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Personale Kompetenzen im schulischen Kontext Fabian Kunz Vertiefungsaufgabe 3 Matrikelnummer: 3062270 1 (1) Bitte beschreiben Sie das Angebots-Nutzungs-Modell für die Elternberatung im Schulalltag nach Hertel et al. (2009). Gehen Sie dabei auf die einzelnen Aspekte (Schule, Lehrkraft, Beratungsangebot, Nutzung des Beratungsangebots, Aspekte des Elternhauses, Ebene der Schülerinnen und Schüler) ein. Das Angebots-Nutzungs-Modell für die Elternberatung in den Schulen (Hertel et al., 2013) untersucht Korrelationen zwischen Formen der Elternberatung, die verschiedene Schulformen bieten und den sozioökonomischen Hintergründen von Erziehungsberechtigten, die die Beratung annehmen oder ablehnen. Dafür wurden die Rahmenbedingungen der Schulen anhand Angaben von Schulleitern, Lehrkräften, und Eltern, sowie Leistungs- und Herkunftsfaktoren der Schülerinnen und Schüler untersucht. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass deutsche Schulen hinter ihren Beratungsmöglichkeiten zurückbleiben, da Elternberatung noch zu sehr von der Priorität abhängen, die einzelne Lehrkräfte und Schulen ihr zuschreiben. Schulen mit vielfältigen Beratungsangeboten können viele Eltern für den Elternsprechtag gewinnen und vermeiden so Beratung, die zu spät kommt. Von allen angehenden Lehrkräften wird verlangt Beratungen kompetent durchführen zu können (“Beratungswissen”, Baumert & Kunter, 2011), jedoch hängt die Anzahl der Beratungen durch eine Lehrkraft, am Elternsprechtag und neben dem Unterricht, oft eher von individuellen Persönlichkeitsfaktoren (z.B. Einschätzung des Nutzen von Elterngesprächen) ab. Die Voraussetzungen sind in Deutschland mehr als günstig, da Räume für die Beratung und unterstützende Expertennetzwerke zur Verfügung stehen. Letzteres könnte die mittlere Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler beeinflussen, da Hertel (Hertel et al., 2013) zeigt, dass auf diesem Feld schwache Schülerinnen und Schüler oft an Schulen lernen, die Expertennetzwerke nicht so sehr in ihrem Beratungsangebot verankert haben. Die meisten Eltern erkennen den Wert von Elternberatung. Dennoch gibt es die größte Gruppe von Eltern, die die Beratungsangebote nicht wahrnehmen bei Hauptschülerinnen und Schüler, die kleinste bei Gymnasiasten. Sozioökonomisch starke Elternhäuser lassen sich eher von Lehrkräften beraten als Eltern mit Migrationshintergrund. Spezifische Beratungskonzepte, die die sozioökonomischen Faktoren der Schülerinnen und Schüler, sowie der Eltern berücksichtigen könnten die Bedürnisse von Eltern mit Migrationshintergrund besser bedienen, die sich viel Beratung wünschen, jedoch nicht in Anspruch nehmen (Hertel et al., 2013). Diese beiden Elternprofile sind die Risikogruppen, die die Elternberatung stärker in

Vertiefungsaufgabe 3 - Fabian Kunz - 3. Februar 2014.pdf

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  • Personale Kompetenzen im schulischen Kontext Fabian KunzVertiefungsaufgabe 3 Matrikelnummer: 3062270

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    (1) Bitte beschreiben Sie das Angebots-Nutzungs-Modell fr die Elternberatung im

    Schulalltag nach Hertel et al. (2009). Gehen Sie dabei auf die einzelnen Aspekte (Schule,

    Lehrkraft, Beratungsangebot, Nutzung des Beratungsangebots, Aspekte des Elternhauses,

    Ebene der Schlerinnen und Schler) ein.

    Das Angebots-Nutzungs-Modell fr die Elternberatung in den Schulen (Hertel et al., 2013)

    untersucht Korrelationen zwischen Formen der Elternberatung, die verschiedene

    Schulformen bieten und den soziokonomischen Hintergrnden von

    Erziehungsberechtigten, die die Beratung annehmen oder ablehnen. Dafr wurden die

    Rahmenbedingungen der Schulen anhand Angaben von Schulleitern, Lehrkrften, und

    Eltern, sowie Leistungs- und Herkunftsfaktoren der Schlerinnen und Schler untersucht.

    Die Studie kommt zu dem Schluss, dass deutsche Schulen hinter ihren

    Beratungsmglichkeiten zurckbleiben, da Elternberatung noch zu sehr von der Prioritt

    abhngen, die einzelne Lehrkrfte und Schulen ihr zuschreiben. Schulen mit vielfltigen

    Beratungsangeboten knnen viele Eltern fr den Elternsprechtag gewinnen und vermeiden

    so Beratung, die zu spt kommt. Von allen angehenden Lehrkrften wird verlangt

    Beratungen kompetent durchfhren zu knnen (Beratungswissen, Baumert & Kunter,

    2011), jedoch hngt die Anzahl der Beratungen durch eine Lehrkraft, am Elternsprechtag

    und neben dem Unterricht, oft eher von individuellen Persnlichkeitsfaktoren (z.B.

    Einschtzung des Nutzen von Elterngesprchen) ab. Die Voraussetzungen sind in

    Deutschland mehr als gnstig, da Rume fr die Beratung und untersttzende

    Expertennetzwerke zur Verfgung stehen. Letzteres knnte die mittlere Lesekompetenz der

    Schlerinnen und Schler beeinflussen, da Hertel (Hertel et al., 2013) zeigt, dass auf diesem

    Feld schwache Schlerinnen und Schler oft an Schulen lernen, die Expertennetzwerke nicht

    so sehr in ihrem Beratungsangebot verankert haben. Die meisten Eltern erkennen den Wert

    von Elternberatung. Dennoch gibt es die grte Gruppe von Eltern, die die

    Beratungsangebote nicht wahrnehmen bei Hauptschlerinnen und Schler, die kleinste bei

    Gymnasiasten. Soziokonomisch starke Elternhuser lassen sich eher von Lehrkrften

    beraten als Eltern mit Migrationshintergrund. Spezifische Beratungskonzepte, die die

    soziokonomischen Faktoren der Schlerinnen und Schler, sowie der Eltern

    bercksichtigen knnten die Bedrnisse von Eltern mit Migrationshintergrund besser

    bedienen, die sich viel Beratung wnschen, jedoch nicht in Anspruch nehmen (Hertel et al.,

    2013). Diese beiden Elternprofile sind die Risikogruppen, die die Elternberatung strker in

  • Personale Kompetenzen im schulischen Kontext Fabian KunzVertiefungsaufgabe 3 Matrikelnummer: 3062270

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    den Fokus nehmen muss.

    (2) Sie mchten an Ihrer Schule ein Beratungskonzept fr die Elternarbeit entwickeln. Sie

    haben dabei die volle Untersttzung der Schulleitung. Wie wrden Sie dabei vorgehen und

    an welchen Stellen wrden Sie ansetzen? Bitte bercksichtigen Sie bei Ihren berlegungen

    aktuelle Forschungsbefunde zur Beratungssituation an Schulen in Deutschland (z.B. Hertel

    et al., 2013).

    Ein erfolgreiches Beratungskonzept erfordert, dass man Kollegen, externe Experten und

    Eltern ins Boot holt und die Rahmenbedingungen der Schule nicht auer Acht lsst. Gehen

    wir davon aus, dass die Schule eine Realschule mit einem Drittel Schlerinnen und Schler

    mit Migrationshintergrund ist. Die Quote der Eltern, die sich nicht beraten lassen liegt bei

    Realschulen bei etwa 9%, allerdings gehen Eltern mit Migrationshintergrund viel seltener zu

    Beratungen als andere Elterngruppen (Hertel et al., 2013). An diesem Punkt muss man

    ansetzen, denn hier liegt die Risikogruppe. Als erstes wrde ich die positive Einstellung zu

    Elternberatungen im Lehrer*innenkollegium frdern, indem man Fortbildungen zum

    Thema Beratungswissen (Baumert & Kunter, 2011) anbietet. Ein Raum wird ausschlielich

    fr die Elternberatung eingerichtet, so dass Beratungen in der Schule einen Platz

    bekommen, der nicht improvisiert ist. Die Schulleitung verstrkt die Kontakte zu

    Einrichtungen der Jugendhilfe und ldt jeweils eine*n Vertreter*in dieser Institutionen auf

    Lehrkonferenzen ein, um deren Arbeit vorzustellen. Alle Eltern und Schlerinnen und

    Schler werden beim Schuleintritt bzw. Tag der Offenen Tr auf den hohen Stellenwert des

    Beratungsangebotes hingewiesen.

    Um spezifisch Eltern mit Migrationshintergrund anzusprechen (Hertel et al., 2013) werden

    in einem Modellprojekt bersetzer*innen fr die Elternberatung finanziert, so dass wichtige

    Beratungen nicht an Sprachhrden scheitern. Die Hrde einen Beratungstermin

    wahrzunehmen soll dadurch weiter gesenkt werden, indem Gruppenberatungen von 2-3

    Elternpaaren mglich gemacht werden. Auf diese Weise sollen die engen familiren und

    freundschaftlichen Bindungen unter Eltern mit Migrationshintergrund fr die

    Elternberatung genutzt werden. Nach einem Schuljahr sollen die Manahmen evaluiert

    werden, um festzustellen, welche Interventionen sich als effektiv erwiesen und Anklang bei

    Lehrkrften und Eltern gefunden haben. Diese sollen im folgenden Schuljahr weiter verfolgt

    und ausgebaut werden.

  • Personale Kompetenzen im schulischen Kontext Fabian KunzVertiefungsaufgabe 3 Matrikelnummer: 3062270

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    (3) Bitte beschreiben Sie Chancen und Herausforderungen von Kooperationen innerhalb des

    Kollegiums sowie mit externen Kooperationspartnern. Nehmen Sie dabei auch Bezug auf die

    Formen der Zusammenarbeit nach Grsel et al. (2006) und auf unterschiedliche Kontexte, in

    denen Lehrerkooperation stattfinden kann (siehe Fussangel & Grsel, 2011).

    Obwohl Kooperationsformen in der Schule bisher vor allem ber Fragebgen untersucht

    wurden und keine belastbaren empirischen Befunde ber die Prozesse hinter Kooperation

    im Kollegium und mit Externen vorliegen, gibt es die Annahme, dass Kooperation eine

    Chance fr die Institution Schule ist. Heutzutage wird im Unterricht auf Teamarbeit durch

    Gruppenaufgaben Wert gelegt. Kooperationen im Kollegium sollten deshalb gelebtes Vorbild

    fr die Umgangsformen der Schlerinnen und Schler in der Schule sein (Fussangel, Grsel,

    2011). Aber auch darber hinaus wird durch Zusammenarbeit innerhalb des Kollegiums das

    Schulklima verbessert; dies wirkt sich indirekt auch auf die Schlerinnen und Schler aus.

    Die Unterrichtsvorbereitung kann vom Austausch von Lehrmaterialien, der Organisation

    von fcherbergreifenden Unterricht und der gemeinsamen Erarbeitung von Inhalten

    profitieren (Grsel et al., 2006). Die Kooperation bei wichtigen Planungsaufgaben ist

    grundlegend fr hohe Effektivitt im Lehrbetrieb. Die Zusammenarbeit mit externen

    Fachleuten, z.B. von Einrichtungen der Jugendhilfe, muss von Lehrkrften gebt werden, da

    hieraus positive Effekte fr Schlerinnen und Schler erwachsen knnen. Kooperation ist

    am Anfang immer sehr zeit- und nervenaufwendig, doch auf lange Sicht gesehen kann sie

    der einzelnen Lehrkraft Arbeit abnehmen und sie dadurch entlasten.

    Das Zusammenarbeiten bt aber auch die (Selbst-)Reflexion, die eine Lehrkraft braucht, um

    (den eigenen) Unterricht kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verndern. Grsel

    beschreibt, dass Kooperation Vertrauen braucht, um intentionale Kommunikation

    aufzubauen (Grsel et al, 2006). Hier liegt die grte Herausforderung fr Kooperation im

    Kollegium, denn es gibt nur wenige Aufgaben einer Lehrkraft, die eine Zusammenarbeit im

    Unterrichtsalltag erfordern (Lortie,1975). Daher muss Vertrauen und Kooperation in

    bergreifenden Projekten gebt werden, z.B. in der Zukunftsplanung der Schule. Andere

    Formen der Kooperation wie das Teamteaching werden zwar von

    Bildungswissenschaftler*innen und Politik gefordert, jedoch selten im Studium oder

    Fortbildungen thematisiert oder gebt.