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(Aus dem Institu› fiir normale und pathologische Physiologie der Universitat KSln.) Versuche liber Blutdruckziigler beim Frosch. Von Dr. Fritz Meyer Volont~trassistent ara Institut. Mit 6 Textabbildungen. (Eingegangen ara 9. Dezember 1926.) H. E. Hy 1) hat gefunden, daB es beim S/iugetier aul]er den Aortennerven (Depressores) noch zwei weitere Nerven gibt, bel deren zentraler Reizung der Blutdruck sinkt: die Carotissinus-~;erven. Dic physiologische Bedeutung dieser Sinusnerven ist wie die der Aorten- nerven darin zu sehen, da[t sie als ,,Blutdruckziigler" wirken. Es lag nahe, auch beim Kaltblfiter nach diesen Nerven zu suchen. ])er Versuch schien um so berechtigter, als dic beiden andern Druck- ziigler, die Aortennerven, schon frfiher von Kuno und c. Briicke 2) beim Frosch nachgewiesen waren. Die Untersuchungen wurden in den Monaten Juni bis Oktober an grol~en, aus Ungarn bezogenen Eskulenten vorgenommen, die ein dnrchschnittliches Ge- wicht von 160 g hatten. Der mittlere Blutdruck betrug bel diesen Tieren ira Durch- schnitt 33,6 mm Hg. Nur an diesen gro[~en, aus Ungarn bezogenen Tieren ]ieBen sieh die zu schildernden Ergebnisse gewinnen; Versuche, die an Spree-Eskulenten gemacht wurden, fiihrten nicht zum Ziel. Die Versuchsanordnung war folgende. Dcr Frosch wurde an den Extremit~iten auf einem, an einem Stativ befestigten Froschbrett in l~iickenlage aufgebunden. Haut und Sternum wurden median gespalten, der Musc. sternohyoideus stumpf durchtrennt und die Vena jugularis externa unterbunden. Nachdem durch An- ziehen der Haltef'hden das Operationsfeld verbreitert war, wurde die A. pulmocu- tanea mit einem stumpfen Sucher freigelegt und eine Glaskantile endst~ndig ein- gebunden. Hierbei bediente man sich mit Vorteil der ZeiBschen Binokularlupe (VergrSBerung 3mal). Die A. puhnocutanea ist wie Kuno und v. Briicke be- merken, deshalb besonders gut zum Einbinden der Kaniile geeignet, weil sic einmal ein verh/~ltnism/~Big weites Lumen besitzt, und weil anderseits bei ihrer Unter- bindung nur ein kleines Gef/iBgebie~ aus der Zirkulation ausgeschaltet wird. Die griffelf6rmig zugespitzte Glaskaniile war, um ein Herausgleiten aus dem Gef/~B 1) H. ~™Hering, Mtinch. med. Wochenschr. 1924, S. 701 u. 1265; 1925, S. 339; I). M. W. 1!)25, S. 1140. I)ie Carotissinusreflexe. Dresden 1927 (zut Zeit im Druck). 2) y. Kuno und Th. v. Briicke, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 15~, 117. 1914.

Versuche über Blutdruckzügler beim Frosch

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(Aus dem Institu› fiir normale und pathologische Physiologie der Universitat KSln.)

Versuche liber Blutdruckziigler beim Frosch. Von

Dr. Fritz Meyer Volont~trassistent ara Institut.

M i t 6 T e x t a b b i l d u n g e n .

(Eingegangen ara 9. Dezember 1926.)

H. E. Hy 1) hat gefunden, daB es beim S/iugetier aul]er den

Aor tenne rven (Depressores) noch zwei weitere Nerven gibt , bel deren

zent ra ler Reizung der Blu tdruck s inkt : die Carotissinus-~;erven. Dic

physiologische Bedeu tung dieser Sinusnerven ist wie die der Aorten-

nerven dar in zu sehen, da[t sie als , ,Blutdruckzi ig ler" wirken.

Es lag nahe, auch beim Kal tb l f i te r nach diesen Nerven zu suchen.

])er Versuch schien um so berecht igter , als dic beiden andern Druck-

ziigler, die Aor tennerven , schon frfiher von K u n o und c. Briicke 2) beim Frosch nachgewiesen waren.

Die Untersuchungen wurden in den Monaten Juni bis Oktober an grol~en, aus Ungarn bezogenen Eskulenten vorgenommen, die ein dnrchschnittliches Ge- wicht von 160 g hatten. Der mittlere Blutdruck betrug bel diesen Tieren ira Durch- schnitt 33,6 mm Hg. Nur an diesen gro[~en, aus Ungarn bezogenen Tieren ]ieBen sieh die zu schildernden Ergebnisse gewinnen; Versuche, die an Spree-Eskulenten gemacht wurden, fiihrten nicht zum Ziel.

Die Versuchsanordnung war folgende. Dcr Frosch wurde an den Extremit~iten auf einem, an einem Stativ befestigten Froschbrett in l~iickenlage aufgebunden. Haut und Sternum wurden median gespalten, der Musc. sternohyoideus stumpf durchtrennt und die Vena jugularis externa unterbunden. Nachdem durch An- ziehen der Haltef'hden das Operationsfeld verbreitert war, wurde die A. pulmocu- tanea mit einem stumpfen Sucher freigelegt und eine Glaskantile endst~ndig ein- gebunden. Hierbei bediente man sich mit Vorteil der ZeiBschen Binokularlupe (VergrSBerung 3mal). Die A. puhnocutanea ist wie Kuno und v. Briicke be- merken, deshalb besonders gut zum Einbinden der Kaniile geeignet, weil sic einmal ein verh/~ltnism/~Big weites Lumen besitzt, und weil anderseits bei ihrer Unter- bindung nur ein kleines Gef/iBgebie~ aus der Zirkulation ausgeschaltet wird. Die griffelf6rmig zugespitzte Glaskaniile war, um ein Herausgleiten aus dem Gef/~B

1) H. ~™ Hering, Mtinch. med. Wochenschr. 1924, S. 701 u. 1265; 1925, S. 339; I). M. W. 1!)25, S. 1140. I)ie Carotissinusreflexe. Dresden 1927 (zut Zeit im Druck).

2) y . Kuno und Th. v. Briicke, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 15~, 117. 1914.

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zu verhindern, an der AuBenseite mit Glastinte aufgerauht. Sie wurde mitte]s eines kurzen ]~leirohres von 3 mm lichter Weite mit einem Gummimembran- manometer mit Hebelschreibung verbunden. ])er Kapseldurehmesser des In- strumentes betrug 8,1 mm, die Dicke der Gummimembran 0,15 mm. Die Ver- gr613erung durch den Strohhalmhebel war etwa 50fach. Zut Fiillung des Systems diente die von JF. 8chulz 1) angegebene ~~anometerfltissigkeit, eine w~sserige L6sung von ]0~ Dextrose und l �9 Ammonoxalat.

Bel den Versuehen zeigte sich, daB die tibliche Art des Einbindens der Arterien- kaniile nicht empfehlenswert ist. ZweckmgI~ig wird die A. puhnocutanea aus dem Zusammenhang mit dem Nachbargewebe losgeISst und peripher von der Ein- mtindungsstelle der Kaniile unterbunden und durchtrennt. Nur so, wenn das zentrale, in die Kantile miindende Sttick des GefiiBes frei beweglich ist, wird eine einwandfreie Verzeichnung des Blutdruckes m6glich; sonst aber kann jede kleine Bewegung des Tieres zu einer Verlagerung und Kantenstellung der Kantile und damit zu groflen Tiiuschungsm6glichkeiten fiihren.

Weiter war bel den Versuehen auf die richtige Vorbereitung des Versuchs- tieres zu aehten. Die Schwierigkeiten liegen hier in der Notwendigkeit, bei der Operation des Tieres jeden Blutverlust zu vermeiden, und ferner in der Dosierung der angewandten Narkose. Die Wirkung einer auch nur unerheblichen Blutung ~tuBert sich einmal in einer Senkung des Blutdruckes, dann aber, und das schien gerade fiir den Erfolg der Untersuchungen entscheidend, seheint es, daB durch einen selbst geringen AderlaB die Reaktionsfiihigkeit und P~eaktionsbereitschaft der blutdruckregulierenden Mechanismen weitgehend ge~ndert werden kann. Viele MiBerfolge bei den Untersuchungen werden wohl so gedeutet werden k6nnen. Zur Narkose erwies sich als brauchbar eine h[ischung von Curare und Urethan. Sie vereinigte die lghmende Wirkung des Curare mit der narkotisierenden des Urethans, ohne dal~ so hohe kreislaufschadigende Dosen verwendet werden mu~ten, wie sie bei Benutzung nur eines dieser Mittel n6tig sind. Von einer L6sung, die von lproz. Curarel6sung 0,5 ccm und ven gesiittigter Urethanl6sung 5,0 ccm in 30 ccm Wasser enthielt, wurden 2 cern pro 80 g Frosch injiziert. Auch bei dieser Mischung war allerdings dle Narkosebreite zwischen der zur Ausscha]tung von Reflexbewegungen n6tigen Menge und der die Gef~Berregbarkeit nicht beein- fluBenden Dosis nur gering.

Da beim S~iugetier der Sinusnerv ein Ast des N. glossopharyngeus ist, lag es nahe, aueh beim Frosch zu versuchen, dureh zentrale t~eizung dieses Nerven den Blu tdruek zu senken. Der Glossopharyngeus des Frosches en tspr ing t wie der Vagus dem Ganglion jugulare. Er ver- l~uft zuerst abwarts , um sich dann , den Schlund umgreifend nach vorne und medial zu wenden. Hierbei t r i t t er (s. Abb. 1) in enge topogra- phische Beziehung zu den gro{~en Gefgl~en; er liegt der Carotisdriise dicht an u n d steigt d a n n lateral von der Carotis ex te rna ver laufend zum Mundboden empor. Er verl~uft nahezu parallel dem N. hypo- gIossus u n d ist etwas tiefer und krania lw~rts von diesem leieht aufzu- f i nden . I n den Versuehen wurde der Nerv mSgliehst zentr~l (an der mi t S. I I . bezeiehneten St, elle der Abb. 1) durehschn i t t en und mit ge- r ingen Stromst~irken faradiseh gereizt. (4 Vol t -Portersehes Induk- to r ium - - RA 9--11 - - fei~le Plat inelektroden) .

1) F. Schulz, P�9 Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 386. 1906.

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In der Tat fiihrte diese Reizung zu einer Senkung des Blutdruckes (Abb. 2). Oft sof0rt, meistens aber mit einer Latenz von 5--10 Se- kunden, sank der Blutdruck allm~ihlich ab und stieg nach AufhSren der Reizung langsam wieder auf die urspriingliche HShe. Der Ver- lauf der Blutdrucksenkung zeigt Ahn. liehkeit mit den Kurven, die K~~'~~O ~I~OES~"" .- .... Oarotls ext. und v. Bri~cke als ffir die Gefal~reak- _L tion bei Depressorreizung charakteri- . . ™ s t i sch v e r S f f e n t l i c h t haben . Die La:tenz- C, arotis i~'d. - - " ~ ~

zeit betrug in den Versuchen von Kuno / / , / 1 - und v. Briicke durchsehnittlieh 20 Se- Aorta ....... k u n d e n . Art. pulmoeutanea ,"

Eine Beeinflussung der Herztfitigkeit zeigte sich bei den Versuchen nur ein ein- ziges Mal, und zwar bei einer ganz frischen Abb. 1. Verlauf des rechten N. glosso- Spree-Eskulente (Abb. 3). Der rechte pharyngeus beim Frosch (schematiseh).

Glossopharyngeus wurde in diesem Ver- suche zentral bel RA 10 gereizt. Sogleich sank die Herzschlagzahl ab. Die st~rkste chronotrope Wirkung zeigte si�99 beim 3. Pulse nach Beginn der Reizung. Die Pulsdauer betrug nahezu das Doppelte, sie war von 1,3 auf 2,5 Sek. gestiegen. Nach AuIhSren der Reizung erreichte die I-IerzscMagzahl wieder schnell den normalen Wert.. In diesem Versuche zeigte nur der rechte Glossopharyngeus Abb.2. BlutdrucksenkungbeiReizungdes

zentralen Glossopharyngeus [RA 9] ~). diese chronotrope Wirkung; die Rei- zung des linken blieb ohne Einflul3 auf die Herzschlagzahl.

Das Ausmal~ de r bei R e i z u n g

des zen t ra le r t G l o s s o p h a r y n g e u s

jewei ls e r z i e l t en B l u t d r u c k s e n -

k u n g war in d e n e inze ]nen Ver-

suchen seh r ve r sch i eden . I r a

D u r c h s c h n i t t f a n d s ich e ine Sert*

k u n g u m 3,5 m m Hg . , das be- d e u t e t e e inen B l u t d r u c k a b f a l l u m

11 ~ de r N o r m . Die hSchs t e ein-

wandfrei beobachtete Blutdruck- Abb. 3. Abnahme der Iterzsehlagzahl b› senkung betrug 5 mm Hg. Reizung der rechten Glossopharyngeus (l~A 10).

1) Anm. : Bei der Wiedergabe sind die Koinzidenzmarken in Abb. 2 und 4 infolge Beschneidens der Original-Kurven weggefMlen. In beiden Kurven sind die Reizmarken nach links verschoben. - - In allen Kurven gibt die unterste Linie die Zeit (1 Sekunde) an; die dariiber stehende Linie zeigt die Reiz- markierung.

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Es gelang indessen keineswegs, in j edem Versuche die charak te r i s t i - sche Senkung des Blu td ruckes zu erhal ten. Au[ter den e rw~hnten Schwier igkei ten der Method ik ist zu bedenken, dag der e lekt r i sche Reiz n ieht die depressor ischen Fase rn allein, sondern einen gemisch ten Nerven t.rifft. Da aber Reizung gemischter Nerven be im Frosch fas t immer zu B lu td rucks t e ige rungen ffihrt, so kann der Reiz b lu td ruck- " senkender Fase rn nur d a n n in Ersche inung t re ten , wenn das A u s m a g der Senkung gr6ger ist. Ms der unvermeidl iche gleichzei t ige pressor ische Effekt . Oft zeigte sich in unseren Versuchen dieser b lu td rueks t e ige rnde l~eiz w~hrend der La tenzze i t als in i t ia le Erh6hung des Bh~tdruckes. Kttno und v. Br~cke haben bel ihren Depressor re izungen diese in i t ia len Ste igerungen ebenfal ls gefunden, und sie e rSr tern die Frage, ob es sich dabe i um vasocons t r ic tor i sche Einflfisse oder die Folgen von auch durch t iefe Narkose nicht ganz auszuscha l t enden R.eflexbewegungen hande l t . Es ist e in leuchtend, dag diese B lu td rueks te ige rungen u. U. einen gleich- zeit igen depressor ischen Ef fek t vo l lkommen f iber lagern kSnnen.

Ferner scheinen auch die Jahreszeit und die jeweilige Disposition des Tieres bestimmend frit den Er�9 der Versuche zu sein. Wie sehon oben erw~hnt, wurden fast alle entseheidenden Ergebnisse an groBen frischen Eskulenten gewonnen. Schon wenn diese Tiere einige Zeit ira Institut aufbewahrt wurden, waren die Befunde seltener und die Druck~nderungen weniger stark. Endlich diirften manche Fehlversuche auf die leiehte mechanische Verletzlichkeit der blutdruck- senkenden Fasern zurfickzuffihren sein. Bei nicht sehr sorgfMtiger Pr-~paration werden sie leiehl, verletzt und ausgesehaltet. So verftige ieh z. B. iiber einen Ver- sueh, in dem sehon beim Auflegen des Nerven auf die Elektroden einš wohl als Reizwirkung zu deutende eharakteristisehe Blutdrueksenkung eintrat. Sp~ter waren in diesem Versuehe die depressorisehen Fasern nieht mehr erregbar. Aueh beim Siiugetier ist auf die hohe meehanische Empfindliehkeit besonders der Aorten- nerven von H. E. Hering hingewiesen worden.

Diese P~eizversuehe a m zentrMen Glossopharyngeus beweisen, dag in d iesem Nerven afferente b l u t d r u e k s e n k e n d e Fase rn ver]au�9 L?ber den Ursp rung dieser F a s e r n war d a m i t noeh niehts gesagt . Der Befund war aber um so auffal lender , als bisher, vom Aor t enne rven abgesehen, b lu td rueksenkende Fase rn in den per ipheren F rosehne rven n ieh t naeh- gewiesen wurden. Aueh in eigenen Versuehen, in denen der N. hypo- glossus, der N. la ryngeus superior , -X_ste des Plexus braehial is und lum- balis zent ra l gereizt wurden, fanden sieh nur Blu tdrueks te igerungen . Ex wurde so die Vermutung best~irkt, daB die ira Glossopharyngeus aufgefundenen Fase rn ident i sch mi t dem von Hering besehr iebenen Sinusnerven waren.

Die S inusnerven der Sguger werden ebenso wie die Aor t enne rven reflekt.oriseh erregt . Sie bef inden sieh in e inem d a u e r n d e n Erregungs- zus tand , dessen H6he dureh die jeweiligen Druekverhii l t .nisse in der Carot.is b e s t i m m t wird. Durehsehne ide t man die Druekzi igler , so wird die Le i tung dieses Dauerre izes un te rbroehen , die ton is iœ F u n k t i o n

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der Nerven h6rt auf, der Blutdruck steigt infolge Wegfalls der Zfigel an. Waren die beim Frosch aufgefundenen Fasern identisch mit den Sinus- nerven, so muBte sich auch fiir sie diese Dauererregung nachweisen lassen.

Es gliickte nun, auch am Frosch zu zeigen, daB sowohl diœ im Glosso- pharyngeus verlaufenden Fasern als auch die von K u n o und v. Br i icke

entdeckten Aortennerven tonisch innerviert waren. Um zu verhindern, daB bei Ausschaltung der einen HMfte der Druckziigler die iibrigblei- benden deren Funktion iibernahmen, wurden bei den Versuchen zum Nachweis des Tonus der Glossopharyngeusfasern die Aortennerven und umgekehrt beim Nachweis des Tonus der Aortennerven die Glosso- pharyngei ausgeschaltet. Abb. 4 zeigt einen Versuch, bei dem der Tonus der im Glossopharyngeus verlaufenden Fasern gut zum Ausdruck kommt. Nach Durchschneiden des rechten Glossopharyngeus, der

Abb. 4. Blutdrucksteigerung nach Durehschneidung des zweiten ( rechten)GIossopharyngeus (Marke). Senkung des Blutdruckes durch l/eizung des zentralen Nervenendes (tlA 10).

linke war schon vorher durchschnitten worden, zeigt sich eine deutliche Steigerung des Blutdruckes. Da diese Erh6hung des Blutdruckes dauernd bestehen bleibt, kann man sie nicht als Schnittreizwirkung auf pressorische Fasern deuten, sondern muB annehmen, daB es sich um den rWegfall einer tonischen Deprœ handelt. Auch nachdem durch l~eizung des zentralen Endes des Glossopharyngeus der Blut- druck gesenkt ist, erhebt er sich wieder zu der alten H6he.

Diese Dauererregung l~tBt sich, wie schon erwi~hnt, auch fiir die Aortennerven des Frosches nachweisen. I™ und v. Briiclce berichten nichts liber eine tonische Innervation der von ihnen entdeckten Nerven. Auch in œ im September und Oktober angestellten Versuchen gelang es nur sœ diesen Tonus einwandfrei nachzuweisen. Auch wenn vorher die Glossopharyngei durchschnitten wurden und so ein stellvertretendes Eintreten dieser Nerven ausgeschlossen war, bliœ die positiven Befunde noch selten. Ob dies daran liœ daB der Tonus der Aortennerven an sich nur gœ ist, oder ob diœ Jahreszeit oder die Art der Tiere ftir die Fehlversuche verantwortlich gemacht werden kann, ist schwer zu entscheiden. Vielleicht fiihrt auch die sehwierige

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550 F. Meyer :

Pr› der Nervi vagi oft zu einer vorzeitigen Zerst6rung der empfindlichen Nervenfasern. Abb. 5 zeigt einen Versnch, in dem die Durchschneidung des Vagus eine Blutdrucksteigerung zur Folge hat, die man wohl auf den ~%gfall ciller tonischen D~mpfung beziehen muB.

Es handelte sich um eine 190 g s™ Rana esculenta, die mit 5 ccm Urethan- Curarel6sung narkotisiert war. Zur Ausschaltung der Vagi waren 0,0003 g Atropin injiziert worden. Nachdem vorher der linke Vagus und die beiden Glossopharyngei ausgeschaltet waren, wm'de an der in der Abbildung bezeichneten Stelle der rechte Vagus durchschnitten. Der Frosch machte dabei eine kurze, in der Kurve als steile Zacke zum Ausdruck kommende Reflexbewegung. Ira Anschlufl daran aber s~ieg der Blutdruck kontinuierlioh an und erreichte nach 19 Sek. einen H6chst- wert, der betrachtlich gr68er als der vor der Vagusdurchschneidung bestimmte Wert ist. Der Blutdruck sinkt in der Folge nicht mehr ab, sondern h~lt sich dauernd

auf dem erh6hten Niveau. Man wird daher diese BlutdruckerhShung n[cht als Folge der voriibergehenden Bewegung des Tieres ansehen kSnnen, sondern mul~ annehmen, da8 die Durchschneidung der ira Vagus verlaufenden Aortennerven zum We~all einer reflektoriseh bedingten D~mpfung ftihrt.

Nachdem sich in fdbereinstimmung mit don Befunden ara S~tugetier ergeben hatte, dal~ die im Glossopharyngeus und Vagus verlaufenden Fasern reflektorisch

Abb. 5. t/lutdrucksteigerung beiDurch- den Blutdruck d~mpfen, mutlte endhch schneidung des rechten Vagus nach ~t i r die Glossopharyngei noch gezeigt vorhergehender Ausschaltung der an-

deren Druckztigler. werden, daftdieser Reflexein Gefalteigen- reflex ira Sinne Herings war. Die Injek-

tionsmethode, die von Kuno und ~'. Briicke zur Erzeugung einer ktinst- lichen Drucksteigerung im Gefiiftsystem angewandt wurde, war fiir die eigenen Versuche nicht brauchbar. Denn eine Injektion von zirka 0,5 ccm Fliissigkeit ffihrt, wie auch Kuno und v. Briicke bemerken, zu einer,,kiinst- lichen L~berftillung des Gefhltsystems", die eine etwaige dureh Gefiilt- wirkung bedingte Blutdrucksenkung ,,maskieren" kann. Da es aber gerade darauf ankam, diese Gefallwirkung zu erfassen, mullte der Nachweis, dall die gefundenen Nerven Telle eines Gefii|teigenreflexes waren, auf anderm Wege gesucht werden. Die n~ichstliegende M6glichkeit war die, daIl man das Ausm~tll einer ktinstlichen Blutdrucksteigerung vor und nach Aussehaltung der Nervi gh)ssopharyngci verglich. Wirken die Nerven als Druckziigler, so mnf~ten sic, wenn sie .~unktionstiichtig waren, eine kiinstlich erzeugte BlutdruckerhShnng d~ilnpfen; waren sic durchschnit- ten, so mul~te sich diese Steigcrung dagegen ungehemmt auswirken. In den Versuchen wurde die Blutdrucksteigerung durch Abklemmen des rechten Truncus arteriosus erzeugt. Abb. 6a zeigt einen Vcrsuch, in dem bei erhaltenen 1Yervi glossophar)mgei dic Truncusabklemmung eine BlutdruckerhShung um 4 mm Hg zur Folge hatte'. Abb. 6b zeigt

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Versuche tiber Blutdruckztigler beim Frosch. 551

ira selben Versuch den Erfolg der Truncusabklemmung nach Ausschal- tung der Nerven: Der Blutdruck steigt jetzt um mehr als das Doppelte, um zirka 9 mm Hg. an. Dieser Versuch beweist somit, deut,lich, daf~ die in den Glossopha.ryngei verlaufenden Fasern einen kiinstlich er- zeugten arteriellen Hochdruck d'ampfen, daI~ sie also als Druckziigler ira Sinne Herb~gs wirken.

Aus den Abb. 6a und 6b geht auch hervor, daft nach Durchschneiden der Druck- ztigler der Erfolg einer zen- tra.len Reizung der Nerven st~trkerist als vorher. In der Kurve auf Abb. 6b ist die nach zentraler Reizung des N. glossopharyngeus auf- tretende Blutdrucksenkung riel ausgepr~igter als in Abb. 6a. Dieser Befund stimmt tiberein mit den Ergebnissen am S~tugetier. Abb. 6a. BlutdrucksteJgerung durch Trnncusab-

�9 k lemmung (]~Iarke) ]~,eizung des r. Glossopharyngeus. wo ebenfalls der Reizerfo]g Beide Glossophar~mgei sind erhalten. ira al]gemeinen um so st~ir- ker ist, je hSher der arte- riel]e Blutdruck ist.

Der funktionelle Nach- weis blutdruckztigelnder Fasern in den Nervi glosso- pharyngei forderte dazu auf, auch anatomisch diese Fasern mit den Sinusnerven zu identifizieren. Diese Ver- suche schlugen bei der Kleinheit der Versuchstiere

Abb. 6 b. Dasselbe wie in Abb. 6 a nach Durch- bisher feh]. Der N. glosso- schneidung_beider Glossophar)'ngei. pharyngeus verlauft, wie aus beigeffigter Skizze (Abb. l) hervorgeht, in n~tchster N~ihe der gro[ten Gefiifte. Auf einer grof~en Strecke seines Verlaufes liegt der Nerv der Carotisdrtise und der Carotis interna dicht an. Beim LoslSsen des Nerven lassen sich wohl kurze verbindende Fasern prii- parieren, die zut Carotis externa und interna oder zur Carotisdrfise hinziehen, aber der Nachweis, dal3 diese Fasern Nerven oder gar identisch mit don Sinusnerven sind. lieB sich bel der Kleinheit und Zartheit dieser nur mit der Lupe sichtbaren Gebilde nicht erbringen.

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552 Iv. Meyer: Versuche liber BlutdruekzOgler beim Froseh.

Dagegen glfickte es, wenigstens region~r den Ursprung der blut- druekregulierenden Fasern zu bestimmen. Durchschnitt man den Ner- ven peripher an der mit S I bezeiehneten Stelle der Skizze (Abb. 1), so zeigte sich keine Veranderung des Blutdrucks. Durchschnitt man aber den Nerven an der mit S I I bezeiehneten Stelle, so trat eine Blut- drucksteigerung auf. Datait war gezeigt, dag die tonisch innervierten blutdruckregu]ierenden Fasern zwisehen diesen beiden Stellen in den Nerven eintreteu.

Z usamme~/as.s u ng.

In den Nervi glossopharyngei des Frosches verlaufen Fasern, deren zentrale Reizung den Blutdruck senkt. Schaltet man diese Nerven a.us, so steigt der Blutdruck an; man muB also annehmen, dag sie tonisch innerviert sind. Durch Erzeugen einer kiinstlichen Blutdruck- erhShung (Abklemmen eines Truncus arteriosus) l~igt sich nachweisen, dag der Blutdruck nach Ausschalten der Nervi glossopharyngei hSher steigt als wenn die Nerven erh~Iten sind. Hieraus geht hervor, dag die blutdrucksenkenden Fasern einen Ge�9 vermitteln und als Blutdruckzfigler ira Sinne Herings wirken. Alles spricht dafiir, dag sie identisch sind mit den von Hering entdcckten Sinusnerven.

Auch ffir die im Vagus verlaufenden Aortennerven des Frosches 1M~t sich die tonische Innervation nachweisen. Beim Kaltblfiter finden sich also die gleichen blutdruckziigelnden GefaBeigenreflexe wie beim Saugetier.