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Waldbau und Holz~orschung 191 Summary In the indroduction a short survey is given on K6STLER'S activity in various fields. In his book "Silviculture", it is pointed out that silviculture is a biological technique. Wood science received valuable impulses from forest men. Diagnoses of woodlands lead to interesting analyses of stems, reporting about age, growth, and forms of stems and crowns. Year ring chronology gives insight into the relationships between variation in growth and climate. The dependence of density and annual width is especially important. The problem of the value of wood is discussed. In this respect the influence of knots is interesting. The frequency distribution according to GAUSS is dealt with, and it is said that K6S'rLER is a universal scientist. Literatur Im Verzeichnis angegeben sind nur fremde Arbeiten, aber nicht die yon K6STLEn. Ein voll- st~/ndiges Verzeichnis der Ver/Sffentlichungen von K~SSTLER 1924 bis 1967, und zwar gegliedert nach Biichern und selbst~indigen Schriften, nach Vortr~igen, Aufs~itzen und Beitr~igen mit den Untertiteln : a. Kulturgeschichte und Forstgeschichte, b. Forstwissenschaft, Forschung, Organisation, c. Bio- graphien, Nekrologe und Laudationen, d. Forstliche Wirtschaft, e. Waldbau und einem Nachweis iiber die Herausgebert~itigkeit findet sich in dem Buch ,,Wald, Mensch, Kultur" yon K6STLER, Verlag Paul Parey, Hamburg, Berlin, 1967. 1. GRAF, O., 1938: Tragf~higkeit der Bauh/51zer und der Holzverbindungen. Mitt. FachausschuB Holzfragen, H. 20. Berlin. -- 2. GUT'rENBERG, A., 1915: Wachstum und Ertrag der Fichte im Hochgebirge. Wien und Leipzig. - - 3. Hul~Erl, B., 1941: Aufbau einer mitteleurop~iischen Jahr- ringchronologie. Mitt. H. G. Akad. d. d tsch. Forstwissenschaft. 1, S. 110/125. - - 4. HUBER, B., 1948: Die Jahrringe der B~iume als Hilfsmittel der Klimatologie und Chronologie. Naturw. 35, S. 151/154. -- 3. HUBER, B., 1947: Physiologische Rhythmen im Baum. MeteorolRundschau 1, S. 144/147. -- 6. KOLLMANX, F., 1943: Stand der Wissenschaft vom Holz. VDI-Zeitschr. 87, S. 737/753. -- 7. KOLLMANN, F.; SCHMIDT, E.; TEmHGgXBER, R.; BAUR, E., 1959: Verglei- &ende Untersuchungen an deutschem und schwedischem Kiefernholz fiir Masten. Holz Roh- Werkstoff 17, S. 474/483. -- 8. KOLLMANN, F., 1965: Die Bedeutung der Gauflschen Nor- malverteilung fiir Struktur, Sorption und Rheologie yon Holz. Holz Roh-Werkstoff 2a, S. 165/173. 9. KOtLMANN, F., 1966: Spriinge und das Mal~ der Mitre im organischen Natur- geschehen. Naturwiss. Rundsch. 19, S. 223/231. -- 10. MAYER-WEGELIN, H., 1936: F.stung. Hannover. -- 11. MAYER-WEGELIN, H., 1937: Das AufEsten der Waldb~ume. Hannover. -- 12. N6RDI.INGER, H., 1860: Die technischen Eigenschaffen der H61zer. Stuttgart. -- 13. Trio- MaStUS, H., 1962: Diskussion der Backmanschen Wa&stums- und Zuwachsfunktion und der Methoden zur Bestimmung ihrer Konstanten. Arch. f. Forstw. 11, S. 1013. -- 14. YLINEN, A., 1942: Dehnungsmessungen in der Umgebung yon _Ksten bei Kiefernholz. Holz Roh-Werkstoff 5, S. 337/338. Vom Wesen waldbaulicher Arbeit heute und morgen Von HANNES MAYER Waldbau-lnstitut der Hochschule fiir Bodenkultur, Wien Anl~if~lich der letzten vom Jubilar angeregten interfakultativen Lehrwanderung in den Rupertigau zum ,,Studium generale" fiir Studenten der Forstwirtschaft, der Kunst- geschichte und Physik versuchte ich am 11. Juni 1966 im stimmungsvollen Festsaal des von FISCHER YON ERLACH gestalteten barocken Lusts&losses Klet~heim bei Salzburg Forstw. Cbl. 91 (1972), 191-201 @ 1972Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin

Vom Wesen waldbaulicher Arbeit heute und morgen

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Waldbau und Holz~orschung 191

S u m m a r y

In the indroduct ion a short survey is given on K6STLER'S ac t iv i ty in var ious fields. In his book "Si lvicul ture" , it is pointed out that silviculture is a biological technique. Wood science received valuable impulses from forest men. Diagnoses of woodlands lead to interesting analyses of stems, report ing about age, growth, and forms of stems and crowns. Year ring chronology gives insight into the relationships between var ia t ion in growth and climate. The dependence of density and annual wid th is especially important . The problem of the value of wood is discussed. In this respect the influence of knots is interesting. The frequency distribution according to GAUSS is dealt with, and it is said that K6S'rLER is a universal scientist.

Literatur

Im Verzeichnis angegeben sind nur fremde Arbeiten, aber nicht die yon K6STLEn. Ein voll- st~/ndiges Verzeichnis der Ver/Sffentlichungen von K~SSTLER 1924 bis 1967, und zwar gegliedert nach Biichern und selbst~indigen Schriften, nach Vortr~igen, Aufs~itzen und Beitr~igen mit den Untertiteln : a. Kulturgeschichte und Forstgeschichte, b. Forstwissenschaft, Forschung, Organisation, c. Bio- graphien, Nekrologe und Laudationen, d. Forstliche Wirtschaft, e. Waldbau und einem Nachweis iiber die Herausgebert~itigkeit findet sich in dem Buch ,,Wald, Mensch, Kultur" yon K6STLER, Verlag Paul Parey, Hamburg, Berlin, 1967. 1. GRAF, O., 1938: Tragf~higkeit der Bauh/51zer und der Holzverbindungen. Mitt. FachausschuB Holzfragen, H. 20. Berlin. - - 2. GUT'rENBERG, A., 1915: Wachstum und Ertrag der Fichte im Hochgebirge. Wien und Leipzig. - - 3. Hul~Erl, B., 1941: Aufbau einer mitteleurop~iischen Jahr- ringchronologie. Mitt. H. G. Akad. d. d tsch. Forstwissenschaft. 1, S. 110/125. - - 4. HUBER, B., 1948: Die Jahrringe der B~iume als Hilfsmittel der Klimatologie und Chronologie. Naturw. 35, S. 151/154. - - 3. HUBER, B., 1947: Physiologische Rhythmen im Baum. MeteorolRundschau 1, S. 144/147. - - 6. KOLLMANX, F., 1943: Stand der Wissenschaft vom Holz. VDI-Zeitschr. 87, S. 737/753. - - 7. KOLLMANN, F.; SCHMIDT, E.; TEmHGgXBER, R.; BAUR, E., 1959: Verglei- &ende Untersuchungen an deutschem und schwedischem Kiefernholz fiir Masten. Holz Roh- Werkstoff 17, S. 474/483. - - 8. KOLLMANN, F., 1965: Die Bedeutung der Gauflschen Nor- malverteilung fiir Struktur, Sorption und Rheologie yon Holz. Holz Roh-Werkstoff 2a, S. 165/173. 9. KOtLMANN, F., 1966: Spriinge und das Mal~ der Mitre im organischen Natur- geschehen. Naturwiss. Rundsch. 19, S. 223/231. - - 10. MAYER-WEGELIN, H., 1936: F.stung. Hannover. - - 11. MAYER-WEGELIN, H., 1937: Das AufEsten der Waldb~ume. Hannover. - - 12. N6RDI.INGER, H., 1860: Die technischen Eigenschaffen der H61zer. Stuttgart. - - 13. Trio- MaStUS, H., 1962: Diskussion der Backmanschen Wa&stums- und Zuwachsfunktion und der Methoden zur Bestimmung ihrer Konstanten. Arch. f. Forstw. 11, S. 1013. - - 14. YLINEN, A., 1942: Dehnungsmessungen in der Umgebung yon _Ksten bei Kiefernholz. Holz Roh-Werkstoff 5, S. 337/338.

Vom Wesen waldbaulicher Arbeit heute und morgen

Von HANNES MAYER

Waldbau-lnstitut der Hochschule fiir Bodenkultur, Wien

Anl~if~lich der letzten vom Jubi lar angeregten in ter fakul ta t iven Lehrwanderung in den Ruper t igau zum ,,Studium generale" fiir Studenten der Forstwirtschaft, der Kunst - geschichte und Physik versuchte ich am 11. Juni 1966 im st immungsvollen Festsaal des von FISCHER YON ERLACH gestalteten barocken Lusts&losses Klet~heim bei Salzburg

Forstw. Cbl. 91 (1972), 191-201 @ 1972 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin

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das Wesen des Waldes zu skizzieren. Die angeregten Diskussionen klangen lange nach und regten zu einer grunds~itzlichen fachlichen Standortsbestimmung an. Bei vielfachen Anl~issen haben K6SVL~R und LEIBUNDGUT umfassend zu grundlegenden Problemen des Waldbaues und der Forstwirtschaflc Stellung genommen, so daf~ es /.iberfl~issig scheint, einen neuen Traktat anzuf/.igen. Die sich schier [ibersfiirzende technische, wirt- schai~liche und soziologische Entwicklung in 5~ingster Zeit, die auch vor der Forstwirt- schafl~ nicht halt machte, erfordert eine kritische Besinnung, inwieweit das gerade vom Jubilar zielstrebig erarbeitete Leitbild zur [lberwindung der vielberedeten Krise im W/aldbau beitragen kann. Aus der ~Ssterreichischen Situation beleuchtet, gewinnt der Problemkreis profilierte Konturen durch vorherrscbende Gebirgsw~tder mit vielseitigen Aufgaben, eine unerlSl~liche forsttechnische Betriebszur/.istung und vor allem durch hervortretende/Skonomische Probleme infolge der Privatwalddominanz (i.iber 80 ~

Der W/aid ist eine Lebensgemeinschai~, ein mannigfaltiges Beziehungsgefi~ge, In den verschiedenen strukturellen Schichten bauen zahlreiche Arten aus dem Pflanzen- und Tierreich eine Bioz~Snose auf, die unter nati.irlichen Verh~iltnissen einem Flief~gleich- gewicht zustrebt. Diese dynamischen i~kosysteme umfassen die belebte und unbelebte Umwelt (Biochore). Nicht die Waldb~.ume oder der Waldboden oder einzelne Teile, sondern die Waldgesellschai~ mit ihrer Umwelt, die W~ilder als Glied einer Natur- sch6pfung m~issen den Ausgangspunkt f/.ir die Beurteilung durch den wirtschai~enden Menschen darstellen. Aus einem ganzheitlichen Erfassen der Beziehungsdynamik lassen sich nut behutsame, an den nat[irlichen Vorg~ingen im Walde angepaf~te Eingriffe ab- leiten (K6sTLER, 1950; LEIBUNDGUT, 1951). ,,Weif~t du, was ein Wald ist?" fragt Herr PUNTI~A seinen Knecht MA'rTI (BE~vOLV BRECHT, 1940/41): ,,Ist ein Wald etwa nut 10 000 Klaflcer Holz? Oder ist er eine gri.ine Menschenfreude?" Damit soll die iSkono- mische und soziale Rolle des Waldes angedeutet werden.

Dariiber hinaus leitet sich fl.ir die Forstwirtschafl im Vergleich zur Landwirtschat~ und mehr noch zur Industrie eine Sonderstellung ab: Beginn der T~itigkeit mit der Ernte, lange Produktionszeitr~iume (100 Jahre und l~inger), spekulative Bedarfswirt- schai~ bei stand/Srtlicher Zwangsproduktion, nur langfristige, absolut bescheidene Um- stellungsmiSglichkeiten, geringes Ausmai~ der Ertragssteigerung, Bodenbearbeitung und D~ingung nur in Spezialf~illen, gesicherte Anwendbarkeit yon ZCichtungsergebnissen erst nach Jahrhunderten; symptomatische, nur kurzfristig wirksame Sch~idtingsbe- k~impfung in k~instlichen labilen Best~nden sehr aufwendig, so daf~ langfristige pro- phylaktische Mai~nahmen erfordertich werden. Da nur stabile, naturn~here Lebens- gemeinschaflcen eine nachhaltige Dauerleistung garantieren, mui~ bei der Langfristigkeit der Produktion und der beschr:,inkten Manipulierbarkeit ganz bewul~t die Technik im Dienste der Biologie wirken. Durch stark reduzierte Rationalisierungsm~Sglichkeiten und Riicksichmahme auf kaum beeinflui~bare Faktoren ergibt sich durch die so enge /Skologisch-biologische Gebundenheit der Produktion eine einmalige Situation.

Die zu einseitige BerCicksichtigung biologisch-6kologischer Momente rui~ vcirtscha~- liche Schwierigkeiten hervor. Eine /.iberbetonte technische oder 6konomische Ausrich- tung f~ihrt tiber kurz oder lang zur akuten Gef~ihrdung der Produktionsbasis durcb mannigfache Katastrophen (Insekten, Sturm), Ertragsri.ickgang und schlief~lich zur Existenzgef~ihrdung des Waldes. Wenn man das Besondere der Forstwirtschait nut in einem langen Produktionszeitraum (PuRRER, 1971) oder in der ~Skonomisch inter- essanten Manipulierbarkeit des erntef~ihigen Produktionsmittels zum Produkt sieht, dann sind exploitative industriem~.ffige Holznutzung und Holzackerbau die Konse- quenzen mit allen Folgen: Monokulturen, chemische Schiidlingsbekiimpfung, Grof~- fl~.chennutzung, Vollmechanisierung, kurzfristige Gewinnmaximierung usw. Der Forst- politiker HASEL (1971) hat das Besondere der nachhaltigen VZaldwirtschafl umfassend beschrieben. ,,In ihr kommt eine hohe sittliche Idee zum Ausdruck, wie das in keinem anderen Gebiet menschlicher T~itigkeit in solcher Weise der Fall ist: Maf~halten in der

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Inanspruchnahme yon Vorteilen und Nutzen mit R[icksicht auf die Sicherung ki.in~iger Leistungen. Intensive Pflege, hoher Aufwand an Arbeit und Geldmitteln, um Bed~irf- nisse kommender Generationen befriedigen zu k~Snnen. Sich beschr~nken im Hinblick auf andere und das Ganze, Leistungen erbringen, ohne selbst pers~Snlichen Nutzen davon zu haben. Das erfordert vom Waldbesitzer eine geistige Haltung, die in der Landwirtschaf~, Gewerbe und Industrie kein Gegensti~ck finder. Dieses fiir die Zukuni~ Denken und Schaffen ist das Besondere, das die Waldbewirtscha~ung heraushebt und unterscheidet gegeniiber allen anderen Arten menschlicher Bet~itigung." LEIBUNDGUT (1966) hat diese Einstellung mit dem Begriff der Waldgesinnung umschrieben. Bei der Entwicklung eines forstlichen Leitbildes entscheidet die Grundauffassung.

Der klassische Waldbau im mitteleurop~iischen und perialpinen Raum ist nur histo- risch verst~.ndlich. K6STCER (1963) hat die Entwicklung skizziert: HANs CARt v. CAR- LOXVITZ hat bereits 1713 aus der Holznot die Begri.indung yon Ertragsbest~inden ge- fordert. GEORG Lu~wIo HARTIG entwickelte 1795 den Gedanken der Nachhaltigkeit und der langfristigen watdbaulichen Planung. Schliel~lich lehrte KARL GAYER 1880 ein auf wissenschai~licher Basis beruhendes ~Skologisches Denken. Riickschl~ige durch Phasen eines dogmatischen Waldbaues, wie sie z. B. durch die lokale Verbindlichkeitserkl~rung des Blendersaumschlages eintraten, haben durch die sich ergebenden Konsequenzen letztlich die Entwicklung positiv beeinflut~t. Den am weitesten fortgeschrittenen rnodernen W/aldbau (vgl. SVEINLIN, 1966) kennzeichnen aufbauend auf eine organisch- dynamische Grundeinstellung vor allem folgende Elemente (K6sTcER, 1969): - - Den Ausgangspunkt bilden eine standorts- und vegetationskundliche Grundlagen-

erfassung zur Bestimmung der nat~irlichen Waldlebensgemeinscha~ mit ihrer Oko- logie und ihrem Wuchspotential (vgl. LAMVRECHT, 1970) sowie naturwissenschat~- lithe Forschungsanalysen.

- - Nachhaltigkeit ist nur in naturnah aufgebauten Best~inden bei Beachtung der sozio- logisch-/Skologischen Grundlagen gew~ihrleistet.

--Bestandesindividuetle Planung durch eingehende tokale Analyse, kritische Ziel- setzung nach Abw~gunF, der leistungsf~.higsten Alternativen und konsequenter Vollzug zwecks h/Schstm/Sglicher Ausnutzung des Ertragsverm~Sgens der Best~inde; beschr~inkte l[lbertragbarkeit waldbaulicher Folgerungen (MA'CER, 1964).

--Kontinuierliche Anpassung der Pflegearbeiten an die nati~rlichen Entwicklungs- phasen der Waldbest~nde.

--Waldverj~ingung als integrierende abschlief~ende Ma~nahme einer langfristigen Waldpflege durch zielgerechte nat[irtiche bzw. k~instliche Begr~indung nachhaltig leistungsf~ihiger Folgebest~inde.

Der waldbauliche Fortschritt der letzten Jahrzehnte liegt vor allem in einer standorts- und bestandesindividuell differenzierten waldbaulichen T~itigkeit begr~ndet, die auf einer verbesserten Grundlagenerhebung aufbauend bei Pflege und Verj~ingung der Best~inde durch konsequente Aussch~Spfung der nati~rlichen Produktionskr~il~e gesamt- hai~ die stand~Srtliche Ertragsf~ihigkeit erh~Sht und das Ertragsverm/Sgen der Best~inde steigert. Diese ideale Zielvorstellung ist das wirkende Leitbild f/.ir den st~.ndigen per- s~Snlichen Einsatz in einem langen Produktionszeitraum an unz~.hligen Punkten im Betriebsgeschehen, dem niiherungsweise nachgestrebt werden soll. Beim Vollzug m~issen zwangsl~iufig durch manche Umst~inde wesentliche Abstriche gemacht werden. In der zunehrnenden Diskrepanz zwischen dem wissenscha~lichen (theoretischen) Ideal- zustand und dem praktisch erreichbaren Istzustand wird zum Teil die gegenw~/rtige Krise des Waldbaues gesehen, deren kausale Analyse auch den Schliissel zur Weiter- entwicklung liefert.

Bei der so differenzierten Ausgangslage variieren die Au~assungen ~iber die wald- bauliche T~itigkeit in einem weiten Spielraum. Die analoge Gleichstellung von Wald- bau und Feldbau, wie sie Cov~A (1816) durchfiihrte, widerspricht dem Wesen der

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Waldwirtschai~. DENCLrrt (1944) erweiterte den Begriffsinhalt vonder Holzzucht zum Waldaufbau und identifizierte den Waldbau nicht als blof~es Handwerk, sondern als eine Baukunst. K6s'r~rR (1950) versteht unter Waldbau das unmittelbare Handeln im Walde, eine biologisdl gebundene Technik, durch die meist Wirtscha~sziele im Rahmen des Forstwesens erreicht werden sollen. Mit dem Begriff Waldbau verbindet LEIBt3ND- CtST (1971) die Wissenscha~ vom Beziehungsgef~ige des Waldes sowie die Technik der Waldbegr[indung und Pflege. Durch die mittelbaren und unmittelbaren Wirkungen des Waldes versteht K6STLrI~ (1954) Waldbau im weiteren Sinne als Kulturaufgabe dutch eine nicht nur technische Waldpflege, die richtig verstanden die yon ALBZRV SCHWZITZZR aufgestellte ethische Forderung der Ehrfurcht vor dem Leben und den Wachstums- kr~i~en realisiert (K~SsTLER, 1953): Waldbau als Waldpflege aus W/aldgesinnung (K6sv- LER, 1969). Eine entscheidende, fachlich umfassendere Einstellung wird damit doku- mentiert. Der Waldbau war Jahrhunderte die zentrale Mitte der forstlichen T~itigkeit in Mitteleuropa. Diese Stellung ist zu einem Zeitpunkt in Frage gestellt, da durch einen freien Waldbau-Stil, dutch eine standorts- und bestandesindividuelle \v,/'aldbe- handlung die waldbauliche Effektivit~t grislier denn je ist. Nach den entscheidenden wissenscha~iichen Fortschritten der letzten Jahrzehnte iiberrascht die Krise des Wald- baues um so mehr. Kritische Selbstbesinnung ist angebracht, um Wesen und Ursache aufzukl~iren (LEIBtJNDCUV, 1967). Nur Klarheit iiber die k~int~ige Problemstellung i.iberwindet die Stagnation. Beruht diese Krise zu einem anderen Teil nicht atlch auf ungen[igender fachlicher Wegleitung oder passiver Reaktion bei dem technischen, 6ko- nomischen und soziologischen Umbruch der Ietzten Jahrzehnte? Ergeben sich nicht dadurch neue, vor allem zwischenfachliche Aufgaben?

Nur planvoll beschrittene ~ldwege in die Zukunfl (K(SsTLEI~, 1953) erm6glichen die notwendige Aktivierung der waldbaulichen Arbeit. Die waldba~dicbe Krise liegt nicht prim~ir im Waldbau als Wissenscha~ begri~ndet, sondern in vielf~.Itig zunehmen- den Hemmnissen der waldbaulichen T~tigkeit im Walde. Vielschichtig muf~ die Ana- lyse ansetzen, um die entscheidenden Folgerungen ziehen zu k6nnen.

Zielsetzung

Eine gewisse Orientierungslosigkeit brachte auch die nun st~irker in das forstliche Be- wut~tsein tretende kombinierte, wechselnd abgest~fle Ertragswald- und Wohlfahrts- waldzielsetzung einer Mehrzweckforstwirtscha~ mit sich, da zur optimalen Erf/.illung der Wohlfahrtsfunktionen auf verschiedenen Standorten und bei wechselnden Wald- gesellschat~en ausreichende waldbauliche Grundlagen fehlen, so da~ sich passives Ab- warren waldbaulich negativ auswirkte. Beim vorherrschenden privaten Gebirgswald in iJsterreich wird die ~Skonomische Bedarfsdeckung neben der biologischen, ~Skolo- gischen und sozialen von ganz besonderer Bedeutung sein. Der durch die Holzproduk- tion erzielte Reinertrag bildet noch lange die Voraussetzung f/.ir die Sicherstellung der Wohlfahrtsfunktionen, da die 13ffentlichkeit erfahrungsgem~f~ f/Jr die volle Inan- spruchnahme der sozialen Funktionen stark verzSge:t (bei Gefahr im Verzug) und nut teilweise Wertersatz f/.ir die produzierte Infrastruktur leisten wird, deren Verg~tung nach TRoMv (1970) unbestritten ist. Ganz erhebliche Substanzverluste, verminderte Wohlfahrtsfunktionen fiJr die Uffenttichkeit, ja Umweltkatastrophen (SvEErt, 1970) find zu bef~irchten, wenn dieses Problem nicht in absehbarer Zeit gel&t wird. Von unseren Nachkommen wird der Erfolg der Gebirgswaldwirtscha~ in erster Linie nach der gr6f~eren oder kleineren Wohlfahrt fiJr die Gesamtheit beurteilt werden. Unter den Perspektiven der expandierenden Sozialfunktionen wird der Gebirgswaldbau eine vorrangige Stellung erlangen, denn nur naturnahe und nachhaltig behandelte W~ilder

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k~Snnen durch Ausnutzung der natiirlichen Produktionskr~iRe auch ~Skonomisch die geforderten Mehrfachfunktionen befriedigend bereitstellen.

Waldbau und Forstpoli t ik

Damit ergeben sich zuktinftig enge Verkntipfungspunkte zwischen Waldbau und Forst- politik, die auf den gleichen Grundlagen aufbauen (LEIBUNDGUT, 1970), insbesondere durch die Betonung der statis&en und dynamischen Nachhaltigkeit (SPEmEL, 1971), also der langfristigen Vorsorge. Ftir Fragen der Raumordnung und Landesplanung, der Erhaltung und Verbesserung der Wohlfahrtswirkungen und der Fl~chenfunktion des Waldes hat der Waldbau in Zukunflt fi.ir die Forstpolitik wesentliche Grundlagen zu liefern. Der Stand der Forstpolitik beeinflufat in ZukunI~ weitgehend auch das waldbauliche Niveau, da nur eine nachhaltige Waldpflege die zunehmend wichtigeren Sozialfunktionen garantieren kann. Eine aufgeschlossene Zusammenarbeit des Wald- baues mit der Forstpolitik wird direkt und indirekt zur Aktivierung der waldbau- lichen T~tigkeit beitragen. In unserer oft kurzsichtig eingestellten Wohlstandsgesell- schai~ bleibt vielfach dem langfristig in die Zukunft sehenden Waldbauer die undank- bare Rotle des forstlichen Wanderpredigers tiberlassen (OTT, 1970), der sich dem Forstbetrieb und der /Sffentlichen Wohlfahrt in naher und in ferner Zukunft ver- pflichtet f/.ihlt. Eine zielbewuf~te Unterstiitzung forstpolitischer Belange bedeutet daher gleichzeitig eine praktische waldbauliche Entwi&lungsaufgabe. Die Forstpolitik hat allen Hindernissen und Gefahren nachhaltiger Waldpflege rechtzeitig zu begegnen (DIE~ERmH, 1953). Der Waldbau wird somit zum Gradmesser ftir den Stand der Forstpolitik.

Waldbauliche Situation

Auch die so weitgehende fachliche Spezialisier~ng hat Anteil an der waldbaulichen Unsicherheit. Die ehemalig umfassende forstliche Produktionslehre ist heute in viele Spezialf~icher aufgesplittert: Waldbau (teilweise zwei-, sogar dreifache Aufgliederung), Standorts- und Vegetationskunde, Forstgenetik, Ertragskunde, Forstschutz - die eine Zusammenschau immer mehr erschweren. Bei der raschen Ausweitung der Grundlagen- forschung kann man nur noch in einem begrenzten Gebiet Spezialist sein und wissen- :chaftlich befriedigend arbeiten. So f~illt der ~berblick tiber den weiten waldbaulichen Fachbereich imrner schwerer. Selbst der Waldbauer l~uft Gefahr, vor lauter B~umen den Wald nicht mehr richtig zu sehen und auf Kosten faszinierender Detaitprobleme den entscheidenden gesamtfachlichen Problemen zuwenig Augenmerk zu schenken. Wieviel mehr muf~ der Forstmann in der Praxis angesichts der in Mikrobereiche vor- dringenden Grundlagenforschung ob einer praktischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse unsicher werden.

Der Mut zur fachlichen Synopsis mui~ aufgebracht werden, damit der praktisch t~itige Waldbauer in der Flut der Einzelergebnisse wieder festeren Boden unter die Fiii~e bekommt. Es gilt jeweils abzuw~igen, wo die wegentscheidenden waldbaulichen Probleme heute und in der Zukunft liegen, im interessanten, wissenschafldich befriedi- gend zu durchleuchtenden Detail oder bzw. und in der grunds~.tzlichen waldbaulichen Bereinigung yon Zielkonflikten (LEIBUNDGUT, 1970) mit anderen forstlichen Fach- bereichen, wodurch der praktische waldbauliche Fortschritt starker angehoben werden kann. Kritische Zusammenschau im gesamten Fachbereich und fachliche Spezialisierung werden in gleicher Weise notwendig. Nicht zutetzt hat eine ungeniigende fachliche, vor allem auch wa!dbauliche Weiterbildung zu einer Stagnation beigetragen, so daf~ durch

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fehlende Sicherheit die notwendig e Initiative und sichere Gesamtbeurteilung in einer ge~inderten forstlichen Welt nicht ausgewogen durchgeftihrt werden konnte.

Aus der kiini~igen Vielzweck-Forstwirtschaflr ergeben sich spezifische waldbauwissen- schaflliche Probleme, die einer grundlegenden Bearbeitung bedi.irfen, ebenso entspringen aus den zu intensivierenden zwischenfachlichen Kontakten gerneinsam zu l(Ssende Pro- blemkreise. Die waldbauwissenscha~liche Forschung hat mit den Fortschritten in der allgemeinen mehr spezialisierten Forschung nur teilweise Schritt halten k~Snnen, da auch die stets komplexe Problemstellung sehr aufwendige, umfassende Untersuchun- gen voraussetzt. Dieser Aspekt der ,,waldbaulichen Krise" bedarf einer speziellen Analyse. Der Beitrag des Waldbaues zu einem echten forstlichen Fortschritt hS.ngt in weitgehendem Mat~e von seinen wissenschaiqlichen Leistungen ab. Er schaffi nicht allein Voraussetzungen fi.ir den waldbautechnischen Fortschritt, sondern f0.hrt zu einem ver- mehrten Waldverst~indnis (LEIBUNDGUT, 1971). Dies ist wegbereitend fi.ir die forst- politische Zielsetzung.

Waldbau und Forsttechnik

Im GebirgswaId wird auch bei angespannter betriebswirtschal~ Lage nut eine 8kologisch-biologisch befriedigende L~Ssung der forsttechnischen Probleme einen R~ick- schritt verhindern. Ohne dauernde, langfristig konzipierte Bringungseinrichtungen ist eine Optimierung der Ertrags- und Wohlfahrtszielsetzung nicht zu erreichen. Eine aus- reichende Grob- und eine genLigende Feinerschlief~ung durch ein generelles Wegenetz ist die prim~ire Voraussetzung f/Jr ein nachhaltiges waldbauliches Arbeiten. Der Einsatz yon Knickschleppern, yon mobilen schnell auf- und abbaubaren KurzstreckenseilkrS.nen und anderen Maschinen bertihrt den Waldbau direkt und indirekt (MAYER, 1972). Nicht ohne Folgen war die zunehmende forstbetriebliche Mechanisierung und Techni- sierung f/_ir die forstliche Gedankenwelt, die vielfach erst langsam wieder mit der not- wendigen kritischen Distanz urteilt. Die technische Entwicklungshilfe fi.ir die mittel- europ~iische Forstwirtschaf~ kam aus den borealen HolzexpIoitationsgebieten Fenno- skandinaviens und Nordamerikas. Maschinen, die fi.ir andere Zielsetzungen entwickelt wurden, standen pl&zlich im Zentrum der Uberlegungen. Kurzsichtige, unkritische und waldbauunsichere Einstellung lief~ den Knickschlepper zum modernen forstlichen Statussymbol werden. Bei den kurzfristigen Rationalisierungsgewinnen und dem Zwang zu einer rentablen und amortisationsnotwendigen Dauerbesch~ifl:igung der Maschinen blieben vielfach wesentlichere langfristige waldbauliche Momente auf der Strecke. Moderne Maschinen, entwickelt fiir eine in Mitteleuropa seit Jahrhunderten iiberholte forstwirtscha~liche Phase, haben dem modernen Waldbau einen R/.ickschlag gebracht und indirekt auch eine Krise hervorgerufen, da der vergleichsweise ,,unmoderne" Waldbau naturgem~if~ keine so kurzfristig blendenden Erfolge erzielen kann. Die Selektion und Weiterentwicklung dieser Maschinen nach den Bed/.irfnissen einer nach- haltigen mitteleuropS.ischen Waldwirtschafl: ist in vollem Gange (MAY~R, 1971).

Der Waldbauer wird zu priifen haben, inwieweit waldbauliche Grundlagen und Verfahren eine Anpassung an nutzungstechnische Erfordernisse gestatten. Er wird in Zukunflc etwas technischer denken m~issen. Dabei sind der Waldbauer und der Spe- zialist f/.ir die Forsttechnik Partner bei einer gemeinsamen Entwicklungsaufgabe. Der Partner mui~ aber ein moderner Forsttechniker sein (HAFNER, 1971), d. h. rnit iSkolo- gischem Verst~indnis, waldbaulichem Wissen um die Zusammenh~inge, Ausrichtung auf die verbindliche Zielsetzung und umweltbewutlter Verantwortlichkeit. Kein Schaden im Wald und an der Umwelt ist die zukiin~ige Parole f~ir den Waldbau und die Forsttechnik im Gebirgswald und dartiber hinaus, um so mehr als die technische Per- fektion und Leistungsfiihigkeit der modernen Bringungsmaschinen in kurzer Zeit bei uniiberlegtem Einsatz eine jahrzehntelange Aufbauarbeit u. U. sogar irreversibel zer-

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st~Sren k/Snnen. Durch die biologisch orientierte nutzungstechnische Entwicklung ist in naher Zukunft eine Renaissance des Gebirgswaldbaues zu erhoffen, wenn der Wald- bauer aktiv und unvoreingenommen an der Bereinigung der Zielkonflikte mitarbeitet und iiberzeugend die wesentlichen Rangordnungen vertritt. Dean Technik ist letzten Endes die systematische Pflege und Verwendung der Naturgl.iter und -kr~if~e zur Siche- rung des menschlichen Lebens (KR~SER, 1971).

Waldbau und forstliche Betriebswirtschaf[

Durch hohe Bringungskostenbelastung ist im Gebirge bei dominierendem Privatwald die Interessenkollision zwischen dem langfristig ausgerichteten Waldbau mit der auf ~Skonomischer Rationalit~t abgestellten forstlichen Betriebswirtschatt besonders ausge- pr~.gt. Die immer bedrohlichere Preis-Kosten-Schere und die Garantie des ,,r erfordern die Aussch~Spfung kurzfristiger Rationalisierungsm~Sglichkeiten im Bereich des privaten Waldbesitzerhaushaltes. Eine harmonische Abstimmung lang~ und mittel- fristiger waldbaulicher und kurzfristiger technischer und ~Skonomischer Ziele wird somit zu einem Kernpunkt fi~r den Waldbau und die Forstwirtschaf~ schlechthin (K6sTLER, 1943). Von diesem Gesichtspunkt aus fordert der Betriebswirt Grenzen f/.ir die Pro- duktion, die in Verfolgung wirtschaf~licher oder technischer Ziele nicht iiberschritten werden sollen (PuRRER, 1971). Die an der Industrie orientierte Weiterentwicklung der forstlichen BetriebswirtschafL f/.ihrte zu einer Teilmodernisierung, wo unter kurzfristi- gen Aspekten exakt ermittelte Daten s die Beurteilung zur Verf/.igung stehen. Elek- tronische Datenverarbeitung und Computer illusionieren durch die kurzfristige ~Skono- mische Transparenz und verleiten zu langfristig waldnaturwidrigen Schlul~folgerungen. Da eine betriebswirtschaf~liche Integrierung der erst mittel- und langfristig wirksam werdenden Aufw~inde fiir die nachhaltige Waldpflege noch aussteht, ist die ~kono- mische Gesamtkonzeption heute waldwirtschafilich noch nicht ad~iquat und bedarf des Ausbaues (KREMSER, 1970). Solange fiir die nachhaltige Waldwirtschat~ entscheidende Fragen nicht mit wenigstens /Skonomischen Gr~Sf~enordnungen (vgI. Waldwertsch~.t- zung) in die Kalkulation eingehen, besteht eine einseitige ~Skonomische Diskriminierung des Waldbaues und der forstlichen Produktion, w~hrend nur die kurzfristige Rationa- lisierung (Stelleneinsparung, Mechanisierung usw.) rechnerisch rentabel aufscheint. An- s~itzen zu einer waldwirtschal~lich ausgerichteten Weiterentwicklung der modernen iJkonomie, wie sie besonders DIET~RICH (1950, 1964, 1968, 1970) vertreten hat, gilt das waldbauliche Augenmerk. So konnte GERMAN (1971) kalkulatorisch nachweisen, daf~ eine Steigerung des (Roh-)Ertrages yon 2 ~ auf 3 0/0 den gleichen Effekt bewirkt wie ein Personatabbau in der Gr/Sf~enordnung von rund 30 ~ Einer waldbaulichen Ertragssteigerung durch zielbewuf~te Waldpflege ist deshalb mindestens das gleiche Gewicht beizumessen wie der kurzfristigen Rationalisierung. Der Waldbauer wird sich also im eigenen Interesse und im Hinblick auf die langfristige betriebswirtschaf~liche Leistungsf~ihigkeit sowie die (Sffentlichen Wohlfahrtswirkungen vermehrt auch mit waldbaulich-(Skonomischen Grenzfragen besch~it~igen miissen. Denn selbst im ausge- sprochenen Wohlfahrtswald der ~Sffentlichen Hand oder des privaten Waldbesitzes ist bei teilweisem oder ganzem Kostenersatz die Produktion /Skonomisch, d. h. waldbau- lich und auch technisch rationell zu gestalten. Auf der anderen Seite muf~ sich die moderne Forst/Skonomie im Rahmen der nachhaltigen Waldwirtschai~ ganz klar den Grenzen industrieller Beurteilungsmethoden bewui~t werden. Nicht nur der Wald- bauer muf~ ~Skonomischer, sondern ebenso der Betriebswirt waldbaun~iher, umweltbe- wuf~ter und langfristig verpflichtender denken. Hier liegt eine der entscheidendsten interfachlichen Gemeinscha~saufgaben, die den Waldbau ganz wesentlich positiv oder negativ beeinflussen.

198 H. Mayer

Soziologische Probleme

Der zeitliche Aufwand ffir die tats~.chliche waldbauliche Besch~ttigung ist nur beschei- den. Pers6nliche Neigung und individuelles Organisationstalent k6nnen in einem er- staunlich weiten Rahmen das waldbauliche Arbeitsminimum auf Kosten des anschwel- lenden, mit einer gesunden Mii~achtung zu begegnenden Verwaltungskrams erheblich ausweiten. W~ihrend 6konomischer, technischer und betriebsorganisatorischer Ncuerun- gen ist durch zeitliche l]berlastung naturgem~it~ die waldbauliche Effektivit~it des mit ,,Managementproblemen" ~iberlasteten Forstmannes herabgesetzt. Dazu trug ganz we- sentlich auch unkontrolliert i.ibernommenes industriem~iBiges Denken bei. Fi~r die naturgebundene Produktion wirkte sich dieser geistige Wandel durch schwindende ~iuf~ere und innere Naturn~.he negativ aus. Die betriebliche Umstrukturierung verhin- dert immer mehr den grunds~itzlich notwendigen waldbaulichen Einsatz zur Ertrags- steigerung, d.h. die biologische, ~Skonomische und soziologisch fundierte Einzelent- scheidung am Objekt durch den verantwortlichen Betriebsleiter zu sichern (K~rMSER, 1970). Das Handeln im Walde wird von so vielen zwingenden, ot~ zuf~illigen Eigen- t[imlichkeiten beeinfluf~t, daf~ der kritischen Auswahl unter den stets alternativen M/Sglichkeiten zur Erreichung des Produktionszieles besonderes Gewicht zukommt. Eine auf st~indiger fachlicher Weiterbildung beruhende sichere Urteilsf~ihigkeit, die im Zweifelsfall wesentliche Fehler vermeiden hilfi, entscheidet [iber den praktischen wald- baulichen Erfolg. KREMSER (1971) spricht deshalb mit Recht yon einem Waldbau auf pluralistischer Grundlage, der den Menschen und die Gesellschal~ einbezieht, weil sie die wirkenden Kr~fie des Vollzuges sind. Soziologische Probleme im weiteren Sinne ber~hren unmittelbar den Waldbau.

Wald und Wild

Zu den eine waldbauliche Krisenlage versch~.rfenden Hemmfaktoren, die den kriti- schen Umschlagpunkt in bedrohliche N~ihe r[icken k~Snnen, geh6rt im Alpengebiet die Wildfrage, deren befriedigende L&ung den Waldbau wesentlicher Sorgen entledigen wiirde (Baumartenwahl, Bestandesstabilisierung, Verj~ingung). Die bedeutenden, 6ko- nomisch unterbewerteten Sch?iden durch Verbi~ und Sch~ilung fi.ihren durch Ertrags- r[ickgang auch indirekt zur waldbaulichen Extensivierung. Am bedenklichsten stimmt im Gebirge der wildbedingte Ausfall der Verj/_ingung in den i_iberalterten Schutz- w~ldern. Durch die langfristige Entwicklungsdynamik wird der Stabitit~itsabbau in einigen Jahrzehnten grolSfl~chig akut, so daf~ dann kaum noch biologisch-waldbauliche, sondern vielfach nur ungew~Shnlich aufwendige technische Ma~nahmen die dringend- sten Sanierungsprobleme l~Ssen k6nnen. Leidenschat~slos mul~ eine L~Ssung irn Interesse aller gefunden werden, die mit zunehmender Versp~itung folgenschwerere und kostspie- ligere Konsequenzen nach sich zieht, Waldvegetationskundliche und wildbiologische Grundlagenerhebungen mi.issen die Basis ffir eine vern~inflcige zielgerechte Wald- und Wildbewirtschafiung liefern. Das Wildproblem im ostalpinen Bereich wird lokal nicht nut f/.ir den Waldbau oder die Landschafispflege (LEI~UNDGUV, 1970), sondern auch f~r die ]3ev61kerung und ihre Fremdenverkehrsg~iste zur entscheidenden Schicksalsfrage werden.

Ausblick

Die Krise im Waldbau ~uf~ert sich vornehmlich in einer Isolierung von Wissenschaft und Praxis, in einer zunehmenden Diskrepanz zwischen der hohen waldbaulichen Ent- wicklungsstufe, die durch die Fortschritte der waldkundlichen Grundlagenforschung

Vorn Wesen waldbaulicher Arbeit heute und morgen 199

weitgehend zu optimalen Waidbaul(Ssungen fiihren wiirde, und der tats~ichlich m~Sg- lichen waldbaulichen Intensit~it im praktischen Vollzug, die meist nut Ersatzl(Ssungen niedriger Ordnung erlaubt und deshalb riickst~.ndig wirken muff. Wenn auch wald- bauliche Optimall6sungen im Forstbetrieb nur ausnahmsweise zu verwirklichen sind, so miissen sie stets als ideal wirkendes, prinzipiell n~iherungsweise zu erreichendes Ziel angesehen werden. Der Waldbauer h~ingt keiner Utopie nach, denn das Ideale ist nie das Wirkliche, und er beherzigt EURIPIDES (Die Bakchantinnen) ,,Wer erstrebt, was zu hoch steht, wird das N~.chste verfehlen". Als Realist wird er sich bei der Beriicksichti- gung der vielf~iltigen Hemrnfaktoren schon mit suboptimalen (im Sinne yon BRAB~N- DER, 1970) L6sungen zufrieden geben. Da gerade beim waldbaulichen Vollzug heute und mehr noch in Zukuni~ so viele Faktoren von wesentlicher Bedeutung geworden sind, darf Waldbau und waldbauliche T~itigkeit nicht zu eng aufgefal~t werden. In engem Kontakt zu den anderen Fachbereichen, nach Rangordnung der Belastungen abgestuff, also durch eine fachliche Uffnung mit dem Bestreben zur Gesamtoptimie- rung der vielf~.ltigen Belange im Sinne des iibergeordneten Produktionszieles, kann eine Aktivierung des Waldbaues erzielt werden. Zur waldbaulichen Arbeit mit spezi- fischen wissenschaf~lichen und praktischen Entwicklungsproblemen im engeren Sinne tritt als eine sehr wesentliche Aufgabe die integrale Abstimmung aller beeinflussenden Komponenten. Der freie Walbau-Stil im Sinne K~3STCERS (1967) bildet eine prim~ire Voraussetzung. Darauf aufbauend gilt es im Sinne eines integralen Waldbaues, den unabdingbaren waldbaulichen Notwendigkeiten Geltung zu verschaffen und bei Zwangslagen selbst~indig die wertversprechendsten Alternativen zu entwickeln. Bei diesem vielschichtigen Entscheidungsprozef~ werden (Skologisch-biologische Momente und langfristige waldbauliche Aspekte in Zukunff ein immer gr~Sf~eres Gewicht spielen miissen, in dem Ausmaf~e, als die Umweltvorsorge und die Wohlfahrt der Allgemein- heit zur kritischen Lebensvoraussetzung Wird. Technik und Ukonomie ,,denaturieren" den Menschen, ja selbst den Forstmann unter Umst~.nden zum Manager, so dat~ der moderne forstliche Betriebsleiter ohne griindliches /Skologisches und waldkundliches Fundament den kiinffigen Zielen der nachhaltigen Waldbewirtschai%ng nicht gerecht werden kann. Fiir das zukiinf~ige forstliche Leit- und Ausbildungsziel sind bei der mitteleurop~iischen nachhaltigen multifunktionellen Waldbewirtschaffung mehr denn je Waldbau und Forstpolitik mit ~Skologischer, umweltbewul~ter und langfristiger Aus- richtung von Bedeutung, wobei Forsttechnik und Forst~Skonomie unter waldwirtschafb licher Neuorientierung (vgI. PRODAN, 1971) zur Optimierung der gemeinsamen Auf- gaben ohne r3berbetonung einzelner ,,moderner" Aspekte entscheidend beitragen mtissen. Auch yon ihrer waldnaturgem~if~en Weiterentwicklung h~ingt der waldbauliche und forstbetriebliche Forts&ritt ab, eben vonder ,,Harmonie des naturgerechten Forst- wesens" (K6svcER, 1948), von einer Riickbesinnung der eigenen Fachdisziplin auf die Grenzbereiche und Auswirkungen benachbarter Disziplinen (LEIBUNDOUT, 1971).

Die waldbaulichen Zukunffsperspektiven sind bei gezielter Weiterentwicklung auf dem bew~hrten Fundament und bewuf~tem Streben zur fachlichen Integration hoff- nungsvoll. Im technischen Zeitalter der postindustriellen Gesellschat~ erscheinen ftir die Waldwirtschaflc und den Waldbau zun~ichst die Gefahren gr(Sf~er als die Hoffnungen, die nur durch weitsichtigen Einsatz zu aktivieren sind (S~DcMAVR, 1970). Vor 250 Jahren erzwang die Holznot die allm~ihliche Umstellung yon der Exploitation zur mitteleuropiiischen nachhaltigen WaldwirtschafL Lebensnot im weitesten Sinne wird noch viet mehr in n~iherer und fernerer Zukunff die Erhaltung und Pflege des Schutz- und Nutzwaldes beeinflussen sowie die Entwicklung der Gebirgswaldwirtschaff zu einer h6heren Stufe steuern. Ein aufgeschlossener Waldbau auf integraler Grundlage wird in enger Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen seinen Beitrag zu leisten haben. Der Jubilar hat durch sein weitgespanntes Lebenswerk den Weg dazu vorbe- reitet (K6svcER, 1967). Wenn auch der l[3bergang dazu viele unl~Ssbar scheinende Pro-

200 H. Mayer

bleme aufwir~, so k6nnen wir uns in Selbstbesinnung auf unsere ethische Verpflichtung mit H(3LDERLIN tr/Ssten: ,,Wo aber Gefahr ist, w~ichst das Ret tende auch." U n d an uns selbst, an unserem gestaltenden Wirken liegt es, ob der Wunsch aus dem Salzburger , , Jedermann": , ,Floreat silvae undique" noch berechtigt ist, den K 6 s v r r r wie folgt [ibersetzt hat: ,Allsei ts bl/.ihe Hof fnung aus dem griinen Wald ."

S u m m a r y

The crisis of classical si lviculture in the middle-european sustained yield forestry becomes e v i d e n t - - a b o v e a l l - - i n the large discrepancy between scientific findings and practical management . Numerous inhibit ing factors are to be held responsible for this: lack of a si l ivcultural basis for combined objectives in the management of p roduc t ive and social forests, forest-technical development aid from the boreal wood-exp lo i t a t ion areas, the moderniza t ion of forest management being too onesided oriented to indu- stry, a lack of professional improvement , sociological problems as a denatura t ion of man by technology and economy etc. An integral silviculture, based on ecological fundaments and fol lowing a free style, must lead to an opt imizat ion of interdisci- p l inary conflicts of objective under the aspect of long-term objectives. The com- prehensive l i fe-work of the man whose jubilee we celebrate has readied the w a y to a solution.

L i te ra tu r

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Die Problematik sehr alter B~iume 201

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Die Problematik sehr alter B~iume

Von E. ROHMEDER

Aus dem lnstitut fiir Forstsamenkunde und Pflanzenziichtung

der Forstlichen Forschungsanstalt Miinchen

I. B~iume als Individuen

Die natiirliche Formenmannigfaltigkeit innerhalb einer nach morphologischen Merk- malen genau definierten Art ist eine Eigentiimlichkeit aller hochorganisierten Lebe- wesen. So wie bei den Menschen - - abgesehen yon dem seltenen Fall der eineiigen Zwillinge - - kein Mensch mit einem anderen in alien erblich bedingten Merkmalen und Eigenschaiten iibereinstimmt, so ist auch innerhalb einer Baumart, z. B. der Fichte, Picea abies, kein Individuum mit einem benachbarten oder welt entfernten AngehiSrigen der gleichen Art v~511ig identisch. Diese Tatsache kommt in dem alten, viel gebrauchten und daher etwas abgenutzten, aber doch den Sachverhalt voll tref- fenden Holzhauerspruch zum Ausdruck: ,Jede Ficht' hat ein anders G'sicht." GOEXHt driickt es poetischer aus mit den Worten: ,,Alle Gestalten sind ~ihnlich, und keine gleichet der anderen."

Die Ursachen der nat~irlichen Formenmannigfaltigkeit beruhen auf zwei Faktoren- gruppen oder Einfluf~bereidlen, einerseits auf der Summe aller Erbanlagen, anderer- seits auf dem Zusammenwirken zahlreicher Umweltfaktoren.

Erbanlagen und Umwelteinfliisse gemeinsam pr~igen das Erscheinungsbild, den Ph~inotyp, einer Pflanze. Mit zunehmendem Alter treten die Folgen dieses Zusam~ menwirkens beider Einfluf~bereiche immer st~irker in Erscheinung. Eine zweite Gesetz- m~if~igkeit gilt: Bei B~iumen im Freistand kommen die Erbanlagen und Umweltein- fliisse st~irker zur Auswirkung als unter der Bedr~ingnis durch die Nachbarn im dicht- geschlossenen Bestand. So treten vor allem sehr alte B~iume im v~511igen Freistand als

Forstw. Cbl. 91 (1972), 201-222 ~) 1972 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin