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Von der Intelligenz zum intelligenten Wissen: Unterschiede als Herausforderung Elsbeth Stern Verhaltenswissenschaftliches Institut Lehr- und Lernforschung

Von der Intelligenz zum intelligenten Wissen: Unterschiede als Herausforderung Elsbeth Stern Verhaltenswissenschaftliches Institut Lehr- und Lernforschung

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Page 1: Von der Intelligenz zum intelligenten Wissen: Unterschiede als Herausforderung Elsbeth Stern Verhaltenswissenschaftliches Institut Lehr- und Lernforschung

Von der Intelligenz zum intelligenten Wissen: Unterschiede als Herausforderung

Elsbeth Stern

Verhaltenswissenschaftliches Institut

Lehr- und Lernforschung

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Ein Mädchen zieht einen Schlitten, auf dem ihr kleiner Bruder sitzt, mit konstanter Geschwindigkeit über eine horizontale Oberfläche, wobei das Zugseil mit der Horizontalen einen Winkel von 30 Grad einschliesst. Der Bruder und der Schlitten wiegen zusammen 25 kg. Wenn das Mädchen den Schlitten mit einer Kraft von 50 N zieht, wie gross ist dann der Reibungskoeffizient μ, der die Reibung zwischen den Kufen des Schlittens und der Schneeoberfläche beschreibt?

25 kg 50 N

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Warum können nicht alle Menschen mit einer Matura diese Aufgabe lösen?

1. Intelligenz- und Begabungsunterschiede?

2. Suboptimale Lerngelegenheiten in Physik?

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Intelligenz und Begabung

Zahlenreihen:Zahlenreihen: 57 60 30 34 17 22 11 ?57 60 30 34 17 22 11 ?

Analogien:Analogien: Gramm : Gewicht = Stunde : ?Gramm : Gewicht = Stunde : ?

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Was sagt der IQ aus?

Je höher der IQ, umso wahrscheinlicher ist akademischer Lernerfolg.

Dies gilt auch für Höchstintelligente.

IQ-Unterschiede offenbaren sich erst durch den Schulbesuch.

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Welche kognitiven Funktionen liegen Intelligenzunterschieden zugrunde?

Intelligenz = Arbeitsgedächtnis?

Ziel nicht aus den Augen verlieren

Irrelevante Information hemmen (Inhibition)

Relevantes Wissen aus dem Langzeitgedächtnis aktivieren

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Substantielle Zusammenhänge zwischen IQ und einfachen Aufgaben, die jedoch das Arbeits-gedächtnis belasten

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Haus

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Katze

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Auto

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Wörter sortieren

Bitte Wörter in Reihenfolge ihrer ‚physischen‘ Größe

aufschreiben!

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Task Switch-Aufgaben

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Wenn rot: Taste drücken

ja

nein

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Wenn Kreis: Taste drücken

ja

nein

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Fehler oder Verzögerung nach Task-Switch

Wenn rot: Taste drücken

Wenn Kreis: Taste drücken nein ja

ja nein

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IQ lowest IQ highest

Neurale Effizienz-Hypothese der Intelligenz

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Warum wirken sich Intelligenzunterschiede in besonderem Masse auf die Bewältigung schulisch-akademischer Anforderungen aus?

通玄真經(文子)

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Hohe Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis

Symbole müssen durch die Aktivierung von Wissen mit Bedeutung versehen werden.

Analoge Schlussfolgerungen und Metaphern erfordern die gleichzeitige Aktivierung mehrerer Wissensbereiche.

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Nicht explizit erwähntes Wissen muss aktiviert werden: Der Schlitten samt Bruder werden nicht beschleunigt; resultierende Kraft = 0,

Drei quantitative Grössen müssen integriert werden

Gefragte Grösse (Reibungskoeffizient µ) muss erinnert werden

25 kg 50 N

Warum stellt diese Aufgabe hohe Anforderungen an die Intelligenz (bzw. das Arbeitsgedächtnis)?

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Wie kommt es zu den Unterschieden in der Intelligenz? Je grösser die Chancengerechtigkeit ist, um so starker sind

Unterschiede auf die Gene zurückzuführen (Zwillings- und Adoptionsstudien).

Gibt es DAS Intelligenz-Gen?

Plausible Hypothese: Eine sehr grosse Zahl von additiv wirkenden Genen, die über das gesamte Erbgut verteilt sind, steuern die Intelligenzentwicklung.

Dafür spricht auch die nicht sehr hohe Familienähnlichkeit beim IQ.

Chancengerechtigkeit ist nicht nur eine Frage der Moral

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Welchen Einfluss hat die Umwelt auf die Intelligenzentwicklung?

Massive und dauerhafte negative Einwirkungen (z.B. Kopfverletzungen, Drogen, langfristige Mangelernährung) können die Intelligenz beeinträchtigen.

Ansonsten ist die Intelligenzentwicklung erstaunlich robust (Rumänische Waisenkinder).

Umweltbedingungen mit geringfügigem Einfluss: Muttermilch, Platz 1 in der Geschwisterreihenfolge, Dauer des Schulbesuchs.

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Intelligenzunterschiede nur geringfügig steuerbar

Intelligenzmythen:

Bedeutung der ersten drei LebensjahreVerbesserung der Intelligenz durch GehirnjoggingMozarteffekt

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50 NWarum ist eine hohe Intelligenz NICHT hinreichend für das Lösen dieser Aufgabe?

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50 NWarum ist eine hohe Intelligenz NICHT hinreichend für das Lösen dieser Aufgabe?

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50 NWarum ist eine hohe Intelligenz NICHT hinreichend für das Lösen dieser Aufgabe?

Typische „Lösung“ eines Schülers, der eine Unterrichtseinheit in Mechanik hinter sich gebracht hat:

FR = µ FN

FN = 50 NFR = µ 50 NFR = 10 Nµ = FR/FN

µ = 10 N / 50 N

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50 NWarum ist eine hohe Intelligenz NICHT hinreichend für das Lösen dieser Aufgabe?

KRAFT

Alltagsverständnis von Kraft: animistisch, Eigenschaft der Person:

„Wenn der Vater des Mädchens zieht, braucht der weniger Kraft.“

Intuitive Vorstellung: Jede Bewegung erfordert Kraft

Das Trägheitsprinzip ist kontraintuitiv

Automatisiertes prozedurales Wissen: Trigonometrie

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Wissen als der Schlüssel zum Können

Wissen DASS

Deklatives Wissen (Fakten und Begriffe)

Wissen WIE

Prozedurales Wissen (automatisierte Handlungen)

Wie muss Wissen im Gedächtnis einer Person organisiert sein, damit es bei der Bewältigung einer Anforderung zum richtigen Zeitpunkt aktiviert und genutzt wird?

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Prozedurales Wissen: Automatisierte Handlungen und Mustererkennung

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Prozedurales Wissen

Wird durch wiederholte Ausführung der Tätigkeit

erworben: Lernen durch Erfolg

Vorteil: Benötigt nur geringe Arbeitsspeicherkapazität

Nachteil: Änderungsresistent, negative Transfereffekte

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Deklaratives Wissen: Begriffe

Merkmale: charakteristisch oder definitorisch (Säugetier)

Prototypen, Beispiele

Einbettung in grössere Erklärungszusammenhänge

Ein Gegenstand bzw. ein Ereignis kann in sehr unterschiedliche Begriffsnetzwerke eingebettet sein.

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Kategorisierung von Gebrauchsgegenständen

Alltagswissen: Physikwissen:Bestehen aus Stahl Funktion beruht auf der Wirkung

von Kräften

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Alltagskonzepte: Klassifikation nach dem Einsatzbereich

Haushalt Landwirtschaft Handwerk

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Klassifikation nach physikalischen Prinzipien

Hebel Keil

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Veränderungen im Begriffsnetzwerk

Konzeptwechsel:

Zentrale Merkmale werden peripher (z.B. Säugetier)

Von der Sinneserfahrung zur objektiven Messung (z.B. Gewicht)

Konzeptuelle Erweiterung (z.B. Dichte)

Analogieschlüsse durch Vergleich und Kontrastierung

Fehlschlüsse (kleinste Teilchen, elektrischer Stromkreis)

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Hier sind 5 Vögel und hier sind 3 Würmer. Stell dir vor, alle Vögel fliegen los und jeder versucht,einen Wurm zu bekommen.

Wie viele Vögel bekommen keinen Wurm?

Wie viel mehr Vögel als Würmer gibt es?

96%

25%

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Angleichung:

Peter hat 8 Murmeln.Hans hat 5 Murmeln.Wie viele Murmeln muss Hans bekommen, um genauso viele Murmeln wie Peter zu haben?

95%

Vergleich:

Peter hat 8 Murmeln.Hans hat 5 Murmeln.Wie viele Murmeln hat Peter mehr als Hans?

20%

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Darstellungsformen von „5“

Kardinalzahl0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Relationalzahl

Relationalzahl

Ordinalzahl

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Lerngelegenheiten, die den Aufbau von Begriffsnetzwerken

unterstützen

NICHT

Lernen von Merksätzen, Definitionen und Formeln

probieren, Versuch und Irrtum

Sondern

Gelegenheiten zur Ko-Konstruktion von Wissen in Gesprächen

Nutzung verschiedener Repräsentationssysteme (z.B. graphische Veranschaulichungen)

Möglichkeiten zur Anwendung in unterschiedlichen Kontexten

ZEIT: Spiralcurriculum

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Hardy, I., Jonen, A., Möller, K., & Stern, E. (in Druck). Why does a large ship of iron float? Conceptual change in elementary school children. Journal of Educational Psychology.

Wie kommt es, dass, ein kleines Stück Stahl untergeht, aber ein grosses, schweres Schiff aus Stahl schwimmt?

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Styrop

orKor

kHolz

Was

ser

TonSte

inEise

n

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Ein Metalldraht wird ins Wasser getaucht.

Was passiert?

 

  

geht unter steigt nach oben

 

weil er sich festhält.

weil das weggedrängte Wasser weniger wiegt als der Metalldraht.

weil er so lang und dünn ist.

weil das weggedrängte Wasser mehr wiegt als der Metalldraht.

weil er aus Metall ist.

weil er vom Wasser nicht stark genug nach oben gedrückt wird.

weil er so leicht ist.

 

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Ein Metalldraht wird ins Wasser getaucht.

Was passiert?

 

  

geht unter steigt nach oben

 

weil er sich festhält.

weil das weggedrängte Wasser weniger wiegt als der Metalldraht.

weil er so lang und dünn ist.

weil das weggedrängte Wasser mehr wiegt als der Metalldraht.

weil er aus Metall ist.

weil er vom Wasser nicht stark genug nach oben gedrückt wird.

weil er so leicht ist.

 

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Welche Lerngelegenheiten fehlten Menschen, die trotz

Matura (und damit Unterricht in Mechanik) diese

Aufgabe nicht lösen können?

Bewusste Gegenüberstellung von Alltagsbegriffen und wissenschaftlichen Begriffen

Intelligente Übungsmöglichkeiten: Aufgaben, für die noch keine fertige Lösung abgerufen werden kann, die aber auf der Grundlage des verfügbaren Wissens bewältigt werden können

Kern der Expertise von Lehrpersonen: Auswahl geeigneter Übungsaufgaben

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Warum benötigt effizient angelegtes prozedurales und konzeptuelles Wissen weniger „Intelligenz“?

Bei prozeduralem Wissen ruft eine Handlung die nächste auf, ohne dass dies durch das Arbeitsgedächtnis gesteuert werden muss.

Ist das Begriffsnetzwerk nach anforderungsrelevanten Merkmalen strukturiert, wird die Aktivierung irrelevanter Information unwahrscheinlich.

Wissenschaftliches Verständnis: theoriegeleitete Merkmale

Im Arbeitsgedächtnis müssen weniger Ressourcen auf die Inhibition irrelevanter Information verwendet werden.

Das übergeordnete Ziel wird nicht aus den Augen verloren

Gilt auch für weniger intelligente Menschen

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Empirische Belege: Intelligent angelegtes Wissen ist

notwendige Voraussetzung für das Können

Expertiseforschung: Gedächtnisleistung und schlussfolgerndes Denken in einem Gebiet hängen stärker vom Wissen als von der Intelligenz ab

Vergleiche zwischen unterschiedlich intelligenten Experten und Novizen in anspruchvollen Inhaltsgebieten: Schach, Physik, Medizin etc.

Schulstudien: Wissen schlägt Intelligenz (Weinert: Bruchrechnen in der Hauptschule, Stern & Weinert: Algebra im Gymnasium)

Fehlendes Wissen kann NICHT durch höhere Intelligenz kompensiert werden!

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Möglichkeiten und Grenzen der gemeinsamen Förderung von Schülern mit unterschiedlichen Voraussetzungen durch kognitiv aktivierenden Unterricht

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Auf den Lehrer kommt es an......

Fachspezifisches pädagogisches Wissen ist “die Zusammenführung von Inhalt und Pädagogik zu einem Verständnis dessen, wie bestimmte Themen, Probleme oder Fragen strukturiert, dargestellt und an die Interessen und Fähigkeiten der Lernenden angepaßt und für den Unterricht aufbereitet werden sollten" (Shulman, 1987)

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Fragebogen zu inhaltsbezogenen pädagogischen Überzeugungen von Peterson, Fennema et al. (1989)

Kinder lernen Mathematik am besten, indem sie selber herausfinden, wie sie zu Antworten auf einfache Textaufgaben kommen.

Kinder sollten viele informelle Erfahrungen mit dem Lösen von einfachen Textaufgaben sammeln, ehe man von ihnen erwarten kann, daß sie Rechenprozeduren perfekt beherrschen.

Direkte Übertragung:

Ein guter Lehrer führt vor, auf welche Weise man eine Textaufgabe am besten löst.

Es sollte Zeit auf das Üben von Rechnverfahren verwendet werden, ehe man von Kindern erwarten kann, dass sie die Verfahren verstehen.

Konstruktivistische Sicht:

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Effekte von verständnisorientiertem Unterricht:

Keinen Einfluss auf den Lernfortschritt in Mathematik hatten:

•Klassengröße•Mittlere Leistungsstärke der Klasse in Intelligenz und Mathematik

Das Üben wird im verständnisorientierten Unterricht nicht vernachlässigt

Schwächere Kinder werden durch einen verständnis-orientierten Unterricht eher besser gefördert als durch einen rezeptiven, übungsorientierten Unterricht  

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Zurück zur Intelligenz

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Verteilung des IQs in Klasse 4 in Abhängigkeit von der Zuweisung zum Gymnasium bzw. zur Haupt/Realschule: Geschätzt aus den Daten der Münchener LOGIK-Studie (Weinert & Schneider, 1999).

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Schüler mit unterschiedlichen Voraussetzungen können unterschiedliche Kompetenzen durch die gleichen Lernaktivitäten erwerben!?

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Effekte für unterschiedliche Kompetenzen

Kompensation: grundlegende Kompetenzen (good-enough-Kompetenzen, Basiskompetenzen)

Jedem-das-Seine: Kompetenzen, die Nah-Transfer erfordern (curricular valide Aufgaben)

Wer-hat-dem-wird-gegeben: Kompetenzen, die Fern-Transfer erfordern

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Zwei Studien mit Grundschülern: Wer profitiert wie viel von kognitiv aktivierendem Unterricht?

Mathematisches Verständnis: Vergleich München-Bratislava

Konzeptwechsel in Physik: Transfereffekte durch räumlich-visuelle Veranschaulichung

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Anspruchsvolle Textaufgaben in Schulbüchern:

Peter hat 5 Murmeln.

Susanne hat 3 Murmeln mehr als Peter.

Wie viele Murmeln haben Susanne und Peter zusammen?

Frühere Sowjetunion: > 45%

Slowakei: > 40%

Ehemalige DDR: > 30%

(West) Deutschland: < 3%

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Klasse 4: Vergleich München 1992 und Bratislava 2004

München: (LOGIK (Weinert & Schneider, 1999) SCHOLASTIK (Weinert & Helmke, 1997)

Bratislava: 9 zufällig ausgewählte Klassen (zusammen mit Henrieta Sokolova)

Gründe für die Annahme, dass in Bratislava 2004 die kognitive Aktivierung des Mathematikunterrichts höher ist als in München 1992:

Lehrerüberzeugungen (Staub & Stern, 2002)Aufgaben in SchulbüchernVerwendung von Hilfsmitteln

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Tests (aus SCHOLASTIK)

Basiskompetenz: schriftliche Subtraktion

Nah-Transfer: komplexe Kästchenaufgaben und Textaufgaben

Fern-Transfer: proportionales Verständnis

Nicht-sprachliche Intelligenz

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Mittelwerte und Varianzen

Vergleich

München-Bratislava

Basiskompetenz M B > M

V M > B

Nah-Transfer M B > M

V M = B

Fern-Transfer M B > M

V B > M

Intelligenz M B = M

V M = B

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„Investitionsvorsprung“ in Bratislava

(in Effektstärken d)

Bratislava > München

Intelligenz

Abweichung von M

<= - 1SD +/- 1 SD >= + 1SD

Basiskompetenz .62 .22 .03

Nah-Transfer .42 .78 .54

Fern-Transfer .00 .34 .92

fett: p<.01

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„Investitionsvorsprung“ in Bratislava

(in Effektstärken d)

Bratislava > München

Intelligenz

Abweichung von M

<= - 1SD +/- 1 SD >= + 1SD

Basiskompetenz .62 .22 .03

Nah-Transfer .42 .78 .54

Fern-Transfer .00 .34 .92

fett: p<.01

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Wer hat, dem wird gegeben, der wird die Fülle haben. Wer aber nicht hat, dem wird das, was er hat, genommen werden.

Matthäus 25, Vers 29

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Wer hat, dem wird gegeben, der wird die Fülle haben. Wer aber nicht hat, dem wird das, was er hat, genommen werden.

Matthäus 25, Vers 29

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!