22

von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst
Page 2: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst
Page 3: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

Ignazio Silone – der Mensch, der sich gerettet hat

von Andrea Paganini*

Links:

Silone 1950.

Auf dieser Seite:

Silone in der Bibliothek

der Associazione Italiana

Libertà e Cultura (AILC).

Page 4: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XVI

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

“[…] was er wirklich getan hat, weiss nur Gott” .1

Seit einigen Jahren sorgt Ignazio Silone, derantifaschistische italienische Schriftstellerschlechthin, unter Historikern undIntellektuellen für unversöhnliche Ausein -ander setzungen. Die Gemüter haben sichderart erhitzt, dass der Disput auch nachzahllosen Veröffentlichungen zum Themanoch immer kein Ende zu finden scheint.Was ist geschehen?Beginnen wir mit einer gesicherten undunbestrittenen Tatsache, die die Staats -archive vor etwa einem Jahrzehnt zu Tageförderten. Am 13. April 1930 schrieb Siloneaus Locarno einen “letzten Brief” an denInspektor der italienischen politischenPolizei Guido Bellone. Welcher Natur warder Briefwechsel – so die zentrale Frage derDebatte – den die beiden davor geführt hat-ten? War Silone, wie die Historiker DarioBiocca und Mauro Canali 2 meinen, derschlauste und nützlichste Informant derfaschistischen Polizei oder war er, wieGiuseppe Tamburrano3 denkt, ein unermüd-licher und konsequenter Gegner vonMussolinis Regime (um nur die wichtigstenProtagonisten der gegensätzlichen Lager zunennen)? Wer war Ignazio Silone inWirklichkeit? Und welcher Wert ist seinemschriftstellerischen Schaffen beizumessen?Wer sich in die intellektuelle Biografie desIgnazio Silone vertiefen und nach derWahrheit über die Personen suchen will(eine Aufforderung, die die Witwe desSchriftstellers Darina Silone am 1. Mai 2000in seinem Geburtsort Pescina an dieWissenschaft richtete), muss das Lager -denken zwischen Unschuldsvermutern undSchuldsuchern überwinden. Aber gehen wirder Reihe nach vor.

Secondino Tranquilli“Es gab hier in Pietrasecca einen Mann,

der hiess Carlo Campanella, und es gibt in New York einen Mann namens

Mr. Charles Little-Bell, Ice and Coal. Ist das eine Person, oder sind es zwei?”

“Es ist ein und derselbe”, ertönten einige Stimmen.

“Wenn man seinen Namen ändern kann,warum nicht auch eine Spielkarte?”

meinte der Priester.4

Das verheerende Erdbeben, das 1915 dieAbruzzen heimsucht, macht SecondinoTranquilli (so der Geburtsname von IgnazioSilone) mit kaum 15 Jahren zum obdachlosenWaisen. Er erlebt am eigenen Leib, mit wel-chen Problemen die Ärmsten der Armen zukämpfen haben, und beteiligt sich an kleinenUnruhen. Mit 17 tritt er der sozialistischenJugend bei. Das ist der Beginn seines aktivenEngagements für den Sozialismus, das überein Jahrzehnt lang sein Leben prägen wird.Zwei Jahre später hat sich Tranquilli bereitseinen Namen als Umstürzler gemacht undwird Sekretär der Unione socialista romana.Im Jahr 1921 kommt es zur Spaltung derSozialistischen Partei, und der revolutionäreFlügel formiert sich zur KP. Tranquilligehört mit Bordiga und Gramsci zu denParteigründern, wird rasch zu einem derführenden Vertreter der neuen politischenOrganisation und kümmert sich vor allem umdie Pressearbeit. Dann gelangt im Oktober1922 der Führer der neuen FaschistischenPartei Benito Mussolini an die Regierung.Der junge Tranquilli wird von der Polizei zurFahndung ausgeschrieben und geht insAusland, nach Berlin, Madrid und Paris, woer die Verbindung zwischen den Exil -politikern aufrechterhält und Artikel für linkeZeitschriften verfasst. 1925, als sich diefaschistische Diktatur in Italien etabliert hat,ist er wieder in der Heimat und arbeitet fürdie Presseabteilung der KommunistischenPartei, die im darauf folgenden Jahr wie alleOppositionsparteien verboten wird und nurnoch im Untergrund tätig sein kann. 1927nimmt er in Moskau an einer Komintern-Sitzung teil und erlebt Stalins Aufstieg an die

Das vom Erdbeben

von 1915 zerstörte

Pescina.

Page 5: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XVII

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

Macht, der ihn mit Misstrauen erfüllt.Während kurz darauf zahlreiche Verhaf - tungen die Kommunistische Partei Italienserschüttern, geht Tranquilli nach Frankreich,bestürzt über den Führer des kommunisti-schen Russlands und die autoritäre Linie derPartei. Er erkennt ihre Tendenz zu Intoleranzund Machtmissbrauch sowie die Unfähigkeitzur fairen Auseinandersetzung mit anderenIdeen.In diesem Zeitraum kommt es erneut zueinem dramatischen Ereignis in der eigenenFamilie. Sein Bruder Romolo, 1928 wegenVerschwörung gegen das Regime festgenom-men, wird zu zwölf Jahren Haft verurteilt. ImGefängnis in Procida, wo er unter dramati-schen Bedingungen festgehalten wird, stirbter vier Jahre später.

[Locarno] 13. April 1930“[…] entstand ein unüberwindbarer

Widerspruch zwischen meinem sichtbaren und meinem geheimen Leben. […] Die Politik

erschien mir als völlig sinnlos. Was gingenmich all diese Geschichten eigentlich an? Viel lieber hätte ich ein friedliches Leben

geführt, zwei oder dreimal am Tag gegessenund die ‘Notwendigkeit der imperialen

Expansion’ wie auch die ‘Demokratisierungder Wirtschaft’ zum Teufel geschickt” 5.

Gegen Ende der zwanziger Jahre durchlebtder zukünftige Schriftsteller eine existenziel-le gesundheitliche und mentale Krise, die ihnzu dem berühmten Brief an den Inspektorder politischen Polizei Guido Bellone veran-lasst, den ich hier ungekürzt wiedergebe:

Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen nicht mehrgeschrieben habe. Was Sie interessiert hat, istkein Geheimnis mehr (es steht schon in derPresse). Ich weiss nicht, was ich und meineFreunde tun werden.Mein Gesundheitszustand ist sehr schlecht,doch der Grund dafür ist ein seelischer (wennSie sich noch an meinen Brief vom Sommererinnern, werden Sie verstehen). Ich befindemich in einer sehr schmerzlichen Phase meinesLebens. Mein seit jeher sehr starkes moralischesBewusstsein beherrscht mich jetzt völlig; es hältmich vom Schlafen und vom Essen ab, lässt mirkeine ruhige Minute. Ich befinde mich amScheidepunkt meiner Existenzkrise, aus der esnur einen Ausweg gibt: die Aufgabe all meiner

parteipolitischen Aktivitäten (ich werde mirirgendeine intellektuelle Beschäftigung suchen).Ansonsten bliebe nur der Tod. Mein Leben vol lerWidersprüche weiterzuleben war mir unmög-lich und ist es auch jetzt. Mir war dieBestimmung in die Wiege gelegt, in meinerHeimat als anständiger Mensch meinen Ackerzu bestellen. Das Leben hat mich auf eine Bahngeschleudert, die ich nun wieder verlassen will.Mein Gewissen sagt mir, dass ich weder meinenFreunden noch meinem Land grossen Schadenbereitet habe. Im Rahmen des Möglichen war ichstets bemüht, niemandem Schaden zuzufügen.Sie haben sich, in Anbetracht Ihrer Funktion,mir gegenüber immer als Ehrenmann gezeigt.Deshalb schreibe ich Ihnen diesen letzten Brief.Damit Sie nicht zum Hindernis werden für mei-nen Plan, den ich in zwei Schritten realisierenwill: zum einen alle Heuchelei, alle Falschheit,alles Zweideutige und Rätselhafte abzulegen,und zum anderen auf einer neuen Grundlage einneues Leben zu beginnen, um den Schaden, denich angerichtet habe, wiedergutzumachen, ummich selbst zu befreien und um den Arbeitern,den Bauern (denen ich mit jeder Faser meinesSeins verbunden bin) und meiner Heimat etwasGutes zu tun.Zwischen dem ersten und dem zweiten Schrittbenötige ich körperlich, geistig und moralischein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurdenicht von materiellen Erwägungen beeinflusst.Die Entbehrungen schrecken mich nicht. Wasich will, ist ein moralisches Leben.Der Einfluss und die Beliebtheit, die ich untervielen Emigranten geniesse, haben mich dazubewogen, in Zukunft (sobald meine Gesundheitwieder hergestellt ist) als unabhängigerSchrift steller und Publizist tätig zu sein. Ichmuss hinzufügen, dass in meinen ideologischenVorstellungen zur Zeit viel in Bewegung ist undich mich sehr von der Religion angezogen fühle(wenn auch nicht von der Kirche), und dassdie törichte, ja verbrecherische Haltung derKommunistischen Partei diese Entwicklungmeines Denkens befördert. Dass ich dieseEntwicklung nicht ohne Bedauern sehe, liegtallein daran, dass die Partei ebenfalls Opfervon Verfolgung ist und dass ihr neben denFührungskadern Tausende von Arbeitern ingutem Glauben angehören. Ich habe meinenBruch mit der Partei noch nicht öffentlichbekannt gegeben, sondern warte noch auf dengeeigneten Augenblick, um auch die Parteibasiszu erreichen.

Page 6: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XVIII

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

Dieser Brief an Sie ist ein Ausdruck meinerWertschätzung. Ich will die lange Zeit aufrich-tiger Beziehungen auch mit einem Akt derAufrichtigkeit endgültig beenden. Wenn Sie eingläubiger Mensch sind, beten Sie zu Gott, ermöge mir die Kraft geben, mich von meinenGewissensbissen zu erlösen und ein neues Lebenzu beginnen, es ganz dem Wohl Italiens und sei-ner arbeitenden Menschen zu widmen.Ihr Silvestri6

Auf der Grundlage dieses Briefes – und ande-rer, demselben Verfasser zuzuordnenderBriefe – behaupten die “Historiker derAnklage”, Silone habe sich seit dem Jahr 1923(oder vielleicht auch schon früher) in dieKommunistische Partei eingeschlichen undin einem äusserst schwierigen Balanceakt einriskantes Doppelspiel betrieben, indem erder italienischen Polizei Informationen überdie Untergrund aktivitäten der Partei gelie-fert habe. Die “Historiker der Verteidigung”weisen diese Vorwürfe zurück, indem sie dieAuthentizität eines Grossteils der Briefebestreiten oder in Frage stellen, dass sie vonSilone verfasst wurden. Sie argumentierenvielmehr, er habe gegen Ende der zwanzigerJahre nur vorgetäuscht, mit der Geheim -polizei OVRA zusammenzuarbeiten, um sei-nem Bruder im Gefängnis zu helfen, oder sievertreten Hypothesen, denen zufolge er dieseBriefkontakte aus “zwingenden Gründen”7

unterhalten musste und somit allenfalls“fahrlässig” gehandelt habe. Von diesen völlig gegensätzlichen und unver-einbaren Lesarten hängt offenbar dasGesamturteil über den Schriftsteller aus denAbruzzen, seine Ehre und seine Glaub -würdigkeit ab. War Silone ein niederträchti-ger, widerwärtiger Spitzel, der die Sache desAntifaschismus verraten hat, oder war er einaufrichtiger, unnachgiebiger Kämpfer für dieFreiheit und gegen jeden Totalitarismus?Wieder andere geraten bei dem Versuch, diebeiden Wahrheiten miteinander zu versöh-nen, unvermeidlich in eine Sackgasse undargumentieren, Silone sei verrückt oder schi-zophren gewesen, sehen in ihm eine ArtDr.! Jekyll und Mr.!Hyde. Muss man wirklichso weit gehen?Es scheint erforderlich, einen Augenblickinnezuhalten und einen anderen Weg zubeschreiten, der weiter führt. Richten wirdabei unsere Aufmerksamkeit, ohne die

anderen Möglichkeiten aus den Augen zu ver-lieren, auf das entscheidende Jahr 1930, vondem wir wissen, dass es eine Wegscheide dar-stellt und einen unumgänglichen Bezugs -punkt, um den Menschen Silone und seinWerk zu erklären.

Der Ausweg aus der Krise – die Wegscheide

“[…] sollte man weggehen von der Heimat. Es reicht nicht, einen anderen Namen

anzunehmen, wenn das Wasser, die Steine, das Gras, die Pflanzen und der Staub der

Strassen die des Landes sind, in dem man zurWelt kam. Man sollte weit weg gehen.”

Der Mönch sagte das mit so trauriger Stimme,dass Don Paolo sich zurückhalten musste,

um ihn nicht zu umarmen.8

Das Jahr 1930 fällt in einen Zeitraum, in demder Faschismus – nach den Wahlen von 1928und dem Abschluss des Konkordats mit demHeiligen Stuhl – enorme Macht besass undmehr als je zuvor die Zustimmung derBevölkerung genoss. Als Silone sich in derSchweiz niederlässt, sind seine Beziehungenzur Kommunistischen Partei schon seitmehreren Jahren immer mehr zerfasert.Fern von der Heimat und den alten Freundenfühlt er sich schuldig, dass sein BruderRomolo eine so schreckliche Strafe erleidenmuss. Er leidet an nervösen Störungenund einer Lungenkrankheit. Das ist derAugenblick, in dem er die Beziehungen mitder OVRA beendet und gleichzeitig auch diemit der Kommunistischen Partei, die ihm,wie er schreibt, über ein Jahrzehnt lang“Schule, Kirche, Kaserne und Familie [war]…eine totalitäre Institution im weitesten undwahrsten Sinne des Wortes”9.Was bewegt ihn zu dieser Entscheidung? Istes das Schicksal seines Bruders Romolo?Oder die Erkenntnis der totalitären Züge desKommunismus? Oder auch die Grausamkeitder italienischen Polizei, die sich nichtmehr von der des Regimes unterscheidet?Durchlebt er eine Gewissenskrise, weil seinemoralische und religiöse Empfindsamkeitwieder erwacht ist? Vielleicht ist es all daszusammen.Da er nicht aus eigener Initiative aus derKommunistischen Partei austreten kann,erscheint es nahe liegend, dass er, um seinDoppelleben zu beenden, alles tut, damit er

Page 7: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XIX

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

ausgeschlossen wird (was denn auch 1931geschieht). Die Entscheidung zum Abbruchdieser Kontakte ist sicher nicht von opportu-nistischen politischen Erwägungen bestimmt,denn zu diesem Zeitpunkt stehen sowohlder Faschismus in Italien als auch derKommunismus auf internationaler Ebene imZenith ihrer Macht, und nichts deutet daraufhin, dass sie schwinden könnte. Dass er vonbeiden Ideologien zugleich Abstand nimmt,kann also nicht mit chamäleonhaftemVerhalten erklärt werden, sondern allein mitmoralischen Beweggründen. Das erklärt auchdie existenzielle Qual, die ihn zum Bruch mitseinem ganzen bisherigen Leben bewegt. Ohne Zweifel ist die Entscheidung, die ihnzurück zur religiösen Weltanschauung seinerJugend führt, im Verlauf mehrerer Jahregereift. In der zweiten Hälfte der zwanzigerJahre schreibt er seiner Genossin undFreundin Gabriella Seidenfeld: “Ich stelle fest,dass ich alles, was ich jetzt denke, auch schonals Jugendlicher gedacht habe, bis ich fünf-zehn wurde.”10 Unlängst veröffentlichtenDokumenten zufolge teilt Tranquilli Belloneim Juli 1929 mit, “auf dem gegenwärtigenStand seiner moralischen und intellektuellenEntwicklung” könne er “mit ihm nicht mehrdieselben Beziehungen unterhalten wie vorzehn Jahren”.11 (Falls die Zusammenarbeit mitder Polizei tatsächlich schon 1919 begann, sosei daran erinnert, dass damals weder dieFaschistische Partei noch die KommunistischePartei Italiens existierten. Weiter ist zuberücksichtigen, dass aus dieser Perspektive

auch unmittelbar nach der Gründung der bei-den Parteien der gesellschaftliche Einflussdes Faschismus und des Kommunismus – vorallem des italienischen Kommunismus – allesandere als gefestigt war).Der Brief vom 13.!April 1930 ist von einer aus-serordentlichen moralischen und emotiona-len Intensität durchdrungen. Der Verfasserwird von einer akuten Gewissenskrise gequältund steht vor einer schrecklichen Entschei - dung, die ihn zwingt, zwischen zwei extremenOptionen zu wählen: dem Suizid oder demBeginn eines ganz neuen Lebens. Er sei am“Scheidepunkt” seiner Existenz angelangtund wolle seine politischen Aktivitäten undsein “Leben voller Widersprüche” beenden; ersuche einen “Ausweg”, um “ein neues Lebenzu beginnen”, ein Leben “ohne Heucheleiund Falschheit, ohne alles Zweideutige undRätselhafte”; er wolle den Schaden, den erangerichtet habe, wiedergutmachen, wollesich “selbst befreien und ein moralischesLeben führen”. Weiter schreibt er, er wolle nurnoch “als unabhängiger Schriftsteller undPublizist tätig sein”. Und er spricht von viel“Bewegung” in seinem Denken und davon,dass er sich “sehr von der Religion angezogen”fühle. Schliesslich wünscht er sich von Gott dieKraft, sich von seinen “Gewissens bissen zuerlösen und ein neues Leben zu beginnen”, daser “ganz dem Wohl Italiens und seiner arbei-tenden Menschen widmen” wolle.Klingt hier nicht bereits an, was Silone vieleJahre später äussern wird, als er sich inNotausgang (it. Uscita di sicurezza) an justdiesen Augenblick erinnert, traumatischund zugleich erlösend wie es die Schmerzender Geburt sind?“[…] scheint mir, ein anderer Mensch gewor-den. Ich war damals dreissig Jahre alt undhatte soeben die Kommunistische Partei ver-lassen, der ich meine Jugend, meine Studienund jegliche persönlichen Interessen geop-fert hatte; ich war schwer krank, völlig mit-tellos und ohne Angehörige (mit fünfzehnJahren verwaist, der einzige Bruder, dermir geblieben war, sass als katholischerAntifaschist im Gefängnis, wo er kurze Zeitspäter starb); aus Frankreich und Spanienausgewiesen, nach Italien konnte ich nichtzurück; mit einem Wort, ich stand am Randedes Selbstmords. Ich durchlebte damals einefürchterliche, aber heilsame Krise. Wie derHeilige Bernhard in einem seiner Bücher

Portrait des

Schriftstellers

1950.

Page 8: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XX

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

Page 9: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXI

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

schreibt, gibt es Menschen, denen Gottnachläuft, die er sucht und verfolgt, undwenn er sie findet und packt, zerteilt undzerfetzt er sie, verschluckt und verdaut sieund macht aus ihnen ganz neue Geschöpfe,seine Geschöpfe; wenn ich an all das Leidund die Gefahren zurückdenke, an dieIrrtümer und die Busse, die viele meinerFreunde und auch ich erleiden mussten,scheint es mir, als sei auch mir diesesschmerzens- und gnadenreiche Los zuteilgeworden, von dem der Heilige Bernhardspricht. In der Schweiz bin ich zumSchriftsteller geworden, aber wichtigernoch, ich bin zum Menschen geworden”.12

All dies bestätigt, dass das Jahr 1930 fürSilone eine Zäsur war, ein Wendepunkt, eineWegscheide.13 Es scheint kein Zufall, dasssein persönliches Archiv erst von diesemJahr an Unterlagen enthält, als hätte er hiereinen klaren Trennungsstrich zur eigenenVergangenheit gezogen. Und es scheint auchkein Zufall, dass in diesem Jahr seineschriftstellerische Tätigkeit beginnt: “Biszu meinem dreissigsten Lebensjahr hatteich nie daran gedacht, Schriftsteller zu wer-den.”14 “Davor war ich mir dieser Berufungnicht bewusst.”15 Alle Werke Silones entstan-den nach diesem Zeitpunkt und sind konse-quenter Ausdruck eines Menschen, der sichkünstlerisch wie politisch für eine Welt derFreiheit und Menschen würde einsetzt. Auchder Künstler name Ignazio Silone – mit einerbürgerlichen und einer religiösen Nuance –stammt aus dieser Zeit und scheint eineAnspielung auf die Geburt eines neuenMenschen.

Ignazio Silone“Man darf von einem lebenden Menschen

nicht wie von einem Verdammten sprechen”, protestierte Don Nicola.

“Sonst könnte man gleich alle Kirchen schliessenund sich allein auf die Geschäfte verlegen.”

“Nach meinem Eindruck”, fuhr er fort, “steht Rocco an einem Wendepunkt,

von dem nicht nur seine Zukunft abhängt, sondern auch seine Vergangenheit.

Mit anderen Worten: Von der Entscheidung, die er trifft, kann der

Sinn seines ganzen Lebens abhängen.” “Wie ist das möglich?” fragte die Schwester.

“Ich dachte immer, niemand kann seineVergangenheit ausradieren.”

“Aber man kann etwas tun, dass sie eine andere Färbung erhält, in ein anderes Lichtgerückt wird.” “Du glaubst also, Rocco kann

seine Ehre wiedererlangen? Sich retten?Meinst du das?” “Er ist an einem Punkt ange-

langt, an dem er etwas tun kann, um seinerVergangenheit einen neuen Sinn zu geben.” 16

Die Schweiz, die Silone bis zum Sturz desfaschistischen Regimes fast 15 Jahre langAsyl gewährt, wird ihm zur zweiten Heimat.Die ersten Jahre im Exil sind sehr hart; er lei-det an Tuberkulose (die er in Davos behan-deln lässt) und fühlt sich von allen verlassen.Doch gerade in dieser Verlassenheit entstehtFontamara, das Epos der cafoni, der armenBauern, der “Geringsten” seiner Heimat. DerRoman wird zum Welterfolg. Er erscheint1933 (wie alle Werke, die er im Exil schreibt)zunächst in deutscher Sprache in Zürich, wosich der junge Schriftsteller niedergelassenhat und Kontakt zu vielen Künstlern undIntellektuellen aufnimmt. Mit der Zeitschrift“information” und dem kleinen Verlag Lenuove Edizioni di Capolago nimmt Silonepublizistische Aktivitäten auf. 1934 veröffent-licht er einen Essay zu Ursprüngen undEntwicklung des Faschismus und 1935 einenErzählband mit dem Titel Die Reise nachParis (it. Un viaggio a Parigi). Ein Jahr danacherscheint der Roman Brot und Wein (it. Pane evino; später umbenannt in Wein und Brot [it.Vino e pane]), der von einigen wichtigenKritikern begeistert aufgenommen wird.Dieser erste Roman der um die HauptpersonPietro Spina zentrierten Triade ist zum Teilvon autobiografischen Ereignissen inspiriert;es folgen 1941 der Roman Der Samen unterdem Schnee (it. Il seme sotto la neve) und 1949das Drama Und er verbarg sich (it. Ed egli sinascose), zwei Werke, in denen Silone seinWertesystem in den Mittelpunkt stellt unddie “Wiederentdeckung des christlichenErbes im Ferment der Befreiung unsererheutigen Gesellschaft” als unseren “grösstengeistlichen Gewinn” betrachtet.17

1938 erscheint Die Schule der Diktatoren (it.La scuola dei dittatori; dt. auch Die Kunstder Diktatur), eine Satire, die sich nicht nurgegen den Faschismus richtet, sonderngegen alle totalitären Systeme. Unduldsamgegenüber allen Zwangsstrukturen inInstitutionen und Parteien stellt sich derSchriftsteller aus den Abruzzen als

Page 10: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXII

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

Page 11: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXIII

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

“Einzelkämpfer” nicht nur gegen MussolinisRegime, sondern auch gegen Stalin und Hitler.Für ihn ist der Kommunismus nichts anderesals ein roter Faschismus.Erst 1939, nach einem Jahrzehnt der“Enthaltung”, betätigt sich Silone ungeach-tet des Verbotes, das die Schweiz denEmigranten auferlegt, wieder politisch. Erschliesst sich der Auslandszentrale derSozialistischen Partei Italiens an und über-nimmt 1941 ihre Leitung. In dieser Zeit lernter auch die junge Irin Darina Laracy ken-nen, die er später heiraten wird.1942 wird er von der Schweizer Polizei verhaf-tet, weil er antifaschistisches Propaganda -material gedruckt und verbreitet hat. Dieserkurze Aufenthalt im Gefängnis, der nur weni-ge Tage währt, ist der Anlass für sein berühm-tes Memoriale dal carcere svizzero, wo er unteranderem schreibt: “[…] der Impuls, der unsdaran gehindert hat, vor der Diktatur zu kapi-tulieren, entstammte nicht unserem Klassen -bewusstsein, war nicht intellektuell oder mate-rialistisch, sondern im Wesentlichen ethischbedingt. Auf diesem Impuls müssen wir diesozialistische Bewegung neu aufbauen; dasbedeutet, dass wir nicht nur unsere frühereIdeologie überwinden müssen, sondern auchden skeptischen und zynischen Nihilismus, derheute im politischen Leben vorherrscht”.18

1944 kehrt er nach Italien zurück.Nach dem Krieg wird er Mitglied derVerfassungsgebenden Versammlung undParlamentsabgeordneter; der Sieg derRepublik über die Monarchie erfüllt ihn mitgrosser Freude. Er leitet den “Avanti” undspäter die Zeitschrift “L’Europa socialista”und schliesst sich verschiedenen politischenFormationen mit sozialistischer Ausrichtungan, entscheidet sich aber letztlich dafür, sei-nen Weg abseits aller politischen Lager fort-zusetzen. Um seine Unabhängigkeit zudemonstrieren, beschreibt er sich als “Christohne Kirche und Sozialist ohne Partei”.19 Erfragt sich: “Wie viele Menschen begreifen,dass die Tyrannei der Mittel über den Zweckden natürlichen Tod der edelsten Zweckebedeutet? Und dass die Herabstufung desMenschen zum reinen Instrument undRohstoff jedem Anspruch, für das Glück derMenschen zu sorgen, den Charakter einerbewussten Irreführung verleiht?”20 Er wen-det sich gegen die Parteienherrschaft, gegendie Bürokratie und die Apparate und zeich-

net sich durch seine nonkonformistischenPositionen aus; schon 1945 an schlägt er vor,den Antifaschismus zu überwinden und einepostfaschistische, konstruktive und dialogbe-reite Vision zu entwerfen: “Zur Wahrheitgelangt man heute nur durch den Gedanken -austausch mit denen, die anders denken.”21

1953 zieht er sich endgültig aus der aktivenPolitik zurück.Im Jahr 1952 erscheint Eine HandvollBrombeeren (it. Una manciata di more), einstark antikommunistisch gefärbter Roman,der die alte Auseinandersetzung mit Togliattiwieder aufflackern lässt. Der überwältigendeErfolg im Ausland steht in krassem Gegensatzzur Ächtung durch die ideologisierte italieni-sche Kritik, die sich in Polemiken über dieBiografie des Schrift stellers ergeht. Silonesetzt sich bei Konferenzen und Debatten inder ganzen Welt für die Freiheit des Denkensein und nähert sich Intellektuellen wie Sartreund Weil. 1956 gründet er die Kultur -zeitschrift “Tempo presente” und leitet sie bis1968. Im selben Jahr veröffentlicht er auchden Roman Das Geheimnis des Luca (it. Ilsegreto di Luca).1960 erscheint mit Der Fuchs und die KamelieSilones einziger Roman, der ausserhalb sei-ner Heimat, den Abruzzen spielt, nämlich inder Schweiz. Fünf Jahre später veröffent-licht er Notausgang, eine Art intellektuelleAutobiografie, vielleicht sein wichtigstesBuch, und 1968 Das Abenteuer eines armenChristen (it. L’avventura di un povero cristia-no), ein Drama, das bei Publikum und Kritikauch in Italien grossen Erfolg erzielt.

Die Geburt eines neuen, bewusstenMenschen“[…] hätte ich gern das Leben damit verbracht,immer wieder dieselbe Geschichte zu schreiben,

in der Hoffnung, schliesslich wenigstens diese zu verstehen und anderen verständlichzu machen. So gab es im Mittelalter Mönche, die ihr ganzes Leben lang das Heilige Antlitzmalten, immer dasselbe Gesicht, das aber nievöllig gleich war. Mich interessiert allein das

Schicksal eines bestimmten Typs vonMenschen, einer bestimmten Art von Christen

im Getriebe der Welt, über etwas andereskönnte ich gar nicht schreiben.” 22

Ignazio Silone gehört nicht zu den getriebe-nen Schriftstellern, die schreiben müssen,

Links:

Die Buchumschläge

einiger Ausgaben

von Silones

in den wichtigsten

Sprachen der Welt

übersetzten Werken.

Page 12: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXIV

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

automatisch und gewohnheitsmässig; erschreibt nur, wenn (und weil) er etwasDringendes mitzuteilen hat. Die Grund themenseines Schaffens sind bekannt: der Kampfgegen die Ungerechtigkeit und für die Freiheit,die Würde der Ärmsten und Verfolgten, einreligiöser, solidarischer Sozialismus, einursprüngliches, demütiges Christentum, einmoralischer Antifaschismus, die Unduldsam -keit gegenüber allen Arten von Totalitarismus.Doch welche Geschichte schreibt nun Silonein seinen Romanen wieder und wieder?Welcher Typ von Menschen, welche Art vonChristen interessieren ihn? Einer der häu-figsten Topoi seines Erzählens ist sicherder des “Menschen am Scheideweg”: desMenschen, den eine Gewissensfrage zwingt,eine radikale Entscheidung zu treffen, einextremes Opfer zu bringen. In Fontamarabegegnen wir dem Helden Berardo, der imGefängnis die Schuld eines anderen auf sichnimmt und sich selbst der Folter und demTod ausliefert: “Wenn ich Verrat begehe,werden weitere hundert Jahre vergehen,ehe sich wieder eine solche Gelegenheitergibt. Und wenn ich sterbe? Dann werdeich der erste cafone sein, der nicht für sichselbst, sondern für die anderen gestorbenist.” 23 In Wein und Brot – so auch im DramaUnd er verbarg sich24 –! verweigert Murica,der seinen Verrat an den Genossen derUntergrundbewegung bereut und fastSelbstmord begangen hätte, die weitereZusammenarbeit mit der Polizei und wirdim Gefängnis umgebracht. In Der Samenunter dem Schnee erduldet Faustina denungerechtfertigten Makel der Schande,während Pietro sich für Infante opfert. InEine Handvoll Brombeeren ist es Stella, dieihr Leid als Sühne erträgt, aber auch DonNicola und Rocco lassen sich von ihremGewissen leiten und entscheiden sichbewusst dafür, ein Opfer zu bringen. In DasGeheimnis des Luca geht der Protagonist alsUnschuldiger vierzig Jahre ins Gefängnis,um die Ehre der Geliebten nicht zubeflecken. In Der Fuchs und die Kamelie (it.La volpe e le camelie) muss sich Cefalù zwi-schen seinem Geschäft als Spion und derTreue zu Silvia (und deren antifaschisti-schem Vater) entscheiden und gerät darü-ber in eine existenzielle Krise, die ihn in denSelbstmord treibt, was ihn aber paradoxer-weise rehabilitiert. In Das Abenteuer eines

armen Christen dankt Coelestin als Papst ab,weil er keine Kompromisse mit dem eigenenGewissen schliessen und seinem streng amEvangelium orientierten Christentum treubleiben will. Eine Reihe von Erniedrigungennimmt er als Gelegenheit zur Demut dank-bar hin, ohne Groll zu empfinden.25

Auch die Folgen der Opfer, die den Figurenin Silones Werken abverlangt werden, sindklar: “…mit wie viel Schmerzen der Menschzur Erkenntnis seines Menschseinsgelangt.” 26 Sich selbst zu opfern führt zu tie-ferer Erkenntnis, für sich oder für die ande-ren. Die von Berardos Schicksal getroffenenBauern von Fontamara werden sich ihrerselbst und ihrer Rechte bewusst und fragensich: “Was tun?” Nach Überwindung derKrise, die ihn erschüttert und ins Lebenzurückführt, wird Murica selbst zumProtagonisten des Satzes, der ihn so getrof-fen hat, zu einem Menschen, der endlich“zur Erkenntnis seines Menschseinsgelangt” 27; dasselbe erleben die Gefangenen,die ihm bei seinem Tod im Gefängnis nahesind. In der Schule der Diktatoren kämpftTommaso der Zyniker nicht um “Macht […],sondern darum, zu verstehen”28, währendes in Der Samen unter dem Schnee gerade umdie Bedeutung des Leidens als Sühne geht,um den spirtuellen Sinn des Schmerzes, derTeil jedes menschlichen Seins ist. Undimmer weiter, bis hin zu Der Fuchs und dieKamelie, wo Cefalùs extreme Tat Daniele,der an dessen dramatischem Schicksalunmittelbar beteiligt ist, das im Grundegute Wesen des “Feindes” erkennen lässt.Die Themen “Scheideweg” und “Entfaltungdes Gewissens” finden sich ebenso inSilones autobiografischen Schriften. Ineinem Moment voraussehender Klarheitschreibt Tranquilli bereits 1918 in einemBrief an Don Orione: “[…] erkannte ich, dassmich mein neuer Glaube [der Marxismus]gewiss zum Selbstmord treiben wird, sobaldmir ein grosser Kummer widerfährt. Ichfürchtete den Scheideweg, und so verharreich unentschieden und voller Angst.”29 EineErweiterung des Blicks auf die menschlicheExistenz und auf das, was wichtig ist: dieseEntdeckung macht, wer den Schmerz einesMenschen durchlebt, der sich selbst opfert.Sein Bruder Romolo schreibt aus demGefängnis: Trotz allen Leidens “bin ich mitmeinem Leben zufrieden und weiss, warum

Page 13: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXV

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

ich leben muss; früher hingegen, falls dudich erinnerst, war das anders, da wussteich nicht, was ich tat und was ich in dieserWelt sollte.” 30 Auch Silones Notausgangbeschreibt, genau betrachtet, den Weg derfortschreitenden Bewusstwerdung. “ImDunkeln dachte ich darüber nach, was mirwiderfahren war, und ich wusste, im Laufeder Jahre würde ich es besser verstehen.”31

“Unsere Seele [...] besitzt Dimensionen, dieder Schmerz in uns geschaffen hat, vondenen wir 1919 noch nichts wussten.” 32

Getrieben von dem Bedürfnis, “wirklich zuverstehen, mir darüber bewusst zu wer-den”33, macht sich Silone daran, den eigenen

schmerzhaften Weg zur Menschwerdung zurekonstruieren, und zitiert dabei gerneeinen Satz von André Malraux: “Es gehtdarum, eine möglichst breite Erfahrung inBewusstsein umzuwandeln.”34

Der Weg zu solch reifer Erkenntnis ist fürSilone klar: sich selbst verleugnen, sichopfern, keine Kompromisse mit den gesell-schaftlichen Konventionen oder den staatli-chen Behörden eingehen. All das ist Teileiner vor allem am Evangelium und an derPerson Christi orientierten Logik, die dieWeisheit des Kreuzes auf die menschlicheErfahrung überträgt: “Wer mir nachfolgenwill, der verleugne sich selbst, nehme seinKreuz auf sich und folge mir nach. Denn wersein Leben erhalten will, der wird’s verlie-ren; und wer sein Leben verliert um meinet-willen und um des Evangeliums willen, derwird’s erhalten.” 35 Don Benedetto, eine der

Figuren, die in Silones Werken zu eigentli-chen Verkörperungen Christi werden, fragt:“Kannst du dir vorstellen, dass Jesus einAbkommen mit Pontius Pilatus getroffenhätte, um der Kreuzigung zu entgehen?”.36

Der Charakter, für den sich Silone interes-siert, weicht der Krise nicht aus – soll siekommen, die Krise, wenn sie die Werte offenlegt! –, er überwindet die eigenen Grenzen,geht vom spirituellen Tod über in ein wah-res Leben und wird zu einem neuen, bewus-sten Menschen. Es geht ihm nicht um einIndividuum, sondern um eine Person inihrer Beziehung zu einer kleinen, nichtkon-formistischen Gruppe. Silones Humanismuszielt darauf ab, auf Ideologien zu verzichtenund eine ideale Gemeinschaft zu verwirkli-chen, belebt durch ein Miteinanderleben inFreiheit, durch echte Freundschaft und dieGemeinschaft der Seelen im Namen Christi:“Wo immer wir zusammen sind, Er hat ver-sprochen, mit uns zu sein.”37 Die christlicheGemeinschaft, die ihm vorschwebt, ist eineRealität, “in der die Liebe an die Stelle derGesetze tritt”.38 Ja, der Schriftsteller gehtnoch weiter: Im Widerspruch zu einerEpoche und einer Erfahrung des Argwohnsund Misstrauens, der Heuchelei und desVerrats betont er –! in seinen Werken wieauch in der Politik, der er sich nach demKrieg zuwendet – die Notwendigkeit,Vertrauen und Dialogbereitschaft zu ent-wickeln, um das gemeinsame Menschseinselbst mit den “Feinden” zu entdecken. DerMensch – das ist seine feste Überzeugung –ist wichtiger als seine politische Einstellung.

Beichte und Bekenntnis“Es gibt Schmerzen, die all unsere

verborgenen Kräfte und alle Lebensenergienauf sich konzentrieren, die nicht mehr aus uns

zu entfernen sind, wie die Wirbelsäule ausunserem Körper und die Fäden aus einemGewebe. Die Fäden durchtrennen? Das ist

sicher möglich, aber dabei zerstört man dasGewebe.” “Kann man nicht mit denselben

Fäden ein weniger trauriges Tuch weben?”“Ein anderer werden?

Auch das ist eine Art zu sterben” .39

Um Silone zu verstehen, muss man dieWende begreifen, die er 1930 vollzogen hat.Von diesem Zeitpunkt an ist er wirklich einneuer Mensch. Ignazio Silone ist nichtSecondino Tranquilli. Gewiss, man kann die

Silone an der

Schreibmaschine

in seiner Römer

Wohnung an der

Via Villa Ricotti.

Page 14: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXVI

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

Vergangenheit nicht mit einem Federstrichbeseitigen, und der Schriftsteller wird ihreNarben für immer auf der Haut und in derSeele tragen. Aber ein Mensch kann sichändern, und zwar auch tiefgreifend, radikalund konsequent – wer das nicht begreift,versteht Silone nicht. Dabei geht es nichtdarum, sich selbst treu zu bleiben, sondern esgeht darum, redlich zu sein. Der Autor vonFontamara, von Wein und Brot und von DerSamen unter dem Schnee ist ein redlicherMensch. Wer das nicht gelten lässt, wirdnicht nur Silone, sondern auch den ApostelPaulus, den Heiligen Augustinus und denHeiligen Franziskus oder die demChristentum innewohnende Dynamik vonTod und Auferstehung nie verstehen: “Ja, esgibt unverbrüchliche Gewissheiten. Nachmeiner Überzeugung sind es christlicheGewissheiten. Sie erscheinen mir in dermenschlichen Wirklichkeit so fest verankert,dass sie eins mit ihr geworden sind. Sie zuverneinen hiesse die Integrität des Menschenzu zerstören.”40 Im Übrigen gibt es auch kei-nen Grund, etwa – um im säkularen UmfeldSilones zu bleiben – an der Redlichkeit desAntifaschismus eines Benedetto Croce zuzweifeln, obwohl er bis zur ErmordungMatteottis freundschaftliche Beziehungenzu dem Ideologen des Faschismus GiovanniGentile unterhielt. Und was ist von den italie-nischen Intellektuellen der Nachkriegszeitzu halten, fast durchwegs Antifaschisten derletzten Stunde? Nun, “die Literaten, dieKünstler und generell die Intellektuellenhaben wirklich keinen Grund, stolz auf einenuneigennützigen, vorausschauenden undmutigen Beitrag zu sein, den sie in den nun-mehr verstrichenen traurigen Jahrzehntengeleistet hätten.” Mit anderen Worten “[…]haben die Ereignisse letztlich gezeigt, dassder Beruf des Schriftstellers oder Künstlersnicht automatisch einen festen Charakterund ein moralisches Verhalten begründet.”41

Ignazio Silone ist seit 1930 Ignazio Silone!Dieses Datum trennt alles, was davor war,von allem, was danach kam. Kann man also,auch wenn man einräumt, was unterWissenschaftlern noch längst nicht vorbe-haltlos anerkannt ist (nämlich dass sichSilone in den zwanziger Jahren fragwürdigverhalten habe), einen Menschen bedin-gungslos verurteilen, der in der Vergangen -heit Schuld auf sich geladen hat? Und wenn,

wer bliebe dann davon verschont?Aber, so könnte man fragen, wenn Silone einredlicher Mensch ist, warum spricht er dannniemals von dieser unrühmlichen Angelegen -heit? Warum behält er dieses Geheimnis fürsich? Versetzen wir uns in seine Lage, um hiereine Antwort zu finden.Silones Gewissenskrise dürfte kurz nachMitte der zwanziger Jahre beginnen, viel-leicht in dem Augenblick, in dem sich derFaschismus eindeutig als Diktatur erweist,in dem er eins geworden ist mit denOrganen des Staates. Jetzt Stellung zubeziehen, von der eigenen VergangenheitAbstand zu nehmen und die Rolle desInformanten aufzugeben, ist psychologischnicht einfach. In Brot und Wein heisst es zudiesem Thema: “Wen das Unglück dieserSchande [des Denunziantentums] heim-sucht, der ist auch dazu verurteilt, sich dieFortdauer der Diktatur zu wünschen; imGrunde seines verletzten Herzens hasst ersie zwar zutiefst, fürchtet aber zugleich ihrVerschwinden, ‘weil dann alles bekannt wirdund ich entdeckt werde’. So bleibt er durchdie Ketten der Angst weiter mit der eigenenSchande verbunden.”42

Und nach der Wende von 1930? In diesemAugenblick ein kompromittierendes Verhältniszur Polizei in der Vergangenheit zu beichten,würde mit Sicherheit bedeuten, dass ihn dieKommunisten beseitigen. Und nicht nur das:zugleich hätte er auch die faschistischenGeheimdienste auf den Fersen, weil sie sei-nen Rückzug aus dem System nicht akzeptie-ren würden (Bellone bietet ihm da sichereinen gewissen Schutz). Kann man einenMenschen verurteilen, der niemandem mehretwas Böses antun wird, sondern nur seineigenes Leben retten will?Warum, so könnte man weiter fragen, äusserter sich nicht 1945, als der Krieg zu Ende ist?Da sind bereits 15!Jahre seit der Wende in sei-nem Leben vergangen: Secondino Tranquilliexistiert nicht mehr. Ignazio Silone ist wirk-lich ein Anderer geworden – ein Mensch, dervon allen totalitären Systemen Abstand hält,der mehr als ein Dutzend Jahre unter kaumvorstellbaren Schwierigkeiten im Exil ver-bracht hat, ohne seine konsequente, aberunbequeme politische Haltung zu ändern,der ein Netz von Freundschaften und antifa-schistischen Verbindungen geknüpft hat; einSchriftsteller, dessen Bücher eine kristallkla-

Page 15: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXVII

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

re Moral verkünden und von dem seine Leserund die ganze Menschheit noch viel zu erwar-ten haben: “Ehe ich sterbe, möchte ich zweioder drei Dinge sagen, die niemand sonstsagen kann und die mir das Schicksal aufer-legt hat.”43 Diese Vergangenheit aufzurührenwürde wohl bedeuten, einer ohnehin vongegensätzlichen Ideologien angefeindetenStimme des freien Gewissens einen Dämpferaufzusetzen.Im Übrigen: Muss er denn wirklich beichten?Und wem? Der ganzen Welt oder denMenschen, die er geschädigt hat, oder allen-falls, als Katholik, seinem geistlichen Vater, sowie seine Romanfigur Murica? Und woherwollen wir wissen, dass er es nicht getan hat?Welcher Inquisition steht es zu, das zu über-prüfen? Begeben wir uns hier nicht auf einschlüpfriges, krankhaftes Terrain? Mit wel-chem Recht? “Es wäre kindisch, die Wahrheitmit der Zurschaustellung der Nacktheit zuverwechseln.”44

Wer Silone der Doppelzüngigkeit bezichtigt,sollte bedenken, dass wir nicht wissen – undwohl nie mit Sicherheit wissen werden –, wel-che Motive Tranquilli für seine Beziehungenzur OVRA hatte: War es Schwäche oder hatteer zu hoch gewettet? Wurde er bedroht,umschmeichelt, erpresst? Wollte er bewusstdem Regime nützen oder wollte er demKommunismus (dem roten Faschismus)schaden? Wann begann sich sein Gewissen zuregen, wann begann er sich von derVerstellung zu lösen? “Niemand kann wis-sen”45, was sich wirklich in seinem Gewissenabgespielt hat, wäre da zu antworten, so wieman es in Fontamara in Bezug auf die Rettungvon Berardo liest.Und weiter: Sind wir denn sicher, dass ernicht alles beichtet? Silone verdrängt wederden Schaden, den er anderen zugefügt hat,noch die selbst erlittene Qual; vielmehrbekennt er sich selbst in seinen Werken mitfast zwanghafter Ehrlichkeit dazu. Vielleicht

tut er damit nichts anderes, als das eigeneGewissen plastisch zum Ausdruck zu bringen.So schreibt er zum Beispiel in Wein und Brotsowie in dem Drama Und er verbarg sich imVorwort, diese Bekenntnisse legten Zeugnisüber den geistigen Weg ab, den er selbstgegangen sei. “Es gibt bürokratische, disziplinarisch ver-ordnete, orthodoxe Beichten, und es gibt frei-willige Bekenntnisse von Menschen, die die‘Angst’ in sich besiegt haben. Wer jedoch denUrsprung und die Entwicklung der Tatsachenermitteln will, die das Gewissen prägen, solltesich weniger auf die Archive verlassen, son-dern auf das Gedächtnis, denn es kennt deninneren Zusammenhang zwischen scheinbarisolierten und weit voneinander entferntenTatsachen, führt sie zusammen und stellt dietatsächliche Kontinuität der Existenz her.Grund für meine Unruhe [im Jahr 1930…]waren nicht abstrakte Werte, sondern vielunmittelbarere, dringendere psychologischeund politische Fragen.”46

Silones Witwe Darina hat unlängst die bis-herige Interpretation bestimmter archivari-scher Dokumente in Frage gestellt: “Mirwird klar […], das entscheidende Dokumentist das ganze Leben eines Menschen. Manmuss den Dingen Raum geben, sie in einenumfassenderen Zusammenhang stellen,sonst läuft man Gefahr, das wichtigste ausden Augen zu verlieren, nämlich den wahrenSinn des Ganzen.”47

Im Übrigen verweist Silone, um das eigeneLeben zu erklären, immer wieder auf dieZäsur im Alter von dreissig Jahren und aufseine Schriften: “In diesem Alter trat ichden Rückzug an (aus Gründen, den dieLeser meines letzten Buches Brot und Weinkennen).”48 Bei näherer Betrachtung scheintes, als wünschte er sich sehnsüchtig, dass dieWahrheit an den Tag komme. Nicht in ersterLinie die rein biografische Wahrheit, sonderneher eine universelle Wahrheit, als deren

Die goldene Feder

(penna d’oro), mit der

Ignazio Silone 1971

vom italienischen

Ministerpräsidenten

ausgezeichnet wurde.

Page 16: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXVIII

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

Bewahrer er sich nach jener Erfahrung fühlt,die ihn für immer geprägt hat: “Wer durchdie Hölle gegangen ist und zu den Lebendenzurückkehrt“, sagt Murica, “hat die unbe-dingte Pflicht und Schuldigkeit, zu erzählen,was er weiss.”49

“Meine Bücher sind Rechenschaftsberichteüber die Ungewissheiten, die Schwierig -keiten, die Erfolge und den Sieg meiner Seele,über ihren Kampf gegen das, was in meinemfrüheren Leben gemein und rein triebhaftwar. Ich glaube nicht, dass meine Bücher vonbesonderem literarischen Wert sind; ichweiss um ihre formalen Schwächen. Wertvollsind sie vor allem als Zeugnis eines mensch-lichen Lebens; sie enthalten Seiten, die mitBlut geschrieben sind. Für meine Wieder -geburt und Auferstehung (von dem gebro-chenen Menschen, der 1930 in die Schweizkam, zu dem, der ich heute bin, als der ichmich heute fühle) bin ich zum Grossteil die-sem Land zu Dank verpflichtet. [...] Meine

letzten Bücher, vor allem Brot und Wein, DieSchule der Diktatoren und Der Samen unterdem Schnee sind das wahrhafte Abbild einesMenschen, der den Faschismus und jedeForm von Diktatur radikal ablehnt, und zwaraus menschlichen und ideellen Gründen, dieüber den politischen Antifaschismus weithinausgehen.”50

Wie ich zu erklären versuchte, sind nicht nurSilones Charaktere von dem starken Wunschbeseelt, zu verstehen und verstanden zu wer-den, sondern auch der Schriftsteller selbst.“Keine [der Erklärungen, die andere gelieferthaben] trägt auch nur im Geringsten dazu bei,das Geheimnis der Krise zu verstehen, diemich aus der Partei hinaus geführt hat. Ichselbst wurde mir dessen erst nach und nachsehr mühsam bewusst. Und ich gestehe gerne,dass ich noch immer darüber nachdenke, umbesser zu verstehen. Meine Bücher schriebich, wie gesagt, um zu verstehen und um ver-standen zu werden.”51. Daher also der Drang

Silone 1962

in Rom.

Page 17: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXIX

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

zu schreiben, zu kommunizieren, den Sinnunseres Menschseins zu bezeugen. “Es istnicht angenehm, von sich selbst zu sprechen,von den eigenen Fehlern, den eigenenTorheiten, der eigenen Hysterie; es ist keineFreude, diese alptraumhaften Jahre noch ein-mal zu durchleben, wenn auch nur in derErinnerung; und dennoch ist es unserePflicht, Zeugnis abzulegen.”52

Aus diesem Grund wird Silone Schriftstellerund entscheidet sich als solcher überwie-gend für eine dramatische, äusserst mitreis-sende Erzählform. Denn nur ein Leser, dersich einlassen, der mitfühlen und mit denCharakteren leiden kann, erzielt – genauwie der Autor – einen Erkenntnisgewinn:“Erzählen ist eine Methode, Erkenntnisüber sich selbst zu gewinnen.”53

In einem Brief an Rainer Biemel vom 2.September 1937 lenkt Silone die Aufmerk -samkeit erneut auf jenes Jahr 1930:“Die Kunst hat an einem Punkt meines Lebenseine entscheidende Rolle gespielt, an dem ichden Willen weiterzuleben schon weitgehendaufgegeben hatte. Mit etwa dreissig Jahrendurchlebte ich eine tiefe gesundheitlicheund spirituelle Krise, die ich in den erstenKapiteln von Brot und Wein umreisse, wo ichvon der Abscheu meines Helden Spina vorder Politik erzähle. Meine eigene Krise warerheblich komplexer, sie dauerte fast einein-halb Jahre und hat mich in verschiedeneSanatorien und schliesslich nach Davosgeführt, das Sie wahrscheinlich von ThomasManns ‘Zauberberg’ kennen. Nachdem ichbis dahin ein Leben in der Politik verbrachthatte und davon angewidert war, stellte ichmir die Frage, ob das Weiterleben denn derMühe wert sei. Eineinhalb Jahre lang mussteich mich Tag für Tag und Nacht für Nachtmit dieser Frage befassen. Alles in mirschmerzte, wie bei einem Menschen, der sichdie Haut vom Körper reisst. Mehr als einmalfürchteten meine Freunde, ich würde denKampf verlieren. Die Heilung kam durch Fontamara, Brot undWein und andere, noch nicht veröffentlichteWerke. Sie war ein schwieriger Prozess, wieeine Wiedergeburt […].Der Wunsch nach Wahrheit und Auf -richtigkeit, der mich von der Parteipolitikentfernt hat, ist der zentrale Impuls fürmeine literarische Arbeit. Ich wollte nichtnur nichts von meinem früheren politischen

Nonkonformismus zurücknehmen, sondernhabe ihn wohl noch sehr vertieft und miteinem Inhalt gefüllt, der keine Kompromisseduldet.Das künstlerische Schaffen war ein Kampffür mich, in dem mein Geist, erlöst von denfrüheren Ängsten und distanziert, befreitund zurückgezogen aus einer wirren, rätsel-haften Welt, für Ordnung sorgen und sicheine eigene Welt schaffen wollte, eine einfa-che, klare und logische Welt, eine erdachte,aber wahre Welt, jedenfalls wahrer als dieoffenbare, reale Welt, deren verborgene undverbotene Wahrheit sie nachbildet. […]Bei der Arbeit geht es mir nicht darum,etwas zu beweisen. Aber es ist völlig normal,dass die Leser, während sie sich die Weltneu erschaffen, zu Wahrheiten gelangen, dieim gewöhnlichen Leben sorgfältig verbor-gen bleiben. Nur die Wahrheit kann dasBewusstsein befreien und bereichern, esstärken und wachsen lassen, nur sie kanndie Menschenwürde vor jeder Verletzungund Missachtung schützen. So ist der wahreKünstler immer ein Erzieher, auch wenn eres gar nicht will”.54

Schlussfolgerung“Zu jeder Zeit und in jeder Gesellschaft ist

die höchste Tat des Menschen, seine Seele hinzugeben und sich zu verlieren,

um sich wiederzufinden. Man besitzt nur das, was man verschenkt.

[…] Unsere Liebe, unsere Bereitschaft zum Selbstopfer und zur Selbstverleugnung

trägt nur dann Früchte, wenn sie in dieBeziehungen zu unseren Mitmenschen einge-

bracht wird. Unsere moralische Kraft wächstund gedeiht nur im praktischen Leben.

Wir tragen auch für die anderenVerantwortung.” 55

Der eine oder andere mag enttäuscht sein,weil Silone nicht ohne Makel ist. Sei’s drum,der Schriftsteller aus Pescina hat niebehauptet, makellos zu sein: “Ich masse mirnicht an, den einzig richtigen Weg gegangenzu sein, während andere geirrt oder geschla-fen haben. Auch ich habe genug Dumm -heiten begangen.”56 Im Übrigen stellt erfest, dass Widersprüche in der Natur desMenschen liegen: “Der Mensch von heute istziemlich heruntergekommen. Ein Bild desmodernen Menschen, dass sich nicht allzu

Page 18: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXX

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

weit vom Original entfernen und hohlePhrasen vermeiden will, kann nur defor-miert, gespalten und bruchstückhaft sein,mit einem Wort: tragisch.”57

Wenn Silone eine aufrechte Persönlichkeitist, dann nicht deshalb, weil er nie gefallenwäre, sondern weil er es verstanden hat,wieder aufzustehen und auch dem Sturzeinen Wert zu geben: “Glaubst du, dass derMensch sein Schicksal überwinden kann? Ja,wenn er es annimmt.”58

“Und wenn meine schriftstellerischeTätigkeit letztlich einen Sinn hat, danndadurch, dass ich zu einem bestimmtenZeitpunkt die absolute Notwendigkeit emp-fand, Zeugnis abzulegen, mich von einerObsession zu befreien und den Sinn und dieGrenzen eines schmerzhaften, aber unabän-derlichen Bruchs und einer wahrhaftenTreue zu bejahen. Von einigen seltenen,glücklichen Augenblicken abgesehen wardas Schreiben für mich keineswegs ästheti-sches Vergnügen, sondern die schmerzlicheund einsame Fortsetzung eines Kampfs […].Und dass es mir bisweilen so schwer fällt,mich auszudrücken, […] rührt […] voneinem Bewusstsein her, das nicht zulässt,dass einige verborgene, vielleicht unheilba-re Wunden vernarben, und das gleichwohlbeharrlich die eigene Integrität einfordert.Denn um wahrhaftig zu sein, reichtEhrlichkeit allein nicht aus.”59

Sicher dürfen wir solche biografischenErfahrungen weder dämonisieren noch ver-harmlosen. Es sei jedoch daran erinnert, dassalle Doppelzüngigkeit, so es sie denn gab, auseiner Zeit herrührt, die vor Silones literari-scher Tätigkeit lag und deshalb in keinerWeise die Gültigkeit und Glaubwürdigkeit desSchriftstellers Silone in Frage stellt, der

danach geboren wird – was sowohl seineVerleumder tun als auch diejenigen, die dieAuthentizität der aufgefundenen Dokumentebestreiten. Mehr noch: ohne je das Schlechterechtfertigen zu wollen, so bleibt es doch eineTatsache, dass das Zeugnis eines Menschen,der in Schlimmes verwickelt war und esüberwunden hat, stärker und verlässlicherist als das eines Menschen, der davonunberührt blieb. Und ist ein Mensch nicht zubewundern, der – mit einem heldenhaftenFlügelschlag – aus der Hölle entkommt undaus Mitgefühl Zeugnis von dem erlebtenGrauen ablegt, um seinen Mitmenschen dieseErfahrung zu ersparen?Was die Silone-Forscher betrifft: Im Lebenwie in der Kultur sind nicht diejenigen diewahren Freunde, die unbequeme Wahrheitenverschweigen, sondern die, die einenMenschen ungeachtet solcher Wahrheitenmögen und schätzen.Sicherlich ist Silone durch eine dunkleNacht der Seele gegangen. Wer seine Werkeaufmerksam liest, versteht, dass Freiheit,Integrität und Ehre für ihn keine angebore-nen, von vornherein vorhandenen Eigen -schaften sind, die auch verloren gehen können,sondern Eigenschaften, die hart erkämpftwerden müssen: “[…] zum Menschen mussman werden”.60 Sandro Pertini erkennt imFreund nach seinem Tod “einen Menschen rei-nen Herzens und ehrlichen Intellektuellen.”Der Schriftsteller und Politiker Igino Giordani,dessen Antifaschismus aus einem lauterenchristlichen Glauben rührt und dem Silonesin vielerlei Hinsicht ähnelt, spricht von ihmals einem Ehrenmann.61 Und doch, alles deu-tet darauf hin, dass diese Reinheit desHerzens, diese Rechtschaffenheit und dieserMut für Silone ein Ziel darstellten, das er erstnach einem beschwerlichen, ja grausamenLebensweg erreichte: “Man bekommt nichtsgeschenkt. Das scheint mir die wichtigsteErrungenschaft der modernen Psychologiezu sein.”62

Findet man einen solchen Seelenweg nichtauch in Murica?“Es ist möglich dass du von Natur aus alsintegrer und reiner und deshalb auch muti-ger Mensch geboren bist, Pietro. Mein Mut,wenn ich davon sprechen darf, ist hingegenkeine natürliche Eigenschaft; er ist, wie indiesem Augenblick, die Überwindung derAngst; denn von Natur aus bin ich ängstlich

Ignazio Silone

(dritter von links in

der oberen Reihe)

bei der Verleihung

der Doktorwürde

honoris causa durch

die Universität Yale

(13. Juni 1966).

Page 19: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXXI

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

und schwach. Erst seit kurzem beginne ichzu verstehen, was Mut, so wie du ihn ver-stehst, eigentlich ist: eine Sache desAnstands.[…] Meine Selbstanzeige […], als mich nochniemand verdächtigte, war ein schwierigerund schmerzlicher Akt grössten Mutes.” 63

Auch Pietro Spina muss in seiner Vergangen -heit eine solche Erfahrung gemacht haben –als wäre er derselbe Charakter in einemanderen Reifestadium. So liest man über ihn,was man auch auf Silone beziehen könnte:“Das Schicksal wollte, dass er in die Erdehinabstieg und so alles von unten sah; darumtrügt ihn der Schein nicht. Die Dinge, die dieWelt verehrt und vergöttert, erkennt er alsvöllig wertlos und verachtet sie; und was dieWelt verlacht und verabscheut, erkennt erals die wahren und echten Dinge.”64 Es istder Blickwinkel des Weizenkorns, das stirbt,um Leben zu geben, des Gekreuzigten, dersich zum “Wurm in der Erde” gemacht hat,um alle zu erlösen. Es ist durchaus ange-bracht, von einer wahren Konversion zusprechen: einer Konversion zur Wahrheit,die unvermeidlich eins wird mit der Güteund der Schönheit, und die bei Silone auchliterarische Gestalt annimmt.Diese grosse Sehnsucht nach moralischerIntegrität, verbunden mit der Konzentrationauf das Hier und Jetzt, lässt Silone gelassenfeststellen: “[…] darf die Vergangenheit mitden tiefen Wunden, die sie geschlagen hat,für uns nicht Grund zur Schwäche sein. Wirdürfen uns von unserer Schuld, unsererFeigheit und unseren Dummheiten nichtdemoralisieren lassen, gleich ob wir siegesagt oder geschrieben haben. Wenn wir eswirklich wollen, kann eine neue Kraft geradeaus dem Schlechten in uns entstehen. Etiampeccata. Diese Art zu denken mag mancheiner, nicht zu Unrecht, als religiös empfin-den. Das Wort bringt mich nicht inVerlegenheit, weil es nicht ein Gefühl aus-drückt, sondern einen Bewusstseinszustand.Schon bei anderer Gelegenheit habe ichgesagt, dass ich die Wiederentdeckung deschristlichen Erbes […] als unseren grösstengeistigen Gewinn betrachte. Ich denke, daswird auch in Brot und Wein und in Der Samenunter dem Schnee deutlich.” 65

Man kann Ignazio Silone aus keiner anderenPerspektive verstehen als aus der christli-chen – aus der des verlorenen Sohns bzw. des

verlorenen Schafs66: “So wird auch Freudeim Himmel sein über einen Sünder, derBusse tut, mehr als über neunundneunzigGerechte, die der Busse nicht bedürfen.”67

Trotz der Krise – ja gerade dank der Krise,die er annimmt und in einer authentischenspirituellen und moralischen Katharsisbewältigt – umfasst Silones Werk dieErfahrung eines Menschen, der sich geret-tet hat. Und vielleicht bringt es gerade des-halb in all jenen die Saiten der universellenBrüderlichkeit zum Schwingen, die es mitwirklich freiem Herzen und Geist lesen.Oder die bereit sind, sich selbst zu befreien.

* Literaturwissenschaftler, Schriftsteller,

Herausgeber der Reihe “L’ora d’oro”.

Silone

auf Korfu.

Page 20: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXXII

Ignazio Silone

.....................................................................................................................................................................................................................

1 I. SILONE, Uscita di sicurezza, in Romanzi e saggi, hrsgg. von B. FALCETTO, Milano, Mondadori, 1998-1999 [im Folgenden RS], Bd. 2, S. 757-758.

2 Vgl. D. BIOCCA und M. CANALI, L’informatore: Silone, i comunisti e la polizia, Milano, Trento,Luni, 2000, und D. BIOCCA, Silone. La doppia vita di un italiano, Milano, Rizzoli, 2005. Nach Biocca war Silone “seit 1923 der wichtigste Verbindungsmann der Polizei in der Kommunistischen Partei” (ebd., S. 312).

3 G. TAMBURRANO, G. GRANATI und G. ISINELLI ALFONSO, Processo a Silone. La disavventura di un povero cristiano, Roma, Piero Lacaita Editore, 2001, und G. TAMBURRANO, Il “caso” Silone, Torino, UTET, 2006.

4 I. SILONE, Vino e pane, in RS, Bd. 1, S. 345.5 Ebd., S. 472.6 Silvestri ist das Pseudonym, das Secondino Tranquilli im Briefwechsel mit Guido Bellone

verwendet hat.7 Vgl. O. GURGO und F. DE CORE, L’avventura di un uomo libero, Venezia, Marsilio, 1998, S. 144.8 I. SILONE, Vino e pane, a.a.O., S. 329.9 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 852.10 Brief an Gabriella Seidenfeld, zitiert in D. BIOCCA, Silone, a.a.O., S. 22.11 Brief von Silvestri (Silone) vom 5.!Juli 1929, in D. BIOCCA, Silone, a.a.O., S. 146.12 I. SILONE, Memoriale dal carcere svizzero, in RS, Bd. 1, S. 1396-1397.13 Silone spricht von einem “wichtigen Wendepunkt in seinem Leben”

(vgl. I. SILONE, Parliamo di me, in RS, Bd. 2, S. 1256-1257).14 Interview von C. MARABINI, Silone: siamo profughi tutta la vita, in “La Fiera letteraria”

(3.!Mai 1976).15 Vgl. Un premio al pudore, Interview von G. LIVI, in “Epoca” (15.!September 1968).16 I. SILONE, Una manciata di more, in RS, Bd. 2, S. 158.17 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 869-870.18 I. SILONE, Memoriale dal carcere svizzero, a.a.O., S. 1409.19 Interview in “L’Express” (23.!Januar 1961).20 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 889.21 Zitiert in O. GURGO und F. DE CORE, L’avventura di un uomo libero, a.a.O., S. 271.22 I. SILONE, L’avventura d’un povero cristiano, in RS, Bd. 2, S. 540.23 I. SILONE, Fontamara, in RS, Bd. 1, S. 187.24 Ich verweise auf meine Veröffentlichung “Ed egli si nascose”: Ignazio Silone e il dramma

di una vita, in “Quaderni grigionitaliani”, Jg. 70, Nr. 1 (Januar 2001), S. 4-22, und Nr. 2 (April 2001), S. 103-113.

25 I. SILONE, L’avventura d’un povero cristiano, a.a.O., S. 629.26 I. SILONE, Vino e pane, a.a.O., S. 493.27 I. SILONE, Ed egli si nascose, Roma, Città nuova, 2000, S. 51.28 I. SILONE, La scuola dei dittatori, in RS, Bd. 1, S. 1028.29 Brief Silones an Don Orione vom 29.!Juli 1918, in G. CASOLI, L’incontro di due uomini liberi:

don Orione e Silone, Milano, Jaca Book, 2000, S. 118.30 Postkarte von Romolo Tranquilli an seinen Vetter Pomponio vom 5.!November 1929,

zitiert in D. BIOCCA, Silone, a.a.O., S. 134.31 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 783.32 Ebd., S. 873.33 Ebd., S. 802; vgl. auch S. 894 und S. 933.34 I. SILONE, I periodici di cultura, in RS, Bd. 2, . 1172-1173.35 Markus 8, 34-35.36 I. SILONE, Vino e pane, a.a.O., S. 453.37 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 789-790.

Page 21: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst

XXXIII

Die Literatur als Quelle neuen Lebens

.....................................................................................................................................................................................................................

38 40 domande a Ignazio Silone, in RS, Bd. 2, S. 1212.39 I. SILONE, Il seme sotto la neve, in RS, Bd. 1, S. 643.40 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 893.41 I. SILONE, Sulla dignità dell’intelligenza e l’indegnità degli intellettuali, in RS, Bd. 2, S. 1118.42 I. SILONE, Pane e vino, Lugano, Nuove edizioni di Capolago, 1937, S. 293.43 Brief Silones an Gabriella Seidenfeld, zitiert in D. BIOCCA, Silone, a.a.O., S. 175.44 I. SILONE, La scuola dei dittatori, a.a.O., S. 1033.45 I. SILONE, Fontamara, a.a.O., S. 190.46 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 845-846.47 M. DORIGATTI und M. MAGHENZANI, Darina Laracy Silone. Colloqui, Zevio, Perosini, 2005,

S. 112.48 I. SILONE, Alcuni fatti della mia vita, in RS, Bd. 1, S. 1382.49 I. SILONE, Ed egli si nascose, a.a.O., S. 87.50 I. SILONE, Memoriale dal carcere svizzero, a.a.O., S. 1397-1399.51 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 860.52 Ebd., S. 866.53 Un premio al pudore, Interview mit G. LIVI, a.a.O..54 Brief Silones an Rainer Biemel, in RS, Bd. 1, S. 1374-1376.55 I. SILONE, Vino e pane, a.a.O., S. 499.56 I. SILONE, Ecco perché mi distaccai dalla Chiesa, in RS, Bd. 2, S. 1271.57 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 892.58 40 domande a Ignazio Silone, a.a.O., S. 1212.59 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 802-803.60 Ebd., S. 801.61 Zitiert in Bacchelli, Batocchi, Cassola, Luzi, Quasimodo, Silone interpretano la società 62 Interview zitiert in L. D’ERAMO, L’opera di Ignazio Silone, Milano, Mondadori, 1971, S. 552.63 I. SILONE, Ed egli si nascose, a.a.O., S. 85.64 I. SILONE, Il seme sotto la neve, a.a.O., S. 892.65 I. SILONE, Uscita di sicurezza, a.a.O., S. 869-870.66 Ebd., S. 87167 Lukas 15,7.

Page 22: von Andrea Paganini*andreapaganini.ch/RASSEGNA_STAMPA_2010_files/paganinisi... · 2012-06-27 · ein wenig Ruhe. Meine Entscheidung wurde nicht von materiellen Erwägungen beeinflusst