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von 31 1 Haftung des Bauingenieurs Richtersicht + Richterinnensicht

Von 311 Haftung des Bauingenieurs Richtersicht + Richterinnensicht

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Haftung des Bauingenieurs

Richtersicht + Richterinnensicht

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Ziel

• Die Sicht des Richters als eigenständige Sicht

• Was konstituiert die Richtersicht ?

• Der Richter als Vermittler

• Der Richter als Entscheider

• Der Richter als Entscheider – auch auf der Basis des Sachverständigengutachtens

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Eigenständige Sicht des Richters

• Interessengeleitete Sicht – Der Bauherrn– Des Projektsteuerers– Des Rechtsanwalts– Des Ingenieurs– Der ausführenden Firmen

• Die neutrale – objektive – Sicht– Aus der Perspektive des Vertrags – des Rechts– Abgrenzung zur Sicht des SV – Technikregeln

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Beispiel konkret – Vertragsinhalt +-umfang

• Der Tragwerksplaner erhält den Auftrag zur Tragwerksplanung– Was ist das Werk, was ist der Erfolg ?– Hört das Werk mit der Grundleistung in der

Phase 6 des § 64 HOAI auf ?– Gehören die Besonderen Leistungen ab der

Phase 7, insbesondere die Phase 8 dazu ?

• Auslegung des Vertragsversprechens, mit Blick auf § 633 Abs. 2 BGB und die geschuldete Beschaffenheit des Werks.

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Beispiel konkret – Vertragsinhalt + umfang

• Der Ingenieur erhält den Auftrag zur Planung eines Ingenieurbauwerks– Was ist das Werk, was ist der Erfolg ?– Gehört die örtliche Bauüberwachung nach § 57

HOAI dazu ?– Haftet der Ingenieur, wenn der SV später

ausführt, die Ursache liege in einer unzuläng-lichen Objektüberwachung

– Ist der Verweis auf § 55 Abs. 2 Nr. 8 HOAI zielführend oder gilt doch auch § 57 HOAI

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Die Perspektiven der Beteiligten

Bauherr Projekt-steuerer

Anwalt Trag-werks-planer

Firma Sachver-ständi-ger

Richter

Ein-seitig

Erfolg

Im Auge

Inter-essen-geleitet

Je nach

Fall

Interes-sengelei-tet

Interes-senge-leitet

Interes-sengelei-tet

Tech-nisch

orientiert

neutral

Neutrale ganz-heitliche Sicht

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Konstituenten der Richtersicht

• Die Technikleistung– Respekt vor der technischen Leistung der

Ingenieure.– Das Staunen über die Abläufe und das, was an

Ablauforganisation geleistet wird.

• Dass der Mensch Fehler machen kann – auch der Richter

• Der Vertrag und das daraus ableitbare Versprechen

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Konstituenten der Richtersicht

– Der Vertragstyp als Werkvertrag

• Das daraus sich ergebende Haftungssystem– Bestimmung des Werks und des Erfolgs

• Gesamterfolg• Teilerfolg

– Die Notwendigkeit der Abgrenzung des Werks des Ingenieurs vom Werk der Fachplaner § 73 HOAI

– Die Besonderheit mit der Nacherfüllung – Das vermutete Verschulden bei

Pflichtverletzung § 280

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Unverfügbarkeit des Systems

• Dieses System steht unverbrüchlich fest

• Ohne gute Theorie keine gute Lösung

• Die Arbeit am Sachverhalt

• Richter an Recht/Vertrag/Gesetz gebunden– Freilich

• Gesetz auslegungsfähig

• Vertrag auslegungsfähig

• Was ist schon Recht, was Gerechtigkeit ?

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Beispiel• Weiße Wanne vom Ingenieur vorgesehen

und vom Tragwerksplaner bemessen

• Versorgungsleitungen machen Öffnungen notwendig, werden auch geschalt.

• Schließlich aber nicht alle gebraucht.

• Zwei der Öffnungen werden einfach zugemauert.

• Steigendes Grundsatz setzt Untergeschoss unter Wasser

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Was sagen die Beteiligten ?

Tragwerks-planer

Ingenieur Der Fach-planer

Der Sachver-ständige

Meine Sache nicht, der Inge-nieur / Fachplaner

Meine Sache nicht der Fach-planer

Meine Sache nicht der Inge-nieur

Bestimmt die Ursache, nicht die rechtliche Zurechnung

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Was sagen die Beteiligten ?

Der Projekt-steuerer

Der Anwalt Der Bauherr

So weit geht meine Aufgabe nicht

Maßgeblich ist, wen er vertritt

Schlägt die Hände über den Kopf zusammen doch Fachleute eingeschaltet, das kann es doch nicht geben !

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Und der Richter ?• Nicht blind, sondern sehend • Nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Skalpell

und mit der Waage• Tariert den Fall und fragt und fragt und fragt:• Der Richter darf nie aufhören zu fragen• Der Richter darf nicht vorschnell aufhören zu

zweifeln• Ihm hilft jedoch das System, das freilich die

Lösung nicht notwendig vorgibt und Entscheidungen nicht überflüssig, sondern notwendig macht.

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Und der Richter ?

• Alles im offenen Diskurs• Also Offenlegung der Argumente

– Ich schließe den Tragwerksplaner als Haftenden aus, weil ..........................

– Ich bejahe die Haftung des Ingenieurs, weil ..... Sein Werk ist die Wasserundurchlässigkeit der Umfassungswände insgesamt und an jeder Stelle

– Ich bejahe die Haftung des Fachplaners Sanitär, wenn Meldung an den Ingenieur unterlassen

– Ich bejahe die Haftung des Rohbauunternehmers, denn er wusste um das Erfordernis der Wasserundurchlässig-keit.

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Begründung des Richters

• Tragwerksplaner: Werk Standsicherheit und nicht diese Art der Dichtigkeitsvorsorge, wohl besondere Art der Bewehrung, aber nicht das. Und die Objektüberwachung ?

• Ingenieur: Gesamterfolg

• Fachplaner: Zwar keine Verfehlung des Ge-samtverfolgs, aber Nebenpflichtverletzung

• Unternehmer: Verfehlung des Gesamterfolgs

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Und der Sachverständige (SV) ?

• Der Richter sucht Hilfe bei dem SV• Wie kann der SV helfen ?• Welche Fragen an den SV ?

– Hätte der Tragwerksplaner überwachen müssen– Welche Aufgabe hat der Fachplaner,– Welche der Ingenieur ?

• Was ist der Maßstab ?– SV – nach Technikregeln– Richter nach Rechts- und Vertragsregeln

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Vermittlung vor der Entscheidung

• Auf rechtlichem Hintergrund• Nach allgemeinen Grundsätzen

– Der Besteller bestellt Fachleute– Der Besteller vertraut auf die Fachkenntnisse

der Fachleute– Der Misserfolg ist gleichzeitig enttäuschtes

Vertrauen

• Der Misserfolg ist nicht schicksalhaft, nach dem Motto, wer baut oder bauen lässt, ist selbst schuld

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Vermittlung vor der Entscheidung

• Der Ingenieur: Er wird auf § 57 HOAI verweisen, nicht übertragen, aber faktisch doch erledigt. Auch Fortschreibung der Ausführungsplanung.

• Der Fachplaner: Fortschreibung der Ausführungsplanung, Informationspflicht

• Der Unternehmer: Ausführungsfehler

• Dann die Gewichtung im Innenverhältnis nach Quotenbildung

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Der Vergleichsversuch des Richters

• Grund für eine Beteiligung des Bestellers ?– Nein

• Grund für eine Beteiligung des Tragwerk-planers ?– Nein: selbst, wenn Objektüberwachung, dann

hinsichtlich Bewehrung, Schalung, Überdeckung, nicht aber hinsichtlich Öffnung schließen. (Hier Anknüpfung an SV mit Fragen)

• Also Aufteilung auf Unternehmer, Ingenieur und Fachplaner, nach Drittel-Lösung oder andere Ge-wichtung, Wertung, Fachplaner weniger als die beiden anderen: 20, 40 und 40.

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Der Richter als Entscheider• Aspekte

– Beurteilen und Entscheiden– Alle Gesichtspunkte, alle Abläufe, alle Umstände

• Z.B: Wie mit den Schlitz- und Durchbruchplänen, wer erstellt sie, wer hat sie zu erstellen, wer erhält sie und hat sie zu berücksichtigen ? Wie in der Praxis, wie von Rechts wegen ?

• Was ist aus der HOAI zu entnehmen im Hinblick auf die Arbeitsschritte und die Teilerfolge ?

• Zählt das Argument, das Prüfen und Anerkennen von Schalplänen des Tragwerkplaners sei eine Besondere Leistung und diese nicht beauftragt ?

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Der Richter/die Richterin – der Ärmste / die Ärmste

Besteller Tragwerks-planer

Prüfinge-nieur

Ingenieur Fachplaner Der Sachver-ständige

Will alles Ich nicht oder nur zum Teil

Prüfinge-nieur: im öffentlichen Auftrag

Im Honorar gedrückt, dann auch Erfolg ge-mindert

Was geht mich das an

Schildert das Große und Ganze der Technik

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Richter /in braucht Strukturen im Recht

• Wer als Ingenieur Planung verspricht – welche Beschaffenheiten muss diese haben ?

• Gelten die HOAI-Arbeitsschritte immer auch bei Verträgen ohne Anlehnung an die HOAI ?

• Wer als Ingenieur im Bereich der Betoninstandsetzung kathodischen Korrosionsschutz plant – muss der auch die Wartung ausschreiben ? Ist kathodischer Korrosionsschutz eine elektrotechnische Anlage, die unter § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B fällt ?

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Richter/in braucht Strukturen

• Wie muss Objektüberwachung ausgeführt werden ?– Ist der bauleitende Architekt salviert, wenn

Leitungsdurchführungen nicht fachgerecht sind, er aber eine Zulassung im Einzelfall nach Art 23 BayBO erwirkt.

– Ist er gegenüber dem Besteller aufklärungspflichtig ?

– Liegt bei Schweigen Arglist vor ?– Wie steht es um die Haftung gegenüber Dritten

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Die Struktur unerlaubte Handlung und Verkehrsicherungspflicht

• Der Ingenieur und die Vertragspflichten• Der Ingenieur und die Verkehrssicherungs-

pflichten• Das macht einen Unterschied

– Im Vertrag helfen Bedenken und Haftungsentlastungen– Im Bereich der unerlaubten Handlung gilt das nicht.

• Das verkehrssichere Werk– Maßstäbe für das verkehrssichere Werk– Identität mit dem Vertragsparameter– Identität mit dem Parameter nach Bauordnungsrecht

und Sonderbauordnungen ?

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Fazit

• Beurteilen und Entscheiden– In einem technisch geprägten Bereich– Angesichts einer unklaren und ungewissen

Maßstabsbildung

• Gelingt nur auf der Grundlage einer differenzierten Theorie

• Einer gründlichen Zurkenntnisnahme des Sachverhalts

• In einem offenen Diskurs, in welchem Richter / Richterin zuhört und einordnet und die Argumente zum Angriff durch die offen legt.

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Und der Sachverständige ?

• Das Allheilmittel für Richter/Richterin ?– Fragen wir ihn doch:

– Nicht nur, wer hat es verursacht, sondern:

– Wer haftet, wer ist verantwortlich, in welcher Höhe,

– Ist der Aufwand unverhältnismäßig hoch, wie hoch ist die Minderung ?

– Wie kann man denn nachbessern ?

– Ist das ein Fehler ? Wie hoch ist der technische Minderwert ?

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Die Folge solcher Fragen ?

• Sie sind der Beginn des Übels.

• Technik und Recht werden nicht mehr getrennt.

• Die Technik beurteilt eventuell anders als das Recht

• Der Mangel ist subjektiv geprägt und die objektive Seite, nämlich die Gebrauchstauglichkeit, bestimmt nur mit.

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z.B. zur Nachbesserung

• Die unzulängliche Durchgangshöhe bei einem Unterzug aus Holz im Rahmen einer Treppe: Der Unterzug kann verschmälert werden, so kann der Fehler des Treppenbauers beseitigt werden.

• Der Putzer hat den Deckenputz fehlerhaft aufgebracht: Nachbesserung nach dem SV durch Anbringen von Gipskartonplatten.

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Auch eine Erkenntnis

• Die Technik ist das eine

• Das technische System ist das des SV

• Das Recht ist das andere

• Das technische System spielt im Recht nur dann und dort eine Rolle, wo das Gesetz, das Vertragsrecht dies zulässt

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Und der Schluss

• Recht und Technik greifen ineinander• Recht, Technik und der Sachverhalt greifen

ineinander• Richter, Sachverständige, Anwälte, Baubeteiligte

greifen ineinander• Das Geflecht zum Zweck der Rechtsfindung zu

zerlegen, Aufgaben zuzuweisen und schließlich zu entscheiden fordert viel, von allen Seiten, nicht verdunkeln, sondern erhellen. Aber es gibt viel Schatten und das Licht des Richters / der Richterin leuchtet nicht sehr weit.

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