Web viewDas kann zur Folge haben, dass unberechenbar werdende Parteien die Politik mitbestimmen oder Zufallskoalitionen entstehen. (vgl. Z.26ff) (1VP)

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Beachte:

- Zeilenangaben bei Aufgabe 1

- Operatoren richtig anwenden

Klausur

Name: gk2 K102.12.2015

Punkte: / 24 Note:

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M1 Die Stimme des Volkes

02.06.2011 Reprsentative Demokratie und plebiszitre Instrumente schlieen einander nicht aus. Weder in der Theorie noch in der Praxis. (...)

Von Professor Dr. Werner J. Patzelt

Die Befrworter einer direkten Beteiligung der Brger an politischen Entscheidungen halten die reprsentative Demokratie nicht selten fr unzulnglich oder gar falsch. Vermutlich ist sie aber die bestmgliche Weise, um in einem bevlkerungsstarken Land fr gutes Regieren zu sorgen. Die parlamentarische Demokratie, in der gewhlte Volksvertreter entscheiden, liee sich aber durch weitere Formen der Brgerbeteiligung vervollkommnen. In der Schweiz werden die dafr geeigneten plebiszitren Instrumente unter dem Begriff der "direkten Demokratie" zusammengefasst. (...)

Wie aber liee sich die reprsentative Demokratie durch zustzliche plebiszitre Instrumente verbessern? Wenn groe Teile der Bevlkerung den Kurs von Parteien verndern wollen und dabei auf Widerstand der Parteifhrer oder Funktionre stoen, knnen sie nur etwas erreichen, indem sie diese Parteien bei der Wahl bestrafen. Der Brger geht nicht zur Wahl, lsst also seine eigentlich bevorzugte Partei im Stich. Oder er wird zum Wechselwhler und geht das Risiko ein, mit dem Politikangebot unberechenbar werdender Parteien sowie mit Zufallskoalitionen leben zu mssen. Er kann sich auch fr eine Protestpartei entscheiden, wie damals fr die Republikaner, als die politische Klasse den Wunsch nach Vernderung des Asylrechts ignorierte, oder wie spter fr die westdeutsche Linke zur Strafe fr die SPD. Mitunter wird man dann die Geister aber nicht mehr los, die man einst herbeiwhlte. Dieses Vorgehen gleicht der Krebsbehandlung durch Chemotherapie: Der ganze Krper wird mit Gift berschwemmt, weil man nirgendwo gezielt ansetzen kann. Genau das aber knnen plebiszitre Instrumente leisten.

Zwischen den Wahlen knnen ffentlichkeitswirksame Minderheiten leicht glauben machen, hinter ihnen stehe eine Mehrheit. Das bringt Mehrheitsentscheidungen nicht selten um die allgemeine Akzeptanz und erlaubt es, demokratische Legitimitt gegen rechtsstaatliche Legalitt auszuspielen. Wre da nicht die Mglichkeit wnschenswert, der behaupteten oder gefhlten Mehrheit der Protestierenden auf den Zahn zu fhlen?

Fr plebiszitre Elemente spricht ein Weiteres: Konflikte zwischen konkurrierenden Interessentrgern etwa fr oder gegen Stuttgart 21 werden bislang als Konflikte wahrgenommen, in denen sich "der Staat", dessen Amts- und Mandatstrger etwas entschieden haben, und aufbegehrende "Brger" gegenberstehen. Bei einer solchen Frontstellung kann sich jener Teil der Brgerschaft wegducken, der die Entscheidung der Amts- und Mandatstrger befrwortet. Man fordert dann Mut von den Politikern und bestraft sie bei der nchsten Wahl sowohl fr bermut beim Durchhalten als auch fr Wankelmut beim Nachgeben, beteiligt sich aber nicht selbst am Ringen um den Bestand einer lautstark abgelehnten Entscheidung. Solches Zuschauerverhalten ist unfair gegenber politischen Amtsinhabern und schdlich fr die Demokratie.

Wie aber hlt man die Befrworter einer politisch angegriffenen Entscheidung zu deren ffentlicher Untersttzung an? Am besten durch die Verfgbarkeit eines plebiszitren Instruments, das aus einem Konflikt zwischen "dem Staat" und "den protestierenden Brgern" einen ganz normalen Konflikt zwischen Gruppen macht, die eben unterschiedliche Absichten verfolgen. (...)

Aufgaben:

1. Arbeite aus dem Text Schwchen unseres reprsentativen Systems heraus, die durch plebiszitre Instrumente behoben werden knnen. (8VP)

2. Beschreibe knapp den Unterschied zwischen einem Referendum und einem Volksentscheid. (4VP)

3. Deutschland braucht mehr direkte Demokratie! Mit einem fakultativen Gesetzesreferendum knnte zum Beispiel ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden und so Entscheidungen korrigiert oder rckgngig gemacht werden. Damit es zu einer Abstimmung kommt, mssten innerhalb einer festgelegten Frist eine bestimmte Zahl an Unterschriften vorgelegt werden.

Nimm begrndet Stellung zu der gemachten Forderung. (12VP)

Erwartungshorizont

Aufgabe 1:

Operator richtig angewendet, Einleitungssatz 1VP

Kohrenz 1VP

1. Wenn groe Teile der Bevlkerung erfolglos versuchen, den Kurs von Parteien zu beeinflussen oder zu verndern, bliebt ihnen nur noch die Mglichkeit bei der nchsten Wahl eine andere Partei zu whlen oder gar nicht whlen zu gehen (1VP). Das kann zur Folge haben, dass unberechenbar werdende Parteien die Politik mitbestimmen oder Zufallskoalitionen entstehen. (vgl. Z.26ff) (1VP).

2. Oft sind es Minderheiten, die getroffene Entscheidungen in Frage stellen; in der ffentlichkeit erscheinen sie aber als Mehrheiten (1VP). Durch plebiszitre Instrumente knnte berprft werden, wie gro die Ablehnung getroffener Mehrheitsentscheidungen tatschlich ist. (vgl. Z.54ff) (1VP).

3. Interessenskonflikte werden hufig als Konflikte zwischen Staat und Brger wahrgenommen, anstatt zwischen den Interessensgruppen. Wenn der Brger getroffene Entscheidungen von Politikern befrwortet, sieht er keinen Anreiz sich an dem Interessenkonflikt zu beteiligen. Ist er hingegen nicht damit einverstanden, wie die eigenen Interessen vertreten werden, straft er das bei der nchsten Wahl ab. Der Brger kommt damit leicht in eine Zuschauer-Rolle, anstatt sich selbst an der Auseinandersetzung zu beteiligen (1VP). Ein solches Zuschauerverhalten ist unfair gegenber den Amts- und Mandatstrgern und schdlich fr die Demokratie (1VP). (vgl. 79ff)

Aufgabe 2: (4VP)

Ein Referendum ist ein direktdemokratisches Instrument, bei dem die Regierung oder das Parlament dem Volk eine bestimmte Frage zur Abstimmung vorlegt.

Beim Volksentscheid hingegen hat das Volk einen Antrag gestellt (Volksbegehren), um ber eine bestimmte Fragestellung abzustimmen.

Aufgabe 3: (max. 12 VP)

Mgliche Argumente:

Pro

Contra

Greres Interesse an der Politik man muss sich mit der Fragestellung, sptestens bei der Abstimmung auseinandersetzen

Nur interessierte Brger beschftigen sich mit den Fragestellungen und gehen zur Abstimmung. Es entsteht kein greres Interesse an der Politik

Gesetze mssen nicht nur verfassungssicher, sondern auch referendumssicher sein

Wenn Entscheidungen immer wieder rckgngig gemacht werden knnen, wird die Handlungsfhigkeit eingeschrnkt und Prozesse verlangsamt (weiterer Veto-Spieler)

Entscheidungen und politisches Handeln legitimieren sich durch ein solches Instrument. Wenn Entscheidungen durch Volksabstimmungen korrigiert oder rckgngig gemacht werden, ist die Akzeptanz in der Bevlkerung zu den Entscheidungen hher

Brger sind ber komplexe Zusammenhnge oft nur unzureichend informiert, stattdessen sind Volksabstimmung oft emotionalisiert und begleitet von Populismus (vgl. Kampagnen zu bisherigen Volksabstimmungen z.B. in der Schweiz)

Die Brger sind dazu angehalten, sich auch zwischen den Wahlen zu beteiligen verlassen der Zuschauer-Rolle (vgl. Patzelt)