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Vorlesung: Klinische Psychiatrie WS 2008/2009
Termine: Dienstag, 15.30 – 17.00 Uhr
Themen: - allgemeine Einführung- Depression- Schizophrenie- Angst- Zwang- Posttraumatische Belastungsstörung- Somatisierungsstörungen- dissoziative Störungen- Persönlichkeitsstörungen- Sucht- organische psychische Störungen
Prüfungstermine - 29.01.2009, 14.30 [HS Neurologie]- weitere Termine [Seminarraum Psychiatrie]
Literatur: Rothenhäusler / Täschner (2007) Kompendium Praktische Psychiatrie Möller/Laux/Deister (2005) Psychiatrie u. Psychotherapie
Psychopathologie
Gegenstand: „Lehre vom seelisch Abnormen“
„seelisch“ Erlebnisweisen, Erfahrungen Verhaltensweisen Psychopathologische Symptome u. verstehen Zeichen, die wir beschreiben u. verstehen
„Norm“ statistische Norm – soziale Norm Individualnorm – Idealnorm „abnorm“
„abnorm“ „krank“
„Gesundheit“ (WHO vs. gelingendes Leben, Echtheit d. Selbstverwirklichung, Bewährung) „Krankheit“ (Leidensaspekt – Versagensaspekt – Beziehungsaspekt)
(disease - illnes - sickness impairment - disability - handicap)
„Krise“ Funktionsstörung-Aktivität-soziale Teilnahme
Kontext-abhängigkeitBedeutungSinn
+ -
quantitativ/qualitativ
Voraussetzungen der psychiatrischen Untersuchung
Symptome Syndrome Diagnosen
Interaktion zwischen Arzt und Patient objektiv beobachtbare Verhaltensweisen [Fremdbeobachtung]
berichtete subjektive Erlebnisweisen [Selbstbeobachtung]
„Symptome“
Psychopathologie: Lehre von der Beschreibung psychischer Erkrankungen
Wissenschaftliche Erfassung von Zusammenhängen
Erklären (empirisch)
BeobachtungHypothesenbildungOperationalisierungExperimentDatenerhebungKausalität
charakteristisches Muster von Symptomen – Syndrom – Krankheit?
mögliche spezifische Ursachen? wahrscheinlichste Ursache? welche Mechanismen hinter den
festgestellten Ursachen?
Verstehen (hermeneutisch)
Nachempfindenstatisches (Wesen)genetisches Verstehen / Tiefenhermeneutik(Zusammenhänge)Erzählen – Zuhören: DialogBedeutung - Sinn
Erzählen als subjektive Erfahrung von Krankheit subjektive Vorstellungen / Konzepte von Erkrankung und deren Verursachung Krankheit als Krise: Sinnsuche und Sinnfindung chronische Krankheit als biographisch relevante Krise Bedeutung von Metaphern im Kontext von Krankheitsbewältigung
Wissenschaftliche Wertigkeit subjektiver und objektiver Momentein der Krankengeschichte
Wissenschaftliche Bewertungpositiv negativ
Subjektiv Individualität kaum messbarVerantwortlichkeitkomplexe Handlungsebeneauch Grundlage der nicht (beliebig) reproduzierbarErkenntnis des Objektivenidiographisch verfälscht „objektive“ Daten
Objektiv eindeutig distanziertmeßbar ignoriert Individualitätreproduzierbar bloß an äußeren Manifestationen
der Krankheit orientiertnomothetisch Krankheit ohne kranken / leidenden
Menschen
Psychiatrische Untersuchung
jetzige Erkrankung: - Schilderung der Beschwerden bzw. Anlass der Vorstellung/Aufnahme - Beginn und Entwicklung der aktuellen Symptomatik
psychopathologische Befunderhebung - (systematische, strukturierte Exploration)
psychiatrische Vorerkrankungen psychiatrische Familienanamnese aktuelle somatische Erkrankungen/Therapien
- internistischer und neurologischer Status Einnahme von psychotropen Substanzen
biographische Entwicklung (Lebensumstände, Lebensereignisse, innere Entwicklung) - Geburtkomplikationen - frühe körperliche, emotionale, kognitive u. soziale Entwicklung - frühkindliche Neurotizismen, Traumatisierungen - frühe familiäre u. soziale Umwelt - schulischer, beruflicher, sozialer Werdegang - sexuelle Anamnese, Partnerbeziehungen, Ehe u. Familie - aktuelle Lebenssituation
Erfassung psychopathologischer Symptome
Äußeres Erscheinungsbild, Verhalten Bewusstsein - quantitaive/qualitative Störungen Orientierung - Zeit, Ort, Person Aufmerksamkeit, Konzentration, Auffassung Merkfähigkeit, Altzeitgedächtnis Intelligenz - Allgemeinwissen, Denkleistung Formales Denken Wahrnehmung - Halluzinationen (akustisch, optisch u.
a.) inhaltliche Denkstörungen - überwertige, wahnhafte Ideen Ich-Erleben - psychotische Ich-Störungen Zwänge, Phobien, Ängste Stimmungslage, Affektivität Antrieb/Psychomotorik Vitalität/Vegetativum Suizidalität Krankheitserleben, - gefühl, -einsicht Primärpersönlichkeit
Diagnostische Überlegungen
Welches Syndrom steht im Vordergrunddes psychopathologischen Status?
Querschnitt und Verlauf
Pathogenese - Ätiologie
Differentialdiagnose Diagnose
Therapie
Syndrom-Begriff
Symptome: Zeichen von Erkrankungen
Syndrome: Muster typischer Symptomkonstellationen
- nosologisch unspezifisch - unterschiedliche Ursachen
„Syndrom“
„multifaktorielle Syndromgenese“
Multifaktorielle Syndromgenese
Kategorien der Dimensionen der Anlagefaktoren syndromgenetischen
Faktoren (I – IV)
Charakter [Persönlichkeit] Umwelt-Faktoren [I]einschließlich aktuellerpsychosozialer Situation
psycho-
pathologischesIntelligenz Biographische Faktoren [II] Syndrom
Hereditäre Faktoren im Anlagefaktoren [III] Hinblick auf eine Dispositionvon psychischen Störungen Organische Faktoren [IV]
Stufen der psychiatrischen Diagnostik
Paranoid-halluzinatorische Schizophrenie Diagnose
keine körperliche Ursache Symptome seit einem Monat diagnostischeEin-/Ausschluss-Kriterien
paranoid-halluzinatorisches Syndrom Syndromebene
Gedanken- Verfolgungswahn gemachte Gefühle Psychopatho-lautwerden Ich-Störungen logische
Symptomebene
„ich höre meine „Geheimdienst „meine Gefühle Exploration
eigenen Gedanken“ ist hinter mir her“ werden ferngelenkt“
Multiaxiale Ansätze in ICD 10 und DSM IV
ICD 10 DSM IV
Achse I Klinische Diagnosen: Klinische Störungen- psychisch und andere klinische- somatisch Zustandsbilder
Achse II Psychosoziale Funktions-Persönlichkeitsstörungen
einschränkungen Intelligenzstörungen- Selbstfürsorge- Beruf- Familie und Haushalt- weitere soziale Kontexte- Globaleinschätzung
Achse III Psychosoziale Belastungsfaktoren allgemeine medizinische und Lebensbewältigung Zustandsbilder
Achse IV ./. Psychosoziale u. Umgebungsfaktoren
Achse V ./. Globalbeurteilung des psychosozialen
Funktionsniveaus
Lebensgeschichte und Krankengeschichte
Biographie: persönliche Entwicklung und LebensentwurfLebenskräfte, Lebenskonflikte, EntwicklungsaufgabenZeitdimension: Vergangenheit – Aktualität – ZukunftGrundthemen: Identität – Beziehung – UmweltWertedimensionLebensgeschichte – Erzählung – Narrativ
Krankheit: Krankheitskonzeptualisierung - KrankheitsbilderErkenntnismethodenSubjekt des Erkennens – Objekt der ErkenntnisKrankheitsgeschichte – Diskurs / Konstruktion der
ErkrankungenKrankengeschichte – Geschichte des erkrankten, kranken,wiedergesundenden, sterbenden Menschen
Sprachen, Erzählungen von Leben und Krankheit: Konsequenzen - Relationen
Lebensgeschichte und Krankengeschichte
Geschichte der Krankheit(Pathogenese)
Kasuistik
Geschichte des Kranken(Psychohistorie)
Biographik
Figur Grund
Grund Figur
Psychodynamik Epidemiologie
Neuroscience Psychopathologie Soziologie
Spezielle Psychopatholgoie
Psychiatrische Krankheitslehre
Psychologie
Die Interaktion der Psychopathologie mit wissenschaftlichen Nachbardisziplinen
Zum Verhältnis von Psychiatrie und Psychologie –einige Anmerkungen und Beispiele
Wilhelm Wundt: Begründer der naturwissenschaftlichen, physiologischen Psychologie
Emil Kraepelin: Begründer der empirisch-klinischen Psychiatrie und Klassifikation psychischer Krankheiten
mühevoller Selbstfindungsprozess der Psychologie ebenso wie der modernen Psychiatrie
Das Forschungsprogramm E. Kraepelins,Professor der Psychiatrie in München (1903 – 1922)
Experimental-Psychologie / „Über die Einwirkung einiger medikamentöser Stoffe auf die Dauer Pharmakopsychologie einfacher Stoffe“ (1881): Tee, Koffein, Alkohol Pharmakopsychiatrie
Methodologie klinische Beobachtung und Beschreibung von „Erscheinungsformen“ und„Verläufen“: systematische Befunderhebung und Klassifikationzur Auswertung klinischer Daten: statistische Methoden
Genetische Forschung Psychiatrische Epidemiologie
Neuroanatomie/Neuropathologie – Chemie - Forensische Psychiatrie - Transkulturelle Psychiatrie
E. Kraepelin als Mitbegründer der Biologischen Psychiatrie
Förderung vor allem von biologisch-psychiatrischen Forschungsansätzen Forderung eines Methodenpluralismus Wissenschaftstheoretisch: kein rein materialistischer Standpunkt,
sondern Parallelismus-Standpunkt beim Leib-Seele-Problem
[grundlegender Einfluss von Wilhelm Wundt]
Forschungsprogramm: Biologische Psychiatrie im Dialog
mit benachbarten „Hilfswissenschaften“
Selbstverständnis der Psychologie in Beziehung zur Psychiatrie
„Science of behavior and the mind“ (Gray 1994) empirische Wissenschaft: erfahrungswissenschaftliche Disziplin Experiment Grundlagenwissenschaft: Mechanismen / Prinzipien, die menschliches Verhalten regulieren, den
Veränderungen des Verhaltens im normalen und pathologischen Bereich zugrunde liegenDiagnostik
Angewandte Wissenschaft: rational fundierte Anwendung von Methoden, unter welchen Bedingungen welche Methoden der Handlungsstrategien welche Erfolge
Therapie Sozial- / Geisteswissenschaften – Psychologie – Natur- / Biowissenschaften / Medizin Leib-Seele-Problem: Komplementaritätsprinzip (Fahrenberg 1981) - somatische und psychische
Datenebene ergänzen sich wechselseitig, je eigene Kategoriensysteme, theoretische Begründungszusammenhänge, Begründungsmethodologien, gegen ontologischen Reduktionismus
Klinische Psychologie: „Teildisziplin der Psychologie, die sich mit psychischen Störungen und mit den psychischen Aspekten somatischer Störungen befasst“ (Baumann, Perrez 1998)
Psychiatrie und Psychologie –eine fruchtbare und unverzichtbare Arbeitsbeziehung
Klassifikation psychischer Störungen: operationalisierte Diagnosesysteme Psychologische Forschungsansätze zu Reliabilität und Validität
psychiatrischer Diagnostik und Verlaufsforschung Zunehmende Bedeutung von Entwicklungspsychopathologie
und Persönlichkeitsforschung Zunehmende Bedeutung von Edukation, Bewältigung, Rehabilitation Überragende Bedeutung von klinischer Psychologie und Psychotherapie
Beziehung von Psychologie und Psychiatrie – einige Beispiele der konstruktiven Arbeitsbeziehung
„If psychology has a contribution to make to the understanding of psychiatric
problems, it should be able to pinpoint psychiatric problems to ´underlying´
psychological processes. The success of this explanatory endeaver should be
apparent from its fruits; it should produce powerful predictions of clinical
phenomena and effective interventions, preferable not only in psychological
laboratories but also in treatment settings“
New Oxford Textbook of Psychiatry [2000]
Beziehung von Psychologie und Psychiatrie – einige Beispiele der konstruktiven Arbeitsbeziehung
Biologische Psychologieklinische Phänomene (Kognition, Emotion, Verhalten): biopsychologische Phänomene[Kontext der Analyse: gestörte zerebrale Funktionen]
Modelle der InformationsverarbeitungStörungen in der Informationsverarbeitung: Reizaufnahme (Filter), Aufmerksamkeit,Gedächtnis etc.: mögliche Vorbedingungen und aufrechterhaltende Faktoren in Entstehung und Verlauf psychischer Störungen[Kontext der Analyse: Parallelen zur Computertechnologie]
Kognitive Theorien zu Schemata, Überzeugungen, Intentionenfalsche Überzeugungen bedeutsam für Entstehung, Auslösung, Aufrechterhaltungpsychischer Störungen[Kontext der Analyse: falsche Überzeugungen eines Patienten]