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Professur für Öffentliches Recht – Prof. Dr. Jan-R. Sieckmann Dipl.-Staatswissenschaftler Gerald Kleinschroth Vorlesung Öffentliches Recht I Wintersemester 2007/2008 Dipl.-S taats wis s ens chaftler G erald K leins chroth Umfang: 2 S WS Zeit: Fr, 12 – 14 Uhr Ort: F137 keine Vorlesung am: 28.12.07, 04.01.08 S prechs tunde: Mo, 10 - 12 Uhr oder nach Vereinbarung

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Professur für Öffentliches Recht – Prof. Dr. Jan-R. SieckmannDipl.-Staatswissenschaftler Gerald Kleinschroth

Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

Dipl.-S taatswissenschaftler Gerald Kleinschroth

Umfang: 2 S WSZeit: Fr, 12 – 14 UhrOrt: F137keine Vorlesung am: 28.12.07, 04.01.08

S prechstunde: Mo, 10 - 12 Uhr oder nach Vereinbarung

Professur für Öffentliches Recht – Prof. Dr. Jan-R. SieckmannDipl.-Staatswissenschaftler Gerald Kleinschroth

Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

Gliederung1. Teil: Einführung§ 1 Grundlagen§ 2 Der Begriff des öffentlichen Rechts2. Teil: Verfassungsrecht§ 3 Staatsfunktionen und Staatsorgane§ 4 Verfassungsprinzipien§ 5 Prinzipien des Rechtsstaats§ 6 Grundrechte3. Teil: Verwaltungsrecht§ 7 Verwaltung und Verwaltungsrecht§ 8 Rechtsbindung der Verwaltung§ 9 Das Verwaltungshandeln§ 10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung§ 11 Gerichtlicher Rechtsschutz

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Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

LiteraturLehrbücher:Detterbeck, Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler, 5. Aufl. 2006.Degenhart, Staatsrecht I - Staatszielbestimmungen, Staatsorgane, Staatsfunktionen, 23. Aufl. 2007.Erichsen (Hg.), Allg. Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006.Hendler, Staatsorganisationsrecht, 2. Aufl. 2003.ders., Allg. Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2001.Hilgendorf, dtv-Atlas Recht – Band 1, 1. Auflage 2003.Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Auflage 2007.Schmidt, Staatsorganisationsrecht, 6. Aufl. 2006.Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006.ders., Staatsrecht, 3. Aufl. 2006.Pieroth/Schlink, Staatsrecht II – Grundrechte, 23. Aufl. 2007.Richter/Schuppert, Casebook Verfassungsrecht, 4. Aufl. 2001.Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, 11. Aufl. 2007.Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 5. Aufl. 2007.Sodan/Ziekow: Grundkurs Öffentliches Recht, 2. Aufl. 2007.Streinz, Europarecht, 7. Auflage 2005.

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Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

LiteraturWichtige Gesetze für die Veranstaltung:Grundgesetz (GG)Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BverfGG)Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)

Gesetzessammlungen: z.B.Staats- und Verwaltungsrecht Bundesrepublik Deutschland, Verlag C.F. Müller, 44. Aufl. 2007.Basistexte Öffentliches Recht, Beck-Texte im dtv, 8. Aufl. 2006.Wichtige Wirtschaftsverwaltungs- und Gewerbegesetze, NWB-Textausgabe, Stober (Hg.), 19. Aufl. 2007.Öffentliches Recht, Nomos-Verlag, 16. Aufl. 2007.

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Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

1. Teil Einführung

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

1) Der Bundestag beschließt ohne Zustimmung des

Bundesrats ein Gesetz über eine Ausbildungsplatzabgabe,

die von allen Betrieben nach Größe und Umsatz erhoben

wird und deren Aufkommen zur Förderung der

Bereitstellung von Ausbildungsplätzen verwendet werden

soll. Ist das Gesetz verfassungsgemäß?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

2) Im Bundesrat stimmen zwei Vertreter des Landes L, darunter der

Ministerpräsident, für einen Gesetzentwurf, einer gegen ihn. Ohne die Stimmen

des Landes L ist die erforderliche Mehrheit an Stimmen für den Gesetzentwurf

nicht erreicht. Auf Nachfrage des Bundesratspräsidenten erklärt der

Ministerpräsident des Landes L, dass das Land L zustimme. Der

Bundesratspräsident stellt daraufhin fest, dass der Bundesrat dem Gesetz

zugestimmt habe. Darf der Bundespräsident das Gesetz ausfertigen und

verkünden? Kann er die Ausfertigung verweigern?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

3)Nach deutschem Recht ist die Veröffentlichung von Abbildungen von "absoluten Personen

der Zeitgeschichte", z.B. Mitgliedern von Königshäusern, auch ohne deren Zustimmung

zulässig, wenn nicht entgegenstehende berechtigte Interessen überwiegen. Bei der

Interessenabwägung gibt die deutsche Rechtsprechung, bis hin zum Bundesverfassungs-

gericht, der Pressefreiheit regelmäßig Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des

Abgebildeten, so auch im Fall der Prinzessin Caroline von Monaco. Der Europäische

Gerichtshof für Menschenrechte sieht hierin eine Verletzung der Europäischen Menschen-

rechtskonvention. Wie haben deutsche Gerichte in solchen Fällen nun zu entscheiden?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

4) Die EU kontingentiert die Einfuhr von Bananen aus Drittstaaten zum Schutz der

Mitgliedstaaten, die selbst in Überseegebieten Bananen produzieren. Das auf den

einzelnen Händler entfallende Kontingent wird nach dem durchschnittlichen

Volumen der Einfuhren der letzten drei Jahre bestimmt. Händler A hatte früher in

großem Umfang Bananen aus Nicht-EU-Staaten importiert, in den letzten drei

Jahren aufgrund von Vertragsbrüchen seiner Lieferanten jedoch nur in geringem

Umfang. Kann er gegen die Kontingentierung vorgehen?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

5) Der B wird vom Land Baden-Württemberg die Anstellung

als Lehrerin verweigert, weil sie sich aufgrund ihres

muslimischen Glaubens weigert, ohne Kopftuch zu

unterrichten. Hat sie ein Recht auf Einstellung als

Lehrerin?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

6) Nachdem in mehreren Fällen sog. Kampfhunde Kinder

getötet oder schwer verletzt haben, erlässt die Regierung

des Landes L eine Verordnung, die das Halten von

Kampfhunden verbietet. Ist die Verordnung rechtmäßig?

Kann der Besitzer eines Kampfhundes sich gegen das

Gebot wehren?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

7) Die Stadt S. möchte eine Umgehungsstraße durch ein

Waldgebiet bauen. Kann A, der dort gern spazieren geht,

etwas dagegen unternehmen?

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Grundlagen – Ziele und Gegenstand

8) Die Prüfungsklausur des A wird mit mangelhaft bewertet.

Er sieht sich ungerecht bewertet, weil die Fehler der

Arbeit nicht so schwerwiegend seien, dass sie die Arbeit

unbrauchbar machten. Außerdem sei die Prüfung durch

Baulärm so stark gestört gewesen, dass er sich nicht

habe konzentrieren können.

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Vorlesung Öffentliches Recht IWintersemester 2007/2008

Gliederung1. Teil: Einführung§ 1 Grundlagen§ 2 Der Begriff des öffentlichen Rechts2. Teil: Verfassungsrecht§ 3 Staatsfunktionen und Staatsorgane§ 4 Verfassungsprinzipien§ 5 Prinzipien des Rechtsstaats§ 6 Grundrechte3. Teil: Verwaltungsrecht§ 7 Verwaltung und Verwaltungsrecht§ 8 Rechtsbindung der Verwaltung§ 9 Das Verwaltungshandeln§ 10 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsvollstreckung§ 11 Gerichtlicher Rechtsschutz

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Grundlagen - Grundbegriffe

Recht

Definition• Recht ist ein System von Normen, • die von dazu autorisierten Organen gesetzt oder angewendet werden, • das Vorrang gegenüber anderen sozialen Normen beansprucht und • die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung von Normen

vorsieht.• Funktion und Zweck: Ordnung gesellschaftlichen Zusammenlebens

zum Wohl der einzelnen wieder Gesellschaft insgesamt.

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Grundlagen - Grundbegriffe

Rechtsquellen

• Verfassung, • Gesetze,

• Gesetze im formellen Sinn• Rechtsverordnungen• Satzungen,

• Gewohnheitsrecht, • allgemeine Rechtsprinzipien.

Problematisch: Richterrecht

Gesetze im materiellenSinn

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Grundlagen - Grundbegriffe

Rechtsordnungen

- Nationale Rechtsordnungen, - EG-Recht (supranationales Recht), - Völkerrecht

Teilsysteme- Privatrecht - Öffentliches Recht (- Strafrecht)

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Grundlagen - Grundbegriffe

Normenhierarchie

GG

einfaches Gesetz

Rechts-verordnung

Satzung

Völkervertragsrecht

Völkergewohnheitsrecht/allg. Rechtsgrundsätze

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Grundlagen - Grundbegriffe

Normenhierarchie

Bundesrecht

bricht

Landesrecht

Anwendungsvorrang Europäisches Recht

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Grundlagen - Grundbegriffe

Struktur Juristischer Entscheidungen

1. Subsumtion und Deduktion (Justizsyllogismus)

• Rechtsnorm: Tatbestand (T) -> Rechtsfolge (R)• Tatsachenfeststellung: M• Subsumtion: M = T• Folgerung: R

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Grundlagen - Grundbegriffe

Subsumtion und Deduktion (Justizsyllogismus)

Bsp.:§ 8 IV 1 Allg PrüfO WiWi (Dipl):Versucht ein Prüfungskandidat das Ergebnis seiner Studien- oder Prüfungsleistung durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen [T], so gilt die betreffende Leistung als mit "nicht ausreichend" (5,0) bewertet [R].

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Grundlagen - Grundbegriffe

Subsumtion und Deduktion (Justizsyllogismus)

Bsp.:Sachverhaltsbeschreibung: Der Student Rudi hat in seine Gesetzessammlung neben verschiedene Artikel im Grundgesetz Anmerkungen zu einzelnen Grundrechten notiert und diese Gesetzessammlung in der Diplomvorprüfung im Fach Öffent-liches Recht benutzt. Als Hilfsmittel sind für die Prüfung unkommen-tierte Gesetzessammlungen zugelassen.

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Grundlagen - Grundbegriffe

Subsumtion und Deduktion (Justizsyllogismus)

Bsp.:SubsumtionAnmerkungen zu Grundrechten im Gesetzestext zu notieren stellt eine Kommentierung dar. Kommentierte Gesetzestexte waren für die Prüfung nicht zugelassen. Daher handelt es sich beim Verhalten Rudis um die Verwendung nicht zugelassener Hilfsmittel in einer Prüfung. Die Tatsache, dass Rudi wissentlich dieses nicht zugelassene Hilfsmittel in der Prüfung verwendet, lässt gleichzeitig auf die Absicht schließen, sein Ergebnis zu beeinflussen.

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Grundlagen - Grundbegriffe

Subsumtion und Deduktion (Justizsyllogismus)

Bsp.:Konklusion (Folgerung): Die Prüfungsarbeit von Rudi ist im Fach „Öffentliches Recht“ mit „nicht ausreichend“ (5,0) zu bewerten.

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Grundlagen - Grundbegriffe

Struktur Juristischer Entscheidungen

2. Abwägung kollidierender Rechtsgüter oder Rechtsprinzipien:

• Festsetzung eines Vorrangs für das Prinzip, das unter den Bedingungen des zu entscheidenden Falls größeres Gewicht hat.

• Prüfungsmaßstab: Verhältnismäßigkeit.

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Grundlagen - Grundbegriffe

Juristische Methodik

1. Auslegungsregeln:• Wortlaut (grammatische A.)• Wille des Gesetzgebers (historische A.)• Stellung der Rechtsnorm im Rechtsgefüge und

Zusammenhang mit anderen Rechtsnormen (systematische A.)

• objektiver Zweck des Gesetzes (teleologische A.)

Außerdem: verfassungskonforme Auslegung, europarechtskonforme Auslegung

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Grundlagen - Grundbegriffe

Juristische Methodik

2. Rechtsfortbildung:• Analogie, teleologische Reduktion• Umkehrschluß (argumentum e contrario)• Erst-recht-Schluß (arg. a fortiori)• Anwendung allg. Rechtsgrundsätze• Abwägung