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442 Kurze wissenschaftliehe Mitteilungen. Kli~ische Wochanschrift Weitere gfins~ige Erfahrungen erstrecken sich auf die Otitis media a cuta, die Parotitis epidemica des Erwachsenen, die akute Influenza, die Erk~ltungsbronehitis und leichtere entzfindliehe Erkrankungen des Nasen-Rachenraumes und der Tonsillen. Die Pneumonie scheidet wegen der Kreislaufgef~,hrdung yon der Behandlung aus. Unter den Versagern waren 3 F~lte yon Xepatitis catar- rhalis, die im. Stadium des beginnenden Ikterus behandett wurden. Daraufhin haben wir den katarrh~lischen Ikterus aus der Indikationsliste gestrichen. Der weitere klinische Ausbau der Schlaftherapie wurde uns (lurch den Ausgang des Krieges unmSglich. Auf Grund zahlreicher Beob. achtungen an ambulanten Kranken rechnen wir mit einer Erweiterung der Indikationsstelhmg auf den Arbeitsbereich des praktischen Arztes. Hier ist ein Verfahren in Entwiek- lung begriffen, das als alleinige und als unterstfitzende Heft- methode ffir die inhere Medizin an Bedeutung inner mehr gewinnen wh'd. Folgende Auswa~hl yon Krankengesehiehten veranschau- licht am besten die ~¥irkungsweise des t~eilschlafes. 30j~hrige Hausfrau erkrankt naeh anstrengendem Marsch bei strSmendem l~egen in der folgenden Nacht an links- seitiger trockener Pleuritis: ]~Srbares nnd ffihlbares l~eiben im Bereich des Sinus phrenico-costalis, A%mungshemmung, Temperatur 39,3, 9200 Leukocyten. Zwei Stunden sparer Pantopon-Scopolamininjektion, daraufhin SehlM bis zum frfihen Morgen. Beim Erwachen noch geringe Schmerzen, 38,5 ~Fieber. Auf die zweite Injektion erfolgt Sehlaf bis gegen Mittag, dasjst etwa 12 Stunden naeh Krankheitsbeginn. Die Patientin erwacht vSllig beschwerdefrei, objekti~re Ssunptome sind nicht mehr nachweisbar, die KSrpertemperatur ist gleich- falls normal, die Leukoeytenzahl auf 7600 gesunken. 22j/~hriger Mechaniker erkrankt erstmalig an einer doppel- seitigen fieberhaften Tonsillitis. Auf fibliche Behandlung Heilung nach 3 Tagen. Am 5. Tag starke Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, am 6. Tag in beiden I-Iandgelenken. Die I-Iaut fiber den Gelenken ist gerStet und deutlieh ge- s6hwollen. ~¥enige Stunden naeh Befall der ~ffandgelenke erste Pantopon-Scopolamininjektion. Beim Erwachen ge- tinge subjektive, keine objektive Besserung. Im Verlanfe der ersten 24 Krankheitsstunden erh~lt Patient 3 Injektionen. Die Krankheitserscheinungen gehen fortlaufend zm'iick, nach 36 Stunden ist die Gzlenkerkrankung ohne Residuen ausgeheilt. 27j~hrige Bfiroangestellte erkrankt plStzlich ~mit Frost, 400 Fieber, Rfi~.kenschmerzen und Pollakisurie. Im Ham- sediment massenhaft" Leukocyten und Epithelien, EiweiB im ausgeschleuderten Urin negativ. Cystopyelitis. Zweimal 1,1 em a Pantopon-Scopolamin innerhalb der ersten 24 Stun. den bewirken ein'Verschwinden aller Krankheitserschei. nungen bis auf subfebrile Abendtemperaturen und einige Leukocyten im ~arnsediment. 40j/~hrige Arbeiterin klagt naeh ]=[eilung einer frischen Gonorrh6e durch Sulfonamide fiber plStzliche Kieferklemme. Das rechte Kiefergelenk ist stark druck-und spontan- empfindlich. Eine Schwellung ist nieht erkennbar, die Tem- peratur betr~gt maximal 38,8, im Blur nur eine geringe Leukocytose. Naeh Pantopon-Scopolaminschlaf I~[eilung innerhatb yon 5 Stunden. Zusammen]assung. Die Therapie akuter Entziindungen dutch Anwendung des kfinstlicllen Schlafes nit Pantopon- Scopolamin unterstfitzt den natiirliehen ~eilungseinfl~8 des vegetativen Nervensystems. Voraussetzung ffir den Erfolg ist immer, dab die Entzfindung erst im Stadium der Anfangs- hyper~mie steht. VORSCHLAG ZUR VERH~TUNG DER NEUGEBORENEN- ERYTHROBLASTOSE. Yon P~ D~. Aus den Ins~,it~u~ fiir Blutgrup,penforschung GS~tingen (Leiter: Dozent Dr. meal, habil. PI~TEt~ DA:Kt%). (Eingegangen am 5. April 1948.) Naeh Kenntnis des urs/ichlichen Zusammenha~gs zv~ischen der Neugeborenen-Ervthrobls,stose und d e n l%h-Blut, g~-appen- system ist d~s brennendste Problem die Fr~ge: Was k6n~n wir tun, umbei schon bestehender Schwangerscha]t die Geb~rt eines krank werdenden oder gar toten Kinde~ zu vermelden? Bekanntlich tritt ja die Krankheit bei allen nacbfolgenden Kinder~ schicksalsm~l~ig immer'wieder auf, wenn sie in der Familie einmal manifest geworden ist; es sei denn, dab der Rh-positive Ehemann erbbildlich heterozygot Rh/rh ist, so dab bei seiner Ehe nit der l~h-negativen Frau (rh) mit einer Wahrscheinlichkeit yon 50 % nit gesund zur Welt kommenden und aueh gesund bleibenden Kindern gereehnet werden kann. Diese Kinder sind dann rh; sie k6nnen, da ihnen das Rh- Merkmal fehlt, die Mutter nieht immunisieren und daher aueh nieht erkranken, selbst we~m yon frfiheren Schwanger- schaften her noch Rh-Antik6rper im Blur der Mutter vor- h~nden wi~ren. Zur Vermeidung der Seh~digung des Kindes boi schon bestehender Sehwangerschaft g~be es eine ideale ,LSsung, auf die ieh in frfiheren Arbeiten schon hingewiesen habe: Die lau/ende Ab.siittigung der dutch den immunisierenden Ein. ]karl seitenz des Fetus "in Blute der Mutter entstehenden Rh- Antik6rper, die j~ bekanntlich durch ih~n ~rbertritt auf das Kind dieses selbst sch~digen. Ffir diese Abs/ittigung der Rh- AntikSrper w/i~'e geeignet eine l~h-Substanz, die gegeniiber der ~Iutter keine antigene F/ihigkeit melt3- bes/~13e, die aber zur Bindung der homologen AntikSrper wohI bef/ihigt w~tre; eine ]%b-Substanz also, die den Charakter eines H~ptens ()der Halbantigens bes£Be. Friibere Versuche, auf immuno- chemischem ~v¥ege ein solehes Pr/~pa~-at zu gewinnen, sind wegen erheblicher zeitbedingt6r Schwierigkeiten in den An- f~ngen steckengeblieben. Verschiedenartige inzwisehen ge- wonnene praktisehe Erfahrungen sowie gewisse theoretische ~berlegungen seheinen aber eine andere M6gtiehkeit zu zeigen, das erstrebenswerte Ziel zu erreichen und damit den betroffenen unglfieklichen Familien ttilfe zu bringen. ]:)as Prinzip des aufzufindenden ttei]mittels bestiinde, wie gesagt, d~rin, dab es naeh Einbringung in den Kreislauf der Mutter befi~higt w/~re, die in ihrem Blute ka'eisenden l~h.Antik(irper unwirksam zu machen, ohne aber die Bildung neuer AntikSrper anzm'egen. Wir wissen heute, dab Antigene, die gegenfiber einer bestimmter~ Art yon Org~nismen ~ls Vollantigene wirksam sind, die also die Bildung homologer Antil~Srper bei diesen 0rganismen auslSsen kSnnen, andersartigen Organismen gegenfiber nicht in diesem Sinne antigen bef~higt sind. Ge- wisse Erfahrungen deuten wei.ber darauf bin, dab die Rh- Eigenscha]ten versehiedener Rh-Mensehen eine iiuflerst unter. schledliche antigene .Fiihigkeit au]weisen. Es sind folgende Beobaehtungen, die d~ffir sprechen: 1. Nicht in ]eden Hall einer Ehe zwisehen einem ~h-Mann und elner rh.Frau kommt es zum Au]treten der /amiliSren Erythroblastose. Bei dem Verteflungsverh~ltnis yon t~h = 84%, rh ~ 16%, wie es etwa in unserer BevSlkerung ~or- liegt, kanu man mit einer I-[~ufigkeit yon 13,4% mit der Ehe- kombination Mann = I~h/Frau = rh rechnen. Eine fami- li~re ErythroblaStose wird aber nur in etwa 0,4% aller Ehen beobuchtet. Man muB allerdings in Rechnung stellen, dab die famili~re Erythroblastose erst beim 2. oder 3. Kind mani- fest wird. Eine F~milie nit der gef/~hrlichen.I~h-Kombination bei den Eheleuten, in der nach der Geburt yon einem oder zwei gesunden I~ndern weitere Schwangerschaften nicht mehr gewfinseht werden, beeintr~cbtigt die Statistik im Sinne des seltenen Auftretens der Krankheit; anders w/~re es, wenn in. diesen Ehen mehr Schwangerschaften entstfinden; es wiirden dann vielleicht manche dieser Familien die Statistik im entgegengesetzten Sinne beeinflussen. Jedenfalls kSnnen wir -- und darauf kommt es hier an -- sagen: 37icht in ]eden Fall ist das yon den Rh.Mann an] den ~etus vererbte Rh-Merkmal be/gihigt, gegeni~berder rh-Frau antigen zu wirken. 3~ein Mitarbeiter H~ fund unter 30 Ehen nit der in ~rage kommenden I~h-Kpmbination 5 Familien mit mehr als 3 Rh- positiven gesunden Kindern. 2. In Ermangelung yon Rhesusblut h~be ich friiher, zum Tell nit meiner Mitarbeiterin ]=L KN~EL versueht, Anti-Rh:Seren dutch Immunisierung yon )~[eersehweinohen nit menschlichem Rh-Blut der Gruppe 0 zu.gewinnen. Nur in den wenigsten F~llen ffihrte das zum Erfolg: Von etwa 10 Immunisierungsreihen nit etwa je 20 Meerschweinchen -- infolge Verlustes der frfiheren Protokolle touche ich die Ang~bem ~us dam Ged~chtnis -- erg~b sich nur bei 2 Ver- suchsre~en die BiIdung brauchbarer AntikSrper. Alle acht anderen Blute erwiesen sich al~ogegeni~berden Meerschweinchect als nicht antigen! 3. Die Frans[usion yon Rh.Blut an] einen rh.Emp]iinger ]i~hrt in sehr v~elen F~illen nicht zur Bi'dung von Rh.Anti. kSrpern, also zur Immunisierung des rh-Empf£ngers durch

Vorschlag zur Verhütung der Neugeborenen-Erythroblastose

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Page 1: Vorschlag zur Verhütung der Neugeborenen-Erythroblastose

442 Kurze wissenschaftliehe Mitteilungen. Kli~ische Wochanschrif t

Weitere gfins~ige Erfahrungen erstrecken sich auf die Otitis media a cuta, die Parotitis epidemica des Erwachsenen, die akute Influenza, die Erk~ltungsbronehitis und leichtere entzfindliehe Erkrankungen des Nasen-Rachenraumes und der Tonsillen.

Die Pneumonie scheidet wegen der Kreislaufgef~,hrdung yon der Behandlung aus.

Unter den Versagern waren 3 F~lte yon Xepatitis catar- rhalis, die im. Stadium des beginnenden Ikterus behandett wurden. Daraufhin haben wir den katarrh~lischen Ikterus aus der Indikationsliste gestrichen. Der weitere klinische Ausbau der Schlaftherapie wurde uns (lurch den Ausgang des Krieges unmSglich. Auf Grund zahlreicher Beob. achtungen an ambulanten Kranken rechnen wir mit einer Erweiterung der Indikationsstelhmg auf den Arbeitsbereich des praktischen Arztes. Hier ist ein Verfahren in Entwiek- lung begriffen, das als alleinige und als unterstfitzende Heft- methode ffir die inhere Medizin an Bedeutung i n n e r mehr gewinnen wh'd.

Folgende Auswa~hl yon Krankengesehiehten veranschau- licht am besten die ~¥irkungsweise des t~eilschlafes.

30j~hrige Hausfrau erkrankt naeh anstrengendem Marsch bei strSmendem l~egen in der folgenden Nacht an links- seitiger trockener Pleuritis: ]~Srbares nnd ffihlbares l~eiben im Bereich des Sinus phrenico-costalis, A%mungshemmung, Temperatur 39,3, 9200 Leukocyten. Zwei Stunden sparer Pantopon-Scopolamininjektion, daraufhin SehlM bis zum frfihen Morgen. Beim Erwachen noch geringe Schmerzen, 38,5 ~ Fieber. Auf die zweite Injektion erfolgt Sehlaf bis gegen Mittag, das js t etwa 12 Stunden naeh Krankheitsbeginn. Die Patientin erwacht vSllig beschwerdefrei, objekti~re Ssunptome sind nicht mehr nachweisbar, die KSrpertemperatur ist gleich- falls normal, die Leukoeytenzahl auf 7600 gesunken.

22j/~hriger Mechaniker erkrankt erstmalig an einer doppel- seitigen fieberhaften Tonsillitis. Auf fibliche Behandlung Heilung nach 3 Tagen. Am 5. Tag starke Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, am 6. Tag in beiden I-Iandgelenken. Die I-Iaut fiber den Gelenken ist gerStet und deutlieh ge- s6hwollen. ~¥enige Stunden naeh Befall der ~ffandgelenke ers te Pantopon-Scopolamininjektion. Beim Erwachen ge- tinge subjektive, keine objektive Besserung. Im Verlanfe der ersten 24 Krankheitsstunden erh~lt Patient 3 Injektionen. Die Krankheitserscheinungen gehen fortlaufend zm'iick, nach 36 Stunden ist die Gzlenkerkrankung ohne Residuen ausgeheilt.

27j~hrige Bfiroangestellte erkrankt plStzlich ~mit Frost, 400 Fieber, Rfi~.kenschmerzen und Pollakisurie. Im Ham- sediment massenhaft" Leukocyten und Epithelien, EiweiB im ausgeschleuderten Urin negativ. Cystopyelitis. Zweimal 1,1 em a Pantopon-Scopolamin innerhalb der ersten 24 Stun. den bewirken ein'Verschwinden aller Krankheitserschei. nungen bis auf subfebrile Abendtemperaturen und einige Leukocyten im ~arnsediment.

40j/~hrige Arbeiterin klagt naeh ]=[eilung einer frischen Gonorrh6e durch Sulfonamide fiber plStzliche Kieferklemme. Das rechte Kiefergelenk ist stark d r u c k - u n d spontan- empfindlich. Eine Schwellung ist nieht erkennbar, die Tem- peratur betr~gt maximal 38,8, im Blur nur eine geringe Leukocytose. Naeh Pantopon-Scopolaminschlaf I~[eilung innerhatb yon 5 Stunden.

Zusammen]assung. Die Therapie akuter Entziindungen dutch Anwendung des kfinstlicllen Schlafes n i t Pantopon- Scopolamin unterstfitzt den natiirliehen ~eilungseinfl~8 des vegetativen Nervensystems. Voraussetzung ffir den Erfolg ist immer, dab die Entzfindung erst im Stadium der Anfangs- hyper~mie steht.

VORSCHLAG ZUR VERH~TUNG DER NEUGEBORENEN- ERYTHROBLASTOSE.

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P ~ D ~ . Aus d e n Ins~,it~u~ fiir Blutgrup, penforschung GS~tingen

(Leiter: Dozent Dr. meal, habi l . PI~TEt~ DA:Kt%).

(Eingegangen am 5. April 1948.)

Naeh Kenntnis des urs/ichlichen Zusammenha~gs zv~ischen der Neugeborenen-Ervthrobls,stose und den l%h-Blut, g~-appen- system ist d~s brennendste Problem die Fr~ge: Was k6n~n wir tun, umbei schon bestehender Schwangerscha]t die Geb~rt eines krank werdenden oder gar toten Kinde~ zu vermelden?

Bekanntlich t r i t t ja die Krankheit bei allen nacbfolgenden Kinder~ schicksalsm~l~ig immer'wieder auf, wenn sie in der Familie einmal manifest geworden ist; es sei denn, dab der Rh-positive Ehemann erbbildlich heterozygot Rh/rh ist, so dab bei seiner Ehe n i t der l~h-negativen Frau (rh) mit einer Wahrscheinlichkeit yon 50 % n i t gesund zur Welt kommenden und aueh gesund bleibenden Kindern gereehnet werden kann. Diese Kinder sind dann rh; sie k6nnen, da ihnen das Rh- Merkmal fehlt, die Mutter nieht immunisieren und daher aueh nieht erkranken, selbst we~m yon frfiheren Schwanger- schaften her noch Rh-Antik6rper im Blur der Mutter vor- h~nden wi~ren.

Zur Vermeidung der Seh~digung des Kindes boi schon bestehender Sehwangerschaft g~be es eine ideale ,LSsung, auf die ieh in frfiheren Arbeiten schon hingewiesen habe: Die lau/ende Ab.siittigung der dutch den immunisierenden Ein. ]karl seitenz des Fetus "in Blute der Mutter entstehenden Rh- Antik6rper, die j~ bekanntlich durch ih~n ~rbertritt auf das Kind dieses selbst sch~digen. Ffir diese Abs/ittigung der Rh- AntikSrper w/i~'e geeignet eine l~h-Substanz, die gegeniiber der ~Iutter keine antigene F/ihigkeit melt3- bes/~13e, die aber zur Bindung der homologen AntikSrper wohI bef/ihigt w~tre; eine ]%b-Substanz also, die den Charakter eines H~ptens ()der Halbantigens bes£Be. Friibere Versuche, auf immuno- chemischem ~v¥ege ein solehes Pr/~pa~-at zu gewinnen, sind wegen erheblicher zeitbedingt6r Schwierigkeiten in den An- f~ngen steckengeblieben. Verschiedenartige inzwisehen ge- wonnene praktisehe Erfahrungen sowie gewisse theoretische ~berlegungen seheinen aber eine andere M6gtiehkeit zu zeigen, das erstrebenswerte Ziel zu erreichen und damit den betroffenen unglfieklichen Familien ttilfe zu bringen.

]:)as Prinzip des aufzufindenden ttei]mittels bestiinde, wie gesagt, d~rin, dab es naeh Einbringung in den Kreislauf der Mutter befi~higt w/~re, die in ihrem Blute ka'eisenden l~h.Antik(irper unwirksam zu machen, ohne aber die Bildung neuer AntikSrper anzm'egen.

Wir wissen heute, dab Antigene, die gegenfiber einer bestimmter~ Art yon Org~nismen ~ls Vollantigene wirksam sind, die also die Bildung homologer Antil~Srper bei diesen 0rganismen auslSsen kSnnen, andersartigen Organismen gegenfiber nicht in diesem Sinne antigen bef~higt sind. Ge- wisse Erfahrungen deuten wei.ber darauf bin, dab die Rh- Eigenscha]ten versehiedener Rh-Mensehen eine iiuflerst unter. schledliche antigene .Fiihigkeit au]weisen. Es sind folgende Beobaehtungen, die d~ffir sprechen:

1. Nicht in ]eden Hall einer Ehe zwisehen einem ~h-Mann und elner rh.Frau kommt es zum Au]treten der /amiliSren Erythroblastose. Bei dem Verteflungsverh~ltnis yon t~h = 84%, rh ~ 16%, wie es etwa in unserer BevSlkerung ~or- liegt, kanu man mit einer I-[~ufigkeit yon 13,4% mit der Ehe- kombination Mann = I~h/Frau = rh rechnen. Eine fami- li~re ErythroblaStose wird aber nur in etwa 0,4% aller Ehen beobuchtet. Man muB allerdings in Rechnung stellen, dab die famili~re Erythroblastose erst beim 2. oder 3. Kind mani- fest wird. Eine F~milie n i t der gef/~hrlichen.I~h-Kombination bei den Eheleuten, in der nach der Geburt yon einem oder zwei gesunden I~ndern weitere Schwangerschaften nicht mehr gewfinseht werden, beeintr~cbtigt die Statistik im Sinne des seltenen Auftretens der Krankheit; anders w/~re es, wenn in. diesen Ehen mehr Schwangerschaften entstfinden; es wiirden dann vielleicht manche dieser Familien die Statistik im entgegengesetzten Sinne beeinflussen. Jedenfalls kSnnen wir - - und darauf kommt es hier an - - sagen: 37icht in ]eden Fall ist das yon den Rh.Mann an] den ~etus vererbte Rh-Merkmal be/gihigt, gegeni~ber der rh-Frau antigen zu wirken. 3~ein Mitarbeiter H ~ fund unter 30 Ehen n i t der in ~rage kommenden I~h-Kpmbination 5 Familien mit mehr als 3 Rh- positiven gesunden Kindern.

2. In Ermangelung yon Rhesusblut h~be ich friiher, zum Tell n i t meiner Mitarbeiterin ]=L K N ~ E L versueht, Anti-Rh:Seren dutch Immunisierung yon )~[eersehweinohen n i t menschlichem Rh-Blut der Gruppe 0 zu.gewinnen. Nur in den wenigsten F~llen ffihrte das zum Erfolg: Von etwa 10 Immunisierungsreihen n i t etwa je 20 Meerschweinchen - - infolge Verlustes der frfiheren Protokolle touche ich die Ang~bem ~us dam Ged~chtnis - - erg~b sich nur bei 2 Ver- suchsre~en die BiIdung brauchbarer AntikSrper. Alle acht a nderen Blute erwiesen sich al~o gegeni~ber den Meerschweinchect als nicht antigen!

3. Die Frans[usion yon Rh.Blut an] einen rh.Emp]iinger ]i~hrt in sehr v~elen F~illen nicht zur Bi'dung von Rh.Anti. kSrpern, also zur Immunisierung des rh-Empf£ngers durch

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Jg. 26, lIeft 27/28 Zeitsehriften. 443 15. duli 1948

des Rh-Blut des Spenders; sonst miiBten Rh-bedingte Trans- fusionsstbrungen viel h/iufiger sein, als sie tats~chlieh vor- kommen.

4. Die in unserem Institut durehgefiihrten Versuehe zur Immunisierung yon Menschen mit entsprechendem Rh.Blut zur Gewinnung diagnostischer Anti-I~h-Seren [~hrte in den meisten Fiillen nicht zu dem gewiinsehten Er/olg; offenbar des- hall), weft die verwendeten l~h-Blute gegentiber dam zu immunisierenden Menschen keine antigene Yghigkeit besM~en. Eine~i Erfolg haben wir immer nut dann gesehen, wenn ein tgh-Btnt verwendet wurde, des sich dem zu immunisierenden Mensehen gegeniiber bereits als antigen befabigt erw~esen hatte; also Blur des Ehemannes bei der Ehefrau, wenn sie f-riiher erythroblastotisehe Kinder zm" Welt gebraeht hagte.

Auf Grund dieser Erfalu-ang mdehte ieh zur Verhiitung einer Schgdigung des Kindes bei bereits bestehender Sehwan- gerschaft empfehten, folgendes Vorgehen zu versnchen:

Man spritzt der Frau naeh Abldingen alIer, aueh seelischer Stbrungen, die im Zusammenhang mit der letzten Geburt eines kranken odergar toVen Kindes beiihr entstanden waren, je nacli Konstitution 1--3 cm ~ Citratblut - - 1 Tell 3,8%ige Na-Citratldsung auf 3 Teile Vollblut - - intravends ein. J)as Blur stammt yon einem gh-Menschen, der nlcht mit dem Ehemann blutsverwandt ist, u M b e i dem natiirlieh des Fetllen irgendeiner In~ektionskrankheit, insbesondere yon Lues und TuberkuIose, erwiesen sein muB. Da die Frau auf Grund der friiherenlmmunisierung seitens eines odermehrerex ihrer krank gewordenen Kinder sich in einem Zustand einer latenten Sensibilisierungsbereitschafl befindet, wird sie ~elb~t an/ eine so geringe Blutmenge bin mit einer kr/fftigen Anti- kbrperbildung reagieren, falls des verwendete Rb-Blut ihr gegenfiber antigene Fahigkeit besitzt. Vom 3. Tage der Ein- spritzung ab entnimmt man jeden 2. Tag 1--2 cm ~ Venen- blur zwecks Untersuehung auf etwa entstandene gh-Anti- kbrper, wobei insgesamt 4 Untersuehungen statffinden. Man muB natih-lieh auch auf uni~alente (blockierende) t~h.Anti. kbrper untersuehen. Hat man bei allen Untersuchungen die Neubildung yon Antikdrpern nicht feststellen kbnnen, dann spritzt man am letzten Untersuehungstage, also am 9. Tage nach der 1. Injektion, die doppelte Citratblutmenge des- selben l~h-Menschen ein und untersucht weiterhin jeden 2. Tag auf etwaige Rh-Antikdrper. Erfolgt auch auf diede Injektion gem~B 4maliger Uhtersuchung jeweils am 2. Tag keine Reaktion, so kann man wohl annehmen, dM? diasas t~h-Blut der Frau gegenfiber keine antigene Wirkung besitzt. Dieses Blur misfire daher bei einer etwaigen erneuten Schwanger. seha/t der Frau geeignet sein, in dem oben erwiihnten Sinne als Vorbeugungsmittel gegeni~ber einer Seh~digung des zu erwartenden Kindes angewendet zu werden. Da es auf Grund der Voruntersuehungen kgine antigene Fghigkeit gegeniiber der Frau besitzt, diirfte es aueh nicht in der Lage sein, die I~h- Antikbrperbildung bei der Frau anzuregen, w'ghrend es wohl imstande w~re, die durch den Einflug seitens der Frucht entstet~enden Rh-Antikdrper zu binden.

Wiirde bei der Voruntersuehung, insbesondere sehon auf die 1. Einspritzung bin, ein l\Taebweis yon Rh-Antikdrpern bei der Frau mdglieh sein, dann w/~re dieses Blur ftir die

sp/~ter vorgesehene Verwendung natfirlich nnbrauchbar. Naeh Verschwindan der Rh-Antikbrper aus dem Blute der Frau m~J3te man den Versueh mit einem anderen Bh-Blut machen. Nach unseren bisherigen Erfahrungen hinsichtlieh der oben unter 1.~4. angegebenen Punkte ist allerdings die Wahr- seheinliehkeit, dab man ein nicht antigen, wirkendes B h t verwendet, vial grdl3er, als die eines antigen wirkenden, also ftir die Desensibilisierung unbrauehbaren Blutes.

Es ist selbstverstandlieh, dab die der Ermittlnng eines gegeniiber der Frau nieht antigen wirksamen t~h-Blutes dienende ,,Voruntersuehung" nach Ablauf der letzten Gravi- dit~it nnr dann vorzunehmen ist, wenn bei der J~h'au keine Rh.Antik6rper mehr/eststetIb °r sind; aueh keine Konglutinine, wobei die empfindliehsten Ablesemethoden (Rbhrehen- methode mit mikroskopiseher Ablesung) angewendet werden miissen. Auch ist es selbstverst/indlich, dag ein (A-B O-ver- trggliches!) Rh-Blut verwendet wird, des in seinem l~h- An~igenmosaik mbgliehst dem des Ehemannes entsprieht bzw. das zum mindesten alle die Antigenbestal{dteiIe besitzt, die den bei der Frau friiher bereits etwa schon nachgewiesenen Rh-Antikbrper fraktionen entspreehen.

In welcher Weise nun im einzelnen mit einem zur Desensi- bilisierung offenbar als geeignet ermittelten Blur tatsRchtich bei einer sp~.teren Gravidit~t eine Beseitigung der Rh-Anti- kdrper arts dem Blute der Mutter erfolgen kbrmte, mfil3ten praktische Effahrnngen mit meinem Vorschlag ergeben. Icl~ denke mir die Sache so, daft bei festgestellter Schwanger- sehaft etwa jede ~Voehe ein- bis zweimal geringe Igengen (0,2--0,5 cm 3) des Citratblutes intravenbs eingespritzt werden unter standiger Kontrolle auf etwaige Antikbrperbildung. Im iibrigen habe ieh diesen Vorschlag, ohne damit schon spezielle praktische Effa}wangen zu besitzen, jetzt schon mitgeteilt, um ihn bei dem erheblichen lnteresse anf diesem Gebiete einmal einem breiteren Kreise zur Diskussion za stel]en, nnd nm gegebenenfalls derartige Untersuchnngen anf breiterer Basis anzuregen. Die Hilflosigkeit, mit der man diesem ersehi~tternden Problem gegeni~bersteht, re~ht/ertigt ]eden nur ~rffendwie aussiehtsrelch erscheinenden Versuch, wenn dadurch der iirztliche Grundsatz: ,,Primum nil nocere" nicht verletzt' wird. ]:)as ist maines Erachtens nicht der Fall. Selbst wenn bei der Voruntersuchung zuf~llig ein l~h-Blut verwendet wiirde, des einen Anstieg der Ilh-Antikbrper ver- ursachte, wiirde des der Mutter nicht schaden; man kdnnte hdct~stens den Einwurf ~aachen, dab dies dem spiiteren I(ind schfidlich sein k6nne; insofern als der Sensibilisie~amgsgrad der Mutter gestaigert win'de. Diese theoretiseh nicht aus- schliegbare Sch~digung des Kindes w/~re zu vermeiden, wenn man des Verfahren nur bei solchen Frauen anwendete, deren letztes Kind schon nine hydropische Totgeburt war, wo also mit einem weiteren lebenden Kind ohne die vorgesel ellen Mai3nahmen sowieso nieht mehr zu rechnen wi~re.

Es ist selbstverst'~ndlich, dab die Erprobnvg des vor- gesehlagenen Verfahrens nnr in enger Zusammenarbeit zwischen Gvngkologen und dem in allen Rh-Untersuehnngen bestens geschulten Laboratoriumsarzt erfolgen karm. Wir selbst wollen nns bemiiben, in diesem Sinne reeht bald fiber eigene Erfahrungen zu beriehten.

REFERATENTEIL. ZEITSCHRIFTEN.

PHkRMAKOLOGIE Ubl) THEI~PIE, CHIRURGISCHE MASSNAHMEN.

Rosen/eld, Louis: Delayed suture ol war wounds. (Die ver- zdgerte Naht yon I(~'iegswunden.) Surg. etc. 21, 200 (1947).

Die verzbgerte ~Vundnalat war, mit Ausnahme der Wund- excision, die im zweiten Weltka~ieg am h~ufigsten ausgefiihrte Operation. Ihre Bedeutung flit die BeseMeunigung der Wund- heilung und der Rtickkehr der Verwandeten zur Front kann nicht stark genug herausgesteIlt werden. Dem VerL hat sicb in den Jalaren 1943--1945 auf dem italienischen Kriegsschau- platz folgendes Vorgehen bei etwa I000 Verwundeten bew~hrt: Die Wunden wurden auf dem Hauptverbandptatz primer excidiert. Im Feld- und Kriegslazaret~ wurden die Verbande zun~chst, belassen und die Wunden nm" im Notfall (Blutung, Absehniirung) angegangen. War der it~matvkrit unter 40 gesunken, erbielten die Patienten Bluttransfusionen. 4 bis

6 Tage nach der Wundexcision wurden die zu diesem Zeit- punkt noeh wenig granulierenden ~¥unden freigelegt, die Wundr~nder mobilisiert und dureh kr~ftige N~hte (meist Matrazenn~bte) vereinigt. Die Abst~inde zwischen den ein- zelnen N/~hten betrugen durchsclanittlieh 1 cm. Der Eingriff wurde meist in Lokalan~sthesie ausgeffihrt. Ortlieh wurden keine Sulfonamide gegeben; schwerer infizierte F~lle erhielten jedoeh Sulfonamide oder Penicillin enteraI oder parenteraI. Postoperativ warde der verwundete Kbrperteil bis zum ngchsten Verbandwechse] (nach 8 Tagen) durch Schienen oder Gipsverb~nde rt(hig gestellt. Die Wunden wurden durch Korapressionsverb~nde zusammengehaIten, grbl3ere ~Vund- hdhlen auch ch'ainiert. :Die Faden nnd ruhigstellenden Ver- bande whrden nach 8 - 1 0 Tagen enffernt; friihzeitig wurde mit Bewegungsfibungen begonnen. 75% der so behandelten Weichlbeilverletzten wurden wieder roll oder teitweise dienst- f~hig, nut bei 10% kam es zu sekund~ren Komplikationen.