterweise haben Kagel et al. empirisch festgestellt, dass Märkte lernen, den Winner’s Curse zu vermeiden, obwohl dies Individuen nicht gelingen mag (Kagel and Levin 1986; Garvin and Kagel 1994). Deshalb sei für Verhandlungsführer der folgende Rat Bazermans und Neales aufgeführt: „But if you actively think about the other party, you can act more rationally” (Bazerman and Neale 1992, S. 55). Escalation Bazerman und Neale definieren „irrationale Eskalation“ als „continuing a previously selected course of action beyond what rational analysis would recommend (Bazerman and Neale 1992, S. 10). Dies kann am Paradigma der „Dollar Auktion“ veranschaulicht werden (Shubik 1971, S. 111f): In einer Gruppe wird eine 20 Franken Note versteigert. Gebote können in 1 Franken-Schritte

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getätigt werden. Die Person mit dem höchsten Gebot bezahlt den gebotenen Betrag und erhält dafür die 20 Franken Note. Allerdings, und dies ist das Spezielle an der „Dollar Auktion“, muss die Person mit dem zweithöchsten Gebot den zweithöchst gebotenen Betrag ebenfalls bezahlen. Wenn Person X 6 Franken bietet und Person Y 5 Franken, so erhält Person X den Zuschlag und 14 Franken (die 20 Franken minus die gebotenen 6 ergeben die gewonnen 14 Franken) und Person Y zahlt 5 Franken an den Auktionär. Dieses sehr einfache Experiment wurde in Verhandlungskursen schon unzählige Male durchgeführt. Die Dozenten haben damit, obwohl es jeglicher Rationalität widerspricht, mehr als 20 Franken für eine 20 Franken Note zu bezahlen, tausende von Franken verdient (Neale and Bazerman 1991, S. 67f). Verhandlungsführer müssen lernen, solche Fallen zu erkennen und zu vermeiden. Die beiden Autoren führen drei Gründe für Eskalation auf, wenn der Weg durch ein Anfangsgebot festgelegt ist (Bazerman and Neale 1992b, S.166): 1) biases our perception and judgment, 2) leads us to make irrational decisions to manage the impressions of others and, 3) leads to a competitive escalatory spiral. Staw (Staw 1981, S. 581ff) führt Eskalation in seinem theoretischen Modell ebenfalls auf drei Hauptpunkte zurück: 1) motivation to justify previous decisions, 2) norms for consistency, 3) perceived probability of future outcomes. Da Studien zu Tage gefördert haben, dass öffentlich gemachte Commitments weniger eskalieren als nicht öffentlich gemachte, ist es unter Umständen ratsam, Verhandlungen öffentlich zu kommunizieren, wodurch die Gefahr einer Eskalation verringert werden kann (Staw 1981). Eine weitere Strategie Eskalationen zu verhindern liegt darin, die Anreize für Verhandlungsführer zu ändern: So sollten Unternehmen Führungskräfte für gute Entscheidungen belohnen und nicht für die stets höchsten Erträge. Nichtsdestotrotz bleibt die Verantwortung für eine Eskalation beim Verhandlungsführer selbst. Deshalb müssen diese „…learn to recognize good choices, not just good outcomes” (Bazerman and Neale 1992, S. 15).

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Availability of Information Entscheidungen werden durch Informationen beeinflusst. Diese Beeinflussung kann unterschiedliche Gründe haben: Es können die falschen Informationen sein oder die richtigen, jedoch falsch interpretiert oder überbewertet. Es muss beachtet werden, dass „information that is more available in memory, more salient, or more concrete and vivid, may play a greater role in judgment than it should” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 92). Blount, Thomas-Hunt et al. (Blount, Thomas-Hunt et al. 1996, S. 3) unterscheiden interne und externe Informationen, die sich einerseits unterscheiden und andererseits beeinflussen. So sprechen sie beim Reservationspreis von internen Informationen, die aber durch externe beinflusst werden, bspw. durch Marktinformationen. Neale und Bazerman (1991, S. 51) führen drei Punkte bezüglich der falschen Anwendung von Informationen auf: 1) ease of retrievability, 2) established search patterns, 3) illusory correlations. Für Verhandlungsführer gilt es demzufolge zu beachten, dass Informationen, die emotional und ansprechend aufbereitet präsentiert werden, einen grösseren Effekt hinterlassen als die gleichen Informationen, die sachlich und nüchtern präsentiert werden (Taylor and Thompson 1982; Wilson, Northcraft et al. 1989). Der Schlüssel zur Umgehung der „Availability“-Falle liegt in Entscheiden, die auf brauchbaren und nicht nur verfügbaren Informationen basieren (Bazerman and Neale 1992, S. 47). Mythical Fixed-Pie Im Zentrum des folgenden kognitiven Effektes steht die Annahme der Verhandlungspartei, dass sich die eigenen Interessen diametral von jenen der anderen Partei unterscheiden und ferner die Verhandlungspunkte, welche der eigenen Partei zentral und eminent wichtig erscheinen, dies auch für die anderen so sein muss (Gelfand and Christakopoulou 1999, S. 250). Studien haben gezeigt, dass viele Verhandlungsführer mit einer „Fixed-Pie-Einstellung“ in eine Verhandlung gehen (Thompson and Hastie 1990; Pinkley, Griffith et al. 1995). Dies kann bei distributiven Verhandlungen schnell zu einem Verteilkampf führen und integrative Lösungen verhindern (De Dreu 2003, S. 286; Thompson and Hastie

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1990). Auslöser dieser Haltung ist die Annahme, dass „what is good for the other side must be bad for us” (Bazerman and Neale 1992, S. 16). Die Wirkung des “Mythical Fixed-Pies” lässt sich an einem Experiment von Connie Stillinger (Stillinger, Epelbaum et al. 1988) veranschaulichen: 137 US-Amerikaner wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und zu einem Waffenabrüstungsvorschlag befragt. Der ersten Gruppe wurde mitgeteilt, dass es sich um einen Vorschlag vom sowjetischen Präsidenten Michael Gorbatschow handle. Der zweiten Gruppe dahingegen teilten die Forscher mit, der Vorschlag stamme vom amerikanischen Präsidenten Ronald Reagen. Wie die beiden Gruppen auf die Frage, wer eher durch den Waffenabrüstungsvertrag begünstigt würde, ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Begünstigt die UDSSR

Begünstigt die USA

Begünstigt beide Nationen gleich

Gruppe 1: Annahme: Sowjetischer Vorschlag

56% 16% 28%

Gruppe 2: Annahme: US-Amerikanischer Vorschlag

27% 27% 45%

TAB. 4-07.: ANTWORTEN AUF DEN WAFFENABRÜSTUNGSVORSCHLAG

Aus Stillingers, Epelbaums et al. Experiment lassen sich zwei Folgerungen schliessen: Obwohl der Vorschlag, Waffen abzurüsten, für beide Seiten derselbe war, wird angenommen, dass er die andere Seite begünstige, wenn er auch von jener Seite stamme. Des Weiteren wird das eigene Verhalten kooperativer und toleranter eingeschätzt als dasjenige der Gegner (Stillinger, Epelbaum et al. 1988, S. 7). Pinkley, Griffith et al. (Pinkley, Griffith et al. 1995, S. 102) zeigen die Determinanten des Fixed-Pies anhand eines theoretischen Modelles auf. Darin wird ersichtlich, dass vor allem durch „Information Availability Errors“ und „Information Processing Errors“ suboptimale Verhandlungsergebnisse erzielt werden (a.a.O.Pinkley, Griffith et al. 1995, S. 102). Strategien zur Vermeidung dieses kognitiven Effektes liegen zunächst darin, die Perspektive der anderen Seite

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realistisch einzuschätzen. Ferner sollten Verhandlungen nicht distributiv betrachtet werden. Bazerman und Neale zeigen Strategien für integratives Verhandeln auf (Bazerman and Neale 1992, S. 89ff). Integratives Verhandeln lässt die soeben aufgezeigten Effekte viel weniger entfalten. Pruitt und Carnevale (Pruitt and Carnevale 1993, S. 86) fügen der Diskussion bei, dass erfahrene Verhandlungsführer weniger anfällig für den Fixed-Pie-Effekt sind als ihre weniger erfahreneren. Daraus lässt sich schliessen, dass nicht nur Wissen vom Effekt, sondern vor allem auch das Erfahren und Erlernen der kognitiven Falle das Verhandlungsverhalten nachhaltig verändert. Wie Gulliver, hier abschliessend, schon feststellte, ist verhandeln ein Prozess „of consequent learning and adjustment by the parties“ (Gulliver 1979, S. 81). Overconfidence Ein Grund für die zum Teil schwachen Verhandlungsleistungen einzelner Personen liegt in der Beeinflussung durch diese vorangegangenen kognitionspsychologischen Effekte. Der letzte hier besprochene kognitive Effekt besteht aus dem Zusammenwirken verschiedener solcher Effekte. Denken Personen von sich, dass sie mehr wissen als dass sie wirklich wissen (Soll 1996, S. 117)? Diese Frage wurde in vielen Studien mit „Ja“ beantwortet (Lichtenstein, Fischhoff et al. 1982; Keren 1991). Brenner und Koehler definieren „Overconfidence” “as the difference between mean confidence and overall accuracy” (Brenner and Koehler 1996, S. 212). Die Risiken liegen im Unterschätzen respektive Überschätzen zu hoher resp. zu tiefer Forderungen und Möglichkeiten, wodurch attraktive Alternativen verspielt und zu hohe Risiken eingegangen werden (Hammond, Keeney et al. 2001, S. 163). Bazerman und Neale führen „Overconfidence“ auf „Anchoring“, „The Winner’s Curse“, “Need-Based Illusions” und “Searching for Confirming Evidence” zurück (Bazerman and Neale 1992, S. 60ff). Es werden drei “Illusions” unterschieden: 1) Illusion of superiority, 2) illusion of optimism und 3) illusion of control. Die erste Illusion basiert auf einer unrealistisch positiven Einschätzung seiner selbst. Es wird angenommen, man sei beispielsweise intelligenter, besser oder

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fähiger. Die „Optimismus-Illusion“ basiert auf der Annahme, dass zukünftige Ereignisse zu positiv und optimistisch eingeschätzt werden. Die letzte Illusion basiert auf der Annahme, dass Verhandlungsführer glauben, sie hätten mehr Kontrolle über die Verhandlungslösungen als ihr Gegenüber (Bazerman and Neale 1992, S. 61). Dies führt letztendlich dazu, dass Verhandler die Welt nicht so sehen, wie sie sich in Wirklichkeit präsentiert. Ein letzter Grund für „Overconfidence“ liegt darin, dass Personen an ihren Erwartungen festhalten und dadurch zu Ignoranz gegenüber neuen relevanten Informationen tendieren (a.a.O.Bazerman and Neale 1992, S. 62). Zum Abschluss scheint interessant, dass Overconfidence verbreitet aber nicht universal zu sein scheint und vor allem bei leichten Fragen typischerweise eliminiert wird (Lichtenstein and Fischhoff 1977).

4.2.3 Besteht Hoffnung für rationales Verhandeln?

Wie in den vorangegangen Abschnitten aufgezeigt wurde, können Verhandlungsführer sowie Verhandlungen durch irrationale Faktoren beeinflusst und deren Ergebnisse beeinträchtigt werden. Rationales Verhandeln ist in der Wirklichkeit eher die Ausnahme denn die Regel. Im folgenden Teilkapitel sollen Strategien aufgezeigt werden, die es Verhandlungsführern ermöglichen, kognitive Effekte zu erkennen und deren Einfluss auf sich selber sowie die Verhandlung zu minimieren. Bazerman und Neale (Bazerman and Neale 1992, S. 69ff) entwickeln einen rationalen Rahmen für Verhandlungen, der auf acht Vorschlägen basiert. 1) Assess what you will do if you don’t reach an agreement with your current

negotiation opponent.

2) Assess what your current negotiation opponent will do if they do not reach an agreement with you.

3) Assess the true issues in the negoatiation.

4) Assess how important each issue is to you.

5) Assess how important each issue is to your opponent.

6) Assess the bargaining zone.

7) Assess where the trade-offs exist.

8) Assess the degree to which you might be affected by a) the tendency to irrationally escalate commitment to a previously chosen strategy, b) the mythical fixed-pie, c)

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anchoring and adjustment, d) the framing of the negotiation, e) the availability of information, f) the winner’s curse, and g) overconfidence.

9) Assess the degree to which your negotiation opponent might be affected by a) the tendency to irrationally escalate commitment to a previously chosen strategy, b) the mythical fixed-pie, c) anchoring and adjustment, d) the framing of the negotiation, e) the availability of information, f) the winner’s curse, and g) overconfidence.

TAB. 4-08: RATIONALER RAHMEN FÜR VERHANDLUNGEN (BAZERMAN AND NEALE 1992)

Des Weiteren unterstreichen die beiden Autoren die Wichtigkeit von integrativen Lösungen. Insgesamt zwölf Strategien werden ausgeführt, durch welche integrative Lösungen erreicht werden können und kognitive Effekte reduziert (a.a.O.Bazerman and Neale 1992, S. 89ff). 1) Build trust and share information.

2) Ask lots of questions.

3) Give away some information.

4) Make multiple offers simultaneously.

5) Search for post-settlement settlements.

6) Use differences of expectations to create mutually beneficial perceived trade-offs.

7) Use differences of risk preferences to create mutually beneficial perceived trade-offs.

8) Use different time preferences to create mutually beneficial trade-offs.

9) Consider adding issues to the negotiation to increase the potential for making mutually beneficial trade-offs.

10) Consider whether there is some way to reduce the costs to the other party of allowing you to get what you want, and vice versa.

11) Consider whether there is some way to reduce or eliminate the scarcity of the resource that is creating the conflict between the two parties.

12) Search for novel solutions to the negotiation that do not meet either party’s stated position, but do meet their underlying interests.

TAB. 4-09: REZEPT FÜR INTEGRATIVES VERHANDELN NACH BAZERMAN UND NEALE

Diese normativen Vorschläge werden an dieser Stelle nur aufgeführt, da sie selbsterklärend sein sollten. In der Bestrebung zu mehr integrativen

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Verhandlungslösungen liegt mit Bestimmtheit Potential, der Verhandlungs-Irrationalität Einhalt zu gebieten. Hammond, Keeney und Raiffa schlagen folgendes vor: Verhandlungsführer sollen sich klar werden über Maximal- und Minimalbeträge und eine realistische Einschätzung für sich selber sowie für die Gegner aufstellen. Dies soll aus verschiedenen Perspektiven wiederholt werden. Ferner sollen die Kosten stets transparent gehalten und so oft wie möglich erläutert und erklärt werden. Zuletzt sollen getroffene Annahmen basierend auf Zahlen, am besten mit aktuellen Statistiken, legitimiert werden (Hammond, Keeney et al. 2001, S. 165f). Die Aussage von Gulliver (Gulliver 1979), dass Verhandeln auch Lernen beinhalte, wird durch verschiedene Studien belegt (Kelley 1966; Thompson 1990). So zeigt sich, dass erfahrene Verhandlungsführer ihre ersten Gebote erfolgreich höher an- und durchsetzen und den Verhandlungsraum generell grösser zu gestalten vermögen. Auch lassen sie weniger Konzessionen zu als ihre unerfahreneren Gegenüber. Dies kann, Bazerman und Neale zufolge, mit drei zentralen Fragen, die Verhandlungsführer sich selber beantworten können müssen, angestrebt werden. 1) Welches ist ihr Minimum?, 2) Was sind Ihre Interessen?, und 3) Wie wichtig ist jedes einzelne zur Verhandlung stehende Traktandum im Vergleich zu den anderen Verhandlungspunkten? Wenn diese Fragen auch für die andere Seite beantwortet werden können, so kann irrationales Verhandeln zwar nicht ausgeschlossen, aber zumindest vermindert werden (Bazerman and Neale 1992, S. 173).

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4.3 Zyklisches und prozessorientiertes Verhandlungsmodell von Gulliver

Outcomes are inevitably the result, in part, of nonrational choices in what might otherwise be impossibly difficult situations to resolve. (P.H. Gulliver)

1979 erschien „Disputes and Negotiations“ des Ethnologen P. H. Gulliver. Darin beschreibt er ein Verhandlungsmodell, das einerseits die Zyklen des Verhandelns und andererseits die Phasen einer Verhandlung aufzeigt. Diese Erkenntnisse entwickelte Gulliver, indem er Verhandlungen zweier Parteien in kulturell verschiedenen Regionen beobachtet hat. Es gelingt ihm, übliche Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Kommunikationsflüsse aufzuzeigen, zu analysieren und in einem deskriptiven Modell festzuhalten. „The intention is to improve understanding of what goes on in negotiation, how it goes on and why and to identify the interaction of some of the variable components involved” (Gulliver 1979, S. 65). Dazu untersuchte Gulliver einerseits Verhandlungen in Ost-Afrika und andererseits in Nordamerika. Dadurch weist das Verhandlungsmodell einen trans-kulturellen Charakter auf, wodurch die Reichweite des Modells durch den universalen Charakter erweitert wird. „My primary concern here, however is to make cross-cultural, sociological comparison in the search for sharper conceptual tools as a preliminary to the detailed examination of the process of negotiation” (a.a.O., S. 33) Gulliver entwickelte aufgrund seiner Untersuchungen zwei Verhandlungsmodelle. Einerseits beschreibt er Zyklen des Verhandelns. Diesbezüglich zeigt er Informationsflüsse, Interaktionsmuster, Lern- und Anpassungsprozesse auf. Andererseits zeigt er aufeinander folgende Phasen einer Verhandlung und damit den Ablauf und die Entwicklung einer solchen. Die beiden Modelle werden weiter unten detaillierter präsentiert und besprochen.

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4.3.1 Konzeptionalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells (ZVM) nach Gulliver

Verhandlungsprozesse basieren auf vier grundlegenden Merkmalen: Informationsaustausch, Präferenzen, Erwartungen und taktischen Entscheiden. Auf diesen vier Faktoren bauen auch das weiter unten beschriebene Phasenmodell, respektive die Verhandlung auf. Diese Grundmerkmale sollen in den folgenden Abschnitten erläutert werden.

4.3.1.1 Informationsaustausch

Eine unabdingbare Grundlage jeglichen Verhandelns sind Informationen. „Information exchange is a crucial element of joint problem solving“, wie Pruitt und Carnevale (Pruitt and Carnevale 1993, S. 42) ergänzen. Des Weiteren lässt sich durch Informationen Verhandlungsmacht aufbauen. Denn je genauer die zu Verfügung stehenden Informationen über Verhandlungspartner, -objekt, Verhandlungskontext etc. sind, desto genauer lassen sich die eigenen Präferenzen, Erwartungen und Verhandlungsziele sowie die des Gegenübers definieren. „Je mehr sie über ihn [den Kontrahenten] wissen, desto besser sind ihre Chancen, ihn zu beeinflussen“ (Ury 1992; McCormack 2001, S. 50), wie es William Ury ausdrückt. Eine Art Dilemma besteht zwischen den verhandelnden Parteien, denn beide wollen und brauchen voneinander möglichst viele Informationen, ohne aber selber welche abgeben zu wollen, damit die eigenen Ziele erreicht werden, aber nicht bekannt gemacht werden können. Wie Studien zeigen, gilt es jedoch zu beachten, dass das Verhalten in Verhandlungen reziprok ist (Lewicki and Litterer 1985). Wenn sie demnach Informationen abgeben, werden sie auch eher welche erhalten. Bazerman und Neale postulieren zwölf Strategien, um an die richtigen Informationen zu gelangen (Bazerman and Neale 1992, S. 89ff). Beide Parteien versuchen möglichst viele Informationen bezüglich der wirklichen Erwartungen und Minimalforderungen zusammenzutragen. Wie viel wird von den eigenen Präferenzen und Prioritäten preisgegeben? Wie viel sind Informationen über die Erwartungen und Präferenzen der Konkurrenten im Austausch wert? Ohne Vertrauen werden auch keine relevanten Informationen ausgetauscht, da die Angst vor Missbrauch überwiegt (Kimmel, Pruitt et al. 1980).

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ABB. 4-06: GULLIVERS ZYKLISCHES PHASENMODELL

Durch diesen ständigen Informationsfluss zwischen den Verhandlungspartnern sind die Präferenzen und Erwartungen einer ständigen Anpassung unterworfen. Eine Verhandlung besteht in diesem Sinne aus Kommunikations-, Lern- und Anpassungszyklen. Die Partei P gibt dem Verhandlungspartner O Informationen ab. Partei O nimmt diese Informationen wahr und interpretiert sie, was zu einer Informationsabgabe von O an P nach sich ziehen kann, welche nun ihrerseits wiederum wahrnimmt, interpretiert, evtl. eigene Ziele neu definiert und informiert (Gulliver 1979, S. 81). Ziel dieser Informationsabgaben ist immer der Versuch, die Ziele beider Parteien soweit anzunähern, dass eine Einigung möglich wird. Diesen Zyklus zwischen den Parteien P und O wird in der Abbildung 4-06.

4.3.1.2 Prioritäten-Sets

Ein erstes, zentrales Problem, das sich nach dem Beschluss zur Verhandlung stellt, ist, welche Präferenzen und Prioritäten gesetzt werden wollen und unter Kenntnisnahme der gegnerischen Partei gesetzt und verfolgt werden können. Ein zweites Problem entsteht durch unbestimmbare Faktoren, die eine genaue Festlegung der Präferenzen und Prioritäten verhindern. Durch den bereits beschriebenen zyklischen Informationsfluss lassen sich diese erst im Verlauf der Verhandlung klären, wodurch die Prioritäten und Präferenzen einer ständigen Anpassung unterliegen. „The principal sources of uncertainty and inconsistency are inherent in a range of problems that, singly and together, are not completely resolvable by the time of the culminating outcome“ (Gulliver 1979, S. 90).

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Gulliver zeigt aber Strategien zur Prioritätenfestlegung auf, die der folgenden Tabelle 4-10 zu entnehmen sind. Die eigenen Präferenzen und deren Realisierungswahrscheinlichkeit zuerst evaluieren.

Die verschiedenen Verhandlungspunkte und Verhandlungspakete vergleichend bewerten.

Die Ziele der Gegenpartei kennen und die diesbezüglichen eigenen Stärken einschätzen.

Äussere Einflüsse auf den Verhandlungsablauf abschätzen.

Die Wirksamkeit von normativen Regeln und Werten antizipieren.

Die Kosten für verschiedene Verhandlungsergebnisse vergleichen. TAB. 4-10: STRATEGIEN ZUR PRIORITÄTENFESTLEGUNG NACH GULLIVER

Wenn eine Verhandlung aber trotzdem erfolgreich gestaltet werden soll, müssen beide Parteien beim Festlegen der eigenen Prioritäten diese partielle Ungewissheit anerkennen und in den Prozess miteinbeziehen. Gulliver hat dieses Problem der Unsicherheit beim Festlegen der Prioritäten und wie die Parteien damit umgehen, untersucht und dabei festgestellt, dass Verhandelnde dieses Unwissen und die Unsicherheit zu einem grossen Teil auszublenden vermögen. „Negotiators gradually become prepared to ignore a great deal and to adopt an assumed certainty in the face of otherwise intractable potence” (Gulliver 1979, S. 60). Daraus lässt sich folgern, dass die konkreten Präferenzen und Prioritäten erst im Verlauf der Verhandlung entwickelt werden können. Denn die unvollständigen Prioritäten-Sets sind permanenter Anpassung unterworfen und werden durch stets neu eintreffende Informationen adaptiert. Dadurch entsteht im Verlauf des Prozesses ein immer ausgereifteres Prioritäten-Set. Gulliver schlägt, bei einer flexiblen Handhabung der Bestimmung der Ziele, des Weiteren eine „Drei-Fokus-Strategie“ vor (a.a.O., S. 101ff.). Die Partei muss sich erstens über ihr Minimalziel in der Verhandlung im Klaren sein13. Zweitens sollte sie ein „vernünftiges“ Maximum für sich definieren, das den vermuteten Ressourcen der anderen Partei entspricht. Zudem sollte sich die verhandelnde Partei drittens auch eine Vorstellung davon machen, wie ein wünschenswertes Ergebnis zwischen Minimum und Maximum aussehen könnte.

13 Dieses Minimal-Ziel entspricht etwa dem BATNA, der Best Alternative to a Negotiated Agreement (Fisher, Ury et al. 2001, S. 143ff).

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Dieses wünschenswerte Ergebnis, das Gulliver umzeichnet, kann als „Zone of possible Agreement“ (Saner 1997, S. 41) beschrieben werden. Dieses Minimum und Maximum kann, wie bereits erwähnt, durch neue Informationen während der Verhandlung immer wieder Anpassungen unterliegen.

4.3.1.3 Erwartungen an die Gegenseite

„The difficulty really lies in getting behind the opponent’s overt demands and discovering what he might be prepared to agree to, what his expectations aims are“ (Gulliver 1979, S. 108). Stets muss sich die Partei die Prioritäten und Ziele der Gegenpartei vor Augen halten und in ihr eigenes Verhandlungs-Kalkül miteinbeziehen. Die eigenen Ziele stehen demnach in direkter Abhängigkeit von den Zielen der Gegenpartei. Da die Erwartungen in einer Verhandlung eng mit den Interessen korrespondieren, ist es ratsam, die selben Strategien zu verfolgen, wie wenn man integrative Verhandlungsergebnisse anstrebt. Diesbezüglich sei auf die Strategien von Bazerman und Neale verwiesen (1992, S. 89ff). So darf auch für die Erkundung der Erwartungen vor allem auf häufiges Fragen hingewiesen werden. Denn Verhandlungsführer, welche nach Informationen fragen, erhalten auch eher welche (Roloff and Campion 1987; Thompson 1991). Ein zumeist unterschätzter und wenig erforschter Punkt im Verhandlungsprozess ist die Vorbereitung und Planung der Verhandlung (Roloff and Jordan 1991; Rackham and Carlisle 1978), die sehr stark mit den Erwartungen und „Outcomes“ (Bass 1966) zusammen hängt. Je nach Erwartungen an eine bevorstehende Verhandlung wird diese unterschiedlich seriös geplant und dies obwohl „preparation and planning the most important parts of negotiation (are)“, wie Lewicki und Litterer beobachtet haben (Lewicki and Litterer 1985, S. 47). Bazerman und Neale unterstreichen die Wichtigkeit, in Unterschieden der Erwartungen Chancen bezüglich integrativen Lösungen zu sehen. „Use differences of expectations to create mutually beneficial perceived trade-offs” (Bazerman and Neale 1992, S. 95).

4.3.1.4 Taktische Entscheidungen

Durch die Taktik entscheidet sich auch, welche Informationen an die gegnerische Partei abgegeben werden und wie man an Informationen gelangt. Prinzipiell verfügt jede Partei über unzählige zur Verfügung stehende Taktiken und

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Verhaltensweisen während einer Verhandlung. Gulliver erachtet sieben solcher Taktiken als relevant. „One possibility is to concentrate on obtaining further information from the opponent rather than given information about one’s own position“ (Gulliver 1979, S. 109). Die Partei kann Kooperation vortäuschen, indem sie wichtige Informationen abgibt; dadurch signalisiert sie Offenheit. Dies kann Stärke zum Ausdruck bringen, vice versa aber auch als Schwäche aufgefasst werden. Eine weitere Taktik stellt das Vorgehen dar, bei dem die Partei von einem ungeliebten Thema ablenkt, um die eigenen Schwächen zu verdecken oder bestimmte Entscheide hinauszögern zu können. Die Partei kann sich von der Sachebene weg, hin zur Beziehungsebene bewegen, indem Freundschaft oder Feindschaft signalisiert wird. „An avowed tactic is to reciprocate the manner of information giving by the opponent: to offer antagonism for antagonism...“ (a.a.O., S. 110f.). Eine zentrale Taktik ist die Konzentration auf die Interessen der gegnerischen Partei. Durch dieses Vorgehen erhält die Partei voraussichtlich mehr Informationen, wodurch auch die Möglichkeit zu einer Manipulation bezüglich Änderung ihrer Einstellungen und Erwartungen leichter fallen kann. Die letzte von Gulliver vorgeschlagene Taktik rät, Konzessionen zu machen. Dadurch signalisiert die Partei dem Gegenüber wiederum Offenheit und ein Entgegenkommen. Die Frage, wann man Konzessionen machen soll, muss gestellt werden und Gulliver verweist darauf, dass je länger die Verhandlung dauert und je näher sich die Parteien dem Ende nähern, desto weniger Taktiken stünden zur Verfügung. „Toward the end, tactical choice becomes almost a joint choice as coordination increases“ (a.a.O., S. 112). Es macht wohl wenig Sinn, gegen Ende einer Verhandlung der gegnerischen Partei mit Feindschaft entgegenzutreten. Das zyklische Verhandlungs-Modell hilft, den Verhandlungsprozess besser zu verstehen. Es macht keine expliziten Aussagen, wie eine Verhandlung erfolgreicher gestaltet und abgeschlossen werden kann. Dies entspricht aber auch nicht der Intention Gullivers. Das Modell hilft vielmehr, ein Verständnis der Grundlagen einer Verhandlung zu erlangen und mit diesem Hintergrund möglicherweise professioneller verhandeln zu können (Gulliver 1979, S. 116). Im folgenden Absatz sollen Kausalbeziehungen aus den theoretischen Überlegungen zum zyklischen Verhandlungsmodell nach Gulliver gezogen werden.

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4.3.2 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen von Verhandlungszyklen und –Erfolg

Aufbauend auf den vorangegangenen Abschnitten des Zyklischen Verhandlungsmodells (ZVM) sollen im Folgenden die in dieser Studie zu analysierenden Hypothesen generiert werden. Gullivers ZVM soll einerseits in einem neuen Kontext getestet werden und dies andererseits mit neuen Methoden. So analysierte Gulliver mit qualitativen Methoden zunächst in Afrika Stammesverhandlungen. Verglichen wurden diese mit Industrieverhandlungen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die vorliegende Studie bedient sich quantitativer Methoden und ist im Verkauf angesiedelt. Wie im Absatz über rationales Verhandeln und das Harvard-Konzept bereits erwähnt wurde, steht im Zentrum dieser Studie die Überlegung, Verhandlungen für die Praxis erfolgreicher zu machen. Verspricht die Anwendung eines bestimmten Verhandlungsmodells effektiv auch Erfolg in Verhandlungen? Deshalb wird das deskriptive zyklische Verhandlungsmodell von Gulliver in sieben Faktoren („Informationen“, „Informationen von Drittparteien“, „Wahrnehmung“, „Strategie“, „Erwartungen“, „Prioritäten/Anpassung“ und „Taktik“) zerlegt und in einem Wirkungsmodell zusammengeführt. Das Wirkungsmodell als solches wird in Kapitel 5 und 5 detailliert aufgezeigt und ausgeführt. Im vorliegenden Absatz sollen nur die Kausalbeziehungen in der untenstehenden Abbildung 4-07 zwischen den sieben Faktoren und Verhandlungserfolg aufgeführt werden. Zunächst gilt es zu untersuchen, ob diese sieben Faktoren wie theoretisch beschrieben in der Verhandlungsrealität beobachtbar sind und sich wie in der Theorie unterscheiden lassen. Hypothese 1: Das Zyklische Verhandlungsmodell hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg. Hypothese 2: Der Faktor „Informationen“ bildet eine relevante Teilkomponente des

Zyklischen Verhandlungsmodells. Hypothese 3: Der Faktor „Informationen von Drittparteien“ bildet eine relevante

Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells. Hypothese 4: Der Faktor „Erwartungen“ bildet eine relevante Teilkomponente des

Zyklischen Verhandlungsmodells.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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Hypothese 5: Der Faktor „Strategie“ bildet eine wichtige Teilkompetenz des Zyklischen Verhandlungsmodells.

Hypothese 6: Die Teilkomponente „Anpassung“ bildet eine relevante Teilkomponente des ZVM.

Hypothese 7: Der Faktor „Taktik“ bildet eine relevante Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver.

ABB. 4-07: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DAS ZVM

Nachdem geklärt wird, ob die einzelnen Elemente des zyklischen Verhandlungsmodells effektiv beobachtbar sind oder nicht, soll untersucht werden, wie die Ausprägungen der Elemente im Verkauf sind. Denn es gilt anzunehmen, dass die Faktoren bei Verkaufsverhandlungen zwar beobachtbar sind, die Schwerpunkte sich jedoch verschieben. Durch das neue Setting des Verkaufes sollen in Bezug auf das zyklische Verhandlungsmodell die Zusammenhänge der einzelnen Faktoren neu untersucht und analysiert werden. Gullivers Kernfaktor besteht im Informationsaustausch. Lässt sich dies für Verkaufsverhandlungen bestätigen oder liegen die Schwerpunkte bei einem anderen Faktor? Es soll aufgezeigt werden, wie diese zusammenhängen und ob sich Unterschiede zum Modell Gullivers festmachen lassen. Die Intention von Gulliver war die Entwicklung eines zyklischen und prozessorientierten Modells, das Verhandlungen möglichst genau beschreibt. Diese Dissertation verfolgt dahingegen das Ziel, auf der Basis von Gullivers Modellen aufzuzeigen, ob das Modell so auch für Verkaufsverhandlungen gelten kann und darüber hinaus auch erfolgsversprechend ist. Ferner soll aufgezeigt werden, welche Faktoren für Verhandlungserfolg unabdingbar sind. In den folgenden Abschnitten werden die Phasen des Verhandelns nach Gulliver beschrieben, konzeptionalisiert und spezifiziert und daraus wiederum Hypothesen abgeleitet und formuliert.

4.3.3 Konzeptionalisierung des Phasen-Verhandlungsmodells nach Gulliver

Das zweite Modell im Rahmen von „Disputes and Negotiations“ beschreibt acht Phasen der Verhandlung. Phasenmodelle zeigen, “how interaction changes over

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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time, how the longitudinal structure of negotiation is related to input and outcome variables, and how interventions (such as change of bargainers) influence the development of a negotiation” (Holmes 1992, S. 83f). Die Unterteilung einer Verhandlung in aufeinander folgende Phasen soll helfen, die Komplexität und die Entwicklung einer Verhandlung zu erfassen. Gullivers deskriptives Phasenmodell unterscheidet acht aufeinander folgende Phasen, die sich in Länge und Dynamik qualitativ voneinander unterscheiden lassen. Sie können sich einerseits wiederholen oder gar überlappen, da die Phasen schwierig voneinander zu unterscheiden oder klar zu trennen sind. „Phases can overlap and shade into one another because exact boundaries between phases are arbitrary”, wie auch Holmes (1992, S. 94) ausführend unterstreicht. „Each phase in my model represents an analytically distinguishable set of interaction, exchange of information, learning, and, in effect, purpose of the negotiators“ (Gulliver 1979, S. 172). Die verschiedenen Sequenzen werden im Hinblick auf die innere Dynamik zwischen antagonistischen und koordinierenden Elementen hin unterschieden. So herrscht in den ersten drei Phasen eine antagonistische Dynamik, die ab Phase vier durch eine kooperative abgelöst wird. In den folgenden Abschnitten sollen die acht Phasen in Abbildung 4-08 beschrieben werden:

ABB. 4-08: PHASENMODELL NACH GULLIVER

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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4.3.3.1 Vor der Verhandlung

Zwei oder mehrere Parteien mögen anerkennen, dass verhandlungswürdige Probleme bestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass es auch zu einer Verhandlung kommen muss. Denn zuerst müssen sich die beteiligten Parteien darüber einig sein, dass dieses Problem zweitens nicht unmittelbar lösbar ist und dass drittens ein „gemeinsamer“ Weg erwünscht ist. Bevorzugt allerdings eine Partei den Status Quo oder beurteilt die Situation anders oder falsch, wird sie nicht in eine Verhandlung einwilligen. Stimmen die Parteien aber einer Verhandlung zu, so müssen sie sich über einen Verhandlungsort einigen.

4.3.3.2 Phase 1: Die Suche nach einer Verhandlungsarena

Die Wahl des Verhandlungsortes wird meist unterschätzt (Hartig 1995, S. 35ff), kommt dem Verhandlungsort unter Umständen doch eine grosse symbolische Bedeutung zu. So wird die Verhandlung um den Verhandlungsort zumeist nicht als an eine erste Verhandlung wahrgenommen. Einerseits bietet diese Phase die Möglichkeit, Kooperation zu demonstrieren, andererseits kann sie aber auch dazu ausgenutzt werden, die Verhandlung zu verzögern oder geringe Flexibilität und damit Kompetition und Macht an den Tag zu legen. „The preference for a particular arena, or the aversion to another one, is not primarily a matter of the physical location of meetings, though that may have symbolic significance or offer certain kinds of facilities. Rather, the choice refers to the kind of social and cultural rules, assumptions, and predispositions an arena prescribes” (Gulliver 1979, S. 124f.). Auch Saner misst der Auswahl des Verhandlungsortes und der räumlichen Gestaltung eine wichtige taktische Rolle zu (Saner 1997, S. 141). Karrass (1980) führt diverse Taktiken und Strategien auf, die durch die geschickte Wahl des Verhandlungsortes zu einem Vorteil gelingen können.

4.3.3.3 Phase 2: Agenda-Setting / Bestimmung der Verhandlungspunkte

Ziel der zweiten Phase ist es, sich über Verhandlungspunkte zu einigen. „The problem of agenda formulation is not only a matter of what issues are to be negotiated. Some issues are capable of being defined in more than one way. Each

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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party, insofar as he is aware of this, seeks the definition and the associated rules, values, and interests that seem most advantageous to him” (Gulliver 1979, S. 129). Dies führt in vielen Fällen bereits zu einem Kräftemessen zwischen den Parteien, denn jede Partei versucht, zum Teil sehr emotional, ihre Verhandlungspunkte einzubringen und die Anliegen der gegnerischen Partei zu unterdrücken. Damit diesen Problemen entgegen gewirkt werden kann, schlagen Bazerman und Neale folgendes Vorgehen vor: „Instead of using rigid issue-oriented agendas, managers in mixed-motive groups should use agendas that structure the general problem-solving process: (1) identify priorities, (2) reveal individual interests, and (3) suggest creative approaches to solving the problems (Bazerman and Neale 1992, S. 136f). Auch Saner (Saner 1997) betont die Wichtigkeit der ersten beiden Phasen der Verhandlung, welche die Planung der Verhandlung betreffen und zitiert diesbezüglich Winham (Winham 1979), der empirisch aufgezeigt hat, dass die Planung mehr als die Hälfte des Erfolgs oder Misserfolgs einer Verhandlung ausmacht.

4.3.3.4 Phase 3: Exploration des Feldes

Nachdem die Parteien in den ersten beiden Phasen ihre relative Verhandlungsstärke zeigen konnten, welche im Übrigen den weiteren Verlauf einer Verhandlung stark beeinflussen kann, beginnt in Phase 3 die eigentliche Verhandlung. Phase 3 ist von starken Widerständen und Antagonismus geprägt; dies zeigt sich auch daran, dass die Parteien noch nicht daran interessiert sind zu kooperieren. Es dominiert die Darstellung der eigenen Positionen und Interessen; es werden keine konkreten Verhandlungsziele genannt, aber bestimmte Intentionen müssen trotzdem durchsickern, damit die andere Verhandlungspartei erfährt, wo die Gegenseite ungefähr steht. „There is a wide and freeranging reference to (…) everything on the agenda and, in effect, of more or less anything and everything touching the parties’ statuses, relationships, past histories, and future prospects. In short, anything is brought into the arena that may conceivably be relevant and advantageous” (Gulliver 1979, S. 137) Unterschiede werden betont, Emotionen wie Wut und Feindseligkeit formuliert, wodurch die Positionen der Parteien in dieser Phase oft weiter voneinander entfernt sind als zu Beginn der Verhandlung. Deshalb ist diese Phase

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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so wichtig, gerade weil sie den Parteien negative Gefühle, Wut und Feindseligkeiten zu formulieren erlaubt. Das Ausleben dieser Emotionen und überrissenen Forderungen, bringt die Parteien wieder näher zusammen, weil eingesehen wird, dass ansonsten keine Lösung gefunden werden kann. Zuletzt ermöglicht diese Phase ein erstmaliges Ausloten der ungefähr reellen Verhandlungszone (a.a.O., S. 135ff).

4.3.3.5 Phase 4: Die Verkleinerung der Unterschiede

In Phase 4 der Verhandlung beginnen die Parteien, mögliche Ergebnisse ins Auge zu fassen. Durch die Expression der übertriebenen Forderungen und Emotionen in Phase 3, erscheint den Parteien die gegnerische Seite, deren Intentionen, Vorstellungen und Prioritäten klarer. Die Interaktion wechselt allmählich oder rasant von antagonistisch zu koordinativ und kooperativ. Zumeist werden im Zuge dieses Wechsels auch die ersten realistischen Offerten und Forderungen getätigt. „In any event, sooner or later the parties begin to propose real offers and demands, often with considerable modification of their previous attentions” (a.a.O., S.142). Dieser Wechsel von kompetitivem zu kooperativem Verhalten, sowie miteinander verflochtene Fragen mit dem Ziel, eine Einigung zu erreichen, führt zu hoher Komplexität. Damit diese Komplexität reduziert werden kann, schlägt Gulliver fünf Strategien vor, die im Folgenden beschrieben werden: 1) „Agenda Method“ Bei der Agenda-Methode wird eine Traktandenliste festgelegt und ein Punkt nach dem anderen diskutiert. Durch die Auflistung der einzelnen Traktanden wird die Komplexität reduziert und ermöglicht ein effizientes Vorgehen. „Issues in dispute are merely taken, one at a time, in the order already prescribed by the agenda and treated and settled separately. Altough this may commonly succeed for decision making in committees and conferences, it can rarely work in negotiations” (a.a.O., S. 143). Diese “joint strategy” hat den Nachteil, dass sie vor allem bei komplexen Verhandlungen nicht einsetzbar oder zumindest sehr beschränkt anzuwenden ist, da die Verhandlungspunkte oft miteinander verbunden und schwierig voneinander zu trennen sind.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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2)„Die Einigung über die Hauptpunkte“ Die Strategie, sich über die Hauptpunkte zu einigen, wird gewählt, wenn die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei Übereinstimmung bezüglich der Hauptpunkte die restlichen Probleme einfacher zu bewältigen sind. „The major difficulty here is to gain agreement as to which are the most important issues“ (a.a.O., S. 144). Dadurch soll und kann verhindert werden, zu Beginn einer Verhandlung Ressourcen durch relativ unwichtige Verhandlungspunkte zu verlieren, ohne dass sich die Parteien schlussendlich einigen werden. Wird jedoch bereits zu Beginn klar, dass keine Einigung bezüglich der Hauptpunkte gefunden werden kann, so kann die Verhandlung direkt abgebrochen und dadurch Kosten gespart werden. 3) „Die Reduktion auf ein gemeinsames Ziel“ Bei der dritten postulierten Strategie soll die Komplexität dadurch reduziert werden, indem die Verhandlung auf ein gemeinsames, dominantes Ziel hin bewertet und interpretiert wird. Diese Ziele können unter anderem monetären, zeitlichen oder auch beziehungsrelevanten Charakter aufweisen. „In essence, this method, by its procedure of simplification, enables the parties to compare and measure what were initially perceived as unlike and incommensurable items“ (a.a.O., S. 145). Des Weiteren hilft diese Strategie Forderungen und Verhandlungsziele der Parteien anzugleichen und verhandelbar zu machen. 4)„Fokus auf weniger schwierige Punkte legen“ Hier werden zunächst die Punkte verhandelt, bei denen die Differenzen eher klein und schnell überbrückbar sind. „It can keep the negotiation going, preventing a deadlock on the more difficult issues which could lead to a breakdown“ (a.a.O., S. 146). Die Parteien wenden sich erst später den grossen Themen und Differenzen zu. Somit wird es ihnen ermöglicht, eher auf Emotionen zu verzichten und dem Gegenüber „Wohlwollen“ durch Kooperation zu demonstrieren, da eine Einigung bei diesen Verhandlungspunkten weniger schmerzhaft ist.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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5) „Trading of issues“ Das Aushandeln von Verhandlungspunkten ist eine weitere gemeinsame Strategie im Dienste der Komplexitätsreduktion. Es kann sehr effektiv sein, wenn die Partei P vorschlägt die Punkte A und B fallen zu lassen, wenn Partei O ihrerseits die Verhandlungspunkte X und Y von der Agenda streicht. „We give way on this issue if you will concede on that one; we agree to compromise on one if you will agree to do the same on another“ (a.a.O., S. 147). Diese fünf Strategien weisen Gulliver zufolge keinen normativen Charakter auf. Der Grund, weshalb er diese aufführt, liegt darin, dass die Parteien die Komplexität reduzieren müssen. Es braucht eine Struktur; es braucht Methoden und Techniken, welche es den verhandelnden Parteien erleichtern, die komplexe Situation zu meistern. Durch die Komplexitätsreduktion wird den Parteien auch ermöglicht, zur Kooperation überzugehen und dies trotz der zum Teil immer noch grossen Differenzen und gezeigten Emotionen. „Nevertheless, as Phase 4 proceeds, negotiators come to control themselves more carefully in order that a still somewhat precarious reorientation is not upset and, therefore, that impetus toward agreement is not halted” (Gulliver 1979, S. 151).

4.3.3.6 Phase 5: Vorbereitung zur Schlussverhandlung

Nachdem in Phase 4 die Differenzen zwischen den Parteien genau definiert, ein Fundament für Kooperation gelegt und eine Strategie bezüglich der zu verhandelnden Punkte ausgearbeitet wurde, ist das Ziel der fünften Phase, die Differenzen noch klarer zu definieren und eine Einigungszone (Walton and McKersie 1965) festzulegen. „With the parties’ differences more starkly revealed and the issues reduced to a small number, the parties can come to final bargaining“ (Gulliver 1979 S. 153). Es geht nun darum, eine Zone möglicher Ergebnisse, die sogenannte “viable bargaining range”, festzulegen. Zwei Problemfelder müssen in Phase 5 bewältigt oder umgangen werden: Zum Einen besteht die Möglichkeit, dass die Verhandlungsgrenzen nicht so genau definiert werden können und zum Anderen kann es vorkommen, dass die Parteien immer noch nicht bereit sind, verhandlungsrelevante Informationen abzugeben. Allenfalls müssen noch weitere Differenzen aufgezeigt und beseitigt werden und zu guter Letzt muss die

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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„bargaining formula“, die Kriterien, welche für die Schlussverhandlungen gelten, ausgemacht werden.

4.3.3.7 Phase 6: Die Schlussverhandlung

Mit Beginn dieser Phase müssen beide Seiten ein klares Präferenzenset haben und sich über die eigenen und die Erwartungen der Gegenseite im Klaren sein. Einigungsvorschläge sind entweder schon als Position von früher bekannt oder sie sind neue entgegenkommende und ernstzunehmende Konzessionen. Kann eine Partei einer Forderung nicht entgegenkommen, so wird dies nun nicht mehr als Feindseligkeit oder Bluff wahrgenommen und interpretiert, sondern als ein echtes „Nicht-können“. Vier Situationskonstellationen können sich nach Gulliver ergeben: 1) Die „viable bargaining range“ ist mittlerweile so klein geworden, dass eine Einigung wahrscheinlich relativ schnell getroffen werden kann. 2) Die „viable bargaining range“ ist zwar eingeengt, aber es gibt noch viele kleine Detailfragen zu klären. Dies wird eine schnelle Einigung verzögern. 3) Die „viable bargaining range“ ist noch sehr weit offen. Die Parteien haben die Grenzen des Verhandlungsfeldes abgesteckt, aber es bestehen noch grosse Differenzen, die mit grösster Wahrscheinlichkeit noch Verhandlungen nach sich ziehen. 4)Die Parteien vermochten keine Einigungszone zu lokalisieren. Die Verhandlung wird voraussichtlich scheitern, obwohl die Parteien einander Offerten und Vorschläge unterbreitet haben. Es herrscht immer noch eine Stimmung von Ignoranz und Feindseligkeit. Gulliver erwähnt abschliessend, dass das häufigste Interaktionsmuster in dieser Phase jenes ist, bei der sich die Parteien gegenseitige Konzessionen zugestehen. „My conclusion is that, in real-life conditions, it is not possible to foretell the particular outcome in negotiations by reference to specific rules of behavioral interaction and rational choice, nor is it possible retroactively to perceive an outcome as specifically determined. Outcomes are inevitably the result, in part, of nonrational choices in what might otherwise be impossibly difficult situations to resolve.” (a.a.O., S. 168)

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Die Konzessionsbereitschaft der beiden Parteien hängt stark von der Beziehung, dem Vertrauen, den spezifischen Erwartungen und der verfügbaren Zeit ab. Diese Einflüsse verhindern, dass Verhandlungsführer rational handeln14. „The variable factors involved, including apparently inchoate subjective ones, are so numerous and permutational that an actual bargainer can not „rationally“ deal with them, especially in the face of his opponent and under the stress of negotiations“ (Gulliver 1979, S. 167).

4.3.3.8 Phase 7: Ritual confirmation

Haben sich die Parteien in der Einigungszone gefunden, so wird diese Einigung durch ein Ritual (Verträge, Umarmen, Hände schütteln und dergleichen mehr) besiegelt. Vielfach wird durch einen gemeinsamen Schritt an die Öffentlichkeit die Einigung in der Verhandlung besiegelt. „The point of importance, however, is that the outcome is marked in some form or other and there is an expression of collaboration and agreement“ (a.a.O., S. 169). Erstaunlicherweise finden sich zu diesem Prozessabschnitt keine Untersuchungen. Da Verhandlungen aber wie weiter oben diskutiert, zyklisch und nicht abschliessend betrachtet werden müssen, sei auf die Wichtigkeit des Beziehungsmanagements bei Verhandlungen (Salacuse 1998) hingewiesen. Gerade in transkulturellen Verhandlungen nimmt Beziehungsmanagement eine evident wichtige Rolle ein (Gulliver 1979; Graham and Sano 1984; Graham 1985; Campell, Graham et al. 1988). Denn nach Salacuse (1998) soll bei einer Verhandlung nicht nur das Ergebnis sondern auch die Beziehung maximiert werden. Dies kann gerade bei der rituellen Bestätigung des Verhandlungsergebnisses relativ leicht erfolgen.

4.3.3.9 Phase 8: Durchführung

Bevor die achte von Gulliver postulierte Phase in Kraft tritt, soll Raiffa (Raiffa 1985) mit seinem „post-settlement settlement (PSS) erwähnt werden. Dieser wirft die Frage nach der Güte des Verhandlungsergebnisses auf. Ist dieses auch wirklich für beide Parteien das bestmögliche Verhandlungsergebnis? Diesbezüglich besteht nach Raiffa die Möglichkeit, die Agreements durch eine unabhängige, objektive dritte Partei überprüfen zu lassen. Dadurch wird in den Verhandlungsprozess 14 Kognitionspsychologische Aspekte von Verhandlungen werden in Kapitel 4.2 erläutert.

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unweigerlich ein grosses Mass an Rationalität eingebracht und die Wahrscheinlichkeit, ein pareto-optimales Verhandlungsergebnis auszuarbeiten steigt. Auch Bazerman, Russ et al. unterstreichen den Einbezug von PSS bei der Überprüfung oder Suche von integrativen Verhandlungsergebnissen (Bazerman, Russ et al. 1987). Mit der siebten Phase ist die Arbeit für die Verhandlungsspezialisten eigentlich erledigt. Die Durchführung der ausgehandelten Resultate sollen wiederum Spezialisten übernehmen. Die Umsetzung soll zeitlich möglichst eng an die Phase 7 gegliedert sein und nicht erst viel später durchgeführt werden, weil dadurch die Gefahr vermieden wird, dass die Verhandlungspunkte noch einmal auf den Tisch kommen könnten. Diesbezüglich unterscheidet Salacuse drei Arten von Nachverhandlungen: „The three situations are: post-deal renegotiations; intra-deal renegotiations; and extra-deal renegotiations“ (Salacuse 2001, S. 312).

4.3.4 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen den Phasen des Verhandelns und Verhandlungserfolg

Nach den Ausführungen zu den Phasen des Verhandelns nach Gulliver sollen in diesem letzten Absatz des vierten Kapitels analog zu den Abschnitten 4.1 und 4.3 die Untersuchungshypothesen in Bezug auf Gullivers Phasenmodell aufgeführt werden. Das Wirkungsmodell des Phasenmodells wird in den Kapiteln 5 und 6 auf- und ausgeführt. Dafür wird das deskriptive Phasenmodell von Gulliver in sieben Faktoren (Phase 1 bis Phase 7) zerlegt und in einem Wirkungsmodell zusammengeführt. Im vorliegenden Absatz sollen nur die Kausalbeziehungen in der untenstehenden Abbildung zwischen den sieben Faktoren und Verhandlungserfolg aufgeführt werden. Zunächst gilt es zu untersuchen, ob diese sieben Faktoren wie theoretisch beschrieben in der Verhandlungsrealität beobachtbar sind und sich wie in der Theorie unterscheiden lassen, da Verkaufsverhandlungen einen distributiveren Charakter als die von Gulliver beschriebenen Verhandlungen besitzen. Verkaufsverhandlungen weisen nicht den gleich hohen Komplexitätsgrad aus, wie die von Gulliver beschriebenen Verhandlungen.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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Aus dieser Feststellung lassen sich die folgende Hypothesen formulieren: Hypothese 1: Das Phasenmodell nach Gulliver hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg Hypothese 2: Die Teilkompetenz „Suche nach einer Verhandlungsarena“ (Phase 1)

bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells. Hypothese 3: Die Teilkompetenz des „Agendasettings“ (Phase 2) bildet eine

relevante Komponente des Phasenmodells. Hypothese 4: Die Teilkompetenz der „Exploration des Feldes und der Expression

von Differenzen“ (Phase 3) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 5: Die Teilkompetenz der „Annäherung der Differenzen“ (Phase 4) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 6: Die Teilkompetenz des „Übergangs zur Schlussverhandlung“ bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 7: Die Teilkompetenz der „Schlussverhandlung“ bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 8: Der Faktor des „Einigungsritual“ bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

ABB. 4-09: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DIE PHASEN DES

VERHANDELNS NACH GULLIVER

Die erste Hypothese beschreibt den vermuteten Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung des Phasenmodells sensu Gulliver und Verhandlungserfolg. Hypothesen 2 bis 8 beschreiben hingegen die Zusammenhänge zwischen dem Phasenmodell und deren Teilkomponenten des Secondorder Konstrukts. Dabei wird zunächst vermutet, dass die einzelnen Teilkompetenzen einen Einfluss auf das gesamte Phasenmodell haben. Ferner werden aber auch Gewichtungen zwischen den Teilkompetenzen vorgenommen. Alle aufgeführten Wirkungszusammenhänge wurden in der gleichen schriftlichen Online-Befragung, wie bereits das Harvard-Konzept und das Zyklische Phasenmodell, eines internationalen Unternehmens im Befestigungssektor überprüft. Details zur Stichprobenstruktur werden im fünften Kapitel erläutert. Die Aufbereitung, Auswertung und Interpretation der Befragung sind Bestandteil der Kapitel fünf bis sieben.

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Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle

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Mit den hier in Untersuchungshypothesen mündenden Schlussfolgerungen über das Phasenmodell von Gulliver enden die theoretisch-inhaltlichen Ausführungen dieser Studie. Der zweite empirische Teil steht im Zeichen der Überprüfung der Untersuchungshypothesen der drei Wirkungsmodelle. Dazu werden zunächst in Kapitel 5 die wissenschaftstheoretischen Grundlagen und die Ausrichtung dieser Studie situiert. Diesbezüglich findet ein Diskurs zwischen dem kritischen Rationalismus, dem qualitativen Forschungsvorgehen und dem betriebswirtschaftlichen anwendungsorientierten Vorgehen statt. Daran schliessen Ausführungen zum empirischen Design dieser Analyse. Den Schluss des fünften Kapitels bildet zunächst ein Beschrieb des forschungsmethodischen Vorgehens dieser Studie, der in Ausführungen zur Datenerhebung der schriftlichen Online-Befragung mündet. Kapitel 6 steht ganz im Zeichen der Datenaufbereitung und –auswertung. Im ersten Absatz wird ein Überblick über das auswertungstechnische Vorgehen präsentiert, um daran im Anschluss im zweiten Absatz einige Grundlagen der Modellschätzung auszuführen. Darauf werden die drei Modelle operationalisiert. Die Ergebnisse der Strukturmodelle finden sich im vierten Absatz des fünften Kapitels, welches mit einer zusammenfassenden Betrachtung der Ergebnisse schliesst. Den Abschluss der Studie bildet Kapitel 7, das Implikationen für die Theorie und die Praxis entwickelt und einen Ausblick für zukünftige Forschung geben wird.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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5 Grundlagen und Methoden der Untersuchung In den folgenden Abschnitten des fünften Kapitels sollen zunächst die Grundlagen dieser wissenschaftlichen Studie dargelegt werden, insbesondere die wissenschaftstheoretische Situierung und Ausrichtung. Im Anschluss daran werden die drei entwickelten Wirkungsmodelle dargestellt. Die sich daraus ableitenden Untersuchungshypothesen, welche bereits im vierten Kapitel, im Anschluss an die jeweiligen Theoriekapitel, aufgelistet wurden, werden in Zusammenhang mit den Wirkungsmodellen erneut präsentiert. Den Abschluss dieses fünften Kapitels bilden die Ausführungen zum empirischen Design dieser Studie sowie die Darlegungen zum forschungsmethodischen Vorgehen und der Datenerhebung.

5.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen und Ausrichtung

Marketing als Wissenschaft der Sozialforschung emanzipierte sich in den fünfziger und sechziger Jahren zu einer eigenständigen Disziplin (Buzzell 1963). Der richtige Weg der Erkenntnis jedoch beschäftigt die Disziplin auch nach ihrer Emanzipation immer noch wie zu Beginn ihres Entstehens (Easton 2002, S. 103). Die Marketingforschung lässt sich in einer vereinfachten Beschreibung in zwei wissenschaftstheoretische Lager unterteilen: Zum Einen existiert die Schule, welche aus der Realität allgemeingültige, objektive Erkenntnisse in Form von empirisch überprüften Zusammenhängen und Wirkungsmodellen bereitstellen möchte (Kromrey 1983, S. 28). Die andere Schule argumentiert, dass die Sozialwissenschaft stets als subjektive Forschung betrachtet werden muss, da die Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes stets in einen sozialen Kontext eingebunden ist. Dadurch werden objektive Werturteile und generalisierende Aussagen verunmöglicht (Müller 2000, S. 136; Hunt 1993, S. 77). Diese beiden, in ihren extremen Ausprägungen, gegensätzlichen Forschungsrichtungen werden als quantitative und qualitative Forschung bezeichnet.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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5.1.1 Der kritische Rationalismus als Grundlage der empirisch-quantitativen Sozialforschung

Die empirisch-quantitative Sozialforschung basiert weitestgehend auf den Ideen des kritischen Rationalismus. Dieser wiederum fusst auf der Annahme, dass objektive Erkenntnis grundsätzlich gewonnen werden kann. Die Überprüfung von Hypothesen steht am Ende des analytisch-nomologischen Forschungsprozesses: Hypothesen sind Formulierungen und Vermutungen über Zusammenhänge des zu beobachtenden Gegenstandes. Diese Gegenstände sind Teile einer feststellbaren Realität, in der Gesetze und Strukturen existieren. Die Aufgabe der Wissenschaft besteht darin, diese Gesetze und Strukturen zu entdecken, Hypothesen zu formulieren und diese zu prüfen (Hildebrandt 2000, S. 36f). Das Testen der Hypothesen unterliegt allerdings Einschränkungen (Kromrey 1983, S. 14). Nach Popper (Popper 2002) weisen Hypothesen folgende Kriterien zwingend auf: • Hypothesen müssen sich auf die erfahrbare Welt beziehen. • Hypothesen müssen grundsätzlich an der Realität scheitern können;

Tautologien sind nicht zulässig. Popper geht davon aus, dass eine Verifikation grundsätzlich nicht möglich ist, da immer Zustände vorstellbar sind, welche die Aussage einer Hypothese widerlegen. Damit grenzt er sich auch von der induktiven Vorgehensweise ab, indem er verneint, dass ein Schliessen vom Speziellen auf das Allgemeine zulässig sei (Popper 2002, S. 13 f). Wie Hypothesen formuliert werden sollen, darüber geben Hildebrandt (Hildebrandt 2000) und Kromrey (Kromrey 1983) detailliert Auskunft. Nach der korrekten Formulierung der Hypothesen werden diese mittels adäquater statistischer Methoden an der Realität getestet. Diese Tests resultieren in der Annahme oder dem sogenannten Verwerfen der Hypothese. Das Ende des Forschungsprozesses besteht in der Identifikation von neuen relevanten Forschungslücken (Kromrey 1983, S. 35).

5.1.2 Das qualitative Forschungsvorgehen als alternativer Erkenntnisweg

Eine zweite Forschungsschule, die sich neben der quantitativen etabliert hat, ist die qualitative, welche sich an fünf Postulaten qualitativer Forschung orientiert. Sie

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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betont erstens die Subjektbezogenheit jeder Analyse und zweifelt an objektiv erschlossener Erkenntnis wie dies die quantitative Forschung anstrebt (Mayring 1996, Flick 1998). Gegenstand humanwissenschaftlicher Forschung ist stets der Mensch. Damit diesem komplexen Forschungsgegenstand Rechnung getragen werden kann, schlägt die qualitative Forschung einen anders strukturierten Forschungsprozess vor. An dessen Anfang steht als zweites Postulat die „genaue und umfassende Beschreibung des Gegenstandsbereiches“ (Mayring 1996). Damit einher geht auch die Forderung nach Einbezug von Daten verschiedener Quellen. Diese Daten sowie der Untersuchungsgegenstand erschliessen sich dem Forscher nie vollumfänglich, wodurch diese stets durch Interpretation erschlossen werden müssen. Dieses Postulat ist der Hermeneutik zu verdanken, die darauf hingewiesen hat, dass Forschung von Menschen betrieben immer mit subjektiven Intentionen verbunden sei. Das vierte Postulat qualitativer Forschung zielt auf das Umfeld, in welchem jene betrieben wird. Der Untersuchungsgegenstand soll nach Möglichkeit stets in seinem natürlichen und alltäglichen Umfeld untersucht werden und kritisiert damit die Verallgemeinerbarkeit von Laborexperimenten. Diese Verallgemeinerbarkeit ist eine weitere evidente Forderung: Aufgrund der Alltagsnähe und der Subjektbezogenheit stellt sich diese Verallgemeinerbarkeit nicht zwangläufig ein, deshalb muss sie sorgfältig und schrittweise begründet werden (Mayring 1996, S. 9ff, Lamnek 1988, S. 21ff). Das methodische Spektrum qualitativer Forschung reicht von qualitativen Interviews über Inhaltsanalyse bis hin zu diversen Formen der Beobachtung. Diese Art der Forschung verfolgt immer das Ziel, ein tiefes Verständnis einzelner Situationen zu erlangen (Lamnek 1989, S. 35ff). Eine häufig gebrauchte Methode in der betriebswirtschaftlichen Forschung ist die Fallstudienforschung (Yin 1994). Diese bietet sich vor allem zu Beginn einer Studie an. Durch diese Methode kann den explorativen Bedürfnissen einer Studie gerecht werden. Ein häufig proklamiertes Defizit der Fallstudienforschung liegt in der Generalisierbarkeit; deshalb sollten die aus einer Fallstudie gewonnenen Erkenntnisse in einer nachfolgenden quantitativen Studie überprüft und weiter untersucht werden (Lamnek 1989, S. 9; Eisenhardt 1989, S. 541).

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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5.1.3 Die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Sozialwissenschaft und der daraus resultierende Forschungsprozess

Ulrich zufolge soll die betriebswirtschaftliche Forschung anwendungsorientiert ausgerichtet sein (Ulrich 1981). Sein Wissenschaftsverständnis bestimmt zu grossen Teilen auch den Prozess dieses Forschungsprojektes. Nach Ulrich liegt das Bestreben betriebswirtschaftlicher Forschung nicht im Ziel, Grundlagenforschung zu betreiben, sondern praxisrelevante Probleme aufzugreifen und durch adäquate Lösungen diese in der Praxis zu verankern. Hypothesen werden induktiv aus relevanten, meist einzelfallbasierten Praxisproblemen generiert und bei fehlenden theoretischen Erklärungsmodellen weiter verfolgt (Ulrich 1981, S. 5). Einen alternativen Weg zu der begrenzten rein quantitativen oder rein qualitativen Marketingforschung zeichnet Tomczak (Tomczak 1992) auf. Eine sinnvolle Triangulation sowie ein adäquater Methoden-Mix verschiedener quantitativer und qualitativer Methoden wird als optimales forschungsmethodisches Vorgehen gesehen (Desphande 1983, S. 106, Tomczak 1992, S. 77, Jick 1979, S. 602), denn wie Chalmers (Chalmers 1999, S. 11f, Chalmers 2001, S. 131ff) ausführt, existiert keine allgemein gültige wissenschaftliche Methodik. Sinnvolle Hypothesen entstehen nach Tomczak auf der Basis von offenen qualitativen Studien, die das Vorverständnis des zu analysierenden Forschungsgegenstandes fördern. Vielfach werden jedoch sogenannte ad hoc-Thesen proklamiert, welche aufgrund defizitärer Theoriegebilde innerhalb der Marketingwissenschaften eher problematisch sind. Jene Hypothesen werden im weiteren Verlauf der Studie durch quantitative Methoden, wo möglich, überprüft, falsifiziert und verworfen oder verbessert und wiederum untersucht. Dieser Forschungsprozess verlangt aber einen sinnvollen Einsatz von qualitativen und quantitativen Methoden (Tomczak 1992, S. 79ff). Erkenntnisse, die im Laufe des qualitativen Forschungsteils gewonnen wurden, sollen durch bereits existierende theoretische Modelle abgebildet werden. Diese sollen weiteren Tests unterzogen werden, wodurch die wissenschaftliche Anschlussfähigkeit gewährleistet werden kann.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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5.2 Drei Wirkungsmodelle des Verhandlungserfolg und Hypothesen für die empirische Untersuchung

Im Zentrum dieser Studie stehen Verhandlungen mit besonderer Berücksichtigung von Verhandlungen im Verkauf. Diese weisen oft einen distributiven, preisorientierten Charakter auf. Allerdings erlauben gerade solche Verhandlungen die Integration von zusätzlichen verkaufsrelevanten Aspekten und Argumenten (Saner 1997; Fisher, Ury et al. 2001). Die in Verkaufsverhandlungen zur Verhandlung stehenden Traktanden dürfen nicht als sogenannter „fixed pie“ betrachtet werden. Die meisten Verhandlungsgegenstände lassen sich durch zusätzliche, den „Kuchen vergrössernde“, Werte erweitern (Bazerman 1990; Bazerman and Neale 1992). Gelingt es Verhandlungsmodellen, kognitive Effekte so zu integrieren, dass ein Verhandlungsführer dies berücksichtigt und die Verhandlung dadurch nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr erleichtert und die Übereinkünfte verbessert werden? Diesbezüglich sind Methoden des problemlösungsorientierten Verhandelns, die nach kreativen, multiplen Verhandlungslösungen suchen, zu analysieren (Lewicki, Hiam et al. 1998; Fisher, Ury et al. 2001). Zur besseren Verständlich- und Lesbarkeit wurden die Hypothesen bereits in Kapitel 4 im Anschluss an die jeweiligen theoretischen Modellabschnitte (Abschnitte 4.1.3, 4.2.2 und 4.3.4) aufgeführt.

5.2.1 Wirkungsmodell und Hypothesenübersicht des Harvard-Konzeptes

Zunächst wird dies anhand des normativen und problemlösungsorientierten Harvard-Konzeptes gemacht. Die folgende Abbildung zeigt das aus der Theorie abgeleitete und entwickelte Wirkungsmodell des Harvard-Konzeptes nach Fisher und Ury.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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ABB. 5-01: PFADDIAGRAMM HARVARD-KONZEPT MIT HYPOTHESEN UND MESSMODELLEN

Das präsentierte Pfaddiagramm enthält nicht nur alle aufgeführten Hypothesen, sondern ebenfalls die nach dem Vorgehen von Homburg (Homburg and Becker 2000b, S. 95ff) bereinigten Modelle der Konstruktmessung. Diesbezüglich wird allerdings dem sechsten Kapitel bereits vorgegriffen. Die in Kapitel vier beschriebenen Faktoren „Menschen und Probleme“, „Interessen und Positionen“, „Alternativen“ und „objektive Kriterien“ des Harvard-Konzeptes bilden das reflektive Second-Order Konstrukt. Es wird vermutet, dass die konsequente und richtige Handhabung und Anwendung des beschriebenen Harvard-Konzeptes einen signifikanten Einfluss auf den angestrebten Verhandlungserfolg hat (H1+). Des Weiteren wird vermutet, dass die einzelnen vier Faktoren des Harvard-Konzeptes unterschiedlichen Einfluss auf das übergeordnete Konstrukt haben. Dies gilt es ebenfalls zu analysieren (H2+ bis H5+). Die folgenden Hypothesen der Tabelle gilt es zu überprüfen:

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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Hypothese 1: Das Harvard-Konzept hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg.

Hypothese 2: Die Teilkompentenz „Trennung von Mensch und Sache“ bildet eine relevante Komponente des Harvard-Konzeptes.

Hypothese 3: Die Teilkompetenz „Interessen und Positionen unterscheiden“ hat einen positiven Einfluss auf das Harvard-Konzept.

Hypothese 4: Die Teilkompetenz „Alternativen erarbeiten“ bildet eine relevante Komponente des Harvard-Konzeptes.

Hypothese 5: Die Teilkompetenz „Kriterien“ bildet eine relevante Komponente des Harvard-Konzeptes.

TAB. 5-01: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN ZUM HARVARD-KONZEPT

Im Mittelpunkt stehen die Ausgangsüberlegungen zum Verhandlungserfolg. Kann ein Verhandlungsführer durch die konsequente Anwendung des Harvard-Konzepts seinen Verhandlungserfolg maximieren (These 1)? Die weiteren Untersuchungshypothesen basieren auf vermuteten Kausalzusammenhängen zwischen dem Verhandlungsmodell und seinen vier Faktoren. Diesbezüglich wird vermutet, dass nicht jeder Faktor den gleichen Einfluss auf das übergeordnete Konstrukt ausübt (These 2 bis These 5).

5.2.2 Wirkungsmodell und Hypothesen des Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver

Die Methoden, die verwendet werden, um die Modelle adäquat zu untersuchen entsprechen einerseits dem Untersuchungsgegenstand und andererseits den Forderungen einer fundierten und seriösen Marketingforschung. Gullivers Zyklen und Phasen wurden, wenn überhaupt, bis anhin mit qualitativen Methoden erforscht. Es konnten keine relevanten quantitativ-empirischen Studien zum vorliegenden Dissertationsthema hinzugezogen werden. Diese Analyse macht Gebrauch von einem untersuchungsgegenstandsbezogenen Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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Die theoretischen Überlegungen und Ausführungen aus dem Kapitel 4.3 münden im nachstehenden Wirkungsmodell zum Zyklischen Verhandeln nach Gulliver.

ABB. 5-02: PFADDIAGRAMM ZYKLISCHES VERHANDLUNGSMODELL MIT HYPOTHESEN UND

MESSMODELLEN

Aus dem Pfaddiagramm, welches die vier in Kapitel 6 operationalisierten Faktoren (f1, f2, f4 und f5), sowie das übergeordnete Konstrukt des „Zyklischen Verhandeln“ und den Verhandlungserfolg beinhaltet, lassen sich fünf Hypothesen ableiten. Im Zentrum des Wirkungsmodelles steht der Einfluss des Zyklischen Verhandelns auf einen potentiellen Verhandlungserfolg (H1+). Die weiteren Kausalbeziehungen beziehen sich auf den Einfluss der einzelnen Faktoren auf das übergeordnetete Konstrukt. Diese sind in der nachfolgenden Tabelle formuliert. Hypothese 1: Das Zyklische Verhandlungsmodell hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg.

Hypothese 2: Die Teilkompetenz „Informationen“ hat einen positiven Einfluss auf das Zyklische Verhandlungsmodell.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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Hypothese 3: Die Teilkompetenz „Erwartungen“ bildet eine relevante Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells.

Hypothese 4: Der Faktor „Strategie“ bildet eine wichtige Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells.

Hypothese 5: Der Faktor „Taktik“ bildet eine relevante Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells.

TAB. 5-02: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLS

Die Hypothesen werden im sechsten Kapitel anhand adäquater statistischer Auswertungsverfahren getestet.

5.2.3 Wirkungsmodell und Untersuchungshypothesen des Phasenmodells nach Gulliver

Das hier letzte entwickelte Wirkungsmodell basiert auf den theoretischen Überlegungen und empirischen Analysen und Erkenntnissen von Gulliver (1979). Sein Phasenmodell beschreibt den sequentiellen Prozess von Verhandlungen. Die einzelnen Phasen sind unterscheidbare, aufeinanderfolgende Sequenzen. Allerdings machen sie keine expliziten Aussagen zu Verhandlungserfolg. Damit ein Verhandlungsergebnis jedoch ausgehandelt werden kann, müssen die sieben Phasen in chronologischer Abfolge absolviert und durchlaufen werden. Wie bereits im theoretischen Absatz über das Phasenmodell in Kapitel 4 aufgezeigt wurde, macht Gulliver keine Angaben über die „Verweil-Dauer“ in den einzelnen Phasen. Es ist jedoch anzunehmen, dass nicht alle Phasen gleich wichtig sind.

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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Das Phasenmodell wurde deshalb in sieben einzelne Faktoren zerlegt und das nachfolgende Wirkungsmodell in Abbildung 5-03 wieder zusammengeführt.

ABB. 5-03: PFADDIAGRAMM PHASENMODELL NACH GULLIVER MIT HYPOTHESEN UND

MESSMODELLEN

Das Hauptaugenmerk liegt auf Hypothese H1(+), welche die Vermutung beinhaltet, dass die konsequente und richtige Anwendung des Phasenmodells zu erfolgreichem Verhandeln führt. Das prozessorientierte Verhandlungsmodell nach

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Gulliver (1979) ist ein sequentiell-chronologisches Verhandlungskonstrukt. Es interessiert jedoch, wie die einzelnen Phasen isoliert betrachtet, Einfluss auf das gesamte Verhandlungsmodell ausüben. Denn wie qualitative Studien von Laupper (Laupper 1999) oder Schumacher (Schumacher 2004) gezeigt haben, sind nicht alle Phasen gleich wichtig. Dies wird in den Hypothesen H2(+) bis H8(+) dargestellt. Diese Vermutungen sollen mit dieser quantitativen Analyse erhärtet werden. Die ausformulierten Überlegungen münden in den nachfolgenden, zu testenden Untersuchungshypothesen Hypothese 1: Das Phasenmodell nach Gulliver hat einen positiven Einfluss auf

Verhandlungserfolg.

Hypothese 2: Die Teilkompetenz „Suche nach einer Verhandlungsarena“ (Phase 1) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 3: Die Teilkompetenz des „Agenda-Settings“ (Phase 2) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 4: Die Teilkompetenz der „Exploration des Feldes und der Expression von Differenzen“ (Phase 3) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 5: Die Teilkompetenz der „Annäherung der Differenzen“ (Phase 4) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 6: Die Teilkompetenz des „Übergangs zur Schlussverhandlung“ (Phase 5) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 7: Die Teilkompetenz der „Schlussverhandlung“ (Phase 6) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

Hypothese 8: Der Faktor des „Einigungsrituals“ (Phase 7) bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.

TAB. 5-03: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN ZUM PHASENMODELL NACH GULLIVER

Nachdem die drei Wirkungsmodelle und die daraus abgeleiteten Untersuchungs-hypothesen präsentiert wurden, gilt es, den Untersuchungsrahmen zu erläutern und auszuführen. Dies ist Inhalt der nächsten Abschnitte. Zunächst wird das empirische Design dieser Studie ausgeführt. Im Anschluss daran sollen das forschungsmethodische Vorgehen und die Datenerhebung beschrieben werden.

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Diese Erläuterungen bilden die Basis für das auswertungsmethodische Vorgehen und die Darstellung der Ergebnisse im darauf folgenden sechsten Kapitel.

5.3 Überblick über das empirische Vorgehen

Entsprechend der in Abschnitt 5.1.3 beschriebenen wissenschaftstheoretischen Zuordnung, erfolgten daran im Anschluss die Ausführungen zu den drei Wirkungsmodellen und den dazugehörigen Untersuchungshypothesen. „Questions before methods!“, postuliert Punch (Punch 2000, S. 17) und unterstreicht damit, dass sich die Wahl und der Einsatz der Forschungsmethoden an den inhaltlichen Fragestellungen zu orientieren habe. Die ersten Forschungsschritte wurden im März 2004 mit einer inhaltlichen Vertiefung (I) im Bereich der Forschungsfelder Verhandeln und Marketing getätigt, wodurch erste Forschungslücken- und Fragen eruiert werden konnten. Das von Punch (2000) geforderte Ziel wurde durch eine umfassende Literaturanalyse (IIa) von deutsch- und englischsprachiger Literatur sowie einzelnen gezielt geführten Einzelinterviews mit Verhandlungsexperten (IIIb) verfolgt. Auf Basis dieser semi-strukturierten Interviews sowie der Literaturanalyse wurden die ersten konkreten Forschungsfragen (IIIa) formuliert. Im Anschluss daran wurden die zu überprüfenden Modelle in Faktoren zerlegt und Indikatoren dazu formuliert (IV). Dieser Itempool entstand nicht nur aus einer Ableitung der Theorie sondern auch aus Aussagen und Anregungen aus den geführten Interviews. Diese ersten Schritte (I bis IV) dienten dazu, einen Fragebogen zu entwickeln, der die in den vorangegangenen Abschnitten aufgeführten Untersuchungshypothesen zu testen vermochte. Dieser erste Fragebogen wurde in einem qualitativen Pre-Test (V) einerseits auf eine inhaltliche Validität und andererseits auf sprachliche Verständlichkeit hin überprüft. Dieser Pre-Test hatte eine Indikatorenreduktion, Praxisrelevanz und sprachliche Verbesserung der verbleibenden Items zum Ziel. Dieses wurde angestrebt und erreicht durch die Befragung von Experten aus Wissenschaft und Praxis.

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ABB. 5-04: EMPIRISCHES DESIGN DER DISSERTATION VON ALEXANDER HASLER

Die quantitativ-empirische Studie (VI) mit dem postulierten Ziel, die drei Verhandlungsmodelle und die daraus abgeleiteten Untersuchungshypothesen zu testen, wurde mittels eines standardisierten, schriftlichen Fragebogens durchgeführt. Die Befragung von Verkäufern und Verhandlungsführern in der Baubefestigungsbranche fand anhand eines Online-Fragebogens statt. Im Anschluss an die Befragung der Versuchspersonen wurden die Daten aufbereitet und die Hypothesen anhand adäquater statistischer Auswertungsverfahren getestet (VII). Die Datenaufbereitung und die diversen statistischen Auswertungen wurden mit den Computerprogrammen „SPSS 14.0“ und „Amos 6“ durchgeführt. Die Ergebnisse dieses forschungsmethodischen Schrittes werden ausführlich im sechsten Kapitel besprochen. Den Abschluss des Forschungsprozesses bildet die Zusammenfassung der Ergebnisse (VIII) und ein Ausblick für zukünftige weiterführende Forschung im Bereich der Verhandlung. Grundsätzlich lässt sich die Dissertation in einen empirisch-qualitativen (IIIb und V) und einen empirisch-quantitativen (VI und VII) Forschungsblock unterteilen. Dieser Mix von quantitativen und qualitativen Methoden wird der Komplexität dieser Studie und den Anforderungen an eine zeitgemässe empirische Marketingforschung gerecht (Jick 1979, S. 602). Diesbezüglich verfolgt der Forschungsansatz auch die Ansprüche Tomczaks (Tomczak 1992) und dies in der

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Tradition Ulrichs mit dem Ziel, letztendlich die Verbesserung der Verkaufsverhandlungspraxis anzustreben.

5.3.1 Forschungsmethodisches Vorgehen und Datenerhebung

Am Anfang des Dissertationsprojektes standen das Interesse am Forschungsgebiet sowie die Kenntnis darüber, dass es zwar Verhandlungsmodelle gibt, diese aber keine Aussagen über Verhandlungserfolg ermöglichen.

5.3.1.1 Explorative Phase

In einer ersten explorativen Phase wurde durch eine Literaturanalyse, vor allem der Verhandlungs- aber auch der Marketingforschung ein Body of Literature erarbeitet und aktuelle Forschungsgebiete erörtert. Damit das Thema eingegrenzt und das Verständnis geschärft werden konnte, wurden sechs halb-strukturierte Interviews mit Führungskräften geführt. Diese Gespräche hatten zum Ziel, die Relevanz des Themas für die Praxis zu evaluieren und Input für die Wissenschaft einzuholen. Die Interviews wurden alle in der Schweiz in deutscher Sprache durchgeführt und folgten dem nachstehenden Interviewleitfaden.

ABB. 5-05: FRAGEKATALOG FÜR SEMI-STRUKTURIERTE INTERVIEWS

Die persönlichen Gespräche dauerten zwischen 45 und 90 Minuten, wurden aufgezeichnet und transkribiert. Im Anschluss an die Transkription bekamen die

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Gesprächspartner das ausführliche Gesprächsprotokoll zugesandt. Alle Interview-Protokolle wurden von den Gesprächspartnern gelesen, redigiert und für diese Studie freigegeben. Resultat dieser explorativen Phase mit dem Literaturstudium und den Einzelinterviews waren konkrete Forschungsfragen und in die Studie mündende empirische Richtlinien. Ferner war die praktische Relevanz durch die Aussagen in den Gesprächen legitimiert. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine quantitativ-empirisches Vorgehen gewählt, welches in den folgenden Abschnitten ausführlicher beschrieben werden soll.

5.3.1.2 Quantitativ-empirische Studie

Ziel der Studie ist es, Zusammenhänge zwischen diversen Variablen von Verhandlungsmodellen zu entdecken und vermutete Zusammenhänge zwischen diesen Variablen und Verhandlungserfolg zu überprüfen. Somit schliesst an eine erste explorative eine zweite konfirmatorische Phase. Damit quantitative Auswertungsverfahren angewandt werden können, bestand die Notwendigkeit, eine ausreichend grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf die standardisierte, schriftliche Befragung zurückgegriffen (Homburg and Becker 2000b, S. 81). Stichprobenbildung und Gewinnung von Probanden Zur Beantwortung der Forschungsfragen sollten Verhandlungsführer, nach Möglichkeit solche im Verkauf, den Fragebogen bearbeiten. Nach anfänglichem Bestreben eine branchenübergreifende Befragung durchzuführen, wurde dieses Anliegen verworfen. Aufgrund der Einzelinterviews in der explorativen Phase konnten keine signifikanten Unterschiede über Branchen hinweg festgemacht werden. Deshalb wurde eine möglichst homogene Stichprobe angestrebt. Aufgrund der beruflichen Nähe und Kontakte des Autors wurde als Branche die der Baubefestigung ausgewählt und bearbeitet. Die Umfrage beschränkte sich aufgrund sprachlicher wie auch beziehungsspezifischer Überlegungen auf den deutschsprachigen Raum Europas.

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Konzeption und Pretest des Fragebogens Auf der Grundlage der explorativen Phase wurde ein Fragebogen konzipiert (s. Anhang). Da die Umfrage im europäisch-deutschsprachigen Raum stattfinden sollte, wurde der Fragebogen in deutscher Sprache ausformuliert. Der Fragebogen enthält fünf Themenfelder. Diese beinhalten Fragen zu: Persönliche Angaben der Befragten Phasen des Verhandelns Zyklen des Verhandelns Integrativen Verhandlungsstrategien nach Fisher und Ury Flankierende Themenfelder wie Verhandlungspartner, Geschlecht u.s.w.

Der Autor entwickelte alle Indikatoren und Faktoren selbstständig auf Basis der drei in Kapitel 4 beschriebenen Verhandlungsmodelle, da auf keine bestehenden Skalen zurückgegriffen werden konnte. Deshalb genoss die Ausarbeitung des Untersuchungsinstrumentes auch grösste Aufmerksamkeit. Bevor der Fragebogen an die gezogene Stichprobe versandt werden konnte, sollte er einer „zweiten Lesung“ unterzogen werden (Mummendey 2003, S. 62). Diese zweite Lesung verhindert zum einen, dass sprachlich unkorrekte Items in den Fragebogen aufgenommen werden und prüft zum anderen, ob sich die in Erwägung gezogenen Indikatoren inhaltlich auch effektiv auf die Faktoren beziehen (Homburg and Giering 1996, S. 14). Der erste Prestest bestand darin, die Itemanzahl anhand von Expertengesprächen von zirka 180 auf 130 zu verringern. Dazu wurden im März 2006 Führungskräfte mit Verhandlungserfahrung befragt. Pro Faktor sollten nicht mehr als fünf Items in den Fragebogen aufgenommen werden. Ferner wurde der Online-Fragebogen von Verkäufern und Akademikern auf seine Verständlichkeit hin überprüft. Weitere Pretests, wie explorative oder konfirmatorische Faktorenanalysen, werden in einem vorgelagerten Schritt zur Analyse und Interpretation durchgeführt. Durchführung der Befragung Die internationale Befragung fand in drei Etappen, nach Ländern geteilt, statt. In Kalenderwoche 13 wurden 29 Probanden in Österreich angeschrieben, von denen 26 die Umfrage angeklickt haben. Von diesem Sample haben 22 Prozent die Umfrage auch beendet. Die zweite Etappe wurde in Kalenderwoche 18 zur

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Beantwortung des Fragebogens eingeladen. Diesbezüglich wurden die Probanden von ihrem nationalen Verkaufsleiter (Schweiz) zusätzlich aufgefordert, an der Befragung vollzählig teilzunehmen. Dies führte zu einer Beteiligung von total 83 Probanden, was 46,73 Prozent am Gesamtsample ausmacht. Die dritte Etappe umfasste eine Verkaufsregion in Deutschland. Dieser Sample stellte mit 46 Prozent auch den grössten Anteil an den 177 retournierten Fragebögen dar. In den jeweiligen Ländern wurden nach rund zwei Wochen die ersten Erinnerungen für die Teilnahme an der Befragung versandt. Diese Prozedur wurde insgesamt zweimal wiederholt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit des Fragebogens lag bei einer guten halben Stunde. Als Anreiz, diese halbe Stunde zu investieren, wurden die Verlosung von Büchergutscheinen und ein Management Summary mit den Ergebnissen der Studie in Aussicht gestellt. Diese Massnahmen führten zu einem Rücklauf von insgesamt 179 Fragebögen, was einer effektiven Rücklaufquote von 53,15 Prozent entspricht. Diese ausserordentlich zufriedenstellende Rücklaufquote lässt sich auf drei Ursachen zurückführen: Die Probanden wurden von ihren jeweiligen Vorgesetzten ermutigt, sich die Zeit zur Beantwortung des Fragebogens zu nehmen. Des Weiteren ist der Online-Fragebogen äusserst attraktiv gestaltet und einfach und schnell zu bearbeiten. Zuletzt muss festgehalten werden, dass das Thema „Verhandlungserfolg“ viele Personen einfach interessiert und dies die Teilnahmefreude begünstigt. Um eine Verzerrung der Resultate zu verhindern, mussten weitere 19 Fragebögen aufgrund inkonsistentem Antwortverhalten ausgeschlossen werden. Der bereinigte Nettoumfang der Befragung beträgt somit 160, was einen bereinigten Rücklauf von 48,04 Prozent bedeutet. Stichprobenstruktur und Repräsentativität Die quantitativ-empirische Umfrage besteht aus einem Online-Fragebogen, der sich an verhandelnde Verkäufer im Innen- sowie Aussendienst richtet. Ferner werden ehemalige Verkäufer der selben Firma, die als Produktmanager arbeiten, ebenfalls in die Umfrage miteinbezogen. Die äusserst homogene Stichprobe besteht aus Personen aus der Baubefestigungsbranche und den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zur Umfrage eingeladen wurden 333 Personen. Davon teilgenommen haben 177. Dies entspricht einer Rücklaufquote

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von 53.15 Prozent. „Weiterhin sollten die Befragten einer möglichst homogenen Stichprobe entstammen, da die Höhe der Korrelationen zwischen den Untersuchungsmerkmalen (Variablen) durch den Homogenitätsgrad der Befragungsstichprobe beeinflusst wird“ (Backhaus, Erichson et al. 2003, S. 269). Die folgende Abbildung zeigt die Struktur der Stichprobe:

ABB. 5-06: MERKMALSSTRUKTUR DER STICHPROBE (VERKAUFSVERHANDLUNGS-BEFRAGUNG

2006)

Die Abbildung zeigt, dass von 333 Personen insgesamt 177 den Fragebogen beantwortet haben. Der zweite Balken von links zeigt die Verteilung über die drei Länder. Deutschland stellt diesbezüglich mit 46,73 Prozent knapp mehr Probanden als die Schweiz mit 41,71 Prozent. Der geringe Anteil aus Österreich hängt mit der geringen Anzahl angeschriebener österreichischer Probanden zusammen. Erwartungsgemäss tief liegt die Frauenquote: Nur gerade ein wenig mehr als 8 Prozent Frauen haben sich an der Umfrage beteiligt. Da der Frauenanteil in der Baubefestigungsbranche jedoch ähnlich tief ist, sind die 8 Prozent Teilnehmer nicht aussergewöhnlich tief. Fast 60 Prozent aller Probanden arbeiten im Aussendienst als Verkaufsberater und sind täglich mit deren Kunden am

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Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung

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Verhandeln. Die restlichen rund 40 Prozent arbeiten im Innendienst: 22,61 Prozent stehen in Verkaufscenter in täglichem Kundenkontakt und führen Verkaufsverhandlungen. Rund 10 Prozent verkaufen Produkte über das Telefon. Die Ausbildung der 177 teilnehmenden Probanden ist äusserst heterogen. Mit 34,67 Prozent den grössten Anteil stellen Personen mit einem kaufmännischen Hintergrund dar. Ähnlich gross ist der Anteil handwerklich ausgebildeter Personen. Rund 26 Prozent der Fragebögen wurden von Individuen mit Gymnasium, Fachhochschule oder Universität beantwortet. Das nächste Kapitel beschreibt zunächst das auswertungsmethodische Vorgehen der Studie. Im Anschluss daran werden die Resultate der statistischen Analysen dargestellt und ausgeführt.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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6 Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

Im Zentrum des sechsten Kapitels steht die quantitative Analyse zur Beurteilung und Optimierung der Mess- und Strukturmodelle. Im ersten Abschnitt soll ein Überblick über die verschiedenen verwendeten Auswertungs-Methoden und deren chronologischer Einsatz gegeben werden. Im Anschluss daran werden die methodischen Grundlagen der Modellschätzung sowie die Operationalisierung der Modellkonstrukte dargelegt. Ferner sollen die Ergebnisse der Strukturmodelle erläutert werden. Den Abschluss bildet eine zusammenfassende Betrachtung der Resultate. Die Interpretation dieser Daten und Berechnungen, die Schlussfolgerungen und die forschungsmethodischen Implikationen daraus sind jedoch Gegenstand des siebten und abschliessenden Kapitels.

6.1 Überblick über das auswertungsmethodische Vorgehen Die quantitative Analyse zur Beurteilung und Optimierung der Messmodelle und Strukturmodelle ist, wie auch die methodische Vorgehensweise, an die Empfehlungen und das Vorgehen von Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996) angelehnt.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Dieses lässt sich der folgenden Abbildung mit deren neun Schritten entnehmen.

ABB. 6-01: ÜBERBLICK ÜBER DIE AUSWERTUNGSVERFAHREN NACH HOMBURG UND GIERING

(HOMBURG AND GIERING 1996, S. 12)

Die ersten vorgelagerten, auswertungstechnischen Schritte bestanden darin, wie bereits in Absatz 5.3.1.2 ausgeführt, anhand von Interviews und Expertengesprächen die Grobkonzeptionalisierung und Indikatorenreduktion der zu untersuchenden Konstrukte vorzunehmen. Der erste statistisch-auswertungsmethodische Schritt besteht in der Berechnung des Cronbachschen Alphas, das die interne Konsistenz der Indikatoren eines Faktors misst (Nunnally 1978, Cronbach 1951, Churchill 1979, S. 68). Im Anschluss daran wird eine weitere allfällige Indikatoren-Reduktion anhand der Item to Total-Korrelation durchgeführt. Durch diesen Schritt besteht die Möglichkeit, das Cronbachsche Alpha zu optimieren (Churchill 1979, S. 68). Wenn die einzelnen Konstrukte die Anforderungen der beiden soeben aufgeführten Methoden erfüllen, wird durch die explorative Faktorenanalyse (EFA) kontrolliert, ob diese Faktoren sich auch effektiv extrahieren lassen (Homburg and Giering 1996, S. 12). Die Methoden der ersten Generation weisen Nachteile bezüglich der Beurteilung von Reliabilität und

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Validität (Bagozzi and Phillips 1982, Hildebrandt 1984, S. 44), aber auch bezüglich von Messfehlereinflüssen auf. Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) vermag diese Schwächen zu beheben. „Die Überlegenheit der konfirmatorischen Faktorenanalyse sowie der mit ihr verbundenen Methoden (…) ist in der Marketingforschung mittlerweile unumstritten“ (Homburg and Giering 1996, S. 9). Im folgenden Abschnitt werden methodische Grundlagen der KFA, die ein Sonderfall der Kausalanalyse darstellt und als Kovarianzstrukturanalyse bezeichnet wird, dargelegt und auf weiterführende Literatur verwiesen. Die postulierten auswertungsmethodischen Schritte sind auf Konstrukt- wie auch auf Dimensionen-Ebene durchzuführen. Die verlangten Cut-Off Werte lassen sich Tabelle 6-01 entnehmen.

6.2 Methodische Grundlagen der Auswertung Durch verschiedene empirische Testverfahren soll ermittelt werden, ob die entwickelten Verhandlungsmodelle auch wirklich die Realität abbilden. Die folgenden statistischen Methoden sollen zum Einsatz gebracht werden:

• Explorative Faktorenanalyse (EFA) zur Ermittlung potenzieller Indikatorenstruktur

• Cronbachsches Alpha (CA)

• Item-to-Total-Korrelationen (ItTK)

• Konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) zur Validierung verschiedener Konstruktannahmen

• Kausalanalyse mit AMOS zur Überprüfung theoretisch postulierter Zusammenhänge.

Die statistischen Verfahren wurden alle mit den Statistikprogrammen SPSS 14.0 (Bühl 2006) und AMOS 6 (Arbuckle 1999; Paul 2001) gerechnet. Durch die explorative Faktorenanalyse kann die einer Indikatorengruppe zugrunde liegende Faktorenstruktur erörtert und untersucht werden (Hartung and Elpelt 1989, S. 505ff; Steinhauser 1997, S. 20). Bei der Extraktion der Faktoren wird das Kaiser-Kriterium angewandt, welches die Faktoren durch einen Eigenwert grösser 1 bestimmt (Kaiser 1974, S. 31ff). Nicht nur sollte der Eigenwert eines extrahierten

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

126

Faktors grösser 1 betragen, weiter sollte die durchschnittlich erklärte Varianz eines solchen Faktors mehr als 50 Prozent betragen (Becker 1999, S. 82). Das Cronbachsche Alpha (Cronbach 1951) bemisst die Reliabilität einer Gruppe von Indikatoren, die einen Faktor bilden (Nunnally 1978; Gerbing and Anderson 1988, S. 190). Die Reliabilität eines Faktors kann wertemässig zwischen 0 und 1 liegen. Nach Nunnally sollte ein Faktor mindestens 0.7 vorweisen (Nunnally 1978, S. 245), diesbezüglich ist die Diskussion jedoch noch nicht abgeschlossen (Cortina 1993) und es werden auch Messmodelle publiziert, die einen geringeren Wert vorweisen (Desphande, Farley et al. 1993, S. 30). Eine Möglichkeit, das Cronbachsche Alpha eines Faktors zu verbessern, liegt in der Item-to-Total-Korrelation (ItTK). Durch die Elimination des Indikatores mit der niedrigsten Item-to-Total-Korrelation wird das CA verbessert (Churchill 1979, S. 68). Die ItTK misst die Korrelation zwischen einem Indikator und der Summe aller dem entsprechenden Faktor zugeordneten Indikatoren (Nunnally 1978, S. 274). Die soeben diskutierten Verfahren werden der ersten Generation zugerechnet und in neueren Arbeiten (Gerbing and Anderson 1988; Bagozzi and Phillips 1982) aufgrund ihrer restriktiven Annahmen kritisiert (Gerbing and Anderson 1988, S. 190). Kritisiert werden zunächst die ungenügende Beachtung von Messfehlern sowie die Grundlagen der Verfahren der ersten Generation, die im wesentlichen nur auf Faustregeln basieren (Gerbing and Anderson 1988, S. 189f). Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) überwindet diese Kritikpunkte und erweist sich deshalb den Verfahren erster Generation als überlegen (Jöreskog 1966; Jöreskog 1967; Bagozzi and Phillips 1982; Peter 1996, S. 142). Da die Konstrukte latente Variablen beinhalten, welche durch direkt beobachtbare Indikatoren erhoben werden, können ihnen in der Regel Messfehler anhaften (vgl. Siems 2003, S. 123). Die KFA arbeitet mit sogenannten reflektiven Indikatoren (Mühlmeier 2004, S. 168ff; Homburg 2000a, S. 72f), die fehlerbehaftete Messungen der zugrunde liegenden Faktoren darstellen. Einer der Hauptunterschiede zwischen der EFA und der KFA liegt in der Zuordnung der Indikatoren. So werden bei der KFA diese fest einem Faktor zugeordnet. Bei der KFA erfolgt eine detaillierte Spezifikation eines Messmodells mit dem Ziel, ein postuliertes Modell möglichst gut an die empirisch gewonnen Daten anzupassen.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

127

Diesbezüglich stehen dem Analysten verschiedene Schätzmethoden zur Verfügung: das Maximum Likelihood-, das Weighted Least Squares (WLS)-, das Unweighted Least Squars (ULS)- sowie das Generalized Least Squares (GLS)-Verfahren (Jöreskog and Sörbom 1989, S. 18ff). Die Schätzergebnisse werden mit Hilfe von Globalkriterien und Detailkriterien geprüft und beurteilt. Die folgenden Kriterien kommen in der vorliegenden Studie zum Einsatz und sollen kurz präsentiert und knapp diskutiert werden:

• Indikatorreliabilität

• die durchschnittlich erfasste Varianz

• Signifikanztest der Faktorladung

• χ2-Test zur Beurteilung der Anpassungsgüte

• GFI, AGFI, NFI, CFI, RMSEA, RMR Die Indikatorreliabilität beschreibt für ein einzelnes Item deren Anteil an der Varianz für einen Faktor. Die Werte der Indikatorreliabilität liegen zwischen 0 und 1, wobei hohe Werte besser als tiefe sind. Der gängigste Cut-Off-Wert bei der Indikatorreliabilität liegt bei 0,4 für einen Indikator, obwohl darüber in der Literatur noch diskutiert wird (Bagozzi and Baumgartner 1994, S. 402). Bei der vorliegenden Studie wird der Cut-Off-Wert (für eine Übersicht über die diversen Cut-Off-Werte sei auf Tab. 6-01 verwiesen) ebenfalls bei 0,4 festgelegt, wobei inhaltliche Überlegungen zu Ausnahmen führen können. Signifikanztests der Faktorladungen dienen dazu, inferenzstatistische Aussagen über die allgemeine Gültigkeit der Beziehungen zwischen den Indikatoren und Konstrukten machen zu können (Homburg 2000a, S. 88ff). Der χ2-Test misst das Verhältnis zwischen dem Chi-Quadrat-Wert und den Freiheitsgraden und dient zur Überprüfung der Validität eines Modells. Modelle mit Werten kleiner 3 sprechen für die Richtigkeit und Annahme des Modells, wobei auch bezüglich dem χ2-Test verschiedene Meinungen existieren und der Wert kleiner 3 ein eher strenges Mass darstellt (Homburg 2000a, S. 93; Hildebrandt 1983, S. 105).

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Der GFI, der sogenannte Goodness of Fit-Index und der AGFI, der adjusted GFI sind beschreibende Masse zur Beurteilung der globalen Anpassung eines Modells an die Daten (Jöreskog and Sörbom 1989, S. 44). Der NFI, der normed Fit-Index, beurteilt die Anpassungsgüte des Zielmodels durch den Vergleich mit einem Basismodell. Der CFI bezieht im Vergleich zum NFI zusätzlich noch die Freiheitsgrade mit ein. Die Cut-Off-Werte werden in dieser Studie bei 0,9 festgelegt (Peter 1996, S. 156), wobei auch hier wiederum nicht dogmatisch an den Werten festgehalten werden wird. Ein weiteres Gütemass wird durch den RMSEA ausgedrückt, den sogenannten Root Mean Squared Error of Approximation. Die Nullhypothese dieses Prüfkriteriums wird dabei meist so gefasst, dass ein guter Fit dann vorliegt, wenn der RMSEA-Wert unter 0,08 liegt (Braunstein 2000, S. 231). Der RMR, der sogenannte Root-Mean-Square-Residuals-Index erfasst den Anteil der Restvarianz der durch das Modell nicht erklärt wird. Diesbezüglich wird ein Wert von kleiner 0,1 verlangt. Die ganze Diskussion dieser Beurteilungskriterien und Cut-Off-Werte hat allerdings keine generellen Hinweise geliefert, wann ein ganzes Modell abzulehnen ist (Fritz 1995, S. 142-143). Die Beurteilung der nachfolgenden Mess- und Strukturmodelle erfolgt nicht auf reiner Fokussierung bestimmter Gütekriterien, vielmehr wird eine inhaltsorientierte Argumentation verfolgt (Homburg and Baumgartner 1995, S. 1101). Dies auch im Sinne, dass „nicht eine simultane Erfüllung aller spezifizierten Kriterien“ (Homburg 2000a, S. 93) gefordert wird. Geringfügige Verletzungen einzelner Kriterien werden als akzeptabel betrachtet und dementsprechend behandelt. Eine weitere Anforderung an das empirische Auswertungsverfahren besteht in der Fähigkeit, Beziehungen zwischen exogenen Modellvariablen abzubilden, sowie die im Vorfeld aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. Obwohl sich kausale Beziehungen durch alle mathematisch-statistischen Verfahren, die auf regressionsanalytischen Überlegungen basieren, überprüfen lassen, genügen diese den Anforderungen dieser Arbeit nicht (vgl. Peter 1996, S 144). Die klassische Regressionsanalyse scheitert an den Anforderungen, einerseits Messfehler zu berücksichtigen, sowie kausale Relationen zwischen exogenen Variablen aufzustellen und andererseits an der unmittelbaren Überprüfung der postulierten Hypothesen des Modells. Aufgrund dieser Limitationen wird in dieser Arbeit auf

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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das Strukturgleichungsverfahren „Amos“ zurückgegriffen, welches durch seine höhere Leistungsfähigkeit den Anforderungen dieser Studie genügt. Für eine vertiefende Auseinandersetzung des Strukturgleichungsverfahrens „Amos“ sei vor allem auf Barbara Byrne verwiesen (Byrne 2001, Bühner 2006, S. 236ff, Trier 2002).

6.3 Operationalisierung der Modellkonstrukte

6.3.1 Vorgehensweise bei der Operationalisierung der Modellkonstrukte

Damit die beschriebenen Faktoren empirisch überprüft werden können, gilt es im Rahmen der Konstruktoperationalisierung, die in den drei Modellen verwendeten latenten Variablen durch beobachtbare Indikatoren messbar zu machen. Als ein adäquates Vorgehen erweist sich im Rahmen der Qualitätsbeurteilung dabei die Zugrundelegung von Reliabilitäts- und Validitätskriterien (Homburg and Giering 1996, S. 6) der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen ersten und zweiten Generation (a.a.O., S. 118f). Dieses Vorgehen schlägt in einem ersten Schritt die Reliabilitätsbewertung der verwendeten Skalen mit Hilfe des Cronbachschen Alphas und der Item to Total-Korrelation sowie eine Validitätsprüfung auf Basis der exploratorischen Faktorenanalyse (EFA) (Verfahren der ersten Generation) vor. Der zweite Schritt besteht in der konfirmatorischen Faktorenanalyse (KFA), welche die explizite Berücksichtigung von Messfehlern und inferenzstatistischen Prüfungen der Modellparameter erfüllt. Die KFA, die an gewisse Voraussetzungen gebunden ist, wird zur Überprüfung der im Rahmen der EFA ermittelten Strukturen herangezogen (Homburg and Pflesser 2000, S. 416). Als graphische Darstellung in Form eines Pfaddiagrammes enthält das Strukturmodell latente unabhängige, latente abhängige Variablen und die vermuteten Zusammenhänge zwischen diesen.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

130

Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilität Mindestmass und Handlungsoption

Ebene der Indikatoren Faktorladung (EFA) Item to Total-Korrelation (RA)

Indikatorreliabilität (RA)

≥ 0.40

Ggf. Elimination des Indiktors mit dem niedrigsten Wert

≥ 0.4

Ebene der Konstrukte Cronbachsche Alpha (RA) Anzahl der extrahierten Faktoren (EFA) Erklärte Varianz (EFA) Faktorreliabilität (KFA) Durchschnittlich erfasste Varianz p-Wert (KFA) RMSEA (KFA)

χ2 / df GFI und AGFI (KFA) CFI (KFA) NFI (KFA)

≥ 0.70

= 1.00

≥ 0.50

≥ 0.60

≥ 0.50

≥ 0.05

≥ 0.08

≤ 3.00

≥ 0.90

≥ 0.90

≥ 0.90

EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse; KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse

TAB. 6-01: POSTULIERTE CUT-OFF-WERTE BEI DEN VERFAHREN 1. UND 2. GENERATION

Die in dieser Studie verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in der Literatur (s. Bühner 2004, S. 203 ff., Homburg and Pflesser 2000, S. 651, Jensen 2001, S. 96). Geringfügige Verletzungen der einzelnen geforderten Kriterien (Homburg 2000a, S. 93) werden in Kauf genommen, solange das Gesamtbild für eine hohe Qualität der Messung spricht (a.a.O, S. 93; Jensen 2001, S. 96). Für eine weitergehende Diskussion der Gütekriterien und der Cut-Off Werte wird an dieser Stelle auf Homburg (Homburg 2000a, S. 87-95), Jensen (Jensen 2001, S. 89-96) und Bühner (Bühner 2004, S. 202-206) verwiesen.

6.3.2 Operationalisierung des Harvard-Konzeptes

Im folgenden Abschnitt wird das bekannte „Harvard-Konzept“ operationalisiert und die statistischen Werte der vier postulierten Messmodelle aufgezeigt. Die inhaltliche Erarbeitung der vier Faktoren erfolgte bereits im Kapitel 4.1.3 und soll an dieser Stelle nicht noch einmal ausgeführt werden. Die zu operationalisierenden Faktoren basieren auf den Arbeiten von Fisher und Ury (Fisher, Ury et al. 2001, Fisher 1995, Fisher and Ertel 1997, Ury 1992). Tabelle 6-02 gibt einen Überblick über die in der Erhebung verwendeten Indikatoren: Sie zeigt zum Einen alle Items, die im Fragebogen zur Erhebung der Dimension Harvard-Konzept benötigt und

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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verwendet wurden und zum Anderen die einzelnen Faktoren der Dimension. Die Indikatoren wurden wie auch die Indikatoren der beiden anderen Dimensionen anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben, deren Ankerpunkte von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss an diesen Überblick sollen die einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte präsentiert werden.

Faktor Item Indikator

Während einer Verhandlung müssen Probleme rational gelöst werden. v_105

Wenn ich verhandle, belaste ich nie die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien, weil ich das Verhandlungsproblem von den Menschen trenne.

v_106

Wenn ich Probleme auf der Beziehungsebene miteinbeziehe, behindert das eine Verhandlung bezüglich ihres Erfolges.

v_107

Emotionen, welche die Verhandlung behindern, müssen angesprochen und ausgeräumt werden. v_108

Men

sche

n &

Pro

belm

e

trenn

en

Bei emotionalen Äusserungen höre ich zu und bleibe ruhig. v_109

Ich stelle mir immer die Frage, was mein Verhandlungspartner wirklich will. v_110

Oft ist es so, dass die Verhandlungspartner gar nicht das wollen, was sie sagen. v_111

Man gerät oft in ein Feilschen um Positionen, die gar nicht im Interesse der Verhandlung sind. v_112

Ich versuche unabhängig von einer bestimmten Position, einen Verhandlungsgegenstand zu beurteilen.

v_113

Inte

ress

en u

nd

Posi

tione

n

Ich kommuniziere meine Interessen deutlich und erkennbar, damit die Verhandlung zu einem erfolgreichen Abschluss kommen kann.

v_114

Es ist wichtig, während einer Verhandlung mehrere Verhandlungsoptionen zu entwickeln. v_115

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es eher zu einem Abschluss kommt, wenn mehrere Möglichkeiten auf dem Tisch sind.

v_116

Wenn nur eine Variante verhandelt wird, ist die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruchs viel grösser.

v_117

Beim Streben nach einem Verhandlungsergebnis beziehe ich die gegnerische Partei mit ein. v_118 Ver

hand

lung

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alte

rnat

iven

Ein Verhandlungsergebnis sollte für beide Parteien das bestmögliche Resultat sein. v_119

Das Verhandlungsergebnis muss objektiven Standards gerecht werden. v_120

Allgemeingültige Prinzipien helfen, vernünftige Verhandlungsergebnisse zu erzielen. v_121

Verhandeln nach objektiven Kriterien belastet die Beziehung der beiden Verhandlungsparteien nicht.

v_122

Ein Verhandlungsergebnis aufgrund objektiver Kriterien ist nachhaltiger als eins, bei welchem eine Partei die Kriterien vorgegeben hat.

v_123

Dim

ensi

on H

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pt

Krit

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n

Bei der Einigung auf Kriterien anhand derer das Verhandlungsergebnis verglichen wird, spielt Macht eine Rolle.

v_124

TAB. 6-02: IN DER BEFRAGUNG VERWENDETE INDIKATOREN DES HARVARD-KONZEPTES

Die vier Messmodelle sollen wie auch die Faktoren der beiden anderen Dimensionen anhand der gleichen Methoden der ersten und zweiten Generation statistisch überprüft werden. Einen ausführlichen Überblick über die vier Konstrukte und deren Ergebnisse der statistischen Auswertungen gibt die nachfolgende Tabelle 6-03.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

132

Die Beurteilung der Skala „Menschen & Probleme trennen“ liefert nur teilweise zufrieden stellende Resultate. Das Cronbachsche Alpha (CA) mit nur 0.636 sollte höher ausfallen und erreicht den verlangten Wert von 0.7 nicht. Ferner wird durch den Faktor auch zu wenig durchschnittliche Varianz erfasst. Im Zuge der Realiabilitätstests wird ein Item eliminiert, wodurch sich die Konsistenz des Faktors ein wenig besser wird. Die verbleibenden vier Items laden jedoch genügend hoch auf den Faktor. Die Ergebnisse der zweiten Generation bestätigen den Eindruck der Resultate der ersten Generation: So sind die Indikatorreliabilitäten ausreichend, dürften mitunter aber höher ausfallen. Die p-Werte erfüllen zweimal nur das Signifikanzniveau 0.005. Die globalen Fitmasse dahingegen sind ausreichend (RMSEA=0.000, AGFI=0.985, GFI=0.999, NFI=0.994, CFI=1.000), wodurch die Anpassung des Modells an die Realität als gelungen betrachtet werden kann. Das zweite Messmodell beschäftigt sich mit „Interessen und Positionen“ nach Fisher und Ury. Die vier übrig bleibenden Items erklären eine durchschnittlich erfasste Varianz von 54.643 Prozent und erfüllen auch die Mindestanforderung des Cronbach Alphas mit 0.721. Im Zuge der Reliabilitätsanalysen wird ein Item eliminiert. Die Methoden der zweiten Generation zeigen ebenfalls ein zufrieden stellendes Bild: So laden die einzelnen Items höher als die geforderten 0.4 auf den Faktor und die p-Werte erfüllen die Signifikanzniveaus. Die Gütemasse der KFA erfüllen zu guter Letzt ebenfalls die geforderten Mindestwerte (RMSEA=0.000, AGFI=0.976, GFI=0.995, NFI=0.989, CFI=1.000), insbesondere auch der Standardized RMR mit 0.0209, wodurch sich auch das zweite Messmodell als tauglich zur Operationalisierung des Harvard-Konzeptes erweist.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

133

Ausgangslage

1. Generation 2. Generation

EFA KFA

Stufe 1

Cro

nbac

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lpha

(CA

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FI

GFI

CFI

NFI

v_105 .511 .722 .81 (***)

v_106 .545 .655 .45 .003

v_107 .636 .412 eliminiert

v_108 .514 .701 .47 .002

Men

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.557 .629

47.846

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v_110 .684 .687 .49 (***)

v_111 .636 .767 .75 ***

v_112 622 .788 .83 ***

v_113 .698 .631 .42 ***

Inte

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en

v_114

.721

.721 .565

54.643

eliminiert

.000

.976

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v_115 .604 .846 .75 (***)

v_116 .662 .716 .73 ***

v_117 .688 .695 .60 ***

v_118 .695 .658 .40 ***

Ver

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v_119

.723

.723 .555

56.129

eliminiert

.058

.955

.996

.996

.990

v_120 .631 .782 .61 (***)

v_121 .659 .708 .61 ***

v_122 .678 .693 .49 ***

v_123 .612 .805 .82 ***

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ensi

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v_124

.754

.754 .432

57.759

eliminiert

.000

.999

1.000

1.000

1.000

TAB. 6-03: ÜBERSICHT ÜBER DIE WERTE DER MESSMODELLE DER DIMENSION HARVARD-KONZEPT

Die dritte Skala dieser Dimension, „Verhandlungsmöglichkeiten“, zeigt ein ähnliches Bild wie die vorhergegangene Skala: Durch die Elimination des Items v_119 erhöht sich die Konsistenz der Skala auf ein genügendes CA von 0.723. Die verbleibenden vier Items laden alle ausreichend hoch auf den Faktor und erklären eine Varianz von 56.129 Prozent. Interessant erweisen sich auch die Ergebnisse der KFA: So laden die vier Indikatoren mit mindestens 0.4 auf den Faktor, wobei Item v_118 gerade diesen Cut-Off-Wert erreicht. Dies könnte unter Umständen auch ein

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Grund dafür sein, dass bei den globalen Gütemassen der RMSEA durchaus im Rahmen, aber ein wenig höher als bei den anderen Skalen ausfällt (RMSEA=0.058, AGFI=0.999, GFI=1.000, NFI=0.990, CFI=1.000). Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0195 erlaubt nicht die Ablehnung der Skala „Verhandlungsmöglichkeiten“. Die vierte und letzte Skala des Harvard-Konzeptes operationalisiert den Aspekt der „Verhandlungs-Kriterien“. Von den vier Skalen, die das Harvard-Konzept zu operationalisieren versuchen, ist dieser Faktor der stärkste mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 57.759 Prozent und einem CA von 0.754, das nach der Elimination anhand der ItTK erreicht wird. Der durchwegs positive Eindruck wird durch die Ergebnisse der KFA bestätigt: Die globalen Gütemasse schaffen die Cut-Off Anforderungen mühelos (RMSEA=0.000, AGFI=0.999, GFI=1.000, NFI=1.000, CFI=1.000). Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0025 bestätigt ein sehr gutes Bild, welches durch die Indikatorreliabilitäten und p-Werte der einzelnen Items unterstrichen wird. Die Anpassung dieser Skala an die Realität kann ohne weiteres angenommen werden.

6.3.3 Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns

Im folgenden Abschnitt sollen die „Zyklen des Verhandelns“ von P.H. Gulliver operationalisiert und die statistischen Werte der einzelnen Messmodelle aufgezeigt und erläutert werden. Die ausführliche, inhaltlich-theoretische Vertiefung dieses Verhandlungsmodelles findet in Kapitel 4.3.1 statt. Gulliver unterscheidet sieben Faktoren der Zyklen des Verhandelns. Diese sieben Faktoren wurden in einem ersten Schritt anhand 15 Indikatoren beschrieben. Die qualitative Validierung durch Experten zog eine Indikatorenreduktion nach sich. Im Anschluss an diese Indikatorenreduktion wurden diese sieben Faktoren in den Fragebogen zu Verhandlungserfolg aufgenommen. Die statistisch-quantitative Aufbereitung und Auswertung wich jedoch vom Prozess von Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996) ein wenig ab: Auf Faktorenebene liessen sich die sieben theoretisch postulierten Faktoren zwar statistisch operationalisieren, allerdings liessen sie sich auf Dimensionenebene zu ungenau voneinander trennen. Daraufhin wurde eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt, die nur noch gerade vier Faktoren der „Zyklen des Verhandelns“ zu Tage förderte. Mit diesen

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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vier Faktoren wurde der Auswertungs- und Aufbereitungsprozess von Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996) wieder aufgenommen. Somit lassen sich für diese Studie vier relevante „Zyklen“ im Verhandlungsgeschehen unterscheiden. Zunächst wird anhand der untenstehenden Tabelle ein Überblick über diese erste von insgesamt drei Dimensionen, sowie über die einzelnen Indikatoren gegeben. Diese Tabelle zeigt zum einen alle Items, die im Fragebogen zur Erhebung der Dimension der Zyklen des Verhandelns verwendet wurden und zum anderen die einzelnen theoretischen Faktoren dieser Dimension. Die darauffolgende Tabelle gibt einen Überblick über die bereinigten Faktoren und Indikatoren. Im Anschluss daran zeigt Tabelle 6-06 die statistischen Werte. Auch diese Indikatoren wurden anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben, deren Ankerpunkte von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss an diesen Überblick sollen die einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte präsentiert werden.

Faktor Item Indikator

Je mehr ich über die andere Partei weiss, desto besser sind meine Verhandlungschancen. v_50

Die Beachtung von Informationen beeinflusst, wie ich meinen Verhandlungskontrahenten sehe und wahrnehme.

v_51

Meine Verhandlungsplanung basiert auf allen gesammelten Informationen. v_52

Der Einbezug on externen Informationsquellen ist wichtig bei der Informationssammlung. v_53

Info

rmat

ione

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Drit

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n

Auch ohne Informationen von Anderen schliesse ich Verhandlungen erfolgreich ab. v_54

Der Prüfung von relevanten Informationen kann nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden. v_55

Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab. v_56

Verhandeln bedeutet auch, dass man sich auf die gegnerische Partei genau so konzentriert wie auf die eigene.

v_57

Ein guter Verhandler braucht ein Gespür für wichtige Informationen. v_58 Wah

rneh

mun

g

Ich bin immer aufmerksam gegenüber Informationen meiner Verhandlungspartner. V_59

Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab. v_60

Ich muss die Erwartungen der Verhandlungspartner kennen, damit ich meine Verhandlungsziele festlegen kann.

v_61

Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine Verhandlung.

v_62

Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine Verhandlung.

v_63

Ford

erun

gen

und

Erw

artu

ngen

Je mehr ich über die Ziele der Gegenseite weiss, desto leichter erreiche ich meine eigenen Verhandlungsziele.

v_64

Meine Strategie wird im wesentlichen durch die Informationen, die ich besitze, definiert. v_65

Relevante Informationen fliessen direkt in meine Verhandlungsstrategie ein. v_66

Meine Strategie beinhaltet, welche Taktiken ich wann anwende. v_67

Meine Strategie ist ein Plan, der durch die erhaltenen Informationen definiert wird. v_68

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Ver

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Es ist wichtig zu wissen, dass man in Bezug auf die Verhandlung nie alles weiss. v_69

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

136

Ich passe meine Verhandlungsziele neuen Informationen immer wieder an. v_70

Bevor ich in eine Verhandlung trete, bin ich mir zumindest über mein Minimalziel im Klaren. v_71

Bevor ich in eine Verhandlung trete, bin ich mir zumindest über mein Maximalziel im Klaren. v_72

Eini

gung

s-

zone

Vor einer Verhandlung hab ich mir ein Wunschergebnis zwischen Minimal- und Maximalziel definiert.

v_73

Meine Verhandlungstaktiken sind stark beeinflusst durch die während der Verhandlung erhaltenen Informationen.

v_75

Ich passe meine Taktik der Verhandlungssituation an. v_76

Wenn ich beim Gegner eine Schwäche entdecke, dann greife ich diese sofort auf. v_77

Ich nutze Schwächen von Verhandlungspartnern immer gleich aus. v_78

Ver

hand

lung

s-

takt

iken

Wenn ich merke, dass mein Verhandlungspartner nicht die relevanten Informationen preisgibt, dann halte auch ich wichtige Infos zurück.

v_79

Wenn ich Informationen abgebe, schafft das Vertrauen. v_80

Ich gebe Informationen ab, damit die Verhandlung vorankommt. v_81

Informationen sind bei einer Verhandlung das wichtigste Element. v_82

Mit meinen abgegebenen Informationen will ich meinen Kontrahenten gezielt beeinflussen. v_83

Info

rmat

ions

-

abga

be

Durch meine Informationen versuche ich, den Verhandlungspartner für meine Verhandlungsziele zu gewinnen.

v_84

TAB. 6-04: FAKTOREN UND INDIKATOREN DIMENSION ZYKLEN DES VERHANDELNS

Die Indikatoren der Tabelle 6-04 wurden zunächst auf Faktorenebene den Verfahren der ersten Generation unterzogen. Diesbezüglich hätten die Resultate den Cut-Off-Werten genügt, allerdings liessen sich die Faktoren auf Dimensionenebene nicht genügend scharf voneinander trennen. Problematisch waren diesbezüglich vor allem die drei sehr informationslastigen Faktoren (Informationen von Dritt-Parteien, Wahrnehmung von Informationen und Informationsabgabe), die statistisch kaum voneinander zu unterscheiden waren und deshalb in einem einzigen Faktor „Information“ zusammengeführt wurden. Deshalb wurde diese Dimension, im Gegensatz zu den beiden anderen, einer Hauptkomponentenanalyse unterzogen. Diese brachte eine Verdichtung von ursprünglich sieben Faktoren auf nur noch vier mit sich.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

137

Faktor Item Indikator

Je mehr ich über die andere Partei weiss, desto besser sind meine Verhandlungschancen v_50

Die Beachtung von Informationen beeinflusst, wie ich meinen Verhandlungskontrahenten sehe und wahrnehme.

v_51

Meine Verhandlungsplanung basiert auf allen gesammelten Informationen. v_52

Der Einbezug on externen Informationsquellen ist wichtig bei der Informationssammlung. v_53 Info

rmat

ion

Meine Strategie beinhaltet, welche Taktiken ich wann anwende. v_67

Je mehr ich über die Ziele der Gegenseite weiss, desto leichter erreiche ich meine eigenen Verhandlungsziele.

v_64

Meine Strategie wird im Wesentlichen durch die Informationen, die ich besitze, definiert. v_65

Meine Strategie ist ein Plan, der durch die erhaltenen Informationen definiert wird. v_68 Stra

tegi

e

Informationen sind bei einer Verhandlung das wichtigste Element. v_82

Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab. v_56

Ich muss die Erwartungen der Verhandlungspartner kennen, damit ich meine Verhandlungsziele festlegen kann.

v_60

Erw

artu

ng

Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine Verhandlung.

v_63

Ich passe meine Verhandlungsziele neuen Informationen immer wieder an. v_70

Meine Verhandlungstaktiken sind stark beeinflusst durch die während der Verhandlung erhaltenen Informationen.

v_75

Zyk

len

des V

erha

ndel

ns

Anp

assu

ng

Ich passe meine Taktik der Verhandlungssituation an. v_76

TAB. 6-05: FAKTOREN UND INDIKATOREN DER DIMENSION ZYKLEN DES VERHANDELNS NACH

HAUPTKOMPONENTENANALYSE

Der erste Faktor „Information“ der Dimension „Zyklen des Verhandelns“, bestehend aus fünf Indikatoren, wird durch ein knapp genügendes Cronbach Alpa (CA) von 0.696 beschrieben. Die Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse sind jedoch ausreichend mit einer zwar ebenfalls nur knapp genügenden durchschnittlich erfassten Varianz von 46.862 und Ladungen zwischen 0.504 und 0.743. Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) dieses ersten Messmodelles erbringt folgende Ergebnisse: Die Indikatorreliabilitäten (IR) der Items liegen zwischen ausreichenden 0.48 und 0.65. Die p-Werte genügen allesamt den höchsten Anforderungen. Die globalen Gütekriterien (RMSEA=0.000, AGFI=0.976, GFI=0.992, NFI=0.974, CFI=1.000) weisen ebenfalls auf eine sehr gute Anpassung des Messmodells an die Realität hin. Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0251 spricht für die Beibehaltung des Fünf-Indikatoren-Modells zur Operationalisierung. Die detaillierten Ergebnisse der Operationalisierung der einzelnen Faktoren lassen sich der Tabelle 6-06 entnehmen.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

138

Das zweite Messmodell dieser Dimension besteht aus vier Items. Das CA fällt mit einem Wert von 0.750 sehr positiv aus. Ferner bestechen die Indikatoren durch sehr hohe Faktorladungen von 0.672 bis 0.839. Die Güte dieser Werte wird ebenfalls durch die hohe durchschnittlich erfasste Varianz mit einem Wert von 57.723 bestätigt. Die statistischen Werte der KFA übertreffen diejenigen der EFA: Die globalen Gütekriterien des zweiten Messmodells (RMSEA=0.000, AGFI=0.996, GFI=0.999, NFI=0.998, CFI=1.000) fallen sehr zufrieden stellend aus und weisen ebenfalls auf eine gute Anpassung des Messmodells an die Realität hin. Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0073 ist ausreichend, wodurch das Messmodell ins Strukturmodell integriert werden kann.

Ausgangslage

1. Generation 2. Generation

EFA KFA

Stufe 1

Cro

nbac

hs A

lpha

(CA

)

CA

nac

h It

ems-

Elim

inat

ion

(Ite

m-t

o-T

otal

-Kri

teri

um)

Lad

ung

∅ e

rf. V

aria

nz (i

n Pr

ozen

t)

Indi

kato

rrel

iabi

lität

p-W

ert

RM

SEA

AG

FI

GFI

CFI

NFI

v_50 .670 .504 .49 ***

v_51 .638 .637 .59 ***

v_52 .626 .706 .62 ***

v_53 .616 .743 .65 ***

F1 In

for-

mat

ione

n

v_67

.696

.681 .722

46.862

.48 ***

.000

.976

.992

1.000

.974

v_64 .730 .672 .55 (***)

v_65 .644 .839 .78 ***

v_68 .665 .769 .73 ***

F2 S

trat

egie

v_82

.750

.724 .739

57.723

.58 ***

.000

.996

.999

1.000

.998

v_56 .422 .728 .68 (***)

v_60 .481 .872 .59 ***

F4 E

r-

war

tun

v_63

.593

.564 .575

57.203

.47 ***

Df = 0

v_70 .586 .833 .50 (***)

v_75 .435 .789 .73 ***

Dim

ensi

on Z

ykle

n de

s Ver

hand

elns

F5 A

n-

pass

ung

v_76

.620 .538 .596

59.440

.58 ***

Df = 0

TAB. 6-06: OPERATIONALISIERUNG DER ZYKLEN DES VERHANDELNS NACH GULLIVER

Der dritte Faktor der „Zyklen des Verhandelns“ operationalisiert die Erwartungen, mit denen ein Verhandlungsführer in eine Verhandlung steigt. Dieses Messmodell besteht aus drei Indikatoren, welche eine durchschnittlich erfasste Varianz von

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

139

57.203 aufweisen. Des Weiteren laden die drei Items zwischen .575 bis .872 ausreichend hoch auf den Faktor. Aufgrund der eher tiefen Indikatorenanzahl fällt das Cronbach Alpha mit .593 bescheiden aus. Bei Skalen, die nur aus drei Items bestehen, liegt der Cut-Off-Wert des Cronbach-Alphas bei 0.6 (Bühner 2006, Homburg and Giering 1996). Deshalb kann das CA von .593 auch akzeptiert werden. Die Resultate der statistischen Auswertungsverfahren der zweiten Generation bestätigen die Ergebnisse der EFA: Die P-Werte sind alle auf hohem Niveau signifikant, nur gerade ein Item zeichnet sich durch eine etwas tiefere IR aus. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht möglich. Obwohl das CA sowie vereinzelte Ladungen der Items den Cut-Off nicht erreichen, wird das Messmodell aufgrund inhaltlicher Validität und Überlegungen beibehalten und nicht eliminiert. Der letzte Faktor dieser Dimension zeichnet sich durch bessere Werte als der vorherige Faktor aus. Mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 59.440 und Ladungen zwischen 0.596 und 0.833 fällt höchstens die Ladung des Items v_76 knapp aus, wobei es nicht eliminiert werden muss. Auch das CA fällt mit 0.620 nicht hervorragend, aber doch zufrieden stellend aus. Die Resultate der Verfahren der zweiten Generation widerspiegeln die der EFA voll und ganz. Die Indikatorreliabilitäten der drei Items liegen zwischen 0.500 und 0.730 und dies auf einem sehr strengen Signifikanzniveau. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht möglich. Die Werte der EFA sowie vor allem der KFA lassen auf eine ordentliche Anpassung des Modells an die Realität schliessen, was zur Annahme dieses Konstruktes führt. Generell jedoch muss festgehalten werden, dass die Operationalisierung dieser Dimension sich problematisch gestaltet hat. Vereinzelte Werte genügen den postulierten Gütekriterien und deren Cut-Off-Werten nicht. Allerdings wurde weiter oben bereits auf eine inhaltsorientierte Argumentation und Validität hingewiesen. Diese wird zwar auch nicht bei der soeben operationalisierten Dimension überstrapaziert, doch zumindest wird der Sinn dieses Postulats durch diese Dimension klar.

Page 140: Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte …FILE/... · Argumentationsketten zurückführen, als auf klar unterscheidbare Phasen, Zyklen und das sichtbare Verhalten des Verhandlungsführers

Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

140

6.3.4 Operationalisierung der Phasen des Verhandelns

Im folgenden Abschnitt sollen die „Phasen des Verhandelns“ operationalisiert und die statistischen Werte der einzelnen Messmodelle aufgezeigt und erläutert werden. Für die inhaltlich-theoretische Vertiefung der einzelnen Phasen des Verhandelns nach Gulliver sei an dieser Stelle auf das Kapitel 4.3.3 verwiesen. Gulliver (Gulliver 1979) unterscheidet für diese Studie sieben relevante Phasen im Verhandlungsprozess15. Zunächst wird anhand der untenstehenden Tabelle 6-07 ein Überblick über diese Dimension, sowie über die einzelnen Indikatoren gegeben. Diese Tabelle zeigt zum einen alle Items, die im Fragebogen zur Erhebung der Dimension Phasen des Verhandelns benötigt und verwendet wurden und zum anderen die einzelnen Faktoren der Dimension. Die Indikatoren wurden anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben, deren Ankerpunkte von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss an diesen Überblick sollen die einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte präsentiert werden.

15 Effektiv unterscheidet Gulliver im Totalen neun Verhandlungsphasen. Für diese Arbeit sind jedoch nur die sieben postulierten von Relevanz und werden weitergehend untersucht.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

141

Faktor Item Indikator

Die erste Chance für ein gutes Verhandlungsergebnis liegt in der Übernahme der Organisation des Verhandlungsortes.

v_35

Bei der Suche nach einem Verhandlungsort verhalte ich mich immer kooperativ. v_36

Wer den Verhandlungsort bestimmt, hat einen enormen Verhandlungsvorteil. v_37

Wenn der Verhandlungspartner aus der Organisation des Verhandlungsortes einen zu grossen Vorteil schlägt, muss dieser neu verhandelt werden.

v_38 Phas

e 1

Ver

hand

lung

sort

Die meisten Verhandlungspartner unterschätzen die Wahl und Wichtigkeit der Suche nach einem Verhandlungsort.

v_39

Die Bestimmung der zu verhandelnden Punkte macht einen Grossteil des Verhandlungserfolges aus.

v_40

Ich bin eher erfolgreich, wenn ich die Verhandlungspunkte selbst gestalten kann. v_41

Bei der Festlegung der Verhandlungspunkte folge ich einem klaren problemlösungsorientierten Ansatz.

v_42

Bei der Bestimmung der Verhandlungspunkte versuche ich, meine eigenen Punkte stärker zu gewichten als die der anderen Partei.

v_43

Phas

e 2

Age

nda

Mit dem Stil, wie man sich auf die Verhandlungspunkte einigt v_44

Am Anfang einer Verhandlung versuche ich, meine Forderungen möglichst hoch zu positionieren.

v_45

Informationen (…) zu Beginn einer Verhandlung sind wichtig, aber zumeist nicht entscheidend. v_46

Mit meinen Forderungen am Anfang provoziere ich meine Verhandlungspartner bewusst. v_47

Zu Beginn einer Verhandlung mache ich bewusst auf Unterschiede aufmerksam. v_48

Phas

e 3

Expl

orat

ion

Ich lasse im ersten Teil einer Verhandlung bewusst Emotionen zu. v_49

Nach einem ersten sehr emotionalen Teil mit übertriebenen Forderungen beginnt eine weniger emotionale Phase bei der man sich gegenseitig annähert.

v_85

Durch die Benennung der Differenzen wechselt das Verhandlungsverhalten von kompetitivem (durch Konkurrenz bedingtes, eher feindseliges Verhalten) zu kooperativem Verhalten.

v_86

Die Verhandlung gelangt nur dann zum Abschluss, wenn die Anzahl der Verhandlungs-Möglichkeiten auf irgendeine Weise verkleinert wird.

v_87

Kooperatives Verhalten ist enorm wichtig, damit eine Verhandlung zum Abschluss kommt. v_88

Phas

e 4

Ann

äher

ung

der P

arte

ien

Wenn die Schlussverhandlung naht, behindern Emotionen eine Verhandlung nur. v_89

Bevor man sich über die Hauptpunkte einigen kann, müssen sich die Verhandlungspartner soweit angenähert haben, dass eine Einigung möglich wird.

v_91

Damit eine Verhandlung zu einem redlichen Ende geführt werden kann, müssen sich beide Parteien über die Ober- und Untergrenzen im Klaren sein.

v_93

Wenn die Differenzen zwischen den Parteien nicht genau definiert worden sind, ist es nicht sinnvoll zu den Schlussverhandlungen überzugehen.

v_94 Phas

e 5

Vor

bere

itung

Schl

ussv

erha

ndlu

ng

Während der Verhandlung muss eine Zwischenvereinbarung bezüglich einer Ober- und Untergrenze getroffen werden.

v_207

Wenn es zur Schlussverhandlung kommt, bin ich mir über meine Erwartung völlig im Klaren. v_95

Wenn es zur Schlussverhandlung kommt, weiss ich, was die andere Seite will. v_96

Wenn es gegen Ende einer Verhandlung geht, bin ich mir bewusst, was meine Verhandlungspartner von mir erwarten.

v_97

Gegen Schluss einer Verhandlung bin ich eher zu Zugeständnissen bereit als zu Beginn. v_98_re

Phas

en d

es V

erha

ndel

ns n

ach

Gul

llive

r

Phas

e 6

Schl

ussv

erha

ndlu

ng

Übertriebene Forderungen akzeptiere ich im letzten Teil einer Verhandlung nicht mehr. v_99

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

142

Ein Einigungsritual am Ende einer Verhandlung festigt das Verhandlungsergebnis. v_100

Eine Verhandlung sollte mit einem Handschlag oder einer Unterschrift besiegelt werden. v_101

Ich finde es gut, am Ende einer Verhandlung eine symbolische Bekräftigung der Übereinkunft zu vollziehen.

v_102

Ich finde es wichtig, dass das Verhandlungsresultat auf eine symbolische Art beschlossen wird. v_103

Phas

e 7

Eini

gung

sritu

al

Ein Einigungsritual nach Beendigung der Verhandlung wirkt sich positiv auf weitere Verhandlungen mit derselben Verhandlungspartei aus.

v_104

TAB. 6-07: FAKTOREN UND INDIKATOREN DER DIMENSION PHASEN DES VERHANDELNS

Der erste Faktor dieser Dimension, der in dieser Arbeit empirisch analysiert wird, ist bei Gulliver die „Phase 1: Verhandlungsort“. Dieses Messmodell weist ein zufrieden stellendes Cronbach Alpha (CA) von 0.850 auf, allerdings erst nachdem anhand der Item-to-Total-Korrelation (ItTK) ein Item ausgeschlossen werden musste. Die daraufhin durchgeführte explorative Faktorenanalyse (EFA) führt mit einer Varianzaufklärung durch den extrahierten Faktor von 69.124% sowie über dem Mindestmass liegenden Faktorladungen ebenfalls zu guten Ergebnissen. Dadurch kann anhand vier Items das Konstrukt „Verhandlungsort“ operationalisiert werden. Dieses Ergebnis wird im Folgenden durch die Modellschätzung der konfirmatorischen Faktorenanalyse (KFA) bestätigt: Die Fitmasse (RMSEA=0.039, AGFI=0.963, GFI=0.993, NFI=0.992, CFI=0.998) weisen auf eine sehr gute Anpassung des Messmodells an die Realität hin. Ferner genügen die p-Werte, sowie auch die Indikatorreliabilitäten (IR) der vier geprüften Items den Anforderungen. Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0161 spricht für die Beibehaltung des Vier-Indikatoren-Modells zur Operationalisierung der Phase 1 des Verhandelns nach Gulliver. Die detaillierten Ergebnisse der Operationalisierung der einzelnen Faktoren lassen sich der Tabelle 6-08 entnehmen. Das nächste Messmodell, Phase 2 nach Gulliver „Agenda“, fällt durch ein ungenügendes CA von 0.611 auf, welches erst durch die Elimination von zwei Items zustande kommt. Die Ergebnisse der EFA sind jedoch ausreichend mit einer erfassten durchschnittlichen Varianz von 57.175 und Ladungen zwischen 0.628 und 0.836. Die KFA erbringt folgende Ergebnisse: Die IR der Items liegen zwischen 0.46 und 0.83. Die p-Werte genügen den Anforderungen. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

143

möglich. Prinzipiell müsste dieses Konstrukt eliminiert werden, allerdings soll es aufgrund inhaltlicher Validität beibehalten werden.

Ausgangslage

1. Generation 2. Generation

EFA KFA

Stufe 1

Cro

nbac

hs A

lpha

(CA

)

(Wer

t nac

h In

dika

tore

lim. i

n G

en 1

)

CA

nac

h It

ems-

Elim

inat

ion

(Ite

m-t

o-T

otal

-Kri

teri

um)

Lad

ung

∅ e

rf. V

aria

nz (i

n Pr

ozen

t) (W

ert n

ach

Indi

kato

relim

. in

Gen

1)

Indi

kato

rrel

iabi

lität

p-W

erte

Sig

nifik

anzn

ivea

us

RM

SEA

AG

FI

GFI

CFI

NFI

v_35 .658 .830 .76 ***

v_36 .850 .008 eliminiert

v_37 .635 .879 .86 ***

v_38 .680 .783 .69 ***

Phas

e 1

v_39

.850

.654 .830

69.124

.75 ***

.039

.963

.993

.998

.992

v_40 .599 .628 .46 (***)

v_41 .385 .766 .82 ***

v_42 ** ** eliminiert

v_43 .545 .836 .53 ***

Phas

e 2

v_44

.611

* *

57.175

eliminiert

Df = 0

v_45 .708 .578 .45 (***)

v_46 .737 .577 eliminiert

v_47 .656 .717 .57 ***

v_48 .661 .712 .69 ***

Phas

e 3

v_49

.737

.609 .846

56.520

.76 ***

.000

.996

1.000

1.000

.999

v_85 .752 .755 .63 (***)

v_86 .721 .777 .75 ***

v_87 .726 .806 .73 ***

v_88 .796 .449 eliminiert

Phas

e 4

v_89

.796

.728 .813

62.352

.72 ***

.076

.942

.988

.990

.981

v_91 .652 .505 .46 (***)

v_93 .599 .727 .73 ***

v_94 .640 .622 .62 ***

Phas

e 5

v_207

.679

.540 .899

55.543

.67 ***

.000

.977

.998

1.000

.993

v_95 .658 .795 .68 (***)

v_96 .644 .826 .70 ***

v_97 .641 .803 .70 ***

v_98_re *** *** eliminiert

Dim

ensi

on P

hase

n de

s Ver

hand

elns

Phas

e 6

V_99

.734

**** ****

65.348

eliminiert

Df = 0

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

144

v_100 .848 .827 .77 (***)

v_101 .877 .728 .62 ***

v_102 .853 .829 .79 ***

v_103 .836 .911 .88 ***

Phas

e 7

v_104

.880

.854 .810

69.180

.79 ***

.087

.928

.981

.988

.980

TAB. 6-08: STATISTISCHE WERTE DER OPERATIONALISIERUNG DER PHASEN DES VERHANDELNS

Das nächste zu operationalisierende Konstrukt ist die Phase 3 (Exploration) welches durch ein CA von 0.737 besticht. Die EFA genügt mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 56.520 und im Rahmen liegenden Ladungen der einzelnen Indikatoren. Im Zuge der Anwendung der Methoden der ersten Generation wird das Item v_46 (Informationen (…) zu Beginn einer Verhandlung sind wichtig, aber zumeist nicht entscheidend) aufgrund einer zu geringen Faktorenkonsistenz eliminiert. Signifikante p-Werte und Indikatorreliabilitäten, sowie sehr gute Fitmasse (RMSEA=0.000, AGFI=0.996, GFI=1.000, NFI=0.999, CFI=1.000) zeichnen die Ergebnisse der KFA aus. Abschliessend genügt auch der Standardized RMR mit guten 0.0049. Die ermittelten Werte sprechen insgesamt für das Messmodel „Phase 3: Exploration“. Die nächste zu operationalisierende Phase ist nach Gulliver die Phase 4, die Annäherung der Parteien. Mit 0.796 ist das CA des Faktors ausreichend, dies allerdings erst nach der ItTK, bei der ein Item eliminiert wird. Die EFA zeigt eine durchschnittlich aufgeklärte Varianz von 62.352 Prozent und ausreichend hohe Faktorladungen. Auch die statistischen Resultate der Methoden der zweiten Generation zeigen ein zufrieden stellendes Bild dieses Messmodells der Phase 4:

Die Indikatorreliabilitäten übersteigen das Mindestmass von ≥0.4 und die p-Werte sind signifikant. Die Fitmasse sind gut (RMSEA=0.076, AGFI=0.942, GFI=0.998, NFI=0.981, CFI=0.990), jedoch nicht überragend. Der Standardized RMR bewegt sich mit 0.0244 tendenziell am oberen Limit, aber noch im aktzeptablen Rahmen. Somit kann das Konstrukt „Annäherung der Parteien“ angenommen werden. Die Vorbereitung zur Schlussverhandlung (Phase 5) liefert nicht durchwegs zufrieden stellende Resultate. Das CA mit einem Wert von 0.679 kann gerade noch akzeptiert werden. Die ItTK birgt keine Verbesserungsvorschläge für die Reliabilität des Konstruktes. Mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 55.543 Prozent genügt das Messmodell, um es mit den Methoden der zweiten

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

145

Generation zu testen. Die KFA ergibt zum einen Indikatorreliabilitäten zwischen 0.46 und 0.73. Dabei sind die p-Werte durchwegs signifikant. Die globalen Fitmasse (RMSEA=0.000, AGFI=0.997, GFI=0.998, NFI=0.993, CFI=1.000), sowie der Standardized RMR mit 0.0160 sind dahingegen durchwegs ausreichend. Die Konsistenz des Faktors „Schlussverhandlung“ (Phase 6) wird durch ein CA von 0.734 ausgewiesen, dies jedoch erst durch die Elimination zweier Items. Die durchschnittlich erfasste Varianz beträgt 65.352 Prozent. Die drei verbleibenden Indikatoren laden hoch mit Werten von 0.795, 0.826 und 0.803. Die KFA ergibt zum Einen Indikatorreliabilitäten, die den Anforderungen entsprechen und zum Anderen signifikante p-Werte. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist jedoch aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht möglich. Das letzte Messmodell dieser Dimension, welches die siebente Phase, respektive das „Einigungsritual“ zeigt, zeichnet sich durch äusserst hohe Konsistenz aus. Dies wird durch ein CA von 0.880 ausgewiesen. Die fünf Items laden mit Werten zwischen 0.728 und 0.911 auf den Faktor und erfassen eine durchschnittliche Varianz von fast 70 Prozent. Die KFA bestätigt das sehr gute Bild der Methoden der ersten Generation: Die Indikatoren laden einerseits genügend hoch und andererseits erfüllen die p-Werte die Anforderungen. Die globalen Fitmasse (RMSEA=0.087, AGFI=0.928, GFI=0.981, NFI=0.980, CFI=0.988), sowie der Standardized RMR mit 0.0206 bestätigen die Anpassung des Modells an die Realität, wobei der RMSEA ein wenig zu hoch ausfällt.

6.4 Betrachtung der Ergebnisse der Strukturmodelle Gemäss der in Abbildung 6-01 dargestellten Vorgehensweise werden im folgenden die Ergebnisse der Strukturmodelle dargestellt und diskutiert, nachdem in den vorangegangenen Abschnitten die einzelnen Faktoren der Strukturmodelle operationalisiert und streng getestet wurden. Die Beurteilungskriterien bestehen in

dem bereits beschriebenen χ2-Test, der den ChiQuadrat-Wert durch die Freiheitsgrade teilt und nicht grösser als 3 sein sollte. Ferner kommen die Gütekriterien GFI, AGFI, RMR, RMSEA, die bereits weiter oben ausgeführt wurden, zum Einsatz. Die Cut-Off-Werte dieser Kriterien sind der Tabelle 6-01 zu

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

146

entnehmen. Zur Parameterschätzung für die drei Wirkungsmodelle wurde die Maximum-Likelihood-Methode (ML) verwendet. Diese Methode verlangt eine multivariate Normalverteilung der Daten (Homburg and Baumgartner 1995, S. 1102). Der Mardia-Test ergab leichte Abweichungen und Verletzungen der Normalverteilung, die aber innerhalb der postulierten Grenzen von < 2.0 für die Schiefe und Kurtosis < 7.0 liegen (Luthard 2003). Durch die leichte Verletzung der

Normalverteilung ist mit leicht erhöhten χ2-Werten zu rechnen (Bühner 2004, S. 232). Geringfügige Verletzungen der einzelnen geforderten Kriterien (Homburg 2000a, S. 93) werden in Kauf genommen, solange das Gesamtbild für eine hohe Qualität der Messung spricht (a.a.O., S. 93; Jensen 2001, S. 96).

6.4.1 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Harvard-Konzepts

Bevor eine ausführliche Interpretation der Ergebnisse der Untersuchungshypothesen erfolgt, soll zunächst die Gesamtstruktur des Wirkungsmodells „Harvard-Konzept“ beurteilt werden. Die unten nachfolgende Tabelle zeigt einerseits die berechneten Ergebnisse des Strukturmodells und andererseits die postulierten Cut-Off-Werte. Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert Geforderter Wert

χ2-Wert (Freiheitsgrade) 141.9 (121)

χ2-Wert/df 1.173 ≤ 3.000

RMSEA .034 ≤ 0.050

Standardized RMR .0504 ≤ 0.110

RMR .037 ≤ 0.050

CFI .977 ≥ 0.900

GFI (AGFI) .908 (.871) ≥ 0.900 TAB. 6-09: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES HARVARD-KONZEPTES

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

147

Die Parameterschätzung erfolgte anhand der ML-Schätzung und zeigte insgesamt eine gute Anpassung an das Datenmaterial. So beträgt das Verhältnis von Chi-Quadrat-Wert und Freiheitsgraden nur gerade 1.173, was deutlich unter dem streng formulierten Wert von 3.0 liegt. Die Modell-Fit-Indizes liegen bis auf eine Ausnahme alle im geforderten Rahmen. Der Root Mean Squared Error of Approximation liegt mit 0.034 unterhalb der postulierten 0.05 und verlangt keine Modellspezifikationen. Auch der RMR und der Standardized RMR liegen innerhalb der tolerierten Grenzen. Einzig der AGFI ist mit 0.871 ein wenig zu tief und erreicht den geforderten Cut-Off-Wert von 0.9 nicht. Da die restlichen Werte jedoch für eine sehr gute Modellanpassung sprechen, kann der AGFI-Wert dennoch toleriert werden. Dahingegen genügen der CFI und der GFI mit äusserst akzeptablen Werten und halten somit die Grenzen ein.

6.4.1.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des Harvard-Konzeptes

Die folgende Abbildung 6-02 zeigt die standardisierten Pfadkoeffizienten auf Basis der ML-Schätzung für die in Kapitel 4.1.6 hergeleiteten Untersuchungshypothesen für das Wirkungsmodell des Harvard-Konzeptes nach Fisher und Ury. Auf der Basis der Parameterschätzung konnten alle postulierten Hypothesen bestätigt werden. Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

148

Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf.

ABB. 6-02: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES WIRKUNGSMODELLS HARVARD-KONZEPT

Der vermutete Zusammenhang zwischen dem Harvard-Konzept und Verhandlungserfolg, sozusagen eine Haupt-Hypothese (H1 (+)), konnte deutlich bestätigt werden. Daraus lässt sich schliessen, dass Verhandeln nach dem Harvard-Konzept Verhandlungserfolg ermöglicht. Dies setzt allerdings die Anwendung und das Verständnis der vier Teilkompetenzen des Harvard-Konzeptes voraus. Im postulierten Second-Order Wirkungsmodell konnten durchwegs positive Zusammenhänge zwischen den Faktoren und dem übergeordneten Konstrukt des Harvard-Konzeptes festgemacht werden. So besteht ein signifikanter

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

149

Zusammenhang zwischen der Teilkompetenz „Menschen und Probleme trennen“ und dem übergeordneten Konstrukt des Harvard-Konzepts (H2(+)). In einem an Chandon, Wasink et al. (Chandon, Wasink et al. 2000, S. 65ff) angelehnten Verfahren zur Gewichtung von Faktoren bei reflektiven Second-Order Konstrukten wird die Wichtigkeit dieses Faktors im Verhältnis zu den anderen drei Faktoren ebenfalls signifikant unterstrichen, wie Tabelle 6-11 entnommen werden kann. Dieses Verfahren orientiert sich an der in der Untersuchung verwendeten Skalierung des Fragebogens. Diese fünfgliedrige Skala reicht, wie weiter oben bereits aufgeführt, von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“. Die verschiedenen Aussagen von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ erhalten Werte von 1 bis 5 zugeordnet, wobei der Wert 1 („stimme zu“) den stärksten Zusammenhang zwischen einer Aussage und dem jeweiligen Faktor beschreibt. Diese Logik wird auch im Verfahren nach Chandon et al. angewendet: In dieser Untersuchung sind Faktoren mit tiefen Mittelwerten die stärkeren, weil sie einen höheren Grad an Zustimmung aufweisen. Der Zusammenhang zwischen „Interessen und Positionen“ und dem übergeordneten Konstrukt ist zwar der tiefste der vier Messmodelle allerdings immer noch sehr deutlich erkennbar und signifikant (H3(+)). Die durchschnittlich erfasste Varianz ergibt einen zufrieden stellenden Wert von 54 Prozent. Die Ergebnisse für das sogenannte Fornell-Larcker-Kriterium sind der Tabelle 6-10 zu entnehmen und weisen mit einer Ausnahme zufrieden stellende Werte auf.

Fornell/Larcker-Kriterium

F1 F2 F3 F4

∅ erfasste Varianz

0.43 0.54 0.50 0.53

F1 0.43

F2 0.54 0.28

F3 0.50 0.53 0.50

F4 0.53 0.72 0.49 0.32 TAB. 6-10: FORNELL/LARCKER-KRITERIUM FÜR DIE FAKTOREN DES HARVARD-KONZEPTES

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

150

Der Mittelwert dieses zweiten Faktors weist mit fast 2.0 den höchsten Wert und somit die relativ kleinste Bedeutung für das Konstrukt des Harvard-Konzeptes auf. Nichtsdestotrotz müssen Verhandlungsführer darauf achten, Interessen und Positionen nicht zu verwechseln. Verhandelt werden müssen Interessen und nicht die an den Tag gelegten Positionen. Diese verhindern im Gegenteil sogar gute Verhandlungsergebnisse. Die vierte postulierte Hypothese wird ebenfalls bestätigt, da der Zusammenhang zwischen dem Faktor „Alternativen“ und dem übergeordneten Konstrukt deutlich aufgezeigt werden kann. Es ist demnach äusserst wichtig für Verhandlungen, möglichst sinnvolle, pragmatische Verhandlungsalternativen zu entwickeln, die für beide Seiten verhandel- und annehmbar sind (H4(+)). Die durchschnittlich erfasste Varianz ist mit einem Wert von 50 Prozent gerade noch zufriedenstellend. Strukturmodell Harvard-Konzept Mittelwert Signifikanz

Faktor 1 Menschen & Probleme 1.706 ***

Faktor 2 Interessen & Positionen 1.949 ***

Faktor 3 Alternativen 1.582 ***

Faktor 4 Kriterien 1.893 *** TAB. 6-11: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES HARVARD-KONZEPTES

Auch die letzte im Rahmen des ersten Wirkungsmodelles postulierte Hypothese kann bestätigt und somit die Nullhypothese verworfen werden, denn der Zusammenhang zwischen „Kriterien“ und dem übergeordneten Konstrukt ist wiederum sehr deutlich und signifikant (H5(+)). Damit wird empirisch bestätigt, dass objektive Beurteilungskriterien für allfällige Verhandlungsergebnisse äusserst wichtig sind. Wer im Rahmen des Harvard-Konzeptes erfolgreich verhandeln will, muss die zur Verhandlung stehenden Alternativen aufgrund objektiver Kriterien beurteilen.

6.4.2 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten zyklischen Verhandlungsmodelles nach Gulliver

Die Anpassung des Wirkungsmodells „Zyklisches Verhandlungsmodell“ nach Gulliver stellte sich als problematischstes der drei dar, wie auch schon weiter oben

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

151

beschrieben wurde. Aufgrund der Verfahren der ersten Generation wurden drei von sieben Faktoren eliminiert. Die Beurteilung des spezifizierten zyklischen Verhandlungsmodells umfasst demnach die vier Faktoren, welche im Wirkungsmodell der Abbildung 5-02 grafisch abgebildet sind. Das Verhältnis von Freiheitsgraden und dem Chi-Quadrat-Wert genügt sehr deutlich den in der Literatur (Bühner 2004; Jensen 2001) aufgeführten Werten mit 1.276. Der RMSEA beträgt 0.042, was ein ebenfalls genügender Wert ist, da der verlangte Cut-Off-Wert bei 0.08 liegt. Ferner entsprechen der Standardized RMR mit 0.055 und der RMR mit 0.037 den postulierten Werten von 0.110 bzw. 0.050. Auf der CFI und der GFI weisen auf eine gute Modellanpassung hin. Mit Werten von 0.953 und 0.906 liegen sie höher als die Mindestanforderung von 0.9. Dahingegen erreicht der Adjusted Goodness of Fit-Index den Wert von 0.9 nicht ganz. Mit seinen 0.869 liegt er leicht darunter. Da aber im Sinne von Homburg (Homburg 2000a) vereinzelte Verletzungen der Gütekriterien in Kauf genommen werden können, wird der AGFI toleriert. Die vollständigen Werte des spezifizierten Wirkungsmodells sind der folgenden Tabelle 6-12 zu entnehmen. Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert Geforderter Wert

χ2-Wert (Freiheitsgrade) 139.1 (109)

χ2-Wert/df 1.276 ≤ 3.000

RMSEA .042 ≤ 0.080

Standardized RMR .0550 ≤ 0.110

RMR .037 ≤ 0.050

CFI .953 ≥ 0.900

GFI (AGFI) .906 (0.869) ≥ 0.900 TAB. 6-12: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLES

6.4.2.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des zyklischen Verhandlungsmodells

Abbildung 6-03 zeigt die standardisierten Pfadkoeffizienten auf Basis der ML-Schätzung für die in Kapitel 4.3.2 hergeleiteten Untersuchungshypothesen für das Wirkungsmodell des Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver. Die Hypothesen 3 und 4 mussten verworfen werden, da sich diese Faktoren im Rahmen

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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der Verfahren der ersten Generation nicht operationalisieren liessen. Alle anderen aufgestellten Hypothesen konnten durch die Parameterschätzung bestätigt werden. Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen. Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf.

ABB. 6-03: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLS

Die Haupthypothese über den Zusammenhang des Zyklischen Verhandlungsmodells und Verhandlungserfolg kann deutlich bestätigt werden (H1(+)). Mit einem Effekt von 0.64 zwischen dem übergeordneten Konstrukt des ZVM und Verhandlungserfolg bei einem Signifikanzniveau von 0.001 muss die

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Nullhypothese abgelehnt werden. Somit kann festgehalten werden, dass durch das Verständnis von Zyklen in Verhandlungen mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Verhandlungserfolg eintritt. Wie ein Vergleich der Mittelwerte zeigt, stellt der Faktor der Informationen den wichtigsten der vier Messmodelle dar (Tabelle 6-14). Die Hypothese über den Zusammenhang zwischen Informationen und dem Zyklischen Verhandlungsmodell kann bei einem Signifikanzniveau von 0.001 deutlich angenommen und der Zusammenhang aufgezeigt werden (H2(+)). Informationen und zwar Informationen von Dritten, nicht zwingend der Verhandlung beiwohnenden Personen, wie auch Informationen der gegnerischen Partei und solche, die selber gewonnen wurden, stellen das zentrale Moment des Zyklischen Verhandlungsmodells dar. Die Ergebnisse für das Fornell-Larcker-Kriterium zeigen bis auf den ersten Faktor zufrieden stellende Ergebnisse. Da jedoch Informationen in alle Zyklen einfliessen, fallen die Werte des ersten Faktors für das Fornell-Larcker-Kriterium ungenügend aus. Nichtsdestotrotz wird dieser Faktor aufgrund inhaltlicher Validität im Modell belassen. Die weiteren Ergebnisse dieser Diskriminanzanalyse sind der Tabelle 6-13 zu entnehmen: Fornell/Larcker-Kriterium

F1 F2 F3 F4

∅ erfasste Varianz

0.31 0.41 0.32 0.34

F1(Info) 0.31

F2(Strat) 0.41 0.62

F3(Anpas) 0.32 0.43 0.29

F4(Erwart) 0.34 0.67 0.49 0.31 TAB. 6-13: FORNELL/LARCKER-KRITERIUM FÜR DIE FAKTOREN DES ZVM

Die Strategie, welche eine Verhandlungspartei verfolgt, weist einen deutlichen Zusammenhang mit dem von Gulliver postulierten und beschriebenen Zyklischen Verhandlungsmodell auf (H3(+)). Die Hypothese über den soeben beschriebenen Zusammenhang kann deutlich angenommen werden. Mit einer tolerierbaren durchschnittlich erfassten Varianz von 41 Prozent und einem Mittelwert von

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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1.5*** stellt der Faktor „Strategie“ eine unentbehrliche Grundlage für Verhandlungserfolg dar. Die dritte aufgeführte Hypothese vermutet einen Zusammenhang zwischen der Flexibilität eines Verhandlungsführers und der Güte des ZVM (H4(+)). Die Teilkompetenz der Anpassungsfähigkeit hat, wie im obigen Pfaddiagramm ersichtlich, einen höchst signifikanten Einfluss auf das übergeordnete Messmodell des Zyklischen Verhandelns. Somit kann die Nullhypothese (H40) deutlich verworfen werden, auch wenn die durchschnittlich erfasste Varianz nur gerade 32 Prozent beträgt. Durch den ständigen Informationsaustausch wird von einem Verhandlungsführer erwartet, dass er seine Strategie und seine Erwartungen ständig diesen Informationen anpasst. Diese Vermutung konnte durch diese quantitative Analyse eindeutig bestätigt werden. Allerdings stellt dieser Faktor im Rahmen des ZVM die am wenigsten wichtige Kompetenz dar, wie die folgende Mittelwert-Tabelle zeigt.

Strukturmodell ZVM Mittelwert Signifikanz

Faktor 1 Information 1.331 ***

Faktor 2 Strategie 1.500 ***

Faktor 3 Anpassung 1.799 ***

Faktor 4 Erwartungen 1.591 *** TAB. 6-14: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES ZVM

Die letzte postulierte Hypothese im Rahmen des Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver vermutet einen Zusammenhang zwischen den Erwartungen, die ein Verhandlungsführer an eine Verhandlung hat und der Qualität des Zyklischen Verhandelns (H5(+)). Auch dieser Pfadkoeffizient zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem übergeordneten Konstrukt des ZVM und dem Faktor „Erwartungen“. Die Nullhypothese (H50) muss verworfen werden. Messtechnisch problematisch stellt sich höchstens die relativ tiefe durchschnittlich erfasste Varianz mit einem Wert von 34 Prozent dar. Aufgrund der Logik des ZVMs werden die relativ tiefen durchschnittlich erfassten Varianzen aber toleriert. Eine Erläuterung dazu findet im siebten Kapitel statt. Nichtsdestotrotz liefert das Wirkungsmodell einen wesentlichen Erkenntnisbeitrag zum Zusammenhang von

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

155

Erwartungen über Minima und Maxima und dem ZVM, welches wiederum einen grossen Einfluss auf Verhandlungserfolg aufweist.

6.4.3 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Phasenmodells nach Gulliver

Die letzte hier betrachtete Parameterschätzung diskutiert die Ergebnisse des spezifizierten Phasenmodells nach Gulliver. Bevor im folgenden Absatz die Interpretation der Hypothesenprüfung erfolgen kann, wird hier die Gesamtstruktur des Phasenmodells beschrieben. Die Verfahren der ersten Generation ergaben beim vorliegenden Strukturmodell durchwegs zufriedenstellende Werte, die der Tabelle 6-15 zu entnehmen sind. Auch die Verfahren der zweiten Generation förderten mit zwei geringfügigen Abweichungen zufriedenstellende Resultate zu Tage. Die

verlangten ≤ 3.000 des Verhältnis von Chi-Quadrat-Wert und Freiheitsgraden wird mit 1.056 deutlich unterschritten und dies, obwohl der Mardia-Test eine leichte, aber tolerierbare Verletzung der Normalverteilung ergeben hat, was einen erhörten

χ2-Wert nach sich ziehen kann. Der CFI und der GFI liegen höher als die geforderten 0.900 und deuten auf eine gute Modellanpassung hin. Wie auch schon in den anderen beiden spezifizierten Modellen dieser Studie erreicht der AGFI nicht den Cut-Off-Wert von 0.9, wird aber vor allem aufgrund argumentativer Validierung mit 0.859 akzeptiert. Dieselbe Argumentation wird auch auf den RMR angewendet, der mit einer absolut vernachlässigbaren Verletzung von 0.003 über der Mindestforderung von 0.050 liegt. Dahingegen genügt der RMSEA mit 0.018 den postulierten 0.08. Auch die beiden Fit-Indizes CFI und GFI genügen mit 0.993 und 0.901 den verlangten 0.9.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Die vollständige Übersicht über die Werte der statistischen Verfahren der zweiten Generation können der folgenden Tabelle 6-15 entnommen werden. Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert Geforderter Wert

χ2-Wert (Freiheitsgrade) 262 (248)

χ2-Wert/df 1.056 ≤ 3.000

RMSEA .018 ≤ 0.080

Standardized RMR .0469 ≤ 0.110

RMR .053 ≤ 0.050

CFI .993 ≥ 0.900

GFI (AGFI) .901 (.859) ≥ 0.900 TAB. 6-15: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES PHASENMODELLS

6.4.3.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des Phasenmodells nach Gulliver

Das letzte analysierte Wirkungsmodell ist das Phasenmodell nach Gulliver, welches den Verhandlungsprozess in sieben unterscheidbare und aufeinanderfolgende Sequenzen unterteilt. Abbildung 6-04 zeigt wiederum auf Basis der ML-Methode die standardisierten Pfadkoeffizienten für die in Kapitel 4.3.4 hergeleiteten Untersuchungshypothesen für das Wirkungsmodell des Phasenmodells. Auf der Basis der Parameterschätzung können alle postulierten Hypothesen bestätigt werden. Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen. Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf. Die erste Hypothese über den Zusammenhang zwischen den Phasen des Verhandelns und Verhandlungserfolg kann deutlich angenommen werden (H1(+)). Dieser positive Einfluss lässt sich dem folgenden Pfaddiagramm entnehmen. Die erste Teilkompetenz der Phasen des Verhandelns besteht in der richtigen Wahl des Verhandlungsortes (H2(+)). Dieser übt wiederum einen signifikanten positiven Einfluss auf das übergeordnete Konstrukt des Phasenmodells aus. Mit einer hohen durchschnittlich erfassten Varianz von 59 Prozent weist das Konstrukt mit der letzten Phase 7 zusammen den höchsten Varianzanteil des gesamten Strukturmodells auf.

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

157

Die statistischen Werte der zweiten Phase (Agenda-Setting) sind denen des ersten Faktors sehr ähnlich, wenn auch die berechneten Werte ein wenig tiefer ausfallen. So kann die Hypothese bei einem Signifikanzniveau von 0.001 angenommen werden, dass das Agenda-Setting eine relevante Teilkomponente des Phasenmodells nach Gulliver bildet (H3(+)).

ABB. 6-04: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES PHASENMODELLS NACH GULLIVER

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Der Zusammenhang zwischen der „Expression der Differenzen“ und dem Phasenmodell stellt mit 0.97 den stärksten des gesamten Wirkungsmodells dar (H4(+)). Mit einer tolerierbaren durchschnittlich erfassten Varianz von 44 Prozent genügt auch diese Anforderung an den Faktor. Das Fornell-Larcker Kriterium ergibt für dieses Messmodell bis auf eine vernachlässigbare Überschreitung durchwegs akzeptable Werte. Nichtsdestotrotz zeigt das Wirkungsmodell die Wichtigkeit, in einer eher frühen Phase des Verhandelns den Emotionen Raum zu geben und diese auszudrücken. Die folgende Phase der „Annäherung“ durch die Äusserungen der zum Teil sehr überrissenen Forderungen der beiden Parteien genügt zunächst mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 49 Prozent. Der Zusammenhang zwischen dieser Teilkompetenz und dem Phasenmodell als Ganzem beträgt 0.94 bei einem Signifikanzniveau von 0.001. Somit kann die Hypothese (H5(+)) deutlich angenommen werden. Fornell/Larcker-Kriterium

F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7

∅ erfasste Varianz

0.59 0.51 0.44 0.49 0.43 0.48 0.59

F1(PH1) 0.59

F2(PH2) 0.51 0.53

F3(PH3) 0.44 0.42 0.49

F4(PH4) 0.49 0.46 0.37 0.94

F5(PH5) 0.43 0.36 0.23 0.54 0.64

F6(PH6) 0.48 0.15 0.00 0.06 0.00 0.05

F7(PH7) 0.59 0.12 0.07 0.09 0.18 0.20 0.03 TAB. 6-16: FORNELL/LARCKER FÜR DIE FAKTOREN DES PHASENMODELLS

Der „Übergang zur Schlussverhandlung“ zeichnet sich durch kooperatives Verhalten aus. Die Verhandlungsparteien postulieren keine überrissenen sondern realistische Forderungen und Verhandlungslösungen. Diese Teilkompetenz zeigt einen signifikanten und hypothesenbestätigenden Zusammenhang zum

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Phasenmodell mit einem Wert von 0.78 (H6(+)). Der durchschnittlich erfasste Varianzanteil beträgt lediglich 43 Prozent und könnte höher ausfallen. Da allerdings das Fornell-Larcker Kriterium positive Werte liefert stellt die Varianz kein Problem dar. Die Wichtigkeit dieses Faktors zeigt sich im Vergleich mit den anderen Phasen. Der Mittelwert des Faktors zeigt den zweittiefsten und somit zweitwichtigsten Wert aller sieben beschriebenen Faktoren. Nicht unerwartet ist der wichtigste Faktor derjenige der „Schlussverhandlung“ (Phase 6), welcher den tiefsten aller Mittelwerte aufweist (1.481). Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass der Zusammenhang dieser Teilkompetenz und dem Phasenmodell nur sehr gering ausfällt. Dahingegen genügt die durchschnittlich erfasste Varianz des Faktors mit knapp 50 Prozent. Das Fornell-Larcker-Kriterium weist durchwegs zufriedenstellende Werte für diesen sechsten Faktor auf. Deshalb wird die Hypothese (H7(+)) auch nicht verworfen, sondern angenommen - wenn auch nicht deutlich. Strukturmodell des Phasenmodells Mittelwert Signifikanz

Faktor 1 Verhandlungsort 2.597 ***

Faktor 2 Agenda Setting 2.292 ***

Faktor 3 Expression der Differenzen

2.468 ***

Faktor 4 Annäherung 2.377 ***

Faktor 5 Vorbereitung der Schlussverhandlung

1.656 ***

Faktor 6 Schlussverhandlung 1.481 ***

Faktor 7 Einigungsritual 1.578 *** TAB. 6-17: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES PHASENWIRKUNGSMODELLS

Der letzte zu beschreibende Faktor im Rahmen des Phasenmodells nach Gulliver ist der Faktor des „Einigungsritual“ und deren Einfluss auf das Gesamtmodell. Diesbezüglich muss festgehalten werden, dass das „Einigungsritual“ eine relevante Komponente des Phasenmodells darstellt (H8(+)). Der Zusammenhang zwischen dem Faktor und dem übergeordneten Konstrukt beträgt 0.38, wodurch die Hypothese doch deutlich angenommen und die Nullhypothese verworfen werden

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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kann. Mit 59 Prozent erreicht dieser Faktor zusammen mit dem Faktor der ersten Phase die höchste durchschnittlich erfasste Varianz des gesamten Wirkungsmodells. Dies zieht auch durchwegs gute Werte beim Fornell-Larcker-Kriterium nach sich.

6.5 Zusammenfassende Betrachtung der Resultate Im folgenden Abschnitt sollen die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Kapitels überblicksartig zusammengefasst werden. Die Haupterkenntnis liegt im Zusammenhang zwischen den drei Konstrukten und Verhandlungserfolg. Diesbezüglich lässt sich jeweils ein deutlicher Einfluss der Modelle auf Verhandlungserfolg feststellen. Die Zusammenhänge der jeweiligen Konstrukte lassen sich der folgenden Tabelle entnehmen. Verhandlungsmodell Zusammenhang

Phasenmodell 0.56***16

Zyklisches Verhandlungsmodell

0.64***

Harvard-Konzept 0.43***

Verhandlungserfolg

TAB. 6-18: ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNG DER ZUSAMMENHÄNGE

Den stärksten Zusammenhang zeigt das im Zuge der Operationalisierung problematischste Strukturmodell: Das Zyklische Verhandlungsmodell weist einen Zusammenhang von 0.64 auf. Nur unwesentlich weniger stark ist der Zusammenhang zwischen dem Phasenmodell und Verhandlungserfolg. Der Wert von 0.56 weist auf eine hohe Verhandlungserfolgswahrscheinlichkeit beim Verhandeln nach dem Phasenmodell hin. Auch das Harvard-Konzept weist mit 0.43 eine starke Beziehung auf. Da die Zusammenhänge der drei Verhandlungsmodelle so nah beieinander liegen, wäre es jedoch unangebracht, von einem besten und einem schlechtesten Verhandlungsmodell zu sprechen.

16 *** entspricht einem Signifikanzniveau von 0.001

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Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse

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Nebst den deutlich angenommenen Haupthypothesen der drei Verhandlungsmodelle gilt es, die Güte der spezifizierten Modelle zu unterstreichen. So ist es dem Autor gelungen, die drei Modelle zum ersten Mal zu operationalisieren und statistisch zu testen. Die Überprüfung der drei Verhandlungsmodelle bediente sich der neusten statistischen Verfahren. Diesbezüglich gilt es, höchstens Teilbereiche der Güte des Zyklischen Verhandlungsmodells zu kritisieren. Der simultanen Erfüllung der Anforderungen von Homburg (Homburg 2000a) kann mit Bestimmtheit nicht nachgekommen werden, doch ist diese auch nicht postuliert. Auf die Problematik der Operationalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells soll im nächsten Kapitel detaillierter eingegangen werden. Im Gegensatz zum ZVM gelang die Operationalisierung der beiden anderen Modelle fast durchwegs optimal. Ein weiterer interessanter Punkt scheint der jeweilige modellinterne Vergleich der Mittelwerte, da dieser allenfalls Schwerpunktsetzungen ermöglicht. Interessant sind die analysierten Ergebnisse nun aber vor allem deshalb, weil die Mittelwerte sehr nahe beisammen liegen. In diesem sechsten Kapitel wurde zum einen das auswertungsmethodische Vorgehen beschrieben und erläutert und zum anderen die Ergebnisse für die drei Wirkungsmodelle ausführlich aufgezeigt. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend sollen im nächsten und letzten Kapitel Schlussfolgerungen gezogen und ein Ausblick für zukünftige Forschung geboten werden. Die Schlussfolgerungen werden in drei Absätzen abgehandelt. Zunächst sollen Implikationen für die Verhandlungs- oder Marketingtheorie entwickelt und präsentiert werden. Danach soll den Implikationen für die Verhandlungs- und Verkaufspraxis ein Abschnitt gewidmet werden, der das in dieser Studie analysierte Wissen auch der Praxis zugänglich machen soll. Den Abschluss der vorliegenden Dissertation bildet ein Ausblick mit Anregungen für zukünftige Forschung im Bereich der Verhandlungsforschung.

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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7 Schlussfolgerungen und Ausblick

Es gibt Dinge über die man sich einigen kann - und es gibt wichtige Dinge.

(Max Planck zugeschrieben)

Die vorliegende Arbeit setzt sich nicht nur mit einem betriebswirtschaftlich relevanten, sondern mit einem gesellschaftlichen Problem auseinander. Verhandlungen bestimmen unser privates und berufliches Dasein häufiger und weitreichender als angenommen. Deshalb sollen in diesem letzten Kapitel dieser Dissertation zunächst Schlussfolgerungen bezüglich der theoretischen und methodischen Arbeit und Analyse aufgezeigt werden. Darauf folgen Restriktionen der Untersuchung mit einem anschliessenden Ausblick mit Anregungen für zukünftige Forschung im Bereich von Verhandlungen und Marketing-Verhandlungen. Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Erkenntnis, die in Kapitel 2 dargestellt wird, dass in der Verhandlungsforschung entweder der Praxisbezug fehlt oder aber Verhandlungen oder deren Effekte mit ungeeigneten Methoden erforscht werden. Dies erstaunt umso mehr, wenn man sich vor Augen hält, wie eminent wichtig Verhandlungen sein können und wie stark diese unsere Gesellschaft durchdringen. Im beruflichen Alltag, insbesondere im Marketing, finden häufig Verhandlungen über Produkte, Strategien oder Verträge statt. Wenn ein Einkäufer des Süssigkeitenproduzenten Ferrero mit einem Einkäufer eines Grossverteilers über Sortiment, Volumina, Preise oder Ausstellungsort verhandelt, so unterliegen diese Verhandlungen bestimmten Phasen und Zyklen. Verhandlungen finden aber eben nicht nur im B2B-Marketing statt sondern auch im B2C. So verhandeln täglich unzählige Aussendienstmitarbeiter im Verkauf. Gerade diese Verhandlungen werden zumeist höchst unprofessionell und ohne theoretischen Hintergrund geführt.

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Die folgende Abbildung aus dem zweiten Kapitel soll noch einmal zeigen, welches die übergeordneten Fragen und somit auch Antrieb dieser Studie sind.

ABB. 7-01: ZIELSETZUNGEN DER DISSERTATION

Im zweiten Kapitel wurde der erste Frageblock der Abbildung 7-01, der nach der Bedeutung von Verhandlungen fragt, ausführlich aufgearbeitet. Hartig (1995) schreibt bezüglich der Bedeutung von Verhandlungen sogar vom „Zeitalter des Verhandelns“, womit der Autor zwar ein grosses, aber nicht zwingend übertriebenes Wort braucht. Auf Basis der unzähligen Definitionen von Verhandeln könnte fast die kontroverse These aufgestellt werden, dass je wichtiger eine Thematik scheint, desto uneiniger ist man sich über deren Kerneigenschaften. So soll an dieser Stelle Pruitt, stellvertretend für viele andere Forscher, Verhandlungen treffend definieren: „Negotiation is a form of decision making in which two or more parties talk with one another in an effort to resolve their opposing interests“ (Pruitt 1981, S. xi). Im dritten Kapitel wurden des weiteren Unterschiede zwischen normativen und deskriptiven Verhandlungsmodellen erläutert. Dies war deshalb von Interesse, da einerseits die empirisch überprüften Modelle deskriptiver und normativer Natur waren und andererseits der Sinn und Logik von Verhandlungsmodellen im Allgemeinen aufgezeigt werden konnte. Ein weiterer Schwerpunkt des dritten Kapitels war die Aufarbeitung des Body of Literature dieser Dissertation und die Ableitung der zentralen Forschungsfragen:

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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1) Modell-Test und –Entwicklung Untersucht werden sollte, ob ein Modell dem anderen als Ganzes oder in Teilen in Bezug auf den Erklärungsgehalt für Verhandlungserfolg überlegen ist. Dafür wurden drei Modelle analysiert und spezifiziert. 2) Erfolgssteuerung Anhand des Modell-Tests sollten Erfolgsfaktoren bestimmt werden, die den drei Verhandlungsmodellen entnommen und spezifiziert wurden. 3) Die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und Forschung Dieser dritte Punkt ging einher mit der Arbeit an den ersten beiden Zielsetzungen. Durch die ausführliche Auseinandersetzung konnte aufgezeigt werden, wie stark Verhandlungen das private und wirtschaftliche Wirken durchdringen. Inhalt des vierten Kapitels waren die zentralen Konstrukte und Modelle der Studie. So wurden im ersten Absatz die Grundlagen für das erste zu operationalisierende Verhandlungsmodell geschaffen. Rationales Verhandeln steht am Ursprung des Harvard-Konzepts (Fisher, Ury et al. 2001). Rationales Verhandeln basiert auf den theoretischen Arbeiten zu Konsensfindung und Kooperationsforschung der Spieltheorie, die Individuen rationales Handeln unterstellen. Im Anschluss an die Ausführungen zu rationalem Verhandeln und dem Harvard-Konzept wurde bewusst der Faktor Mensch in einem Exkurs ausgeführt, der auf die Unzulänglichkeiten des menschlichen Verhaltens und Denkens, auch bei Verhandlungen, hinweisen soll. Die Überlegungen zu Emotionen und kognitiven Effekten münden zumindest zu einem gewissen Teil in die Arbeit von Gulliver (Gulliver 1979), der einerseits ein zyklisches und andererseits ein prozessorientiertes Verhandlungsmodell entwickelt hat und den Einfluss von Emotionen zwar nicht explizit aber doch indirekt miteinbezogen hat. Diese deskriptiven Modelle wurden wie auch das normative Harvard-Konzept in zu testende Faktoren zerlegt, die an der Verhandlungsrealität einem quantitativ-empirischen Test unterzogen wurden. Gegenstand des fünften Kapitels waren die Grundlagen und Methoden der empirischen Untersuchung dieser Dissertation. Nachdem eine

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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wissenschaftstheoretische Situierung anhand zweier gegensätzlicher Richtungen und der Synthese daraus erfolgte, wurden im Anschluss daran noch einmal die Untersuchungshypothesen aufgeführt, nachdem diese bereits im vierten Kapitel, direkt im Anschluss an die jeweiligen Theorien, dargestellt wurden. Im Zentrum des fünften Kapitels standen jedoch die drei spezifizierten Wirkungsmodelle, die von den im vierten Kapitel theoretisch beschriebenen Verhandlungsmodellen abgeleitet wurden. Alle Untersuchungshypothesen beziehen sich auf diese drei spezifizierten Wirkungsmodelle. Den Abschluss des fünften Kapitels bilden Ausführungen zum empirischen Design der vorliegenden Studie. In Kapitel 6 wurden zum Einen das auswertungsmethodische Vorgehen und zum anderen die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert. In einem an Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996) angelehnten Auswertungsverfahren wurden die Daten anhand adäquater, dem Untersuchungsgegenstand entsprechenden Methoden analysiert. Auf Basis dieser aufbereiteten Daten wurden die Untersuchungshypothesen anhand statistischer Verfahren der ersten sowie der zweiten Generation überprüft. Die zentralen Erkenntnisse aus der statistischen Analyse lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Alle drei untersuchten Verhandlungsmodelle erklären Verhandlungserfolg. Der Zusammenhang zwischen dem Harvard-Konzept und Verhandlungserfolg beträgt 0.43.

ABB. 7-02: ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN VERHANDLUNGSMODELLEN UND ERFOLG

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Der Einfluss der beiden Gulliver-Modelle auf Verhandlungserfolg ist noch grösser: Mit 0.64 ist der Zusammenhang zwischen dem ZVM und Verhandlungserfolg doch beträchtlich und die Hypothese, dass das Modell einen positiven Einfluss auf den Erfolg ausübt, konnte deutlich bestätigt werden, wie der obigen Abbildung entnommen werden kann. Auch das letzte operationalisierte Verhandlungsmodell, das Phasenmodell nach Gulliver, übt einen positiven Einfluss auf Verhandlungserfolg aus mit einem Wert von 0.56, wodurch auch diese Hypothese deutlich bestätigt werden konnte. Die Verifizierung der im vierten sowie im fünften Kapitel postulierten Hypothesen interessiert auch in Bezug auf den wissenschaftlichen Beitrag zur Modellentwicklung. So darf hier festgehalten werden, dass die bis anhin qualitativ erforschten und analysierten Modelle einerseits mit modernen statistisch-quantitativen Methoden und andererseits in einem anderen Setting getestet wurden. Der Beitrag dieser Studie liegt sicherlich darin, dass das Harvard-Konzept sowie das Phasenmodell Gullivers einem quantitativen Praxistest unterzogen wurden und die Modelle diesen bestanden haben, wodurch die Güte und Reichweite der beiden Konstrukte erweitert wurde. Ein weiterer interessanter Punkt scheint der jeweilige modellinterne Vergleich der Mittelwerte, da dieser allenfalls Schwerpunktsetzungen ermöglicht. Interessant sind die analysierten Ergebnisse nun aber vor allem deshalb, weil die Mittelwerte sehr nahe beisammen liegen, woraus gefolgert werden kann, dass die Modelle als Ganze verstanden und angewendet werden müssen und eben genau keine Schwerpunkte gesetzt werden können.

7.1 Implikationen für die Theorie Der Abschnitt über die Implikationen für die Theorie unterscheidet drei inhaltlich-theoretische und zwei methodisch-empirische Implikationen. Die erste wesentliche inhaltlich-theoretische Implikation besteht in den Modellbestätigungen. Die drei theoretisch und bis anhin qualitativ erforschten und beschriebenen Verhandlungsmodelle genügen dem in dieser Studie unterzogenen, quantitativen Praxistest. Das Verhandlungsmodell des Harvard-Konzepts wird

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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durch diese Studie in seiner theoretischen Struktur und Logik quantitativ bestätigt. Dasselbe gilt für das Phasenmodell von Gulliver. Auch bei diesem lassen sich die sieben von Gulliver beschriebenen Phasen empirisch nachweisen, auch wenn, wie Abschnitt 6.3.4 zu entnehmen ist, mindestens bei einer Phase die Operationalisierung nicht optimal gelungen ist. Nur gerade das Zyklische Verhandlungsmodell wurde erheblich spezifiziert und der Praxis angepasst, da sich bestimmte informationslastige Faktoren (die Rede ist von den Faktoren „Informationen von Drittparteien“, „Wahrnehmung von Informationen“ und „Informationsabgabe“) nicht voneinander unterscheiden liessen und zu einem einzigen Faktor „Information“ zusammengefasst werden mussten. Dies hat sich aber bereits in der theoretischen Vertiefung abgezeichnet, da das Zyklische Verhandlungsmodell von Gulliver faktisch als Metamodell betrachtet werden kann, welches in das Phasenmodell von Gulliver einfliesst. Nichtsdestotrotz wurde das ZVM operationalisiert und der Zusammenhang zwischen dem Modell und Verhandlungserfolg konnte deutlich bestätigt werden. Ein zweiter wesentlicher Beitrag liegt in der Arbeit auf Faktorenebene. Durch die exakte Operationalisierung der Modelle und die adäquaten statistischen Methoden können Aussagen über die Gewichtung der einzelnen Faktoren gemacht werden. Anhand der Mittelwerte können Vergleiche zwischen den einzelnen Faktoren eines Modells gezogen werden. Nicht möglich sind auch auf Faktorenebene modellübergreifende Vergleiche. Dies wäre allenfalls ein Ansatz für weitergehende Studien. Nichtsdestotrotz erlauben die Resultate Aussagen über die relative Wichtigkeit der einzelnen Konstrukte, wobei dazu die Erkenntnis relativierend festgehalten werden muss, dass sich die einzelnen Modellfaktoren in ihrer Wichtigkeit sehr gering unterscheiden. Ein dritter Beitrag zur Verhandlungsforschung wurde durch die Erfüllung der Forderung von Alexander (Alexander, Schul et al. 1994) nach vermehrter prozessualer Verhandlungsforschung im Industriekontext geleistet. Durch den Test des prozessorientierten Phasenmodells nach Gulliver im Kontext des Verkaufs eines internationalen Industrieunternehmens wurde auch dieser wichtigen Forderung Rechnung getragen.

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Methodisch wurden im Laufe der Studie zwei wesentliche Forderungen postuliert, die teilweise erfüllt worden sind. Zum einen wurde der Forderung Evans und Beltraminis (Evans and Beltramini 1987, S. 60ff) nach adäquater Forschungsmethodik im Bereich der Verhandlungsforschung mit dem Forschungsvorgehen von Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996) nachgekommen. Auch kann der Studie nicht die Kritik entgegengebracht werden, dass sie nur Aspekte untersucht, die einfach und mit unterkomplexen statistischen Methoden zu analysieren sind. Ob die in dieser Studie erzielten Beiträge zur Verhandlungsforschung jedoch „hard to quantify“ Phänomene sind, die sich Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1995, G 56), stellvertretend für die Verhandlungsforscher wünschen, wird die zukünftige Forschung zeigen.

7.2 Implikationen für die Praxis Auf Basis der gewonnen Ergebnisse der theoretischen Auseinandersetzung und vor allem der empirisch-quantitativen Arbeit lassen sich als weitere Implikationen für die unternehmerische Praxis ableiten. Diese Implikationen sollen in Form von sechs Folgerungen nachfolgend erläutert werden.

Folgerung 1: Erfolg ist planbar

Eine erste zentrale Folgerung aus der Analyse der drei Verhandlungsmodelle ist, dass Erfolg bei Verhandlungen planbar ist – und dies unabhängig von Ausbildung, Alter und Erfahrung. Durch funktionierende, einfach verständliche und doch nicht unterkomplexe Modelle wird Verhandlungswissen und schliesslich auch Erfolg demokratisiert. Modelle vereinfachen die Realität, allerdings strukturieren sie diese auch. Gerade bei Verhandlungen, die zumeist an einem hohen Mass an Komplexität scheitern, ist es wichtig, einen Handlungsrahmen präsent zu haben. Dieser Handlungsrahmen allein verspricht noch keinen Erfolg, allerdings bildet er die Leitlinien für erfolgreiches Handeln. Dazu sind aber Kenntnisse über die Modelle und deren Faktoren im Einzelnen wichtig. Festgehalten werden muss

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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weiter, dass nicht alle Faktoren bei jeder Verhandlung gleich wichtig, jedoch immer von Bedeutung sind. Je nach Länge der Beziehung, Erfahrung oder Ausbildung werden Verhandlungsführer unterschiedliche Schwerpunkte setzen können und müssen, ohne aber die Gesamtmodelle aus dem Fokus zu verlieren.

Folgerung 2: Modellwissen ist wichtig

Die Forderung der Unternehmenspraxis nach funktionierenden Verhandlungsmodellen erfolgte explizit in einem der geführten Interviews und dies obwohl Gifford festgestellt hat, dass „everyone knows what negotiation is“ (Gifford 1989, S. 2). Mit dieser Studie konnte empirisch ein Beitrag zur Modellentwicklung geleistet werden. Jede Verhandlung, ob komplex oder einfach, kompetitiv oder kooperativ, distributiv oder integrativ, kurz oder lang, unterliegt einem ähnlichen Ablauf und einer analogen Struktur. Eine solche empirisch überprüfte Struktur weist auch das Phasenmodell von Gulliver auf. Dieses lässt sich in sieben Phasen unterteilen. Jede erfolgreiche Verhandlung wird diese Phasen in ähnlicher Art durchlaufen. Das Wirkungsmodell des Harvard-Konzepts liefert dahingegen Wissen zum Umgang mit Interessen, Menschen, Verhandlungsalternativen und Beurteilungskriterien, die ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf Verhandlungserfolg haben. Modellwissen ist deshalb wichtig, weil es dem Verhandlungsführer hilft, „ein flexibles strategisches Rahmenkonzept, innerhalb dessen sich verschiedenartige Strategien taktisch umsetzen lassen und wirkungsvoll entfalten können“, umzusetzen (Hartig 1995, S. 250). Es gilt deshalb, die beiden spezifizierten Verhandlungsmodelle (Harvard-Konzept und Phasenmodell) einerseits zu kennen und andererseits zu beherrschen, damit nachhaltiger Verhandlungserfolg angestrebt werden kann.

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Folgerung 3: Nicht die Anzahl von Phasen ist wichtig, aber das Wissen, dass es solche immer gibt

Eine vermeintlich simple Folgerung aus der Analyse der Verhandlungsmodelle besteht darin, dass es nicht wichtig ist, wie viele Phasen ein Modell hat, sondern dass es Phasenmodelle gibt, die Verhandlungen erklären können. Der Peter Drucker zugeschriebenen Aussage: „It’s simple, but not easy!“ muss auch bezüglich der dritten Folgerung Richtigkeit zugeschrieben werden. Verhandlungsführer müssen Verhandlungen konzeptionell begreifen und planen. Dann sollte Verhandlungserfolg auch für weniger erfahrene Verhandler und ohne den Umweg über unzählige Niederlagen, greifbar werden. Die vorliegende Studie hat ferner aufzuzeigen vermocht, dass nicht allen Verhandlungsmodell-Faktoren die gleiche Wichtigkeit beigemessen werden kann. Dahingegen sind die erhobenen Unterschiede zu gering, um innerhalb eines Modells einen speziellen Faktor als den ultimativen darzustellen. Wichtig ist, die Modelle und Faktoren im Zusammenhang zu begreifen und danach zu handeln und sich trotzdem immer wieder zu vergegenwärtigen, wo man gerade in der Verhandlung steht und was man über die jetzige Situation weiss.

Folgerung 4: Rationalität steigern

Rationalität ist ein grosses Postulat in der Verhandlungsforschung und -theorie, eingebracht vor allem von Spieltheoretikern und Wissenschaftlern der normativen Schule. Wie im Abschnitt 4.1 aufgezeigt wurde, kann vollkommene Rationalität nie vorausgesetzt werden. Da aber Verhandlungsergebnisse mit einem hohen Mass an Rationalität zumeist die besseren sind, sollte versucht werden, die Rationalität zu steigern. Zunächst gilt es, und dies ist eine wichtige Erkenntnis dieser Studie, nie die Gesamtheit aus den Augen zu verlieren. Ein Ziel eines jeden Verhandlungsführers müsste es sein, Verhandlungen als einen ganzheitlichen Prozess zu sehen und zu begreifen. Denn wenn es einem Verhandler gelingt, das

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, wird er auch viel weniger in die Falle von Emotionen und kognitiven Effekten tappen. Dies kann angestrebt werden durch das Erlernen der hier operationalisierten Phasen und Modelle.

Folgerung 5: Kognitive Effekte nicht vergessen

Der wohl häufigste Grund, dass Verhandlungen scheitern oder die erzielten Verhandlungsergebnisse suboptimaler Natur sind, findet sich bei kognitiven Effekten. Diese sind, wie in Absatz 4.2 beschrieben, von subtiler Art, da Verhandlungsführer kognitive Effekte nicht als solche wahrnehmen und oft auch keine Strategien dagegen kennen. Diesbezüglich hilft das Zyklische Verhandlungsmodell von Gulliver, da es eine Verhandlung als Zyklus von erhaltenen und abgegebenen Informationen begreift, welche die Erwartungen und Strategien zu Anpassungen zwingt. Wiederum besteht eine Hilfestellung darin, dass zuerst ein Wissen dieser kognitiven Effekte vorhanden sein muss. Die Verhandlung als Ganzes muss in regelmässigen Abständen aus einer „Vogelperspektive“ betrachtet und beurteilt werden. Dazu empfehlen sich folgende Fragen: Wo stehen wir? Was wurde erreicht? Was wurde nicht erreicht? Wie verhält sich das Erreichte und Nicht-Erreichte mit den eigenen Erwartungen und den potentiellen Erwartungen der Gegenseite?

Folgerung 6: Einschränkung – Unkontrollierbare Faktoren

Verhandlungen als Ganzes werden sich nie vollumfänglich empirisch erklären lassen, weil sie zu vielfältigen Einflüssen ausgesetzt sind. Diese Einflüsse lassen sich stets nur partiell jedoch nie total kontrollieren. Deshalb muss der Ansatz verfolgt werden, einzelne Faktoren von Verhandlungen zu analysieren und kontrollierbar zu machen. Zu diesem Ansatz konnte mit dieser Studie sicherlich ein Beitrag geleistet werden. Denn wie auch den explorativen Einzelinterviews zu Beginn der Studie entnommen wurde, werden Verhandlungen durch Glück,

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Tagesform, Verhandlungs- und Berufserfahrung, Beziehung und persönliches Befinden massgeblich beeinflusst. Der „Faktor Mensch“ ist einerseits bei Verhandlungen nicht zu negieren und andererseits auch nicht vollumfänglich erforschbar. Wichtig sind deshalb Wissen und Konsequenzen von solchen Effekten und limitierenden Verhandlungsaspekten, damit adäquat gehandelt werden kann. Verhandlungen können verschoben oder vertagt werden und bei schlechtem Befinden kann und soll dieses angesprochen werden, damit schlussendlich beide Seiten ein zufriedenstellendes Verhandlungsergebnis erzielen. Dem letzten Votum könnte bezüglich des Erkenntnisgewinns eine gewisse Hilflosigkeit unterstellt werden. Wozu sich mit Verhandlungen wissenschaftlich auseinandersetzen, wenn diese schlussendlich durch ein schlechtes Mittagessen oder die Grippe der Tochter des Verhandlungsführers so stark beeinträchtigt werden, dass ein zufriedenstellendes Verhandlungsergebnis verunmöglicht wird? Nicht aus dem Fokus geraten dürfen bei allen Limitationen von Verhandlungen die Bedeutung von optimalen, nachhaltigen Verhandlungsübereinkünften und die Bedeutung dieses Untersuchungsobjektes als solches für die Gesellschaft (vgl. dazu Kapitel 2 und 3). Die verschiedenen Hinweise und konkreten Empfehlungen zeigen, dass durchaus für Firmen und Unternehmen Möglichkeiten bestehen, Verhandlungserfolg gezielt nachhaltig anzustreben.

7.3 Ausblick und Anregung für zukünftige Forschung Wie bereits weiter oben angedeutet unterliegen der Erkenntnisgewinn und die Untersuchung gewissen Restriktionen. Im Folgenden wird daher auf einige methodische und inhaltliche Einschränkungen der Studie hingewiesen. Auch wenn die Daten und durchgeführten Analysen darauf schliessen lassen, dass die spezifizierten Verhandlungsmodelle einen signifikanten Einfluss auf Verhandlungserfolg ausüben, so darf diese Erkenntnis nicht abschliessend wahrgenommen werden. Zwar erfüllen die operationalisierten Modelle weitestgehend die strengen Gütekriterien der Verfahren der ersten und zweiten Generation, um aber auch der Forderung nach externer Validität gerecht werden zu

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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können, müssten die entwickelten Modelle weiter getestet werden. Zunächst wäre es interessant zu sehen, wie die Resultate mit dem angepassten Fragebogeninstrument aussehen würden. Dieser wurde durch die angewendeten Verfahren in der Anzahl der Indikatoren und im Falle des Zyklischen Verhandlungsmodells auch in der Anzahl der Faktoren zum Teil stark reduziert. Somit sollten die analysierten und nun entwickelten Verhandlungsmodelle anhand eines zweiten Datensatzes erneut überprüft werden. Interessant sind ferner die Ergebnisse des Fornell-Larcker-Kriteriums beim Phasenmodell. Mehrere Werte genügten bei strenger Befolgung der postulierten Cut-Off-Werte nicht den gestellten Anforderungen. Ein zu untersuchender Erklärungsansatz könnte in der Logik des Phasenmodells liegen: Die von Gulliver theoretisch beschriebenen, qualitativ analysierten und hier quantitativ bestätigten Phasen überlappen und bedingen sich eben nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Verhandlungspraxis. Dies führt zu bedingten Korrelationen bei aufeinander folgenden Phasen. Die daraus eigentlich ungenügenden Fornell-Larcker-Werte bei aufeinander folgenden Faktoren werden durch die soeben geführte Argumentation tolerierbar. Zu untersuchen gilt es weiter, ob diese partiellen Korrelationen bei diesen aufeinander folgenden Faktoren allenfalls sogar statistisch positiv ausgelegt werden könnten. Die vorliegende Studie basiert auf einer Erhebung in der Baubefestigungsbranche mit Schwerpunkt im Verkauf. Im Verkauf wird verhandelt, doch sind diese Verhandlungen stark distributiv geprägt. Deshalb wäre es interessant, den Fragebogen in einem anderen, sprich weniger distributiven Umfeld einzusetzen, um die Zusammenhänge des Pfaddiagramms weiter zu analysieren. Es ist anzunehmen, dass in weniger distributiven Branchen Verhandlungserfolg eine andere Bedeutung haben und demnach auch der Weg dorthin ein anderer sein könnte. So wären branchenübergreifende Vergleiche äusserst wertvoll, um die spezifizierten Modelle noch weiter zu entwickeln. Kompromissorientierte Branchen (Verbände, Politik) gehen vermutlich mit einem anderen Ziel in eine Verhandlung als ein verhandelnder Verkäufer. Ein lokalisierter und im dritten Kapitel auch angesprochener Trend in der Verhandlungsforschung liegt in interkulturellen Vergleichen verschiedenster Verhandlungspunkte und -eigenschaften. In diese Richtung ginge auch der Einsatz des hier entwickelten

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Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick

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Fragebogens in Ländern verschiedener Kulturen. Dies würde den Modellen allenfalls einen universalen Charakter verleihen oder andererseits interessante Unterschiede zwischen Verhandlungsführern verschiedener Ländern aufzeigen. Diese allfälligen Erkenntnisse könnten einen wertvollen Beitrag zur Güte der spezifizierten Verhandlungsmodelle liefern. Die vorliegende Studie weist zwar auch einen internationalen Charakter auf, allerdings in einem homogenen Sprachraum. Eine zweite, grössere Stichprobe würde erlauben, moderierende Variablen einzuführen, wodurch auch die externe Validität erhöht werden könnte. Diesbezüglich interessieren vor allem Variablen wie Verhandlungsumfang (Grösse des zu verhandelnden Objekts), Genderaspekte, firmeninterne und –externe Verhandlungen. Die Ergebnisse dieser Studie machen Aussagen zum Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Modell und Verhandlungserfolg, sowie zum Zusammenhang der Modelle und den einzelnen Faktoren. Es sind jedoch keine modellübergreifenden, vergleichenden Aussagen möglich, obwohl es vor allem für die Praxis äusserst wertvoll wäre, ein „Best Practice Modell“ zu entwickeln, das aus den erfolgversprechendsten Faktoren aller Verhandlungsmodelle besteht. Die Zusammenführung der Faktoren des Harvard-Konzepts und der Modelle Gullivers in ein „Best Practice Modell“ müsste zum einen kognitive Effekte und Emotionen und zum anderen den ganzen Bereich des Beziehungsmanagement in die Versuchsanlage miteinbeziehen. „Gerade das Beziehungsmanagement, das auf die Gestaltung und die Pflege von Kooperationen abhebt, scheint in diesem Zusammenhang17 ein viel versprechendes Anwendungsgebiet verhandlungstheoretischer Ansätze zu sein“ (Roth 2003, S. 53). Wie in den Einzelinterviews festgestellt wurde, ist eine gute Beziehung zwischen den verhandelnden Parteien eminent wichtig für nachhaltige Verhandlungslösungen. Diesbezüglich würden auch Langzeitstudien von Interesse sein, denn nur über eine längere und wiederholte Erhebungszeit, könnten Zeit- und Beziehungseffekte in Relation gestellt werden.

17 „Die beispielhaft genannten Verhandlungslösungen, die für individualistisch-kooperative Spiele sowie für Koalitionsspiele entwickelt wurden, spielen in der Marketingtheorie bisher nur eine untergeordnete Rolle“ (Roth 2003, S. 53).

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Ein Ausblick für zukünftige Forschung muss auch methodische Anregungen beinhalten, die auf den Erfahrungen der vorliegenden Studie beruhen. Eine wichtige Anforderung (Peter 1996, S. 142) an das Verfahren besteht in der Berücksichtigung von Messfehlern, da die Konstrukte latente Variablen beinhalten, welche durch direkt beobachtbare Indikatoren erhoben werden, denen in der Regel solche Fehler anhaften können (Siems 2003, S. 123). In methodischer Hinsicht können Messprobleme trotz sorgfältiger Operationalisierung und Validierung der einzelnen Faktoren nicht ausgeschlossen werden. Zudem können vor allem auch die Interkorrelation zwischen den unabhängigen Variablen zu Verzerrungen der Schätzer geführt haben. Für weitere Arbeiten kann daher die Anregung gegeben werden, mögliche Interaktionseffekte zwischen den Faktoren zu untersuchen und anschliessend statistisch zu testen. Die erste wichtige Erfahrung besteht in der exakten Operationalisierung der Messmodelle. Da die Studie nicht auf bereits bestehende Skalen zurückgreifen konnte und dadurch gewissermassen Pionierarbeit geleistet hat, müssen vor allem Messprobleme tangiert werden. Dies könnte auch ein Erklärungsansatz für die zum Teil relativ tiefe durchschnittlich erfasste Varianz einzelner Faktoren darstellen, insbesondere bei den Faktoren des Zyklischen Verhandlungsmodells. Ein weiterer, mit den vorangegangenen Punkten eng zusammenhängender Aspekt stellt das Postulat von Eliashberg et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994; Eliashberg, Lilien et al. 1995) nach mehr Fallstudien dar. Gerade Fallstudien gelingt die gezielte Vertiefung, auf deren Basis Praxisprobleme konkret aufgezeigt und gelöst werden können. Der Autor dieser Studie würde sich demnach ebenfalls vermehrt Single- und Multiple Case Studies wünschen, welche die angesprochenen Aspekte für zukünftige Forschung vertiefen und mit pragmatischen Lösungsansätzen aufwarten könnten. Denn gerade bei der Erforschung und Integration von kognitiven Effekten und Emotionen wären Forschungsbeitrage mit Fallstudien wünschenswert. Auch um Zusammenhänge zwischen dem Beziehungsmanagement und den entwickelten Verhandlungsmodellen aufzuzeigen, könnte die Fallstudienmethode wesentliche Forschungsaufgaben übernehmen. Der Abschluss und das letzte Wort der vorliegenden Studie soll Wilfred Hartig gehören, der die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und deren

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Individuen richtig einschätzt und damit auch dieser Dissertation ein wenig mehr Gewicht verleiht: „Die Kunst des zielbewussten und Ergebnis bringenden Verhandelns ist daher für jeden von uns, der in Zukunft hier noch wirkungsvoller mitreden und mithandeln will, ein unerlässliches Grund- und Führungswissen“ (Hartig 1995, S. 21).

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Literaturverzeichnis

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Interviews Interview-Protokoll vom 23.5.2005

Interview-Partner: Wilhelm Zach und Helmut Bullah Geschäftsführer und Partner der Creative Project Architects GmbH in Wien Rahmenbedingung: Das Interview mit den Praktikern Zach und Bullah fand in ungezwungener Art statt. Zuerst hat man beim Mittagessen über die Thematik gesprochen, um dieses Gespräch im Anschluss ans Essen im Büro weiterzuführen und abzuschliessen. Insgesamt dauerte das Gespräch 3 Stunden. Zu den Personen: Zach und Bullah führen unterschiedlichste Verhandlungen. Ein-, zwei- und Mehrparteien-Verhandlungen, distributive wie auch integrative Verhandlungen. Wobei integrative Verhandlungen ganz klar überwiegen, soweit man distributiv und integrativ exakt voneinander trennen kann. Beide sind durch unzählige theoretische, aber vor allem auch praktische Verkaufsverschulungen gegangen und haben sich auch autodidaktisch ständig weitergebildet. Diese Verhandlungen beinhalten in letzter Zeit vor allem den Verkauf von Beratungs- und Netzwerkaufträgen. Einleitung und Allgemeines: Als die wichtigsten Aspekte/Indikatoren in Bezug auf Verkaufsverhandlungen werden aktives Zuhören, Vertrauen, Emotionen, Zeit, Kultur, Gender, positive Einstellung den Menschen gegenüber oder Freunde am Kontakt mit Menschen, aufgeführt. Das Dissertationsthema wird als spannend und relevant eingestuft. Allerdings bezweifeln die Befragten daran, dass man durch bestimmte Indikatoren Erfolg voraussagen kann. Dies wünschten sie sich zwar, bezweifeln es aber aufgrund ihrer grossen Erfahrung. Angezweifelt wird dies vor allem auch deshalb, weil der Erfolg einerseits von einem grossen Stück Glück abhängt und andererseits von emotionalen, soften Faktoren, die sehr schwer bis unmöglich quantitativ zu erheben seien. Zum Interview-Protokoll: Kultureller Aspekt und Erfolg:

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Schweizer seien sehr anständige Verkäufer, die solide Angebote unterbreiten. Sie ziehen praktisch nie eine Show ab; im Gegensatz zum klassischen amerikanischen Verkäufer, bei dem man vom Gesagten immer etwa 40% abziehen muss. Solche kulturellen Unterschiede müssen unbedingt miteinbezogen werden, denn ein Schweizer wird, sofern er sich nicht an die dortigen kulturellen Codes anpasst, in den USA nie ein erfolgreicher Verkäufer werden, so wenig wie ein Amerikaner in der Schweiz. Herr Zach vermutet im „Wesen“ des Österreichers gute Voraussetzungen für Verkäufer. Vor allem im Charme und „Schmäh“. Ein seriöses Auftreten, dem Schweizer nicht unähnlich, in Verbindung mit Charme und „Schmee“, das dem Schweizer hingegen eher abgeht, machen Österreicher zu guten Verkäufern, aber auch Führungskräften. Deshalb sei es nicht erstaunlich, dass es relativ viele Österreicher an Konzernspitzen geschafft haben. Nach Meinung der Befragten eben auch aus diesen Eigenschaften. Der deutsche Verkäufer hält mit seiner Meinung nicht zurück und versucht, sein Gegenüber zu überzeugen. Die Verkäufer in den westeuropäischen Ländern könnten viel von einem Teppichverkäufer aus Istanbul lernen. Diese wissen, wie wichtig der Beziehungsaspekt beim Verkaufen sei. Verhandlungs- und Verkaufskompetenz: Hervorzuheben gilt es, dass jede Person bis zu einem bestimmten Level als Verkäufer gebracht werden kann, vieles aber „angeboren“ sei. Basics müssen gelernt und trainiert werden, sind aber schon bekannt und oft in einschlägiger Literatur beschrieben worden. Wer diese nicht beherrscht, bekommt auch nie einen Auftrag oder schliesst eine Verkaufsverhandlung erfolgreich ab. Aber nur mit Verkaufstalent wird man auch nie ein erfolgreicher Verkäufer, der Umsatz generiert. Es braucht schlussendlich beides: Das Talent, aber auch ein Grundlagenwissen. Im Ansatz zeigen sich Verkaufstalente meist schon bei Bewerbungsgesprächen. Das Bauchgefühl sagt dem Rekrutierter, ob der Bewerber die Menschen mag und gerne mit ihnen in Kontakt kommt. Die jeweilig spezifische Fachkompetenz lässt sich erfahrungsgemäss in 4-8 Wochen erarbeiten. Von sekundären Erfahrungen lässt sich zwar vieles übernehmen, aber schlussendlich muss man verhandeln/verkaufen vor allem auch „on the job“ lernen. Zur Vorbereitung für Verkaufsverhandlungen hilft vor allem auch das Internet. Dieses wird für Produktinformationen, Kundeninformationen, Rahmenbedingungen, kulturelle Aspekte usw. herangezogen. Man findet im Internet fast alles, was für eine seriöse Vorbereitung benötigt wird. Als Verkäufer muss man Probleme erwähnen oder sogar Probleme kreieren, um diese dann für den Kunden lösen zu können. Das Schlimmste ist, wenn man keine Probleme hat. Wie bei den Politikern. Die Aussage „Man ist Verkäufer oder nicht!“ wird implizit in den Raum gestellt. Ungefähr 30 bis 40 Prozent des Erfolges machen die Basics aus. Weitere ca. 30 bis 40 Prozent sind emotional bedingt und die restlichen Prozente sind erfahrungsgemäss durch Glück bedingt. Kundenbeziehung und -management, Softfacts, „Black-Box“:

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Ganz grosse Bedeutung erhält die Beziehung zum Kunden, die Vertrauen enthalten muss. Ohne Vertrauen wird nie erfolgreich etwas verkauft werden. Dieses Vertrauen wird einerseits durch die Verkäufer-Basics aufgebaut, andererseits auf einer unbewussten Ebene entwickelt. „Man ist sich halt sympathisch.“ Dieser Prozess läuft in den ersten 5 Minuten des Kontaktes ab. Deshalb muss ein Verkäufer auch damit rechnen, ab und zu brüsk abgelehnt zu werden, weil es auf der unbewussten Ebene keine Entwicklung gibt und man sich deshalb „fremd“ bleibt. Diese Ebene lässt sich aber nicht direkt beeinflussen. Wenn man als Verkäufer erfolg haben will, sollte man bei 70 bis 80 Prozent der Kunden beliebt sein. Mehr sei nicht gut, da dies auf zu wenig Individualität schliessen lässt. Ein Verkäufer dürfe nicht ein aalglatter Banker- oder Beratertyp sein, sonder müsse auch ein wenig Kanten und Ecken haben. Und an diese aalglatten Menschen erinnere man sich nach 10 Verkaufsgesprächen (aus Sicht des Käufers) nicht mehr. Dann bleiben einem die Menschen in Erinnerung, die ein wenig Kanten und Ecken haben. Die aufgebauten und entwickelten Beziehungen dürfen unter keinen Umständen vernachlässigt werden und müssen gepflegt werden. Fachkompetenz, Skills, Beziehungsmanagement: Das A und O eines Verkäufers ist das „aktive Zuhören“. Nicht sich anpreisen, sondern dem Käufer/Kunden zuhören, ist das Erfolgscredo des guten und erfolgreichen Verkäufers und somit auch des Verhandlungsführers. Vorteile: Durch Zuhören wird Vertrauen aufgebaut, indem man dem Kunden wertvolle Zeit schenkt. Der Kunde fühlt sich ferner ernst genommen. Er muss spüren, dass man sich für ihn einsetzen wird, komme was wolle. Man erfährt sehr viel über den Kunden (auch private Dinge, nach denen man bei zukünftigen Kontakten wieder fragen kann), die Wünsche und allenfalls sogar über andere Mitkonkurrenten und kann das angepriesene Produkt oder die Produktpalette den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden viel eher anpassen. Taktiken: Gute Erfahrungen machte Herr Bullah auch damit, dass zu Beginn einer Verkaufsverhandlung eher trockene und unangenehme Aspekte besprochen wurden (nicht gerade zu Beginn, aber auch nicht zu lange warten). So war eine Taktik, dass relativ schnell die „allgemeinen Geschäftsbedingungen“ dem Kunden vorgelegt wurde. Dies hat zum Vorteil, dass der Kunde sehr schnell sieht, ob diese überhaupt im Rahmen des Verhandelbaren und Möglichen sind und dadurch die Verhandlung allenfalls nicht daran erst am Schluss scheitert. Ferner wird dadurch von anfang an Transparenz geschaffen und eine Beziehung aufgebaut. Auch ist dieser Weg eher ungewöhnlich, wodurch man in der Erinnerung des Kunden bleibt. (Ecken und Kanten eines Verkäufers) Ferner sind von diesem Vorgehen vor allem eher „Zahlen-orientierte“ Personen sehr angetan. Auch ist dadurch der Kontakt zur Firma einfacher, da man bspw. beim Controller nachfragen könne, ob alles verständlich sei. Vielfach machen genau diese Leute dann den Unterschied zwischen Deal oder No-Deal aus. Dann kommt vor allem Vertrauen, Transparenz und Beziehung zum tragen. Ferner erlaubt einem dieses Vorgehen auch, dass man die „AGB“ verhandeln und anpassen kann. Dadurch wird dem Kunden auch Kooperationswille bewiesen.

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Ein wichtiger Aspekt sind die Kosten: Diesbezüglich sei es zumeist richtig, die Kosten früh aufzuzeigen und auch mal zu fragen (nach vorrangiger eigener Überprüfung), ob der Kunde überhaupt in der Lage sei, für das Produkt zu bezahlen. Dies hat wiederum zwei Vorteile: Zum einen verliert man aufgrund allfälliger Zahlungsunfähigkeit keine Kostbare Zeit und Projektkosten und zweitens wollen einem viele Firma beweisen, dass man sehr wohl zahlungsfähig sei. Dies geschehe oft durch Heranziehen der Bilanz, die man ansonsten nicht zu Gesicht bekommen würde. Dies liefert die Information über die Zahlungsfähigkeit, aber auch noch zusätzliche potenziell wichtige Information. Kosten aufzeigen. Verhandelbar. Im Verkauf und auch bei Verhandlungen muss immer auch Mut zum Risiko vorhanden sein. An einem bestimmten Punkt darf man nicht mehr weiter „verkaufen“, sondern muss den Kunden zu einem Entscheid „drängen“ (ihm Entscheidungsmöglichkeiten bieten, Entscheidungen fördern). Und dies mit der Möglichkeit, den Kunden zu verlieren; drängt man ihn aber nicht, so ist die Chance, ihn an die Konkurrenz, der man nota bene den Weg bereitet hätte, noch grösser. Diesbezüglich gibt es unterschiedlichste Taktiken, eine Abmachung oder eine Unterschrift zu erhalten. Mut zum Risiko beinhaltet aber auch die Möglichkeit, in einer Verkaufsverhandlung zu scheitern und dies sogar öfter als es einem Verkäufer lieb sein wird. Aber nur wer dieses Risiko mit seinen Konsequenzen zu tragen bereit ist, wird ein erfolgreicher Verkäufer. Zu beachten gilt es diesbezüglich auch, dass alle Verträge wieder neu verhandelt werden können und viele auch werden. (Re-Negotiations) Wichtig ist der grundsätzliche Kaufentscheid und die Unterschrift dazu. Preise, Geschäftsbedingungen und auch Produkteigenschaften können durch Nachverhandlungen immer noch angepasst werden. Taktiken, Informationsmanagement: Zu Informationen gelangt man nicht nur durch aktives Zuhören oder das Internet sondern auch durch Telefonate mit bestimmten Teilen der Organisation des potentiellen Käufers. Denn oft gelangt man über Telefonisten/-innen oder Sekretäre, Assistenten usw. an sehr aussagekräftige und wertvolle Informationen, die man vom Entscheidungsträger eventuell nicht erhalten würde. Diesbezüglich muss man allerdings auf der Hut sein, dass diese Informationen, die ohne Wissen des Entscheidungsträgers eingeholt werden, nicht offensiv ins Verkaufsgespräch mit dem Entscheidungsträger eingeflochten werden. Gender: Zum Gender-Aspekt meinen die Befragten, dass Frauen die besseren Verkäufer seien, da sie im emotionalen Bereich gegenüber Männern einen Vorteil vorweisen. Frauen können zumeist besser zuhören und wollen Produkte nicht nur einfach über rationale Faktoren an die Kunden bringen sondern betonen viel eher softe Faktoren. Das aktive Zuhören wird von Frauen viel eher und natürlicher praktiziert als vom männlichen Geschlecht. Männer versuchen Produkte viel eher über die Produkteigenschaften zu verkaufen und durch vernunftbedingte Vorteile. Dies drücke sich auch im Management aus, wo Frauen diesbezüglich Männern ebenfalls überlegen seien. Attraktivität wirke auf

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den Erfolg bei Frauen noch stärker und dies nicht nur gegenüber Männern sondern auch gegenüber Frauen. Männer könnten von Frauen im Verkauf sehr viel lernen. Interview-Protokoll vom 01.6.2005

Interview-Partner: Walter Brändle Leiter Technischer Beratungsdienst, TB-Dienst Geberit Vertriebs AG Rahmenbedingung: Das Interview mit Herrn Brändle fand in Jona in seinem Büro statt und dauerte eine knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen. Zur Person Brändle: Bei Geberit ist es ein wenig speziell, aber das könnte es gerade auch interessant machen. Herr Brändle leitet den Technischen Beratungsdienst. Das hat eigentlich gar nichts mit Verkauf zu tun, es ist ja technisch beraten. Wir machen eine Push-Pull-Strategie (wird anhand eines Charts erklärt). Geberit verkauft an Grosshändler, der nimmt es an Lager und wartet auf den Installateur. Wir wecken mit unseren Leuten bei den Installateuren die Nachfrage, das versuchen wir. Das ist der Hauptjob. Der Verkaufsleiter verkauft dem Grosshändler das, was durch meine Leute wieder rausgezogen wird. Und darum haben wir auch mehr auf der Pull-Seite unsere Kräfte konzentriert. Und auf der Push-Seite müssen wir eigentlich nur die Logistik sicherstellen. Es ist nicht so der klassische Verkaufsprozess. Es ist aber komplizierter dadurch, weil die Aktivitäten nicht klar sind, die wir unten bei den Installateuren machen, vor allem weil das der Grosshändler erntet und nicht ich. Ich setze keinen Franken um. Aber man sieht trotzdem die Resultate. Wir arbeiten sehr eng zusammen (Pull und Push Seite, rspk. Verkauf und Technische Beratung.) Zum Interview-Protokoll: Wo und wann verhandeln Sie? Wenn wir unterscheiden zwischen internen und externen. Fangen wir mal mit den internen an: Interne Verhandlungen habe ich mit dem Mgmt-Team, wo ich versuche, meine Konzepte durchzubringen. Das sind „Kämpfe“, die man hat, weil die Ressourcen gegeben sind und man braucht Ressourcen für die Marktbearbeitung. Und das sind die ersten Verhandlungen überhaupt, bevor es dann nach draussen geht. Bsp: Wir wollten Architekten bearbeiten. Wir hatten zwei verschiedene Konzepte. Das Marketing war eher für einen Wettbewerb und ich eher für direkte Bearbeitung, die müssen zu uns kommen und uns kennen lernen. Und dann ging es darum, wer das bessere Konzept hat. Das sind dann Verhandlungen, die wir führen. Die werden aber kollegial geführt im Team. Auch sehr offen, wo man sagen kann, dass man etwas schlecht findet aus dem und dem Grund. Und im Mgmt-Team wird dann

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entschieden, wie etwas gemacht wird. Das sind so interne Verhandlungen, damit wir überhaupt draussen im Markt agieren können. Sind das eher Verteilungs-Verhandlungen oder eher Verhandlungen wo man etwas versucht zusammenzuführen? Beides. In der Vergangenheit lag es zumeist nicht am Geld. Wenn zwei eine gute Idee hatten, hat man meistens beides gemacht. Da hat man nicht aufs Geld geschaut. Jetzt werden die Ressourcen knapper. Man schaut jetzt vielmehr, was wirklich nötig ist und speckt Konzepte ab oder verzögert etwas zeitlich. Und deshalb gehen diese Verhandlungen auch immer mehr in Verteilkämpfe. Jede Abteilung braucht Geld für ihren Job und die Mbo-Ziele. Man hat weniger Geld und der Markt wird immer kompetitiver. Gibt es Möglichkeiten, diesen Kuchen durch andere Möglichkeiten zu vergrössern? Erstens geht es um Projekte. Man gleist Projekte auf. Alle sind sehr initiativ. Man wartet nicht auf Anweisungen des Chefs. Und diese initiativen Projekt-Ideen kosten immer Geld. Und somit geht es denn darum, die Kosten und Nutzen der einzelnen Projekt-Ideen zu vergleichen. Dort sind Verhandlungen innerhalb des Teams wichtig. Die Leute zu überzeugen, wo das Geld richtig investiert ist. Oder wenn wir Projekte streichen. Welche werden gestrichen? Niemand ist ja froh, wenn sein Projekt gestrichen wird. Dort muss man sich dann auch verkaufen, damit das Projekt erhalten bleibt. Wie sieht bei Ihnen die Vorbereitung auf eine solche Verhandlung aus? Wir haben eine monatliche Mgmt-sitzung, wo die Geschäftsleiter, die fünf Mitglieder dabei sind. Es wird erwartet, dass man Konzepte im Voraus abgibt und sich anhand dessen seriös vorbereitet. Die Anträge müssen formuliert sein. Das Projekt wird dann nicht mehr besprochen. Es werden höchstens Verständnisfragen gestellt und dann Pro und Contra jedes Bereiches besprochen. Und dann wird entschieden. Dann wird es abgelehnt oder angenommen oder kommt in eine Verbesserungsschlaufe, wo es verbessert werden muss. Haben Sie für die Vorbereitung bestimmte Formulare? Nein, das gibt es nicht. Wir machen es so, dass wir die Präsentationen auf PPT machen. Das ist der Normalweg. Aber was es gibt, bspw. Wenn wir einen neuen Spülkasten machen wollen: Den machen wir ja nicht selber, da wir nur eine Vertriebsorganisation sind. Dann gibt es einen Antrag an die Gruppe. Das ist dann schriftlich. Der ist dann standardisiert und enthält ganz viele wichtig Infos. Aber so bei internen Projekten ist der persönliche Kontakt schon viel wichtiger. Wie ist denn das Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung einer Verhandlung? Das kann 1:20 sein. Bei einer Konzeptentwicklung bin ich zum Teil 3 bis 4 Tage dran, aber die Sitzung ist dann kurz. Laufen da viele Gespräche auch schon im Vorfeld? Es sind ja oft nur noch Entscheidungssitzungen. Aber wo findet der Prozess für die Entscheidungsfindung statt? Das ist dann eben abhängig von dem, der das Konzept einbringt. Oft werden da taktische Fehler gemacht bei der Ausarbeitung von Konzepten. Wer entscheidet, das weiss man. Und es gibt immer wieder Fälle, wo die Entscheidungsträger nicht in den Prozess involviert werden, wo dann die Präsentation eine Woche vor der Sitzung geschickt wird, in der Meinung, dass alles gut sei. Die Entscheidungsträger verstehen aber die Materie, sind schon lange dabei und alles gestandene

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Personen. Die Projektleiter integrieren diese ab und zu nicht, arbeiten zwar enorm viel, aber wissen gar nicht, was am Schluss rauskommt. Und dann sind diese ganz erstaunt, wenn das Mgmt-Gremium diese Projekte zerreisst. Das ist der Hauptfehler. Der zweite Hauptfehler ist, wo wir auch alle unter Druck sind, dass man zu wenig Zeit hat. Dass man Heute eine Präsentation bekommt und zwei Tage später man drüber entscheiden sollte. Dann wird besonders genau geschaut, weil man sich nicht gerne etwas unterjubeln lassen will. Das ist einfach schlecht. Und drittens vielleicht: Wenn jmd. erst bei der Sitzung ein Projekt verteilt, dann wird das sofort zurückgewiesen, dann behandeln wir das gar nicht. Was ist für Sie ein Verhandlungserfolg? Wir funktionieren als Mgmt-Team. Wir haben schon auch Meinungsverschiedenheiten, zum Glück auch! Somit kann es nicht sein, dass ich als einziger als Gewinner hervorgehe. Das kann nicht sein. Dann ziehen Sie nicht einfach ein Projekt durch gegen die anderen vier? Vielleicht gäbe mir die Zukunft Recht. Aber das gäbe mehr Unruhe. Ausserdem kann ich alleine nichts ausrichten, wenn alle anderen dagegen sind. Dann geht es nicht. Das kann ich mit meinen Leuten machen, aber die folgen mir dann auch nicht. Die wollen wissen, warum man etwas so macht. Normalerweise stimmen wir demokratisch ab. Ausser der Chef will mal was probieren, dann steht man da auch dahinter. Kann man Verhandlungserfolg immer auch quantitativ, monetär belegen? Vieles kann man, indem man in den Variablen irgendwelche Zahlen einsetzt. Das schöne ist ja im Marketing, dass nicht alles klar ist. Und auch wenn es ein gutes Konzept ist, kann es, wenn sich die Umwelt ändert, das Konzept auch ändern. Wir versuchen mit Facts zu arbeiten. Das ist unser Job. Wo wir aber stark sind, ist, dass wir nicht nur den Franken anschauen, sondern auch schauen, wie etwas beim Menschen, beim Kunden wirkt. Was hat der für ein Gefühl? Wir sind Marktleader. Wir können praktisch nur verlieren. Wir haben ziemlich gute Marktanteile. Aber wenn das Gefühl schlecht ist, dann verlieren wir in der Zukunft. Da sind wir sehr strikt und die Erfahrung des Teams ist da sehr wichtig, weil in einem gesättigten Markt Kundenbeziehung sehr wichtig ist. Der neue Geschäftsführer ist neu und macht das hervorragend. Er ist nicht aus dem Sanitasbusiness gekommen. Und er hatte ganz viele Ideen. Aber von 100 Ideen waren vielleicht 5 umsetzbar und die anderen haben wir abgewürgt. Und er meinte dann mal, dass es mühsam sei, mit uns zusammenzuarbeiten, weil man immer mit Ideen kommen könne und alles werde abgelehnt. Und zwar mit stichhaltigen Argumenten und Erfahrungen. Das sei deprimierend. Sein Verhandlungsgeschick war, zuzuhören und zu sagen, dass es zwar seine Idee, aber trotzdem eine schlechte gewesen sei. So funktionieren Verhandlungen bei uns. Es wird viel und gut und tief überlegt und nachgedacht, weil wir auch die Detailinfos haben. Dann sind Kundenbeziehungen genauso wichtig wie die finanziellen Komponenten? Ziele von unser aller Arbeit ist Geld zu verdienen. Geld zu verdienen ist unser Job hier. Das kann man, indem man nur über Facts redet. Wir haben diese Mgmt-Wissen (Zahlen, Methoden) auch, aber wir wissen auch, wie das draussen ankommt. Das zusammen garantiert uns, dass wir Geld verdienen.

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Eines alleine in einem gesättigten Markt nützt einem nichts mehr. Aber der Markt bei und ist ein wenig anders als wenn man Sugus verkauft. Aber sind das denn so Bauchgefühle beim Mgmt? Es hat sicher 20 Prozent Bauchgefühle dabei. Es hat echte Bauchgefühle, wo wir sagen, ja oder nein, wir machen es so, wo wir etwas nur zu 90 Prozent wissen. Aber es ist dann nicht klar mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu belegen. Ein Gefühl aus der Erfahrung? Genau. Oder auch aus Fehlern, die man früher gemacht hat. Ein Mitglied im Mgmt-Team ist schon über 20 Jahre dabei. Der kennt die ganze Geschichte. Und für Verhandlungen etwas wichtiges: Normalerweise bleibt man in der gleichen Branche. Und wenn man mal einen Fehler macht, wird man sich daran erinnern. Sind Sie eher der kompetitive Verhandler oder der kooperative? Ich bin sicher, von den fünf im Mgmt-Team, bin ich sicher nicht der harmonischste. Ich sage, was ich denke. Das ist wieder die Kultur, die das erlaubt. Wenn das Umfeld anders wäre, würde ich das nicht machen. Aber weil wir den Auftrag haben, im Schweizer Markt weiter nach vorne zu kommen, müssen wir ehrlich miteinander sein. Das Architektenkonzept wurde dann am Schluss doch abgeschossen. Nach drei Interventionen von mir. Das kommt also vor, aber sehr selten. Dort wo es schwierig ist, ist es auch schwierig Argumente zu bringen. Wir verhandeln nicht mit extrem harten Bandagen, aber wir sagen uns die Meinung, auch schon im Vorfeld einer Sitzung. Wo hilft Verhandlungstheorie in der Praxis? Kennen Sie Theorien? Ich hab das gerade jetzt als Mbo-Ziel. Was wir machen ist Verkaufs-Training mit unseren Aussendienstmitarbeitern. Und diese Trainings, da kam ein externer, zweimal und seit dann, führe ich diese Verkaufstrainings. Nutzenargumentationen, damit die argumentieren können und die richtigen Sätze beieinander haben. Da gibt es Verkaufstrainings, die ich für meine Leute gemacht habe. (Herr Brändle zeigt ein Manual) Wir haben Trainings. Wir haben festgestellt, dass unsere Leute gut sind, sie sind kompetent. Technisch zumindest. Die sind vom Fach und müssen eine Meisterprüfung haben. Aber wo sie noch nicht so gut sind, ist im Verkauf. Sie verkaufen ja nicht direkt, aber sie müssen überzeugen, dass die Leute dann zu Grosshändler gehen. Und daran haben wir in den letzten zwei Jahren gearbeitet. Und wo sehen Sie da noch Verbesserungspotential? Was könnte da die Wissenschaft noch beitragen? Von zwanzig Aussendienstlern sind immer etwa die Hälfte bei solchen Trainings voll dabei und ein drittel sind eher reserviert. Was wir uns vom externen Trainer erhofft hatten, war, dass sie eine andere Sicht erhalten. Das ist zum Teil gelungen. Wenn ich was sage, dann ist es einfach der Alte. Und wenn es extern ist, hat es einfach mehr Gewicht. Wo der externe Probleme hat, ist, dass er nicht ihre Sprache spricht. Es werden uns viele Dienstleistungen angeboten. Da wiegeln wir aber sehr stark ab. Wir fahren dann meistens ein System. Wenn es allen Klick machen würde, so eine Ausbildung, das wäre gut. Viele

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sind auch noch nicht in der Lage, gut zu verkaufen. Viele sind schon besser als vor drei Jahren, klar, aber es gibt immer noch Verbesserungspotential. Kann man Verkaufen und Verhandeln lernen? Ich war früher zehn Jahre Schulungsleiter. Meine These ist: Gott hat viel gegeben. Den einen und den anderen ein bisschen weniger. Und jetzt kann man mit gewissen Techniken vieles wettmachen. Aber wenn jmd. keine Freude und Talent hat, wird der nie ein guter Verkäufer. Das ist wie beim Präsentieren. Und wir machen, bei der Auswahl dieser Leute, ob die Person Ansätze und Fähigkeiten für Verkaufen hat. Ob die Mitarbeiter wirklich überzeugen wollen und können. Mit einem Test „Inside“ testen wir das auch schon im Voraus. Dort ist der Verkauf schon auch ein wichtiges Thema. Und prozentual? Was meinen Sie? Das hängt schon von der Branche ab. Ich glaube, es hängt sehr viel vom Kopf ab. Wenn jmd. das will und auch noch die Fähigkeiten dazu hat, dann ist er erfolgreich und kann alles verkaufen. Dass es auch Glück braucht, das glaube ich auch, aber dass man alles lernen kann, das würde ich unterschreiben. Warum fährt Geberit die Strategie mit den Meistern als Verkäufer? Im Mgmt Team sind auch die meisten Meister oder Htl Ingenieure. Aber bei denen, die mit den Kunden zu tun haben, die müssen eine Kundenbeziehung aufbauen und das geht am besten, wenn man vom gleichen „Pott“ kommt. Sei das regional, aber vor allem von der gleichen Branche. Alle die was zu sagen haben, machen eine Meisterprüfung. Dann spricht man halt die gleiche Sprache, war oft auf der gleichen Schule, hatte die gleichen Lehrer usw. Man hat dann eine Beziehungsebene. Unsere Kunden würden nie jemandem etwas abkaufen, der von der Computer-Industrie kommt. Das würde nicht funktionieren. Das würde nicht die Akzeptanz bringen. Auch weil wir die teuersten Produkte haben. Da muss man die Produkte erklären können. Der Installateur, der Kunde, ist kein guter Verkäufer, da erwartet er selber auch keine sehr guten Verkäufer. Er braucht jmd., der ihm Probleme lösen kann. Dann läuft aber sehr viel über die technischen Eigenschaften? Auch, ja. Die Sympathie ist die Bedingung. Und sympathisch heisst ja auch, dass er die gleiche Sprache spricht. Von dem leben wir. Die aufgebauten Kundenbeziehungen sind enorm wichtig. Weil wir Marktleader sind, können wir nur verlieren. Ein Wechsel zu einem Konkurrenzprodukt ist viel schwieriger, weil er unseren Technischen Berater kennt, der ihm immer wieder mal in die Bude läuft. Beziehungen sind eminent wichtig, weil wir nur verlieren können und die teuersten sind. Und die Beziehung baut man auf, weil man die gleiche Sprache spricht. Man wird zusammen gross. Hätte ich anders erwartet, weil die Produkte so technisch sind. Auch weil es keine High-Involvment Produkte sind. Hätte gedacht, dass der Preis und Innovation wichtiger sei als die Beziehung. Der Preis ist bei uns immer der höchste. Das ist doch die Strategie der anderen: Einfach Geld verdienen, weil man der Billigste ist. 10 Prozent mindestens. Wir sind die teuersten und brauchen das Geld für Innovationen und Beziehungspflege, deshalb ist der Kreislauf auch so wichtig. Das schöne an der Branche ist, dass sie konservativ ist. Man wechselt den Anbieter nur selten. Es braucht schon eher viel. Von diesen 10 Prozent mehr leben wir, aber wir müssen dafür auch etwas bieten.

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Bringen Sie Ihren Verkäufern auch Tricks bei? Wie gesagt, wir haben ein Grundtraining gemacht. Bei unseren Tagungen gibt es immer Trainingseinheiten. Diese beinhalten, dass man die Erfahrungen abholt. Sie müssen was bringen. Was ich bringe, geht eh verloren. Ich fordere die TBs auf, die grössten Verkaufserfolge zu präsentieren. Die bekomm ich auch über die Quartalsberichte. Was ist gut und schlecht gegangen? Dann analysiert man das. Vieles hole ich von den Leuten raus. Eigentlich machen die TBs das gar nicht so gern. Erstens verraten sie dadurch ihre Geheimnisse. Und zweitens kommt das auch noch schwierig an bei den Kollegen, weil die anderen dann denken, dass der eine bevorzugt würde. Konkurrenzdenken unter sich. Aber ich will das trotzdem, dass wir das so machen. Damit sie unter sich besser werden. Sie sammeln das und werten das aus? Ja, das mache ich. Oder wenn mir jemand beim Quartalsgespräch von einem Grosserfolg erzählt, versuche ich auch die Gründe zu eruieren. Und mein Job ist dann mehr, wie kann das den anderen nützen. Die Umwandlung in Nutzen für alle ist mein Job. Das funktioniert gut. Sie gehen auch miteinander mit. Gehen zusammen zu Kunden. Lernen so voneinander. Wenn ich mitgehe, ist das schon wieder ein wenig anders. Woran scheitern Verhandlungen? An der Konkurrenz. Man ist nicht alleine im Markt. Zweitens glauben wir, dass wir die Kunden kennen. Aber wir kennen nicht jeden einzeln. Und es scheitert dann daran, dass die Anwendung vom Allgemeinen auf den Einzelnen nicht passt. Und dementsprechend geht man den dann falsch an. Bsp.: Einer wurde mal schlecht behandelt. Und dann geht einfach nichts mehr. Dann fragt man, warum das so sei, ob man etwas falsch gemacht habe. Man ist offen mit dem Kunden. Oft ist die Vorbereitung oder der Info-Stand nicht optimal. Ein Gespräch reicht normal nicht für den Verkaufsunterschied. Vielleicht wird das unterschätzt. Es sind mehrere Aspekte, die viel mit dem Mensch zu tun haben, warum es nicht klappt. Dann gibt es auch die Fälle, wo die Kunden auch mit den TBs nicht zufrieden sind. Manchmal stimmt auch einfach die Chemie nicht. Haben Sie auch Verhandlungserfahrung mit Frauen? Wir haben auch eine Verkäuferin, die zwar aufgrund gesundheitlicher Probleme aussteigt. Wir haben an und für sich nichts gegen Frauen, haben ja auch ganz viele im Betrieb. Wie soll ich sagen? Unsere Kunden sind aber Männer, mehrheitlich und es sind eher konservative, hemdsärmelige. Da kann es sein, dass eine Frau das sensationell macht, weil sie ihn „packen“ kann. Das ist eine Möglichkeit. Dann ist es aber auch möglich, dass der Kunde sagt: Was, da kommt eine Frau? Die muss sich aber zuerst beweisen. Die haben aber auch Meisterprüfung. Die haben dann einfach einen schweren Stand. Ein paar können sich beweisen und anderen machen es einfach nicht. Da geht es einfach nicht, da ist die Akzeptanz nicht da. Wahrscheinlich einfach, weil sich die Kunden es sich nicht gewohnt sind. Wir haben alles schon gesehen: Von heiss-geliebt bis null Akzeptanz. Aber der Kunde sagt das ja nicht. Viel eher wechseln die dann das Produkt. Aber dass wir negative Erfahrungen damit gemachte hätten, so übers Band, könnte ich nicht sagen. Es gibt einfach mehr Polarisierung. Haben sie eine Verhandlungs- oder Verkaufsbibel?

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Wir arbeiten mit „Bei Anruf Erfolg“ von Umberto Saxer. Aus dem haben wir unsere Verkaufstrainings abgeleitet. Aber wenn man das ausblendet, was nicht so zu uns passt, ist genau richtig. Das Verkaufsgespräch läuft nämlich immer gleich ab. Man unterbreitet etwas, dann kommen die Einwände und dann wird argumentiert. Viele hören halt schon beim ersten Einwand auf und das macht Saxer sensationell gut. Und wir haben unseren TBs, bevor der Partner von Saxer für die Schulung kam, eine CD-Rom abgeben zur Vorbereitung, wo man alle diese Szenen durchspielen kann. Da unsere TBs viel Autofahren, konnten die das sich schon anhören. Wir arbeiten ganz klar nach dem auf unserer Stufe. Wir wollen ja, dass wir unser Zeugs verkaufen. Die Grenzen sind ja eng. Wir geben eigentlich keine Rabatte. Vielleicht mal ein Prozent oder so oder einen gratis Spülkasten. Aber bei Verhandlungen geht es ja zehnmal hin und her und bei uns sind die Rahmenbedingungen immer die gleichen. Wir können nicht einfach 10 Prozent geben. Das geht nicht. Und das Buch funktioniert nicht nur auf der TB-Stufe, sondern auch auf Mgmt-Stufe bei mir. Denn wenn jmd. ein Konzept verkaufen will oder ich beim Chef eine Weiterbildung herausholen will, kommen auch Einwände, die ich dann locker zurückgeben und beantworten kann. Es hilft auch auf dieser Stufe. Schlussfrage: Ergänzungsfrage. Tendenziell kann man sagen, dass es härter wird. Das ist zwar keine neue Feststellung. Trotz guter Verhandlungstaktiken, Verkaufs-Skills und langjähriger Beziehungen und guter Betreuung zählt immer mehr der Frankenbetrag. Und all das was ich vorher gesagt habe, mit Beziehung und Treue und Service und Dienstleistung hilft uns die Differenz zur Konkurrenz herzubringen. Aber die grosse Differenz lässt sich fast nicht mehr rechtfertigen. Und das merken wir. Auch, dass Kunden abspringen, die nicht mehr so perfekte Produkte wollen. Die Preissensitivität hat zugenommen. Das merken wir vor allem in Verhandlungen mit den Grosshändlern, wo dann auch um Prozente verhandelt werden kann. Und dort geht es wirklich nur noch um Geld. Von Morgen bis Abends. Das stellt schon eine Herausforderung dar, herauszufinden, wie die Produkte in der Zukunft aussehen sollen. Brauchen wir wirklich noch Spülkästen, die 30 Jahre halten, würden zehn Jahre nicht reichen. Auch von der Dienstleistungen: Was bringen die uns wirklich noch. Zum Beziehungsnetz: Unsere TBs haben 200 bis 300 Kunden. Man muss also so anderthalb bis zwei Jahre dabei sein, damit man den TB kennt. Ich war immer der Meinung, dass das Beziehungsnetz immer das Wichtigste sei. Wenn ich einen Mann habe, der lange dabei ist und alle kennt, das sei das Beste. Aber wenn ich einen Neuen habe, der gut ist, bringt mir der eher neue Kunden. Nur über Beziehungen verkauft man auch nichts. Interview-Protokoll vom 03.6.2005

Interview-Partner: Steven Nikolov Senior Vice-President Sales & Marketing, Mövenpick

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Rahmenbedingung: Das Interview mit Herrn Nikolov fand in Adliswil in einem Sitzungszimmer statt und dauerte eine knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen. Zum Interview-Protokoll: Wo und wann verhandeln Sie? In erster Linie bei und mit Kunden. Als Senior Vice President werde ich bei Verhandlungen eher beigezogen, wenn es um grössere Geschichten geht: Mit Vertragspartnern um neue Hotels oder Reiseveranstalter. Und eigentlich eher nur dann, wenn es Probleme gibt. Ansonsten ist das eher ein Job für die Verkaufsleute oder von den Länderdirektoren. Aber wenn es länderübergreifende Verhandlungen oder Knacknüsse gibt, dann bin ich dabei. Bsp: Mit dem Hotel in Djerba, Tunesien, da arbeiten wir zusammen mit TUI, war ein wichtiger Kunde. Im Verlauf der letzten drei Jahre, der Reiseveranstalter kam aber nicht annähernd an die Zahlen, die geplant waren (sieben-stelliger Betrag in Euro), die sie uns eigentlich schulden würden. Jetzt ist es aber so, dass man mit einem Touroperator wie Tui, der ja nicht nur in Djerba, sondern fast überall mit uns zusammen arbeitet. Und wenn ich dem auf die Füsse trete, was vertraglich gesehen absolut legal wäre, kann er mir natürlich sagen, dass wir eure Hotels in anderen Ländern halt auch vergessen. Das ist dann meistens der Moment, wo ich zu einer Verhandlung beigezogen werde. Was gibt es sonst noch? Auch Einstellung von Mitarbeitern. Bei schwierigen Verhandlungen von neuen Hotelprojekten. Wir sind ja nicht Hotelbesitzer. Aber zugezogen zur Verhandlung werd ich auch zumeist erst, wenn es Probleme gibt. Wie bereiten Sie sich auf solche Verhandlungen vor? Das ist sehr unterschiedlich, ob das jetzt ein Reiseveranstalter, ein Tour-Operator oder ein Hotelbesitzer ist. In der Regel versuche ich mich so optimal und detailgerecht wie möglich vorzubereiten, sprich so viel Korrespondenz und Dokumentationen zu konsultieren wie nur möglich und die auch miteinzubeziehen. Damit ich möglichst viel über die History und den Background der Thematik weiss, wodurch ich verhindere, dass ich nicht auf irgendwelche Fragen keine Antwort wüsste. Ich versuch mich auch mit Gesprächen, die schon im Prozess involviert sind, zu beraten, die zu konsultieren mit Verkäufern, Beratern. Was wäre wenn? Wie könnte der Vertragspartner reagieren. Verschiedene Szenarien durchgehen. Damit man wirklich total vorbereitet in eine solche Verhandlung reingehen kann. Gibt es standardisierte Manuals an die man sich bei der Vorbereitung halten kann? Bei uns nicht. Es gibt keine Manuals, es ist schon viel mehr auf Erfahrung basiert. Klar, ich hab in der Vergangenheit schon Verhandlungsseminare besucht und Checklisten erhalten, wie man sich auf Verhandlungen vorbereitet usw. Aber das ist schon lange her. Aber auf dem Niveau ist es schon eher eine Erfahrungsgeschichte. Wie haben Sie verhandeln gelernt? Viel aus Erfahrung. Aber auch durch Kurse, wo man unterschiedliche Verhandlungen kennen lernt. Wo man Schlüsseltools kennen lernt. Wir haben halt wie in vielen Branchen auch das Problem, dass es

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sehr schnell auf den Preis zu sprechen kommt. Und da ist es wichtig, dass man verschiedene Techniken anwendet und lernt. Wie verhandelt man überhaupt mit Kunden? Das sagen auch unsere Verkäufer, dass Preisverhandlungen das härteste sind. Und das ist auch ein Punkt, wo wir in der Mitarbeiterausbildung Wert drauf legen. Sind Sie eher ein kompetitiver oder kooperativer Verhandler? Wir gehen schon davon aus, in der Regel, dass beide Seiten Etwas gewinnen sollen. Die Erfahrung zeigt, dass wenn du knallhart in eine Verhandlung gehst, gewinnst du nichts. Das kommt meistens schlecht raus. Es ist einfach gesagt und schwer anzuwenden. Wir sind in einer Branche, wo man mit Peanuts Geld verdient. Preisunterschiede von einem Dollar könnnen viel ausmachen. Die Qualität von Verträgen in der Reisebranche hat sich massiv verbessert. Die sind viel professioneller geworden. Auch vor allem in Europa, wo man gemerkt hat, dass es nichts bringt, kurzfristige Gewinne zu erzielen. Das ist in Middle East aber noch ein wenig anders. Haben Sie da kulturelle Unterschiede festgestellt? Absolut. Es ist eine ganz andere Sache, ob du mit einem deutschen Reiseveranstalter oder PM redest, der in Frankfurt oder Hamburg sitzt oder ob du mit einem Saudi oder Kuwaiti redest, geschweige mit einem Ägypter, wo man zuerst mal dreimal zusammen Abendessen gehen und Bier trinken muss, bevor das Geschäft zum ersten Mal auf den Tisch kommt. Dort ist es im Mittleren Osten ähnlich wie in Asien, wo man zuerst einmal das Vertrauen aufbauen muss. In Europa ist es immer mehr der amerikanische Stil: Business right away. Man hat sehr wenig Zeit. Und das ist im Middle East nicht der Fall. Passen Sie sich da der Kultur an? Wir versuchen es, auf jeden Fall. Wir versuchen das auch, unseren MA beizubringen. Das ist nicht einfach. Vor allem auch für Asien. Da kannst du eine ganze Verhandlung komplett ruinieren durch die Kleider, das Überreichen der Geschäftskarte usw. Es gibt so viele Stolpersteine, vor allem in Asien, wo sehr viel Wert auf das Gesicht bewahren gelegt wird. Japan ist sehr extrem. China ist auch schwierig, die sind aber viel tougher. Die legen auch viel Wert auf das Gesicht wahren. Man darf nie in eine Verhandlung und dafür sorgen, dass das Gegenüber das Gesicht nicht wahren kann. Das wäre das Schlimmste. Und das macht es sehr schwierig. Ein Japaner wird nie nein sagen, aber am Schluss ist es doch nein. Die kulturellen Aspekte sind sehr wichtig. Wann fällt dir eine Verhandlung leicht? Sie fällt sicher leichter, wenn der Verhandlungspartner eine bekannte Person ist, wenn schon eine Beziehung vorhanden ist. Noch einfacher, wenn man zusammen schon Erfolg hatte und er mit deinen Produkten zufrieden war. Das macht die ganze Sache einfacher als wenn es ein neuer ist, der vielleicht sogar noch mit dem Produkt mal Troubles hatte. Es fällt sicher leicht in europäischen Ländern, wo das kulturelle und traditionelle nicht so ins Gewicht fällt. Das schwierige mit dem kulturellen ist auch, herauszufinden was denn wirklich den Unterschied ausmacht. Letztendlich kommt es darauf an, ein paar Mal real ins Fettnäpfchen zu treten und etwas falsch zu machen. Scheitert es dann effektiv an solchen Sachen oder steht die Sache doch im Vordergrund?

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Heutzutage sind solche Kulturen immer toleranter und können auch mal ein Auge zudrücken bei solchen Fauxpas, so lange sie nicht schwerwiegend sind. Vor zehn fünfzehn Jahren kam es auch nach kleinen Ausrutschern zu Vertragsabbrüchen, zwar nett und freundlich aber bestimmt. Heute ist mehr Kulanz drin. Was braucht es, damit man sagen kann, dass ist ein Verhandlungserfolg? Das kann ein Handschlag sein. In Middle East ist das schon sehr viel. Der gilt. Ein Vertrag kann das auch sein. Das ist ein Beweisstück. Das ist dann der kurzfristige Erfolg der ganzen Verhandlung; ein Teil der ganzen Relationship. Das ist der erste Schritt, was dann nachher kommt ist auch sehr wichtig. Das Zwischendurch ist schon sehr wichtig. In Ihrer Branche geht der harte Stil eher nicht, oder? Den Kunden vor den Kopf stossen durch hartes Auftreten in Verhandlungen. Das ist selten, sehr selten, dass das möglich ist. Das ist nur möglich wenn du eine Monopol-Situation hast oder es ist ein totaler Sellers-Market. Wo der Käufer dem Verkäufer ausgeliefert ist. In Dubai ist es fast soweit. Dort ist es ein absoluter Sellers-Market. Dort kann man die Preise alle zwei Monate substantiell nach oben schrauben. Dort kann man ziemlich unverfroren sagen: He Guys, take it or leave it. So ist es. Dann muss man einfach aufpassen, das hat mir meine Erfahrung gezeigt, dass man auf diese Leute halt wieder später mal treffen kann und dann rächt sich das. Das versuch ich immer wieder und es ist schwierig, unseren Verkäufern einzubläuen, dass man zu den Kunden Sorge halten muss. Denn nur weil wir in einer wirtschaftlich guten Situation sind und die Zimmer teurer verkaufen könnten, jetzt vielleicht schon, aber es kommt der Zeitpunkt, wo man um diese Kunden auch wieder froh ist. „Don’t burn your bridges before you cross them.“ Dann ist das Beziehungs-Mgmt das Wichtigste? Es geht nur darum! In der Hotellerie sowieso. Das ist ein pures Peoples-Business. Du führst auch mit einzelnen Gästen Verhandlungen, die nur eine Nacht bleiben. Es sind nicht nur die grossen Verträge. Das ist das absolute A und O. Und je besser die Beziehungen sind, desto einfacher die Verhandlungen. Wir stellen auch MA gezielt wegen derer Beziehungen an. Beziehungen zu Tour-Operators, Hotels usw. Dadurch können unterschiedliche Probleme leichter gelöst werden. Das ist sehr viel wert. Wo hilft Ihnen theoretisches Verhandlungswissen? Doch, das gibt es schon. Es gab ein paar Seminare: Mit Rolf Ruhleder. Da ging es mehr um Rhetorik, Body Language usw. Da hab ich sehr viel gelernt und es funktioniert. Das hol ich auch oft wieder nach vorne. Auch andere Seminare haben mir geholfen. Die Unterlagen hab ich auch behalten und konsultier sie vor allem bei schwierigen Verhandlungen. Aber vor allem helfen solche Dinge jungen Leuten, die am Anfang ihrer Karriere stehen, die im Verkauf tätig sind. Mentoren-Prozesse sind aber viel wichtiger als Theorie und Bücher. Wenn ein junger mit einem erfahrenen Verkäufer mal zwei drei Verkaufsgespräche und Verhandlungen führen kann, lernen diese enorm viel. Vor allem auch parallel zur theoretischen Ausbildung. Wo könnte die Wissenschaft denn der Praxis konkret helfen? Empirische Daten, die belegen könnten, dass System X dem System Y überlegen ist in bestimmten Situationen. Das könnte ein Ansatz sein. Verhandeln ist so etwas unwissenschaftliches, wo soviel

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Menschliches reinkommt und von so vielen Faktoren abhängt, die ganze Emotionalität, die Menschen-Chemie usw. Dann müsste man mal untersuchen, was unter Black Box läuft? Das wär interessant und mal ein Ansatz, ja. Wenn man kein Produkt hat, dass unique ist, muss man sich halt durchsetzen. Es kommt sehr schnell nur auf den Preis drauf an. Und dann ist die ganze Verhandlung sehr schnell nur noch eine Preisverhandlung. Und da wäre es interessant, vielleicht machen wir da auch was falsch, vielleicht gibt es einen Ansatz, dass man sich nicht zu lange über Product Quality beschäftigt sondern von Anfang an über den Preis unterhält und sich darauf konzentriert. In Deutschland dreht sich alles nur noch um den Preis. Das ist nicht nur mühsam sondern auch sehr frustrierend. Die teuersten haben es normalerweise am Besten. Würdest Sie das unterstützen? Jein. In dieser Branche bedingt. Bsp: Ritz Carlton ist zusammen mit Four Season das absolut beste. Hotel in Berlin in einem masslos übersättigten Markt. Der Kuchen wird nicht grösser. Die sind auch unter Preisdruck gekommen. Von 500 Euro runter auf 250 Euro. Ganz allgemein gesagt, man hat das Gefühl, dass es einfacher ist, den Preis beizubehalten, man verkauft aber weniger Stückzahlen. (Rolls Royce usw.) Da ist der Brand so enorm wichtig. Gehen Sie eher in eine Verhandlung und verlangen dann auch einen höheren Preis oder setzen Sie von Anfang an einen realistischen Preis fest? Gute Frage. Man versucht beides. Es ist immer ein Game. Wir arbeiten ja auch mit Yield-Mgmt ähnlich wie die Airlines. Das ist aber sehr kompliziert, dass MA vielfach Mühe habe es zu verstehen und umzusetzen. Die grosse Preisvielfalt verwirrt die Kunden nur.. Deshalb bieten wir unsere Zimmer zu sogennanten "Best Available Rates" an. wir garantieren, dass es immer der beste Preis ist, egal über welchen Kanal man das Hotelzimmer bucht. Und siehe da, die Kunden, they love it. Die Kunden haben da das Gefühl, dass die Preise transparent, fair sind und dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. Das funktioniert bei Konsumenten so, aber bei Vermittlern und Grossabnehmern ist es nicht ganz so einfach. Dort versucht man schon den besten Preis zu bekommen. Aber es kommt halt wieder auf die Relationship an. Wenn ich mit jmd zum ersten Mal verhandle, dann versuch ich schon herauszufinden, wo die Schmerzgrenze liegt und einen guten Preis zu bekommen. Wenn ich aber mit einem langjährigen Partner verhandle, dann wissen beide Seiten, was möglich ist. Da kann man mehr kaputt machen als gewinnen. Es ist sehr unterschiedlich. Auch kulturell betrachtet, vor allem in Middle East, wo etwas schnell als too cheap gilt. Niedriger Preis gleich schlechte Qualität. Das kann sich sehr negativ auswirken. Luxusprodukte sind nicht einfach einfacher zu verkaufen, denn man muss auch beachten dass der Markt viel kleiner ist. Und wenn man den nicht kennt und nicht gezielt angeht…wehe! Man ist sehr schnell weg vom Fenster. Kann man verhandeln lernen? Das kann man. Fast jeder kann es lernen, wenn man nicht völlig introvertiert ist und auf Personen zugehen kann. Solche die noch Talent haben, für die ist es noch einfacher, Erfolg zu haben. Das ist sicher eine Grundbedingung. Es gibt viele Kurse, die einem das technische beibringen, Prozesse, Grundmuster usw. Aber ich würde behaupten, die Praxis beweist dann, ob man gut oder nicht so gut ist. Es braucht schon Erfahrung.

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Wieviel Prozent sind Können, Emotionen und Glück? Die Portion Glück ist sehr klein. Der Vertragabschluss ist harte Arbeit. Glück, den neuen Kunden zu finden. Das ist Glück. Aber in der Verhandlung, damit man zum Abschluss kommt, da braucht es viel mehr harte Arbeit als Glück. Wieviel ist Relationship? Das sind 70 bis 80 Prozent, wenn nicht sogar mehr. Was machen Sie im Bereich Relationship Mgmt? Kundenbesuche, Newsletter, Emails, Events, Messen, Customer-Partys usw. Wir machen da sehr viel. Die Events sind aber schwierig interessant zu gestalten, damit die Kunden überhaupt kommen, Kunden werden in der Hotelbranche mit Events sehr verwöhnt. Werden da diese Interventionen auch quantitativ monetär gemessen? Das ist sehr schwierig direkt beizuordnen. Bei gewissen Sachen kann man das schon machen. Aber es gibt auch PR-Events, die sehr schwierig sind zu messen. Aber wenn wir Heute an eine Messe gehen und die Vertragsabschlüsse sind erst in ein zwei Monaten und man sieht dass dann im Umsatz erst 18 Monate später. Das ist schwierig, einer Massnahme zuzuordnen. Man versucht eher pro Kunde, die man immer wieder einlädt, den Umsatz zu eruieren. Das ist besser. Welche Theorien kennen Sie? Nach Namen keine. Aber glauben Sie, dass solche Modelle in der Praxis helfen können oder eher nicht? Doch doch. Es gibt leider sehr wenige, die nur auf die Hotellerie ausgerichtet sind. Aber es ist einfach schwierig, ein Praxisbsp von GM auf die Hotellerie anzuwenden. Es gibt sehr wenige, die sich auf die Hotellerie konzentrieren. In D kenne ich zwei. Mit denen arbeiten wir auch. Was sind die grossen Gefahren bei Verhandlungen? Eine grosse Gefahr ist sicher, dass der Verkäufer seine Produkte und Firma zuwenig gut kennt. Wo sind seine Grenzen? Wie weit rauf und runter kann er gehen? Die Features! Den Markt und die Konkurrenz zu wenig kennen. Eine Gefahr ist, dass man Verhandlungen zu legere nimmt, weil sich Routine einschleicht. Wer ist mein Gegenüber? Man muss sich immer gut vorbereiten auf eine Verhandlung. Weiter besteht die Gefahr, dass man zu überheblich ist. Man muss versuchen, auf sein Gegenüber einzugehen, dass man emphatisch ist. Der kulturelle Aspekt ist sicher auch wichtig. Vieles hat mit Vorbereitung zu tun. Vor allem bei erfahrenen Verkäufern sieht man das oft. Werden Verhandlungen auch auf Kosten geprüft? Nein, ob die Verhandlung lange dauert, spielt eine untergeordnete Rolle. Der Abschluss zählt. Das ist auch oft sehr unterschiedlich. Hast du bestimmte Taktiken oder Strategien bei Verhandlungen? Es kommt halt wieder stark drauf an, wer das Gegenüber und wie das Verhältnis ist. Warum geht die Verhandlung so lange? Stockt sie, weil man auf Konfrontation ist? Dann braucht man jmd der dazu kommt und die Knacknuss löst. Wenn es um Details geht, dann finde ich es gut, wenn man zusammen Mittagessen geht und die Verhandlung mal ruhen lässt. Es ist halt sehr unterschiedlich. Manchmal hilft es auch, wenn man einen Consultant beizieht. Oft hilft es, wenn jmd eine andere Perspektive aufzeigt und plötzlich löst sich alles.

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Gibt es auch viele Nachverhandlungen? Absolut. Das machen wir vor allem bei Verhandlungen über ein neues Hotel. Da unterschreibt man mal eine Letter of Intent. Da legt man mal die groben Ziele fest, hat immer noch Exit-Möglichkeiten, aber ist sich einig darüber, dass man zusammen arbeitet. Man will ja nicht zuerst sechs Monate zusammen verhandeln und dann merken, dass man gar nicht die gleichen Ziele verfolgt und sich nie einigen wird. Was haben Sie für Erfahrungen bei Verhandlungen mit Frauen? Sehr gute. Es gibt sehr viele Frauen in der Branche. Auf beiden Seiten. Es arbeiten vorwiegend Frauen im Hotelverkauf. Und ich hab schon viele Frauen getroffen, die härtere Verhandlungspartner waren als viele Männer. Ich persönlich gehe genau gleich in die Verhandlung wie mit einem Mann. Ich habe es noch nie erlebt in einer Business Verhandlung, dass eine Frau ihre Weiblichkeit als Vorteil ausspielen wollte für den eigenen Vorteil. Das ist meist sehr professionell. Ich würde sogar behaupten, dass einzelne Frauen, durch ihre weibliche Intuition, die besser oder akzentuierter als die der Männer ist und dadurch einen Vorteil haben können. Sie können aber auch genauso harte und toughe Verhandler sein. Man darf aber Frauen nicht in gewissen Ländern als Verhandler schicken. Vor allem in Länder, wo Frauen als zweitklass Menschen behandelt werden, vor allem Saudi Arabien. Auch in Asien ist es zum Teil sehr schwierig. Können Sie mir allenfalls noch ein Sales- oder Verhandlungsbuch empfehlen? Rolf Ruhleder. Deutscher. Sehr teuer. Der ist vor allem stark in Rhetorik und Verkauf. Berät auch Politiker. (Management Institut Ruhleder http://www.ruhleder.de/) Karrass, Chester L. und Gary Karrass, die haben sich auf Negotiations spezialisiert. Harvard-Konzept? Das kenn ich nicht. Ergänzungen? Wir haben ziemlich viel angeschaut. Wir haben glaub ich nichts vergessen. Ein grosser Unterschied besteht zwischen Verhandlungen mit Einzelpersonen (Person kauft Auto) und die gleiche Person, die als Vertreter einen Multimillionendeal verhandelt. Die Verkaufsdynamik ist sicherlich eine andere. Interview-Protokoll vom 09.6.2005

Interview-Partner: Heinz Christen, Geschäftsführer Polymeca Peter Kuratli, Verkaufsleiter Polymeca Polymeca Rahmenbedingung: Das Interview mit Herr Christen und Herr Kuratli fand in Heerbrugg in einem Sitzungszimmer statt und dauerte eine knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen.

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Zu den Personen: Herr Christen ist Geschäftsführer der Polymeca. Herr Kuratli ist Verkaufsleiter und verantwortlich fürs Marketing und den Verkauf. Einleitung und Allgemeines: Herr Kuratli gibt einen Überblick über die Firma, den Markt und die Verkaufsorganistation anhand einer Geschäftspräsentation. Zeigt Probleme und Stärken des Marktes und von Polymeca anhand von Kundenbeispielen auf. Zum Interview-Protokoll: Wo wird verhandelt? Kuratli: Verhandlungen beim Kunden vor Ort. Sicher. Das ist meistens der Fall. Nach einem ersten Kontakt, nach einem Telefon. Dort gibt es vor allem Verhandlungen beim Kunden. Was aber sicher immer ein Ziel sein muss, ist einen Point of Sales zu erreichen und den Kunden in die Polymeca zu bringen, damit wir einen „Heimvorteil“ haben. Dann können wir zeigen, was wir alles machen und wie gut dass wir sind. Christen: Wir kämpfen seit ein paar Monaten mit hohen Preisen und Überkapazitäten. Dann gibt es oft keine Verhandlungen mehr. Dann schreibt der Kunde: „Leider nein, viel zu teuer!“ Und zwar nicht 10 Prozent zu teuer sonder 30 bis 50 Prozent. Und da können und wollen wir nicht mehr verhandeln. Dann kommt es schlussendlich schon auf den Preis an? Kuratli: Das ist momentan leider schon sehr stark feststellbar. Ich weiss nicht, ob wir das pushen, wobei wir das auch von anderen hören, von anderen ähnlich gelagerten Firmen, die sich ähnlich schwer tun wie wir. Und es ist schwierig, dieser Ansatz, die Kostenvorteile rüberzubringen. Christen: Kunden sagen immer, uns ist Qualität, Liefertermine, Zusammenarbeit wichtig. Und natürlich sind uns die Preise auch wichtig. Und dann offerieren wir und dann heisst es: Ja, ja der Preis ist viel zu weit entfernt. Viel zu teuer. Keine Chance. Dann ist der Preis plötzlich das Wichtigste. Wir müssen nicht an die Einkäufer rankommen, denn die werden an den Einstandspreisen gemessen. Das ist klar. Wir müssen and die Supply Chain Manager, an CEOs rankommen, die Prozesskosten einsparen wollen. Der Einkäufer sagt natürlich nicht, dass er alles aus einer Hand will, denn dann rationalisiert er sich selber weg. Kuratli: Er wird ja nicht an dem gemessen sondern am Teilchen-Preis. Christen: Der Preis ist nach wie vor ziemlich dominant. Und was machen Sie, um den Kuchen zu vergrössern? Kuratli: Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir versuchen über Einzelteile ins Geschäft zu kommen. Und dann schauen, dass der Einkäufer seinen Chef mitnimmt und dann die Prozesskosten ansprechen. Dass wir an andere höhere Entscheidungsträger rankommen. Diesen Weg fahren. Aber es gibt auch SPM, die ganz klare diesen Weg der Einzelteile fahren wollen. Der andere Weg ist, wir haben im Marketing grosse Anstrengungen unternommen, mit Mails, Direct-Mails. Dort haben wir festgestellt, dass eine Reaktion erst auf das dritte Mail jemand reagiert. Und da haben wir festgestellt, dass sich wenige CEOs melden. Und wir haben diese Mailings extra auf diese CEO-Stufe und SPMs angesetzt.

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Aber die wollen nichts wissen, von diesen Mechanik-Lieferanten. Aber das kennen wir ja selber. Wenn ein Stadler-Schrauben-Mech kommt und einen Termin mit dem Herrn Christen will, wird das auch delegiert. Es ist schwierig reinzukommen. Ein Beispiel war, dass wir über jmd. Reingekommen sind, den wir kannten, wo wir schon eine Beziehung hatten, der früher mal hier gearbeitet hat. Steht denn nicht die Technik im Vordergrund? Christen: Das ist schon auch ein Ansatz, den wir haben: An die Techniker rankommen. Aber wie Peter gesagt hat, der erste Kontakt ist der Einkäufer. Und der Einkäufer hat eine relativ grosse Macht. Und das sind die bestorganierten Leute. Die haben sogar eine eigene Verbandszeitung. Was wir wollen, ist das, was du sagst, wir wollen an die Techniker rankommen. Und dann reden wir von unserer Supply Involvement, von Beratung, von dieser Dienstleistung, die wir anbieten. Wir haben immer Probleme, wenn der Kunde an zehn Anbieter eine Zeichnung schickt, mit der Aufforderung, eine Offerte zu machen. Unsere Verkäufer, ihre Herausforderung ist es, keine Preisdiskussionen aufkommen zu lassen. Ist es nicht einfacher, wenn man teurer ist als die Konkurrenz? Christen: Ein gutes Argument. In dieser Branche ist das nicht so. Wir haben Kontakte zu anderen Firmen in dieser Branche, mit einer ähnlichen Grösse wie wir. Die sagen alle das Gleiche, es ist ein einziger Preiskampf geworden. Kuratli: Ich weiss nicht, ob es zum Preiskampf geworden ist, weil man sich beim Kunden nicht um die Mechanik gekümmert hat auf höherer Ebene. Wir haben auch andere Beispiele, wo wir über Techniker reingekommen sind und eher Chancen haben. Wo in einer ersten Phase vielfach der Preis noch keine Rolle spielt, sondern vielmehr die Qualität oder die Lieferfrist. Und irgendwann wird es dann dem Einkauf gegeben und dann geht es los. Dann geht der Preiskampf los. Christen: Ich glaube einfach, dass die Mechanik zu wenig sexy ist für einen CEO. Er kümmert sich um seine Kunden und nicht um die Lieferanten, insbesondere wenn das Zulieferprodukt für ihn nicht besonders attraktiv scheint. Und drum: Im besten Fall: SPM. Wir müssen denen irgendwie rüberbringen, dass sie Prozesskosten sparen können. Wie bereiten Sie sich auf eine Verhandlung vor? Kuratli: Da gibt es gewisse Vorlagen. Es gibt auch gewisse Protokolle, die einem sagen, wie man sich vorbereitet. Wir unterscheiden zwischen einem Erstbesuch und den Folge-Besuchen mit eigentlich klaren Fragen. Und vor allem ist wichtig nach diesen Gesprächen, die Analyse, denn Ziel ist es dann, die Firmenpräsentation, wo wir zeigen können, was wir können und die nächsten konkreten Schritte miteinander vereinbaren können. Und bei einem Folgebesuch gibt es auch konkrete Fragestellungen, wo wir eingehen auf die Liefertermine, auf die Qualität, den ganzen Abwicklungsprozess etc. Was wir vielleicht noch mehr machen sollten, ist vermehrt Techniker mitzunehmen. Die Verkaufsprojektleiter, die wir haben, die sind dabei, die haben Vorgaben, dass sie mitgeben. Und es gibt, wenn ein Techniker beim Gespräch dabei ist, ein ganz anderes Gespräch dann. Es ist eine andere Basis. Man muss dann aber schauen, dass auf der anderen Seite nicht nur der Einkäufer sitzt, sondern auch eine zusätzlicher Techniker.

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Christen: Und dann hat jeder Verkäufer einen Argumentenkatalog: Wie verkaufe ich hohe Preise. Und dann gibt es noch einen Katalog für Argumente und Wertschöpfung. Alle diese Argumente haben wir in einem gemeinsamen Workshop zusammen erarbeitet. Die sollten unsere Verkäufer drauf haben. Ist das von der Branche her eher eine geschlossene Gesellschaft. Kennt man sich da? Christen: Der Einkäufer versteht uns. Wir haben das gleiche Wording. Kunden sind ja oft ähnlich strukturiert wie wir. Die Einkäufer beschäftigen sich nur mit mechanischen Teilchen. Wenn unser Verkäufer kommt, dann spricht der in den meisten Fällen auch mit einem ehemaligen Mechaniker, auch mit einem Fachmann. Kommen Sie auch von der Technik, Herr Kuratli? Kuratli: Ja, ich komm ursprünglich von der Technik. Das ist für uns schon grundlegend wichtig im Verkauf. Unsere Verkäufer sind ursprünglich Techniker. Es muss so sein. Es gibt eben schon noch viele Details, Galvanikoberflächen-Techniken, wo man viel wissen muss. Sicher, wenn es ganz kompliziert wird, dann nimmt man einen Techniker mit. Aber ein Grundstock an Kenntnissen muss schon vorhanden sein. Wo haben Sie verhandeln gelernt? Kuratli: Bei externen Trainern. Christen: Zuerst einmal durch bittere Erfahrungen. Und dann haben wir schon im 97 mit einem externen Trainer, der arbeitet immer noch mit uns zusammen, Training durchgeführt. Kuratli: Da treffen wir uns nächste Woche schon wieder für eine Runde. Christen: Das mussten wir lernen. Wir sind ja auch ein Cost-Center gewesen. Wir hatten ja keine Ahnung von Kunden. Kuratli: Im 98 haben wir das angefangen aufzubauen. Was ist das zeitliche Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung bei Verhandlungen? Kuratli: Was gehört zur Vorbereitung? Wenn wir da die Offerten miteinbeziehen, das ist oft eine teure Angelegenheit, weil viel Manpower dahintersteckt. Allerdings nicht nur vom Verkäufer, denn der akquiriert vor allem und stellt dann die Kontakte den Verkaufsprojektleitern zu Verfügung. Der Verkäufer erhält dann vom Verkaufsprojektleiter dann die exakten Preise vorgesetzt. Wenn wir also diese Zeit mitein berechnen, dann ist es natürlich ein Vielfaches. Sonst würd ich sagen, sich auf ein Gespräch mit dem Kunden vorbereiten, das sollte der Verkäufer mit ein wenig Routine dann mal ziemlich schnell drauf haben. Da ist Recherche im Internet sicher ein Punkt. Was kann man mit Kunden zusammen machen. Aus Erfahrungen von anderen lernen. Wir haben ein gutes CRM Programm, wo wir viele Daten drin haben. Das ist sehr hilfreich. Christen: Zeitschriften ist vielleicht noch etwas, was wir zu wenig machen. In den Zeitungen steht ja, wenn eine Firma wächst und erfolgreich ist. Gute Hinweise sind auch immer von anderen Kunden. Kuratli: Als Konkurrenzanalyse sozusagen. Konkurrenzdaten haben wir auch sehr viele. Das sind wichtige Vorbereitungen die man machen muss. Und wie würden Sie Verhandlungserfolg definieren? Was braucht es für Verhandlungserfolg? Christen: In einem Erstkontakt müsste der Erfolg eines Käufers sein, der Kunde muss sehen, dass Polymeca ein Partner sein könnte. Der Verkäufer sollte nicht aus einem Gespräch ohne eine Offerten-Anfrage. Der Verkäufer müsste sich dieses Ziel setzen.

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Kuratli: Das ist wichtig bei einem Erst-Besuch. Gut ist, wenn man das weitere Vorgehen geregelt hat. Das kann aber auch sein, dass man sagt, dass ein weiteres Vorgehen zusammen keinen Sinn macht. Christen: Das kann auch sein. Kuratli: Dann haben wir auch was gelernt. Kunden, die man übers Internet findet und dann vor Ort merkt man, dass es nicht ganz das richtige sein wird. Wie wichtig ist die Beziehung zwischen Verkäufer und den Kunden? Kuratli: Sehr wichtig. Ganz wichtig. Wir haben auch festgestellt, dass es wichtig ist, reinzukommen und anbieten zu können. Wir haben viele Kunden hier am Standort und haben gute Beziehungen, aber auch da spielt der Preis immer mehr eine Rolle. Was macht man im Beziehungs-Magmt? Kuratli: Bei wichtigen Kunden versuchen wir regelmässige Meetings und Treffen zu haben. Mit Kundenevents sind wir eher zurückhaltend. Da haben wir letztes Jahr mit allen Standort-Kunden gemacht. Wir wiederholen den auch wieder. Und haben auch mit den Nicht-Standort-Kunden einen Event dieses Jahr geplant. Auf Kundengeschenke wollen wir uns nicht einlassen. Da haben wir ganz klar definierte kleine Sachen. Christen: Ein Event ist sicher, wenn man den Kunden hierherbringt und dann geht man Mittagessen. Das ist normal und üblich. Wir haben auch keine Geburtstage der Kunden gespeichert. Weiss man denn bei einem neuen Kunden schnell, ob es funktioniert oder nicht? Kuratli: Das spürt man schnell. Christen: Das glaub ich auch. Wir sind uns sympathisch oder eben nicht. Das merkt man bald. Wir spüren das auch aus den Feedbacks unserer Kunden. Wenn wir zu unseren Kunden gehen, dann spürt man das dort. Und meistens haben wir dort auch Erfolg. Kuratli: Das kann man so sagen. Wie stark rotieren die Verkäufer untereinander bezüglich Einsatzgebiet? Kuratli: Das ist unter Umständen eine grosse Gefahr. Wir hatten das bis jetzt stabil. Jetzt gab es aber einen Wechsel. Das ist eine grosse Gefahr, wo wir aber darauf aufpassen. Aber den Wechsel haben wir aus Effizienzgründen gemacht. Christen: Das Marktgebiet ist natürlich schon noch ein Thema. Wir haben mal gesagt, so 300Km von hier. Dass der Verkäufer in einem Tag mehrere Kunden besuchen kann. Wenn wir aber in Bremen einen wirtschaftlichen Kunden haben, bedienen wir den natürlich trotzdem. Wann fällt eine Verhandlung leicht? Kuratli: Wenn man sich sympathisch ist. Christen: Wenn die Chemie stimmt. Kuratli: Dann sowieso. Christen: Wir müssen an Grosskunden rankommen, die diese Prozesskosten sehen. Die mit einem Grossproduzenten arbeiten wollen. Sobald die mit kleinen arbeiten, dann sind wir weg. Das muss man einfach sagen. Ich erlebe oft, dass alles stimmt, und dann der Kunde sagt, da seid ihr noch um 10 Prozent zu teuer. Und wenn alles stimmt, dann geht man halt drauf ein. Der Preis ist immer das erste oder letzte Argument. Und wenn es dort plus minus 10 Prozent geht, dann kann der Verkäufer gut verhandeln. Aber sobald das grösser zehn oder zwanzig Prozent sind, wird es schwierig.

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Kuratli: Es kann auch sein, dass man eine Absage erhält, weil man dem Einkäufer nicht sympathisch ist. Das gibt es schon. Und dann bekommt man die Absage aber natürlich nicht wegen dem, sondern weil man viel zu teuer ist. Christen: Wenn das Gegenüber sagt, dass man 50 Prozent zu teuer sei, dann hat man keine Argumente mehr. Kuratli: Aber wir stark die Sympathie in die ganze Sache mitspielt, das ist eine gute Frage. Was meinen Sie, was macht das Prozentual aus bei einem Verkaufserfolg? Christen: Das macht 60 bis 80 Prozent aus. Kuratli: Ich hätte drei Viertel gesagt. Ziemlich sicher schon. Um überhaupt mal miteinander zusammen arbeiten zu wollen. Der Rest ist Preis? Christen: Ja, ja, so Sachen wie Preis, Liefertermin. Kuratli: Oder auch Qualität. Christen: Wir haben auch schon Aufträge gewonnen, weil wir schneller als die Konkurrenz waren. Aber auch schon verloren. Das kann auch ein Argument sein. Kuratli: Oder weil wir die Qualität liefern konnten. Da waren wir in der ersten Runde ausgeschieden, aber über die Qualität sind wir wieder reingekommen. Wie werden Verkäufer ausgebildet? Eher kompetitiv oder kooperativ? Christen: Da haben die ein gewisses Spiel und sonst kommt es zu uns zurück. Dann muss man sich entscheiden, ob man diesen Kunden will und Geschäfte machen will und sich intern über die Konsequenzen im Klaren sein. Kuratli: Er kommt die Kalkulation über. Da gibt es ein wenig Spiel. Und wenn es zurück kommt, schauen wir, wo wir noch optimieren und entgegen kommen können. Wir schauen dann, dass nicht nur die Marge geschmälert wird, sondern versuchen über andere Aspekte den Druck zurück zugeben. Christen: Was die Verkäufer einfach noch intensiver machen müssen ist, auf die Spezifikationen hinweisen, wo wir noch billiger produzieren könnten. Wo man dann halt nicht in die genauste Genauigkeit produziert. Deshalb ist es auch gut, wenn Techniker mitgehen, aber das kostet dann halt wieder uns mehr, weil es zwei Personen sind. Kann man Verhandeln und Verkaufen lernen? Kuratli: Ein gewisser Ehrgeiz und Wille muss da sein. Es ist nicht einfach, wenn man sieht, wie ein Verkäufer „Klinken“ putzen gehen muss. Wenn man viele Sachen ausbaden gehen muss. Aber man muss auch bestimmte Weiterbildungen machen und werden wir auch weiterhin machen. Wir haben auch eine Verkaufsschulung, ein Training und werden vor allem auch noch das Team-Training noch mehr üben. Das ist ja auch für die Kunden schwierig. Mit wem muss er dann reden. Das wollen wir noch üben und verbessern. Christen: Was ein Verkäufer mitbringen muss: Er muss gern reisen bei uns. Er muss gerne telefonieren. Viele Leute haben Hemmungen zu telefonieren. Er muss etwas von der Materie verstehen. Er muss ein Auftreten haben. Er muss gewillt sein, mehrere Kunden pro Zeiteinheit zu besuchen. Und was wir auch machen, sind bestehende Kunden vermehrt auszubauen. Lange haben wir

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versucht unsere Bekanntheit auszubauen. Jetzt haben wir einen Kundenstamm und den müssen wir jetzt pflegen und ausbauen. Kuratli: Bestehende Kunden sind auch billiger als neue zu akquirieren. Was halten Sie von der Aussage, dass man 30 Prozent lernen kann, 40 Prozent sind so Bauchgefühle und der Rest ist Glück. Christen: Glück ist noch ein guter Hinweis. Glück gehört dazu. Kuratli: 10, 20 Prozent können schon Glück sein, aber gleich 30? Christen: Die Leute, die ich im Verkauf kennen gelernt habe, die können das. Der eine mehr, der andere weniger. Wir wollten mal einen Techniker zum Verkäufer machen. Das ist nicht gegangen. Kuratli: Es muss drin sein. In der Einarbeitungsphase hat unser Verkäufer nach zwei Wochen gezittert, weil er jeden Tag hier war und nicht draussen. Die müssen raus. Wie stark verkauft man Problemlösungen? Christen: Das müssen wir noch mehr üben. Da haben wir beim Projekt mit dem Dirk (Zupanic) fest daran gearbeitet. Dass wir mehr vom Produktverkauf hin zum Problemlösungsverkauf gehen. Das stell ich bei Verkäufern eben schon immer wieder fest, dass sie umsatzgeil sind. Die wollen Umsatz machen. Das müssen wir auch lernen. Beim Problemlösungsansatz hast du den Auftrag eben nicht Morgen oder Übermorgen im Sack. Das geht dann länger. Kuratli: Eine Lösung verkaufen, das beim Kunden rüberbringen ist das erste. Wenn der Kunde wirklich ein Problem hat, dann genau zur Stelle sein, da gehört dann eben schon auch Glück dazu. Das hatten wir schon ein paar Mal, aber… Christen: Das Glück ist bei uns noch nicht 40 Prozent! Aber wir müssen unsere Verkäufer schon noch mehr zu Problemlösungs-Verkäufern erziehen. Und nicht Auftragserbringung um jeden Preis. Unser Trainer heisst Augustoni. Da hatten wir so ein Verkaufsgespräch: Er Einkäufer, ich Verkäufer. Da haben wir gesprochen übers Produkt und plötzlich habe ich ihn dann gefragt, ob er mit dem Preis zufrieden sei. Und er darauf sofort, wer denn schon wieder zuerst vom Preis rede! Und wir neigen dazu, sehr schnell auf den Preis zu kommen. Wir haben ein wenig Angst davor. Und das müssen wir immer wieder trainieren. Lösungsverkauf. Wir sind auch eher problemlösungsorientiert und hochpreisig. Da kannst du nicht einfach auf eine Faxanfrage einen Preis draufschreiben und zurück. Da müssen wir auch einfach längere und ausführlichere Offerten machen. Diesen Anspruch haben wir. Unsere Offerten sind sehr professionell. Habt ihr ein bestimmtes Modell durch diesen Trainer erhalten? Christen: Jeder hat ein Büchlein. Wann man welche Fragen wie richtig stellt. Wie verhalte ich mich richtig bei Reklamationen. Sein Konzept wird vermittelt. Schon länger jetzt. Ist das ein Prozessmodell? Kuratli: Ja und in diesen Prozessen gibt es spezifische Fragestellungen. Es fängt an mit der Begrüssung, mit den Fragestellungen, mit der Analyse. Dann mit der Präsentation, wo man den Kunden nicht langweilen will und auf der Analyse basiert. Man geht gezielt auf seine Geschichten ein. Guten Erfahrungen? Christen: Wir versuchen Kontinuität zu haben. Bis jetzt haben wir nur mit einem Trainer zusammengearbeitet. Auch im Marketing.

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Und wo müsste man noch etwas verbessern? Wo gibt es für die Wissenschaft noch Handlungsbedarf? Christen: Stichwort: Problemlösungs-Verkauf. Wie löst man dem Kunden ein Problem, nicht ein Produkt verkaufen. Nicht über den Preis. Weg vom Preisverkauf, hin zum Problem-Preis. Das könnte auch in unseren Ansatz übergehen, dass der Kunde alles aus einer Hand erhält und sich Transfer-Kosten erspart. Wir müssen uns aber auch im klaren sein, dass dort der Erfolg nicht so schnell kommt. Ein Problem lösen, dauert länger. Und wir wollen ja auch Umsatz generieren. Kuratli: Team-Verkauf ist auch sehr wichtig. Ein Verkäufer ist schon noch ein Einzelkämper. Muss er auch sein. Wir können ja nicht immer zu zweit oder dritt beim Kunden auftauchen. Aber es braucht sicher Team-Verkauf. Werden die Verhandlungen und die Verkaufsanstrengungen auch auf Kosten überprüft. Kuratli: Ist unterschiedlich. Wird individuell abgeschätzt. Wir schauen immer die Marge an. Aber wenn die Margen sehr schlecht sind, schauen wir, was für Aufwendungen wir noch ungefähr haben und was noch übrig bleibt. Aber wir können nicht auf Knopfdruck sagen, was wie viel kostet. Wir müssen da auf die Technik, aufs Lager schauen und dann abschätzen. Aber Prozesskosten haben wir im Verkauf so nicht abgebildet. Was sind die Erfahrungen mit Frauen im Verkauf? Christen: Gute. Unsere Frauen, die Heute an der Front sind, das hat sich bewährt. Das sind eher Kaufleute, keine Techniker. Das hat sich bewährt und ist sehr gut. Einkäufer sind ja eher Männer und die sind sich Frauen eher nicht gewohnt. Erschrecken diese Männer dann nicht eher? Die Frauen sind ja technisch nicht so tätig. Da geht es vielmehr um die Auftragskoordination, um Auftragsabwicklung. Wie läuft es ab? Logistisch. Den Kunden zufrieden stellen. Christen: In der kommerziellen Offerten-Abwicklung, da haben wir Frauen. Das hat sich bewährt. In Auftragsgenerierung haben wir Techniker. Kuratli: Als wir einen Verkäufer gesucht haben, ist mir das schon auch durch den Kopf gegangen. Ich habe auch schon mit einem Einkäufer darüber diskutiert und es kann schon sein, dass eine Frau einem dann mal als Verkäuferin sympathischer ist als ein Mann. Es könnte durchaus ein Türöffner sein. Christen: Das Grundproblem ist vielmehr, dass Frauen einfach nicht solche technischen Berufe erlernen. Es gibt ja kaum Polymechanikerinnen. Das ist das Grundproblem, aber auch unsere Grundvoraussetzung. Und generell die Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Wo liegen die Vor- und Nachteile? Christen: Unsere Frauen müssen schon auch verhandeln. Vielfach bezüglich Terminen. Die Preise sind dann schon abgemacht. Dann müssen sie auch verhandeln, dann kommen terminliche Forderungen. Und da haben wir auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, wo ein Mann dann sagt, geht nicht, fertig. Aber die Frauen das hinkriegen. Und dort müssen diese Frauen schon richtig reagieren. Und unsere Frauen machen das sehr gut. Kuratli: Wir haben sehr gutes Feedback diesbezüglich. Was macht es genau aus?

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Christen: Sie können sich vielleicht besser in den Kunden hineinversetzen. Sie sehen nicht gerade die technischen Grenzen. Sie können nicht abschätzen, was etwas für die Maschinen-Auslastung heisst. Und ein Mann denkt dann eher aufgrund der Ausbildung, dass es eher nicht geht. Kuratli: Die sind vielleicht ein wenig feinfühliger. Wir hatten Probleme mit einem Kunden mit einem Mann und haben dort jetzt den Switch gemacht und jetzt klappt es wunderbar. Ob es ein anderer Mann auch so hingebracht hätte? Kann schon sein. Haben Sie eine Verkaufs- oder Verhandlungsbibel? Der Leitfaden von Augustoni. Der basiert ja aus einem Workshop, den wir gemacht haben. Einen Fragekatalog für unsere Verkäufer. Kuratli: Der gibt schon sehr viel her. Ergänzungen? Christen: Mir ist noch einmal klar geworden, dass wir die Initiative ergreifen müssen: Wir müssen Problem-Lösungen verkaufen, Dienstleistungen. Das müssen wir immer wieder trainieren. Interview-Protokoll vom 22.6.2005

Interview-Partner: Frank Johner, Verkaufsleiter Herren Globus Rahmenbedingung: Das Interview mit Herr Johner fand in Spreitenbach im Büro von Herrn Johner statt und dauerte eine knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen. Zum Interview-Protokoll: Wo wird verhandelt? Vom Aufgabengebiet her verhandle ich an verschiedensten Fronten im Moment. Ich hab neben der Verkaufsleitung ja auch noch die Expansionsleitung, die ganzen Mietvertragsgeschichten. Als Verhandlungspartner hab ich Vermieter, wo es um neue Vermieter und Verträge geht. Aber auch Makler oder Vermittler, mit denen ich zu tun habe, die einem Objekte vermitteln wollen. Das sind Verhandlungspartner. Das wären eher externe Verhandlungspartner. Interne sind meine Vorgesetzten und meine Mitarbeiter, mit denen ich Zielsetzungen verhandeln muss, damit wir auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Dann kann es noch die ganze Dekorationsabteilung sein, die in einer Matrix ist und mir nicht direkt untersteht. Das sind so die Verhandlungsfelder. Was für Verhandlungen sind das? Es sind distributive und integrative Verhandlungen. Was ist schwieriger? Interessanter sind die Verhandlungen, wo man etwas bilden und erweitern kann. Da hat man auch viel mehr kreative Möglichkeiten. Bei einer Preisverhandlung musst du nur schauen, ob du zum Preis, den man anstrebt auch wirklich gelangt. Das sind relativ harte aber einfache Gespräche. Aber wenn du

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über einen Mietvertrag oder ein Mietobjekt sprichst, ist das oft mit bestimmten Anforderungen verknüpft. Und dann geht es um ein Finden. Wer kann wem was geben, das beiden etwas nützt. Und am Schluss ist es dann für alle besser. Ich seh die Schwierigkeit, herauszufinden, ein Konstrukt zu bringen, damit mein Partner seinen Nutzen erzielt und ich meinen. Das man einen Win-Win Situation erzielen kann. Da ist vor allem Kreativität gefragt. Kommen integrative Verhandlungen häufiger vor? Würd ich schon sagen. In meinem Gebiet. Das sind auch die Verhandlungen, die herausfordernder sind. Intern sind es dann eher distributive, da muss man sein Zeugs einfach durchbringen oder nicht. Machen wir oder nicht. Wie bereiten Sie sich auf Verhandlungen vor? Ich versuche auf der einen Seite die Fakten auf den Tisch zu legen. Notizen. Nachher setze ich mich mit dem ganzen Thema auseinander. Mit dem Gegenüber. Viele kennt man ja durch langjährige Beziehungen. Man weiss, wie man die einordnen muss. Man kennt die Situation. Man sucht dann eben den Spielraum auszuloten. Bedenken muss man auch immer, dass man intern auch noch einen Prozess abwickeln. Man kann nicht einfach verhandeln und fertig. Das muss ich ja auch gegenüber meinem Chef verantworten. Was brauche ich, damit das Projekt bewilligt wird. Das ist verbunden mit Investitionsrechnungen usw. Und man braucht auch einen Überblick über den Markt. Was ist so das Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung? Ein Drittel zu zwei Drittel. Wo haben Sie verhandeln gelernt? Expansion hab ich gelernt bei einem ungarischen Betriebswirt. Der kam 57 in die CH. Hat studiert. Ist pensioniert. Bei dem war ich drei Wochen in einem Kurs über Expansion. Hab da viel gelernt. Alle diese Berechnungsmodelle, theoretischer Ablauf. Dann hab ich die Expansionsstelle bei Globus übernommen. Dannzumal wollte man mit Druck expandieren, deshalb wurde auch die Stelle geschaffen. Das ist eigentlich ein schlechtes Resultat, wenn man expandieren muss. Man sollte wollen und es dann machen, wenn es stimmt. Nicht aus dem Druck, schnell zu wachsen. Das haben wir dann auch gemerkt. Dort hab ich die Komponenten dann auch gespürt und gelernt. Worauf es drauf ankommt, zwischen Menschen untereinander. Auch wenn es vielleicht ein Auslaufmodell ist, ist es für mich ein Modell geblieben und versuch mich daran bei aller Verhandlungshärte zu halten. Und da geht es um eines: Faire Lösungen für alle zu kreieren und nicht aus einer Machtposition heraus die Leute über den Tisch zu ziehen. Was oft einfach wäre. Das ist aber nie gut. Ich hab so viele Situationen erlebt, wo man nach einer bestimmten Zeit wieder selber in einer gleichen Position ist. Und dann muss man von dem nichts erwarten. Und ich hab oft Resultate erzielt, wo meine Vertragspartner in für uns schwierigen Situationen auf unsere Schwierigkeiten eingegangen sind. Und das hat mir klar gezeigt, in die Augen schauen und sagen, wenn dann wieder mal ein Problem besteht, könne man selbstverständlich auch wieder vorbeikommen und darüber sprechen. Und so eigentlich, von einem selber etwas zu geben. Und nicht immer das Billigste ist das Beste. Dann hast du Verhandeln „on the job“ gelernt oder durch Weiterbildung?

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Dann gab es Verhandlungstechnik-Kurse gegeben. Wo es um so Win-Win-Situationen ging. Harvard-Konzept. Da war ich einer der ersten, der von unserer Firma diesen Kurs besuchen durfte. Das war auch noch eindrücklich. Das war in Zürich, bei der Migros in Rüschlikon. Das war noch speziell und vieles ist on the job und durch die Routine gekommen. Was macht für Sie ein Verhandlungserfolg aus? Klammerbemerkung im Voraus: Man muss auch an kleinen Erfolgen Freude haben. Und nicht nur ans grosse Ziel denken und wenn man einen Szloty abweicht, dann ist es schon schlecht. Auch kleine Erfolge feiern können. Der Erfolg zeigt erst die Zeit, wenn man mit diesen Partnern auch später noch zusammenarbeitet. Und wenn es beide noch gibt. Wenn ich den Einkauf anschaue: Dort gibt es ja praktisch nur den Preis. Dort ist man aber trotzdem nur erfolgreich, wenn es deine Partner auch später noch gibt, weil man sich nicht jedes Jahr neue Partner suchen kann. Sind Sie eher ein kooperativer oder kompetitiver Verhandler? Ich bin sehr kooperativ und sehr offen. Vor allem wenn man sich mit dem Gegenüber auseinander setzt und auch dessen Bedürfnisse berücksichtigt, muss man offener sein, als wenn man sagt, der Chef habe vorgegeben und jetzt müsse einfach das erreicht werden. Könnte man denn einfach knallhart sein? Oder sind Sie schon auf solche gestossen? Ja, ja, aber dann trennt man sich nach relativ kurzer Zeit schon wieder. Bsp.: Ladenlokalitäten im Tessin, da ist es eher schwierig erfolgreich zu sein, weil viel mit Schwarzgeld funktioniert. Und wenn man für eine seriöse Firma arbeitet, hat man diese Möglichkeiten gar nicht. Auch in der West- und Deutschschweiz läuft viel über Ablösesummen für bestehende Mietverträge. Bsp.: Laden-Lokalität in der Westschweiz. Ist es eine Schweizer Eigenschaft, dieses sachliche Verhandeln auf Faktenbasis? Ich weiss nicht, ob das typisch Schweizerisch, weil ich auch sehr wenige internationale Verhandlungen führe. Ich finde es einfach die fairere Art. Und ich habe jetzt so einen Fall, wo ich noch nicht weiss, wie ich vorgehen soll. Es geht um eine Liegenschaft, wo wir das ganze Haus gemietet haben und nicht auf unsere Ziele kommen. Und sind daran mit dem Hausbesitzer, dass wir ihm etwas zurückgeben können, aber er muss gewaltig investieren. Wir wollen etwas zurückgeben, er muss aber investieren und jetzt läuft es ein wenig an. Architekten machen Studien und ich muss mich jetzt dann mit dem treffen und ihm sagen, unsere Ausgangslage ist die und die und die und es hat sich in den letzten zwanzig Jahren einiges geändert. Wir wollen zwar und können aber nur das und müssten uns hier entgegenkommen. Wollen und können Sie das wirklich? Das wird schwierig. Das ist eine ganz integre und intelligente Person. Ich hab mit seinem Onkel vor zwanzig Jahren die Verträge gemacht, der hat jetzt geerbt. Wir müssen ja fair bleiben und weiss aber noch nicht wie? Wann fällt eine Verhandlung leicht? Eine Verhandlung fällt leicht, wenn man keinen Resultatdruck hat. Im Moment fallen mir Expansionsverhandlungen um Standorte sehr leicht, weil es leicht ist für mich, Nein zu sagen. Früher war ich unter einem anderen Druck. Zielverhandlungen mit MA fallen mir auch relativ leicht, weil wir eine Kultur haben, wo wir faire Ziele anbieten können. Was ist der Anteil der Beziehung bei einer Verhandlung?

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Das ist sehr subjektiv, aber für mich ist es wichtig. Es entstehen immer wieder sehr gute Beziehungen, geschäftlicher Art, wo man immer wieder zurückgreifen kann. Auch wenn mal andere Verhandlungen stocken, z.B. im Ladenbau: Architekten, Ladenbauer gehen aufeinander los. Dann kommt das oft zu mir. Dann mach ich ein Telefon und meist ist der Fall schon bald geklärt. Bsp: Rückbau Laden. Das sind Beziehungen, wo ein Wort noch ein Wort ist. Da hab ich dann intern zum Teil grösste Probleme, wenn ich sage, dass ich das telefonisch abgemacht habe. Und da kann man sich auf das Wort verlassen. Und da geht es ja um Geld um grosse Beträge. Dann fällt eine Verhandlung leichter, wenn man eine positive Beziehung hat? Das ist so. Und mit einer Person, die man lange kennt, hat man auch einen anderen Ehrlichkeitsgrad. Das ist so. Bsp: Laden. Verträge, Wechsel auf Wunsch von Partner. Umbau vor 4 Jahren. Da kann man sich dann hinsetzen und schauen, ob man eine Lösung findet oder eben nicht. Natürlich ist im Hintergrund immer noch die vertragliche Situation. Ich bekomm ja auch nicht einfach so einen halben Laden gratis. Und offen kommt man viel weiter. Aber die anderen schenken einem ja auch nichts. Es ist nicht so, wenn man sich besser kennt, dass man dann Sachen billiger oder freiwillig oder gar gratis gibt. Man ist einfach offener, ehrlicher und gemeinsam gewillt, eine gute Lösung zu finden. Wenn ich ihm da entgegenkomme, dann wird er mir ein andermal auch entgegen kommen. Aber einen Laden bekomm ich trotzdem nicht gratis. Aber er sagt es mir zuerst. Kommt man schneller zu Vertragsabschlüssen? Ich glaube schon. Wobei es ist immer eine Problematik, wie viel Macht mein Verhandlungspartner hat. Das ist eine Frage der Vorbereitung, wo ich mich fragen muss, was ich brauche, damit ich es durchbringe. Dann kann ich auch offen und ehrlich sein. Aber wenn du dann intern die Projekte nicht durchbringst, bist du gegen aussen auch nicht mehr glaubwürdig in der Verhandlung. Und da ist es oft von Vorteil zu wissen, wer wen beeinflussen kann. Und da kann man dann versuchen über eigene Leute andere zu beeinflussen. Wo kann die Wissenschaft noch helfen? Bei solchen Sachen ist es wohl schwierig zu sagen, dass man nach einem bestimmten Muster vorgehen kann. Im Verkauf gibt es klare Richtlinien und Konzepte für Bedürfnissermittlung und Begrüssung und Beratung etc. Dort gibt es auch von der Theorie her ein paar fragliche Methoden. Wenn man bspw. die JA-Strasse bahnt. Solche Methoden können schon zu Erfolg im Verkauf führen, aber sind meines Erachtens nicht auf Verhandlungen anwendbar. Und Modelle, die Phasen, Stufe etc ansprechen? Das macht aber doch nicht mehr als ein Drittel aus. Wo kann die Wissenschaft noch helfen? Eine ganz heisse Frage. Das Harvard-Prinzip zeigt das ja schon ein wenig auf. Wie kann man Bedürfnisse des anderen erkennen und darauf eingehen oder ausnützen. Nur schon das Wissen ist schon zentral. Oder wenn man weiss, dass Japaner darauf achten, immer ihr Gesicht zu wahren. Das sind ganz wichtige Sachen, dass man sich dann richtig verhaltet. Und Rücksicht nimmt auf die verschiedenen Kulturen. Kann man verhandeln lernen? Ja.

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30 Prozent kann man lernen, 40 Prozent seien so Bauchgefühle und der Rest sei Glück. Was halten Sie von dieser Aussage? Ich würde das Glück weniger hoch einstufen. Aber das Verhandeln oder das Verkaufen selber kann man lernen. Einerseits über die Wissenschaft und so Kurse. Das öffnet ja die Sicht auf die Dinge. Das bin ich überzeugt. Auch das Verkaufen. Aber es braucht schon gewisse Grundfähigkeiten, die man unterstützen kann. Aber zum ganz erfolgreich sein, braucht es die schon. Ein Verkäufer muss ein kommunikativer, extrovertierter Typ sein. Der muss begeisterungsfähig für eine Materie sein. Der muss positiv sein. Das braucht es schon auch noch. Managen kann man ja auch lernen. Aber ich glaube eben schon auch, wenn man keine Menschenkenntnis hat, braucht man auch nicht zu managen. Kennst du neben dem Harvard-Konzept noch andere Verhandlungsmodelle? Nein, höchstens noch Verkaufsmodelle. Aber die sind rein auf den Verkauf aus. Ist der Nutzen dieser Modelle, weniger begabte Menschen auf ein gewisses Niveau zu bringen? Das ist es auf jeden Fall. Die können einem Halt geben und auch einen roten Faden. Wenn man das Harvard-Konzept anschaut, dann muss man sich zwangsläufig Gedanken über die Interessen des Gegenübers machen. Und das bringt einem weiter. Was sind die grössten Gefahren beim Verhandeln? Eine grosse Gefahr ist, dass man sich irgendwo in eine Ecke verirrt. In eine Richtung drängen lässt, wo man nicht mehr rauskommt und nur noch Ja oder Nein entscheiden kann. Und eine grosse Gefahr liegt auch darin, dass für viele gar keine Handlungsspielraum mehr gegeben ist. Ist das dann nicht verlorene Zeit? Man überlegt sich das nicht. Aber oft nimmt sich der Chef die Wichtigkeit heraus, selbst zu entscheiden. Aber es werden oft Personen mit ganz klaren Zielen in Verhandlungen geschickt. Und das hat sich in den letzten zwanzig Jahren schon so entwickelt. Es „menschelet“ viel weniger. Woran scheitern Verhandlungen? Sicher oft, wenn die Erwartungen völlig auseinander liegen. Dann ist es wahnsinnig schwierig, einen Konsens zu finden und oft ist es auch nicht seriös. Wenn die Spielräume zu gross auseinander liegen und man sich trotzdem findet. Vielleicht bin ich da dann zu ehrlich, wenn ich sage, was Sache ist, wo wir uns treffen können und was möglich ist. Aber Sie würden sagen, dass Sie ein erfolgreicher Verhandler sind? Ja. Man kann auch mit Ehrlichkeit erfolgreich sein. Warum gibt es wohl die Tendenz, dass es weniger „menschelet“ und Personen mit wenig Kompetenz in Verhandlungen geschickt werden? Weil der Führungsstil weiter oben hat geändert. Das ist zum Bauch raus. Wir haben weniger Unternehmer und mehr Manager, die einzig ihren Profit im Kopf haben. Und das führt zu solchen Resultaten. Gibt es eine Art Verhandlungs-Controlling? Bei uns gibt es das nicht, ein Verhandlungscontrolling. Nein, das glaube ich nicht. Gewisse Projekte dauern einfach sehr lange. Das Beziehungsnetz ist schon noch wichtig. Und es ist wichtig, mit

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Personen reden zu können und wenn man das dann immer noch belegen und verrechnen müsste, das würde nirgends hinführen. Dann sind vielleicht die Controlling Kosten nicht gerechtfertigt. Haben Sie auch schon mit Frauen verhandelt? Was sind da Ihre Erfahrungen? Ja. Unterschiede: Die Sympathie ist noch entscheidender für mich. Aber sonst…Ich habe nur einen Fall….Bsp: Da wollte jmd aus einem stehenden Vertrag völlig linkisch raus. Und wir haben Verträge und der andere war uns noch etwas schuldig. Und das merkt man schon, wenn jmd einem nie entgegen kommt. Aber der kam uns nie entgegen und brauchte plötzlich den Platz. Und nachher wollte er mich noch einmal „linken“ über einen Grundbucheintrag. Und dann wollte ich mit dem nichts mehr zu tun haben. Anwälte, das muss man auch noch sagen, haben wir eben auch noch gute bei der Migros. Und dann kam eine Frau, die wollte mit mir darüber reden. Und für mich gab es eigentlich nichts mehr zu reden. Dann gab ich ihr eine Chance und hat die Sachlage erklärt und sich entschuldigt. Hin und her. Und ich muss sagen, irgendwo hat es für mich einfach gestimmt. Die hat es geschafft, ich war granaten-verrückt. Dann haben wir eine kreative Phase eingeschoben und schlussendlich eine Lösung gefunden. Neue Wege gesucht. Und dort hatte ich das Gefühl, dass die Chemie stimmte. Vielleicht lag das daran, dass es eine Frau war. Hätte aber vielleicht auch bei einem Mann so sein können. Gibt es bei euch so ein Verhandlungsmanual? Nein, ich glaube nicht. Möglicherweise haben die Einkäufer etwas. Kannst du mir ein Buch empfehlen? Nein, hab ich auch nicht. Nur den Verhandlungstechnik-Ordner vom Seminar aus dem 89.

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Einladung Fragebogen und Personenübersicht Mit dem folgenden Schreiben wurden die untenstehenden Personen eingeladen, eine Itemreduktion vorzunehmen, sowie den Fragebogen zu validieren:

Sehr geehrte Expertinnen und Experten Hauptziel und Inhalt der Dissertation: Im Rahmen meiner Dissertation an der Universität St.Gallen soll die Güte und Praxisrelevanz zweier Verhandlungsmodelle im Kontext von Verkaufsverhandlungen nachgewiesen werden können. Es geht einerseits darum, welchen Nutzen diese beiden Konstrukte für die Praxis darstellen und andererseits soll anhand der beiden Modelle aufgezeigt werden können, wie verhandelt wird. Zu diesem Zweck werde ich eine Befragung bei Verhandlungs- und Verkaufspraktikern durchführen. Die Schlüsse aus der Befragung sollen sodann in ein Verhandlungsmodell münden, das der Verhandlungspraxis zu helfen vermag, weil es Praxisprobleme berücksichtigt und dafür Lösungen anbietet. Vorarbeit für die Befragung: Damit ich die Qualität meines Fragebogens steigern kann, bin ich im Rahmen der vorbereitenden Phase auf Ihre Mithilfe angewiesen. Da Sie über Verhandlungs- und/oder Forschungserfahrung verfügen, zähle ich Sie zum Kreis meiner "vorberatenden Experten". Anbei finden Sie einen grossen Itempool (Item = Aussage). Dieser Itempool beschreibt die zwei Verhandlungskonstrukte, die empirisch getestet werden sollen. Durch Ihre Expertise soll in einem ersten Schritt die Anzahl der Items von 190 auf 120 gekürzt werden. Ihre Itemauswahl wird in den endgültigen Fragebogen einfliessen, der es erlauben wird, die beiden Verhandlungskonstrukte zu testen. Aufgabenstellung:

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Untenstehend finden Sie 24 Dimensionen (grau hinterlegt), die spezifische Aspekte von Verhandlungsmodellen darstellen. Diese Dimensionen werden jeweilen kurz erläutert (grau hinterlegt). Pro Dimension sind bis zu 15 Items (Aussagen) aufgeführt. Die Items sollen die entsprechenden Dimensionen treffend beschreiben. Durch Ihre Expertise soll die Anzahl der Items pro Dimension auf fünf bis sechs reduziert werden. 1) Deshalb bitte ich Sie, erstens die Items pro Dimension durchzulesen und dann diese in eine Rangfolge zu bringen, indem sie dem besten (Definition? Besten=passendsten??) Item eine 1, dem zweitbesten eine 2 u.s.w. verteilen. Diese Zahlen fügen Sie bitte in das entsprechende Feld rechts neben das entsprechende Item. 2) Zweitens bitte ich Sie, dort wo etwas nicht verständlich ist, ein Fragezeichen zu setzen. 3) Nachdem Sie den Itempool bearbeitet haben und die Items in eine Rangfolge gebracht haben, bitte ich Sie, mir Ihre Arbeit entweder zu faxen (zu Handen A. Hasler: 0041 / (0)44 / 712 13 79) oder per Email ([email protected]) zukommen zu lassen. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir bis spätestens 17. Februar 2006 antworten könnten. Für Ihre wertvolle Mitarbeit bedanke ich mich jetzt schon sehr herzlich! Sie trägt einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsssteigerung meines Fragebogens für die emprische Erhebung meiner Dissertation bei.

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Die folgenden sechs Personen haben sich Einverstanden erklärt, den Fragebogen zu validieren:

Name Firma Funktion

Philipp Meyer Hilti Schweiz AG General Manager

Urs Lehner Hilti Schweiz AG Nationaler Verkaufsleiter

Steven Nikolov Mövenpick Hotels & Resorts Senior Vice President Sales- und Marketing

Nicolo Paganini Kanton St.Gallen Leiter Amt für Wirtschaft

Ulrich Egger Egger, Philips und Partner Präsident des VR, Senior Partner

Reto Kuster Stiftung Berner Gesundheit Berater

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Screenshots des Fragebogens

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Curriculum Vitae

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VII. Curriculum Vitae Ausbildung 2004 – 2007 Universität St.Gallen, HSG

Doktorarbeit am Institut für Marketing und Handel, IMH

1998 – 2003 Universität Freiburg i.Ue Studium der Erziehungswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre und Kommunikationswissenschaften

1999 – 2000 Universität Wien Austauschsemester

1992 – 1998 Primarlehrerseminar Heerbrugg

Berufliche Tätigkeiten Seit 08/2007 AXA Winterthur

Interne Beratung/Black Belt

2005 - 2006 Hilti Schweiz AG Verkauf, Leiter Hilti Center Adliswil

2004 - 2005 Malik Management Zentrum St.Gallen, Seminare Projekt-Manager und Seminarbetreuung

2003 – 2004 Universität Freiburg i.Ue Wissenschaftlicher Projektassistent am Institut für Allgemeine Pädagogik und Pädagogische Psychologie

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