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Videoaufnahmen und Fotografieren für die Portfolioarbeit an der Pädagogischen Hochschule Zürich 1 Videoaufnahmen und Fotografieren für die Portfolioarbeit an der Pädagogischen Hochschule Zürich Informationen für Studierende Inhalt 1. Zur Psychologie des Fotografiert- und Gefilmtwerdens 1. 1 Die emotionale Situation 1. 2 Hingabe und Lust oder Abscheu und Scham 1. 3 Schnappschuss, Arrangement oder (Selbst)-Inszenierung 1. 4 Die Bedeutung des Menschen hinter der Kamera 2. Grenzen akzeptieren, Ängste ernst nehmen 2. 1 Ein Nein ist ein Nein! 2. 2 Ängste und Traumata 3. Lernen von den Profis 3. 1 Vorbereitung, Kontaktaufnahme, Besprechung 3. 2 Mündliche oder schriftliche Abmachungen 3. 3 Planung und Durchführung 3. 4 Nachbearbeitung 4. Drei Beispiele zur Sensibilisierung 4. 1 Videoaufnahme „Übungen am Reck“ 4. 2 Das Kind mit der Leseschwäche filmen 4. 3 Fotos zum gelungenen Werkstattunterricht 5. Person und Recht 5. 1 Personenschutz und Persönlichkeitsrecht 5. 2 Urheber/innenrecht 5. 3. Nutzungsrecht

Videoaufnahmen und Fotografieren - PH Zürich · 3. 4 Nachbearbeitung Fairplay bedeutet, dass sich die Fotografin oder der Kameramann, nach der gemachten Session auch daran hält,

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Videoaufnahmen und Fotografieren für die Portfolioarbeit an der Pädagogischen Hochschule Zürich 1

Videoaufnahmen und Fotografierenfür die Portfolioarbeit an der PädagogischenHochschule ZürichInformationen für Studierende

Inhalt1. Zur Psychologie des Fotografiert- und Gefilmtwerdens1. 1 Die emotionale Situation1. 2 Hingabe und Lust oder Abscheu und Scham1. 3 Schnappschuss, Arrangement oder (Selbst)-Inszenierung1. 4 Die Bedeutung des Menschen hinter der Kamera

2. Grenzen akzeptieren, Ängste ernst nehmen2. 1 Ein Nein ist ein Nein!2. 2 Ängste und Traumata

3. Lernen von den Profis3. 1 Vorbereitung, Kontaktaufnahme, Besprechung3. 2 Mündliche oder schriftliche Abmachungen3. 3 Planung und Durchführung3. 4 Nachbearbeitung

4. Drei Beispiele zur Sensibilisierung4. 1 Videoaufnahme „Übungen am Reck“4. 2 Das Kind mit der Leseschwäche filmen4. 3 Fotos zum gelungenen Werkstattunterricht

5. Person und Recht5. 1 Personenschutz und Persönlichkeitsrecht5. 2 Urheber/innenrecht5. 3. Nutzungsrecht

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1. Zur Psychologie des Fotografiert- und Gefilmtwerdens

1. 1 Die emotionale SituationNiemand bleibt gleichgültig, allein schon bei der Vorstellung, durch die Linsen einer Kamera be-obachtet zu werden. Bei den meisten Menschen, vor allem Erwachsenen, verändern sich die Ge-sichtszüge sofort. Wenn eine Kamera auf sie gerichtet wird, setzen sie ihr Fotografiegesicht auf,als Folge von Befangenheit, Scham und auch Hilflosigkeit. Die Kunst der Fotografin oder des Ka-meramannes besteht beim Porträtieren im Wesentlichen darin, so geschickt mit der Person zukommunizieren, sie beispielsweise in ein Gespräch zu verwickeln, von sich selbst abzulenken, dasssie sich wieder ganz natürlich gibt und sich die Gesichtszüge entspannen.

Niemand will durch die Abbildung der eigenen Person lächerlich gemacht, bloss gestelltoder entwürdigend dargestellt werden. Alle wünschen wir uns, ja wir dürfen sogar fordern, dassuns die Person hinter der Kamera respektvoll begegnet. Sie ist aus moralischen, ethischen undrechtlichen Gründen dazu verpflichtet.

1. 2 Hingabe und Lust oder Abscheu und SchamManche Leute lassen sich gerne fotografieren oder filmen, empfinden Lust, bei der Vorstellung, imRampenlicht zu stehen, geniessen die Selbstinszenierung. Andere wiederum verspüren ein kleinesoder auch grosses Unbehagen, ja sogar Zorn und Ärger und scheuen die Kamera wie der Teufel dasWeihwasser.

1. 3 Schnappschuss, Arrangement oder (Selbst)-InszenierungBedenken Sie, dass Sie bei Ihrer Vorgehensweise als Kamerafrau oder Kameramann grundsätzlichzwischen drei Möglichkeiten wählen können. Erste Variante: Sie versuchen, sich möglichst diskretund unauffällig zu verhalten, so dass Sie eine sich spontan ergebende Situation filmen oder foto-grafieren können. Zweite Variante: Sie arrangieren eine bereits vorhandene Szene mehr oder we-niger, nehmen bestimmte Elemente dazu oder weg, verändern den Hintergrund oder Ähnliches.Dritte Möglichkeit: Sie konstruieren die Situation von A bis Z, die zu Fotografierenden oder zu Fil-menden inszenieren sich selber oder gemäss Ihren Vorgaben. Es besteht die Möglichkeit, eine in-szenierte Szene so zu konstruieren, dass sie wirkt, als ob sie ganz spontan und natürlich zustandegekommen sei.

1. 4 Die Bedeutung des Menschen hinter der KameraÜberdenken Sie die Rolle, die Sie hinter der Kamera einnehmen wollen. Sie können sich selbstsehr zurücknehmen oder als Regie führende Person die Situation bestimmen. Wie auch immer Siesich verhalten, seien Sie sich bewusst, dass Sie, allein schon durch Ihre Anwesenheit, Einfluss aufdie Situation nehmen.

2. Grenzen akzeptieren, Ängste ernst nehmen

2. 1 Ein Nein ist ein Nein!Wenn gegen ihren erklärten Willen eine Kamera gegen Menschen gerichtet wird, erleiden sie psy-chische Verletzungen und Stress. In jeder Situation müssen Sie vorgängig abklären, ob das Visavismit Ihrem Vorhaben einverstanden ist. Ein Nein ist ein Nein. Den Wunsch, ob von einem Kind odereiner erwachsenen Person, nicht fotografiert zu werden, gilt es unbedingt zu respektieren.

2. 2 Ängste und TraumataSeien Sie sich bewusst, dass es Menschen gibt, die aus gewissen Gründen auf gar keinen Fallwünschen, dass sie selbst oder ihre Kinder fotografiert werden. Religiöse Motive können vorliegen,

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Menschen mit traumatischen Erlebnissen, wie beispielsweise Gewalt in der Familie oder in Kriegs-gebieten, Menschen, die unter Druck stehen, gesellschaftlich, politisch, im Alltag oder Beruf kön-nen die Situation fürchten, fotografiert oder gefilmt zu werden. Im Extremfall kann das Richteneiner Kamera auf bestimmte Personen existentielle Ängste in ihnen auslösen.

3. Lernen von den Profis

Zuerst regeln und dann filmen oder fotografieren

3. 1 Vorbereitung, Kontaktaufnahme, BesprechungEin professioneller Fotograf, eine professionelle Kamerafrau würden auf gar keinen Fall andereMenschen mit der Foto- oder Filmkamera überrumpeln. Lange bevor diese eine Fotokamera in dieHand nehmen, eine Videokamera auf das Stativ schrauben, treffen sie gemäss ihrer berufsspezifi-schen Vorgehensweise genaue Absprachen mit den Personen, die sie ablichten oder filmen wollen.Zuallererst werden diese über das Vorhaben und auch über die geplante Nutzung der Bilder oderdes Filmmaterials informiert. Manchmal, je nach dem, ob eine Situation besonders heikel ist, fin-den sogar mehrere Vorgespräche statt, aufgrund derer die angefragte Person entscheiden kann, obund wie sie sich bereit erklären will, bei der Foto- oder Filmsession mitzumachen.

3. 2 Mündliche oder schriftliche AbmachungenJe nach Aufwand und auch geplanter Nutzung macht es Sinn, die Abmachungen bloss mündlichoder aber schriftlich zu treffen. Bei mündlichen Abmachungen kann es wichtig sein, dass eineZeugin oder ein Zeuge dabei ist. Wie auch immer das Bildmaterial genutzt wird, beispielsweise fürWerbung oder für einen redaktionellen Beitrag, die Person hinter der Kamera muss darum besorgtsein, dass ihr das Modell die Nutzungsrechte gemäss der getroffenen Vereinbarung überträgt.Achtung: Die Nutzung muss klar definiert sein und zwar zeitlich, örtlich sowie inhaltlich. Wird vonjemandem verlangt, dass er oder sie alle Rechte für uneingeschränkte Nutzung abtreten soll, sowird bei kommerziellem Gebrauch normalerweise ein besonders hohes Honorar bezahlt.

3. 3 Planung und DurchführungFairplay bedeutet, dass bei der Durchführung des Vorhabens auch eingehalten wird, was vorgängigabgemacht worden ist. Sollten Änderungen eintreten, so gilt es, die Modalitäten neu zu regeln.

3. 4 NachbearbeitungFairplay bedeutet, dass sich die Fotografin oder der Kameramann, nach der gemachten Sessionauch daran hält, wenn sich die fotografierten oder gefilmten Personen ein Mitspracherecht beider Auswahl des Film- oder Bildmaterials ausbedungen haben.

4. Drei Beispiele zur Sensibilisierung

Sie beabsichtigen, in einem Praktikum zu fotografieren oder Videoaufnah-men zu machen.

1. Besprechen Sie Ihr geplantes Vorhaben mit Ihrer Praktikumslehrperson.Überlegen Sie sich, ob es sich um eine völlig unproblematischeAufnahmesituation handelt oder ob es eventuell für das eine oder andereKind heikel werden könnte.2. Beschliessen Sie gemeinsam mit ihrer Praktikumslehrperson, ob Sie dieEltern mündlich oder schriftlich über Ihr Vorhaben informieren wollen.3. Respektieren Sie den Wunsch von Eltern, die nicht damit einverstandensind, dass ihr Kind gefilmt oder fotografiert wird.4. Freuen Sie sich über die Reaktion der meisten, die, wenn Sie ihreAbsicht gut kommuniziert haben, ihr Einverständnis dazu geben werden.5. Wird die Aufnahmesituation als unproblematisch eingestuft, reicht einemündliche Zusage von Seiten der Eltern aus. Wichtig ist, dass Sie ihregemachten Aufnahmen ausschliesslich in dem vorgängig abgemachten

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Kontext nutzen. Das heisst zum Beispiel: Haben die Eltern die Nutzung in Ihrem Portfolio erlaubt,so dürfen Sie die Bilder nicht ohne erneute Rücksprache mit den Eltern in einer Zeitung veröffent-lichen.

4. 1 Videoaufnahme „Übungen am Reck“Sie haben in Ihren Turnlektionen den Kindern einige Übungen am Reck beigebracht und möchtennun jedes einzelne Kind beim Vorzeigen des Gelernten auf Video aufzeichnen. Ein Kind besuchtden Turnunterricht besonders ungern. Nicht zuletzt, weil es die Übungen nicht beherrscht.Das Kind könnte lächerlich wirken, wenn es seine Verrenkungen am Gerät machen muss. Wie kön-nen Sie nun darauf reagieren?• Sie zeichnen nur die Kinder auf, die freiwillig mitmachen wollen.• Das Kind mit den Schwierigkeiten darf eine Übung zeigen, die es beherrscht.• Eine Mitschülerin oder ein Mitschüler hilft diesem Kind bei der Übung.

4. 2 Das Kind mit der Leseschwäche filmenDie Leseschwäche des besagten Kindes stellt für die Eltern ein grosses Problem dar, weshalb sieauf gar keinen Fall wollen, dass ihr Kind beim Vorlesen gefilmt wird. Sie haben sich mit dem Kindund seiner Lernschwäche intensiv auseinandergesetzt. Für Sie wäre es sehr wichtig, die Aufzeich-nung dieses Kindes als Dokument zu Ihrem Portfoliobeitrag beizulegen.• Sie suchen nach guten Argumenten, um das Einverständnis der Eltern doch noch zu erlangen.• Gelingt Ihnen das, bitten Sie die Eltern, Ihnen das Einverständnis in schriftlicher Form (For-

mular der PHZH) für Ihren Portfoliobeitrag zu geben.• Die Eltern bleiben bei ihrem Nein, können sich aber damit einverstanden erklären, dass Sie ei-

ne Tonbandaufnahme für Ihren Portfoliobeitrag machen dürfen.�• Die Eltern lehnen kategorisch jede Aufzeichnung ab. Nun bleibt Ihnen nur noch die schriftliche

Form der Aufzeichnung. Sie entschliessen sich deshalb, die Leseschwäche beziehungsweise diespezifischen Schwierigkeiten des Kindes als Protokoll aufzuzeichnen und anonymisieren sämt-liche Angaben über die Schülerin oder den Schüler.

4. 3 Fotos zum gelungenen WerkstattunterrichtSie haben eine besonders spannende Werkstatt eingerichtet. Die Kinder arbeiten begeistert anden diversen Posten. Sie mussten die Eltern fragen, ob Sie die Kinder beim Arbeiten fotografierendürfen. Alle, ausser die Eltern zweier Kinder, waren damit einverstanden.• Beim Fotografieren arbeiten Sie sehr diskret und achten darauf, dass Sie die beiden Kinder

nicht auf den Film bannen.• Die Mitschüler/innen haben erfahren, dass Sie zwei Kinder nicht fotografieren dürfen. be-

fürchten, dass diese von den anderen gehänselt werden. Ihnen ist ein guter Klassengeist wich-tiger, als die Fotos für Ihr Portfoliobeitrag. Sie verzichten darauf, zu fotografieren und thema-tisieren die Erfahrung bezüglich der Einwilligung der Eltern als Portfoliobeitrag zum Standard Vlder PHZH, Kommunikation.

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5. Person und Recht

5. 1 Personenschutz und PersönlichkeitsrechtGrundsätzlich gilt, dass eine Person ohne ihr Einverständnis nicht fotografiert oder gefilmt werdendarf. Bei Minderjährigen sind es die Eltern, die ihre Einwilligung erteilen müssen. Es gilt jedochauch, den Willen des Kindes selbst zu respektieren.

Porträtierte können sich je nach Fall unter Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ge-gen missbräuchliche Verwendung ihres Abbildes wehren. Ihnen gehört das Recht am eigenen Bild,welches als Teilaspekt des Persönlichkeitsrechts in den Art. 27 ff. des Zivilgesetzbuches (ZGB) gere-gelt ist.

5. 2 Urheber/innenrechtSie haben Fotos oder Videoaufnahmen gemacht und sind somit Urheberin oder Urheber besagterWerke.Art. 2 WerkbegriffWerke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen … , die individuellenCharakter haben.

5. 3 Nutzungsrecht

Art. 10Der Urheber oder die Urheberin hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wiedas Werk verwendet wird.

Zürich, im Mai 2004

© Copyright für den Text: Monica Beurer, mailto:[email protected]© Copyright für die Karikaturen: Walter Kerker (Seiten 1, 2, 5), Dieter Spiegel (Seiten 3, 4)

LiteraturverzeichnisBarrelet, Denis/Egloff, Willi (1994): Das neue Urheberrecht. Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheber-recht und verwendete Schutzrechte. Bern.Sontag, Susan (1993): Über Fotografie. Frankfurt am Main.Spitzing, Günter (1985): Fotopsychologie. Die subjektive Seite des Objektivs. Weinheim.Spitzing, Günter (1975): Information Foto. Porträtfotos – gewusst wie. München.Schweizerisches Zivilgesetzbuch (1971): Zürich.