18
Eine Studie der Lünendonk & Hossenfelder GmbH in Zusammenarbeit mit Kurzversion zur Lünendonk-Studie Scalable Agility Von der agilen zur digitalen Transformation

Von der agilen zur digitalen Transformation · Scalable Agility Von der agilen zur digitalen Transformation . ... (8 Interviews), gefolgt von der Industrie mit fünf Studienteilnehmern

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Eine Studie der Lünendonk & Hossenfelder GmbH

in Zusammenarbeit mit

Kurzversion zur Lünendonk-Studie

Scalable Agility

Von der agilen zur digitalen Transformation

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

2

Inhaltsverzeichnis

VORWORT .................................................................................................................................................................................... 3

METHODIK ................................................................................................................................................................................... 5

WO STEHEN DIE UNTERNEHMEN BEI IHRER AGILEN TRANSFORMATION? .............................................................. 6

UNTERNEHMENSKULTUR UND FÜHRUNG ......................................................................................................................... 8

SKALIERUNG VON AGILEN TEAMS ..................................................................................................................................... 11

FAZIT UND AUSBLICK ............................................................................................................................................................ 15

UNTERNEHMENSPROFILE

bridgingIT ........................................................................................................................................................................................................... 16

Lünendonk & Hossenfelder ......................................................................................................................................................................... 17

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

3

Vorwort

Mario Zillmann,

Partner

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Agile Transformation? Schon wieder ein neuer Mode-

begriff im Digitalisierungszeitalter? Die Frage lässt sich

nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Fakt

ist, die Digitalisierung verändert die Anforderungen und

die Erwartungshaltung der Kunden. Produkte und

Dienstleistungen müssen Kunden heute einen Mehr-

wert bieten.

Um nur ein Beispiel für veränderte Kundenanforderun-

gen zu nennen: Der Großteil der Kunden (sowohl im

B2B- als auch im B2C-Bereich) nutzt im Alltag mehrere

mobile Endgeräte und erwartet, dass sich Prozesse auf

diesen medienbruchfrei abbilden lassen.

Customer Experience ist die neue Hürde, die fast alle

Unternehmen nehmen wollen und müssen, um Kunden

zu begeistern und zu binden. In einigen Branchen ha-

ben Internet-Pioniere vorgemacht, wie mit exzellenter

digitaler Customer Experience in kurzer Zeit neue Ge-

schäftsmodelle entstehen können und traditionelle An-

bieter aus der analogen Welt buchstäblich um ihre

Wettbewerbsfähigkeit kämpfen müssen: AirBnB und

Booking.com in der Tourismusbranche, Amazon und

Zalando im Handel, Amazon Web Services in der IT-

Serviceindustrie, Wirecard im Finanzdienstleistungssek-

tor oder Netflix im Entertainment-Segment.

Was haben die digitalen Angreifer Unternehmen aus

der Old Economy voraus? Vor allem sind sie schnell in

der Entwicklung von digitalen Services und bieten

gleichzeitig eine enorm hohe Prozessqualität und

Customer Experience. Und vor allem können sie skalie-

ren, weil ihre Operating-Modelle von Beginn an auf der

Cloud aufgebaut sind. Und wer Kunden die beste Lö-

sung bietet, hat heute im Wettbewerb die Nase vorn.

Traditionelle Unternehmen stehen vor der Herausforde-

rung, auf diese neuen Unsicherheiten zu reagieren und

neben ihrem Kerngeschäft (digitale) Innovationen zu

entwickeln. Das eigene Portfolio regelmäßig auf neue

Marktanforderungen auszurichten und innovativ zu sein,

ist natürlich nichts Neues. Neu ist aber die Geschwin-

digkeit, mit der Innovationen auf den Markt gebracht

werden müssen. Time-to-Market und Qualität zählen

heute mehr denn je, und langwierige Produktentwick-

lungszyklen, die teilweise Jahre dauern oder den Kun-

dennutzen im Laufe des Prozesses vergessen, kann sich

kein Unternehmen mehr leisten.

Immer mehr Unternehmen setzen auf Minimal Viable

Products (MVP), um einen ersten Prototypen zu entwi-

ckeln, auf dessen Basis erste Kundenerfahrungen ge-

sammelt und die weitere Entwicklung von neuen, inno-

vativen Produkten und Services fortgesetzt werden

können. Durch solche Ansätze sollen Produkte und Ser-

vices schneller auf den Markt kommen und die Anfor-

derungen der Kunden- und Fachseite besser berück-

sichtigt werden.

Innerhalb starrer und hierarchisch geprägter Organisa-

tionsstrukturen lassen sich schlanke, kundenzentrierte

und datengetriebene Methoden, und damit Innovatio-

nen, jedoch nur schwer umsetzen.

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

4

Neue Ansätze wie Lean Startup und agile Vorgehens-

modelle wie Scrum sind gefragt, um an Geschwindigkeit

zuzulegen und neue Ideen nicht in den Tiefen der Or-

ganisation zermürben zu lassen. Mut und Risikobereit-

schaft sind wichtiger denn je, ebenso ein kontinuierli-

cher Verbesserungsprozess, bei dem Scheitern und

Fehlversuche nicht sanktioniert, sondern hinsichtlich ih-

res Impacts auf den Unternehmenserfolg als Chance zur

kontinuierlichen Verbesserung gesehen werden.

Klar ist: nur die wenigsten Unternehmen werden kom-

plett auf agile Methoden umstellen. Denn ein signifikan-

ter Teil der Themen, die es zu bearbeiten gilt, kann auch

weiterhin in den bewährten Projektmanagementstruk-

turen abgearbeitet werden.

Für ergebnisoffene Vorhaben im Bereich der Produkt-

entwicklung und des Innovationsmanagements werden

aber zunehmend agile Modelle genutzt. Bei Themen,

bei denen der Scope bereits feststeht (z.B. Kostensen-

kungsprogramme), werden Unternehmen zumindest

mittelfristig weiterhin auf klassische Projektmanage-

mentansätze zurückgreifen. Unternehmen müssen folg-

lich drei Faktoren perfekt beherrschen, wollen sie im

Wettbewerb bestehen: Das Kerngeschäft weiterführen,

Innovationen schnell und in hoher Qualität entwickeln

und gleichzeitig Innovationen und neue Produkte in die

Organisation zu integrieren.

Dieser Ansatz der Ambidextrie (beidhändige Steuerung)

setzt sich immer stärker durch, erfordert jedoch vor al-

lem von Führungskräften, dass sie Projekte und Produkte

steuern können – und zwar in unterschiedlichen Rollen.

Zurück zur agilen Transformation: Ja, sie ist notwendig,

um den Herausforderungen der Digitalisierung zu be-

gegnen, und für die meisten Unternehmen alternativlos.

Es liegt auf der Hand, dass es nicht ausreicht, neue Me-

thoden einzuführen und dabei die alten Prozesse und

Strukturen zu behalten. Ein radikaler Wandel muss er-

folgen. Allerdings nicht mit einem Big Bang, sondern als

behutsamer evolutionärer Prozess, der die Organisation

nicht überfordert. Dabei müssen es die Unternehmen

aus der analogen Produkt- und Servicewelt schaffen,

ihre Führungskräfte und Mitarbeiter für den neuen Weg

zu gewinnen.

Wie Großunternehmen und Konzerne sich auf die Digi-

talisierung einstellen, darauf gibt die vorliegende Lü-

nendonk-Studie Antworten. Die Studie und das Frage-

bogendesign ist in enger fachlicher Zusammenarbeit

mit der IT-Beratung bridgingIT konzipiert worden. Für

diesen Beitrag bedanken wir uns sehr.

Wir wünschen Ihnen nun eine interessante und vor al-

lem nützliche Lektüre und stehen Ihnen bei Fragen

gerne zur Verfügung.

Mario Zillmann

Partner

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

5

Methodik

Für diese Lünendonk-Studie wurden im September

2018 insgesamt 26 Großunternehmen und Konzerne

befragt. Die Interviews fanden alle telefonisch und per-

sönlich statt. Die durchschnittliche Interviewdauer be-

trug rund 45 Minuten.

Die Studienteilnehmer sind überwiegend Führungs-

kräfte aus dem CIO-Bereich sowie Manager, die die

agile Transformation in ihren Unternehmen mitverant-

worten. Häufig sind sie für das Innovations-, Portfolio-

und Programmmanagement verantwortlich.

Aus zweien der ausgewählten Unternehmen wurden je-

weils zwei Führungskräfte befragt, weshalb in der unten

aufgeführten Grafik zur Umsatz- und Branchenvertei-

lung nur 24 Unternehmen aufgeführt sind.

Die Studienteilnehmer repräsentieren ausschließlich

Großunternehmen und Konzernen mit mehr als einer

Milliarde Euro Umsatz. Sechs der analysierten Unter-

nehmen erzielten im Jahr 2017 mehr als 50 Milliarden

Euro Umsatz, weitere sieben Unternehmen verzeichnen

Umsätze zwischen 10 und 50 Milliarden Euro.

Die befragten Unternehmen verteilen sich auf sieben

Branchen. Am stärksten ist der Bankensektor in der Stu-

die vertreten (8 Interviews), gefolgt von der Industrie

mit fünf Studienteilnehmern. Jeweils drei Unternehmen

kommen aus der Handels- und der Logistikbranche.

DIE UNTERSUCHTEN UNTERNEHMEN SIND GROßUNTERNEHMEN UND KONZERNE

Abbildung 1: Fragen: Wie hoch ist Ihr Umsatz 2017? In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig? n=24

6

2

5

3

8

0 2 4 6 8 10

über 50 Mrd. Euro

20 Mrd. Euro bis 50 Mrd. Euro

10 Mrd. Euro bis 20 Mrd. Euro

5 Mrd. Euro bis 10 Mrd. Euro

1 Mrd. Euro bis 5 Mrd. Euro

Umsatzgrößenklassen

Anzahl der befragten Unternehmen

1

2

2

3

3

5

8

0 2 4 6 8 10

Energie

Chemie

Automotive

Logistik

Handel

Industrie

Banken

Branchenverteilung

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

6

Wo stehen die Unternehmen bei ihrer

agilen Transformation?

DIE UMSTELLUNG AUF AGILE ARBEITSWEISEN HAT ERST BEGONNEN.

Abbildung 2: Frage: Würden Sie sagen, dass Ihr Unternehmen – Stand heute – bereits agile Voraussetzung mitbringt? n = 26

Zunächst, zum besseren Verständnis der folgenden Er-

gebnisse und zur Einordnung, eine Definition des Be-

griffes „agile Transformation“.

Eine agile Transformation ist im Verständnis von Lünen-

donk geprägt durch die Elemente „kollaborative Kom-

munikationsmethoden“, „räumlich nahe Zusammenar-

beit zwischen Fachbereichen, IT und externen Partnern“,

„neuen Organisationsstrukturen“ sowie „Anpassung der

Unternehmenskultur“.

Hinzu kommt die Einführung agiler Vorgehensmodelle

wie Scrum sowie Skalierungs-Frameworks wie LeSS,

SAFe® oder Scrum@Scale. Ebenso zählt die Fähigkeit

von Unternehmen, beidhändig zu steuern, also Pro-

dukte und Projekte zu koordinieren (Ambidextrie) dazu.

Auf die erste Frage, ob die befragten Großunternehmen

und Konzerne bereits die Voraussetzungen im Sinne ei-

ner agilen Transformation erfüllen, antworteten 23 Pro-

zent der Studienteilnehmer mit „ja“. Diese Unternehmen

setzen folglich bereits einen Großteil ihrer Digitalisie-

rungsvorhaben mit Hilfe agiler Vorgehensmodelle um

und haben starre Organisationssilos weitestgehend auf-

gelöst und Change-Prozesse eingeleitet.

Die Mehrheit der untersuchten Unternehmen (65%) be-

findet sich allerdings erst am Beginn des Veränderungs-

und Anpassungsprozesses und nutzt nur in ausgewähl-

ten Bereichen agile Methoden. Vor allem in der IT-

Anwendungsentwicklung ist der agile Anteil hoch. Von

diesem Bereich aus werden häufig Evolutionsprozesse

gestartet. Entsprechend hoch ist der Anteil der Füh-

rungskräfte, die angaben, dass in den (IT-) Entwick-

lungsteams ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess

gelebt wird. Dagegen werden kontinuierliche Verbesse-

rungsprozesse in der gesamten Unternehmensorgani-

sation nur in 38 Prozent der Unternehmen bereits ge-

lebt. Diese Diskrepanz ist ein Zeichen dafür, dass die

Auflösung der projektorientierten Silos von Fachberei-

chen und IT noch lange nicht vollzogen ist und die agile

Transformation erst am Anfang steht. Allerdings

Ja

23%

Teilweise

65%

Nein

12%

Etwa jedes dritte Vorhaben

wird aktuell mit Hilfe von

agilen Methoden umgesetzt

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

7

machten die befragten Managerinnen und Manager in

den Interviews mit Lünendonk deutlich, dass die Um-

stellung auf agile Arbeitsweisen sowie neue Organisati-

ons- und Zusammenarbeitsmodelle sich überall dort,

wo es sinnvoll ist, in Planung befinden. Besonders bei

der Entwicklung von digitalen Services (Web Frontends,

Business- und Kunden-Apps, Webportalen, APIs) und

der Digitalisierung von Kundenschnittstellen werden

agile Methoden genutzt. Bei diesen Themen stoßen

klassische Projektmanagementansätze schnell an ihre

Grenzen, da das Ziel zum Start des Projekts nicht be-

kannt ist, und sich der Scope durch neue Kundenanfor-

derungen schnell ändern kann.

Der Digitalisierungs- und damit auch der Agilisierungs-

druck ist enorm hoch. So gaben 63 Prozent der Befrag-

ten an, dass in ihren Unternehmen die Organisation, die

Prozesse sowie Collaboration-Tools aktuell so umge-

stellt werden, dass Mitarbeiter und Führungskräfte eine

stärkere Eigenverantwortung erhalten.

Auch klassische Hierarchiestrukturen befinden sich in

der Auflösung. Das bedeutet, dass Führungskräfte und

Mitarbeiter sich von einer weisungsorientierten zu einer

selbstorganisierenden Rolle weiterentwickeln müssen.

Diese Transformation gelingt nicht allen. Auch das Top-

Management muss ein agiles Mindset vorleben und die

entsprechenden Weichen für neue Arbeitsmodelle stellen.

Vor allem braucht eine agile Transformation viel Zeit, Em-

pathie für die Ängste und Vorbehalte der Mitarbeiter und

einen richtigen Umgang mit Rückschlägen.

Jedes zweite untersuchte Unternehmen hat bereits

seine Organisation und Prozesse so angepasst, dass

sich Innovationen und Produkte nach agilen Prinzipien

erfolgreich umsetzen lassen. Dazu passt ein weiteres Er-

gebnis der Studie: in 42 Prozent der untersuchten Groß-

unternehmen und Konzerne wurden Steuerungssys-

teme für die Zusammenarbeit von mehreren agilen

Teams eingeführt. Diese Unternehmen weisen bereits

einen höheren Anteil an agil durchgeführten business-

bezogenen IT-Projekten auf als der Durchschnitt. Sie

sind zudem mit der Auflösung des klassischen, starren

Projektmanagements mit seinen klar definierten Zielen

und der Hinwendung zu einer produktorientierten und

flexiblen Vorgehensweise sehr weit fortgeschritten.

Ein positives Ergebnis der Studie ist, dass 58 Prozent der

Befragten sich der Notwendigkeit zur Auflösung klassi-

scher Strukturen bewusst sind und aktuell die Umstel-

lung der Organisation und Prozesse für die Zusammen-

arbeit von mehreren agilen Teams planen. Dafür

brauchte es aber viel Zeit, Motivation und Ausdauer –

so ein Fazit vieler Studienteilnehmer.

DIE AGILE TRANSFORMATION HAT BEGONNEN.

Abbildung 3: Frage: In wieweit hat in Ihrem Unternehmen bereits eine agile Transformation stattgefunden? Organisation/Prozesse; n = 24

42% Wir haben unsere Organisation und

Prozesse auf die Zusammenarbeit mehrerer (verteilter) Teams und ggf. auch externer Dienstleister als agile Teams umgestellt.

67% Wir leben einen kontinuierlichen

Verbesserungsprozess in unseren Entwicklungsteams.

38% Wir leben einen kontinuierlichen

Verbesserungsprozess in der gesamten Organisation.

50% Wir haben Organisationsformen und

zugehörige Prozesse, die Innovationen entstehen lassen, und in denen sich Produkte nach agilen Prinzipien mehrwertorientiert umsetzen lassen

können.

63% Wir stellen unsere Organisation, Prozesse

und Tools so um, dass Teams zunehmend unternehmerische Mitverantwortung für den Produkterfolg erhalten.

58% Wir planen aktuell die Umstellung

unserer Organisation und Prozesse auf die Zusammenarbeit mehrerer (verteilter) Teams und ggf. auch externer Dienstleister als agile Teams.

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

8

Unternehmenskultur und Führung

Aus den Interviews im Rahmen dieser Lünendonk-Stu-

die und Gesprächen mit Führungskräften aus anderen

Anwenderunternehmen wurde deutlich, dass die meis-

ten der befragten Großunternehmen und Konzerne agil

sein und neue Technologien nutzen wollen, um neue

Märkte zu entwickeln und auf verändertes Kundenver-

halten zu reagieren. Die Realität zeigt aber oft, dass Di-

gitalisierungsvorhaben zwar agil begonnen werden, sie

nach kurzer Zeit aber wieder in alten Konzern-Mecha-

nismen münden und neue Ideen sich nicht durchsetzen.

Fehlende Risikobereitschaft im Top-Management und

Kontrollzwang sind dabei zentrale Themen. So werden

agilen Teams im Laufe der Zeit wieder Hierarchiestufen

übergestülpt, Fail Fast wird von Controllern und Füh-

rungskräften nicht akzeptiert und Budgets für weitere

Ideen nicht mehr genehmigt. Auch so mancher Mitar-

beiter tut sich schwer damit, unternehmerisch zu denken

und gewohntes Terrain zu verlassen.

Und die Führungskräfte? Welche Rolle steht ihnen jen-

seits der klassischen Hierarchiemodelle zu? Nur 25 Pro-

zent der befragten Manager gaben an, dass es in ihrem

Unternehmen eine überwiegende Zahl an Führungs-

kräften gibt, die Themen in einem digitalen Kontext und

agilen Modus planen und umsetzen können. In den

anderen Unternehmen ergibt sich ein eher ambivalen-

tes Bild. Einige Manager sind durchaus offen für Verän-

derungen, andere nicht. An diesem Punkt ist das Top-

Management gefordert, frühzeitig die richtigen Wei-

chen zu stellen und den Umbau einzuläuten. Denn die

Veränderungen, die sich durch eine agile Transforma-

tion ergeben, betreffen Unternehmen mittelfristig ganz-

heitlich. Sie sollten daher auch hierarchie- und abtei-

lungsübergreifend begleitet und Top-down unterstützt

werden. Hintergrund: Agile Projekte beginnen häufig in

einer Abteilung, in der Regel in der IT. Mit steigender

Akzeptanz etabliert sich ein partieller Wandel der Un-

ternehmenskultur hin zu mehr Selbstorganisation und

Eigenverantwortung. Ebenso verändert sich die Art der

Zusammenarbeit oft fundamental. Daher sind eine

Reihe an unterschiedlichen Anpassungen in der Auf-

bau-Organisation und auch in HR vorzunehmen.

NICHT ALLE FÜHRUNGSKRÄFTE ZEIGEN AGILES

MINDEST

Aussagen vieler Top-Manager in öffentlichen Interviews

und Geschäftsberichten, lassen einen hohen Transfor-

mationsbedarf vermuten. Sie besuchen Internetkon-

zerne im Silicon Valley und Digital Labs von Beratungen

und Agenturen, um sich Inspiration zu verschaffen. Das

ist gut so.

FÜHRUNGSKRÄFTE WOLLEN DIE VORTEILE VON „AGIL“ NUTZEN, STELLEN SICH ABER SELBST NICHT UM

Abbildung 4: Frage: In wieweit hat in Ihrem Unternehmen bereits eine agile Transformation stattgefunden? Führungsinstrumente; n = 23

43% Das Top-Management und die

Führungskräfte treiben aktiv die Umstellung auf agile Methoden voran.

13% Die Incentivierungssysteme für

Führungskräfte und Mitarbeiter sind bereits auf agile Kennzahlen (z.B. Milestones) umgestellt.

25% Wir haben Führungskräfte, die Projekte

und die Produktentwicklung in einem digitalen Kontext und agilen Modus erfolgreich planen und umsetzen können.

22% Das Top-Management und die

Führungskräfte leben agile Vorgehensweise vor.

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

9

Nicht selten kommen sie erleuchtet und mit neuen

Ideen zurück und stoßen Digitalisierungsinitiativen oder

sogar einen radikalen Wandel an. In vielen der geführ-

ten Interviews wurde deutlich, dass die erste Führungs-

ebene durchaus den agilen und digitalen Wandel vo-

rantreiben will. Probleme entstehen aber, wenn die not-

wendigen Veränderungen und Anpassungen dem mitt-

leren Management vermittelt und von ihnen umgesetzt

werden sollen.

Dabei gibt es in den meisten der untersuchten Unter-

nehmen durchaus Führungskräfte und Mitarbeiter, die

eine hohe Bereitschaft zeigen, agiles Mindset anzuneh-

men. Aber es gibt eben auch jene, die Veränderungen

als Risiko empfinden. Grundsätzlich sollten daher die

Change-Dimensionen wie Führungsprinzipien, Werte

und Organisationstrukturen in Frage gestellt werden

und auf agile Vorgehensmodelle hin neu ausgerichtet

werden. Aber wie bewerten die Studienteilnehmer das

Commitment der Führungskräfte und Mitarbeiter zur

agilen Transformation?

Dem Top-Management wird zu 28 Prozent ein hohes

Commitment zur agilen Transformation zugeschrieben.

Bei weiteren 48 Prozent der Unternehmen gibt es Inno-

vatoren und Bewahrer gleichermaßen.

Für das obere Management sind die Einschätzungen

der Studienteilnehmer dagegen nicht mehr so positiv.

Die Werte für ein durchgängig hohes Commitment zum

agilen Mindset liegen hier nur bei 12 Prozent. Das mitt-

lere Management weist mit 21 Prozent Zustimmung ein

deutlich stärkeres agiles Mindset auf als das obere Ma-

nagement.

In den meisten der befragten Unternehmen sind die

Antworten zum agilen Mindset der Führungskräfte je-

doch sehr unterschiedlich. Denn eine der großen Her-

ausforderungen bei der agilen Transformation ist, dass

ihr Erfolg stärker als bei anderen Themen von den Men-

schen abhängt, die sie umsetzen müssen. Arbeitsweisen

und Führungsmethoden verändern sich radikal und

hierarchische Strukturen lösen sich auf. Vielen Füh-

rungskräften fällt es laut den Studienteilnehmern

schwer, sich auf agile Themen mental umzustellen, Ver-

antwortung abzugeben und als Product Owner keine o-

der nur eingeschränkte Weisungsbefugnis und Kon-

trolle zu haben.

Dagegen scheint im unteren Management wiederum

eine größere Bereitschaft dafür zu bestehen, neue Ar-

beitsmodelle auszuprobieren, mehr Verantwortung zu

übernehmen und schneller zum Erfolg zu gelangen.

Gleiches gilt für die Mitarbeiter, bei denen die Befragten

eine durchaus hohe Bereitschaft wahrnehmen, beste-

hende Abläufe zu verändern und mehr Eigenverantwor-

tung zu übernehmen.

Diese Ergebnisse verdeutlichen sehr gut, dass eine agile

Transformation sich nicht nur auf die Einführung von

neuen Methoden bezieht. Vielmehr stellt sie einen kom-

pletten Wandel der bisherigen Strukturen und des

Mindsets sowie eine Stärkung der Individualität dar. Das

Problem vieler Führungskräfte ist jedoch, dass sie einer-

seits das Tagesgeschäft verantworten und sich anderer-

seits in agile Teams eingliedern sollen – und dort eher

die Rolle eines Coaches oder Sparringspartners ausüben.

UNTERNEHMENSKULTUR IM WANDEL

Allerdings, und das ist eine weitere positive Erkenntnis,

geben bereits 67 Prozent der untersuchten Unterneh-

men dem Change-Management und der Behaviour

Transformation deutlich mehr Gewicht als in der Ver-

gangenheit, um die agile Transformation zu beschleu-

nigen. Aber nur jedes zweite Unternehmen hat bereits

ein Change-Team mandatiert, welches den agilen Wan-

del vorantreibt.

Das Fehlen von zentraler Verantwortung und Koordina-

tion kann sich dadurch erklären, dass es sehr häufig

noch Unsicherheiten im Top-Management darüber gibt,

wie eine agile und digitale Transformation inhaltlich an-

gegangen werden soll. Selbst in der wissenschaftlichen

Betrachtung gibt es unterschiedliche Ansichten dazu,

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

10

wie eine Transformation umgesetzt, und welche Berei-

che und Funktionen sie treiben sollen. Daher verwun-

dert es nicht, dass nur jedes zweite Unternehmen be-

reits einen – von zentraler Stelle koordinierten – Wandel

der Unternehmenskultur vorantreibt.

Unsicherheiten darüber, welche Anforderungen an agile

Vorgehensmodelle gestellt werden, spiegelt auch ein

weiteres Ergebnis wider: nur 45 Prozent der Unterneh-

men setzen im Recruiting verstärkt auf neue Rollen und

Persönlichkeiten, um die Heterogenität und Interdiszip-

linarität bestehender und neu entstehender Teams zu

erhöhen.

Die meisten Unternehmen haben aber schlicht keine

andere Wahl, als den agilen Wandel mit der bestehen-

den Belegschaft zu gestalten und diese schrittweise für

die neuen Arbeitsweisen zu qualifizieren. Dennoch soll-

ten sukzessive Mitarbeiter und Führungskräfte mit agi-

len Kompetenzen gesucht werden, da nicht jeder aus

der Stammbelegschaft die notwendige Veränderungs-

und Anpassungsschritte mitgehen kann oder möchte.

Besonders stark werden aktuell Product Owner und

Scrum Master gesucht. Sie sind die neuen Führungs-

kräfte, auch wenn Führung von agilen Teams anders

ausgelegt wird, als in klassischen Projekten.

Product Owner haben die fachliche Verantwortung für

das Produkt und benötigen neben Managementkom-

petenz und Fachexpertise eine Reihe an Soft Skills, um

agile Teams zu steuern.

Aus der Praxis ist oft zu hören, dass die Besetzung von

Product-Owner-Stellen mit internen Mitarbeitern nicht

immer einfach ist: Den einen fehlen die Management-

kompetenzen, den anderen die Soft Skills und wieder

anderen die Risikobereitschaft. Daher sind Kandidaten

für Product-Owner-Stellen heute bereits stark umwor-

ben, und das Angebot an qualifizierten Bewerbern steht

in keinem Verhältnis zur enorm hohen und weiter stei-

genden Nachfrage.

Neben der Rekrutierung neuer Mitarbeiter ist die Qua-

lifizierung der vorhandenen Mitarbeiter und Führungs-

kräfte notwendig, wenn mittelfristig ein signifikanter Teil

der Vorhaben in einer agilen Produktorganisation ab-

gewickelt werden soll. 58 Prozent der befragten Groß-

unternehmen und Konzerne setzen bereits sehr stark

auf den Aufbau von Trainings- und Schulungskapazitä-

ten, um Mitarbeiter im agilen Wandel zu begleiten. Ein

weiteres Viertel der Befragten gab an, dass ihre Unter-

nehmen zumindest in Change-Themen investieren –

wenn auch nicht sehr stark.

CHANGE HAT ZWAR MEHR BEDEUTUNG IN DEN MEISTEN UNTERNEHMEN, ABER DER KULTWANDEL WIRD

NICHT ÜBERALL ZENTRAL GESTEUERT

Abbildung 5: Frage: In wieweit hat in Ihrem Unternehmen bereits eine agile Transformation stattgefunden? Unternehmenskultur; n = 22

78% Wir setzen stärker als bisher moderne

Kommunikationsformen und -tools ein, um verteiltes Arbeiten zu ermöglichen.

4% Wir haben unsere Rollenmodelle und

zugehörige Incentivierungssysteme bereits auf den Gesamt- oder zumindest Produkterfolg des Teams ausgerichtet.

50% Wir haben ein internes Change-Team

mandatiert, das den Kulturwandel vorantreibt.

58% Wir investieren sehr stark in den Aufbau

von Schulungs- und Trainingskapazitäten, um Mitarbeiter bei Change-Prozessen und der Umstellung auf agiles Arbeiten zu begleiten.

67% Wir geben dem Change-Management und

der Behaviour Transformation deutlich mehr Gewicht als in der Vergangenheit, um die agile Transformation zu beschleunigen.

45% Wir setzen in unserem Recruiting

verstärkt auf neue Rollen und Persönlichkeiten, um die Heterogenität und Interdisziplinarität bestehender und neu entstehender Teams zu

erhöhen.

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

11

Skalierung von agilen Teams

Nachdem fast alle Unternehmen mit Scrum arbeiten

oder ihren agilen Evolutionsprozess mit ersten Scrum-

Teams gestartet haben, wird sich die Zahl der agilen

Teams laut den Studienteilnehmern im Jahr 2019 deut-

lich erhöhen.

Die meisten der befragten Unternehmen suchen nun

nach neuen Steuerungs- und Koordinierungsmodellen,

um ihre Organisation schrittweise umzubauen, um agile

und nicht-agile Teams steuern und an Innovationskraft

zulegen zu können.

Entscheidend ist für viele Unternehmen zunächst die

Frage, wie sie beim Einsatz von skaliert agilen Modellen

von der Evaluations- in die Produktivphase gelangen.

Denn der Druck auf die meisten Großunternehmen und

Konzerne, sich veränderten Kundenanforderungen an-

zupassen oder auf neue Wettbewerber aus der Online-

Welt zu reagieren ist enorm hoch.

Zunächst – und das ist nicht überraschend – ist der Ein-

satz neuer Vorgehensmodelle für komplexe, abtei-

lungsübergreifende Projekte eine der wichtigsten Her-

ausforderung, der sich 87 Prozent stellen müssen. Ohne

einen entsprechenden Umbau der Organisation sowie

neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit

können skaliert agile Modelle sich nicht entfalten und

ihre Vorteile ausspielen.

Ebenfalls eine zentrale Herausforderung für 83 Prozent

der untersuchten Unternehmen ist die Etablierung einer

neuen Unternehmenskultur. Hier geht es um organisa-

torische Veränderungen, die sich auf die Zusammenar-

beit der Teams beziehen sowie auf die neue Rollenver-

teilung und Auflösung von Hierarchien. Ebenso stehen

Werte, Prinzipien und ein neues Mindset im Fokus des

Change-Managements, damit eine neue Rollenvertei-

lung und eine bessere Zusammenarbeit ermöglicht wird.

Andererseits steht der Mitarbeiter stärker im Fokus der

Betrachtung, da sich seine Arbeitsweisen in agilen Pro-

jekten stark verändern müssen. Mitarbeiter haben die

Chance, stärker Verantwortung zu übernehmen, sich

stärker zu vernetzen und gemeinsam Lösungen zu ent-

wickeln. Da nicht jeder Mitarbeiter oder jede Führungs-

kraft sich auf diese Veränderungen gut einstellen kann,

sind die Personalabteilungen und Change-Teams ge-

fordert, die Mitarbeiter zu qualifizieren.

HERAUSFORDERUNGEN BEI DER ZUSAMMENARBEIT SKALIERT AGILER TEAMS

Abbildung 6: Frage: Welche Herausforderungen ergeben sich aus der Zusammenarbeit mit verteilt/skaliert agilen Teams? n = 23

Einsatz neuer Vorgehensmodelle für komplexe,

abteilungsübergreifende Projekte (z.B. skaliert agile Methoden)

Etablierung neuer Unternehmenskultur für die Zusammenarbeit

(Change/Behaviour Transformation)

Einsatz moderner Collaboration-Tools

87%

Ja Teilweise

83%

52%

13%

17%

26%

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

12

Gerade in großen Konzernen mit einer hohen Zahl von

agilen Teams sind Skalierungs-Frameworks ein wichti-

ges Instrument, um die Komplexität zu reduzieren und

die Produktivität der Teams sowie die Mitarbeiterzufrie-

denheit hoch zu halten. So gibt es einige Konzerne un-

ter den Studienteilnehmern, die bereits mehrere hun-

dert agile Teams etabliert haben, von denen in der Re-

gel mehrere an einem Gesamtvorhaben arbeiten. Diese

Unternehmen nutzen vor allem LeSS und SAFe® als Ska-

lierungs-Framework oder bauen Scrum@Scale nach ih-

ren individuellen Anforderungen um.

Auch mit fortschreitender Auflösung der Grenzen zwi-

schen Fachbereichen und IT kann auf Skalierungs-

Frameworks nicht verzichtet werden, wenn die Vorteile

agiler Vorgehensmodelle erzielt werden sollen. So wird

sich die Zahl der agilen Teams im Jahr 2019 vor allem

deshalb deutlich erhöhen, weil immer mehr Fachberei-

che ihre klassische Projektorganisation auflösen und sich

in themenspezifischen agilen Teams zusammenfinden.

So gaben 30 Prozent der Befragten an, aktuell Frame-

works zur Skalierung agiler Methoden unternehmens-

weit einzuführen. Weitere 39 Prozent der betrachteten

Unternehmen werden innerhalb der nächsten 12 Mo-

nate entsprechende Frameworks einführen.

Inklusive der Unternehmen, die bereits mehrjährige Er-

fahrung in der Skalierung von agilen Prozessen haben,

werden bis Ende 2019 bereits 78 Prozent der befragten

Unternehmen neue Frameworks einsetzen, um die stei-

gende Zahl der agilen Teams besser zu steuern.

Die angestoßenen respektive geplanten Maßnahmen

hinsichtlich neuer Organisationsmodelle für agile Teams

spiegeln dabei die geplante Erhöhung der Zahl der agi-

len Teams um deutlich mehr als das Doppelte gut

wider.

Die Tatsache, dass 22 Prozent der befragten Unterneh-

men den Einsatz von Skalierungs-Frameworks aktuell

gar nicht in der Planung haben, zeigt, dass der Roll-out

von Scrum in einigen der befragten Unternehmen erst

am Anfang steht und an Skalierung noch gar nicht ge-

dacht wird.

Vor dem Hintergrund der Vielzahl an organisatorischer

und kultureller Veränderungen ist es gut nachvollzieh-

bar, dass einige Unternehmen zunächst in ihrer Evalua-

tionsphase innerhalb der bestehenden Organisation

agile Teams aufbauen, die Scrum-Erfahrungen sam-

meln und ihre Mitarbeiter für agiles Arbeiten befähigen

(sogenannte Stealth-Methode).

UNTERNEHMEN SKALIEREN IHRE AGILEN VORGEHENSMODELLE

Abbildung 7: Frage: Wie fortgeschritten ist der Reifegrad Ihres Unternehmens in der Nutzung „skaliert agiler Vorgehensmodelle“? n = 23

Bereits mehrjährige

Erfahrung in

skalierter Agilität

9%

Umstellung läuft

aktuell

0%

Umstellung bereits

abgeschlossen

30%

Umstellung in den

kommenden 12

Monaten geplant

39%Umstellung nicht

geplant

22%

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

13

Erst mit zunehmender Reife der Organisation und ihrer

Fähigkeit, innovative Themen zu entwickeln, können die

eingesetzten agilen Methoden skaliert werden und bei-

spielsweise mehrere Teams im LeSS-Ansatz zusammen-

arbeiten.

Allerdings gibt es auch Unternehmen, die gleich mit ei-

nem reiferen agilen Ansatz starten, indem sie direkt eine

agile Organisation aufbauen. Für eine solche Strategien

ist in der Regel ein Top-down-Ansatz zu empfehlen, da

die gesamte Organisation verändert werden muss, und

es nicht ausreicht, wenn einige hochmotivierte Mitar-

beiter oder die untere Führungsebene die Einführung

vorantreiben.

CHANGE-TEAMS FEHLEN HÄUFIG

Aber auch wenn agile Vorgehensmodelle skalieren und

mehrere Teams innerhalb einer agilen Organisation zu-

sammenarbeiten werden die Herausforderungen nicht

zwangsläufig weniger, und der Steuerungsaufwand

kann hoch bleiben, wenn nicht die richtigen Weichen

gestellt wurden.

So beklagen 42 Prozent der Studienteilnehmer, dass es

aktuell ein kein expliziertes Change-Team im Unterneh-

men gibt, welches sich um die Koordination der agilen

Teams und die notwendigen Organisationsanpassun-

gen und den Kulturwandel kümmert.

Ein solches Change-Team sollte idealerweise im Portfo-

lio- und Programmmanagement aufgehangen sein und

mit HR eng vernetzt sein, da diese Bereiche die Umset-

zung der Digitalisierungsvorhaben sowie die Mitarbei-

ter- und Führungskräfteentwicklung verantworten. Al-

lerdings gaben auch 53 Prozent der Befragten an, dass

es ein solches Change-Team bereits gibt – unabhängig

von seinem Wirkungserfolg.

Diese Aussagen passen sehr gut zu einer der Eingangs-

fragen, bei der jeder zweite Studienteilnehmer angege-

ben hat, dass sein Unternehmen bereits über ein Change-

Team verfügt, welches den agilen Wandel vorantreibt.

ZU BEGINN WAHRGENOMMENE PROBLEME

STELLEN SICH MIT ZUNEHMENDER AGILER

ERFAHRUNG AB

Zu Beginn einer agilen Transformation, wenn es noch

keine oder nur geringe Erfahrungen mit agilen Prozes-

sen gibt, werden von den Teammitgliedern die neuen

Prozesse, die neuen Möglichkeiten der Selbstorganisa-

tion und Verantwortung sowie die direkteren und kür-

zeren Kommunikations- und Feedbackschleifen in der

Regel als aufwendig und komplex empfunden – eben

weil sie für viele neu sind, und sich die Teams noch nicht

eingespielt haben. Folglich gaben auch 45 Prozent der

Studienteilnehmer an, dass sich die Kommunikation in-

nerhalb von Skalierungs-Framework teilweise zunächst

als aufwendig gestaltet beziehungsweise so von den

Mitarbeitern wahrgenommen wird.

Weitere 25 Prozent gaben an, die Kommunikation als

generell aufwendig zu empfinden.

Mit zunehmender Dauer und gesammelter Erfahrung

bauen sich diese Hürden aber ab und die Zusammen-

arbeit in agilen Teams wird als sehr positiv und effekti-

ver im Vergleich zu klassischen Projektorganisationen

bewertet. So zumindest beschrieben einige der Inter-

viewpartner ihre agile Journey.

INTEGRATION EXTERNER MANAGEMENT- UND IT-

BERATER TEILWEISE NOCH AUFWENDIG

Interessant ist, dass 32 Prozent die Beobachtung ma-

chen, dass die Integration externer Dienstleister, z.B.

Management- und IT-Beratungen, in skalierten agilen

Organisationen schwerer als in der klassischen Projekt-

organisation ist. Eine Begründung kann sein, dass einige

Beratungen nicht über die notendige agile Reife verfü-

gen und daher nicht kompatibel mit der Reife der Kun-

denorganisation sind.

Eine weitere Begründung ist, dass agile Teams sehr stark

von räumlicher Nähe leben, und Berater in der Regel

offsite für den Kunden arbeiten. Dies erschwert die Ab-

stimmung in den Teams. Lünendonk beobachtet jedoch,

L Ü N E N D O N K - S T U D I E 2 0 1 8

14

dass immer mehr Unternehmen von ihren Beratungs-

dienstleistern Onsite-Präsenz der Berater fordern. Da-

gegen stellen 47 Prozent der Studienteilnehmer keine

Probleme bei der Zusammenarbeit mit externen

Dienstleistern innerhalb von agilen Vorhaben fest.

Da sich die meisten der befragten Unternehmen erst am

Anfang der Skalierung ihrer agilen Prozesse befinden,

überrascht es nicht, dass 58 Prozent – zumindest teil-

weise – Ineffizienzen in der Aufgabenausführung aus-

machen. Auch hier müssen sich die Rollen erst ein-

spielen.

Folglich kommt es bei der Hälfte der befragten Unter-

nehmen immer noch zu Doppelarbeiten, wobei bei 40

Prozent der Redundanzen eher die Ausnahme als die

Regel sind. Dies spricht für eine zunehmend bessere

Kommunikation innerhalb der und zwischen den Teams.

AGIL FÜHRT ZU MEHR TRANSPARENZ

Dagegen sind die meisten Studienteilnehmer (60%) der

Auffassung, dass sich durch die Zusammenarbeit agiler

Teams mit Skalierungs-Frameworks die Transparenz

über das Gesamtprojekt sowie den jeweiligen Arbeitssta-

tus der einzelnen Teammitglieder und Teams verbessert.

MIT ZUNEHMENDER SKALIERUNG STEIGT DAS RISIKO DER INEFFIZIENZ SOWIE DER BEDARF AN

ÜBERGEORDNETER STEUERUNG DER TEAMS.

Abbildung 8: Frage: Welche Probleme ergeben sich aus der Zusammenarbeit mit skaliert agilen Teams? n = 19

10%

16%

20%

25%

32%

42%

40%

58%

20%

45%

21%

5%

50%

26%

60%

30%

47%

53%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Doppelarbeiten

Ineffizienzen in der Aufgabenausführung

Fehlende Transparenz

Kommunikation gestaltet sich aufwendig

Integration externer Dienstleister wird aufwendiger

Es fehlt ein übergeordnetes Change Team, welches die agile Transformation

zentral koordiniert.

Ja Teilweise Nein

S C A L A B L E A G I L I T Y – V O N D E R A G I L E N Z U R D I G I T A L E N T R A N S F O R M A T I O N

15

Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse dieser Lünendonk-Studie zeigen, dass

die agile Transformation in den meisten Unternehmen

in vollem Gange ist. Damit schaffen sie die Vorausset-

zungen, für ihren eigenen digitalen Wandel.

Die Studie zeigt ebenfalls, dass die Umstellung auf agile

Vorgehensmodelle wie Scrum, SAFe® oder LeSS eine

durchaus komplexe und langfristige Journey darstellt.

Mit der reinen Einführung von agilen Methoden bezie-

hungsweise Umstellung auf agile Prozesse ist es nicht

getan. Vielmehr müssen die Dimensionen „Organisa-

tion/Prozesse“, „Unternehmenskultur“ und „Führungs-

instrumente“ parallel radikal verändert werden. Von den

untersuchten 24 Großunternehmen und Konzernen ha-

ben laut den Studienteilnehmer „nur“ 23 Prozent aktuell

vollumfängliche agile Voraussetzungen in den eben ge-

nannten drei Dimensionen. Der größte Teil der Stu-

dienteilnehmer (65%) verortet sein Unternehmen aktu-

ell am Beginn der Umstellung auf agile Prozesse.

Allerdings gibt es unterschiedliche Strategien, wie die

befragten Unternehmen ihre agile Transformation an-

gehen. So gibt es oft den evolutionären Prozess, bei

dem eine Reihe an Mitarbeitern und Führungskräften

aus dem unteren Management in ihren Bereichen agile

Ansätze wie Scrum einführen und im Bottom-up-Ansatz

schrittweise in die Organisation tragen. Dieser Grass-

roots-Ansatz kommt vor allem aus der IT-

Anwendungsentwicklung, wo agile Entwicklung bereits

seit Jahren Teil des Tagesgeschäfts ist, sowie zuneh-

mend aus dem Projekt- und Programmmanagement.

Folglich ist auch der Anteil von agilen Vorgehensmodel-

len vor allem in der IT-Anwendungsentwicklung mit 67

Prozent sehr hoch. Allerdings versuchen auch beson-

ders innovative Fachbereiche sich agilen Vorgehensmo-

dellen zu nähern und führen erste Initiativen durch. Bei-

spiele sind Projekte im Umfeld von Digital Marketing, E-

Commerce oder IoT.

Daneben gibt es einige Unternehmen, die direkt auf ei-

nen Top-down-Ansatz setzen und dabei nicht nur die

Anwendungsentwicklung, sondern auch die Fachseite in

die agile Transformation einbeziehen. Diese Unterneh-

men setzen frühzeitig auf einen Change-Prozess im ge-

samten Unternehmen und beziehen beispielsweise die

HR-Abteilung stark in den Veränderungs- und Anpas-

sungsprozess ein.

Unabhängig davon, welcher Ansatz gewählt wird, schei-

nen sich die meisten befragten Unternehmen recht gut

auf die neuen Anforderungen an die Digitalisierung ein-

zustellen. So gaben 63 Prozent der Studienteilnehmer

an, dass in ihren Unternehmen aktuell die Organisation,

Prozesse und Tools umgestellt werden, um agile Teams

zu befähigen. Das ist auch notwendig, denn nur jedes

zweite Unternehmen hat laut Aussagen der Studienteil-

nehmer aktuell eine innovationsfähige Organisation, in

der aus neuen Ideen in kurzer Zeit Prototypen und Mi-

nimal Viable Products werden.

Etwas problematischer scheint jedoch, dass die Mehr-

heit der befragten Unternehmen überwiegend mit der

bestehenden Mannschaft die agile Transformation

schaffen möchte. Vergleichsweise wenige Unternehmen

(45%) setzen aktuell im Recruiting auf neue Rollen und

Persönlichkeiten und nur 58 Prozent investieren in den

Aufbau von Schulungs- und Trainingskapazitäten, um

ihre Mitarbeiter bei der Umstellung auf agiles Arbeiten

zu begleiten. Dieser Wert sollte sich künftig aber erhö-

hen, um die notwendigen Change-Prozesse zu be-

schleunigen.

Positiv ist festzustellen, dass 67 Prozent der Unterneh-

men dem Change-Management und der Behaviour

Transformation deutlich mehr Gewicht beimisst als in

der Vergangenheit – eine sehr wichtige Voraussetzung,

um den Switch zu selbstorganisierenden Einheiten und

damit für eine agile Transformation zu meistern.

16

UNTERNEHMENSPROFIL

bridgingIT

Die BridgingIT GmbH wurde 2008 als unabhängiges IT-Beratungsunternehmen gegründet. Sie versteht sich als

innovativer Dienstleister und verbindet die Anforderungen der IT mit denen der Fachseite. Die Themenschwer-

punkte werden in den Bereichen Branchen, Technologien, Kompetenzen und Wertschöpfung umgesetzt.

Mit dem ganzheitlichen Ansatz schlagen die Berater die Brücke zwischen Fachseite und IT und begleiten Projekte

von der Strategie- über die Lösungsentwicklung bis hin zum Einsatz und Betrieb moderner Technologien. Als Full-

Service-Provider bietet bridgingIT ein fokussiertes Angebotsportfolio und arbeitet stets herstellerunabhängig.

Das Unternehmen verfügt über Standorte in Berlin, Frankfurt, Heidelberg, Karlsruhe, Köln, Mannheim, München,

Nürnberg, Stuttgart und Zug (Schweiz). Zu den Kunden gehören Unternehmen des gehobenen Mittelstands und

Konzerne wie die Robert Bosch GmbH, die Daimler AG, die Deutsche Bahn AG, die EnBW Energie Baden-Württem-

berg AG, die MediaMarktSaturn Retail Group und die F. Hoffmann-La Roche AG.

KONTAKT

BridgingIT GmbH

Tobias Freitag, Competence Lead Agile Transformation

E-Mail: [email protected]

Internet: www.bridging-it.de

D O K U M E N T E N N A M E

17

UNTERNEHMENSPROFIL

Lünendonk & Hossenfelder

Die Lünendonk & Hossenfelder GmbH (Mindelheim) untersucht und berät europaweit Unternehmen aus der Infor-

mationstechnik-, Beratungs- und Dienstleistungsbranche. Mit dem Konzept Kompetenz3 bietet Lünendonk unab-

hängige Marktforschung, Marktanalyse und Marktberatung aus einer Hand. Der Geschäftsbereich Marktanalysen

betreut seit 1983 die als Marktbarometer geltenden Lünendonk®-Listen und -Studien sowie das gesamte Marktbe-

obachtungsprogramm.

Die Lünendonk®-Studien gehören als Teil des Leistungsportfolios der Lünendonk & Hossenfelder GmbH zum „Stra-

tegic Data Research“ (SDR). In Verbindung mit den Leistungen in den Portfolio-Elementen „Strategic Roadmap

Requirements“ (SRR) und „Strategic Transformation Services“ (STS) ist Lünendonk in der Lage, ihre Beratungskunden

von der Entwicklung der strategischen Fragen über die Gewinnung und Analyse der erforderlichen Informationen

bis hin zur Aktivierung der Ergebnisse im operativen Tagesgeschäft zu unterstützen.

KONTAKT

Lünendonk & Hossenfelder GmbH

Mario Zillmann, Partner

Maximilianstraße 40, 87719 Mindelheim

Telefon: +49 (0) 8261 73140 - 0

Telefax: +49 (0) 8261 73140 - 66

E-Mail: [email protected]

Internet: www.luenendonk.de

ÜBER LÜNENDONK

Seit 1983 ist die Lünendonk & Hossenfelder GmbH auf systematische Marktfor-

schung, Branchen- und Unternehmensanalysen sowie Marktberatung für Informa-

tionstechnik-, Beratungs- und weitere hoch qualifizierte Dienstleistungsunterneh-

men spezialisiert. Der Geschäftsbereich Marktforschung betreut die seit Jahrzehn-

ten als Marktbarometer geltenden Lünendonk®-Listen und -Studien sowie das ge-

samte Marktbeobachtungsprogramm. Die Lünendonk®-Studien gehören als Teil

des Leistungsportfolios der Lünendonk & Hossenfelder GmbH zum „Strategic Data

Research“ (SDR). In Verbindung mit den Leistungen in den Portfolioelementen

„Strategic Roadmap Requirements“ (SRR) und „Strategic Transformation Ser-

vices“ (STS) ist die Lünendonk & Hossenfelder GmbH in der Lage, ihre Kunden von

der Entwicklung strategischer Fragen über die Gewinnung und Analyse der erfor-

derlichen Informationen bis hin zur Aktivierung der Ergebnisse im operativen Ta-

gesgeschäft zu unterstützen.

Wirtschaftsprüfung /

Steuerberatung

Managementberatung

Technologie-Beratung /

Engineering Services

Informations- und

Kommunikationstechnik

Facility Management /

Industrieservice

Zeitarbeit /

Personaldienstleistungen

IMPRESSUM

Herausgeber:

Lünendonk & Hossenfelder GmbH

Maximilianstraße 40

87719 Mindelheim

Telefon: +49 (0) 82 61 731 40 - 0

Telefax: +49 (0) 82 61 731 40 – 66

E-Mail: [email protected]

Internet: www.luenendonk.de

Erfahren Sie mehr unter

http://www.luenendonk.de

Autor:

Mario Zillmann, Lünendonk & Hossenfelder GmbH

Copyright © 2018 Lünendonk & Hossenfelder GmbH, Mindelheim

Alle Rechte vorbehalten

MARKTFORSCHUNG UND MARKTBERATUNG AUS EINER HAND