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"Vom Fliehen in die Bewegungsunruhe" - Neuromotorische Aspekte im Rahmen der ADHS-Diagnostik Sozialpädiatrisches Zentrum Wismarsche Str. 390 19055 Schwerin Dr. med. Tilman Köhler Kinder- und Jugendarzt Systemische Beratung / Systemischer Kinder- und Jugendlichentherapeut Rehabilitation Kinderzentrum Mecklenburg

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"Vom Fliehen in die Bewegungsunruhe" - Neuromotorische Aspekte im Rahmen der

ADHS-Diagnostik

Sozialpädiatrisches ZentrumWismarsche Str. 390

19055 Schwerin

Dr. med. Tilman KöhlerKinder- und Jugendarzt

Systemische Beratung / Systemischer Kinder- und Jugendlichentherapeut

Rehabilitation

Kinderzentrum Mecklenburg

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• Kinder finden immer weniger Spiel- und Bewegungsräume vor, in denen sie ihre Bewegungsbedürfnisse spontan und gefahrlos ausleben dürfen

• Kinder werden im Zuge organisierter "Events" durch angeleitete Aktivitäten Erwachsener zunehmend verplant ("verplante Kindheit")

• Kinder beschäftigen sich immer mehr statisch passiv sitzend mit den multimedialen Angeboten einer Spiel- und Informationstechnologie (Erfahrungen aus "zweiter Hand")

• Kinder haben immer weniger Spielpartner, sie spielen häufig allein

• Kinder werden durch verunsicherte und in ihrem Erziehungsverhalten zur Überbehütung neigende Erwachsene in ihrem spontanen Spiel- und Bewegungstrieb immer mehr eingeschränkt.

Motorische EntwicklungsproblemeAllzu Bekanntes – Daten zum Verdauen...

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Im Rahmen des bundesweiten KIGGS Survey (www.kiggs.de) wurden in den

letzten Jahren unter anderem in der Universität Karlsruhe rund 4.500 Kinder und Jugendliche getestet.

•Mehr 33 Prozent der 4- bis 17-Jährigen gelang es danach nicht, zwei oder mehr Schritte auf einem Balken rückwärts zu balancieren.

•86 Prozent schafften es nicht, eine Minute lang auf einem Bein zu stehen.

•Im Standweitsprung verschlechterten sich dieLeistungen gegenüber dem Wert von 1976 um etwa 14 Prozent.

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Allzu Bekanntes – Daten zum Verdauen...

Mschr. Kinderheilkunde Sept. 2007

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Bewegungsmangel führt zu Haltungsstörungen, Wahrnehmungs- und Koordinationsproblemen bis hin zu

emotionalen und Verhaltensstörungen.Regelmäßige Bewegung bewahrt auch vor Übergewicht,

entspannt und fördert das Selbstbewusstsein. "Bewegte" Kinder sind auch eher vor Verletzungen

geschützt als Bewegungsmuffel, weil sie Stürze besser abfangen können oder seltener mit anderen spielenden

Kindern zusammenstoßen oder das Gleichgewicht verlieren.

Bewegungsmangel führt zu reduzierter Leistungsfähigkeit der Haltemuskulatur, frühzeitigen Ermüdungserscheinungen,

Schlafstörungen, nervöse Überreiztheit, Unruhe und Konzentrationsstörungen.

Allgemeines

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Entwicklungsauffälligkeiten bei Schulanfängern in MV

Auffälligkeiten bei ESU 01/02 02/03Übergew icht * 7,5 8,3Psychosoziales Verhalten 10,1 11,5Visomotorik/Raumlage 26,4 31,6Visuelle Differenzierung 8,8 8,1Simultanerfassen von Mengen 13,8 14,7Akustische Differenzierung 14,3 21,1Merkfähigkeit von Zahlen 17,6 18,6Merkfähigkeit von Sätzen 18,8 19,6Abstraktionsvermögen/Zus.hänge erf. 14,4 16,5Psychophysische Belastbarkeit 18,3 19,6psychosomatische Beschw erden 2,7 2,3Untergew icht 1,5 2,9 A

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Allzu Bekanntes – Daten zum Verdauen...

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Allgemeines zur Entwicklung

-Die motorische Entwicklung insbesondere die AufrichtungDie motorische Entwicklung insbesondere die Aufrichtung und das Laufen lernen eines Kindes stehen oft im und das Laufen lernen eines Kindes stehen oft im Mittelpunkt der allgemeinen Entwicklung.Mittelpunkt der allgemeinen Entwicklung.

- Bei verzögerter motorischer Entwicklung bezieht sich die - Bei verzögerter motorischer Entwicklung bezieht sich die Sorge auf die psychomotorische Entwicklung allgemein.Sorge auf die psychomotorische Entwicklung allgemein.

- Bei entwicklungsgestörten Kindern wird oft gehofft, dass - Bei entwicklungsgestörten Kindern wird oft gehofft, dass vom rechtzeitigen Erreichen der motorischen Fähigkeiten, vom rechtzeitigen Erreichen der motorischen Fähigkeiten, die normale psychomotorisch kognitive Entwicklung die normale psychomotorisch kognitive Entwicklung des Kindes weiter folgen würde.des Kindes weiter folgen würde.

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Vorgeburtliche Entwicklung

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Entwicklung der neuronalen Vernetzung in der Großhirnrinde

Geburt 3 Monate 15 Monate 3 Jahre

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Entwicklungsbeobachtung und - bestimmung

• Kalendarisches Alter• Entwicklungsalter … besser …

EntwicklungsqoutientEQ=EA:LAx100• Biologisches Alter

– Körperhöhe, Körpergewicht– Zahnalter– Epiphysenfugenverknöcherung– Geschlechtsreifung

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Allgemeines zur Zürcher Neuromotoriktestung

-Bisher existiert kein einheitliches und allgemein akzeptiertes Konzept über motorische Entwicklung und

Körperwahrnehmung.

-Allerdings eröffnet die Vertikalisation bei Kindern eine deutliche kognitive Entwicklungsphase

-Ursachen der gestörten Entwicklung sowie die Förder- und Behandlungsmöglichkeiten sind Gegenstand

erbitterter Kontroversen aus theoretischer und praktischer Sicht.

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Allgemeine ProblemeNormal begabte Kinder mit motorischen Problemen werden oft beobachtet.

5-6% der Kinderpopulation in Kanada werden mit motorischen Koordinationsproblemen beobachtet ( DCD= Developmental coordination disorder ( Missiuna,Gaines in CMAJ, 175(5); 471-473,2006)

Unruhe, Probleme mit dem Beginnen oder Abschließen von schriftlichen Aufgaben bereiten Probleme.Kinder werden durch ihre Ungeschicklichkeit von den anderen Kindern vom Mitspiel ausgeschlossen.Kinder mit motorischen Koordinationsproblemen fallen oft auf durch schwerwiegende Lern- und Sozialstörungen, sowie durch Selbstwertstörungen.

Analoge Zahlen finden sich auch als ADHS Komorbidität beschrieben.

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Typische Problembeschreibungen der Eltern von Kindern mit DCDAlter/ Jahr 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Motorik    

Auffälligkeiten der Fein- und Grobmotorik; verspätetes Dreiradfahren; kein Ballfangen möglich; kein Fahrradfahren möglich; Schwierigkeiten beim Springen und Klettern; verminderte Fitness/Ausdauer              

Selbständigkeit          

Schwierigkeiten beim Gebrauch kleiner Utensilien; Hilfe beim an- und auskleiden, kein Schuhebinden, Reisverschluss kann nicht betätigt werden; chaotischer Esser; kann Fleisch nicht mit dem Messer schneiden          

Schule              

unreife Stifthaltung, Schwierigkeiten beim Schreiben, Missverhältnis zwischen verbalen Möglichkeiten und der tatsächlichen Leistung bei Überrpüfungen (überschätzt sich); Frustrationen beim Schreiben und bei Hausaufgaben.    

Soziale Probleme                  

Begrenzte Teilnahme an sportlichen Betätigungen und ausserschulischen Aktivitäten; tendiert zur unregelmässigen Teilnahme, Rückzug, wird ausgeschlossen, soziale Isolation

Verhalten/ Emotionale Probleme      

Verhaltensprobleme : Vermeidet aktives Spiel und feinmotorische Aktivitäten; vermeidet Sport und aktive Erholung; ist oft frustriert und vermeidet Fragen

   

vermindertes Selbstbewusstsein; Kommentare des Selbstzweifels; verminderte Kompetenzwahrnehmung; Introveriertheit, Ängstlichkeit, Depression

Quelle: Quelle: Missiuna,Gaines in CMAJ, 175(5); 471-473,2006

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Quelle: ZNM elektr.Manual – zum Test, Largo et al. , AWE Verlag Zürich, 2007

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Zürcher Neuromotorik Test ( Largo et.al. Zürcher Neuromotorik Test ( Largo et.al. 2001)2001)

TestaussageTestaussage

Quelle: ZNM elektr.Manual – zum Test, Largo et al. , AWE Verlag Zürich, 2007

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Schlussfolgerung aus ZNM- Therapie oder Sport?• Bei schwacher motorischer Grundleistung sind wiederholende

Trainingseinheiten mit einer Verbesserung der muskulären Schnelligkeit und Ausdauer verbunden

• (Prinzip des sportlichen Trainings mit in Zeitdauer und Intensität ansteigenden Übungssequenzen jeweils mit einer Erholungspause von ca. 24 Stunden - physiologische Zeitspanne zur muskulären Erholung – sog. Intervalltraining)

• Keine Therapie !! • – es reicht sportliches Training !

• Adaptive komplexe Bewegungseinheiten können• spielerisch mit Erfolgsrückmeldung • motivierend erarbeitet und verbessert werden.

Grundlage neuronalen Lernens

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Danke für Ihre neuronale Aufmerksamkeit !!Danke für Ihre neuronale Aufmerksamkeit !!Quelle: gehirn& geist 10/2006