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4. Versuche iiber die Solarisation photoyraphischer Platten ; uon B. Walter. (1Iierru Taf. I.) Die Angaben verschiedener Beobachter uber die Belichtung, welche notwendig ist, um im Estwickler die groBtmogliche Schwarzung einer Bromsilberplatte zu erzielen, weichen von- einander ganz au6erordentlich ab. Nach Ebert') z. B., welcher mit dem Lichte der Amylacctatlnmpe arbeitete, erhalt man die maximale Schwarzung rnit einer Lichtenergie von etwa 5000 Erg dieser Lichtquelle, wahrend ein eben entwickelbarer Eindruck mit ungefahr einem Erg erzielt wurde. Die beiden in Frage kommenden ,,Belichtungen'(, die man ubrigens gegenwartig nicht in Erg, sondern in Beterkerzensekzcnden auszndriicken pfiegt, verhalten sich danach also ungefahr wie 1 : 5000. Prech t z , dagegen, der mit brennendem Magnesiumband arbeitete, fand, da6 der Beginn der Solarisation einer Be- lichtung entsprach, die gleich dem 20- bis 25000fachen der ,,Normalexposition" war. Beriicksichtigt man nun aber , da6 einerseits der Beginn der Solarisation offenbar gleichbedeutend ist mit der groI3tmoglichen Schwarzung, und da8 andererseits die zur Hervorrufung der ,,normalen" Schwarzung einer Platte notwendige Belichtung zum mindesten auf das 10 fache des Schwellenwertes der letzteren angenommen werden mu@, so ergibt sich, daB nach Precht das Verhaltnis der beiden in Frage kommenden Belichtungen zum mindesten auf 1 : 200 000 zu setzen ist. An dritter Stelle moge hier noch eine Angabe von Scheiner3) erwahnt werden, der nach briefliclier Mitteilung mit der Benzinlampe seines Sensitometers belichtete und dabei fand, da6 ,,auf der einen Platte das Maximum des Silber- 1) H. E b e r t , Eders Jahrbuch d. Photogr. 8. p. 14. 1894. 2) J. Precht, Physik. Zeitschr. 3. p. 426. 1902. 3) J. S c h e i n e r , Populare Astrophysik p. 313. 1908. 6*

Versuche über die Solarisation photographischer Platten

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4. Versuche i iber die Solarisation photoyraphischer Platten ;

uon B. W a l t e r . (1Iierru Taf. I.)

Die Angaben verschiedener Beobachter uber die Belichtung, welche notwendig ist, um im Estwickler die groBtmogliche Schwarzung einer Bromsilberplatte zu erzielen, weichen von- einander ganz au6erordentlich ab. Nach Eber t ' ) z. B., welcher mit dem Lichte der Amylacctatlnmpe arbeitete, erhalt man die maximale Schwarzung rnit einer Lichtenergie von etwa 5000 Erg dieser Lichtquelle, wahrend ein eben entwickelbarer Eindruck mit ungefahr einem Erg erzielt wurde. Die beiden in Frage kommenden ,,Belichtungen'(, die man ubrigens gegenwartig nicht in Erg, sondern in Beterkerzensekzcnden auszndriicken pfiegt, verhalten sich danach also ungefahr wie 1 : 5000.

P r e c h t z, dagegen, der mit brennendem Magnesiumband arbeitete, fand, da6 der Beginn der Solarisation einer Be- lichtung entsprach, die gleich dem 20- bis 25000fachen der ,,Normalexposition" war. Beriicksichtigt man nun aber , da6 einerseits der Beginn der Solarisation offenbar gleichbedeutend ist mit der groI3tmoglichen Schwarzung, und da8 andererseits die zur Hervorrufung der ,,normalen" Schwarzung einer Platte notwendige Belichtung zum mindesten auf das 10 fache des Schwellenwertes der letzteren angenommen werden mu@, so ergibt sich, daB nach P r e c h t das Verhaltnis der beiden in Frage kommenden Belichtungen zum mindesten auf 1 : 200 000 zu setzen ist.

An dritter Stelle moge hier noch eine Angabe von Scheiner3) erwahnt werden, der nach briefliclier Mitteilung mit der Benzinlampe seines Sensitometers belichtete und dabei fand, da6 ,,auf der einen Platte das Maximum des Silber-

1) H. Ebert, Eders Jahrbuch d. Photogr. 8. p. 14. 1894. 2) J. Precht, Physik. Zeitschr. 3. p. 426. 1902. 3) J. Scheiner, Populare Astrophysik p. 313. 1908.

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niederschlages etwe bei der 100 facheii Lichtstarke eintreten kann, die zur Hervorbringung der ervten Spuren des Nieder- schlages erforderlich ist, wiihrend bei der anderen Platte das 300-400 fache notwendig ist". Das ermahnte Verhaltnis wurde also nach S c h e i n e r zwischen 1 : 100 und 1 : 400 schwanken.

In ahnlich schroffer Weise wic diese mit Liehtstrahlen ge- wonnenen Ergebnisse verschiedener Beobachter stehen sich ferner auch die mit Rontyenstrahlen erhaltenen gegenuber ; denn wahrend sowohl P r e c h t l ) als auch Hansmann2) mit dieser Strahlengattung eine Solarisation uberhaupt nicht finden konnten, sol1 dieselbe nach E y k m a n 3), sowie auch nach Holzknecht4) mit Leichtigkeit nachzuweisen sein.

Welches ist nun die Ursache dieser so erheblichen Unter- schiede? Beschrankt mau sich zunachst auf die oben er- wahnten Beobachtungen rnit Lichtstrahlen, so kann man hier eine Verschiedenheit 1. der spektralen Zusammensetzung der von den verschiedenen Beobachtern benutzten Lichtquellen, 2. der Intensitat der letzteren und 3. der Belichtungsart annehmen, da Sche ine r z. B. eine intermittierende, die beiden anderen Beobachter dagegen eine fortlaufende Belichtung anwandten.

Ich habe deshalb alle diese Falrtoren in weitgehendem Nabe verandert, jedoch fur keinen derselben einen wesentlichen EinfiuB auf die Lage des Schwarzungsmaximums einer photo- graphischen Platte finden konnen. Von den vielen Versuchen, die ich in dieser Beziehung angestellt habe, seien nur einige angefiihrt. Fur eine bestimmte Plattensorte wurde das Ver- haltnis der dem Schwellenwert und der der Maximalschwarzung entsprechenden Belichtungen einmal mit dem Lichte einer frei brennenden Hefnerlampe und das andere Ma1 nach Vorschaltung einer Kupferoxydammoniaklosung bestimmt, welche die brech- baren Strahlen des Spektrums von P an so gut wie vollstandig hin- durchlieb, die weniger brechbaren von E '1, P an aber vollstandig

1) J. I'recht, Archiv f. wissensch. Phot. 1. p. 260. 1899. 2) F. Hausmann, Fortschr. auf d. Geb. d. Rantgenstr. 6. p. 89.

3) P. 11. Eykman, Fortschr. auf d. Gcb. d. Rontgenstr. 6. p. 261.

4) G. Holzknecht, Fortschr. auf d. Geh. d. Rontgenstr. 6. y. 323.

1901 /02.

1!l01/02.

1901/02.

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Solarisation photogruphiscfter Platten. 85

absorbierte, wie einerseits aus spektroskopischen Beobachtungen und anderemeits auch daraus hervorging, daB die Wirkung einer Nernstlamp auf ein Radiometer durch die Losung aaf etwa 1/2,, verkleinert wurde. Das in Rede stehende Verlialtnis blieb jedoch bei diesen beiden spektral so sehr verschiedenen Lichtquellen innerhalb des Bereiches der Versuchsfeh'ler un- verandert, so daB es also bei den Versuchen von E b e r t und Sche ine r jedenfalls nicht der verhaltnismaBig groBe Prozent- satz ihrer Lichtquellen an roten und ultraroten Strahlen ge- wesen sein kann, welcher die leichtere Solarisierbarkeit ihrer Platten verursachte.

Auch als an Stelle der Amylacetatlampe ein frei gluhender Nernststift angewendet wurde, dessen photographische, optische und kalorisohe Wirhamkeit bzw. 50, 22 und 3,2mal 80 groB war wie die der ersteren Lichtquelle, und dessen Strahlung daher im Ultrarot prozentuell ganz erheblich hinter cler des Hefnerlichtes zuruckblieb, war doch das Verhaltnis der beiden in Rede stshenden Belichtungen bei Benutzung derselben Plattensorte wieder das gleiche wie fruher.

Auch bei Versuchen rnit derselben Lichtquelle, aber ver- schiedenem Abstand von ihr, d. h. also rnit verschiedener In- tensitiit des wirksamen Lichtes ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede; und Bbensowenig auch, als an Stelle der kon- tinuierlichen eine intermittierende Belichtung mit 40 Wechseln in der Sekunde angewandt wurde.

Weiter konnte dann die Ursache der groSen Unterschiede in den Resultaten der genannten Beobachter in der Ver- schiedenheit der von ihnen benutzten photogruphischen Entroickler Iiegen. E b e r t arbeitete meist mit Hydrochinon oder Rodinal, P r e c h t meist rnit Edinollosung 1 : 25, Sche ine r dagegen mit Eisenentwickler. I& habe nun auch alle diese Hervorrufungs- flilssigkeiten mit dem von mir selbst bei meinen spater zu be- schreibenden Versuchen stets benutzten Metol-Hydrochinon- Potasche-Entwickler verglichen, jedoch selbst bei Anwendung ziemlich verschiedener Entwickelungsdauer keine nennenswerte Verschiebung der dem Schwiirzungsmaximum oder dem Schwellen- werte entsprechendeu Belichtung feststellen konnen.

Dagegen zeigte sich bei diesen Versuchen, daB die absoblte Schwarzung der Platten an der SteEle des Schwiirzungsmaximums

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86 B. #‘alter.

fur die verschiedenen Entwickler aucb bei derselben Platten- sorte und bei normaler Entwickelungsdauer ganz verschieden ausfiel, trotzdem beim Schwellenwerte keine solchen Unter- schiede vorhanden waren, d. h. also die Entwickler gnnz normal arbeiteten. So zeigte z. B. die mit Hodinal entwickelte Halfte einer Schleussnerplatte , die streifenweise zunehmenden Be- lichtungen ausgesetzt und dann senkrecht zu den Streifen in zwei Teile zerschnitten war, an der Stelle des Schwarzungs- maximums nach einer spater zu beschreibenden Skal,z eine Schwarzung, die etwas kleiner als 1 war, wahrend die andere mit &5etol-Hydrochinon entwickelte Halfte die Schwarzung 8 aufwies. Die mit dem H u r t e r und Driffieldschen Normal- Bisenentwickler I) behandelte Halfte einer ebenso belichteten Hauffplatte ferner besaB an der Stelle ihres Schwarzungs- maximums nur die Schwarzung 2, wahrend die andere, mit Metol-Hydrochinon entwickelte Halfte die Schwarzung 10 zeigte. Noch geringer endlich erwies sich die Schwarzung derartig belichteter Platten im Edinol-Entwickler, so daS d e w nach als das Ergebnis dieser Versuche der Satz aufgestellt werden kann, da8 im Anfangsgebiete der Solarisation die verschiedenen Entwickler zwar selw verschiedene Sehzuiirzungen liefern, dap aber trotzdem bei normaler Entwickelungsart die maximale Schwdrzung bei allen nahezu f u r die gleiclie BeEiefitung eintritt.

Dieser Satz scheint mir fur die Theorie der Vorgange bei der Solarisation von groBer Bedeutung zu sein, worauf ich weiter unten zuruckkomme.

Kehren wir indessen wieder zu den eingangs festgesteliten Unterschieden der verschiedenen Beobachter hinsichtlich des Verhaltnisses zwischen der dem Schwellenwert und der dem Schwarzungsmaximum en tsprechenden Belichtung zuriiek, so schien nun sls letzter Erklarungsgrund derselben nur noch ein verschiedenes Verhalten der verschiedenen von ihnen be- nutzten Plattensorten ubrig zu bleiben. Uiese Vermutung erwies sich tatsachlich alu die richtige; denn als ich eine grogere Zahl gewohnlicher photographischer Bromsilberplatten verschiedener Herkunft in der fraglichen Hinsicht unter- suchte, zeigte sich sofort, da8 dieselben hinsichtlich der dem

1) a. E d e r s Jahrbuch f. 1899. p. 222.

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Solarisation photographischer Platten. 87

Schwiirzungsmaximum entsprechenden Belichtung ganz ge- waltige Unterschiede zeigten; und zwar auch dam, wenn sie sich in bezug auf den Schwellenwert derselben so gut wie gar nicht unterschieden.

Hieraus ergibt sich zunachst, daB die bisher allgemein verbreitete Auffassung , wonach zwischen den beiden in Rede stehenden Belichtungen ein gesetzmagiger Zusammenhang be- stehen sol1 - eine Auffassung, aus der sich ja u. a. auch drts Bestreben der eingangs genannten Beobachter, das Ver- haltnis jener beiden Belichtungen festzustellen, erklart -, da6 also diese Auffassung nicht zutreffend sein kann. Ebensowenig gilt ferner aber auch der bisher meist als selbstverstandlich hin- gestellte Satz, daB die empfindlichere Platte auch die leichter solarisierende sei; denn es findet vielmehr ebenso oft auch das Umgekehrte statt. Als ein besonders hervorstechendes Bei- spiel dieser Art miigen aus der weiter unten folgenden Tab. I nur die Lumiereplatte I11 und die Platte F. W. I1 angefuhrt werden, von denen die erstere, trotzdem sie etwa 35mal so empfindlich ist wie die letztere, doch ‘erst bei einer etwa 60- 100 ma1 starkeren Belichtung zu solarisieren beginnt.

Offenbar hangt also, was auch theoretisch von Bedeutung ist, das Auftreten der maximaleii Schwarzung einer Platte von ganz anderen Bedingungen ab als das der ersten Spuren der- selben; und es hat daher auch keinen Sinn, das Perhiiltnis der den beiden Erscheinungen entsprechenden Belichtungen festzustellen, sondern man wird vielmehr richtiger fur jede Plattensorte die absoluten Werte dieser beiden Belichtungen angeben. Dies ist in der folgenden Tab. I geschehen; und zwar bedeutet darin b, die der maximalen, und b8 die dem Schwellenwerte entsprechende Belichtung - in Meterkerzen- sekunden -, von denen die letztere iibrigens nur sehr nn- genahert bestimmt und also nicht als eine genaue Empfind- lichkeitsangabe der betr. Platte aufzufassen ist. Die Reihenfolge der Platten ist eine derartige, daB die Gr6Be bm im allgemeinen van oben nach unten hin zunimmt; jedoch ist hierzu zu be- merken, daR diese GroBe auch bei Platten derselben Fabrik, js hhf ig bei solchen aus demselben Paket und bisweilen sogar fur verschiedene Stellen derselben Platte gro6e Unter- schiede zeigt, so da6 deshalb in solchen Fallen, wo mehrere

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88 B. Walter.

Werte gefunden wurden, die gefundenen Grenzwerte ange- geben sind.

Weiter findet man in der Tab. I unter s, die absolute GroBe der Schwarzung der verschiedenen Platten an der Stelle ihrer ma,ximalen SchwLrzung in einer Ton 1-10 gehenden Skala angegeben, die so gebildet wurde, daB der hellsten Platte die Nummer 1 und der dunkelsten die Nummer 10 gegeben wurde. Die dabei zum Vergleich herangezogenen Platten waren samtlich in demselben Metol-Hydrochinon-Potasche-Entwickler drei Minuten lang entwickelt und an Luft getrocknet. Sodann ist in der Tab. I noch unter p der prozentuelle Bromsilber- gehalt der empfindlichen Schicht der betreffenden Platte und unter y das abgerundete Gewicht dieser Schicht in Oramm - bezogen auf eine PlattengraBe 9 x 12 cm - angegeben. Diese letzteren Bestimmungen, die sich naturlich auf andere Platten, aber mit derselben Emulsionsnummer beziehen , wurden ge- macht, weil ich anfangs die Vermutung hegte, dafi die grofien Unterschiede, welche die GroBe bm fur die verschiedenen Platten- sorten zeigte, moglicherweise auf ein verschiedenes Verhaltnis des Bromsilbergehaltes zur Gelatine zuruckzufuhren seien. Dies trifft jedoch, wie man sieht, nioht zu.

T a b e l l e I. Verschiedenee Verhal ten photographiecher P la t t en bei de r

Solsrisation durch Lichtstrahlen.

Plattensorte

Hauff . . . . F. W.11. . . F.W.1 . . . Agfa . , . . Perutz . . . Ilford I . . . Ilford I1 . . . Lomberg. . . Lumikre I . . Schleussner I . Lumibre I1 . . Lumikre 111 . Schleussner I1 .

b,

180-400 300-500 470-500 500-3000

1200 900-2500

2400 3200

3900-6300 3900-14000

10000-80000 31 000 35 000

-. __

b8 ~. ~.

0,05 0,35 0,05 0,05 0,05 0,05

0,05 0,05 0,05

0,lO

0,02 0,Ol 0,05

- __

3,

8-10 2 3 2 4 1

10 6 6

2-8 4 4 9

___ __ P

43,5-44,2 35,s 41,1

38,6

56,5 40,O

36,4-37,l

37,3

38,l-39,7 33,5-37,6 43,l-44,4

38,l 36,6-37,O

Y ~- ____

0,47-0,51 0,39 0,34 0,44 0,49 0,41 0,73 0,49

0,40-0,42 0,42-0,88 0,47-0,50

0,44 0,40-0,47

Page 7: Versuche über die Solarisation photographischer Platten

Solarisation photoyruphischer Platten. 89

Im einzelnen ist zu dieser Tabelle noch zu bemerken, da6 die beiden mit F.W. bezeichneten Platten aus derselben, mir unbekannten Fabrik stammen, und daS die eine davon, F.W. 11, etwa siebenmal weniger empfindlich war als die andere (siehe unter b,). Trotzdem solarisierte dieselbe sogar etwas leichter als diese und etwa 60-100 ma1 so leicht wie die mehr als 30 ma1 so empfindliche Lumihreplatte 111, wie schon oben hervorgehoben wurdc.

Bei den Ilford- und Schleussnerplatten bezeichnen die Nummern I die gewohnlichen, I1 dagegen die sogen. Riintgen- platten dieser Fabriken, von denen sich diejenige von Ilford auch tatsachlich sowohl durch grSBeren Bromsilbergehalt als auch durch gro6ere Schichtdicke von der anderen Platte unter- schied, wahrend bei Schleussner in den genannten Punkten keine nennenswerten Unterschiede vorhanden waren (8. unter p und y). Von dell Lumihreplatten habe ich die gewiihnliche - in blauem Umsohlag - mit I, die sogen. 27-Platte mit I1 nnd die erst kiirzlich herausgekommene hochstempfindliohe - mit violettem Etikett - nit I11 bezeichnet. Man sieht, da6 bei diesen drei Platten die Reiheafolge in der Empfind- lichkeit gerade die entgegengesetzte von derjenigen in der Solarisierbarkeit ist, so daB also auch hieraus wieder folgt, da8 die Vorgange bei der Entwickelung einer normal belichteten Platte yon ganz anderer Art sein miissen wie bei der einer solarisierten.

Was nun aber ferner die Ursache der so groBen Tier- schiedenheit der Werte von 6, fur die verschiedenen Platten- sorten anbetrifft, so scheint in dieser Beziehuug die Tab. I nur insofern einen Fingerzeig zu geben, als danach diese GroBe bei den Platten derselben Pabrik - auch wenn sie an Empfind- lichkeit sehr verschieden sind - doch verhiiltnismii6ig nur geringe Unterschiede zeigt, ein Umstand, der also entmeder auf eine bestimmte Eigenschaft der benutzten Glelatine oder, was wnhrscheinlicher ist, auf eine bestimmte Behandlungsnrt der empfindlichen Schicht hinzudeuten scheint (siehe unten).

Des weiteren habe icb dann fiir die meisten der oben an- gefuhrten Plattensorten die entsprechenden Versuche auch mit Rontgenstrahlen durchgefuhrt. Dies schien mir um so wunschens-

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90 B. Walter.

werter , als fiir diese Strahlenart , wie achon oben erwBhnt wurde, von verschiedenen Beobachtern eine Solarisation uber- haupt nicht gefunden werden konnte, Es zeigte sich indessen, daB bei Benutzung einer kraftigen Strahlung - Wasserkuhl- rohre mit 2 Milliamp. Durchschnittsstrom und 14 cm Abstand der Platten von der Antikathode - die Erscheinung bei allen benutzten Plattensorten leicht nachzuweisen , j a bei den am leichtesten solarisierenden schon nach 1 Min. Bestrahlungszeit deutlich zu erkennen war. Ferner war hier allgemein die Ab- nahme der Schwarzung im Gebiete der Solarisation bei gleicher Zunahme der Bestrahlungszeit sogar noch etwas starker als bei Lichtstrahlen.

In der folgenden Tab. I1 sind nun nur die Werte von b,, s,, p und y angegeben - und zwar das erstere in ,,Meter- milliamperesekunden" und bezogen auf eine Rohrenharte 6 nach der von mir angegebenen Rarteska1a.l) ferner wurden wieder ahnlich wie bei Tab. I durch Vergleich der maximalen Schwarzungen der verschiedenen Plattensorten gemonnen; dabei ist aber zu bemerken, daB die Platten hier erheblich starker geschwarzt waren als die entsprechenden Nummern der Tab. I. Es durfte dies seinen Qrund darin haben, daB die Wirkung der Rontgenstrahlen durch die ganze Schicht hindurch so gut wie gleich stark ist, diejenige der Lichtstrahlen dagegen von der Oberflache nach der Tiefe hin stark abnimmt, ein Umstand, der noch zur Erklarung mehrerer anderer bei der Solarisation auftretehder Erscheinungen heran- zuziehen ist, bisher aber wenig beachtet zu sein scheint.2)

Die GroBen

1) R. W a l t e r , Fortschr. auf d. Geb. der Riintgenstr. 6. p. 68. 1902 / 03.

2) Belichtet man z. B. - bei streifenweise urn das Doppelte zu- nehmender Expositionszeit - die eine Halfte einer Platte schwach, die andere dagegen solarisierend und entwickelt beide Hglften gleichzeitig, so wird man bei einigerma6en richtiger Bemessung der Belichtungszeiten in den fertigen Platten stets zwei Felder finden, die in der Durchsicht nahezu gleich stark geschwfirzt sind. In der Aufsicht dagegen zeigt dann das solarisierend belichtete dieser beiden Felder stets einen groBeren Ober- &ichengZan~ als das andere, was sieh einfach 80 erkliirt, dalj bei diesern letzteren von den reduzierten Silberteilchcn sich verhCltnism%Sig mehr in der Oberfliiche der Gelatiue befinden und ihr drther auch mehr von ihrem

Page 9: Versuche über die Solarisation photographischer Platten

Solarisation photographischer Platten. 91

Die GroBe ba ist in Tab. I1 nicht angegeben, da sich namlich zeigte, daB dieselbe - mit Ausnahme der ganz unempfind- lichen Platte F. W. I1 - fur die samtlichen anderen unter- suchten Platten - und zwar auch fiir die dem Lichte gegen- uber so sehr viel empfindlicheren Lumikreplatten I1 und TI1 - annahernd den gleichen Wert hatte, namlich etwa 0,2 in der obengenannten Einheit, und da auBerdem uber das Verhalten der Platten in dieser Beziehung auch bereits von mir auf dem letzten KongreB der deutschen Rontgengesellschaft berichtet worden ist (siehe die Verhandlungen der Gesellschaft Bd. I V , Hamburg, Grafe & Sillem).

Von den daselbst beschriebenen Tatsachen verdient eine jedoch auch hier hervorgehoben zu werden, die Erscheinung namlich, daB die Zunahme der Schwarzung einer Bromsilber- platte bei zunehmender Bestrahlungszeit, d. .h. also die so- genannte ,,Gradation" , fur die gewtlhnlichen normalen Be- strahlungszeiten bei Anwendung von Licht eine etwa dreimal so starke ist wie bei Rontgenstrahlen. Fur solarisierende Be- strahlungen dagegen ist ein solcher Unterschied nicht vorhanden, sondern die Gradation ist liier 6ei den mit Riintgenstrahlen be- handelten Platten in der Regel sogar etwas starker als bei den von Lichtstrafilen getroffenen.

Die Erklarung dieses verschiedenen Verhaltens der beiden Strahlengattungen ist wohl ebenfalls darin zu suchen, daB bei schwacher Bestrahlung die viel grogere Absorption der Licht- strahlen in der empfindlichen Schicht mehr ins Gewicht fallt als bei der solsrisierenden.

natiirlichen Glanze nehmen. In dem ersteren Felde sind demnach die Silberteilchen mehr in den unteren Teilen der Schicht zu suchen, und tatslichlich machen sie sicb auch hier von der Glagseite der Platte her durch einen stgrkeren weil3lichen Schimmer bemerkbar. Alle diese Un ter- schiede erklfiren sich natiirlich einfach dadurch, da6 bei einer gewohn- lich belichteten Platte die Zahl der reduzierten Silberteilchen - der Wirkung des Lichtes enbprechend - von der Oberflache nach der Tiefe hin xunimrnt , bei eincr solarisierend belichteten dagegen urngekehrt nb- nimml, denn es sind hier natfirlich die an der Oberflgche liegendcn Teilchen am starksten solarisiert. Bei den Rantgenstrahlen fallen alle diese Unterschiede fort.

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92 B. Walter.

T a b e l l e 11. Verschiedenes Verhalten photographischer P l a t t e n b e i der

Solar isat ion durch Rontgenstrahlen.

Plattensorte

Agfa . . . . . F . W . 1 . . . F.W.11 . . . Perutz . . . . Lomberg . . . Ilford I . . . . Hauff. . . . . Schleussner I . . IIford I1 . . . Schleussner I1 . . Lumibre 11. . . Lumibre I . . .

b,

5500 6000 10500 12000 12000 12000 18000 21000 24000 42000 72000 84000

- ___

S,

5 5 5 4 7 1 9 3

10 8 4 5

~. ~~

P

36,4-37,l 41,7 35,8 38,6 40,O 37,3

43,5-44,2 33,5-37,6

56,5 36,6-37,O 43,l-44,4 38,1-39,7

Y

0,44 0,34 0,39 0,49 0,49 0,41

0,47--0,51 0,42-0,88

______

0,73 0,40-0,47 0,47-0,50 0,40-0,42

Man sieht, daB die Reihenfolge der Platten in bezug auf Solarisierbarkeit hier bei den Rbntgenstrahlen im allgemeinen derjenigen bei Lichtstrahlen ahnlich ist , da6 indessen doch einige bemerlrenswerte Ausnahmen stattfinden. Vor allem steht die Hauff-Platte hier nicht mehr wie fruher an erster, sondern erst an sielenter Stelle, und andererseits ist umgekehrt die Lumihre I-Platte, die friiher an fiinftletzter Stelle stand, jetzt an die letzte geriickt. Dies scheint darauf hinzudeuten, daB diejenige Eigenschaft der empfindlichen Schicht, welche die mehr oder weniger gro6e Solarisierbarkeit derselben bedingt, bei den verschiedenen Platten auch in verschiedener Weise nach der Tiefe hin verteilt ist.

Was ferner die absoluten Werte s,,, der Schwarzung der Platten im Anfangsgebiete der Solarisation angeht, so ist be- sonders der starke Unterschied der beiden Ilford-Platten be- merkenswert, von denen I in beiden Tabellen die hellste und 11 die dunkelste ist. Zum groBeren Teil ist dies natiirlich auf die groBere Schichtdicke dieser letzteren Platte, zum Teil aber auch vielleicht auf den grbBeren Bromsilbergehalt derselben zuriickzufuhren. DaB aber auch Platten mit verhaltnismaBig geringer Schichtdicke und geringem AgBr - Gehalt bei dieser Behandlungsweise sehr stark geschwarzt werden kbnnen, zeigt

Page 11: Versuche über die Solarisation photographischer Platten

Solarisation pho~ugruphischer Platten. 93

z. B. die Platte TI von Sch leussne r , die in beiden Tabellen nahezu die gleiche Schwarzung zeigt wie Ilford 11, trotzdem ihr Gehalt an AgBr sogar hinter dem der Ilford I-Platte zuriicksteht.

Alles in dlem kann man also sageu, daB auch die Untes- schiede in der absoluten GroBe sm der Schwarzung dieser ver- schiedenen Platten sich keineswegs allein durch die Unter- schiede derselben in der Schichtdicke und dem Bromsilber- gehalte erkliiren, sondern dafi auch sie - ebenso wie die bei der &BBe 6, - darauf hindeuten, dtlB man es hier mit vor- liiufig noch unbekannten Faktoren zu tun hat, welche das Bromsilber unter den in Rede stehenden Umstiinden in sehr verschiedener Weise beeinfiussen.

An drittec Stelle habe ich dann die verschiedenen photo- graphischen Flatten auch noch in bezug auf ihr Verhalten beim sogenannten Claydeneffekt untersucht, bei dem es sich ja ebenfalls um eine Solarisationserscheinung, wenn auch ganz anderer Art, handelt. Dieselb2 tritt bekanntlich dann auf, wenn man auf einer lichtempfindlichen Platte einen nicht zu starken elektrischen Funken oder Blitz aufnimmt und dann die ganze Platte einer schwachen Nachbelichtung aussetzt. Bei der Entwickelung der Flatte kommt dann das Bild der Ent- ladung bei sehr schwacher Nachbelichtung noch als schwache dunkle Linie zum Vorschein, bei etwas starkerer dagegen ver- schwindet es ganz und bei noch sfarkerer tritt es sogar als helle Linie auf, so daB dann also im Positiv ein sogenannter ,,schwarzer" Blitz erscheint.

Da nun diese Erscheinung, wie ich schon mehrfach dar- gclegt habe l), bei der Aufnahme von Blitzen eshr stijrend wirken kann, insofern hierbei gerade die fur die Entstehungs- weise desselben so charakteristischen aber meistenteils nnr schwachen Vorentladungen desselben durch das von der Wolke reflektierte Licht der unmittelbar darauf folgenden sehr hellen Hanptentladung eben durch den Claydeneffekt haufig ganz ver- wischt werden konnen, so schien die Untersuchusg verschiedener Flatten nach dieser Richtung hin auoh von einem gewissen prak- tischen Werte zu sein, insofern sich dabei moglicherweise eine

1) Vgl. u. a. 3. Walter, ober die Entstehungsweise des Blitzes, Jahrb. d. Hamb. wise. Anst. 20. 1903.

Page 12: Versuche über die Solarisation photographischer Platten

94 B. Valter . Platte finden konnte, die den Claydeneffekt erheblich weniger als andere aufwies.

Diese Vermutung bestatigte sich, wie die Tab. 111 zeigt, tat- sachlich. I n derselben ist unter b, die GroBe der Nachbelichtung in Meterkerzensskunden angegeben, welche - bei Anwendung einer Hefnerlampe zu diesem Zwecke - notwendig ist, urn auf der betreffenden Plattensorte da3 Funkenbild gerade zum Verschwinden zu bringen. Unter so ferner ist d a m noch die absolute GroBe der Schwarzung der Platten fur diese GroBe b, der Nachbelichtung angegeben, sowie auch unter s' noch die Schwarzung derselben fur eine Nachbelichtung von 1 'I4 M.K.S., eine Schwarzung, die in theoretischer Beziehung vielleicht von ebenso groBer Bedeutung ist als die GroSe so, insofern sie sich auf eine konstante Nachbelichtung bezieht. Dieselbe wird zum Teil naturlich schon durch die Empfindlichkeit der Platte, zum Teil aber auch durch deren Gradation bestirnmt, da es sich ja hier schon urn eine den'Schwellenwert meist erheblich ubersteigende GroBe der Belichtung handelt.

Tabe l l e 111. Ve r s chi e d en e 8 Ve r h a1 t e n p h o t o g r ap his eh e r P1 a t t e n b e i m

C la J d en e f fe k t. -

Plattensorte

Ilford I . . . Agfa . . . . Perutz . , . . Lomberg . . . Ilford I1 . . . Hauff . . . . Schleussner I . . Lumibre I1 . . LumihreIII . . F.W. I . . . F. W. I1 . . . LumiAre I . . .

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1 l/* 2'1,

-~

4 4 4 5 5 5 5 10 20 20

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1 4 3 6 10 6 4 8 5. 7 5 10

~- P

37,3 36,4-37,l

38,6 40,O 56,5

43,5-44,2 33,5-37,6 43,l-44,4

38,l 41,7 35,8

38,l-39,7

7

0,41 0,44 0,49 0,49 0,73

-__

0,47-0,51 0,42-0,88 0,47-0,50

0,44 0,34 0,39

0,40-0,42

Man sieht, da8 die Reihenfolge der Platten hier wieder eine ganz andere iet als in den Tabb. I und 11, und dab be- sonders die Ilford I- und die beiden F. W.-Platten ihre Stelle gegen friiher verfndert haben.

Durch eine groBe Schwarzung st zeichnet sich hier - neben den hochempfindlichen Lumibreplatten I1 und I11 - besonders

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Solarisation photographischer Platten. 95

die Lombergplatte aus. Da dieselbe nun aber beim Schwellen- werte keine g rokre Schwarzung zeigt, als die meisten anderen Platten (vgl. Tab. I unter b8), so haben wir hier also eine Platte mit starker Gradation vor uns. Im Gegensatz dazu ist s' fur die LumiBre I-Platte bei gleichem b8 verhaltnismaBig klein, so daB also diese eine sehr weich arbeitende Emulsion besitzt.

Der groBe Unterschied in dem Verhdten der beiden auBersten Glieder der in Tab. 111 aufgefiihrten Plattenreihe wird nun aber wohl am schonsten durch die Figur der Taf. I gekenn- zeichnet, deren obere Halfte von einer Lumihre I- und deren untere van einer genau so behandelten Ilford I-Platte stammt. Auf die funf Felder der beiden Platten wurde nanilich zunachst mit einem lichtstarken Objektiv je ein 15 cm langer, moglichst schwacher Funke eines Induktionsapparates abgebildet , und dann dieselben mit einer Hefnerlampe aus 2 m Abstand bzw. mit 11/4, 21/2, 5, 10 und 20 M.K.S. nachbelichtet.

Wie man sieht, zeigt die unten abgebildete Ilfordplatte lauter ,,schwarzeii Funken, wahrend die letzteren bei der oben befindlichen LnmiPreplatte noch samtlich richtig als Positiv herausgekommen sind.

Somit ist es denn auch nicht zu verwundern, dai3 der Claydeneffekt zuerst in England entdeckt wurds; andererseits wird man Rber doch nach dem oben Gesagten fiir Blitz- aufnahmen in Zukunft nicht mehr Ilford- sondern am besten gewohnliche Lumihreplatten - in blauem Umschlag - ver- wenden; denu die nicht umgekehrten Bilder der letzteren PIatte lassen doch erheblieh vie1 mebr Einzelheiten erkennen als die umgekehrten der anderen.

Wenn wir nun aber zum SchluS nach der Ursache des oben nachgewiesenen, so sehr verschiedensn Verhaltens der ver- schiedenen Platten bei der Solarisation fragen, so ist es zu diesem Zwecke naturlieh zunachst notwendig, uns die bisher iiher diese Erscheinung aufgestellten Theorien daraufhin etwas genauer anzusehen. Es bestehen deren im wesentlichen drei:

1 . Die ,,Oxydationstheorie'' yon A bney l), wonach die Um- kehrung des BiIdes bei der Solarisation auf die Oxydation

1) W. Abney, Phil. Mag. (5) 10. p. 200, 1880; Treatise on Photo-

-~

graphy, 10. A d . , p. 97. 1907.

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96 B. Walter.

des Subsalzes des Silbers zuriickzufiihren ist, welches bei der ersten Einwirkung des Lichtes auf das exponierte Silbersalz gebildet wurde. Das oxydierte Silbersalz, das man beim Brom- silber gewohnlich als Oxybromid bezeichnet , sol1 namlich der Einwirkung des Entwicklers gegenuber widerstandsfahiger sein als das Subsalz selbst.

2 . Die ,,Gerbungst/Leorie66 von L u t h e r l), nach welcher das bei der Belichtung frei werdende Brom sich mit der Gelatine der Schicht verbindet und dieselbe gerbt, d. h. fur den Durchtritt des Entwicklers undurchlassiger macht.

3. Die ,,Bromabspaltungstheorie" von H u r t e r und Driffield"), nach welcher bei schwacher Belichtung nur eine molekulare Umlagerung, bei starker jedoch eine wirkliche Abspaltung des Broms aus dem Bromsilber stattfindet und dann dieses ab- gespaltene Brom als stark oxydierende Substanz der redu- zierenden Wirkung des Entwicklers entgegenwirkt.

Diese letztere Theorie ist in neuerer Zeit besonders von Li ippo-Cramer 3, vertreten worden, der dieselbe allerdings dahin modifiziert hat, da6 die Wirkung des Lichtes auf Brom- silber vom Eintritt der ersten Entwickelbarkeit an bis zur weitgehenden Solarisation hin in einer kontinuierlichen Brom- abspaltung besteht, da6 jedoch das abgespaltene Brom niemals aus dem Attraktionsbereich des Bromsilberkornes herausgeht. Eine Mitwirkung des Situerstoffs der Luft (Abney) oder ein EinfluB des Bindemittels (Luther) brauohen jedoch zur Er- klarung nicht herangezogen zu werden.

Stellen wir nun die Frage, welche von den drei genannten Theorien die gro6en Unterschiede, welche sich in dem Qer- halten der verschiedenen Plattensorten bei der Solarisation zeigen, am einfachsten erklirt, so scheint dies im ersten Augen- blick die Gerbungstheorie zu sein; denn man braucht nach dieser zu dem genannten Zwecke offenbar nur die Annahme zu machen, da6 es sich in den genannten Fallen lediglich um eine verschiedene Reaktionsfahigkeit der Gelatine der verschiedenen Platten handelt. Einerseits ist nun aber damit eine weitere Auf-

1) R. Luther , Die chemisohen Vorgange in der Photographie p. 47.

2) F. Hurter u. V. C. Dri f f ie ld , Eders Jahrb. f. 1899 p. 200. 3) Luppo-Cramer, Photographische Probleme, p. 138. 1907.

Halle 1899.

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klarung der Erscheinung natiirlich nicht erzielt , und anderer- seits lassen sich doch so viele, gegen die Gerbungstheorie sprechende Tatsachen anfuhren, daB diese wohl h u m noch aufrecht erhalten werden kann. Ich erwahne nur folgende, von mir angestellte Versuche:

1. Wird die eine Halfte einer Platte solarisierend, die andere aber schwach belichtet, und werden dann beide gleich- zeitig entwickelt, so erscheint das Bild auf der Glasseite der Platte bei beiden nahezu in demselben Augenblicke, voraus- gesetzt, daB die Belichtungszeiten so abgepaBt sind, daB die Schwarzung in beiden annahernd die gleiche wird.

2. Auch das Fixieren der solarisierten Plattenhalfte von 1. ist in ungefahr derselben Zeit beendet wie das der normal belichteten Halfte.

3. Belichtet man eine Platte zunachst in streifenweise zunehmenden Zeitraumen, halbiert dieselbe dann senkrecht zu den Streifen, badet die eine Halfte etwa 10 Min. in einer 0,l proz. Rromlosung, die andere ebenso lange in Wasser und entwickelt dann beide gleichzeitig, so betriigt die Schwarzung in der ersten Halfte zwar nur etwa 'Ilo von der in der zweiten, nichtsdestoweniger aber erscheint dieselbe auf der Glasseite in beiden Halften fast gleichzeitig.

Schon diese Versuche nun scheinen mir iiberzeugend dar- zutun, daB einerseits in einer solarisierend belichteten Platte die Diffusion des Entwicklers durch die Gelatine uberhaupt nicht behindert ist, und daB andererseits auch das bei einer solchen Belichtung miiglicherweise frei werdende Brom eine solche Diffusionsbehinderung, wie 5ie die Gerbungs theorie an- nimmt, gar nicht zu bewirken vermag. Somit sind wir also nur noch auf die beiden anderen, oben erwahnten Solarisations- theorien angewiesen. Von diesen ist nun die letztere, die Bromabspaltungstheorie? zwar zweifellos die einfachere, gerade deswegen durfte sie aber kaum imstande sein, der hier zur Erklarung stehenden , so auBerordentlich mannigfaltigen Ver- schiedenheit in dem Verhalten der verschiedenen Platten bei den verschiedenen Arten der Solarisation gerecht zu werden, wie denn auch L u p p o - C r a m e r 1. c. selbst zugibt, daB das Phanomen der Solarisation noch eine ganze Reihe ungeloster Probleme darbietet.

Annalen der Physik. IT. Folge. 27. 7

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98 B. Yalter.

Vor allem scheint mir gegen diese Theorie auch die be- reits oben hervorgehobene Tatsache zu sprechen, daf3 im Ge. biete der maximalen Schwarzung die verschiedenen Entwickler sehr verschiedene QrtiBen der absoluten Schwarzung liefern, daf3 aber trotzdem die maximale Schwarzung selbst fur alle nahezu bei derselben Belichtung eintritt. Denn da nach dieser Theorie die Solarisation lediglich auf eine Abschwachung der chemischen Wirksamkeit des Entwicklers durch das bei der Belichtung abgespaltene Brom zuruckzufiihren ist , so sollte man danach doch erwarten, dab fur einen Entwickler, welcher eine solche stark belichtete Platte weniger schwarzt als ein anderer, auch das Schwarzungsmaximum schon fur eine geringere Belichtung eintritt. Dies ist nun aber nach meinen Versuchen nicht der Fall; und SO scheint denn doch nur die Annahme ubrig zu bleiben, daB das Rromsilbermolekul bei zunehmender Belichtung, Bhnlich wie die A bneysche Theorie es behauptet, zum mindesten zwei qualitativ verschiedene Phasen durchlauft, von denen die erste diejenige ist, welche von den1 Entwickler reduziert wird, wahrend die zweite von ihm weniger angegriffen wird. Die maximale Schwilrzung wurde dann nach dieser Auffassung ofienbar dann eintreten, wenn die Be- lichtung eine derartige war, da5 sich die groBtmogliche An- zahl der Bromsjlberteilchen in der ersten Zerfallsstufe befindet, und sie wird also unabhangig von der Art des Entwicklers sein. Darum kann aber doch die absolute Schwarzung der Platte in den verschiedenen Entwicklern eine verschiedene werden; denn die reduzierende Kraft derselben braucht j a hier durchaus nicht mehr dieselbe zu sein.

Weiter scheint mir aber auch die oben nachgewiesene Tatsache, da6 zwischen der Empfindlichkeit und der Solarisier- barkeit einer photographischen Platte nicht der geringste Zu- sarnmenhang besteht, sehr dafiir zu sprechen, dab die Wirkung des Lichtes nicht eine fortlaufend gleichartige sein kann, sondern da6 vielmehr bei der Solarisation die Bildung einer dritten, von der zweiten entwickelbaren vollstandig verschiedenen Phase des Bromsilbers beginnt.

Die so sehr verschiedene Solarisierbarkeit selbst gleich empfindlicher Platten ware dann vielleicht so zu verstehen, daf3 dieselben in den verschiedenen Fnbriken einer verschie-

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denen Behandlung unterworfen gewesen sind , durch welche rlann spater bei der Entwickelung zmar nicht die Bildung der ersten, wohl aber die der zweiten Phase des Bromsilberzerfalles beeinfluBt wird. Hierfiir spricht , wie schon oben hervor- gehoben wurde, besonders der Umstand, daB in den Tabb. I bis 111 die Platten dersetben Fabrik, auch wenn sie sich durch ihre Empfindlichkeit ganz wesentlich unterscheiden, im Gebiete der Solarisation doch meist nur verhaltnism85ig geringe Unter- schiede aufweisen (8. besonders die beiden Platten F. W.).

Man sieht demnach, daB die in dieser Abhandlung mit- geteilten Versuche a m besten dnrch eine Solarisationstheorie erklart merden, welche ahnlich wie die Abneysche zwei von- einander wesentlich verschiedene Zerfallsstufen des Bromsilbers annimmt. Ob es sich dabei aber tatsachlich urn ein Subbromid und ein Oxybromid handelt, wie Abney meint, das ist eine Frage, deren Beantwortung wohl noch nicht mit Sicherheit gegeben werden kann.

Zusarnmenfassung. Es ist gezeigt worden, da6 photo- graphische Bromsilberplatten verschiedener Herkunft sich selbst bei gleicher Empfindlichkeit hinsichtlich ihrer Solarisierbarkeit oft ganz auBerordentlich stark unterscheiden, und dab uber- hanpt ein Zusammenhang zwischen Empfindlichkeit und Solari- sierbarkeit , wie bisher angenommen wurde, nicht besteht. - Die Reihenfolge der Solarisierbarkeit der Platten verschiedener Herkunft ist eine andere fur Rontgenstrahien als fur Licht- strnhlen und wieder eine andere beim Claydeneffekt. - Bei Anwendung verschiedener Entwickler tritt bei normaler Ent- wickelungsdauer der Beginn der Solarisation, d. i. die maximale Schwarzung, stets annahernd fur dieselbe Belichtung ein , ob- wohl die absolute Grbbe der Schwarzung hier eine sehr ver- schiedene sein kann. - Es wird schlieBlich noch gezeigt, da8 alle diese Versuchsergebnisse zugunsten einer Theorie der Solari- sation sprechen, welche, Bhnlich wie die Abneysche, zwei von- einander verschiedene Zerfallsstufen des Bromsilbers annimmt.

Hamburg , Physik. Staatslaboratorium, im Juli 1908.

(Eingegangen 13. Juli 1908.)

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Anlzalen der i”hglsik, I K Folge, Band 27. Tafel 1.

Verscliiedencs Verhnltcu dcr LuiniBre- 111d der Ilford-Plnttc bcini Clayden-Effelit.