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Börsen-Zeitung, 15.9.2012 Im Internationalen Jahr der Genos- senschaften, das die Vereinten Natio- nen für dieses Jahr ausgerufen ha- ben, hat sich die öffentliche Wert- schätzung für die Genossenschaft als werteorientiertes zukunftsfähiges Un- ternehmensmodell nochmals deut- lich erhöht. Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die anlässlich des zen- tralen Festaktes zum Internationalen Jahr der Genossenschaften in der DZ Bank am Pariser Platz in Berlin sagte: „Genossenschaften in Deutsch- land sind Vorbilder dafür, wie man ökonomische, soziale und ökologi- sche Ziele verbindet.“ Und selbst der Bundesverband der deutschen Ban- ken, immerhin jahrelang an vorders- ter Stelle, wenn es um die Forderung nach Abschaffung des Drei-Säulen- Modells aus Sparkassen, Privat-, und Genossenschaftsbanken ging, lobt in einem Zeitungsbeitrag die Volksban- ken und Raiffeisenbanken sinnge- mäß als die guten Banken, die in den letzten Jahren keine Fehler gemacht haben. Trotz der entgegengebrachten Wertschätzung müssen sich die deut- schen Genossenschaftsbanken als be- deutender Teil des heimischen sowie des europäischen Bankensektors selbstverständlich der öffentlichen Diskussion um die zukünftige Rolle der Banken in unserer Gesellschaft stellen. Denn das Image der Branche insgesamt hat in den letzten Wochen einen neuen Tiefpunkt erreicht. Irri- tiert von Skandalen um manipulierte Zinssätze oder der Beihilfe zur Geld- wäsche und Steuerhinterziehung und überdrüssig der immer größer werdenden Rettungsschirme, stellt die öffentliche Meinung gern das ge- samte Geldgewerbe an den Pranger. Forderungen nach einer radikalen Verkleinerung großer systemrelevan- ter Banken beziehungsweise der Ein- führung eines Trennbankensystems erhalten prominente Fürsprecher, auch wenn es aus meiner Sicht hier keine einfachen Lösungen gibt. Auch eine große deutsche Volkspartei hat die Banken als Wahlkampfthema für sich entdeckt. Die aktuelle Kritik ist in weiten Teilen nachvollziehbar. Aber wie immer, wenn Kritik zu pau- schal geäußert wird, trifft sie auch die Falschen – nämlich diejenigen, die den klassischen Tugenden des ehrbaren Kaufmanns treu geblieben sind. Diese „Tugendhaftigkeit“ nehme ich grundsätzlich für die ge- nossenschaftliche FinanzGruppe in Anspruch. Sie ist in der Vergangen- heit weder durch einen übermäßigen Risikoappetit oder exzessive Gehalts- oder Bonizahlungen aufgefallen, noch hat sie jemals die Hilfe des Staa- tes und damit des Steuerzahlers in Anspruch nehmen müssen. Selbst sehr anspruchsvolle Probleme löste die Gruppe stets selbst. Auch im Geschäftsjahr 2011, das unter anderem vom Schuldenschnitt in Griechenland geprägt war, erzielte sie auf konsolidierter Basis mit einem Jahresüberschuss nach Steuern von 4,5 Mrd. Euro ein sehr respektables Ergebnis. Die genossenschaftliche Fi- nanzGruppe kann mit „AA –“ die höchste Ratingeinschätzung einer nichtstaatlichen Bank in Deutschland vorweisen, Ausblick stabil, während die meisten anderen Wettbewerber Ratingabstufungen hinnehmen muss- ten. Genossenschaftsbanken stehen überall in Deutschland als verlässli- cher Kreditgeber für den Mittelstand und die Bürger bereit und genießen das Vertrauen ihrer mittlerweile mehr als 17 Millionen Mitglieder. Wichtige Stütze des Marktes Die Genossenschaftsbanken sind eine wichtige Stütze des deutschen Fi- nanzmarktes. Um ihrer Funktion als Kreditgeber und als Stabilitätsanker in der deutschen Bankenlandschaft dauerhaft nachkommen zu können, brauchen sie aber stabile politische Rahmenbedingungen. Viele Vorha- ben, die als Lehre aus der Lehman- Pleite und der anschließenden Fi- nanzmarktkrise gezogen wurden, münden aktuell in Richtlinienvor- schläge oder Gesetzestexte. Allein für diesen Herbst warten in Brüssel noch 20 Regulierungsakte im Finanzbe- reich auf ihre Umsetzung. Mammut- projekte sind dabei die Umsetzung der neuen Eigenkapital- und Liquidi- tätsvorschriften Basel III, die Revi- sion der Richtlinie über Märkte für Fi- nanzinstrumente, die Einlagensiche- rungsrichtlinie sowie die Krisenmana- gementrichtlinie. Bei allem Verständnis für den An- tritt der Politik, die Finanzmärkte si- cherer zu machen und den Steuerzah- ler von weiteren Milliardenhilfen zu verschonen, darf doch das Kind nicht mit dem Bade ausgekippt werden. Eine moderne, leistungsfähige Volks- wirtschaft braucht starke Banken. Da- her sollte die Politik die genossen- schaftliche FinanzGruppe nicht über Gebühr mit Regulierungsmaßnah- men überziehen, die für ihr Geschäfts- modell, die damit verbundenen Risi- ken, aber insbesondere für ihre dezen- tralen, granularen Strukturen nicht angemessen, sondern überzogen sind. Es ist ein Irrglaube der Politik, dass ein Mehr an Bankenregulierung die Finanzmärkte sicherer macht. Die größten Risiken schlum- mern heute außerhalb der Bankenbilanzen im sogenannten Schatten- bankensektor, der noch weitgehend unreguliert ist. Leider weisen die ak- tuellen Krisenbewälti- gungsreflexe der verant- wortlichen Institutionen und Politiker in Europa jedoch in eine andere Richtung. So stehen aktu- ell als weitere Maß- nahme zur Bewältigung der Krise, die sich mittlerweile zu ei- ner Staatsschuldenkrise entwickelt hat, Überlegungen zu einer sogenann- ten „Bankenunion“ in der Diskussion. Gedacht hat Brüssel hier an eine ge- stärkte europäische Bankenaufsicht, eine europäische Einlagensicherung und eine damit einhergehende Ver- pflichtung der nationalen Bankenab- wicklungsfonds zu gegenseitigen Hil- fen. Sinnvoll ist diese Idee nicht. Wir hätten eine europäische Haftungsge- meinschaft der Banken, aber keine ausreichenden Kontrollrechte für diese Gemeinschaft. Ein Bestandteil der Bankenunion ist die europäische grenzüberschreitende Einlagensiche- rung, die wir entschieden ablehnen. Traditionell einlagenstarke Insti- tute wie die deutschen Genossen- schaftsbanken und nicht zuletzt die deutschen Sparer dürfen nicht zur Rettung anderer europäischer Kredit- institute herangezogen werden. Eine Vergemeinschaftung von Risiken zu- lasten deutscher Kreditinstitute darf es schon deswegen nicht geben, weil es deutschen Sicherungssystemen nicht möglich ist, auf das Verhalten anderer europäischer Kreditinstitute Einfluss zu nehmen. Sinnvoll ist es, die schon intensiv abgestimmte EU- Einlagensicherungsrichtlinie kurzfris- tig zu verabschieden. Damit würde der Einlagenschutz in allen Ländern der Europäischen Union auf ein ein- heitliches Niveau angehoben und die Existenz funktionierender Institutssi- cherungssysteme in Deutschland gesi- chert. Das wäre eine schnell zu errei- chende Maßnahme, auch um der be- fürchteten Kapitalflucht aus schwä- cheren Ländern vorzubeugen. Idee überzeugt nicht Auch die Idee, der Europäischen Zentralbank (EZB) die Hoheit über die Aufsicht aller Banken im Euro- raum zu übertragen, überzeugt nicht. Die Europäische Union (EU) hat be- reits mit der European Banking Authority eine Europäische Banken- aufsicht über alle Mitgliedsstaaten etabliert. Mit dem jetzt diskutierten Schritt nimmt die EU offenbar die Spaltung des europäischen Binnen- marktes in Kauf. So ist England mit ei- nem der weltweit wichtigsten Ban- kenplätze außen vor. London steht aber für ein Oligopol weltweit ver- netzter systemrelevanter Banken, des- sen Risiken nicht an den nationalen Grenzen Halt machen. Wenn eine zentrale Bankenaufsicht eingeführt und der EZB zugewiesen wird, dann sollte sich diese auf die 25 größten Banken der Eurozone beschränken. Es wäre weder sinnvoll noch gerecht- fertigt, dass eine zentrale Bankenauf- sicht jede kleine Volksbank oder Raiff- eisenbank kontrolliert. Für diese Auf- gabe sind die nationalen Aufsichtsbe- hörden besser qualifiziert. Sie verste- hen viel eher die kulturellen Beson- derheiten, die Geschäftsmodelle, die Rechtsform, und sie haben keine Sprachbarrieren. Deshalb sollten in Deutschland auch die BaFin und die Deutsche Bundesbank für uns zustän- dig bleiben. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben in den zu- rückliegenden Jahren ihre wichtige Rolle als Kreditgeber für die deutsche Volkswirtschaft und ihr stabilisieren- des Element für den deutschen Ban- kenmarkt eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Daher fordere ich die Bundes- regierung auf, gegenüber der EU- Kommission engagiert dafür zu kämp- fen, dass eine europäische Bankenauf- sicht durch die EZB nicht auf unsere Institute angewendet wird. Ferner er- warte ich, dass Entscheidungen die- ser Tragweite nicht ohne Mitwirkung des EU-Parlaments getroffen werden. Das Parlament muss gefragt werden und muss mitentscheiden. An die Ent- scheidungsträger appelliere ich: Tra- gen Sie dafür Sorge, dass die Volks- banken und Raiffeisenbanken ihrer Funktion als Kreditgeber und auch als Stabilitätsanker in der deutschen Bankenlandschaft weiter dauerhaft nachkommen können. Zentrale Aufsicht nicht zulasten regionaler Banken Weder sinnvoll noch gerechtfertigt, dass eine solche jede kleine Genossenschaftsbank kontrolliert – Nationale Behörden sind für diese Aufgabe besser qualifiziert Börsen-Zeitung, 15.9.2012 Kosten- und Effizienzdruck bei Fi- nanzinstituten sind keine Begleit- erscheinungen der aktuellen Finanz- krise. Vielmehr zwingen der zuneh- mende Wettbewerb, die steigenden Ansprüche der Kunden, die Auswir- kungen der Online-Vertriebskanäle sowie regulatorische Auflagen durch den Gesetzgeber die Kreditinstitute bereits seit geraumer Zeit dazu, die Prozesse zu optimieren, Synergien zu heben, damit die Kosten zu senken und gleichzeitig die Qualität der Dienstleistungen für die Kunden zu verbessern. Es geht um einen Drei- klang aus Qualität, Produktivität und Kostenbetrachtung. Auch wenn Banken im Vergleich zur Industrie bei der Automatisie- rung der Prozesse bestimmte Gren- zen gesetzt sind, geht es dennoch um nicht weniger als um eine Industriali- sierung im Finanzdienstleistungsbe- reich. Diese bietet sich vor allem bei der Kreditbearbeitung an, handelt es sich doch in diesem Bereich um ein Mengengeschäft mit standardisierten bzw. standardisierbaren Abläufen, bei dem durch Automati- sierungen und exakt zu- geschnittene IT-Pro- gramme Skalen- und Sy- nergieeffekte generiert werden können. Bei vielen Unterneh- men stehen Prozessopti- mierung und Industriali- sierung ganz oben auf der Agenda. Die Akade- mie Deutscher Genossen- schaften (ADG) fand für ihre Trendstudie 2011 heraus, dass für einen Großteil der Banken die Industriali- sierung der Back-Office-Bereiche das treibende Element ist. Das Spektrum reicht dabei von der internen Opti- mierung über flexible Formen eines zentralen Arbeitskräfte-Pools und des Spitzenausgleichs bis zur Gründung regionaler Service-Center und zum klassischen Outsourcing. Auch im so- genannten Application Service Provi- ding (ASP) wurden Lösungen entwi- ckelt, die auf industriellen Prinzipien beruhen. In den letzten Jahren haben zahlreiche Finanzdienstleister eigene Kreditfabriken oder Servicegesell- schaften gegründet, die sich auf be- stimmte Teile der Bearbeitungspro- zesse spezialisieren. Führende Kreditfabrik Die Schwäbisch Hall Kreditservice AG (SHK) – früher VR Kreditwerk AG – gehört zu den Pionieren des indus- triellen Kredit-Processing. Die SHK entstand im Jahr 2000 aus der Zusam- menführung der Processing-Kompe- tenzen der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG und der DG Hyp. Heute ist die SHK die größte Kreditfabrik Deutschlands. Das Unternehmen be- schäftigt einschließlich seiner Toch- Fortsetzung Seite B 2 Von Uwe Fröhlich Präsident des Bundes- verbandes der Deut- schen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) Von Ehrhard Steffen Vorstandssprecher der Schwäbisch Hall Kreditservice AG Kunden profitieren von ständig verbesserter Servicequalität Dreiklang aus Qualität, Produktivität und Kostenbetrachtung im Blick AUS DEM INHALT Zentrale Aufsicht nicht zulasten regionaler Banken Von Uwe Fröhlich B1 Krise bewältigt! Regulatorik gemeistert? Von Albrecht Merz B5 Kunden profitieren von ständig verbesserter Servicequalität Von Ehrhard Steffen B1 dwpbank setzt Standards im Wertpapierservice Von Dr. Markus Walch B6 Kraft der genossenschaftlichen FinanzGruppe nutzen Von Dr. Georg Reutter B2 Immer mehr Banken arbeiten mit der BAG zusammen Von Udo Wittler B6 Wir müssen die Risiken neu bewerten Von Hans Joachim Reinke B3 Liquidität steht mehr denn je im Fokus Von Karl-Heinz Moll B7 Gemeinsam Visionen entwickeln und umsetzen Von Hans Pfeifer B4 Werte als unverzichtbare Führungsaufgabe Von Axel Kehl B7 Faire Partnerschaft mit zufriedenen Kunden lohnt sich Von Alexander Boldyreff B4 Genossenschaftsbanken müssen Mehrwert bieten Von Prof. Dr. Joachim Wuermeling B8 Volks- und Raiffeisenbanken Sonnabend, 15. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 179 B1

Volks- und Raiffeisenbanken

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Börsen-Zeitung, 15.9.2012Im Internationalen Jahr der Genos-senschaften, das die Vereinten Natio-nen für dieses Jahr ausgerufen ha-ben, hat sich die öffentliche Wert-schätzung für die Genossenschaft alswerteorientiertes zukunftsfähiges Un-ternehmensmodell nochmals deut-lich erhöht. Es war BundeskanzlerinAngela Merkel, die anlässlich des zen-tralen Festaktes zum InternationalenJahr der Genossenschaften in derDZBank am Pariser Platz in Berlinsagte: „Genossenschaften in Deutsch-land sind Vorbilder dafür, wie manökonomische, soziale und ökologi-sche Ziele verbindet.“ Und selbst derBundesverband der deutschen Ban-ken, immerhin jahrelang an vorders-ter Stelle, wenn es um die Forderungnach Abschaffung des Drei-Säulen-Modells aus Sparkassen, Privat-, undGenossenschaftsbanken ging, lobt ineinem Zeitungsbeitrag die Volksban-ken und Raiffeisenbanken sinnge-mäß als die guten Banken, die in denletzten Jahren keine Fehler gemachthaben.

Trotz der entgegengebrachtenWertschätzung müssen sich die deut-schen Genossenschaftsbanken als be-deutender Teil des heimischen sowiedes europäischen Bankensektorsselbstverständlich der öffentlichenDiskussion um die zukünftige Rolleder Banken in unserer Gesellschaftstellen. Denn das Image der Brancheinsgesamt hat in den letzten Wocheneinen neuen Tiefpunkt erreicht. Irri-tiert von Skandalen um manipulierteZinssätze oder der Beihilfe zur Geld-wäsche und Steuerhinterziehungund überdrüssig der immer größerwerdenden Rettungsschirme, stelltdie öffentliche Meinung gern das ge-samte Geldgewerbe an den Pranger.Forderungen nach einer radikalenVerkleinerung großer systemrelevan-ter Banken beziehungsweise der Ein-führung eines Trennbankensystemserhalten prominente Fürsprecher,

auch wenn es aus meiner Sicht hierkeine einfachen Lösungen gibt. Aucheine große deutsche Volkspartei hatdie Banken als Wahlkampfthema fürsich entdeckt. Die aktuelle Kritik istin weiten Teilen nachvollziehbar.Aber wie immer, wenn Kritik zu pau-schal geäußert wird, trifft sie auchdie Falschen – nämlich diejenigen,die den klassischen Tugenden desehrbaren Kaufmanns treu gebliebensind. Diese „Tugendhaftigkeit“nehme ich grundsätzlich für die ge-nossenschaftliche FinanzGruppe inAnspruch. Sie ist in der Vergangen-heit weder durch einen übermäßigenRisikoappetit oder exzessive Gehalts-oder Bonizahlungen aufgefallen,noch hat sie jemals die Hilfe des Staa-tes und damit des Steuerzahlers inAnspruch nehmen müssen. Selbstsehr anspruchsvolle Probleme löstedie Gruppe stets selbst.

Auch im Geschäftsjahr 2011, dasunter anderem vom Schuldenschnittin Griechenland geprägt war, erzieltesie auf konsolidierter Basis mit einemJahresüberschuss nach Steuern von4,5 Mrd. Euro ein sehr respektablesErgebnis. Die genossenschaftliche Fi-nanzGruppe kann mit „AA –“ diehöchste Ratingeinschätzung einernichtstaatlichen Bank in Deutschlandvorweisen, Ausblick stabil, währenddie meisten anderen WettbewerberRatingabstufungen hinnehmen muss-ten. Genossenschaftsbanken stehenüberall in Deutschland als verlässli-cher Kreditgeber für den Mittelstandund die Bürger bereit und genießendas Vertrauen ihrer mittlerweilemehr als 17 Millionen Mitglieder.

Wichtige Stütze des Marktes

Die Genossenschaftsbanken sindeine wichtige Stütze des deutschen Fi-nanzmarktes. Um ihrer Funktion alsKreditgeber und als Stabilitätsankerin der deutschen Bankenlandschaftdauerhaft nachkommen zu können,

brauchen sie aber stabile politischeRahmenbedingungen. Viele Vorha-ben, die als Lehre aus der Lehman-Pleite und der anschließenden Fi-nanzmarktkrise gezogen wurden,münden aktuell in Richtlinienvor-schläge oder Gesetzestexte. Allein fürdiesen Herbst warten in Brüssel noch20 Regulierungsakte im Finanzbe-reich auf ihre Umsetzung. Mammut-projekte sind dabei die Umsetzungder neuen Eigenkapital- und Liquidi-tätsvorschriften Basel III, die Revi-sion der Richtlinie über Märkte für Fi-nanzinstrumente, die Einlagensiche-rungsrichtlinie sowie die Krisenmana-gementrichtlinie.

Bei allem Verständnis für den An-tritt der Politik, die Finanzmärkte si-cherer zu machen und den Steuerzah-ler von weiteren Milliardenhilfen zuverschonen, darf doch das Kind nichtmit dem Bade ausgekippt werden.Eine moderne, leistungsfähige Volks-wirtschaft braucht starke Banken. Da-her sollte die Politik die genossen-schaftliche FinanzGruppe nicht überGebühr mit Regulierungsmaßnah-men überziehen, die für ihr Geschäfts-modell, die damit verbundenen Risi-ken, aber insbesondere für ihre dezen-tralen, granularen Strukturen nichtangemessen, sondern überzogensind. Es ist ein Irrglaube der Politik,dass ein Mehr an Bankenregulierungdie Finanzmärkte sicherer macht. Die

größten Risiken schlum-mern heute außerhalbder Bankenbilanzen imsogenannten Schatten-bankensektor, der nochweitgehend unreguliertist. Leider weisen die ak-tuellen Krisenbewälti-gungsreflexe der verant-wortlichen Institutionenund Politiker in Europajedoch in eine andereRichtung. So stehen aktu-ell als weitere Maß-nahme zur Bewältigung

der Krise, die sich mittlerweile zu ei-ner Staatsschuldenkrise entwickelthat, Überlegungen zu einer sogenann-ten „Bankenunion“ in der Diskussion.Gedacht hat Brüssel hier an eine ge-stärkte europäische Bankenaufsicht,eine europäische Einlagensicherungund eine damit einhergehende Ver-pflichtung der nationalen Bankenab-wicklungsfonds zu gegenseitigen Hil-fen. Sinnvoll ist diese Idee nicht. Wirhätten eine europäische Haftungsge-meinschaft der Banken, aber keineausreichenden Kontrollrechte fürdiese Gemeinschaft. Ein Bestandteilder Bankenunion ist die europäischegrenzüberschreitende Einlagensiche-rung, die wir entschieden ablehnen.

Traditionell einlagenstarke Insti-tute wie die deutschen Genossen-schaftsbanken und nicht zuletzt diedeutschen Sparer dürfen nicht zurRettung anderer europäischer Kredit-institute herangezogen werden. EineVergemeinschaftung von Risiken zu-

lasten deutscher Kreditinstitute darfes schon deswegen nicht geben, weiles deutschen Sicherungssystemennicht möglich ist, auf das Verhaltenanderer europäischer KreditinstituteEinfluss zu nehmen. Sinnvoll ist es,die schon intensiv abgestimmte EU-Einlagensicherungsrichtlinie kurzfris-tig zu verabschieden. Damit würdeder Einlagenschutz in allen Ländernder Europäischen Union auf ein ein-heitliches Niveau angehoben und dieExistenz funktionierender Institutssi-cherungssysteme in Deutschland gesi-chert. Das wäre eine schnell zu errei-chende Maßnahme, auch um der be-fürchteten Kapitalflucht aus schwä-cheren Ländern vorzubeugen.

Idee überzeugt nicht

Auch die Idee, der EuropäischenZentralbank (EZB) die Hoheit überdie Aufsicht aller Banken im Euro-raum zu übertragen, überzeugt nicht.Die Europäische Union (EU) hat be-reits mit der European BankingAuthority eine Europäische Banken-aufsicht über alle Mitgliedsstaatenetabliert. Mit dem jetzt diskutiertenSchritt nimmt die EU offenbar dieSpaltung des europäischen Binnen-marktes in Kauf. So ist England mit ei-nem der weltweit wichtigsten Ban-kenplätze außen vor. London stehtaber für ein Oligopol weltweit ver-netzter systemrelevanter Banken, des-sen Risiken nicht an den nationalenGrenzen Halt machen. Wenn einezentrale Bankenaufsicht eingeführt

und der EZB zugewiesen wird, dannsollte sich diese auf die 25 größtenBanken der Eurozone beschränken.Es wäre weder sinnvoll noch gerecht-fertigt, dass eine zentrale Bankenauf-sicht jede kleine Volksbank oder Raiff-eisenbank kontrolliert. Für diese Auf-gabe sind die nationalen Aufsichtsbe-hörden besser qualifiziert. Sie verste-hen viel eher die kulturellen Beson-derheiten, die Geschäftsmodelle, dieRechtsform, und sie haben keineSprachbarrieren. Deshalb sollten inDeutschland auch die BaFin und dieDeutsche Bundesbank für uns zustän-dig bleiben. Die Volksbanken undRaiffeisenbanken haben in den zu-rückliegenden Jahren ihre wichtigeRolle als Kreditgeber für die deutscheVolkswirtschaft und ihr stabilisieren-des Element für den deutschen Ban-kenmarkt eindrucksvoll unter Beweisgestellt. Daher fordere ich die Bundes-regierung auf, gegenüber der EU-Kommission engagiert dafür zu kämp-fen, dass eine europäische Bankenauf-sicht durch die EZB nicht auf unsereInstitute angewendet wird. Ferner er-warte ich, dass Entscheidungen die-ser Tragweite nicht ohne Mitwirkungdes EU-Parlaments getroffen werden.Das Parlament muss gefragt werdenund muss mitentscheiden. An die Ent-scheidungsträger appelliere ich: Tra-gen Sie dafür Sorge, dass die Volks-banken und Raiffeisenbanken ihrerFunktion als Kreditgeber und auchals Stabilitätsanker in der deutschenBankenlandschaft weiter dauerhaftnachkommen können.

Zentrale Aufsicht nicht zulasten regionaler BankenWeder sinnvoll noch gerechtfertigt, dass eine solche jede kleine Genossenschaftsbank kontrolliert – Nationale Behörden sind für diese Aufgabe besser qualifiziert

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Kosten- und Effizienzdruck bei Fi-nanzinstituten sind keine Begleit-erscheinungen der aktuellen Finanz-krise. Vielmehr zwingen der zuneh-mende Wettbewerb, die steigendenAnsprüche der Kunden, die Auswir-kungen der Online-Vertriebskanälesowie regulatorische Auflagen durchden Gesetzgeber die Kreditinstitutebereits seit geraumer Zeit dazu, dieProzesse zu optimieren, Synergien zuheben, damit die Kosten zu senkenund gleichzeitig die Qualität derDienstleistungen für die Kunden zuverbessern. Es geht um einen Drei-klang aus Qualität, Produktivität undKostenbetrachtung.

Auch wenn Banken im Vergleichzur Industrie bei der Automatisie-rung der Prozesse bestimmte Gren-zen gesetzt sind, geht es dennoch um

nicht weniger als um eine Industriali-sierung im Finanzdienstleistungsbe-reich. Diese bietet sich vor allem beider Kreditbearbeitung an, handelt essich doch in diesem Bereich um einMengengeschäft mit standardisiertenbzw. standardisierbaren Abläufen,

bei dem durch Automati-sierungen und exakt zu-geschnittene IT-Pro-gramme Skalen- und Sy-nergieeffekte generiertwerden können.

Bei vielen Unterneh-men stehen Prozessopti-mierung und Industriali-sierung ganz oben aufder Agenda. Die Akade-mie Deutscher Genossen-schaften (ADG) fand fürihre Trendstudie 2011heraus, dass für einen

Großteil der Banken die Industriali-sierung der Back-Office-Bereiche dastreibende Element ist. Das Spektrumreicht dabei von der internen Opti-mierung über flexible Formen eineszentralen Arbeitskräfte-Pools und desSpitzenausgleichs bis zur Gründungregionaler Service-Center und zumklassischen Outsourcing. Auch im so-genannten Application Service Provi-ding (ASP) wurden Lösungen entwi-ckelt, die auf industriellen Prinzipienberuhen. In den letzten Jahren habenzahlreiche Finanzdienstleister eigeneKreditfabriken oder Servicegesell-schaften gegründet, die sich auf be-stimmte Teile der Bearbeitungspro-zesse spezialisieren.

Führende Kreditfabrik

Die Schwäbisch Hall KreditserviceAG (SHK) – früher VR Kreditwerk AG– gehört zu den Pionieren des indus-triellen Kredit-Processing. Die SHKentstand im Jahr 2000 aus der Zusam-menführung der Processing-Kompe-tenzen der Bausparkasse SchwäbischHall AG und der DG Hyp. Heute istdie SHK die größte KreditfabrikDeutschlands. Das Unternehmen be-schäftigt einschließlich seiner Toch- Fortsetzung Seite B 2

VonUwe Fröhlich

Präsident des Bundes-verbandes der Deut-schen Volksbankenund Raiffeisenbanken(BVR)

VonEhrhard Steffen

Vorstandssprecher derSchwäbisch HallKreditservice AG

Kunden profitieren von ständigverbesserter Servicequalität

Dreiklang aus Qualität, Produktivität und Kostenbetrachtung im Blick

AUS DEM INHALTZentrale Aufsicht nicht zulastenregionaler BankenVon Uwe Fröhlich B 1

Krise bewältigt!Regulatorik gemeistert?Von Albrecht Merz B 5

Kunden profitieren von ständigverbesserter ServicequalitätVon Ehrhard Steffen B 1

dwpbank setzt Standardsim WertpapierserviceVon Dr. Markus Walch B 6

Kraft der genossenschaftlichenFinanzGruppe nutzenVon Dr. Georg Reutter B 2

Immer mehr Banken arbeitenmit der BAG zusammenVon Udo Wittler B 6

Wir müssen die Risikenneu bewertenVon Hans Joachim Reinke B 3

Liquidität steht mehrdenn je im FokusVon Karl-Heinz Moll B 7

Gemeinsam Visionenentwickeln und umsetzenVon Hans Pfeifer B 4

Werte als unverzichtbareFührungsaufgabeVon Axel Kehl B 7

Faire Partnerschaft mitzufriedenen Kunden lohnt sichVon Alexander Boldyreff B 4

Genossenschaftsbankenmüssen Mehrwert bietenVon Prof. Dr. Joachim Wuermeling B 8

Volks- und RaiffeisenbankenSonnabend, 15. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 179 B 1

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Der deutsche Immobilienmarkt isteiner der größten in Europa undaufgrund seiner Stabilität für natio-nale und internationale Investorenattraktiv. In Deutschland sind über50% aller Kredite mit Immobilien be-sichert. Fallende oder steigende Im-mobilienpreise haben Auswirkungenauf die Gesamtwirtschaft, und überentsprechende Kreditvergabemög-lichkeiten werden das Investitions-und Konsumverhalten spürbar beein-flusst. Die Finanzierung von Immo-bilien ist eine zentrale volkswirt-schaftliche Aufgabe und ein wichti-ges Kerngeschäftsfeld für Banken,das eine langfristige Kundenbezie-hung schafft.

Geschäftsfeld mit Potenzial

Im vergangenen Jahr ist das Trans-aktionsvolumen gewerblicher Im-mobilien gestiegen und hat sichtrotz nachlassender konjunkturellerDynamik in der ersten Jahreshälfte2012 auf gutem Niveau konsolidiert.Mit 9,4 Mrd. Euro (Quelle: JonesLang LaSalle) lag das Transaktions-volumen um rund 16 % unter demVorjahresergebnis. Grund dafür sindder Mangel an stark nachgefragtenCore-Objekten sowie im Vergleichzum Vorjahr ein Rückgang groß-volumiger Transaktionen. Gleich-wohl ist die Nachfrage nach Immo-bilien anhaltend stabil, sodass imzweiten Halbjahr von einem adä-quaten Investmentgeschehen auszu-gehen ist. Für das Gesamtjahr 2012dürfte sich das Transaktionsvo-lumen in etwa auf Vorjahresniveaubewegen. Die Finanzierung gewerb-licher Immobilien ist damit ein at-traktives Geschäftsfeld mit großemPotenzial.

Vor diesem Hintergrund hat dieDG Hyp das Neugeschäft in der ge-werblichen Immobilienfinanzierungim ersten Halbjahr 2012 erfolgreichausgebaut. Mit einem Volumen von

2,1 Mrd. Euro wurde das gute Ergeb-nis des Vorjahreszeitraums um rund15 % übertroffen. Damit hat die DGHyp ihre Position im deutschenMarkt als einer der Top-3-Anbieterfür gewerbliche Immobilienfinanzie-rungen weiter gefestigt. Auch in dergenossenschaftlichen FinanzGruppekonnten die Geschäftsaktivitäten imersten Halbjahr 2012 erfolgreich in-tensiviert werden. Nach einem über-durchschnittlichen Wachstum imVorjahreszeitraum hat die Bank das

Gemeinschaftskreditgeschäft mitden Volksbanken und Raiffeisenban-ken erneut um 16 % auf rund 730Mill. Euro gesteigert.

Arbeitsteiliges Vorgehen

In der genossenschaftlichen Fi-nanzGruppe ist die gute Entwick-lung der DG Hyp auf die erfolgreicheZusammenarbeit mit den Volksban-ken und Raiffeisenbanken zurückzu-führen, die auf einem arbeitsteiligenVorgehen basiert. Beide bringen ihrejeweiligen Stärken ein und setzendiese effizient zum Nutzen der Kun-den um. Das Geschäftsmodell derDG Hyp ist darauf ausgerichtet, dieVolksbanken und Raiffeisenbanken

bei Finanzierungen mit ihren eige-nen Kunden zu unterstützen, sieaber auch an gewerblichen Immobi-lienfinanzierungen des Spezialinsti-tuts zu beteiligen. Der damit verbun-dene Prozess des Gebens und Neh-mens erfolgt durch die Bildung vonKonsortien. Fragen der Arbeitstei-lung können im Konsortium partner-schaftlich und für den Kunden opti-mal geregelt werden.

Partnerschaftlich agieren

Die DG Hyp bietet den Volksban-ken und Raiffeisenbanken verschie-dene Produkte für eine partner-schaftliche Zusammenarbeit an.Kernprodukt ist der 2010 im Markteingeführte Immo Meta Reverse+.Hier kann jede Genossenschaftsbankeinzelne Konsortialanteile einer ab-geschlossenen Finanzierung der DGHyp übernehmen. Beleihungsob-jekte sind ausschließlich Bestandsim-mobilien. Auf diese Weise wird diegesamte Finanzierungskraft der ge-nossenschaftlichen FinanzGruppe ge-nutzt, um einzelne gewerbliche Im-mobilienfinanzierungen zu realisie-ren. Diese Form der Zusammenar-beit führt zu einer optimalen Alloka-tion von Ressourcen in der Finanz-Gruppe, da Liquidität und Kundenzu-gang zu beiderseitigem Nutzen ein-gesetzt werden.

Eine weitere Möglichkeit der Zu-sammenarbeit bietet der Immo MetaReverse, mit dem sich die Volksban-ken und Raiffeisenbanken schon inder Anbahnungsphase an ausgewähl-ten großvolumigen gewerblichen Im-mobilienfinanzierungen mit Kundender DG Hyp in ihrer Region beteili-gen können. Über die Höhe der stetsgleichrangigen Beteiligung entschei-den die Primärbanken selbst. Mitdem Immo Meta beteiligt sich dieDG Hyp gleichrangig an gewerbli-chen Finanzierungen der Volksban-ken und Raiffeisenbanken mit mittel-ständischen Immobilienkunden in ih-

rer Region. Die Konsortialführer-schaft verbleibt bei der Genossen-schaftsbank. Dieses Produkt eignetsich für Primärbanken mit regiona-lem Potenzial in der gewerblichenImmobilienfinanzierung.

Gemeinsam profitieren

Die Volksbanken und Raiffeisen-banken profitieren von der Zusam-menarbeit mit der DG Hyp, da sie

ihre Marktposition stärken und dieKundenakzeptanz durch die Ab-schlussmöglichkeit höherer Finan-zierungsvolumina erhöhen können.Die Genossenschaftsbanken profi-tieren vom Know-how-Transfer, in-dem ihre lokalen Markt- und Kunden-kenntnisse durch die Expertise derDG Hyp ergänzt werden. DieZusammenarbeit ist unter Risiko-management-Gesichtspunkten vor-teilhaft, da sich den Banken vor Ortdie Möglichkeit bietet, ihre Kre-ditportfolien nach Branchen oderKundengruppen zu diversifizieren.Zudem können sie ihre Liquidi-tätsgrundsätze und die Höchstkre-

ditgrenze in Bezug auf das Bestands-geschäft sowie die Zinsbindungs-bilanz entlasten.

Aber auch die DG Hyp profitiertvon der Zusammenarbeit. Sie ist flä-chendeckend in Deutschland alsAnbieter der gewerblichen Immobi-lienfinanzierung vertreten und kanndas regionale Know-how der Volks-banken und Raiffeisenbanken nut-zen. Diese haben eine hohe Markt-kenntnis in ihrem Geschäftsgebiet,

wissen um die Akteureund deren Bonität underfahren frühzeitig vongeplanten Finanzierun-gen. Als Allfinanzanbie-ter ergänzen sie das Fi-nanzdienstleistungsan-gebot für den Kundenum die Produkte, diedas Spezialinstitut nichtanbieten kann.

In Zeiten der Finanz-markt- und Staatsschul-denkrise hat die Refinan-zierungskraft eines Kre-ditinstituts einen hohen

Stellenwert. Als Pfandbriefbankkann sich die DG Hyp über die Emis-sion von Pfandbriefen refinanzieren.Hierbei ist der Pfandbrief ein krisensi-cheres und kostengünstiges Instru-ment. Da dieser jedoch nur einen Teilder Finanzierung sicherstellen kann,ist die Refinanzierung des nichtdurch Pfandbriefe gedeckten Teilsein zusätzlicher Engpassfaktor. Überden Kapitalmarkt ist diese Refinanzie-rung aufgrund der hohen Volatilitätder Märkte besonders herausfor-dernd. Damit ist der Zugang zu Kun-deneinlagen ein wesentlicher Markt-faktor geworden, da diese in unsiche-ren Kapitalmarktphasen trotz zu be-

rücksichtigender Zinsänderungsrisi-ken vergleichsweise stabil sind.

Aufgrund des großen Kundenver-trauens verfügen die Volksbankenund Raiffeisenbanken einerseits übereinen guten Zugang zu diesen Mit-teln. Sie stehen andererseits vor derHerausforderung, die ihnen anver-trauten Einlagen sicher und ertrag-reich anzulegen. Aus dem sich da-raus ergebenden Zusammenspiel derInteressen kann eine große Stärkeder genossenschaftlichen Finanz-Gruppe resultieren. Die DG Hyp er-hält über die DZ Bank aus der FlächeZugang zu Kundeneinlagen, dieVolksbanken und Raiffeisenbankenhaben mit der DG Hyp einen breitenZugangskanal zu attraktiven, kunden-bezogenen Krediten. Die Zusammen-arbeit verläuft umso erfolgreicher, jemehr sie von partnerschaftlicher Ko-operation geprägt ist.

Auf einem guten Weg

In dem komplexen Geschäft mitgroßen Finanzierungsabschnittensind Professionalität, Kundennäheund Refinanzierungskraft zentraleErfolgsfaktoren. In der genossen-schaftlichen FinanzGruppe werdendiese Stärken durch ein erfolgrei-ches Zusammenspiel der Partnereffizient umgesetzt. Dabei darf dieZusammenarbeit keine Einbahn-straße sein, sondern muss für beideSeiten von konkretem Nutzen sein.Die genossenschaftliche Finanz-Gruppe ist hier auf einem gutenWeg, die Stärke der Gemeinschaftim Sinne des Credos „gemeinsam fi-nanzieren – gemeinsam profitieren“zu einem erfolgreichen Marktauftrittzu vereinen.

Fortsetzung von Seite B 1

tergesellschaften knapp 2 250 Mitar-beiter, die rund 8 Millionen Verträgebetreuen. Das Service-Center inSchwäbisch Hall bewältigt 2,5 Millio-nen Anrufe pro Jahr, und das zurhöchsten Zufriedenheit der Kunden.

Durch die Automatisierung derProzesse und erhebliche Investitio-nen in die IT-Landschaft gelang es,die Abläufe zu beschleunigen undkostengünstiger zu gestalten. Da-durch sanken seit dem Jahr 2000zum Beispiel die Stückkosten bei derNeuanlage eines Bausparvertragesfür die Bausparkasse SchwäbischHall um 56 %. Und das nicht nurohne Abstriche bei der Qualität: DieVerkürzung der Durchlaufzeiten beider Antragsprüfung und -bearbei-tung sowie zusätzliche Qualitätsstei-gerungen in der Bearbeitung vonBauspar- und Kreditverträgen stel-len messbare Vorteile für Kundenund Vertriebspartner dar. Die Schwä-bisch-Hall-Kunden profitieren durchattraktive Konditionen, schnelleRückmeldungen und hohe Service-qualität. Die SHK sichert die Quali-tät unter anderem durch detaillierteService Level Agreements (SLA) undein passgenaues Kapazitätsmanage-ment.

Prozesse stets optimieren

Trotz vieler Fortschritte stehendie Banken vor der Aufgabe, ihreProzesse weiter zu optimieren. Laut„Branchenkompass 2011“ von SteriaMummert Consulting planen Kredit-institute, bis 2014 gut ein Viertel ih-rer Investitionen für die Industriali-sierung aufzuwenden. Die Studie be-stätigt den Banken eine positive Ent-wicklung bei der Umsetzungsreifevon Industrialisierungsmaßnahmen,sieht aber auch Nachholbedarf.Durch Arbeitsteilung, Standardisie-rung und Automatisierung sollen sig-nifikante Mehrwerte bei Qualitätund Schnelligkeit der Bankprozesserealisiert werden. Durch die Speziali-sierung der Mitarbeiter auf be-stimmte Prozessschritte ist ein effek-tiverer Personaleinsatz möglich. Fi-nanzdienstleister schaffen durch dasAufbrechen oder Umgestalten derWertschöpfungskette Freiräume fürihre Kernkompetenzen im Vertriebsowie bei der Neukundengewin-nung und Bestandskundenbetreu-ung.

Um die vorhandenen Einsparpo-tenziale bestmöglich zu realisieren,ist es notwendig, den Prozess alsGanzen im Blick zu haben. Diese ein-heitliche Perspektive vom Vertrieb

über das Kundengespräch bis hineinins Back Office müssen Finanzdienst-leister in der Praxis leben und für dieKunden erlebbar machen. Gleichzei-tig gilt es, dem stetig zunehmendenWettbewerb unter den Anbietern,dem wachsenden Umfang des Kredit-geschäfts sowie den regulatorischenAnforderungen an Finanzdienstleis-ter Rechnung zu tragen.

Als Antwort auf diese Rahmenbe-dingungen hat die SHK die Proces-sing-Initiative „MehrWert“ entwi-ckelt. Dieses Strategiebündel stelltdie Qualität der Ergebnisse in denstrategischen Fokus. Die SchwäbischHall Kreditservice AG will die Kun-den durch konsequente Service-Ex-zellenz immer wieder aufs Neueüberraschen. Ziel ist es, die Kun-denanforderungen zu übertreffenund im Unternehmen ein einheitli-

ches Service-Verständnis zu schaf-fen. Alle Abläufe werden „vom Kun-den zum Kunden“ betrachtet und da-bei zugleich hinsichtlich Menge,Zeit, Kapazität und Kosten bewertet.Die Service-Exzellenz wird regelmä-ßig gemessen und nach den Krite-rien Freundlichkeit, Verständlich-keit und Vollständigkeit der Aussa-gen bewertet.

Beispiele aus der Praxis

Wie sich professionelles Kredit-Processing auswirkt, zeigen fol-gende Beispiele: Im Standard-geschäft erhalten die Kunden heuteinnerhalb von zwei Tagen nachAntragstellung eine Kreditentschei-

dung. Die einzelnen Teilabläufewerden dabei weiter systematischanalysiert, bewertet und optimiert.Demnächst kann ein Kunde bei derEinreichung eines Standard-Kre-ditantrags noch im Beratungs-gespräch, das heißt innerhalb weni-ger Minuten, eine vorläufige Kredit-zusage erhalten. Auch die Erreich-barkeit für Kunden soll spürbar ge-steigert werden: Erreichen derzeitvon 100 Anrufern schon 90 denzuständigen Mitarbeiter sofort, solldie Quote bis zum Jahr 2015 auf96 % steigen.

Schwerpunkt Personalpolitik

Die Industrialisierung des Kredit-Processing stellt keinen Selbstzweckdar und kann nicht auf reine Gewinn-maximierung reduziert werden. Viel-mehr geht es um die Konzentrationauf Kernkompetenzen, die Erhö-hung des Nutzens für die Kundenund die Verbesserung von Serviceund Verbraucherschutz. Industriel-les Kredit-Processing muss auch ein-hergehen mit einer vorausschauen-den und professionellen Personalpo-litik in den Kreditfabriken. Die Mitar-beiter müssen qualifikations- und be-darfsgerecht eingesetzt werden. Nurleistungsorientierte und qualifizierteMitarbeiter, die gleichzeitig einehohe Kunden- und Serviceorientie-rung mitbringen und stets über aktu-elles Fachwissen verfügen, erfüllendie Anforderungen des professionel-len Kredit-Processing. Gleichzeitigerfordert Kredit-Processing die stän-dige Anpassung der personellen Res-sourcen an schwankende Auftragsvo-lumina. Variable Arbeitszeitregelun-gen sowie eine tagesaktuelle Perso-naleinsatzplanung sorgen dafür,dass die Kreditfabrik im Rhythmusder Produktion „atmet“.

Nach einer aktuellen Studie des in-ternationalen Beratungsunterneh-mens PricewaterhouseCoopers müs-sen die Kreditinstitute in den kom-menden Jahren mit einem erheblichsteigenden Volumen im Kreditbe-stand rechnen. Im Wettbewerb wirdentscheidend sein, wie effizient dieInstitute für diese Herausforderun-gen gewappnet sind. Die Genossen-schaftsbanken mit ihrer festen Veran-kerung in den Regionen und ihrenengen Bindungen zu den dort leben-den und arbeitenden Menschen kön-nen Kunden über eine ständig ver-besserte Service-Qualität gewinnenund halten. Die Schwäbisch Hall Kre-ditservice AG verfügt über das nö-tige Know-how und die erforderli-chen Kapazitäten, um ihre Partnerdabei zu unterstützen.

Ständig verbesserte Servicequalität

Kraft der genossenschaftlichen FinanzGruppe nutzenProfessionalität, Kundennähe und Refinanzierungsstärke sind zentrale Erfolgsfaktoren – Zusammenarbeit darf keine Einbahnstraße sein

VonGeorg Reutter

Vorstandssprecherder DG Hyp

„Als Pfandbriefbankkann sich die DG Hypüber die Emissionvon Pfandbriefenrefinanzieren. Hierbeiist der Pfandbrief einkrisensicheres undkostengünstigesInstrument.“

„Die Industrialisie-rung des Kredit-Pro-cessing stellt keinenSelbstzweck dar undkann nicht auf reineGewinnmaximierungreduziert werden.Vielmehr geht es umdie Konzentration aufKernkompetenzen,die Erhöhung des Nut-zens für die Kundenund die Verbesserungvon Service und Ver-braucherschutz.“

B 2 Börsen-Zeitung Nr. 179 Sonderbeilage Sonnabend, 15. September 2012

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Deutschland steuert auf ein Di-lemma zu. Die staatliche Rücküber-tragung der finanziellen Vorsorgeauf den Bürger in verschiedenen Le-bensbereichen stärkt den Zwang zurprivaten Vermögensbildung. Gleich-zeitig jedoch sinkt infolge der Finanz-krise die Bereitschaft der Deutschenzum Investmentsparen. Anleger undVermögensverwalter müssen umden-ken.

Die vergangenen vier Jahre habendie Einstellung der Deutschen zurGeldanlage nachhaltig beeinflusst.Aus der Finanz- und Verschuldungs-krise ist eine Vertrauenskrise der An-leger geworden. Die Folge: Das ohne-hin traditionell stark ausgeprägte Be-dürfnis nach Sicherheit hat weiterzugenommen und dominiert nun ein-deutig das Verhalten der Sparer. EinBlick auf die Marktforschung machtdies deutlich. Für 61 % der Bundes-bürger hat die Sicherheit bzw. der

Werterhalt der Geldanlage derzeithöchste Priorität. Lediglich 8 % set-zen auf Rendite bzw. auf den weite-ren Aufbau ihres Vermögens.

Bild hat sich gewandelt

Vor der Finanzkrise zeigte sich einanderes Bild. Im Jahre 2007 stand Si-cherheit für 55 % der Deutschen imVordergrund ihrer Anlageentschei-dung. Für 31 % hingegen spielte dasErzielen eines Gewinns die wich-tigste Rolle.

Anlagetechnisch befinden sich dieBundesbürger zunehmend in einerArt Schockstarre. Langfristige Invest-mententscheidungen werden ver-schoben. Stattdessen wird das Geldkurzfristig geparkt. Die Finanzwis-senschaft hat für dieses Verhalten ei-nen Begriff: Attentismus. Dieser be-schreibt eine Mentalität der Risiko-vermeidung durch Abwarten. Dabeiwerden Handlungsentscheidungenaufgeschoben in der Erwartung,dass sich die Situation klärt. Kurzfris-tig und als Ausdruck eines takti-schen Verhaltens betrachtet magdiese Einstellung durchaus einenNutzen stiften. Langfristig hingegenführt Attentismus jedoch zu erhebli-chen Problemen.

Und genau hier liegt der Hase imPfeffer. Denn gegenwärtig sprichtvieles dafür, dass der Rückzug von

den Investmentmärkten für diegroße Mehrheit nicht taktisch moti-viert, sondern angstgetrieben ist.Die Deutschen fürchten den Wertver-lust ihres Vermögens und flüchtenmassenhaft in als sicher betrachtete,aber niedrig verzinste Anlagefor-men. So war Ende 2011 die Rekord-summe von rund 1,9 Bill. Euro inSicht-, Termin- und Spareinlagen so-wie in Sparbriefen bei Banken undSparkassen angelegt. Das entspricht40,3 % des gesamten privaten Geld-vermögens in Deutschland.

Trügerische Sicherheit

Die Anleger wiegen sich mit die-sem Verhalten in einer trügerischenSicherheit. Zwar ist ihr Vermögenauf diese Weise im Großen und Gan-zen vor einem Totalverlust ge-schützt. Viele Anleger übersehen da-

bei allerdings den schleichendenWertverlust. Denn angesichts einerinsgesamt eher noch moderaten In-flationsrate von aktuell 1,7 % inDeutschland und einer angenomme-nen, durchschnittlichen Marktverzin-sung von Spareinlagen in Höhe vonca. 0,7 % verliert das eingesetzte Ka-pital real rund 1 % pro Jahr. Bezo-gen auf die 1,9 Bill. Euro, welchedeutsche Sparer gegenwärtig inSpareinlagen halten, sind dies jähr-lich immerhin 19 Mrd. Euro. Derdringend benötigte Aufbau privaterVermögen lässt sich so nicht bewerk-stelligen.

Zinsloses Risiko

Um aus diesem Dilemma heraus-zukommen, bedarf es zunächst einerzentralen Erkenntnis. Nämlich der,dass sich die Risiko-Rendite-Situa-tion an den Kapitalmärkten seit demUntergang der Lehman Brothers fun-

damental verändert hat.Der risikolose Zins, imSinne eines sicheren In-vestments gepaart mitsoliden Zinserträgen, ge-hört der Vergangenheitan. Dies gilt für Sparpro-dukte genauso wie fürStaatsanleihen. Dieeinstmals sicheren Hä-fen haben sich infolgeder Finanz- und Ver-schuldungskrise zu ris-kanten Liegeplätzen ent-wickelt, die kaum nochgenug Rendite abwer-

fen, um das Boot der Kapitalanlagelangfristig über Wasser zu halten.Selbst die Bundesanleihe als viel-leicht letzter sicherer Hafen wirftkeine Erträge mehr ab. Aus dem risi-kolosen Zins ist ein zinsloses Risikogeworden.

Dieser Tatsache müssen Anlegerins Auge sehen und dabei erkennen,dass es sich bei den Veränderungennicht um kurzfristige Turbulenzen,sondern um strukturelle und daherlangfristig wirkende Umbrüche inder Investmentlandschaft handelt.Die Folge dieser Verwerfungen istevident: Die für den Vermögensauf-bau der Deutschen erforderlichen Er-träge lassen sich ohne dieInkaufnahme von Risiken an denMärkten künftig nicht mehr erzie-len. Diese unbequeme Wahrheit zuverinnerlichen und in der persönli-chen Geldanlage angemessen zu be-rücksichtigen, stellt die vielleichtgrößte Herausforderung für die pri-vaten Anleger in den kommendenJahren dar.

Breit diversifizieren

Die Bewältigung dieser Aufgabeerfordert ein Auseinandersetzen mitder Vermögensallokation und demPrinzip der Diversifikation. Ange-sichts der Notwendigkeit, ins Risikozu gehen, müssen sich die Anleger

die Frage beantworten, ob ihreGeldvermögen ausreichend breitgestreut in verschiedene Anlage-produkte, Anlageklassen und Seg-mente investiert sind. Zwar ist auchdie Diversifikation im Zuge der Fi-nanzkrise an ihre Grenzen gestoßen.Dennoch hat dieses fundamentalePrinzip des Risikomanagementsweiterhin grundsätzlich Bestand. ImKern bedeutet Diversifikation dieReduzierung von Marktrisikendurch die Aufteilung der Geldanlageauf eine Vielzahl verschiedener An-lageklassen. Im Gegensatz zu institu-tionellen Investoren sind private An-leger hierbei insofern im Vorteil, alssie weder auf regulatorische Restrik-tionen noch auf kurzfristige Bilanzie-rungsanforderungen Rücksicht neh-men müssen. Sie können also grund-sätzlich langfristig in ein breites undvielfältiges Spektrum an Investment-

möglichkeiten investieren. Als Hin-dernis erweist sich jedoch, dass Pri-vatanleger in der Regel weder überdie komplexen Marktkenntnissenoch über den erforderlichen Kapi-taleinsatz verfügen, um ein diversifi-ziertes Portfolio in Eigenregie umset-zen zu können. Diese Hürde kannmit Hilfe von Investmentfonds aller-dings genommen werden. Sie bün-deln das Geld vieler Anleger, um esentsprechend den Anlagerichtlinienbreit gestreut in unterschiedlicheVermögenswerte professionell anzu-legen. Je nach persönlicher Risiko-neigung können Anleger dabei zwi-

schen defensiven Produkten wie Ren-ten- oder Geldmarktfonds oder offen-siveren Produkten wie Aktienfondswählen. Multi-Asset-Fonds bieten zu-dem die Möglichkeit, Fondspro-dukte mit unterschiedlichen Risiko-profilen zu mischen.

Damit steht Privatanlegern ein ge-eignetes und erprobtes Investment-vehikel zur Verfügung, um risiko-kontrolliert Ertragschancen an denMärkten wahrnehmen zu können.Dass dieses Vehikel nicht nur inSchönwetterphasen, sondern auchin turbulenten Zeiten funktioniert,zeigt ein Blick in die Statistik des

Bundesverbands Investment undAsset Management (BVI). Alle dorterfassten Fondsgruppen konnten inden vergangenen drei Jahren einezumeist deutliche Wertsteigerung er-reichen, sodass die bei Ausbruch derFinanzkrise temporär entstandenenVerluste inzwischen in der Regel wie-der ausgeglichen wurden.

Gleichwohl bleibt die Fondsbran-che aufgerufen, ihre Kompetenznoch zielgenauer auf die Bedürf-nisse ihrer Kunden auszurichten.Dafür reicht es nicht, ständig neueFonds auf den Markt zu bringen.Vielmehr ist es wichtig, den aktuel-

len Wunsch nach Sicherheit so weitwie möglich in lösungsorientiertenAnlagelösungen abzubilden, die denAnleger beim langfristigen und risi-kokontrollierten Investmentsparenunterstützen. Die bloße Forderungnach stärkerer Risikoannahme desAnlegers wäre unredlich, wenn dieFondsbranche es ihrerseits unter-lassen würde, den Sparer auf diesemWeg durch geeignete Angebote zuunterstützen. Viel wird daher davonabhängen, inwieweit es der Branchegelingt, den Investmentsparern lang-fristig verlässliche Lösungen für ih-ren Anlagebedarf bereitzustellen.

VonHans Joachim Reinke

Vorstandsvorsitzendervon Union Investment

Wir müssen die Risiken neu bewertenDauerhafter Attentismus führt zu Problemen – Der risikolose Zins hat ausgedient – Lösungsorientiertes Fondsangebot unterstützt Privatanleger

Sonnabend, 15. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 179 B 3

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Die Kunden der Genossenschaftsban-ken haben es gut. Sie profitieren inganz Deutschland seit weit mehr alseinem Jahrhundert von einer Ge-meinschaft, die nicht nur eine Werte-gemeinschaft ist. Sie ist ein Solidar-system, das – von den Genossen-schaften vor Ort über die Verbändein den Regionen und im Bund bis hi-nein in die Unternehmen der Ver-bundgruppe – ein festes Netz gespon-nen hat, das Sicherheit, Stabilitätund Verlässlichkeit garantiert. Diegenossenschaftliche Institutssiche-rung der Banken hat dabei Vorbild-charakter. Sie gilt es zu wahren.Denn sie hat dafür gesorgt, dass diedeutschen Genossenschaftsbankenohne staatliche Hilfen durch alle Kri-sen gekommen sind.

Das Sicherungssystem funktio-niert so gut, weil es ein System der

gegenseitigen sozialen Kontrolle dar-stellt. Genossenschaftsbanker ken-nen sich untereinander. Es ist ein ge-schlossener Haftungsverbund – denes im Übrigen nicht mehr gebenwird, wenn man diesen und andereSicherungseinrichtungen europäi-siert. Dann wird eine funktionie-rende, von Genossenschaften seit sovielen Jahren gelebte Solidargemein-schaft zu einer anonymen Versiche-rung mit Selbstbedienungscharak-ter. Dafür kann kein Topf der Weltvoll genug sein.

Die Visionen der Euro-Politiker,dass Banken künftig auch über Lan-desgrenzen hinweg für die Kunden-einlagen anderer Geldinstitute ga-rantieren, sind daher nichts wert.Sie sind nur das, was eine großedeutsche Zeitung einen „Angriff aufdeutsche Sparer“ genannt hat.

Es knirscht in Euroland

Keine Frage: Es knackt undknirscht in Euroland. Gelingt Europaein Entschuldungsschnitt? Ist die Dis-kussion um Euro-Bonds – wie es Bun-deskanzlerin Angela Merkel Mittedes Jahres mit ihrer Bemerkung sug-gerierte – wirklich eine Frage von Le-ben oder Tod? Ist eine Bankenunionfür Europa die beste Lösung? Dassind nur wenige Fragen, die derzeitnach einem ganz eigenen Rettungs-schirm rufen: nach stichhaltigen Ant-worten.

Stimmungen bündeln

Bei der Suche nach Antworten aufsolch komplexe Fragen kommt esauf jeden Einzelnen an. Das wargestern so. Und das gilt heute umsomehr. Stimmen und Stimmungen zu

bündeln, das ist seit jeher eine derzentralen Aufgaben gerade der – umim Bild des sichernden Netzes zubleiben – Knotenpunkte im genos-senschaftlichen Flechtwerk: derRegionalverbände. Und es war viel-fach auch der Antrieb zur Gründunggenossenschaftlicher Regionalver-

bände in Deutschland. So auch desRheinisch-Westfälischen Genossen-schaftsverbandes (RWGV), dessenWurzeln weit, bis ins Jahr 1862,zurückreichen. Die Geschichte desRWGV ist eine Geschichte vonMenschen mit Visionen und Taten-drang.

Zusammen stärker sein

Stimmen und Stimmungen bün-deln – um genau dies zu erreichen,legte im Jahr 1861 der Vorstand desHandwerker-Unterstützungs-Ver-eins aus Geilenkirchen mehr als70 Kilometer zurück. Sein Ziel: daserste Treffen der Genossenschaftenin Rheinland und Westfalen. Einweiter und beschwerlicher Weg,denn er musste den Großteil mit derKutsche bewältigen. Aus unserer

heutigen Sicht lohnten sich dieBemühungen allemal, denn aus demTreffen in Duisburg ging der Ver-band der Vorschuss- und Kreditver-eine in Rheinland-Westfalen hervor.Seine Mitglieder sind heute imRheinisch-Westfälischen Genossen-schaftsverband organisiert. In Duis-

burg, einer Stadt, dieerst am Anfang ihresAufstiegs zu einer Indus-trie- und Handelsstadtstand, wollten sich dieGenossenschaften derRegion zusammenschlie-ßen. Doch ein gemeinsa-mes Treffen zu organi-sieren war – wie dieWege zueinander – müh-sam, und so fanden sichin Duisburg nur vierGenossenschaften ein.Trotz der geringen Betei-ligung machte sich das

Quartett daran, die Gründung einesVerbandes in die Wege zu leiten.

Sie setzten für den Frühling 1862eine erneute Versammlung an undlegten als Gründungszweck fest:„Der Provinzialverband hat drei Zwe-cke zu verfolgen, nämlich wechsel-seitige Geschäftsverbindung, gegen-seitiger Austausch von Erfahrungenauf dem Gebiete des genossenschaft-lichen Lebens und Verbindung mitden übrigen Vereinen unseres deut-schen Vaterlandes.“ Die Gründungdes Verbandes der Vorschuss- undKreditvereine in Rheinland-Westfa-len stand von Beginn an unter derSchirmherrschaft des berühmten Ge-nossenschaftspioniers HermannSchulze-Delitzsch.

Schon bald nachdem er seine ers-ten Genossenschaften aus der Taufegehoben hatte, setzte sich Schulze-

Delitzsch für ein Verbandswesen einund förderte so das Entstehen einergenossenschaftlichen Organisa-tion.1867 äußerte er sich erfreutüber die bis dahin entstandenen Lan-des- und Provinzialverbände: „End-lich aber gab es auch wichtige gegen-seitige Geschäftsbeziehungen, wel-che fruchtbar nur bei Vereinen ge-pflegt werden können, welche nichtzu entfernt voneinander gelegen,sich gegenseitig besser kontrollierenkönnen, und möglichst auch einergleichen Gesetzgebung unterworfensind.“

Verbandsidee macht Schule

Der Verband der Vorschuss- undKreditvereine in Rheinland-Westfa-len entwickelte sich in den Jahrennach seiner Gründung schnell. Inden Mitteilungen zum achten Allge-meinen Vereinstag in Kassel 1866wurden zwölf rheinische und zehnwestfälisch-lippische Genossenschaf-ten zum Verband gezählt. Diese Zahlführte er auch noch im Jahr 1866 beiseinem vierten Verbandstag, vondem überliefert ist, dass HermannSchulze-Delitzsch persönlich anwe-send war. Der Wunsch nach Aus-tausch unter den Genossenschaftenwar groß. Sich mit anderen Gleichge-sinnten zusammenzutun, Erfahrungund Wissen zu teilen, lag nahe.

Der Rheinisch-Westfälische Genos-senschaftsverband in seiner geografi-schen Ausdehnung hat sich im Ver-gleich zu seinen Ursprüngen ent-schieden weiterentwickelt: Sein Ge-biet umfasst heute ganz Nordrhein-Westfalen und den Norden vonRheinland-Pfalz. Er ist damit die In-teressenvertretung von aktuell fast700 genossenschaftlichen Unterneh-

men in Rheinland und Westfalen,die Stimme von mehr als 2,8 Millio-nen Mitgliedern von Kreditgenossen-schaften, landwirtschaftlichen Wa-rengenossenschaften und gewerbli-chen Genossenschaften. „Was brau-chen unsere Mitglieder?“ – diese

Frage steht an erster Stelle bei der Ar-beit des RWGV, der seine Mitglieds-genossenschaften in Westfalen undim Rheinland betreut, berät, prüftund ihre Interessen gegenüber derPolitik in Düsseldorf und Mainz so- Fortsetzung Seite B 5

Im Rheinisch-Westfälischen Ge-nossenschaftsverband (RWGV)haben sich 669 Unternehmenzusammengeschlossen, dierund 2,8 Millionen Mitgliederngehören (Stand: 31.12.2011).Hierzu zählen 196 Kreditgenos-senschaften mit einer Bilanz-summe von 175 Mrd. Euro, 171landwirtschaftliche Warenge-nossenschaften mit einem Um-satz von mehr als 23 Mrd. Eurosowie 302 gewerbliche Dienst-leistungs- und Handelsgenos-senschaften mit einem Umsatzvon mehr als 8 Mrd. Euro. Da-mit ist die Genossenschafts-gruppe die mitgliederstärksteWirtschaftsorganisation in derRegion. Der RWGV steht als Prü-fungs-, Beratungs- und Betreu-ungsverband im Dienste seinerMitgliedsgenossenschaftenund vertritt ihre Interessen.

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Der Konsumentenkredit hat die Wirt-schaftsgeschichte der Bundesrepu-blik Deutschland seit ihren Anfän-gen nachhaltig geprägt. Die Kredit-art unterstützte das „Wirtschafts-wunder“ der Nachkriegsjahre, schaff-te neue Märkte und ermöglichte dieTeilhabe der breiten Bevölkerungam wirtschaftlichen Aufschwung. Sovertrat schon Ludwig Erhard die Auf-fassung, dass die Soziale Marktwirt-schaft ihrem Wesen nach eine Ver-braucherwirtschaft sei und durcheine „gesunde Teilzahlungswirt-schaft“ gefördert werden müsse.Eine wesentliche volkswirtschaftli-che Erkenntnis ist auch, dass sichKonsumentenkreditentwicklungund Wirtschaftswachstum immerprozyklisch entwickeln. So wächst inAufschwungphasen das Volumender Konsumentenkredite, währendes in wirtschaftlichen Schwächepha-sen stagniert oder rückläufig ist.

Heute gibt es eine Vielzahl anKonsumentenkreditformen, die überebenso vielfältige Wege angebotenwerden. Dabei ist ein Trend klarerkennbar: Zusätzlich zu den etab-

lierten Vertriebswegen werden sichOnline- und mobile Kanäle zu nach-gefragten und damit wachstums-starken Absatzkanälen entwickeln.Gleichzeitig wird das stationäreAngebot in Bankfilialen und amPoint of Sale (POS) erhalten blei-ben. Der Auftrag an Banken wirddemnach sein, sämtliche Wege zumKunden miteinander zu vernetzenund sie dialogisch, transparent unddamit verbraucherorientiert zu ge-stalten.

Qual der Wahl

Wettbewerbsvorteile eines Unter-nehmens basieren bekanntlich auf ei-ner Überlegenheit von Leistungen.Ein dauerhafter, strategischer Wett-bewerbsvorteil zeichnet sich durcheine dauerhafte und wahrnehmbareÜberlegenheit in einem für den Kun-den relevanten Leistungsmerkmalaus. Deshalb hat bei easyCredit eineffektives Kundennutzen-Manage-ment höchste Priorität. Der Blick aufdie Nachfrageseite verdeutlicht,dass Kreditbedarf oftmals durch eineVeränderung der Lebenssituation

entsteht. Ein beruflich bedingterOrtswechsel ist hierfür ein gutes Bei-spiel. Da tauchen plötzlich Fragenauf: Wie hoch sollte der Kredit sein?Zu welchen Bedingungen kann ichdiesen Kredit wo erwerben? Undwie erkenne ich das für mich pas-sende Angebot? Der Kreditnehmerhat die Qual der Wahl. Er sucht Ori-entierung.

Dabei zeigt die positive Markt-anteilsentwicklung der genossen-schaftlichen FinanzGruppe Volks-banken Raiffeisenbanken, die in denvergangenen Jahren stattgefundenhat, dass Werte wie Partnerschaft-lichkeit, Verantwortung und Fair-ness das Herzstück einer optimalenBeratungsleistung darstellen. Unddiese wird zunehmend nachgefragt.Genossenschaftsbanken stehen fürKundenorientierung und leben dasPrinzip der Hilfe zur Selbsthilfe,gerade dann, wenn das partner-schaftliche Miteinander Kunde –Bank gefragt ist. Nachhaltige, fle-xible Kreditprodukte schaffenSicherheit und Kundennutzen, auchüber den Tag des Vertragsabschlus-ses hinaus.

Rund ein Drittel aller Haushaltenutzen einen Ratenkredit, den sieentweder in einer Bankfiliale, imInternet, mit Kreditkarte oder amPOS abgeschlossen haben. ImWettbewerb mit Kreditkarten, Ab-ruf- und Dispositionskrediten zähltder Ratenkredit laut BBW-Branchen-report mit 42 % nach wie vor zurbeliebtesten Kreditart. Es folgt dieKreditkarte mit 28 %. Den drittenPlatz mit 23 % nimmt der Dispositi-onskredit ein, auf dem letzten Platzsteht der Abrufkredit (Rahmenkre-dit) mit 7 %. Überdies hat der di-rekte Ratenkredit, den der Kredit-nehmer ohne Zwischenschaltungvon Händlern bei der Bank auf-nimmt, gegenüber dem vermitteltenRatenkredit an Bedeutung gewon-nen. Von dieser Entwicklung profitie-ren vor allem Regionalbanken undKreditgenossenschaften. Ein weite-rer Beleg dafür, dass Kundenorientie-rung, Nähe und Beratungsqualitätgefragt sind.

Gegenläufige Entwicklungen

Interessant ist in diesem Zusam-menhang auch, dass sich gerade injüngerer Zeit die Entwicklung beijungen und älteren Konsumentengegenläufig verhält. Während dieZahl der Kredite bei Konsumentenbis 49 Jahre zurückgeht, legt sie lautSchufa Kredit-Kompass bei den über50-Jährigen zu. Gleichzeitig steigenmit zunehmendem Alter die Kre-dithöhen. So nehmen 30- bis 34-Jäh-rige Ratenkredite mit einer durch-schnittlichen Höhe von etwa 7 000Euro auf. In der Gruppe der über60-Jährigen ist ein leicht überdurch-schnittlicher Anstieg der Voluminaneuer Ratenkredite feststellbar, wo-bei die höchste durchschnittlicheKredithöhe mit 9 079 Euro in derAltersklasse der 55- bis 59-Jährigenzu verzeichnen ist.

Das Durchschnittsvolumen neuerRatenkredite im Jahr 2011 vergrö-

ßerte sich im Vergleichzu 2010 um 8,6 % von7 099 Euro auf 7 712Euro. Ältere Kreditkun-den üben demnach ei-nen nicht zu unterschät-zenden Einfluss auf dieStruktur der Kredit-nachfrage aus. Der de-mografische Wandelkann diesen Trend nochverstärken.

Demografie trifft Ubi-quität: Mobiles Leben,sich verändernde Struk-

turen, beruflich wie privat – der Be-darf für eine schnelle, valide undtransparente Kreditentscheidungsteigt. Zugleich gilt es, im Sinne desVerbraucher- und damit des Kunden-schutzes unüberlegte und riskanteVerschuldung zu vermeiden. Effi-ziente Prozesse, eine differenzierteRisikobetrachtung sowie eine fun-dierte und faire Liquiditätsberatungkönnen diesen Anspruch verwirkli-chen, sie bieten die ideale Voraus-setzung, um ein individuelles, ver-

antwortungsvolles und damit opti-males Kreditangebot für den Kun-den zu erstellen.

Mehr noch: Bei einer kundenfo-kussierten Liquiditätsberatung wer-den der Kreditkunde und seine ge-samte persönliche Situation von Be-ginn an miteinbezogen. Idealer-weise wird die individuelle Bera-tungsleistung in jeder Nachfragesi-tuation als computergestützter, stan-dardisierter Prozess qualitätsgesi-chert und schützt so vor Liquiditäts-engpässen und damit vor Überschul-dung.

Laut Schufa Kredit-Kompass wer-den von allen Altersgruppen – alsovon 18 bis 60+ Jahren – Raten-kredite insbesondere zur Finanzie-

rung eines Pkw verwendet. Der Ra-tenkredit steht aber auch bei derAnschaffung von Möbeln, Haushalts-geräten, Küchen und Unterhaltungs-elektronik hoch im Kurs. Nach An-sicht der GfK wird in den nächstenJahren die Kreditnachfrage vor al-lem für wohnwirtschaftliche Maß-nahmen stärker zunehmen. Hierzugehören energetische Sanierungen,Renovierungen des Eigenheims so-wie erforderliche Umbaumaßnah-men für altersgerechtes Wohnen. Da-mit steht eines fest: Ratenkreditewerden mehr und mehr der Finanzie-rung werthaltiger, notwendiger An-schaffungen dienen. Darauf gilt es inder Produktausstattung Rücksichtzu nehmen.

Qualitätsstrategie kommt an

Der Marktanteil der genossen-schaftlichen FinanzGruppe Volks-banken Raiffeisenbanken im Marktfür Ratenkredite ist in den vergan-genen Jahren stetig gestiegen undliegt aktuell bei rund 18 %. DieseEntwicklung bestätigt die Wettbe-werbsstärke der genossenschaftli-chen Qualitätsstrategie. Denn: Diezunehmende Sensibilität der Ver-braucher im Hinblick auf Qualität,Seriosität und Fairness in der Bera-tungsleistung, verbunden mit demWunsch nach größtmöglicher Fle-xibilität, deckt sich mit dem Ange-botsportfolio der genossenschaftli-chen FinanzGruppe VolksbankenRaiffeisenbanken, wobei schon jetztabsehbar ist, dass das Internet alsVertriebsweg für Ratenkredite wei-ter an Bedeutung hinzugewinnenwird. Auch der Kreditkarte als Zah-lungsart und beim Absatz von Raten-krediten wird ein hohes Potenzialeingeräumt. Die Herausforderungfür die Bankhäuser wird dabei sein,alle Vertriebskanäle zu vernetzen,um die Beratungsqualität sowohl on-line als auch offline sicherzustellenund dem Kunden optimalen Servicezu bieten.

Der Ratenkreditmarkt in Deutsch-land gilt im Wesentlichen als gesät-tigt, Marktanteilsgewinne ergebensich durch Umverteilung. Die Chan-cen für einen Ausbau der Wettbe-werbsposition der genossenschaftli-chen FinanzGruppe stehen auch inZukunft außerordentlich gut. Dennwas uns gemeinsam antreibt, ist dasStreben nach einer langfristigen, fai-ren Partnerschaft mit zufriedenenKunden und das daraus resultie-rende unternehmerische Motto „mitWerten weiter wachsen“.

Mitgliederstark

VonAlexander Boldyreff

Vorstandsvorsitzenderder TeamBank AG

„Genossenschaftsban-ken stehen für Kun-denorientierung undleben das Prinzip derHilfe zur Selbsthilfe,gerade dann, wenndas partnerschaftli-che MiteinanderKunde – Bank gefragtist.“

Faire Partnerschaft mit zufriedenen Kunden lohnt sichMit Werten weiter wachsen – Genossenschaftliche FinanzGruppe hat gute Chancen für Marktanteilsgewinne am Ratenkreditmarkt

VonHans Pfeifer

Vorstandsvorsitzenderdes Rheinisch-West-fälischen Genossen-schaftsverbandes e. V.,Münster

Gemeinsam Visionen entwickeln und umsetzen150 Jahre Verbändetradition in Rheinland und Westfalen – Eine Geschichte von Menschen mit Vorstellungskraft und Tatendrang

B 4 Börsen-Zeitung Nr. 179 Sonderbeilage Sonnabend, 15. September 2012

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Die G 20-Staaten haben Schlussfolge-rungen aus der Finanzkrise gezogen:Die im Dezember 2010 vom BaselerAusschuss für Bankenaufsicht verab-schiedeten neuen Eigenkapitalre-geln für Banken („Basel III“) sind be-schlossen. Ziel von Basel III ist, mit-tels einer qualitativen und quantitati-ven Stärkung der Kapitalbasis derInstitute den Finanzsektor zu stabili-sieren. Die Steuerzahler sollen somitvor weiteren Belastungen durch er-neute Rettungsmaßnahmen für Ban-ken geschützt werden. Abweichendvon der bisherigen Umsetzungspra-xis sollen die wesentlichen Inhaltevon Basel III nicht in Form einerRichtlinie, sondern als EU-Verord-nung (Capital Requirements Regula-tion, CRR) umgesetzt und daher mitInkrafttreten für alle EU-Mitglied-staaten unmittelbar rechtsbindendwerden.

Dieses sogenannte „Single RuleBook“ soll ein einheitliches Aufsichts-recht im europäischen Binnenmarktgewährleisten. In einigen eng gefass-ten Feldern gestattet die Verord-nung jedoch weiterhin der nationa-len Aufsicht die Ausübung von Wahl-rechten. Genau dieser Aspekt ist fürdie genossenschaftliche Finanz-Gruppe zentral. Für die kreditgenos-senschaftliche Organisation hängt esin hohem Maße davon ab, dass ihrtragfähiges auf Verbundstrukturenaufgebautes Geschäftsmodell imSinne ihrer hohen realwirtschaftli-chen Bedeutung als Ganzes eine re-gulatorische Anerkennung findet.

Als robust erwiesen

Das regional verankerte, mitglie-derbezogene und nachhaltige Ge-schäftsmodell der genossenschaftli-chen FinanzGruppe hat sich auch inder Finanzkrise als robust erwiesen.Trotz Krise und zunehmender Regu-lierung ist die FinanzGruppe bei denKundeneinlagen und Krediten ge-wachsen. Entgegen der viel diskutier-ten Kreditklemme werden die Genos-senschaftsbanken ihrer Rolle bei derKreditversorgung der regionalenWirtschaft auch in diesem Umfeld ge-recht.

Genossenschaften haben als Zieldie wirtschaftliche Förderung ihrerMitglieder aus eigener Kraft. Im Vor-dergrund steht der genossenschaftli-che Förderzweck und nicht die Erzie-lung einer möglichst hohen Rendite.Um dieses Ziel zu erreichen, hat sichdie genossenschaftliche Finanz-Gruppe in einem hohen Maß arbeits-teilig organisiert. Die Arbeitsteilungbasiert auf einem umfassenden Netz-werk von klar abgegrenzten, gesell-

schafts- und aufsichtsrechtlichen Ver-antwortlichkeiten. Dabei unterstüt-zen die beiden ZentralbankenDZ Bank und WGZ Bank zusammenmit ihren Tochtergesellschaften diegeschäftlichen Aktivitäten der örtli-chen Genossenschaftsbanken. Dieenge Zusammenarbeit der Mitglie-der wird gemäß den Prinzipien derHilfe zur Selbsthilfe und Eigenver-antwortung von der Basis bis in die

entsprechenden Beteiligungsbezie-hungen hinein flankiert:� Die genossenschaftlichen Teilha-

ber halten ihre Mitgliedschaftenund Geschäftsanteile an den Ge-nossenschaftsbanken der Primär-ebene,

� die Primärebene hält Beteiligun-gen an den Zentralbanken sowiein geringem Umfang an den grup-peneigenen spezialisierten Anbie-tern,

� die Beteiligungen an den großenUnternehmen der FinanzGruppewerden im Wesentlichen über dieZentralbanken gehalten und

� nahezu alle Kapitalanteile werdeninnerhalb der FinanzGruppe ge-halten.Diese besondere Gruppenstruktur

wird ergänzt um eine präventiv wir-kende Institutssicherung, deren Qua-lität nicht zuletzt auch durch die auf-sichtsrechtliche Anerkennung bestä-tigt worden ist. Die Institutssiche-rung hat in der Vergangenheit dazugeführt, dass jegliche Probleme ein-zelner Institute sektorintern ohneBeteiligung Dritter oder gar durchstaatliche Hilfe gelöst werden konn-ten.

Viele Kunden auch Teilhaber

Das Alleinstellungsmerkmal derGenossenschaftsbanken ist ihr tradi-tioneller Förderauftrag gegenüber ih-ren rund 17 Millionen Mitgliedern.Über die Hälfte ihrer rund 30 Millio-nen Kunden sind gleichzeitig Teilha-ber ihrer Bank. Als Miteigentümersind sie Kapitalgeber und Gewinnbe-teiligte – inklusive aller mit dem Ei-

gentum einhergehenden Rechte undPflichten, insbesondere der Mitbe-stimmungsrechte. Das sogenannteIdentitätsprinzip unterscheidet eineGenossenschaft von allen anderenFormen der kooperativen Zusam-menarbeit.

Neben der Kraft zur Thesaurie-rung von Gewinnen sind die Mitglie-der die einzige reale Basis für die Ge-nerierung von hartem Kernkapital in

der genossenschaftli-chen FinanzGruppe.Aus Sicht des einzelnenMitglieds ist es grund-sätzlich unerheblich, wodas zur Verfügung ge-stellte Eigenkapital in-nerhalb der Organisa-tion allokiert ist – ob essich bei der örtlichen Ge-nossenschaftsbank, demGruppenunternehmenoder der Zentralbank be-findet. Letzten Endes ge-hört das gesamte Vermö-gen der genossenschaft-

lichen FinanzGruppe immer den Mit-gliedern. Es zählt die FinanzGruppeals Ganzes aus folgenden Gründen:� Der genossenschaftliche Förder-

auftrag zur umfassenden Bereit-stellung aller moderner Finanz-produkte und -dienstleistungenkann nur in kooperativer Zusam-menarbeit zwischen allen Unter-nehmen der FinanzGruppe erfülltwerden.

� Es bestehen grundsätzlich gleich-gerichtete Interessen aufgrundder gemeinschaftlichen Festle-gung auf die Zielsetzungen unddas gemeinsame Geschäftsmodellunter der Nebenbedingung des be-triebswirtschaftlichen Erfolgs dereinzelnen Gruppenunternehmen.

� Bereits heute wird ein konsolidier-ter Jahresabschluss der genossen-schaftlichen FinanzGruppe er-stellt und die Eigenkapitalquotenauf Verbundbasis ermittelt. Dabeiist sichergestellt, dass es zu keinerMehrfachbelegung vorhandenenKapitals mit Risiken kommt.Die Ratingagenturen Fitch Ra-

tings und Standard & Poor’s bewer-ten die genossenschaftliche Finanz-Gruppe mit einem der besten undstabilsten Ratings in der deutschenBankenbranche. Die FinanzGruppewird als Ganzes betrachtet und dieZentralbanken mit den Gruppenun-ternehmen als integrale Bestandteilegesehen. Dieser Ansatz trägt demhohen Maß an Kohäsion und Solida-rität innerhalb der OrganisationRechnung.

Nationale Aufsicht gefordert

Damit die genossenschaftliche Fi-nanzGruppe auch zukünftig ihrerRolle als stabiler und verlässlicherPartner der Wirtschaft gerecht wer-den kann, ist sicherzustellen, dass esunter den künftigen aufsichtsrechtli-chen Regelungen zu keinen unge-rechtfertigten Belastungen für Ver-bundstrukturen kommt. Die natio-nale Aufsicht ist aufgefordert, dassinguläre Geschäftsmodell der Fi-nanzGruppe in gleichem Maß wieschon der EU-Gesetzgeber in ihrenRegulierungsvorhaben anzuerken-nen und aufsichtsrechtlich angemes-sen zu berücksichtigen.

Der insoweit gefestigte CRR-Ent-wurf sieht gemäß Artikel 46 Abs. 3bzw. Artikel 389 Abs. 2 d Wahl-rechte auf nationaler Ebene vor,wenn bestimmte Bedingungen desVerbundzusammenhalts vorliegen.

Daran orientiert, wären verbund-interne Beteiligungen am Zentral-institut von der Kapitalabzugspflichtbefreit. Zudem wären Forderungenund Beteiligungen innerhalb vonVerbundstrukturen von der An-rechnung auf die Großkreditober-grenze freigestellt. Dieser Verbund-zusammenhalt liegt in der genos-senschaftlichen FinanzGruppe mitihrer subsidiären Arbeitsteilung wie

geschildert vor. Daher ist es zwin-gend notwendig, dass die nationa-le Aufsicht diese Wahlrechte auchausübt.

Noch nie Probleme bereitet

Die Nichtausübung hätte indessenzur Folge, dass die Genossenschafts-banken ihre verbundinternen Betei-ligungen – zumindest teilweise –vom harten Kernkapital abziehenmüssten. Die Beteiligungsbeziehun-gen innerhalb der FinanzGruppekönnten auf Dauer nicht weiter auf-

rechterhalten werden, da die Genos-senschaftsbanken schon jetzt zumTeil an ihre Großkreditobergrenzebei den Verbundunternehmen sto-ßen. Dabei ist zu beachten, dass essich hierbei um strategische Beteili-gungen handelt, die schon seit Jahr-zehnten gehalten werden, der Stär-kung des Verbundgedankens dienenund in der Vergangenheit nie zu Pro-blemen geführt haben.

Die Nichtausübung des Wahl-rechts würde das in der Finanzkrisebewährte Geschäftsmodell der ge-nossenschaftlichen FinanzGruppe inGänze in Frage stellen. Die Kon-sequenz wäre eine drastische Re-duzierung der Kreditvergabebasisder FinanzGruppe – mit entspre-chend negativen Auswirkungen fürdie konjunkturelle Entwicklung inDeutschland.

Gleiche Regeln europaweit

Der Deutsche Bundesrat hatte be-reits bei einer anderen Gelegenheitangemerkt, dass der Spielraum derGenossenschaftsbanken für die Kre-ditvergabe vor Ort ohne diesesWahlrecht erheblich eingeschränktwürde. Übernimmt der deutsche Ge-setzgeber nun im Rahmen der CRR-Umsetzung jene Wahlrechte, stellter dieselben Wettbewerbsbedingun-gen her wie in den EU-Ländern, diebereits den EU-rechtlichen Wegwei-sungen folgen und regulatorischeRahmenbedingungen für Verbund-strukturen schaffen, die strukturbe-dingte Nachteile verhindern. Nichtzuletzt würde es dem breit getrage-nen Gedanken des „Single RuleBook“ nur gerecht werden, wenn eu-ropaweit für gleiche Strukturen glei-che Regeln gelten.

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wie in Berlin, Brüssel und Basel ver-tritt. Darüber hinaus bietet derRWGV den Mitarbeitern der Volks-banken und Raiffeisenbanken sowieder Raiffeisen-Warengenossenschaf-ten und sonstigen genossenschaft-lich organisierten Unternehmen dieMöglichkeit, sich fort- und weiterzu-bilden.

Strukturell längst Realität

Den Wandel in Gesellschaft, Poli-tik und Wirtschaft aktiv zum Wohleder Mitglieder mitzugestalten – dasist eine der wichtigsten Aufgabenpluralistisch organisierter genos-senschaftlicher Regionalverbände.Diese Aufgabe macht die Verbän-delandschaft im Kern auch bis weitins 21. Jahrhundert stark. Und dasist gut so, denn die Herausforderun-gen, denen wir uns 150 Jahre nachGründung der ersten Verbände auchin Rheinland und Westfalen zu stel-len haben, sind nicht banal. Unddoch liegt manche Antwort so nah.Denn vieles von dem, was der Ge-setzgeber heute in mühevoller De-battierarbeit in ein Regelwerk fassenwill, ist bei Genossenschaften nichtVision, sondern strukturell längstRealität. Das Sicherungssystem derKreditgenossenschaften ist – wieeingangs beschrieben – nur ein Bei-spiel dafür.

Der Regulierungseifer, der durchdie Finanzmarktkrise ausgelöstwurde, betrifft alle gleichermaßen.Doch Gleichmacherei heiligt nichtimmer die Mittel. Warum solltengute Dinge auf Kosten von weniger

guten abgeschafft werden? DieseFrage muss gestellt werden, damitdie Politik nach den richtigen Lösun-gen suchen kann. Zuvorderst von ei-nem starken Bundesverband. Unddoch auch von den eigenständigen,fachlich kooperierenden genossen-schaftlichen Regionalverbänden imNorden wie im Süden. Nur vielstim-mig und doch als Einheit kann bei-spielsweise einer dieser absurdenDiskussionen um eine Bankenunionmit gleichgeschalteter Sicherungs-einrichtung für Europa in gebotenerDeutlichkeit begegnet werden.

Lob macht Mut

„Der Gedanke der Genossenschaftüberzeugt.“ Das hat die Bundeskanz-lerin und Vorsitzende der CDU ge-sagt. „Wer für eine verantwortungs-vollere, demokratischere und solida-rischere Form des Wirtschaftens ein-tritt, kann eigentlich an den Genos-senschaften nicht vorbeikommen“,so Sigmar Gabriel, Vorsitzender derSPD. Und auch Philipp Rösler, Vorsit-zender der FDP und Bundesministerfür Wirtschaft, ist überzeugt: „Genos-senschaften erinnern uns daran,dass Wirtschaftlichkeit und sozialeVerantwortung vereinbare Zielesind. Es sind zwei Seiten einer Me-daille. Die Genossenschaft ist Vor-bild der Sozialen Marktwirtschaft,sie ist die gelebte Soziale Marktwirt-schaft.“ So viel Lob macht Mut –auch dem RWGV für weitere 150Jahre, in denen er als leistungsstar-ker Regionalverband die Interessenseiner Mitglieder vertritt – und ge-meinsam mit ihnen Visionen entwi-ckelt und umsetzt.

Visionen entwickeln

Krise bewältigt! Regulatorik gemeistert?Regulierung sollte dazu beitragen, weitere Krisen zu vermeiden – Dabei muss sie gewährleisten, dass Banken ihren realwirtschaftlichen Auftrag erfüllen können

VonAlbrecht Merz

Vorstandsmitglied derDZ Bank AG

„Die RatingagenturenFitchRatings undStandard & Poor’s be-werten die genossen-schaftliche Finanz-Gruppe mit einemder besten undstabilsten Ratings inder deutschenBankenbranche.“

Sonnabend, 15. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 179 B 5

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Eine der großen Stärken der genos-senschaftlichen FinanzGruppe liegtin der konsequenten Arbeitsteilungzwischen Volks- und Raiffeisen-banken, den beiden Zentralbankensowie den Spezialinstituten. DieProduktion von Finanzinstrumentenund die Vermögensverwaltung bil-den in diesem Modell die Portfo-liobanken ab. Den Absatz an institu-tionelle und private Kunden über-nehmen Vertriebsbanken. Die Ver-arbeitung der Geschäfte stellenTransaktionsbanken sicher, die Men-gen und Volumina bündeln. Auchder Sparkassensektor setzt auf einevergleichbare arbeitsteilige Strukturmit regional verwurzelten Vertriebs-banken.

Vision realisiert

Bei der Optimierung der Wertpa-pierabwicklung gehörten beide Ver-bünde zu den Pionieren: Die genos-senschaftliche FinanzGruppe grün-dete 1998 die bws bank als zen-tralen internen Dienstleister für denWertpapierservice. Im selben Jahrstartete die WPS Bank ihre erstenMigrationen als Transaktionsbankmit Wurzeln im öffentlich-recht-lichen Sektor. Schon frühzeitig ha-ben die Verbünde die Chancen einerverringerten Fertigungstiefe durchdas Outsourcing der Wertpapier-abwicklung für ehemalige Vollban-ken erkannt und genutzt. Die Ideewar so einfach wie effektiv: Die Bün-delung hoher Transaktionsvoluminadurch einen Spezialdienstleister er-möglicht den auslagernden Institu-ten eine weitgehende Flexibilisie-rung hoher Fixkostenblöcke und dieKonzentration auf ihr Kerngeschäft.Zugleich wurde damit die Visioneines profitablen Providers mit ei-nem eigenständigen Geschäftsmo-dell realisiert.

2003 gelang mit der Fusion vonbws bank und WPS Bank zur Deut-schen WertpapierService Bank AG(dwpbank) ein erfolgreicher sektor-übergreifender Brückenschlag. Seit-dem ist ein Marktführer mit rund390 direkten Kunden entstanden,der etwa 6 Millionen Depots mit ei-nem Gesamtvolumen von über 1,8Bill. Euro verwaltet. Rund drei Vier-

tel aller Kreditinstitute inDeutschland nutzen heute die Pro-zess- und Systemdienstleistungender dwpbank.

Know-how-Vorteile

Neben den niedrigeren Kosten,die sich durch Skaleneffekte erzielenlassen, kommen die Kunden auf-grund der institutsgruppenübergrei-fenden Ausrichtung der dwpbankauch in den Genuss von Standardisie-rungs- und Know-how-Vorteilen. Zu-dem können die aktuell zunehmen-den neuen marktgetriebenen und re-gulatorischen Vorgaben auf einerzentralen IT-Plattform effizient undohne gesonderte Kostenumlage fürdie angeschlossenen Institute umge-setzt werden.

Schnell wurde auch deutlich: DasGeschäftsmodell bewährt sich mitKunden über alle Institutsgruppen

hinweg. Ihre Neutralität zeigt sichdaran, dass die dwpbank ebenfallsmehr als 30 Institute aus dem Privat-und Geschäftsbankensektor betreut.

Auf Basis eines einheitlichen Ver-arbeitungssystems deckt sie für ver-schiedene Geschäftsmodelle die ge-samte Wertschöpfungskette desWertpapierservices für die Belangeprivater und institutioneller Anleger

ab. Sie übernimmt hier-bei – je nach Kunden-wunsch – die Weiterlei-tung von Aufträgen anHandelsplätze, die Ver-buchung von Geschäf-ten, deren Abstimmungsowie alle Funktionenauf den Bestand, dasheißt insbesondere Ka-pitalmaßnahmen undErträgniszahlungen so-wie viele weitere Leis-tungen des Wertpapier-geschäfts.

Um das gesamte Sy-nergiepotenzial einer Bündelungdes Wertpapiergeschäfts über diedrei Institutsgruppen der deutschenKreditwirtschaft hinweg realisierenzu können, war auch die technischeKonsolidierung verschiedener Ab-wicklungssysteme notwendig. Einenwesentlichen Meilenstein erreichtedie dwpbank im Jahr 2010, als siedie Migration des vorerst letzten vonzuvor insgesamt acht Systemen aufdie zentrale IT-Plattform WP2 erfolg-reich abschließen konnte.

Im Rahmen eines der bis datogrößten IT-Projekte der deutschenBankenbranche migrierte diedwpbank die beiden ZentralinstituteDZ Bank und WGZ Bank mit den zudiesem Zeitpunkt über 1 150 ange-schlossenen genossenschaftlichenPrimärinstituten auf WP2. Mehr als2,8 Millionen Anlegerdepots zogenim laufenden Betrieb geräuschlosauf die neue technische Plattform

um. Gleichzeitig wurde ein neuesFrontend in Betrieb genommen. Mitdem erfolgreichen vorläufigen Ab-schluss der Systemkonsolidierunghat die dwpbank ihr Geschäftsmo-dell als Bündeler im Wertpapierser-vice für alle drei Sektoren nachdrück-lich bestätigt.

Potenzial vorhanden

Der Gründungsauftrag, Synergie-potenziale durch Standardisierungzu heben, ist jedoch noch nicht ab-geschlossen. Zunächst stehen ab2013 die Migrationen der rhein-land-pfälzischen und baden-würt-tembergischen Sparkassen an. Diedann nahezu vollständige Abde-ckung der Sparkassen-Finanzgruppesowie der genossenschaftlichen Insti-tute macht weitere Bündelungs-potenziale in der Gruppe der pri-vaten Geschäftsbanken deutlich: Diein dieser Säule existierenden frag-mentierten Abwicklungsstrukturenfür das Wertpapiergeschäft könnenvon einer strategischen Lösung pro-fitieren. Denn eine konsolidierteMarktinfrastruktur auf Ebene derKreditinstitute im Wertpapierser-vice, verknüpft mit weiterer Pro-zessstandardisierung im wettbe-werbsneutralen Bereich, versprichtfür den Finanzplatz Deutschland er-hebliche Vorteile im europäischenWettbewerb.

Die seit Jahren nachlassende Akti-vität bei privaten Investoren – beför-dert durch die Unsicherheit an denFinanzmärkten – fordert einen An-satz, der alle drei Institutsgruppender deutschen Kreditwirtschaft um-fasst. Nur so lassen sich steigendeKosten durch neue gesetzliche undmarktgetriebene Anforderungen aufdie Anzahl von Wertpapiertransak-tionen sinnvoll verteilen und zu-gleich rechts- und marktsichere Lö-sungen gewährleisten.

Auch das geänderte Privatanleger-verhalten stellt das Wertpapierge-schäft vor neue Herausforderungen.So agiert diese Investorengruppe –entgegen den bisherigen Einschät-zungen – zunehmend antizyklisch.Zudem emanzipiert sich ein Teil derPrivatanleger weiter vom klassi-schen Vertriebsweg, indem er – zu-sätzlich zur Bankberatung vor Ort –die Informationsvielfalt des Inter-nets nutzt und Orders direkt überden digitalen Kanal erteilt.

Die Unterstützung der dwpbanksetzt hierbei an zwei Stellen an. Ei-nerseits stellt sie den Beratern kom-fortable Web-Funktionalitäten inden Systemen zur Verfügung, ande-rerseits unterstützt sie den Bera-tungsprozess in den Filialen durch in-tegrierte Formular-, Informations-und Reporting Tools, zum Beispielmit einem umfassenden Serviceange-bot zu den seit Juli 2011 vorgeschrie-benen Produktinformationsblättern.Über diese vertriebsunterstützendenServices hinaus stärkt die dwpbankden Multikanalansatz der Institute.Die Basis hierfür bildet eine zentraleund leistungsfähige Abwicklungs-plattform, die im Nachhandel so-wohl hinter dem Filialbetrieb alsauch den Online-Kanälen der Kun-deninstitute steht.

Die dwpbank investiert kontinuier-lich in ihre technischen Systeme undentwickelt sie in enger Kooperationmit ihren Kunden weiter. Und jededieser Weiterentwicklungen kommtauch den anderen Nutzern zugute.Auf prozessualer Ebene ermöglichendie erweiterten Dienstleistungen inder Marktfolge eine nahezu voll-ständige Auslagerung der Back-Of-fice-Tätigkeiten und somit eine nochkonsequentere Ausrichtung als Ver-triebsbank.

Weitere Ansatzpunkte ergebensich aus der Vereinigung von Wertpa-pierdienstleistungen rund um das

Geschäft der Kapitalanlagegesell-schaften mit denen der Kreditinsti-tute. Die dwpbank übernimmt be-reits heute die technische Verwal-tung von Investmentkonten. Ein zen-trales Depot für Investmentfondsund alle anderen Wertpapiere stelltaus Kunden- und Institutssicht einsinnvolles Angebot dar. Auch hier er-geben sich für die dwpbank attrak-tive Perspektiven für Kooperationen,da Dienstleistungen rund um den In-vestmentkontenservice bislang we-nig standardisiert sind.

Im zusammenwachsenden euro-päischen Markt richtet die dwpbankauf Grundlage ihrer starken Stellungim heimischen Markt ihren Blick aufeuropäische Nachbarstaaten. Kosten-treibende Hemmnisse in der Verar-beitung grenzüberschreitender Wert-papiertransaktionen gehören zuneh-mend der Vergangenheit an. Mit Tar-get2-Securities entsteht ab 2015eine europäische Plattform für dieAbwicklung von Transaktionen inZentralbankengeld. Hieraus ergebensich neue Marktpotenziale, die es zunutzen gilt.

Zukunftssicher aufgestellt

Mit dem eingeschlagenen Wegist die dwpbank für die anstehen-den Herausforderungen gut gerüstetund zukunftssicher aufgestellt. Sowie sich die genossenschaftlicheIdee den sich ändernden Bedin-gungen erfolgreich angepasst hat,treibt die dwpbank die Entwicklungim Transaction Banking voran. DasFundament bildet dabei nach wievor die Verankerung in den beidenVerbünden der deutschen Kre-ditwirtschaft. Mit Innovationskraftwill die dwpbank dazu beitragen,den Finanzplatz Deutschland zustärken und das gesamtwirtschaft-lich wichtige Wertpapiergeschäft zubeleben.

Börsen-Zeitung, 15.9.2012In Zeiten, in denen die breite Öffent-lichkeit nahezu täglich mit Aussagenüber Euro-Rettung, Länderrisiken,Schuldenkrise, Staatsbankrott usw.konfrontiert wird, ist es wichtig, da-rauf hinzuweisen, dass es wedersachdienlich noch richtig ist, pau-schal allen Banken hierfür eine Al-leinschuld zuzusprechen. Die in die-sem Zusammenhang überdies gefor-derten schärferen Regeln zur Regu-lierung des gesamten Bankensektorskönnen mehr Schaden anrichten alsSegen sein.

Probleme selbst gemeistert

Zu häufig wird bei der allgemei-nen Diskussion vergessen, dass zu-mindest in Deutschland nicht alleBanken und Bankengruppen aufstaatliche Hilfen angewiesen warenund sich einige ganz gezielt dem re-gionalen Mittelstand, einer der tra-genden Säulen der deutschen Wirt-schaft, verpflichtet fühlen. Dies giltinsbesondere für den Bereich derVolks- und Raiffeisenbanken. Diesehaben ihre Probleme aus eigenerKraft gemeistert und standen dane-ben ihren Kunden bei der Überwin-dung von Problemsituationen zurSeite. Auf dieses spezielle Themader Hilfestellung bei der Beseitigungvon Problemen der mittelständi-schen Kunden – insbesondere im Kre-

ditbereich – soll nachfolgend nähereingegangen werden.

Unterstellt man, dass ein mittel-ständisches Unternehmen in eine Kri-sensituation gerät, ist es auf Hilfe inder Regel seiner Bank angewiesen.Banken bezeichnen die Finanzierun-gen dieser Unternehmen üblicher-weise als Problemkredite, für derenweitere, besondere Bearbeitung esmehrere Handlungsalternativengibt. Gleichzeitig müssen bei denBanken spezielle Organisationsein-heiten vorgehalten werden. Als ersteHandlungsalternative kann die Bankversuchen, sich zum Beispiel durchVerkauf ihrer Forderung von dieserKundenbeziehung zu trennen. Siekann aber auch stillhalten undnichts tun. In vielen Fällen wird dieBank versuchen, die (vielleicht) vor-handenen Sicherheiten zu realisie-ren und die Kundenbeziehung abzu-wickeln.

Letztlich, das ist aufgrund der be-sonderen Kunde-Bank-Beziehungbei Genossenschaftsbanken immerder erste Schritt, kann die Bank aberauch zunächst versuchen, ihrem Kun-den bei der Überwindung der Krisebehilflich zu sein. Aber warum istdiese Hilfestellung nicht immer dererste Weg zur weiteren Zusammen-arbeit mit dem Kunden?

Die Problemkreditbehandlung ins-gesamt und besonders die Hilfe zurKrisenbeseitigung bringt Banken in

eine schwierige Situation. Auf der ei-nen Seite möchten sie ihrem Kundennatürlich behilflich sein. Auf der an-deren Seite sind rechtliche Rahmen-bedingungen und aufsichtsrechtli-che Regelungen zu beachten. Darü-ber hinaus ist keinesfalls garantiert,dass jede Krisenbeseitigung erfolg-reich ist, was neben finanziellen Ver-lusten auch zu Reputationsschädenführen kann. Dies alles verlangt einbeachtliches Know-how und kann zueiner nicht unerheblichen finanziel-len Belastung führen.

Bestmögliche Hilfestellung

Schon vor 25 Jahren und damitlange vor der Einführung entspre-chender aufsichtsrechtlicher Vorga-ben hat sich die genossenschaftlicheFinanzGruppe Volksbanken Raiffei-senbanken Gedanken darüber ge-macht, wie die Mitgliedsbanken ih-ren Kunden in Krisensituationenbestmögliche Hilfestellung anbietenkönnen. Im Ergebnis wurde die auseiner großen Schieflage hervorge-gangene BAG Bankaktiengesell-schaft in Hamm, die schon damalsüber entsprechendes Know-how ver-fügte, als speziell hierfür ausgerich-tete Bank allen Mitgliedsinstitutenzugänglich gemacht.

Kerngedanke war, dass sich dieBanken durch Übertragung ihrer Pro-blemkredite wieder auf ihr Kernge-schäft konzentrieren können sollten.Eine wesentliche Nebenbedingungwar allerdings auch, dass die genos-senschaftlichen Grundwerte berück-sichtigt werden. Dies konnte undkann durch den Einsatz der BAG, diezu nahezu 100 % im Eigentum dergenossenschaftlichen FinanzGruppesteht, sichergestellt werden.

Die Bank hat die Wahl

In der Krisensituation ihres Kun-den haben die Banken der genossen-schaftlichen FinanzGruppe die Wahlzu entscheiden, ob die Problemkre-ditbearbeitung allein oder mit Hilfeder BAG erfolgen soll. Entscheidetsich die Bank für die Einschaltungder BAG, kann sie zwischen dem Ver-kauf der Forderung im Ganzen, demteilweisen Verkauf bei gleichzeitigerBegründung eines Konsortialverhält-nisses oder einem reinen Servicingwählen. Die BAG verfügt über eineVollbanklizenz. Sie kann so im Rah-

men der Problemkreditbearbeitungalle Möglichkeiten nutzen, die eineBank zur Begleitung eines Kunden inden unterschiedlichsten Phasen ei-ner Kreditnehmerbeziehung hat. Sieist hierdurch in der Lage, einem sa-nierungsfähigen Kreditnehmer gege-benenfalls weitere Kreditmittel zurVerfügung zu stellen und diesemdurch konsequente Begleitung dieMöglichkeit zu eröffnen, wieder ineine Kundenbeziehung ohne Krisezurückzukehren. Das unterscheidetdie BAG von den sonstigen im Be-

reich der Problemkreditbearbeitungtätigen Dienstleistern.

Der mittelständische Unterneh-mer als klassische Kundenklientelder Volks- und Raiffeisenbanken er-wartet und benötigt von seiner Haus-bank eine qualifizierte und individu-elle Hilfestellung bei der Bewälti-gung der Krise seines Unterneh-mens. Durch die teilweise oder voll-ständige Verlagerung der „Problem-kreditbearbeitung“ auf die BAG über-nimmt diese, egal an welcher Stelleder Prozesskette, die Bearbeitungdes Kreditengagements respektivedie Begleitung des Kunden in derKrise. Diese Möglichkeit besteht so-wohl für den Einzelfall als auch fürein gesamtes Portfolio. Je nach über-tragenem Volumen wird die abge-bende Volks- oder Raiffeisenbankgleichzeitig in die Lage versetzt, frei-gewordene Ressourcen in ihren Kern-geschäftsfeldern einzusetzen.

Immer häufiger werden neben dersich ständig verschärfenden Recht-sprechung zulasten der Banken auchdie Notwendigkeit der Einhaltungaufsichtsrechtlicher Normen sowiedie klare Erkenntnis, dass die Pro-blemkreditbearbeitung nicht zwin-gend zur Kernkompetenz einerVolks- oder Raiffeisenbank gehört,

als Grund für eine Zusammenarbeitmit der BAG angegeben. Dies auchvor dem Hintergrund, dass die BAGeine Verbundlösung darstellt undfür die Beachtung genossenschaftli-cher Grundprinzipien steht.

Gewandelte Ansprüche

Die Ansprüche der mit der BAG zu-sammenarbeitenden Banken habensich im Laufe der Jahre deutlichgewandelt: Vor 25 Jahren stand dieUnterstützung von in Schieflage ge-

ratenen Banken der ge-nossenschaftlichen Fi-nanzGruppe im Vorder-grund. Heute bietet dieBAG in ihrer Eigen-schaft als Kompetenz-zentrum allen Mitglie-dern der genossenschaft-lichen FinanzGruppeihre Dienstleistungenan, wovon neben demklassischen Kreditge-schäft auch problem-behaftete Immobilienund Beteiligungen um-fasst werden. Die Dienst-

leistungspalette der BAG orientiertsich dabei eng am Bedarf der Mit-glieder.

Die veränderten wirtschaftlichenund organisatorischen Rahmenbe-dingungen im Bankgeschäft erfor-dern auch im Bereich der Problem-kreditbearbeitung neue Lösungsan-sätze: Durch Einbringung der Inte-ressen der Primärbank und der BAGin eine gemeinsame Gesellschaftwird eine Plattform zur Zusammen-arbeit geschaffen, in der die Selbstbe-stimmung der Primärbank bestehenbleibt und die BAG mit ihrer Leis-tungspalette unterstützend tätigwird.

Im Falle einer Sanierung eines Un-ternehmens begleitet die BAG denKreditnehmer mit einem ganzheitli-chen Betreuungsansatz durch dieKrise. Sie begleitet dabei den Kredit-nehmer mit allen Möglichkeiten ei-nes Kreditinstitutes, dies aber unterspezieller Berücksichtigung derdurch Gesetz und Rechtsprechunggeprägten zu beachtenden Möglich-keiten der Hilfestellung und der da-mit verbundenen erhöhten Haftungs-potenziale zulasten eines finanzie-renden Kreditinstitutes.

Die Banken der genossenschaft-lichen FinanzGruppe sind sich der

Verantwortung gegenüber ihrenKunden bewusst und werden auchweiterhin versuchen, diesen in einerKrisensituation im Rahmen allervertretbaren Möglichkeiten derHilfestellung behilflich zu sein. Da-mit ein optimales Ergebnis sowohlfür die Bank als auch für die Kun-den erzielt werden kann, kann diesentweder im Alleingang erfolgenoder unter Einschaltung einer spe-ziell für diesen Bereich aufgestelltenBank, der BAG Bankaktiengesell-schaft. Die BAG:� ist das Kompetenzzentrum der ge-

nossenschaftlichen FinanzGruppefür die Bearbeitung von und denUmgang mit Problemkrediten,Problemimmobilien und Problem-beteiligungen,

� hat ihr Dienstleistungsangebot ins-besondere auf die Begleitung vonSanierungsengagements ausge-richtet,

� unterstützt die Volks- und Raiffei-senbanken im Kapazitätsmanage-ment vom Outsourcing problem-behafteter Kredite bis hin zur Bil-dung gemeinschaftlicher Bearbei-tungsgesellschaften,

� setzt für die Erledigung der an sieherangetragenen Aufgaben nebendem eigenen Know-how auch daseiner Vielzahl von spezialisiertenTochtergesellschaften (zum Bei-spiel Hotel-/Altenheim-/Pflege-heimbetreiber, Immobilienent-wickler/-vermarkter, Sanierungs-berater) ein.Kurzum: Die BAG steht der genos-

senschaftlichen FinanzGruppe auf al-len Feldern problembehafteter Risi-koaktiva mit ihrer Dienstleistungspa-lette zur Verfügung.

Kernkompetenzen im Blick

Gerade die prozessorientiertenund wirtschaftlich gut aufgestelltenPrimärbanken arbeiten heute ver-mehrt mit der BAG zusammen, da-mit sie – bei gleichzeitiger Einhal-tung der aufsichtsrechtlichen Vorga-ben – ihre Kostensituation verbes-sern und sich auf ihre Kernkompeten-zen konzentrieren können. Gleichzei-tig schaffen sie es, ihren Kunden er-folgreich durch die Krise zu beglei-ten und bei der Beseitigung seinerProbleme hilfreich zur Seite zu ste-hen. Wohl auch deshalb arbeitenheute mehr Banken denn je mit derBAG-Gruppe zusammen.

dwpbank setzt Standards im WertpapierserviceStabile Nachhandelsinfrastruktur für den Finanzplatz implementiert – Unterstützung des Multikanalansatzes fördert Attraktivität des Wertpapiergeschäfts

VonMarkus Walch

Vorstandsvorsitzenderder DeutschenWertpapierServiceBank AG

Immer mehr Banken arbeiten mit der BAG zusammenSpeziell auf Krisen ausgerichtetes Institut ist auf allen Feldern problembehafteter Risikoaktiva mit seinen Dienstleistungen verfügbar

VonUdo Wittler

Vorstandsvorsitzenderder BAG Bankaktien-gesellschaft

Impressum

Börsen-ZeitungSonderbeilage

Volks- und RaiffeisenbankenAm 15. September 2012

Redaktion: Claudia Weippert-StemmerAnzeigen: Dr. Jens Zinke (verantwortlich)

Technik: Tom MaierTypografische Umsetzung: Bernd Handreke

Verlag der Börsen-Zeitung in der Herausgebergemeinschaft WERTPAPIER-MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG, Düsseldorfer Straße 16,60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069/2732-0, (Anzeigen) Tel.: 069/2732-115,

Fax: 069/233702, (Vertrieb) 069/234173.Geschäftsführer: Ernst Padberg

Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH;Kurhessenstraße 4–6, 64546 Mörfelden-Walldorf

B 6 Börsen-Zeitung Nr. 179 Sonderbeilage Sonnabend, 15. September 2012

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Das seit Beginn der Finanzmarkt-krise 2007 herausfordernde Markt-umfeld, vor allem aber die neuenregulatorischen Vorschriften zu Ei-genkapital und Liquidität üben ineinem bisher nicht gekannten Aus-maß Einfluss auf die Geschäftspo-litik und die Steuerung der Bankenaus. Waren aufsichtsrechtliche Kenn-zahlen in der Vergangenheit fürviele Kreditinstitute streng einzu-haltende Nebenbedingungen, wer-den sie jetzt, erst recht aber zu-künftig zentrale Größen der Bank-steuerung.

Zu den schon bestehenden Eng-passfaktoren für die Geschäftsent-wicklung kommt insbesondere die Li-quidität als ein wesentlicher Einfluss-faktor hinzu. In der Planung undSteuerung der Banken muss dies Ein-gang finden. Obwohl die neuen auf-sichtsrechtlichen Anforderungenerst 2015 bzw. 2018 zu erfüllen seinwerden, besteht schon heute großerHandlungsbedarf, die Geschäftsmo-delle und Steuerungskonzeptionenentsprechend anzupassen.

Die Liquidität – und hierbei im Be-sonderen das Funding der Banken –steht heute deutlich stärker im Vor-dergrund als früher. Altherge-brachte Marktmechanismen wie derunbesicherte Interbankengeldmarktfunktionieren für nahezu die ge-samte Branche nicht mehr. Be-

stimmte Marktsegmente zur Refinan-zierung sind für einige Institute über-haupt nicht mehr zugänglich odernur zu derart hohen Kosten, dass einunbesichertes Funding über den Ka-pitalmarkt betriebswirtschaftlichnicht mehr sinnvoll ist. Die eigeneRefinanzierung ist teurer als die di-rekten Refinanzierungsmöglichkei-ten bestimmter Kundengruppen.Manche Institute verlieren für dieseKundengruppen somit ihre Funktionals Finanzintermediär.

Einlagen begehrt

Auch der Regulator hat dasThema Liquidität aufgegriffen undsetzt neue Mindeststandards überBasel III bzw. auf europäischerEbene über CRD IV/CRR um. DieBankenaufsicht möchte mit neuen Li-quiditätskennziffern einerseits diekurzfristige Liquidität der Bankenim Stressfall gesichert wissen (Liqui-dity Coverage Ratio/LCR) und ande-rerseits die Risiken aus der Fristen-transformation begrenzen (Net Sta-ble Funding Ratio/NSFR). DieseKennziffern führen – neben den be-schriebenen eingeschränkten Mög-lichkeiten des Funding über den Ka-pitalmarkt – dazu, dass Einlagen vonPrivatkunden eine hohe Bedeutungfür die Finanzinstitute erlangen.Dies spiegelt sich bereits jetzt in ei-nem starken Wettbewerb um Einla-

gen dieser Kundengruppe wider. Ins-besondere für Genossenschaftsban-ken und Sparkassen stellt diese Si-tuation eine Herausforderung und ei-nen Angriff auf ihre erfolgreichen Ge-schäftsmodelle dar. Die Möglichkeiteines kostengünstigen Funding überverschiedene Produkte, die auchnoch so auszugestalten sind, dass siedie aufsichtsrechtlichen Liquiditäts-

kennziffern positiv beeinflussen,wird ein wesentlicher Erfolgsfaktorwerden.

Der Krise standgehalten

Im Vergleich zu vielen anderenBanken(gruppen) hat die genossen-schaftliche FinanzGruppe in derKrise bewiesen, dass ihr Liquiditäts-verbund auch in Stressphasen gut

funktioniert. Dies hat zu einem we-sentlichen Teil zur Stabilisierung desdeutschen Bankenmarktes beigetra-gen. Der genossenschaftliche Liquidi-tätsverbund mit dem jederzeitigenLiquiditätsausgleich über die genos-senschaftlichen Zentralbanken als Li-quiditätsdrehscheibe hat sich in al-len Marktphasen stets bewährt. Deraktuelle Stand der aufsichtsrechtli-

chen Regelungen zurAusgestaltung der LCRspiegelt das allerdingsnoch nicht angemessenwider. Denn Einlagenvon Ortsbanken bei ih-rem Zentralinstitut wer-den mit einer Prolongati-onsrate von 75 % beiLetzterem angerechnet(= Abflussrate 25 %).Im Gegenzug kommendie verbleibenden 25 %aber nicht den Ortsban-ken zugute (= Zufluss-rate 0 %). Dies stellt

eine nicht nachvollziehbare Benach-teiligung gegenüber anderen Ban-ken(gruppen) dar und schränkt diebewährte Liquiditätsausgleichsfunk-tion im Verbund ein.

Grundsätzlich ist die LCR von je-dem Institut einzeln zu erfüllen. Diegenossenschaftliche FinanzGruppeprüft jedoch quasi als Weiterentwick-lung der bestehenden Liquiditäts-grundsätze eine Ausnahmeregelungin Anspruch zu nehmen. Damitkönnte auf eine Einzelanwendungder Liquiditätsvorgaben zur LCR ver-zichtet werden und die Kennzifferwürde auf Gruppenebene ermittelt.Mit dieser Waiver-Regelung hättedie genossenschaftliche Gruppe dieOption, die für den Verbund vorteil-hafteste Lösung umzusetzen, um sodas funktionierende innergenossen-schaftliche Liquiditätsmodell beizu-behalten und gleichzeitig die indivi-duelle Anlagestrategie jeder einzel-nen Genossenschaftsbank bestmög-lich zu gewährleisten. Eine rein an

aufsichtsrechtlichen Kennzahlen ori-entierte Ausrichtung der bewährtenund erfolgreichen Geschäftspolitikder Genossenschaftsbanken gilt eszu vermeiden.

Die WGZ Bank ist als eine der bei-den genossenschaftlichen Zentral-banken an der Gestaltung der Kenn-zahlenerfüllung auf Verbundebeneaktiv beteiligt. Daneben stellt siesich auch selbst den neuen Heraus-forderungen und überprüft derenAuswirkungen auf ihre Planungs-und Steuerungskonzepte. Dabei ver-folgt sie die Steuerungsphilosophiedes dualen Steuerungsmodells mitzentraler Struktursteuerung der Risi-ken, die nicht von einem einzelnenMarktbereich gesteuert werden kön-nen. Zur Beherrschung der verschie-denen Risikoarten ist im WGZ BankKonzern ein umfassender und inte-grierter Steuerungsansatz etabliert.Er besagt, dass Treasury durch Geld-und Kapitalmarktgeschäfte die vomVertrieb abgeschlossenen Geschäfteausgleicht, um die gewünschte Struk-tur in den verschiedenen Risikoartenherzustellen. Aufgrund nicht mehrfunktionierender Marktsegmente –insbesondere der unbesicherte Geld-markt unter Banken – ist die Umset-zung dieses Steuerungskonzeptesteilweise nur eingeschränkt mög-lich.

Frühzeitig reagiert

Die neuen regulatorischen Anfor-derungen sind in den Planungs- undSteuerungsprozessen auf Geschäfts-feldebene sowie in der Portfolio-Steuerung zu berücksichtigen – wegvon einer Steuerung des Ertrages mitNebenbedingungen hin zu einer in-tegrierten engpassorientierten Steue-rung mit den knappen RessourcenKapital und Liquidität. Mit demzentralen Kreditportfoliomanage-ment (Active Credit Portfolio Ma-nagement/ACPM) hat die WGZ Bankfrühzeitig eine gute Ausgangsbasis

geschaffen, um die Steuerungspro-zesse entsprechend fortzuentwi-ckeln. Das Ziel der bereits 2009gegründeten Einheit ist die Steue-rung der illiquiden und liquidenAdressrisiken als Ganzes. Die Um-setzung einer zentralen „Buy-and-Manage-Strategie“ ermöglicht es, diehohen Eigenkapitalbindungen undRisikokonzentrationen, die vielfachaus klassischer Buy-and-Hold-Stra-

tegie und dezentraler Einzel-Kre-ditportfoliosteuerung resultierten,zu vermeiden.

ACPM übernimmt die dezentralvon den Vertriebsbereichen akqui-rierten Kreditrisiken zu risikoadjus-tierten Transferpreisen und steuertdas gesamte Kreditportfolio hinsicht-lich Risikohöhe, Portfoliostrukturund Ertrags-Risiko-Relation. Nebenden Adressrisiken optimiert Treasuryzentral die gewollten Strukturen inden Marktpreis- und Liquiditätsri-siken, wobei alle Risikoarten parallelund integriert ausgesteuert werden.Die neuen aufsichtsrechtlichen Li-quiditätsanforderungen erfordernhier eine enge Abstimmung zwi- Fortsetzung Seite B 8

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Das Jahr 2008 brachte in vielfacherHinsicht eine Zäsur, nicht nur aufden Finanzmärkten. Die gesamteWeltwirtschaft stand am Rande ei-nes tiefen Absturzes. Eine wesentli-che Ursache dieser dramatischenEntwicklung ist das ungebremsteund unmäßige Renditedenken, ver-bunden mit einer ausschließlichenFixierung auf den eigenen Nutzen.Daher wurden in der Folge nicht nurDiskussionen über bessere Früh-warnsysteme, schärfere Regulie-rungsmaßnahmen oder umfangrei-

chere Sicherungssysteme geführt,sondern es wurde auch die Fragenach den Werten aufgeworfen, diedie Akteure in der Finanzwelt und inder Wirtschaft insgesamt in ihremTagesgeschäft leiten.

Der Basis treu geblieben

Dass die genossenschaftlichenBanken in Deutschland so erfolg-reich durch die Krise kamen und imGegensatz zu den anderen Säulender Kreditwirtschaft nicht auf staatli-che Unterstützung angewiesen wa-ren, zeigt, wie wichtig es ist, strate-gisch richtig aufgestellt zu sein, überein funktionierendes Geschäftsmo-dell zu verfügen und vor allem seineWerte auch zu leben. Diese Basis hatdie genossenschaftliche Finanz-Gruppe nie verlassen.

Für uns als ADG war dies zugleichder Anlass, den genossenschaftli-chen Werten einen noch größerenStellenwert in der Managementquali-fizierung einzuräumen. Um dies fun-diert zu tun, haben wir einen derrenommiertesten PhilosophenDeutschlands und Experten in Fra-gen der Unternehmensethik, Prof.Dr. Julian Nida-Rümelin, beauftragt,sich intensiv mit den genossenschaft-lichen Werten auseinanderzusetzenund deren Erfolgsbeitrag in der öko-nomischen Praxis zu untersuchen.Die Ergebnisse dieser Forschungsar-beit liegen seit letztem Jahr vor undwerden seitdem systematisch in alleQualifizierungsangebote der ADG in-tegriert.

Der Mensch ist kein ausschließlichrational auf den eigenen materiellen

Nutzen fixiertes Wesen, sondern ihntreibt eine Vielzahl von Motiven inseinen Entscheidungen an. Die Volks-banken und Raiffeisenbanken grei-fen diesen Gedanken in ihrer Kom-munikationskampagne vielgestaltigauf. Ebenso gibt es nicht nur dasSchwarz-Weiß-Modell von staatli-cher Versorgung einerseits und reinprivatem Wirtschaften andererseits,sondern dazwischen existiert ein Be-reich der Kooperation, in dem das ei-gene Wohl in einem engen Zusam-menhang mit dem gemeinen Wohleiner (überschaubaren) Gruppe

oder Gemeinschaft ange-strebt wird.

In diesem Bereich, indem die Genossenschaf-ten agieren, werden, soNida-Rümelin in seinerForschungsarbeit, Güterund Dienstleistungen ef-fektiv und in einem de-mokratischen Prozess er-stellt. Zu den unverzicht-baren Normen der Ko-operation zählt er daherdie Verlässlichkeit unddie Ehrlichkeit, aus de-nen Vertrauen wächst.

Gerade in kleinen Gruppen fällt derMissbrauch von Vertrauen schnellauf und wird auch entsprechendsanktioniert. Als Erfolgsfaktoren tre-ten hinzu eine enge (persönliche)Kommunikation, die Identität vonKunde und Eigentümer, die zu einerausgewogenen Abwägung der Inte-ressen führt, der Gedanke der Selbst-hilfe und der Solidarität sowie dieSubsidiarität und die regionale Ver-ankerung. Werden diese Werte inden genossenschaftlichen Unterneh-men auf allen Ebenen gelebt, siehtNida-Rümelin immense Chancen fürdie Zukunft der genossenschaftli-chen Banken und Unternehmen inDeutschland.

Spezielle Programme

Nida-Rümelin unterstreicht in sei-ner ADG-Forschungsarbeit, dass eingenossenschaftlicher Manager an-dere Kompetenzen benötigt als einManager in einem Großunterneh-men. Aus diesem Grund gibt esschon seit Jahrzehnten die speziellzugeschnittenen Managementpro-gramme wie das TOP, das GBF oderdas FIT sowie die maßgeschneider-ten Qualifizierungsprogramme und-seminare auf Schloss Montabaur.Diese sind nicht nur auf die speziel-len Anforderungen der Betriebs-größe und der regionalen Veranke-rung ausgerichtet, sondern habenimmer die Gesamtheit genossen-schaftlicher Besonderheiten und da-mit auch deren spezielles Wertege-füge im Blick. Daher unterscheidensich die ADG-Angebote immer auchvon denen externer Qualifizierungs-

anbieter mit einer völlig anderenZielgruppenausrichtung.

Verschiedene Zielsetzungen

Die ADG baut seit 2011 – auch aufder Grundlage der aktuellen For-schungen von Nida-Rümelin und de-nen der ADG-Stiftungsprofessur ander ADG Business School unter Lei-tung von Prof. Thorn Kring – dieAspekte eines werteorientierten ge-nossenschaftlichen Managementssystematisch in ihre Qualifizierungs-angebote ein. Dabei geht es um ver-schiedenste Zielsetzungen, nämlich:� die Bedeutung der genossen-

schaftlichen Werte insbesondereauch bei Nachwuchsführungskräf-ten dauerhaft zu verankern;

� das Vorleben der Werte seitensder Führungskräfte zu fördern;

� die Vorstände und Führungskräf-te dabei zu unterstützen, zielge-richtete Werteprozesse in ihrenHäusern anzustoßen, durchzufüh-ren und dauerhaft mit Leben zu er-füllen;

� den Banken mit Hilfe der Wissen-schaft und der Unternehmenspra-xis Wege aufzuzeigen, wie sie ei-genständig Geschäftsmodelle, Ver-haltensweisen, Dienstleistungenund Produkte entwickeln können,mit denen die Werte auch gegen-über den Eigentümern, Kundenund externen Partnern erlebbarwerden.

Der Kreis schließt sich

Dies gilt auch und insbesonderefür die berufsbegleitenden Hoch-schulstudiengänge der ADG Busi-ness School, in der mit über 1 000derzeit eingeschriebenen Studieren-den der akademische Nachwuchsder genossenschaftlichen Finanz-Gruppe heranwächst. Hier ist es ge-rade Aufgabe der ADG-Stiftungspro-fessur, die allgemeinen betriebswirt-schaftlichen Ansätze auf deren Taug-lichkeit für genossenschaftliche Ban-ken hin zu überprüfen, zu ergänzenoder neue Ansätze zu entwickeln.Denn eines haben die letzten Jahregezeigt, und hier schließt sich derKreis: der reine Shareholder-Value-Ansatz, ungehemmtes Größenwachs-tum, komplexe mathematische Mo-delle oder blindes Vertrauen in zumTeil undurchsichtige oder gar unmo-ralische Produktinnovationen sindkeine Erfolgsgaranten, sondern kön-nen selbst einstige Global Player inden Ruin führen.

Stattdessen erleben grundle-gende, eigentlich selbstverständli-che Werte der genossenschaftlichenBanken und Unternehmen eineechte Renaissance. Und so schließtsich der Kreis aus ethischen Wertenund unternehmerischem Erfolg derGenossenschaftsbanken.

Werte als unverzichtbareFührungsaufgabe

ADG integriert genossenschaftliche Werte systematisch in alle Angebote

VonAxel Kehl

Vorstandsvorsitzenderder AkademieDeutscher Genossen-schaften ADG,Montabaur

VonKarl-Heinz Moll

Vorstandsmitglied derWGZ Bank AG

Liquidität steht mehr denn je im FokusGenossenschaftliche Institute sind gemeinsam mit ihren beiden Zentralbanken im Wettbewerb gut positioniert

„Der genossenschaft-liche Liquiditätsver-bund mit dem jeder-zeitigen Liquiditäts-ausgleich über diegenossenschaftlichenZentralbanken als Li-quiditätsdrehscheibehat sich in allenMarktphasen stetsbewährt.“

Sonnabend, 15. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 179 B 7

Börsen-Zeitung, 15.9.2012Genossenschaften im Aufwind, Re-naissance eines Geschäftsmodells, re-sistent gegen Krisen – nach den gän-gigen Überschriften scheint bei denGenossenschaftsbanken eitel Sonnen-schein. Sogar Bundeskanzlerin An-gela Merkel lobte die Mitgliederban-ken als „Vorbild für die Finanzwelt“.Jedoch: Mit den sich schnell undgrundlegend verändernden Rahmen-bedingungen ziehen auch dunklereWolken am Horizont der genossen-schaftlichen Banken auf. Was kommtauf sie zu in der Regulierung, imWettbewerb um den Kunden unddurch die Entwicklung an den Fi-nanzmärkten? Und was bedeutet dasneue Umfeld für die Genossenschafts-idee im Bankensektor?

Regulierung ohne Augenmaß

Die vielfältigen neuen Anforderun-gen durch die nationale und vor al-lem europäische Regulierungswellekrempeln den Finanzsektor kräftigum. Die Einzelheiten sind zwar nochunklar, die Konturen zeichnen sichaber deutlich ab. Sie werden beson-ders die Genossenschaftsbanken harttreffen: Denn das erforderliche Mehran Eigenkapital kann nicht einfachdurch Kapitalerhöhungen realisiertwerden. Und kleinere Banken habenes wegen der höheren Bedeutungvon Einzelvorgängen schwerer, stetsdie höheren Kennziffern für die Liqui-dität zu erfüllen. Oft ist das Geschäftauch auf ein Segment beschränkt,wie etwa auf das Privatkundenge-schäft bei den Sparda-Banken. Dannwird der Spielraum noch geringer.Hinzu kommen die gewaltigen admi-nistrativen Aufwendungen, um die

Regulierung zu bewältigen. Das istfür kleinere Institute deutlich schwe-rer und im Verhältnis zur geringerenKundenzahl erheblich teurer.

Das europäische Aufsichtsrecht ori-entiert sich an den in Europa vorherr-schenden Großbanken. Mit den Be-sonderheiten von kleineren Institu-ten in großen Verbünden tut sich dieEU schwer – wie die Diskussionenum Basel III oder die Einlagensiche-rung zeigen. Der Verbund wird nichtals eine dem Konzern vergleichbareStruktur anerkannt. So bleiben dieim Markt existenzbedingenden Ver-bundvorteile aufsichtsrechtlich meistunberücksichtigt.

Soll dann auch noch eine Sonder-aufsicht durch die Europäische Zen-tralbank (EZB) für internationaleGroßbanken geschaffen werden, diepassgenau auf deren Geschäftsmo-dell zugeschnitten ist, haben es diekleineren Spezialinstitute unter demallgemeinen Regime im Wettbewerbnoch schwerer.

Hoher Wettbewerbsdruck

Das Marktumfeld im Retailge-schäft bleibt für kostenintensive Bera-tungs- und Filialbanken durch die In-ternetkonkurrenz von Direktbankenschwierig. Mit starker Präsenz vorOrt und leistungsfähigem Internet-auftritt haben sie die hohen Kostenvon Filial- und Direktbanken zu-gleich. Hinzu kommt der Wettbe-werb mit Auslandsbanken um dieEinlagen. Aus aller Welt sammelndiese mittlerweile in Deutschlandgünstig Kundengelder ein, um damitein ertragreiches Aktivgeschäft in ih-rer Heimat zu finanzieren. Deut-schen Regionalbanken steht dieses

Geschäft nicht offen. Selbst Genos-senschaftsbanken aus dem europäi-schen Binnenmarkt drängen nachDeutschland – ob die französischeCrédit Agricole oder die niederländi-sche Rabobank.

Die Volatilität der Finanzmärkte er-schwert es, kalkulierbar Erträge inder Eigenanlage zu erzielen. Dabeilässt die anhaltende Niedrigzins-phase die Margen schwinden. Passiv-überschüsse müssen als Folge desAufsichtsrechts weitgehend in rendi-tearme oder risikoreiche Staatsanlei-

hen investiert werden. Zudem kön-nen reine Privatkundenbanken nichtin den Bereichen der Geschäftskun-den oder des Investment Banking di-versifizieren. Umgekehrt verstärkenGeschäftsbanken ihren Privatkunden-auftritt und erhöhen dort den Wett-bewerb.

Nutzen neu definieren

Im 19. Jahrhundert wurden Mit-gliederbanken gegründet, weil vielenVerbrauchern der Zugang zu Geldan-lage und Kredit fehlte. So sind auch

die Sparda-Banken als Selbsthilfeein-richtungen der Bahn entstanden. Die-sen Bedarf gibt es heute praktischnicht mehr: Das Marktversagen vondamals ist einem vielfältigen undweit verbreiteten Angebot von Fi-nanzdienstleistungen gewichen.

Der Mehrwert der Genossenschaftist heute ein anderer und muss ge-rade jetzt fortentwickelt werden.Eine Genossenschaftsbank, die sichin einem hochkompetitiven Markt-umfeld behaupten will, muss ihrenMitgliedern einen zusätzlichen Nut-

zen bieten, der über dasübliche Angebot amMarkt hinausgeht. Daswar beispielsweise fürKunden der Sparda-Ban-ken jahrelang die kosten-lose Kontoführung. Mitt-lerweile bieten das auchandere Banken dauer-haft an.

Entscheidender aberist, dass Kunden bei derGenossenschaft gleich-zeitig Miteigentümerder Bank sind. Dadurchergibt sich ein besonde-

res Verhältnis zwischen den Kundenund ihrer Bank. „Freundlich undfair“ heißt das bei den Sparda-Ban-ken. Kunden werden für sie nützli-che Leistungen angeboten und keineProdukte aufgedrängt. Das Marke-ting gegenüber den Mitgliedern istzwar werbend, aber nicht reißerisch.Die Bank begegnet ihren Kunden aufAugenhöhe und nicht mit dem Habi-tus des überlegenen Bankers.

Der Service, die Zugänglichkeitund die Erreichbarkeit über die ver-schiedenen Kanäle orientieren sichvor allem an den Bedürfnissen des

Mitglieds und nicht nur an der orga-nisatorischen Zweckmäßigkeit. BeiKostenthemen spielt der Kundennut-zen die entscheidende Rolle. Das al-les ist den Sparda-Banken in der Ver-gangenheit gut gelungen. Das zeigenauch Untersuchungen zur Kundenzu-friedenheit, wo sie seit 20 Jahren denersten Platz belegen. Die modernenTrends von Beteiligung, „Owner-ship“ und Vernetzung, auch im Inter-net, kann die Genossenschaft opti-mal aufnehmen.

Die Mitglieder erwarten zu Recht,dass sich Genossenschaftsbanken inbesonderer Weise ihrer gesellschaft-lichen und wirtschaftlichen Verant-wortung bewusst sind und im In-teresse des Gemeinwohls handeln.Das schließt das Engagement fürSport, Kultur und benachteiligteGruppen ein. Allerdings bleiben Ge-nossenschaften primär der Förde-rung ihrer Mitglieder verpflichtetund sind keine öffentlichen Ein-richtungen.

Preisführerschaft

Die schlanke Struktur, die effizien-ten Abläufe und die Konzentrationauf wenige und einfache Produktehaben es den Sparda-Banken bislangermöglicht, ihre Finanzdienstleistun-gen im Marktvergleich äußerst güns-tig anzubieten. Ob sie die Preisführer-schaft unter den dargestellten Bedin-gungen mittel- und langfristig haltenkönnen, bleibt abzuwarten. Aller-dings wird das genossenschaftlich ge-prägte Geschäftsmodell gerade nachder Finanzkrise eine größer wer-dende Zielgruppe finden – selbstwenn Discounter ohne Filialen dasein oder andere Produkt einmal güns-tiger anbieten sollten.

Unterscheidbar sein

Dafür müssen die Genossenschafts-banken ihre Alleinstellungsmerk-male deutlich herausarbeiten und imAlltag innovativ ausgestalten. Siedürfen für den Verbraucher nicht alsGeschäftsbanken im Genossen-schaftsmantel erscheinen. Natürlichmüssen sie wettbewerbsfähig seinbei den Leistungen, beim Serviceund bei den Konditionen. Aber siemüssen daneben eine genossen-schaftliche Bankkultur leben, die ei-

nen erfahrbaren Unterschied machtzu Instituten, die nicht ihren Kundengehören. Dafür müssen sie sich imMarketing und Vertrieb am Interesseder Mitglieder orientieren. Die Bank-steuerung muss nachhaltig und si-cherheitsbewusst erfolgen. Und derMitgliedernutzen muss weiterhin imMittelpunkt stehen.

Dazu gehört auch die konsequentePflege der Marke, die diese Kulturverkörpert. Wenn Genossenschaftennicht mehr – wie in der Ursprung-szeit – eine Lücke bei Marktversagenfüllen, sondern sich in reifen Märk-ten behaupten wollen, muss die Un-terscheidbarkeit durch eine starkeMarke gewährleistet werden.

Dies alles unter den erschwertenBedingungen der Regulierung, desWettbewerbs und der Finanzmärktezu erreichen, stellt für die Genossen-

schaftsbanken eine gewaltige Heraus-forderung dar. Prioritäten werden na-turgemäß bei den drängenden The-men gesetzt und die Ressourcen ent-sprechend genutzt. Mittel- und lang-fristig wird sich das genossenschaftli-che Bankwesen aber umso mehr be-haupten können, je deutlicher diespezifischen Stärken hervortreten. In-vestition und nicht nur Optimierungheißt das Gebot der Stunde.

Natürlich ist der Aufwind durchdie Finanzkrise willkommen und dieFreundlichkeiten im Zuge des Inter-nationalen Jahrs der Genossenschaf-ten schmeicheln. Entscheidend fürdie Zukunftsfähigkeit der Mitglieder-banken bleibt jedoch die Arbeit anden harten Themen.

Fortsetzung von Seite B 7

schen der Portfolio- und der Liquidi-tätssteuerung bzgl. der notwendigenQualität der zu erwerbenden liqui-den Aktiva. Es besteht die Gefahr,dass im Liquiditätspuffer Konzentrati-onsrisiken aufgebaut werden, da„gute“ Staatsrisiken eingegangenwerden müssen.

Nicht allzeit sicher

Die aktuelle Situation zeigt nurallzu deutlich, dass Staatsanleihenweder allzeit sicher noch stets li-quide sind. Da der gesamte Marktdie gleichen hochliquiden Aktiva fürden Liquiditätspuffer vorhaltenmuss, werden alle Institute in einemMarktstress die gleichen Bestände ab-bauen wollen. Dies führt unweiger-lich dazu, dass die zuvor als hochli-quide angenommenen Wertpapieregerade dann nicht mehr liquide sind,wenn sie gebraucht werden. Im Zwei-fel werden die Institute dann auf dieNotenbanken zurückgreifen müssen.Die vorgesehene Übergangszeit bie-tet der Aufsicht Gelegenheit, Erkennt-nisse zu sammeln und die Kennzifferentsprechend anzupassen und bei-spielsweise die Notenbankfähigkeiteines Wertpapiers als wesentlichesQualitätskriterium für ein „liquidesAktivum“ heranzuziehen.

Im Rahmen der Portfoliosteue-rung wird es darauf ankommen, dieKosten der Neuausrichtung der Anla-gestrategie zur Erfüllung des regula-torisch anerkannten Liquiditätspuf-fers in Grenzen zu halten. Unabhän-gig davon ist die interne Kalkulationsowohl auf Produkt- als auch aufKundenebene um die Kosten des Li-quiditätspuffers zu ergänzen, umeine verursachungsgerechte Beprei-sung der Liquidität zu gewährleisten.

Fazit: Zukünftig sind LCR undNSFR als neue aufsichtsrechtlicheKennziffern im Rahmen der Liquidi-tätssteuerung zu beachten, die – an-ders als die bisherige Liquiditätsver-

ordnung – Auswirkungen auf das Ge-schäftsmodell und damit auch die Er-gebnisentwicklung der Finanzinsti-tute haben werden. Die Institute müs-sen ihre bisherigen Planungs- undSteuerungsansätze überprüfen undggf. anpassen sowie neue Produkteentwickeln, die sich positiv auf dieKennziffern auswirken. Im Fokuswird ein selektives Wachstum ste-hen. Die Banken werden daher mitFragestellungen konfrontiert, wieviel Passivmittel ihnen zur Verfü-gung stehen, ohne auf den (nichtmehr funktionierenden) Interban-kenmarkt zurückgreifen zu müssenund welches Geschäft sich auf der Ak-tivseite daraus generieren lässt.

Die Geschäftsmöglichkeiten wer-den somit künftig sehr stark von denStrukturen der Passivseite determi-niert. Aufgrund des zunehmendenWettbewerbs um Privatkunden wirdsich die Mittelbeschaffung verteu-ern. Bei gleichzeitig sinkenden Erträ-gen auf der Aktivseite (Liquiditäts-puffer) und Beschränkungen bei derFristentransformation kommen dieErgebnisse der Banken unter Druck.Zusätzlich werden die technischenund personellen Aufwendungen zurErfüllung der regulatorischen Anfor-derungen eine zusätzliche Belastungdarstellen.

Weiter erfolgreich behaupten

Trotz dieser Herausforderungenist der genossenschaftliche Banken-sektor durch den engen Zusammen-halt gut positioniert, um sich denwettbewerblichen und regulatori-schen Herausforderungen zu stellenund sich auch weiterhin erfolgreichzu behaupten. Von einer Fortfüh-rung des bestehenden erfolgreichenGeschäftsmodells – ohne massiveAuswirkungen wie sie zum Teil an-dere Banken(gruppen) treffen wer-den – ist für die Volksbanken Raiffei-senbanken mit subsidiärer Unterstüt-zung ihrer Zentralinstitute weiterauszugehen.

Liquidität im Fokus

VonJoachim Wuermeling

Vorstandsvorsitzenderdes Verbandes derSparda-Banken e.V.

Genossenschaftsbanken müssen Mehrwert bietenAlleinstellungsmerkmale deutlich herausarbeiten und im Alltag innovativ ausgestalten – Arbeit an harten Themen entscheidet über die Zukunftsfähigkeit

„Mittel- und langfris-tig wird sich dasgenossenschaftlicheBankwesen aberumso mehrbehaupten können,je deutlicher diespezifischen Stärkenhervortreten.“

B 8 Börsen-Zeitung Nr. 179 Sonderbeilage Sonnabend, 15. September 2012