30
Auf Atlas’ Schultern 2/2013 Kunden + Partner Global Strom statt Schub MTU Aero Engines AG Dachauer Straße 665 80995 München • Deutschland Tel. +49 89 1489-0 Fax +49 89 1489-5500 [email protected] www.mtu.de Technik + Wissenschaft Besser geht immer Vorsprung durch Getriebefan-Technik

Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

  • Upload
    vandieu

  • View
    221

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Auf Atlas’ Schultern

2/2013

Kunden + Partner Global

Strom statt Schub

MTU Aero Engines AGDachauer Straße 66580995 München • DeutschlandTel. +49 89 1489-0Fax +49 89 [email protected]

Technik + Wissenschaft

Besser geht immer

Vorsprung durchGetriebefan-Technik

Page 2: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

6 – 13

Kunden + PartnerAuf Atlas’ SchulternInnovativ am Ende der WeltVom Postflieger zum Global PlayerTransatlantisches Tandem

14 – 1920 – 2324 – 2728 – 33

Technik + WissenschaftBesser geht immerEffizient und leistungsstark

34 – 3940 – 43

Produkte + ServicesVerordneter Prüfungsstress

GlobalStrom statt Schub

44 – 47

48 – 53

54 – 57

In KürzeImpressum

Inhalt

58 – 5959

Titelthema Vorsprung durch Getriebefan-Technik

Mehr REPORT digitalMultimediale Features imeMagazin und in der iPad-Appunter www.mtu.de/report

Im September hat Bombardiers CSeries die Flugerprobung aufgenom-men, Ende des Jahres wird der kanadische Hersteller die erstenTriebwerke für die Serienflugzeuge erhalten. Die MTU Aero Enginessteuert beim PW1500G die schnelllaufende Niederdruckturbine unddie ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters bei. Seite 6 – 13

Vorsprung durch Getriebefan-Technik

Auf Atlas’ Schultern

Im EU-Technologieprogramm Clean Sky, das sich auf die Zielgeradezubewegt, wird die erfolgreiche Getriebefan-Technologie noch einmaldeutlich optimiert. Ein Mammutprojekt, bei dem die MTU Aero Enginesden Aufbau eines Demonstrator-Triebwerks verantwortet. Seite 34 – 39

Besser geht immer

Neuseeland ist klein und liegt weit weg von den großen Zentren derErde. Entsprechend lang sind die Flüge ans „schönste Ende der Welt“,und umso wichtiger die Rolle von Air New Zealand als Anbindung andie Heimat. Bereits seit 2007 sind die Neuseeländer ein zufriedenerMTU-Kunde. Seite 20 – 23

Innovativ am Ende der WeltAnfang August traf die erste A400M Atlas auf der französischenAirforce-Base Orléans-Bricy ein und ging in den Besitz der Armée del’Air über. Jetzt können sich die ersten Militärpiloten von der Leis-tungsfähigkeit des neuen Airbus-Militärtransporters und seiner vierTP400-D6-Antriebe überzeugen. Seite 14 – 19

Die Industriegasturbinen (IGT) LM6000 von GE sind zuverlässig, fah-ren rasch auf Nennleistung hoch und verkraften mehrere Starts undStopps an einem Tag. Für die „Growth“ hat die MTU Beschichtungenerfolgreich weiterentwickelt. So konnte die Leistung der 50-Mega-watt-IGT gesteigert und die Abgaswerte gesenkt werden. Seite 48 – 53

Strom statt Schub

2 3

ReportageEnde einer Ära

Page 3: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

am 16. September, exakt um 9.55 Uhr Ortszeit, hob das erste Testflugzeug deskanadischen Flugzeugherstellers Bombardier mit einem Getriebefan-Triebwerk(kurz: GTF) ab. Dieser Erstflug der CSeries läutet für die MTU eine neue Ära ein:Damit geht eine Triebwerksgeneration an den Start, die den Triebwerksbau be-reits heute revolutioniert hat. Mit dem Konzept der PurePower®-Triebwerks-familie haben wir gemeinsam mit unseren Partnern bewiesen, welche großenSchritte bei der Kraftstoffeinsparung sowie bei der Reduktion des Lärms reali-siert werden können.

Vor einigen Jahren hätte niemand von einem solch großen Markterfolg zu träu-men gewagt. Heute, zum Zeitpunkt des Erstflugs der CSeries von Bombardier,sind rund 4.700 Triebwerke der neuen GTF-Familie in den Auftragsbüchern ver-merkt. Jede große Luftfahrtmesse verleiht diesem Auftragsbuch, dessen Groß-teil auf die zukünftige Airbus A320neo-Serie entfällt, neuen Schub. Damit sinddie GTF-Programme die wichtigsten Wachstumstreiber für die MTU. Gleichzeitigbringen sie einige Herausforderungen für den Serienhochlauf mit sich. Daraufhaben wir uns bestens vorbereitet, um unsere Verpflichtungen zu erfüllen:Fertigung, Prozesse und Supply Chain Management wurden neu gestaltet undunsere Werke in München und im polnischen Rzeszów ausgebaut. Um dasWachstum zu realisieren, setzen wir weiterhin auf das hohe Engagement undden Einsatz unserer hochqualifizierten Mitarbeiter. Alle gemeinsam gestaltendie Zukunft der MTU.

Die Leistung der Ingenieure verdient nicht nur wegen des technologischenQuantensprungs Respekt; angesichts immer knapper werdender Ressourcen,weiter steigender Kerosinpreise und eines beständigen Wachstums des Flug-verkehrs – durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr – verlangen Fluggäste und Flug-hafen-Anwohner, Behörden und Organisationen und natürlich die Luftfahrt-gesellschaften zu Recht nach sparsameren und umweltverträglicheren Flug-zeugen und Triebwerken. Mit den Getriebefan-Komponenten leistet die MTUeinen nachhaltigen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft.

Für mich persönlich heißt es Ende des Jahres Abschied nehmen. Ich blicke aufsechs ereignisreiche Jahre als Vorstandsvorsitzender der MTU zurück; sie sindwie im Flug vergangen. Ich wünsche meinem Nachfolger Reiner Winkler undden weiteren Vorstandskollegen, ebenso wie Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,alles Gute für die Zukunft!

Und nun hoffe ich, dass Sie wieder viel Freude beim Entdecken und Lesen derspannenden Themen dieser Ausgabe haben.

Ihr

Egon BehleVorsitzender des Vorstands

4 5

Page 4: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Titelthema

Vorsprung durchGetriebefan-Technik

Als Pionier einer neuen Generation von Standardrumpf-Flugzeugen hat BombardiersCSeries im September die Flugerprobung aufgenommen. Ende des Jahres wird derkanadische Hersteller die ersten Triebwerke für die Serienflugzeuge erhalten. DieMTU Aero Engines steuert beim PW1500G die schnelllaufende Niederdruckturbineund die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters bei.

Achim Figgen

Nur strahlende Gesichter waren zu sehen, nachdemChuck Ellis und Andy Litavniks den Jet mit demKennzeichen C-FBCS am 16. September vor dem

Bombardier-Flugtestgebäude auf dem Flughafen Mirabelbei Montreal abgestellt hatten. Vorangegangen war dererfolgreiche Jungfernflug der ersten CS100, Bombardier-intern auch als FTV-1 („Flight Test Vehicle 1“) bezeichnet.Gut zweieinhalb Stunden war der zweitstrahlige Jet andiesem Tag in der Luft.

Der Erstflug war Auftakt für ein auf rund ein Jahr veran-schlagtes Erprobungs- und Zertifizierungsprogramm, andem insgesamt fünf CS100 beteiligt sein werden und an

6 7

dessen Ende die Zulassung zunächst durch TransportCanada und dann durch weitere Luftfahrtbehörden rundum den Globus stehen soll. Gewiss, man sollte mit Super-lativen vorsichtig sein, aber mit der CSeries, zu der nebendem 110-sitzigen Basismuster CS100 noch die größereCS300 für normalerweise 135 Fluggäste gehören wird,schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in der Zivil-luftfahrt auf. Nicht nur, weil mit ihr erstmals seit Indienst-stellung der A320 vor mittlerweile gut 25 Jahren ein vonGrund auf neues Standardrumpf-Flugzeug auf den Marktkommt, sondern auch, weil hier erstmals die neue Ge-triebefan-Triebwerksfamilie PW1000G von Pratt & WhitneyVerwendung findet.

Page 5: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Bombardiers neue CSeries – angetrieben von den innovativen Getriebefan-Triebwerken PW1500G – hat erfolgreich ihren Erstflug in Mirabel, Quebec, Kanada absolviert.

Bombardier, bislang vor allem als Hersteller von Regio-nal- und Geschäftsreiseflugzeugen bekannt, wagt mit denneuen Jets den Aufstieg in die Klasse der Verkehrsflug-zeuge und damit den Angriff auf die Platzhirsche Airbusund Boeing. Anders als deren kleinsten Modelle – A318und A319 beziehungsweise 737-700 – ist die CSeries keingeschrumpfter 150-Sitzer, sondern ein für das angepeilteMarktsegment optimiertes Flugzeug. Das schlägt sich ineinem schmaleren Rumpf, der die Unterbringung von maxi-mal fünf Sitzen pro Reihe gestattet, ebenso nieder wie ineinem deutlich niedrigeren Gewicht. Während sich die Pas-sagiere vor allem über die konkurrenzlos großen Fensterund Gepäckfächer freuen dürften, zählen für die Kauf-

leute bei den Airlines vor allem die wirtschaftlichenAspekte: Der kanadische Hersteller verspricht seinen Kun-den einen gegenüber vergleichbaren heutigen Jets um 20Prozent niedrigeren Treibstoffverbrauch und sogar ummehr als 25 Prozent reduzierte Instandhaltungskosten.Möglich wird das unter anderem durch den großflächigenEinsatz modernster Materialien; so besteht der Rumpfgrößtenteils aus Aluminium-Lithium-Legierungen, währendfür die Tragflächen, die Triebwerksverkleidung, das Rumpf-heck sowie die Leitwerke auf Faserverbundwerkstoffezurückgegriffen wird. Mehr als eine Tonne Gewicht wirdallein dadurch eingespart.

Mindestens ebenso entscheidend für das Erreichen derangestrebten Verbesserungen gegenüber der aktuellenFlugzeuggeneration ist der Antrieb: Als zweiter Hersteller(nach Mitsubishi) hatte sich Bombardier im Herbst 2007entschlossen, auf die GTF-Triebwerksfamilie – 2008 inPurePower® PW1000G umbenannt – von Pratt & Whitneyzu setzen. GTF steht für „Geared Turbofan™“, womit daszentrale Prinzip des neuen Antriebs auch schon benanntwäre: Der Fan wird, anders als bei konventionellenTriebwerken, nicht unmittelbar von der Niederdrucktur-bine (NDT) angetrieben. Statt dessen ist ein Getriebe zwi-schengeschaltet, das es ermöglicht, dass beide Kom-ponenten mit jeweils optimaler Drehgeschwindigkeit lau-

8 9

Titelthema

fen. Als Folge davon weist das PW1000G das höchsteNebenstromverhältnis aller Turbofantriebwerke auf. Derdeutlich höhere Wirkungsgrad von Fan und NDT sowiedie Reduktion der Stufenzahl in der Niederdruckturbinewiegen das zusätzliche Gewicht des Getriebes mehr alsauf. Die Vorzüge dieser Technologie haben inzwischenauch Airbus, Embraer und Irkut erkannt, die für dieA320neo-Familie sowie die zweite Generation der E-Jetsbeziehungsweise die MS-21 ebenfalls auf den Getriebe-fan setzen. Mittlerweile liegen Pratt & Whitney mehr als4.700 Bestellungen und Absichtserklärungen für die di-versen Modelle der PW1000G-Familie vor.

Page 6: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Jürgen Eschenbacher+49 89 1489-8663

Am Antrieb lag es jedenfalls nicht, dass der ursprünglichfür die zweite Hälfte des Jahres 2012 geplante Jungfern-flug der ersten CS100 zunächst auf Juni 2013 und dannnoch einige Male bis in den September verschoben wer-den musste. Schließlich wurde das PW1500G, wie dieBezeichnung der Version für die CSeries lautet, bereitsam 20. Februar dieses Jahres durch Transport Canada zu-gelassen.

Montiert werden die Triebwerke übrigens im Mirabel Aero-space Centre von Pratt & Whitney Canada – ebenso wiedas Schwesterunternehmen Pratt & Whitney eine Tochterdes United-Technologies-Konzerns – in unmittelbarer Nach-barschaft des Bombardier-Werks. Der Hersteller selbst er-richtet im wenige Kilometer nordwestlich von Montrealgelegenen Mirabel gegenwärtig eine neue, 62.000 Qua-dratmeter große Halle, die ausschließlich der Endmonta-ge von CSeries-Flugzeugen dienen und Mitte 2014 fertig-gestellt sein soll.

Gebaut wurde aber auch in München. Nach rund 20-mona-tiger Bauzeit konnte die MTU Aero Engines Mitte April dasneue Blisk-Kompentenzzentrum einweihen. Hier werdenkünftig unter anderem die ersten vier Stufen des Hoch-druckverdichters für die gesamte PW1000G-Triebwerks-familie produziert, für die der deutsche Triebwerksher-steller im Übrigen auch die Entwicklungsverantwortungträgt. Vor allem aber ist die MTU bei sämtlichen bislangaufgelegten GTF-Varianten für Entwicklung und Fertigungjenes Bauteils verantwortlich, das die Realisierung derGetriebefan-Technologie überhaupt erst möglich gemachthat – nämlich die schnelllaufende Niederdruckturbine.

Wobei die Entwicklungsarbeiten bei der ersten GTF-Variante, des für die CSeries vorgesehenen und bereitszugelassenen PW1500G, naturgemäß weitgehend abge-schlossen sind. Hier laufen gegenwärtig die Vorbereitun-gen auf die Serienfertigung. Dabei geht es nicht allein umdas Bereitstellen der entsprechenden Produktionskapa-zitäten in den eigenen Werken und bei den Zulieferern,sondern auch um das Einarbeiten von Modifikationen, dieaus den Erfahrungen während der Erprobung resultieren.„Das sind natürlich keine konzeptionellen Punkte mehr,sondern Detailnachbesserungen“, wie Entwicklungspro-grammleiter Dr. Claus Riegler feststellt. Eine wichtigeRolle spielen hier Fragen wie die Robustheit unter Ein-satzbedingungen und die Wartbarkeit sowie möglicheSchwierigkeiten bei der serienmäßigen Fertigung. „Wennwir beispielsweise feststellen, dass von Zulieferern beige-steuerte Teile noch verändert werden müssen, weil sie inder ursprünglichen Form nicht optimal herzustellen sind,geschieht das in dieser Phase“, erläutert Jürgen Eschen-bacher, Vice President Business Development für die GTF-Programme bei der MTU Aero Engines. Wobei grundsätz-lich versucht wird, dieses Risiko so weit wie möglich zuminimieren, indem die Zulieferer bereits zu einem sehrfrühen Zeitpunkt ausgewählt und in der Regel schon inden Bau der ersten Testtriebwerke eingebunden werden.„Zudem gibt es parallel zum sogenannten ‚Design-Review-Prozess’ entlang der Entwicklungszeitachse auch einen‚Production-Readiness-Prozess’, bei dem wir systematischund kontinuierlich mit den Zulieferern den Entwurf aufseine Herstellbarkeit überprüfen“, so Eschenbacher weiter.

Titelthema

Im neuen und hochmodernen Mirabel Aerospace Centre von Pratt & Whitney Canada – nahe dem Mirabel International Airport in Quebec, Kanada – wird die nächsteGeneration von Triebwerken getestet und montiert.

Im neuen 10.000 Quadratmeter großen Kompetenzzentrum der MTU in München sollen jährlich über 3.000 Blisk gefertigt werden.

10 11

Zum Jahresende sollen die ersten Module für Serientrieb-werke an Pratt & Whitney geliefert werden, und etwa zurgleichen Zeit steht auch ein Ausdauertest auf dem Pro-gramm, der auf einem MTU-Prüfstand in München durch-geführt wird. Bereits Anfang 2012 wurde ebenfalls inMünchen der sogenannte „Stress and Thermal Survey“-Versuch mit einem kompletten PW1500G absolviert.Dabei handelt es sich um den zentralen Zulassungstestfür die Niederdruckturbine, in dessen Rahmen dieTemperaturen und Schwingspannungsbelastungen derNiederdruckturbinenbauteile ermittelt werden.

Im Übrigen laufen nicht nur bei Pratt & Whitney, der MTUund den weiteren Programmpartnern die Vorbereitungenfür die Indienststellung auf Hochtouren. Wenn die Erpro-bung und Zulassung weitgehend planmäßig vonstatten-geht, dürfte Ende 2014 mit der Auslieferung der CS100begonnen werden. Zu den ersten europäischen Betreibernwird neben der schwedischen Malmö Aviation die Swissgehören. Deren Mutterkonzern Lufthansa hatte beim Pro-grammstart im Juli 2008 als erste Fluggesellschaft dieBereitschaft zum Kauf des neuen Jets erklärt. Der deut-sche Airline-Konzern ist über seine Töchter LufthansaFlight Training (LFT) und Lufthansa Technical Training (LTT)

ohnehin stark bei der CSeries engagiert, übernehmen diebeiden Unternehmen doch die Ausbildung von Pilotenund Kabinenbesatzungen beziehungsweise von Wartungs-fachkräften der in Europa beheimateten künftigen Be-treiber. Deren Zahl ist bislang noch überschaubar. Wäh-rend Airbus, Boeing und Embraer für die nicht zuletzt alsAntwort auf die CSeries entwickelten Familien A320neo,737 MAX und E-Jet E2 in kürzester Zeit viele HundertAufträge verbuchen konnten, liegen Bombardier bislanggerade einmal 373 Festbestellungen und Optionen vor.Doch der kanadische Hersteller ist zuversichtlich, dasssich das nach dem erfolgreichen Jungfernflug schon baldändern wird. Das Flugzeug und sein Antrieb jedenfallsverfügen über die besten Voraussetzungen für eine er-folgreiche Karriere.

Page 7: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Titelthema

12 13

Herr Schreyögg, die PW1000G-Triebwerks-familie verzeichnet Rekordbestellungen. Wiewirkt sich das auf die MTU-Geschäftsent-wicklung aus?

Die Getriebefan-Familie PW1000G ist für dieMTU Aero Engines ohne Zweifel ein vollerErfolg. So hohe Verkaufszahlen für ein neuesTriebwerk, welches noch nicht einmal imMarkt eingeführt ist, gab es noch nie. DieAirlines setzen heute verstärkt auf treibstoff-sparende, emissionsarme und leisere Antrie-be. Diese Tatsache hat dazu geführt, dasssich die Flugzughersteller schnell für dieneue Triebwerksgeneration mit Getriebefanentschieden haben. Ab Mitte dieses Jahr-zehnts, wenn diese Antriebe bei Airbus undRegionaljet-Herstellern, wie Bombardier undEmbraer, zum Einsatz kommen, werden sieeinen wesentlichen Beitrag zum Umsatz-wachstum der MTU leisten. Die Antriebe die-ser Flugzeugtypen machen das größte Seg-ment des weltweiten Triebwerksmarkts aus.

War dieser Erfolg zu erwarten?

Mit einer derart rasanten Marktdurchdrin-gung haben wir nicht gerechnet. Wenn vorfünf Jahren jemand gesagt hätte, die MTUhat im Jahr 2013 einen Auftragsbestand vonüber 4.700 GTF-Triebwerken, dann hätte daskeiner von uns für möglich gehalten. Damitwir unseren hohen Standards bezüglichLiefertreue und Qualität gerecht werden, rich-ten wir unsere volle Aufmerksamkeit auf denHochlauf der Fertigung. Eine wichtige Maß-nahme war beispielsweise der Bau einesneuen Kompetenzzentrums für die Blisk-Her-stellung, das wir im April dieses Jahres einge-weiht haben. Die Produktionszahlen für diedort gefertigten Hochtechnologie-Bauteileentfallen zu 90 Prozent auf den Getriebefan.Das bedeutet, dass sich das Volumen in dennächsten Jahren etwa verfünffacht. Wir steu-

ern zum Getriebefan die schnelllaufende Nie-derdruckturbine bei und die ersten vier Stu-fen des Hochdruckverdichters. Darüber hin-aus werden 30 Prozent der Triebwerke für dieA320neo bei uns in München endmontiertund direkt an Airbus geliefert – die Endmon-tage eines zivilen Antriebs in München ist fürdie MTU ein Novum.

Haben Sie bei diesem immensen Auftrags-bestand nicht Bedenken bezüglich der Liefer-fähigkeit?

Wachstumstreiber Getriebefan

Wir sind sehr zuversichtlich, unseren Ver-pflichtungen voll nachkommen zu können.Seit einigen Jahren bereiten wir uns daraufvor, die Fertigung der MTU neu zu gestalten,unser Supply Chain Management neu zu orga-nisieren und unsere Prozesse auf den Hoch-lauf der neuen Programme einzustellen. Ver-schiedene Effizienzsteigerungsprojekte wur-den aufgelegt, der Ausbau des Werkes inPolen beschlossen und weitere Maßnahmengestartet – einige sind schon umgesetzt. Mitunseren wichtigsten Lieferanten haben wir

bereits langfristige Verträge geschlossen. Allediese Projekte haben in den letzten Jahrenviel Engagement von unseren hoch motivier-ten Mitarbeitern gefordert – und tun es immernoch. Aber: In diese Zukunft zu investieren,lohnt sich.

Wie bewerten Sie die Zukunft des Getriebe-fans?

Für die MTU werden die GTF-Triebwerke einklarer Wachstumstreiber sein. Mit der Reali-sierung des Getriebefans zusammen mit

Michael Schreyögg, Vorstand Programme

Michael Schreyögg ist seit 1. Juli 2013 Vorstand Programme der MTU AeroEngines und verantwortet die Vermarktung der Getriebefan-Triebwerke. Schonheute ist die PW1000G-Familie ein Verkaufsschlager und hat dem Unternehmenvolle Auftragsbücher beschert.

Ab 2015 wird das PW1100G-JM für den Airbus A320neo bei der MTU in München endmontiert.

Hochmodern ausgestattet: das neue Blisk-Kompetenzzentrum der MTU.

unserem Partner Pratt & Whitney leistet dieMTU einen wesentlichen Beitrag zum ThemaNachhaltigkeit: Die innovative GTF-Technolo-gie sorgt im ersten Schritt für eine Reduzie-rung von Kerosinverbrauch und CO2-Ausstoßum je 15 Prozent. Zudem wird der Lärm hal-biert, was zu einer spürbaren Entlastung derFlughafen-Anrainer führen wird. Es gibt heutebereits das Drei-Liter-Flugzeug; würde manin der nächsten Generation etwa eine Kom-bination aus GTF und weiteren neuen Tech-nologien verwenden, könnte man klar in Rich-tung Zwei-Liter-Flugzeug gehen.

Doch nicht nur der Markterfolg dokumentiertdie Qualität unserer Produkte. Sie wird auchdurch Preise und Auszeichnungen bestätigt:Wir haben für unsere schnelllaufende Nieder-druckturbine, die eine Schlüsselkomponentedes Getriebefans ist, Anfang dieses Jahresgleich zwei Preise erhalten: den Innovations-preis der deutschen Wirtschaft und den Deut-schen Innovationspreis. Das zeigt uns, dasswir auf dem richtigen Weg sind.

Page 8: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Kunden + Partner

14 15

Auf Atlas’SchulternDie A400M Atlas ist gelandet: Kurz nach der Initial Opera-ting Clearance durch die europäische BeschaffungsbehördeOCCAR traf Anfang August die erste Serienmaschine auf derfranzösischen Airforce-Base Orléans-Bricy ein und ging inden Besitz der Armée de l’Air über. Jetzt können sich die ers-ten Militärpiloten von der Leistungsfähigkeit des neuen Air-bus-Militärtransporters und seiner vier TP400-D6-Antriebeüberzeugen. In der Zwischenzeit läuft bei der MTU die Trieb-werksproduktion weiter auf Hochtouren.

Patrick Hoeveler

Auf dem Gelände des Fliegerhorstes rund 120Kilometer südwestlich von Paris herrschte Wo-chen vor der Ankunft der A400M rege Aktivität,

denn der Stützpunkt bereitete sich intensiv auf dasneue Flaggschiff vor. Die Escadre du Transport ET1/61 „Touraine“ wird von der Transall C-160 auf dieA400M umgerüstet. Im Zuge der rund 171 MillionenEuro umfassenden Modernisierung der Infrastrukturentstanden unter anderem ein neuer Wartungshangarund ein neuer Kontrollturm. Um Platz für die neuenMilitärtransporter zu schaffen – Frankreich hat 50Exemplare bestellt – verdoppelte man auch die Ab-stellflächen. Im Herbst könnte zudem im neu errich-teten Simulatorgebäude der erste von zwei Flugsimu-latoren in Dienst genommen werden.

Mit dem Erhalt der zivilen Zulassung im Frühjahr2013 kam bei Airbus das Erprobungsprogramm fürdas A400M-Basisflugzeug zum vorläufigen Ab-schluss. Die weitere Entwicklung betrifft primär diemilitärischen Systeme. Zur Vorgeschichte: Im Dezem-ber konnte der Flugzeugbauer die Funktions- und

Page 9: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Montagearbeiten an einem TP400-D6 bei der MTU in München.

Kunden + Partner

16 17

Zuverlässigkeitstestreihe erfolgreich beenden. „DasFlugzeug flog bis zu 20 Stunden am Tag; insgesamt warenes 300 Stunden in nur knapp fünf Wochen“, erklärte derfrühere EPI-Präsident Simon Henley, der im Juli 2013 dieGeschäfte an seinen Nachfolger Ian Crawford übergebenhat. „Dabei verhielt sich das Triebwerk einwandfrei undunterschritt sogar den vorgegebenen Treibstoffver-brauch.“ Die Testpiloten lobten das Ansprechverhaltenund die Leistung des Antriebs.

Mitte vergangenen Jahres war es zu leichten Verzögerun-gen gekommen – verursacht durch Risse an einer Abdeck-platte im Getriebe eines TP400-D6. Daraufhin mussteAirbus die ursprüngliche Zuverlässigkeitskampagne ab-brechen. Alle Triebwerke dieses Standards kamen zurückzur Endmontagelinie bei der MTU Aero Engines inMünchen, um dort demontiert und mit dem überarbeite-ten Bauteil ausgestattet zu werden. Daran anschließenderfolgten der Zusammenbau und die Abnahmetests beider MTU Maintenance Berlin-Brandenburg in Ludwigs-felde bei Berlin. „Wir haben das Problem mit dem Getrie-be überwunden und alle Triebwerke entsprechend nach-gerüstet. Damit hat die MTU die mögliche Montagekapa-zität viel früher als ursprünglich geplant unter Beweisgestellt“, kommentierte Henley. Das Unternehmen hattedie ersten vier Serientriebwerke bereits am 17. April 2012übergeben.

Gerhard Bähr, TP400-D6-Programmleiter bei der MTU,beschreibt das weitere Vorgehen: „Jetzt beginnt der ent-scheidende Abschnitt für das TP400-D6. Das Programmgeht von der Entwicklungsphase in die Produktions- undService-Phase über.“ Dafür müssen die EPI-Partner ITP,MTU, Rolls-Royce und Snecma einen rasanten Anstiegder Fertigungszahlen gewährleisten. In diesem Jahr sol-len 40 Exemplare des Turboprops montiert werden; 2014steht eine Verdoppelung auf dem Programm.

TP400-D6 am Flügel einer A400M.

Das Testing aller Serientriebwerke des TP400-D6 erfolgt ausschließlichbei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg.

Page 10: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Kunden + Partner

18 19

Die für die Zulassung des Flugzeugs nötige Software derTriebwerksregelung hatte die MTU im Dezember 2012geliefert. „Bei der ersten flugfähigen Triebwerksregelungfür den Erstflug im Jahr 2009, die eine sichere Flugerpro-bung garantierte, fehlten noch einige Funktionalitäten. Nunerlauben zusätzliche Wartungsfunktionen den Piloten undTechnikern im Betrieb, Fehler einfacher zu diagnostizierenund zuzuordnen“, erläutert Dr. Frank Grauer, Leiter Regel-systemdefinition und -validierung des TP400-D6 bei derMTU.

Mit der Indienststellung der A400M sind die Arbeiten ander Software noch lange nicht beendet. Bähr: „Viele Pro-bleme während der Service-Phase lassen sich mit Hilfeder Regelung lösen. Wir rechnen in den nächsten Jahrenmit weiteren Software-Versionen.“ Darum kümmern sichseit Jahresbeginn die Mitarbeiter der neugegründetenFirma AES (Aerospace Embedded Solutions). AES ist einGemeinschaftsunternehmen der MTU mit Safran, daszum Ziel hat, die Reglerkompetenz bei beiden Firmenlangfristig abzusichern.

Positive Ergebnisse erzielt auch die von der MTU entwi-ckelte Hardware im A400M-Triebwerk. „Mit dem Mittel-druckverdichter haben wir eine sehr anspruchsvolle Kom-ponente übernommen, die in der Entwicklung ein hohesRisiko aufwies. Unser Team hat die Vorgaben hervorra-gend umgesetzt; der Verdichter erfüllt alle Punkte derSpezifikation“, resümiert Dr. Wolfgang Gärtner, LeiterEntwicklung Militärische Programme bei der MTU. „AlleModule des TP400-D6 verhalten sich einwandfrei. Dasgilt auch für den Mitteldruckverdichter und die Mittel-druckturbine der MTU“, bestätigt Dr. Michael Göing, derTechnische Direktor von EPI.

Obwohl die ersten Triebwerke gerade einmal die End-montagelinie verlassen haben, laufen schon die Vorbe-reitungen für die Instandsetzung. Schließlich kehren alleAggregate zum jeweiligen nationalen Triebwerksherstellerzurück. Dort erfolgt die Zerlegung in die jeweiligen Module,

Zivile Standards

welche dann die entsprechenden Partnerfirmen bearbei-ten. Die MTU wird die Instandsetzung der deutschenTriebwerke durchführen. In den ersten Jahren findet sienach klassisch militärischem Muster statt: „Bei einemSchaden kommt das Triebwerk zurück zum Hersteller,wird dort befundet, repariert und entsprechend derArbeitszeit und Materialien abgerechnet“, erläutert Bähr.In einer späteren Phase ist es laut dem Programmleiterdenkbar, auf ein anderes, eher ziviles Konzept umzu-schwenken. „Hier zahlt der Kunde pro Flugstunde einengewissen Betrag an die Industrie, die im Gegenzug dieVerfügbarkeit des Triebwerks garantiert. Dies ist jedocherst möglich, wenn längerfristige Daten über Betriebs-verhalten oder Ausfallraten vorliegen und wird nicht vor2020 der Fall sein.“

Einsatzerfahrungen der A400M könnten auch den Export-bemühungen weiteren Schub verleihen. „Das TP400-D6ist eines der wichtigsten Militärprogramme, das wir der-Viel Erfahrung durch die Entwicklung der Regelungs- und Steuerungssysteme des TP400-D6-Antriebs des A400M-Transporters – die AES Spezialisten.

Auf der A400M Atlas von Airbus ruht dieZukunft des europäischen Militärtrans-ports. Mit einer Leistung von 8.200 Kilo-watt ist der Antrieb von EPI EuropropInternational (EPI) der stärkste Turbopropder westlichen Welt. Das TP400-D6 istdas erste militärische Triebwerk, bei demder sogenannte „commercial approach“zur Anwendung kam: Wie in der zivilenWelt finanziert die Industrie die Entwick-lung und muss die Erträge über die Ein-satzphase amortisieren.

„Dieses Vorgehen soll Klarheit für dieNationen und die Industrie bringen undden Ablauf einfacher gestalten. EPI stehtin keinem direkten Vertragsverhältnis mitden Nationen“, erläutert Gerhard Bähr,TP400-D6-Programmleiter bei der MTU.Die Kunden unterschreiben jeweils einenVertrag über das Flugzeug, der den An-trieb mit einschließt.

„Außerdem ist das TP400-D6 das erstemilitärische Triebwerk, das von Anfang anfür eine zivile Zulassung vorgesehen war“,

zeit haben. Dem Export kommt große Bedeutung zu“,meint Bähr. Und er ergänzt: „Der Bedarf ist weltweit da;Airbus schätzt ein Potenzial von 300 Flugzeugen. GroßesInteresse herrscht im Nahen Osten, Südostasien,Australien und Südafrika. Den attraktivsten Exportmarktstellen sicher die USA dar, dort besteht ein grundsätzli-cher Bedarf für einen Transporter mit den Eigenschaftender A400M.“ Über mangelnde Arbeit können sich diePartner jedenfalls nicht beklagen: „Auf jeden Fall habenwir mehr als 750 Triebwerke vor uns, die uns die nächs-ten Jahre beschäftigen werden“, sagte EPI-PräsidentHenley.

führt Dr. Wolfgang Gärtner, Leiter Ent-wicklung Militärische Programme bei derMTU, aus. „Da es kein einheitliches Zulas-sungsverfahren bei den sieben Nationengab, entschieden sich die Partner und dieBeschaffungsbehörde OCCAR für deneinzigen gemeinsamen Standard, und daswar die zivile Behörde EASA“, erläuterteEPI-Präsident Simon Henley. So ist dasTP400-D6 gleichzeitig auch der erstegroße Turboprop-Antrieb, dem die EASAdie Zulassung erteilte.

Die A400M wird vom leistungsfähigsten Turpoprop der westlichen Weltin die Luft gebracht: Vier TP400-D6 sorgen für Power.

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Gerhard Bähr+49 89 1489-8542

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:www.mtu.de/report

Page 11: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

und viereinhalb Millionen Menschenleben im „Land der großen weißenWolke“ oder Aotearoa, wie die Mãori-

Ureinwohner Neuseeland nennen, dazu kom-men über 60 Millionen Schafe. Und jedes Jahrüber zweieinhalb Millionen Touristen, dennFremdenverkehr ist die größte Export-Indus-trie des Pazifik-Staats. Fast alle von ihnenreisen per Flugzeug an, viele mit der einheimi-schen Air New Zealand. Die Geschichte derGesellschaft begann1940 in der Flugboot-Äraals Tasman Empire Airways (TEAL); erst 1965bekam sie ihren heutigen Namen und fliegtseit 1973 mit dem Symbol des Koru am Heck,eines sich entfaltenden Silberfarns, was fürneues Leben und Wachstum steht. Bereits1999 wurde Air New Zealand Mitglied derStar Alliance und bietet vor allem im Süd-pazifik und nach Asien ein dichtes Strecken-netz sowie bis zu 20-mal wöchentlich Flügevon Los Angeles und San Francisco nach

Kunden + Partner

Innovativ am Ende der Welt

Neuseeland ist klein und liegt weit weg von den großen Zentren der Erde. Entsprechend lang sind dieFlüge ans „schönste Ende der Welt“, und umso wichtiger die Rolle von Air New Zealand als Anbindungder Heimat. Kaum eine andere Fluggesellschaft hat so viele kreative Ideen in die Luftfahrtbranche ein-gebracht – von selbst entwickelten Sitzen bis hin zu lustigen Sicherheitsvideos, die auch im Internet zumHit wurden. Bereits seit 2007 sind die Neuseeländer ein zufriedener MTU-Kunde.

Andreas Spaeth

R

20 21

Auckland. Europa ist durch die tägliche Be-dienung von London-Heathrow via LosAngeles angebunden. Aus Kostengründenwurde kürzlich die Verbindung Auckland-Hongkong-London aufgegeben, die die Gesell-schaft zur einzigen mit einer Verbindung rundum die Welt gemacht hatte.

Air New Zealand ist keine große Airline – welt-weit beförderte sie 2012 mit einer Jet-Flotteaus zuletzt 104 Flugzeugen gut 13 MillionenPassagiere, aber sie versteht es meisterhaft,auf sich aufmerksam zu machen. So mit Inno-vationen, etwa in Eigenregie entwickeltenSitzen wie der „Skycouch“, bei der sich dreiEconomy-Sitze in eine ebene Liegefläche ver-wandeln lassen, oder den „Spaceseats“ in derPremium Economy Class. Diese Produkte ver-kaufen die Neuseeländer inzwischen gewinn-bringend auch an andere Gesellschaften.

Page 12: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Kunden + Partner

Aufsehen erregte die Promotion des jüngsten Hobbit-Filmsdurch Air New Zealand als „Fluggesellschaft von Mittelerde“inklusive einer mit Filmmotiven beklebten Boeing 777-300ER.Oder die manchmal urkomischen Sicherheitsvideos, die imInternet millionenfach angeklickt wurden. Für eine Werbe-kampagne trat sogar der frühere Vorstandschef Rob Fyfe nurmit Bodypainting „bekleidet“ als Gepäckarbeiter auf, eben-falls ein Riesenhit im Netz. „Wir können uns große Anzeigen-kampagnen nicht leisten, wir müssen unsere Airline auf ande-re Weise als größere Persönlichkeit erscheinen lassen, als siees bei unserer Größe tatsächlich ist,“ erläuterte Fyfe diePhilosophie dahinter. Sein Nachfolger Christopher Luxon kon-statiert: „Wir sind eine erfolgreiche Airline, wir können sehrstolz auf das sein, was wir in den letzten zehn Jahren erreichthaben, aber wir werden deshalb nicht nachlässig werden.“Musste die Gesellschaft noch 2002 von der Regierung vorder Pleite gerettet werden, fliegt sie inzwischen üppige Ge-winne ein, erstmals seit 2008 sogar auf den Langstrecken.

Dort vertraut Air New Zealand bereits seit 2007 auf die Kom-petenz der MTU Maintenance. Damals wurde der Vertrag fürdie Überholung, Reparatur und Instandsetzung der CF6-80C2-Triebwerke geschlossen, die bei Air New Zealand die Boeing-Typen 767-300 (noch fünf in der Flotte) und 747-400 (nochzwei) antreiben. Jüngst wurde der Vertrag nochmals bis zumZeitpunkt des Ausscheidens dieser Flugzeugtypen verlängert,was voraussichtlich 2016 passieren wird. Bisher hat die MTUMaintenance in Hannover 47 Instandhaltungsereignisse mitCF6-80C2-Triebwerken aus Neuseeland bearbeitet, darunter

Im August 2013 wurde das erste GE90-115B zu einerFull Performance Restoration zur MTU Maintenancein Hannover gebracht. Kunde ist der Air New Zealand-Partner Virgin Australia. „Dabei werden die Module,vor allem die Hot Section, komplett zerlegt“, erklärtThomas Michaelis, Leiter Engine Testing in Hannover.Für die aufwändige Prozedur sind 4.000 bis 5.000Mannstunden nötig. „Das schaffen wir in 85 Tagen“,so Michaelis. Marktüblich sind 120 bis 140 Tage. Bis2014 will die MTU Maintenance die Durchlaufzeit aufnur 80 Tage verringern.

22 23

40 Shop Visits mit größeren Überholungen. „Air New Zealandist eine innovative und erfolgreiche Airline und ein wichtigerPartner für uns“, betont Holger Sindemann, Geschäftsführerder MTU Maintenance Hannover, dem MTU-Kompetenzzen-trum für die Instandhaltung mittlerer und großer Triebwerke.„Deshalb freuen wir uns umso mehr, dass wir immer ausge-zeichnet zusammengearbeitet haben.“

Air New Zealand befindet sich derzeit in einem Erneuerungs-prozess. „Wir müssen die Flotte vereinfachen und werdenkünftig als Großraumflugzeuge nur noch die Boeing 777 und787 und den Airbus A320 auf kürzeren Strecken betreiben,“erklärt Luxon. Nach vielfältigen Verzögerungen soll die Gesell-schaft als Erstkunde zwischen Juli 2014 und 2017 die zehnbestellten Boeing 787-9 erhalten und wird sie auf Flügen nachShanghai, Tokio, Perth, Honolulu und Papeete einsetzen.

Zu acht Boeing 777-200ER und derzeit fünf 777-300ER sto-ßen 2014 noch zwei weitere 777-300ER hinzu. Auch um derenGE90-115B-Triebwerke wird sich die MTU Maintenance küm-mern – ein entsprechender Vertrag wurde 2011 mit einerLaufzeit bis 2023 geschlossen. „Dabei geht es um 16 Trieb-werke“, erklärt Oliver Skop, Manager Customer Account beider MTU Maintenance Hannover. Seit 2010 besitzt die MTUdie Lizenz für Arbeiten an den schubstärkeren GE90-Versio-

nen. „Im Durchschnitt soll so ein neues Triebwerk 25.000Stunden am Flügel bleiben, zwischen fünf bis sechs JahrenBetriebszeit“, erläutert Skop, „nicht vor 2015 erwarten wirdaher das erste Exemplar aus Auckland in Hannover.“

Per Luftfracht reist das GE90 dann via Singapur nach Amster-dam oder Brüssel und von dort per LKW weiter nach Hannover– Kosten pro Weg: 90.000 Dollar. „Wir sind zwar buchstäblicheine halbe Weltreise voneinander entfernt, aber der Service,den wir bei der MTU bekommen, ist wirklich Weltklasse“, lobtMick Burdon, Fleet Powerplant Manager bei Air New Zealand,„ihr Streben nach Qualität und Verlässlichkeit wiegt dieDistanz auf.“ Auch bei der MTU schätzt man den Kunden: „AirNew Zealand hat ein starkes Engineering, zwischen unsherrscht großes Vertrauen und die Zusammenarbeit machtSpaß“, bestätigt Wim van Beers, Vice President Marketing &Sales Asia. Und mit einer solch engen Partnerschaft, da sindsich beide Seiten einig, lassen sich selbst größte Distanzeneinfach überbrücken.

Die A320 wird zunehmend auf Kurzstrecken eingesetzt.

Letzte Vorbereitungen eines GE90-Triebwerks auf dem Prüfstand der MTU Maintenance Hannover.

Ein GE90-Triebwerk im Shop bei der MTU Maintenance Hannover.

GE90 bei der MTU Maintenance

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Wim van Beers+49 5114 7806-2390

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:www.mtu.de/report

Page 13: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Kunden + Partner

VomPostflieger zum Global

Player Die ersten Einsätze der US-Fluggesellschaft waren überschau-bar: Mit Luftpost-Lieferungen ins westliche Pennsylvania unddas Ohio Valley ging US Airways unter dem Namen All-American Airways 1939 an den Start. Der erste Passagierflugerfolgte zehn Jahre später mit einer Douglas DC-3. Die Airlineging in den Steilflug, wuchs schnell und wechselte nach Über-nahmen und Fusionen mehrfach ihren Namen – in AlleghenyAirways, US Air und schließlich US Airways. Seit 20 Jahren ver-traut US Airways auf die Kompetenz der MTU Maintenance.

Nicole Geffert

rofessionell, vertrauensvoll und zuverlässig –Christoph Heck, Leiter Marketing & SalesAmericas bei der MTU Maintenance Hannover,

muss nicht lange überlegen, wenn er nach den Quali-täten der Zusammenarbeit mit US Airways gefragtwird. 1993 wurde die Fluggesellschaft Kunde bei derMTU Maintenance, damals mit einem Vertrag für dieInstandsetzung des V2500, der bis heute läuft. 2011kam das CF6-80 von General Electric dazu. „Bis heutehaben wir mehr als 300 Triebwerke von US Airwaysin unserem Shop instandgesetzt“, so Heck.

In diesem Sommer stand für die MTU Maintenance inHannover auch die Überholung des 1.500. CF6-80-Triebwerks an, welches ein Triebwerk von US Airwaysist. Da sich gleichzeitig die 20-jährige Partnerschaft

P

24 25

Page 14: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Größte Airbus-Flotte der WeltSeit der Fusion mit America West Airlines im September 2005 ist US Airways diefünftgrößte Fluglinie der Vereinigten Staaten. Gemeinsam mit US Airways Shuttleund US Airways Express, zwei hundertprozentigen Tochtergesellschaften, unter-nimmt die Airline – Stand Sommer 2013 – mehr als 3.200 Flüge pro Tag zu 203Zielen in den USA, Kanada, Mexiko, Europa, den Nahen Osten, der Karibik sowieMittel- und Südamerika. Sie beschäftigt rund 33.000 Mitarbeiter und verfügtüber die größte Airbus-Flotte weltweit.

Mit den Partnern von US Airways Express befördert US Airways jährlich etwa 80Millionen Passagiere und betreibt Drehkreuze in Charlotte, North Carolina,Philadelphia, Phoenix und Washington D.C. Die Flotte für die Hauptstreckenumfasst Airbus-Flugzeuge der Typen A319, A320, A321 und A330 sowie Boeing737, 757 und 767. Die Express-Flotte setzt 285 regionale Jets und Turboprop-Flugzeuge ein.

Die Zeichen stehen weiter auf Wachstum: Der nächste Meilenstein ist die Fusionmit American Airlines.

US Airways verfügt über die größte Airbus-Flotte der Welt.

von US Airways und MTU Maintenance jähr-te, kam eine hochrangige Delegation von USAirways gerne der Einladung der MTU nach,dieses Ereignis am Standort Hannover ge-meinsam zu feiern. „Wir freuen uns sehr, dasswir diesen besonderen Moment mit einemunserer längsten und engsten Kunden teilendürfen“, erklärte Dr. Stefan Weingartner, Vor-stand Zivile Instandhaltung der MTU AeroEngines. „Die Instandsetzung des CF6-80 isteiner unserer bedeutendsten Services. Seitnunmehr fast 25 Jahren setzen wir diesesTriebwerk in Hannover instand, dem erstenStandort des MTU Maintenance-Netzwerksund Kompetenzzentrum für mittlere undgroße Flugtriebwerke. Wir sind zuversicht-lich, unseren Erfolg mit diesem Triebwerk inden nächsten Jahren fortzusetzen.“

„Die Zusammenarbeit mit der MTU Mainte-nance ist hervorragend und sehr vertrauens-voll“, betonte auch David Seymour, SeniorVice President Technical Operations bei USAirways. „Ich freue mich sehr darauf, unserePartnerschaft mit der neuen American Air-lines, die nach der Fusion zwischen US Air-

Ein CF6-80-Triebwerk auf der Flowline der MTU Maintenance Hannover.

Die CF34-10E6-Antriebe der Embraer E190-Flotte von US Airways werden bei der MTU MaintenanceBerlin-Brandenburg instandgesetzt.

Kunden + Partner

26 27

ways und American Airlines in den nächstenWochen entstehen wird, weiter auszubauen.“Durch feste Bestellungen von mehr als 600neuen Flugzeugen erhielte die neue AmericanAirlines eine der modernsten und effizientes-ten Flotten der Luftfahrtbranche, was gleich-zeitig eine Basis für weitere Investitionen inTechnologien, Produkte und Services sei, ver-kündet die Gesellschaft. Die neue AmericanAirlines plant, mehr als 6.700 Flüge pro Tagzu 336 Zielen in 56 Ländern zu absolvierenund die aktuellen Drehkreuze von AmericanAirlines und US Airways zu erhalten, um denKunden noch mehr Reisemöglichkeiten zubieten.

„Der Besuch von US Airways zeigt deutlich,dass hier beide Seiten an einer Fortsetzungder Zusammenarbeit interessiert sind“, sagtHeck. Weiteren Schub erhält die gewachsenePartnerschaft durch den Fünf-Jahres-Vertragüber die Instandsetzung der CF34-10E6-Trieb-werke, den US Airways und die MTU Mainte-nance unterzeichneten. Dieses neue Kapitel inder gemeinsamen Erfolgsstory wurde eben-falls in diesem Sommer aufgeschlagen. Biszu 44 Antriebe für die Embraer E190-Flotteder Airline werden bei der MTU MaintenanceBerlin-Brandenburg instandgesetzt. 2002hatte sie als erster unabhängiger Instandhal-ter weltweit die Lizenz für Reparatur undÜberholung der CF34-Serie von GeneralElectric bekommen. Der Standort in Ludwigs-felde ist ein GE-CF34™ Service Provider undinnerhalb dieses Netzwerks der erste Mainte-nance-Standort weltweit, der alle drei Versio-nen des Triebwerks bearbeitet und betreut:das CF34-3, CF34-8 und CF34-10. „US Air-ways ist ein langjähriger und treuer Kunde derMTU Maintenance“, bestätigt GeschäftsführerAndré Sinanian. „Mit dem neuen CF34-10Vertrag haben wir die Grundlage einer erfolg-reichen Fortsetzung geschaffen.“

Die Hochtechnologie-Reparaturverfahren„made by MTU“ garantieren eine erstklassigePerformance der reparierten Teile sowie hö-here Triebwerkslaufzeiten zu effizienten Kos-ten. „Unsere Hightech-Reparaturverfahrenkommen auch in der Instandsetzung derV2500- und CF6-80-Triebwerke zum Einsatz“,versichert Norbert Möck, Director EnginePrograms bei der MTU Maintenance Han-nover. „Für US Airways haben wir spezifischeund flexible Lösungen entwickelt, um einekostenoptimierte Instandhaltung sicherzu-stellen – zum Beispiel für die V2500-A1-An-triebe der A320-Flotte, die seit vielen Jahrenzuverlässig ihren Dienst verrichten, nun aber

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Christoph Heck+49 511 7806-2621

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:www.mtu.de/report

in die Jahre gekommen sind und über dienächsten Jahre nach und nach in den Ruhe-stand gehen“, fügt Jay Aiken, DirectorMarketing & Sales Americas, hinzu. Die Air-lines nennen das Outphasing und wollen na-türlich zuvor das Restleben des Triebwerksso weit wie möglich nutzen. Möck: „Da hel-fen die im Vergleich zu einem Neuteil sehrkostengünstigen Reparaturen, aber auch dieExpertise der MTU bei der Beschaffung von

Gebrauchtteilen, die Instandhaltungskostenzielgerichtet auf den geplanten Outphasing-Termin hin zu optimieren.“

Page 15: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

28 29

TransatlantischesTandem

Partner fürs Leben: Die MTU Aero Engines geht seit vielen Jahren bei Business- undRegionaljetantrieben gemeinsame Wege mit Pratt & Whitney Canada. Die gewachsene Beziehungsorgt für eine erfolgreiche PW300-/PW500-Antriebsfamilie. Die Triebwerke werden nicht zuletztdank der MTU-Kompetenz ständig weiterentwickelt und verbessert. Jüngster Neuzugang ist dasPW306D mit einer von der MTU entwickelten Niederdruckturbine.

Silke Hansen

Martin Wiedra, MTU-Programmleiter P&WC-Pro-gramme, erklärt: „Unser Anteil am PW306D be-trägt 25 Prozent. Kein Programm im zivilen Neu-

geschäft der MTU hat eine höhere Beteiligung.“ Pratt &Whitney Canada (P&WC) setzt auch beim PW306D aufdie Kernkompetenz von Deutschlands führendem Trieb-werkshersteller: die Niederdruckturbine. Darüber hinauskommen Turbinenaustrittsgehäuse und Mischer von derMTU. Den Stempel von der kanadischen Zulassungsbe-hörde Transport Canada Civil Aviation gab es im Juni die-ses Jahres. Das PW306D ist eine Weiterentwicklung desPW306C und wird den neuen Businessjet von Cessna, dieNew Citation Sovereign, exklusiv antreiben. Das modifi-zierte Flugzeug hat im April seinen Erstflug absolviert,

soll 2013 in Dienst gehen und die erfolgreiche Citation-Businessjet-Familie erweitern. Allein das Vorgängermo-dell, die Citation Sovereign mit PW306C und MTU-Nieder-druckturbine, hat sich seit 2004 bereits 349 Mal verkauft.

Das PW306D zeichnet sich durch eine verbesserte Aero-dynamik, neue Werkstoffe und eine modifizierte Trieb-werksregelung aus. Das macht den Antrieb schubstärkerund zugleich treibstoffsparender; die Reichweite der NewCitation Sovereign steigt auf 5.500 Kilometer – überzeu-gende Argumente für die neue D-Version des PW306.Cessna hat das Triebwerk auch für seinen neuen mittel-großen Businessjet Citation Latitude ausgewählt, der ab2015 startklar sein soll.

Kunden + Partner

Page 16: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Mehr Reichweite - die New Citation Sovereign von Cessna wird von zwei PW306D von Pratt & Whitney Canada angetrieben.

30 31

Der neue Learjet 85 von Bombardier, der für 2014 angekün-digt ist, erhält ebenfalls MTU-Power: An seinem PW307B istdie MTU mit 15 Prozent beteiligt und auch hier für den hinte-ren Teil des Triebwerks verantwortlich: die Niederdrucktur-bine mit Turbinenaustrittsgehäuse und Mischer. Der deut-sche Triebwerksbauer trägt mit einem gewichtsreduziertenNiederdruckturbinenrotor zur höheren Leistungseffizienz desAntriebs bei. „Unsere Strukturmechanik-Experten haben mitneuen Engineering-Analysetools die Auslegung optimiert unddie Gewichtsreduzierung ohne zusätzliche Tests erreicht“,berichtet Klaus Pirker, Engineering-Repräsentant der MTU beiPratt & Whitney Canada in Kanada.

„Nach der Falcon 7X von Dassault ist der Learjet die zweiteAnwendung für das PW307“, freut sich Wiedra. Der bishergrößte Learjet wird als erster seiner Familie aus Kohlefaser-verbundstrukturen bestehen. Noch in diesem Jahr soll derComposite-Flieger erstmals abheben. „Es sind derzeit einigeneue Businessjet-Modelle bei den Herstellern in Vorberei-tung, die in den nächsten Jahren sukzessive auf den Marktkommen werden“, beobachtet Wiedra. Dieser Markt habesich nach der Krise 2009 inzwischen wieder stabilisiert, er-reiche aber bei weitem noch nicht die früheren Liefermengen,so die Einschätzung des MTU-Managers.

Die MTU-Beteiligung am PW300-Programm erstreckt sichüber die Versionen PW305, PW306 und PW307 und damit

Der Learjet 85 von Bombardier – angetrieben von PW307B-Triebwerken von Pratt &Whitney Canada – ist der größte und schnellste Learjet und zugleich der erste, deraus Verbundwerkstoffen gebaut wird.

Zur PW300-Familie trägt die MTU die Niederdruckturbine bei, sowie das Austrittsgehäuse mit Mischer.

über neun Flugzeuganwendungen. Die erfolgreiche Zusam-menarbeit von P&WC und MTU startete vor knapp 30 Jahren:1985 unterzeichneten beide Unternehmen das erste Collabo-ration Agreement für das PW305. „In dieser langen Zeithaben wir eine sehr enge Beziehung aufgebaut, die aufVertrauen und Wertschätzung unserer technischen Expertiseberuht. Das hat uns eine starke Position als Senior Partner inden Programmen verschafft“, sagt Pirker. Neben den PW300-Bauanteilen ist die MTU auch beim PW530 und PW545 fürCessna Citation Jets an Bord, ebenfalls mit je 25 Prozent undgleichen Bauanteilen. Mehr als 5.800 PW300- und PW500-Turbinenmodule hat die MTU bis dato geliefert. „PW300 undPW500 genießen einen sehr guten Ruf in Sachen Zuverlässig-keit. Unsere Niederdruckturbine, die den Fan antreibt, trägtdazu entscheidend bei“, so Pirker. P&WC weiß es zu schätzen,sich voll und ganz auf die MTU verlassen zu können und hatihr in diesem Jahr zum sechsten Mal in Folge den Supplier GoldAward verliehen für ausgezeichnete Produktqualität, Liefer-treue und eine hohe Kundenzufriedenheit. Die Engineering-Kompetenz der MTU, vor allem bei ihrem Kernprodukt Nie-derdruckturbine, ist weltweit bekannt.

Im Gegenzug hat die MTU über die strategische Partner-schaft Zugang zum Markt der Geschäftsreiseflugzeuge be-kommen. Pirker: „P&WC hat bereits in den frühen 1990er-Jahren eine starke Teamwork-Kultur und eine integrierte Pro-duktentwicklung eingeführt. Die offenen Diskussionen über

technische Fragestellungen und Herausforderungen in unse-ren gemeinsamen Besprechungen kommen letztendlich derQualität und technischen Reife unserer Produkte zugute.“Pirker ist seit drei Jahren als Ansprechpartner für MTU-Nieder-druckturbinen vor Ort am P&WC-Stammsitz in Longueuil,Quebec, tätig. „Die meiste Zeit verbringe ich damit, die zweiEngineering-Teams von P&WC und der MTU über eine Entfer-nung von 5.600 Kilometern und sechs Stunden Zeitunter-schied zusammenzubringen.“

Das funktioniert ausgesprochen gut, wie die kontinuierlichenWeiterentwicklungen des „alten“ PW300 beweisen. „Als Tech-nologieführer ruhen wir nie. In unseren KernkompetenzenNiederdruckturbine, Hochdruckverdichter, Herstell- undReparaturverfahren streben wir ständig nach Verbesserun-gen, etwa durch neue Designfeatures für höhere Wirkungs-grade oder neue Materialien für unsere Hightech-Bauteile“,sagt Wiedra. Die Partner ziehen dabei an einem Strang.

Kunden + Partner

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Martin Wiedra+49 89 1489-3354

Page 17: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

32 33

Inspektion eines PW300-Triebwerks am Flügel.

Montagearbeiten an einem PW305-Triebwerk bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg in Ludwigsfelde.

“Wir vergessen nie, dass unser Triebwerk unserenNamen trägt”, versichert Pratt & Whitney Canada alsOriginal Equipment Manufacturer (OEM) seinen Kundenfür den Aftermarket-Service. Die MTU Maintenance ist indiesem weltweiten Netzwerk ein verlässlicher Partner.„Wir agieren als Vertreter des OEM Pratt & WhitneyCanada. Das ist ein Vertrauensbeweis in unsere Kom-petenz und in die Qualität unserer Leistungen“, erklärtCarsten Behrens. Er ist General Manager des P&WCCustomer Service Centre Europe (CSC), einem 50/50Joint Venture der MTU mit Pratt & Whitney Canada. DasCSC mit Sitz bei der MTU Maintenance Berlin-Branden-burg in Ludwigsfelde bei Berlin wurde 1992 gegründetund ist für Marketing, Vertrieb und Kundenbetreuung inEuropa, Afrika und dem Nahen Osten zuständig. „Wir be-

Schweizer Uhrwerke in der Maintenance

treuen über 1.200 Kunden in diesen Regionen, die dieNähe und gleiche Zeitzone zu schätzen wissen“, soBehrens.

Für die Shop Visits der PW300- und PW500-Reihe ist dieMTU Maintenance Berlin-Brandenburg zuständig, dieinnerhalb der MTU-Gruppe auf die Triebwerke des kana-dischen Unternehmens spezialisiert ist. Im Portfolio fin-det sich das PT6A, PW200, PW300 und PW500. Außer-dem unterhält die MTU ein Mobile Repair Team für dieInstandsetzung vor Ort. „Es ist sehr leistungsstark undkann Reparaturen, wie Blenden an Schaufeln, Boroskop-Inspektionen, Arbeiten am Getriebe bis hin zu Hot-Section-Inspektionen, direkt am Flügel übernehmen“, er-klärt Jan Bierkamp, Leiter P&WC-Programme bei der

MTU Maintenance. Bei der Hot-Section-Inspektion wer-den die stark belasteten Heißteile in der Hochdrucktur-bine und der Brennkammer getauscht. Das MobileRepair Team rückt zu rund 50 Einsätzen im Jahr aus undist rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche einsatz-bereit. „Wir stellen uns ganz auf die Bedürfnisse desKunden ein. Wenn der Flieger schnell wieder gebrauchtwird, tauschen wir zum Beispiel nur Teile-Kits vor Ortund reparieren sie dann bei uns im Shop.“

40 bis 50 Shop Visits für PW300- und PW500-Baumustererledigt die MTU Maintenance Berlin-Brandenburg imJahr. „Wir erfüllen jede Spezifikation des OEM und habenüber das Joint Venture einen direkten Zugang zu techni-schen Informationen oder Updates und können bei Be-

darf technische Fragen schnell klären“, erklärt Bierkamp.Für ihn sind die kanadischen KIeintriebwerke wahreGrößen: „Sie haben eine hohe Leistungsdichte und er-fordern – wie Schweizer Uhrwerke – höchste Präzision.Jede kleine Änderung, wie zum Beispiel im Spaltmaß, hatgroße Auswirkungen.“ Die filigranen Hochleistungstrieb-werke sind bei der MTU in besten Händen. Auch dasPW306D, wenn es in einigen Jahren zum ersten Mal vonden Maintenance-Spezialisten der MTU vor Ort wiederstartklar gemacht wird oder zum ersten Shop Visit inLudwigsfelde landet.

Kunden + Partner

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Jan Bierkamp+49 3378 824-796

Page 18: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Bessergeht

immerDer Getriebefan wird in den kommenden Jahren durch seineEffizienz und die stark verminderten Lärmemissionen einenwichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es geht abernoch besser: Im EU-Technologieprogramm Clean Sky, dassich auf die Zielgerade zubewegt, wird die erfolgreicheTechnologie noch einmal deutlich optimiert. Ein Mammut-projekt, an dem auch die MTU Aero Engines, Deutschlandsführender Triebwerkshersteller, beteiligt ist: Sie verantwor-tet den Aufbau eines Demonstrator-Triebwerks.

Denis Dilba

ie Ziele für das Jahr 2020 sind klar definiert: AufBasis der Werte des Jahres 2000 sollen Flug-zeuge ihre CO2- und Lärm-Emissionen halbieren

und den Ausstoß von Stickoxiden um 80 Prozent senken.So fordert es die Technologieplattform Advisory Councilfor Aeronautics Research in Europe, kurz ACARE. Dr.Joachim Wulf, Chief Engineer Technology Demonstratorsbei der MTU in München, weiß, wie ehrgeizig dieseForderungen sind. Denn während seine Kollegen geradeden großen Erfolg der aktuellen Generation des Getriebe-fans feiern – das neue Triebwerk verbraucht stattliche15 Prozent weniger Kerosin und ist nur mehr halb so lautwie herkömmliche Antriebe – arbeitet er schon an Tech-nologien für die nächste Generation des „Geared Turbo-fan“ (GTF).

D

Technik + Wissenschaft

34 35

Page 19: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Technik + Wissenschaft

„Wir freuen uns natürlich, dass der GTF so gefragt ist und in den kom-menden Jahren weltweit an Hunderten von neuen Mittelstreckenjetsseinen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann“, sagt Wulf, „aber umin die Reichweite der ACARE-Ziele zu kommen, müssen wir mit Hoch-druck weitermachen.“ Und das geschieht im Rahmen von Clean Sky,dem mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro größten Tech-nologieprogramm der EU. Neben anderen effizienteren Luftfahrt-technologien, die alle darauf abzielen, den Luftverkehr umweltfreund-licher zu machen, werden in Clean Sky sechs Demonstrator-Trieb-werke aufgebaut, sogenannte „Sustainable and Green Engines“(SAGE) – SAGE 4 verantwortet die MTU. Bereits im 1. Quartal 2015 solldas Demonstrator-Triebwerk fertig montiert und bereit für die ent-scheidenden Tests sein.

“Viel Zeit ist das nicht mehr, aber wir sind sehr zuversichtlich”, sagtWulf. Um den ambitionierten Plan einhalten zu können, legten sich dieTeammitglieder mit dem Ende der Konzeptphase im Oktober 2012 aufdie konkret zu realisierenden Technologien fest. Seitdem läuft dieDetailauslegungsphase des gesamten Demonstrator-Triebwerkes. Hierseien sie zeitlich klar auf Kurs, berichtet der Clean Sky-Chefingenieur:Am 12. Juli bestand das SAGE 4-Team das ”Design Review 4“. „Undzwar ohne Auflagen“, sagt Wulf, „damit haben wir die erste Halbzeitvon SAGE 4 hinter uns.“ Kein Grund, sich auszuruhen, wie der MTU-Ingenieur nicht müde wird zu betonen. Schon Ende dieses Jahres solldie Auslegung des Demonstrator-Triebwerks abgeschlossen sein. Dasheißt: Alle Bauteile erhalten die Freigabe zur Fertigung. Wulf: „Unddas wird noch relativ sportlich.“

Die ersten Bauteilprototypen sind schon in München angekommen.Sie werden, wie viele der bis zum ersten Quartal 2014 noch folgen-den modifizierten Triebwerksteile, nun in Bauteiltests auf „Herz undNieren geprüft“, so Modulteamleiter Dr. Stefan Busam. Die Frage istimmer dieselbe: Halten die neuen Bauteile das, was sie in der Theorieversprechen? Die modifizierten Triebwerksteile müssen dazu mit ver-schiedenen Sensoren versehen werden. So messen die Ingenieure insimulierten Belastungssituationen beispielsweise die Temperatur- undDruckverteilung oder das Verhalten bei Schwingungsanregung mitunterschiedlichen Frequenzen. „Mitte nächsten Jahres werden alle Bau-teile getestet sein“, sagt Clean Sky-Mann Busam.

Bestehen die Bauteile die Tests, können sie montiert werden. InMünchen wird die schnelllaufende Niederdruckturbine zusammen mitdem vom britisch-schwedischen Partner GKN Aerospace entwickelten

Turbinenaustrittsgehäuse montiert und instrumentiert. Anschließendkann die Komplettierung des Testtriebwerks und die Installation amPrüfstand beginnen. „Testbeginn ist im April 2015“, sagt Busam.

Schon jetzt ist klar, dass das SAGE 4-Triebwerk leichter wird als seineVorgänger. So ersetzen etwa im Hochdruckverdichter neue Dichtun-gen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) die alten ausTitan. Wulf: „Diese CFK-Dichtungen bringen nicht nur weniger auf dieWaage, sie sind auch nicht ganz so teuer wie ihre Pendants aus demseltenen Metall.“

Weitere Gewichtseinsparungen erzielen neue generativ hergestellteBauteile, wie Innenringe mit integralen Honigwaben für den Hoch-

Neue Werkstoffe: Dämpfungssegment aus Verbundwerkstoff mit Keramikmatrix.

Ein Dichtungsträger wird einem Anstreiftest unterzogen.

36 37

Page 20: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

druckverdichter. Sie werden direkt aus einem Metallpulverbett perselektivem Laserschmelzverfahren (SLM) aufgebaut. „Das vereinfachtdie Fertigung enorm, der Gestaltungsspielraum für die Ingenieure istviel größer – man muss nicht mehr aus dem vollem Metallblock fräsen,wir sparen Material und die Bauteile wiegen weniger“, erklärt MTU-Ingenieur Wulf. Dazu komme die Zeitersparnis: Bisher waren drei bisvier unterschiedliche Zulieferer mit der Fertigung der Innenringe be-schäftigt – der eine stellt die Innenringe her, der andere die Honig-wabenstruktur, der dritte lötet beide Bauteile zusammen – dazu kamder Transport zwischen den einzelnen Fertigungsstandorten. „Bei dergenerativen Herstellung ist das ein einziger Arbeitsschritt – die eigent-liche Bauteilfertigung erfolgt quasi über Nacht“, sagt Wulf.

Eine andere Technologie, die das Abspecken des Getriebefans kom-plettiert, wird in der Niederdruckturbine ihr Debüt feiern. Normaler-weise müssen dort die Triebwerksschaufeln in den einzelnen Turbi-nenstufen besonders steif ausgelegt werden. Auf diese Weise könnensie durch den Heißgasstrom nicht so leicht in Schwingung gebrachtwerden. Doch die Widerstandkraft der steifen Schaufeln bekommtman nicht umsonst: Sie wiegen mehr. Eine neue Schaufel mit inte-grierter Schwingungsdämpfung nimmt den kritischen Frequenzen inSAGE 4 ihre zerstörerische Kraft. „Die Schaufeln werden leichter undschlanker, wodurch sich wiederum aerodynamische Vorteile ergeben,die sich positiv auf die Effizienz des Gesamttriebwerks auswirken“,erklärt Wulf.

Um den Wirkungsgrad der nächsten GTF-Generation noch weiter zuerhöhen, optimieren MTU-Luftsystemleute und Konstrukteure auchden Einsatz von Kühlluft in der Niederdruckturbine. Durch gezielteres

Kanalisieren, „indem man die Luft genau dorthin leitet, wo sie wirklichgebraucht wird, kann die Luftmenge reduziert werden“, erklärt derClean Sky-Chefingenieur. Und da auch die Kühlluft verdichtet werdenmuss, spart weniger Kühlluft Arbeit ein, die das Triebwerk in mehrSchubkraft umsetzen kann. Auch dem Thema Lärm widmet man sichweiterhin: Erstmals werden vom SAGE 4-Partner GKN akustischeDämpfungselemente im Turbinenaustrittsgehäuse zum Einsatz kom-men. Solche Filter für bestimmte Frequenzen arbeiten heute schon imBypasskanal der Triebwerke, kurz vor und nach dem Fan. Um sie imHeißgasstrom einsetzen zu können, mussten sie hitzefest ausgelegtwerden.

„Gegenüber der aktuellen Getriebefanreihe wollen wir mit den SAGE 4-Technolgien rund drei Prozent weniger Kerosin verbrauchen; langfris-tig halten wir fünf bis acht Prozent für machbar“, sagt Wulf. Das wärein der Praxis ein großer Erfolg, so der Ingenieur: „Die Wirkungsgrad-niveaus sind schon extrem hoch – wir jagen hier einzelne Zehntelpro-zente. Und jedes einzelne spart nicht nur Sprit, sondern damit auchwieder CO2-Emissionen ein.“ Ab 2020 könnte man die in SAGE 4 ent-wickelten Technologien in Serientriebwerken antreffen, schätzt Wulf.

„Die Herausforderungen bei Clean Sky sind nicht nur technischerNatur, sondern bestehen auch in der möglichst reibungslosen Organi-sation des Mammutprojektes“, erklärt Peter Taferner, Clean Sky-Pro-grammleiter bei der MTU. Zur Koordination von Clean Sky, welches imWesentlichen die Luftfahrtsegmente Zellen, Antriebe und Systemeumspannt, wurde eigens eine Public-Private Partnership gegründet,das „Joint Undertaking“ (JU), an dem Industrie und Forschung auf dereinen Seite und die EU-Kommission auf der anderen zu je 50 Prozentbeteiligt sind.

„In unserem SAGE 4-Programm mit einem Volumen von insgesamtetwa 68 Millionen Euro gilt es neben den beiden großen SAGE 4-Partnern, dem britisch-schwedischen Unternehmen GKN Aerospaceund dem italienischen Turbinenhersteller Avio Aero, noch eine Reihekleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie Forschungsdienst-leister und Universitäten einzubinden und zu koordinieren“, erläutertTaferner. Letztere sind über Call for Proposals (CfP) an SAGE 4 betei-ligt. Darunter verstehen sich zeitlich begrenzte, direkt geförderteEntwicklungsaufgaben, die von der MTU und ihren Partnern in Hin-blick auf den SAGE 4-Demonstrator definiert wurden. Ziel des Förder-gebers ist es, verstärkt KMUs und Forschungseinrichtungen an derTechnologieentwicklung im Luftfahrtbereich zu beteiligen, um derenWettbewerbsfähigkeit international zu stärken. Taferner: „Die Partnerentwickeln eigene Technologien und erarbeiten sich damit Wett-bewerbsvorteile für die Zukunft. SAGE 4 profitiert durch die Bereit-stellung dieser technologisch fortschrittlichen Komponenten.“

SAGE 4 steht für diese Entwicklungsaufträge ein Budget von rund 15Millionen Euro zur Verfügung. Taferner: „Wir haben unser CfP-Budgetmittlerweile voll ausgeschöpft. Es ging hier nämlich darum, Entwick-lungspartner zu finden, die bereit sind, eigene Mittel für Aufgaben ein-zusetzen, die von der MTU, GKN Aerospace oder Avio Aero definiertwurden. Das setzt natürlich voraus, dass sich aus der Lösung dergestellten Aufgabe eine Win-Win-Situation für die MTU und die Ent-wicklungspartner ergibt.“ Die letzten drei MTU-CfP-Projekte, für die

Technik + Wissenschaft

gerade die Verträge vorbereitet werden, befassen sich mit der Reif-machung eines robusten Produktionsprozesses für einen neuen Tur-binengehäuse-Werkstoff, mit einer kostengünstigeren Legierung fürTriebwerksrotoren und der Verbesserung des Herstellungsprozessesvon Nickel-Basis-Einkristall-Schaufeln.

„Im nächsten Jahr müssen die für den Demonstrator wichtigen CfP-Topics ausreichend Entwicklungsreife bewiesen haben und die Inte-gration in den Demonstrator weitgehend abgeschlossen sein, damitsie ins SAGE 4-Triebwerk eingesetzt und über den Triebwerkstest er-folgreich validiert werden können“, sagt Taferner. „Wir biegen beiClean Sky gerade in die Zielgerade ein und können schon heutesagen, dass Clean Sky insgesamt und SAGE 4 ein großer Erfolg seinwerden.“ Die europäische Luftfahrtindustrie wünscht sich daher drin-gend ein Clean Sky-Nachfolgeprogramm. Clean Sky II könnte in daskommende EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 eingebet-tet werden, so Taferner. „Mitte, Ende 2014 falle die Entscheidung übereine Fortsetzung“, so der MTU-Programmleiter. „Und wenn es sokommt, werden wir natürlich wieder mit dabei sein.“

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Dr. Joachim Wulf+49 89 1489-3381

Neues Fertigungsverfahren: Mittels selektivem Laserschmelzen (SLM) hergestellter Dichtungsträger.

38 39

Vier-Punkt-Biegeversuch: Ein mittels selektivem Laserschmelzen (SLM) hergestellter Dichtungsträger wird auf seine Schwingfestigkeit geprüft.

Page 21: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Technik + Wissenschaft

Effizient und leistungsstark Innovative Regelungssysteme und ein erhöhter elektrischer Leistungs-bedarf sind zwei Anforderungen an die Antriebe von morgen. Die MTUbaut bei der Entwicklung dieser Zukunftstechnologien auf Altbewähr-tes: Seit Jahrzehnten arbeitet sie eng mit der Universität der Bundes-wehr München zusammen. Jüngster Erfolg der Kooperation ist MexJET.Mit diesem Triebwerksversuchsträger auf der Basis eines Eurofighter-Antriebs EJ200 wird unter anderem ein völlig neues Regelungskonzeptdemonstriert.

Christiane Rodenbücher/Martina Vollmuth

r. Jörg Henne, Leiter Entwicklung und Technologie bei derMTU, erklärte im Rahmen einer Festveranstaltung bei derUniversität der Bundeswehr München (UniBw) in Neubi-

berg: „Der erfolgreich in Betrieb genommene VersuchsträgerMexJET stellt eine herausragende und in Deutschland einmaligeBasis für vielversprechende, zukünftige Technologie-Entwicklungim Bereich ‚More Electric Engine‘ und innovative Regelungskon-zepte dar.“ Er ist sich sicher: „Die technologischen Entwicklungs-ziele werden zu einer deutlichen Steigerung von Betriebssicher-heit und Wirtschaftlichkeit sowie zu einer Reduzierung der Lebens-wegkosten führen.“ Professor Dr. Reinhard Niehuis, Leiter desInstituts für Strahlantriebe (ISA), würdigte das gemeinsameProjekt anlässlich der Inbetriebnahme von MexJET (More electricexperimental Jet Engine Test vehicle) im Frühjahr 2013 als „be-sonders effizient und besonders leistungsstark: Damit meine icheinerseits die Technologien, das gilt aber auch ganz besondersfür die Kooperation der Partner MTU und Universität der Bundes-wehr“.

D

40 41

Der enge Forschungsverbund schweißt die UniBw und Deutsch-lands führenden Triebwerkshersteller seit Jahrzehnten zusam-men. Bereits ein Jahr nach Gründung der UniBw im Jahre 1973wurde mit dem Bau eines Triebwerkslehrstandes begonnen, mitdem nach der Gründung des ISA im Jahre 1980 die gemeinsameForschung und Lehre eingeläutet wurde. Die Anforderungen andie Antriebssysteme künftiger Flugzeuge bestimmten von Anfang

Page 22: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Technik + Wissenschaft

Die Universität der Bundeswehr München in Neubiberg.

Die Triebwerksversuchsanlage am Institut für Strahlantriebe der Universität der Bundeswehr München.

an die Aktivitäten. Da Flugsysteme in Zukunft einen erhöhten Bedarfan elektrischer Leistung haben werden, werden an das Betriebsver-halten eines Fluggeräts und die Wirkungsgrade von Generatoren höhe-re Anforderungen gestellt. Deshalb gründete die MTU mit der UniBwim Jahr 2007 das Kompetenzzentrum More Electric Engine (MEE), über-setzt: mehr elektrische Energie im Triebwerk, um Aktivitäten zu bün-deln und zahlreiche Systemaspekte von elektrischen und elektroni-schen Komponenten besser zu nutzen. Hier steht vor allem dieIntegration neuer, effizienterer Komponenten des elektrischenSystems im Mittelpunkt, etwa der Starter-Generator, das Öl- sowieKraftstoffsystem.

Des Weiteren spielt die Entwicklung neuer Reglersysteme und derenIntegration eine immer zentralere Rolle. In den beiden Projekten„Advanced Control System“ und „Modellbasierte Regelung“ wurden inNeubiberg Regelungskonzepte der nächsten Generation definiert sowiemit Hilfe des MexJET validiert. Zum ersten Mal wurde eine direkteSchubregelung realisiert. Damit können das Triebwerksverhalten undder Kraftstoffverbrauch weiter optimiert werden. Das Regelungskon-zept bietet zusätzliche Vorteile: So kann eine verbesserte On-board-Triebwerksüberwachung des aktuellen Betriebszustands des Trieb-werks durchgeführt werden. Ein verbessertes Fehlerhandling (imFachjargon: „Fault Detection und Isolation Checks“) erhöht die Zuver-lässigkeit des Triebwerks. Zusammen mit der Kraftstoffreduktion las-sen sich Einsparungen bei den Lebenswegkosten erzielen. Dies allesgelingt mit einer Softwareänderung in der Triebwerksregelung. „DieTestergebnisse sind bereits der Nachweis für die Potenziale, die die-ses neue Reglerkonzept bietet“, resümiert Dr. Gerhard Kahl, LeiterTechnologieprogramme Verdichter bei der MTU in München.

Um diese Forschungskonzepte zu validieren, nahmen die UniBw unddie MTU jetzt MexJET in Betrieb. Die Grundlage bildet ein Eurofighter-Triebwerk EJ200, eines der modernsten Jettriebwerke der Welt, dasspeziell für die Versuchszwecke in Neubiberg aufgerüstet wurde. DerErstlauf des EJ200 an der UniBw erfolgte Ende November 2011, um-fangreiche Testreihen wurden durchgeführt und abgeschlossen, sodass die Versuchsanlage im März dieses Jahres offiziell in Betrieb

genommen werden konnte. „Es war herausfordernd für das ganzeTeam, den Prüfstand mit dem EJ200-Antrieb mit deutlich höheremSchub und einem viel größeren Durchsatz als sämtliche Vorgänger-modelle zu installieren“, erklärt Kahl. Doch die Anstrengungen habensich gelohnt, wie die ersten Tests zeigten.

Das Beispiel MexJET verdeutlicht auch den Nutzen einer engen Zu-sammenarbeit mit verschiedenen Dienststellen des Verteidigungs-ministeriums und der MTU. „Militärische Technologieförderung ist fürdie MTU ein wichtiges Anliegen“, erklärt Dr. Gerhard Ebenhoch, LeiterTechnologiemanagement bei der MTU. „Wir verwenden die Förderungzur vorwettbewerblichen Technologieentwicklung auch für den zivilenBereich und weisen gleichzeitig Verbesserungspotenziale eines in derNutzungsphase befindlichen Triebwerks nach. Zudem verwenden wirexistierende Einrichtungen sowie Infrastruktur des Kunden und erhö-hen dabei die Hebelwirkung militärischer Förderprogramme.“ Nach-drücklicher kann man die Notwendigkeit und Effizienz militärischerFörderung als Element zur Verbesserung des Hochtechnologiestand-ortes Deutschland nicht unter Beweis stellen.

„Die Zusammenarbeit mit der MTU hat für uns einen sehr hohenStellenwert“, konstatiert Niehuis. Er nennt neben dem vom bayeri-schen Staat unterstützten Projekt „MexDemo“ eine Reihe weitererKooperationsprojekte, insbesondere auch die vielfältigen gemeinsa-men Forschungsaktivitäten am Hochgeschwindigkeits-Gitterwind-kanal in Neubiberg. „Für uns ist dieser in Deutschland einzigartigeForschungsverbund eine hervorragende Möglichkeit, modernsteTechnologie in Angriff zu nehmen und neue Initiativen zu starten“, soder Professor. „Von besonderer Aktualität ist derzeit die gemeinsameEntwicklung neuartiger Schaufelprofile für Niederdruckturbinen inGetriebefan-Anwendungen“.

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Dr. Gerhard Kahl+49 89 1489--6149

42 43

Page 23: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Produkte + Services

44 45

VerordneterPrüfungsstress

In das PurePower® PW1000G setzt die MTU Aero Engines zu Rechtgroße Hoffnungen: Das hocheffiziente Getriebefan-Triebwerk hat sichauf der Paris Air Show als echter Umsatzbringer erwiesen. Es soll künf-tig die A320neo von Airbus antreiben sowie die Bombardier CSeries,den Mitsubishi Regionaljet MRJ, die Irkut MS-21 und die neuen EmbraerE-Jets. Um später einen sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten, wirdder Antrieb zahlreichen Tests unterzogen – unter anderem auf den Prüf-ständen der MTU in München.

Bernd Bundschu

Kurt Scheidt, Leiter der Triebwerks- und Flugtests beider MTU, erklärt: „Bevor ein Triebwerk in Serie gehenkann, muss es zwischen 3.000 und 5.000 Teststunden

absolvieren. Beim PW1000G läuft diese Testphase schon seiteineinhalb Jahren.“ An dem Getriebefan von Pratt & Whitneyhält die MTU je nach Triebwerksausführung einen Programm-anteil zwischen 15 und 18 Prozent. Mit der schnelllaufendenNiederdruckturbine liefert Deutschlands führender Triebwerks-hersteller unter anderem eine der Schlüsselkomponenten desAntriebs. Für diese Technologie, die weltweit nur die MTUbeherrscht, hat sie im Frühjahr dieses Jahres zwei deutscheInnovationspreise erhalten. „Mit unserer Niederdruckturbinefür das PW1100G-JM, das die A320neo antreiben wird, habenwir bereits zwei Stresstests bei uns im Haus erfolgreichabsolviert“, freut sich Christian Steffen, bei der MTU für dieDurchführung der Versuche bei zivilen und militärischenProgrammen zuständig. „Weitere Tests am großen Entwick-lungsprüfstand III sind für Ende des Jahres geplant; die Vor-bereitungen dafür laufen.“

Page 24: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Produkte + Services

46 47

Stresstests sind hochkomplex und fester Be-standteil der Flugzulassung. Sie sollen sicher-stellen, dass ein Modul oder Triebwerk denfür die Zertifizierung geforderten Belastun-gen, wie hohen Drehzahlen und Temperatu-ren, oder auch dem Dauereinsatz problemlosstandhält. „Die Messung von Spannungenund Temperaturen der Bauteile ermöglichtuns wichtige Aussagen über deren Belas-tungsgrenzen“, erläutert Steffen. Für dieErfassung der Daten müssen zum Teil bis zu2.000 Messstellen angeschlossen werden.Steffen: „Aufgrund der baulichen Enge in

Erstmals werden bei der MTU Aero Engines in München Blitzschlagtests an einem V2500-Triebwerk durchgeführt.

Die Power Turbine Stress Tests des GE38-Testtriebwerks fanden auf dem Wellen-leistungsprüfstand der MTU in München statt.

einem Triebwerk und der Winzigkeit der Sen-soren ist hier äußerste Präzision gefragt. Diegrößte Herausforderung sind dabei Teleme-triemessungen an rotierenden Bauteilen.“

Als Telemetrie bezeichnet man die Übertra-gung von Messwerten eines Sensors zu einerräumlich getrennten Stelle. Für diese Königs-disziplin der Triebwerkserprobung hat dieMTU eigene Messsysteme entwickelt. Anbestimmten Stellen auf Schaufeln undScheiben werden kleine Dehnmessstreifenfestgeklebt. Das sind winzig kleine Metall-plättchen, die unter Strom gesetzt werden.Dehnt sich beim Betrieb eines Triebwerks

das zu untersuchende Bauteil durch Hitzeund Fliehkräfte auch nur um einen Tausends-tel Millimeter aus, dehnen sich die Metall-plättchen mit und verändern dabei messbarihren Widerstand. Die Daten werden schließ-lich drahtlos übertragen und am Computerausgewertet.

In der Erprobung ziviler und militärischerTriebwerke hat die MTU langjährige Erfah-rung. Stresstests sind dabei laut Scheidtnicht die einzigen Tests, die auf MTU-Prüfständen möglich sind: „Wir beherrschenauch alle anderen Versuche, die für die Zu-lassung von Triebwerken gefordert sind, also

Die MTU Aero Engines verfügt über leistungsfähige Bodenprüfstände unter-schiedlicher Auslegung: Vier Prüfstände für Schubtriebwerke, ein Prüfstandfür Wellenleistungstriebwerke sowie Komponentenprüfstände befinden sichauf dem Gelände der Zentrale in München, weitere Prüfstände für Schub- undWellenleistungstriebwerke gibt es an den nationalen und internationalenStandorten der MTU Maintenance; für Höhenversuche steht der MTU ein spe-zieller Prüfstand der Universität Stuttgart zur Verfügung.

Auf den Prüfständen testen die Ingenieure Triebwerke mit einem Schub bis zu400 Kilonewton, wie etwa das GP7000 für die Airbus A380 oder das EJ200 für

Hightech-Prüfständeder MTU Aero Engines

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Kurt Scheidt+49 89 1489-3963

Interessante Multimedia-Services zu diesem Artikel unter:www.mtu.de/report

Leistungsuntersuchungen und Systemtests,Dauerlauftests, Schwingungsuntersuchun-gen, Emissionsmessungen, die Simulationvon Heißtagbedingungen und Vogelschlag,Zerstörungsversuche, Ansaugversuche mitEis, Wasser und Sand zur Simulation vonSchlechtwetterbedingungen sowie Höhen-versuche.“ Ansaugversuche mit Sand laufenin München derzeit mit einem GE38-Wellen-leistungstriebwerk für den schweren Trans-porthubschrauber Sikorsky CH-53K. Dabeigeht es um den Nachweis der erhöhten Ero-sionsbeständigkeit des Triebwerks in sand-haltiger Luft.

Eine Premiere für die Münchner ist der seitAugust laufende Blitzschlagtest einer US-Fachfirma mit einem V2500-Triebwerk fürdas Militärtransportflugzeug Embraer KC-390. „Das Triebwerksgehäuse wird definier-ten Spannungsspitzen ausgesetzt und dieAuswirkung auf die Triebwerksregelunguntersucht“, erklärt Werner Striegl, der alsTechnischer Programmmanager bei der MTUunter anderem für das V2500-Programm zu-ständig ist. An einem weiteren V2500 absol-vieren die Prüfingenieure der MTU derzeitVersuche im Kundenauftrag: „Hier testen wireinen Schmierstoff der nächsten Generationunter Extrembedingungen, wie erhöhter Öl-temperatur oder abgesenktem Öldruck“, soStriegl. „Sind nach Abschluss des Tests alleTriebwerksteile noch in einwandfreiem Zu-stand, kann der neue Schmierstoff für denSerieneinsatz freigegeben werden.“

Mit den Anforderungen an die Leistungs-fähigkeit von Triebwerken steigen auch dieAnforderungen an die Erprobungstechnik.„Aufgrund der immer größeren Triebwerks-dimensionen ersetzen wir zum BeispielVersuche auf dem Höhenprüfstand heute inder Regel durch Flugtests“, so Scheidt.„Darüber hinaus investieren wir kontinuier-lich in die Leistungsfähigkeit und die Mess-technik unserer Prüfstände sowie in dieVerbesserung des Schallschutzes. So blei-ben wir immer auf dem neuesten technischenStand.“

den Eurofighter, sowie Wellenleistungstriebwerke mit bis zu 15 Megawatt Leis-tung für Hubschrauber und Propellermaschinen, wie das GE38 für denSikorsky CH-53K oder das TP400-D6 für den Airbus-Militärtransporter A400M.Sämtliche für die Zulassung von Triebwerken erforderlichen Struktur-, Belas-tungs- und Zuverlässigkeitstests sowie Ansaug- und Zerstörungsversuche sindmöglich. Getestet werden einzelne Bauteile, Baugruppen oder Module sowiekomplette Triebwerke für zivile und militärische Anwendungen.

Die meisten Tests sind vereinbarter Bestandteil der Programmpartnerschaftmit Triebwerksherstellern wie Pratt & Whitney, General Electric, Rolls-Royce,oder dem Triebwerkskonsortium International Aero Engines. Andere erfolgenim Auftrag externer Kunden.

Page 25: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Global

Strom statt SchubIndustriegasturbinen sind zuverlässig, fahren rasch auf Nenn-leistung hoch und verkraften mehrere Starts und Stopps aneinem Tag. Ein solches Modell ist die LM6000 von GeneralElectric – weltweit über 1.000 Mal verkauft. Damit dieseIndustriegasturbine (IGT) auch weiterhin so erfolgreich ist,wurden bei der MTU Aero Engines Beschichtungen weiter-entwickelt. Zudem bearbeitet die MTU erstmals den Werk-stoff René 104. So konnte die Leistung der 50-Megawatt-IGTgesteigert und die Abgaswerte gesenkt werden.

Daniel Hautmann

I ndustriegasturbinen sind von Flugzeugtriebwerken ab-geleitete Gasturbinen, die am Boden auf Hochtourenlaufen. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Aeroderivate

sind vielfältig: Gekoppelt mit einem Generator dienen sieals Stromerzeuger an Land oder auf Bohrinseln. Fernerliefern sie mechanische Energie für Pumpen oder Ver-dichter von Öl- und Gaspipelines. Eines der weltweitmeist genutzten Modelle ist die LM6000 von GE, die vomCF6-80-Triebwerk abgeleitet wurde und seit 20 Jahren imEinsatz ist. Weltweit laufen 1.000 Exemplare und habengemeinsam über 26 Millionen Betriebsstunden erreicht.Damit hat GE viermal mehr Erfahrung in der Größenklas-se bis 60 Megawatt als alle anderen IGT-Anbieter zusam-men.

Deutschlands führender Triebwerkshersteller ist als Risk-and-Revenue-Sharing-Partner am LM6000-Programm be-teiligt. „Bei der MTU kennt man ja sonst nur fliegendeTriebwerke“, erklärt Uwe Kaltwasser, Leiter Sales & Cus-tomer Support Industriegasturbinen bei der MTUMaintenance Berlin-Brandenburg in Ludwigfelde. „DieAeroderivate sind aber zum Teil am Boden stärkeren

48 49

Page 26: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Global

Belastungen ausgesetzt als die fliegenden Varianten, etwapermanenter Volllast.“ „GE wollte mit dem CF6-Triebwerk einvorhandenes Produkt nutzen und für neue Anwendungsfelderanpassen. Genauso wie das die Wettbewerber auch getanhaben“, sagt Florian Brecht, Leiter Auftragssteuerung CF6/LM-Programme. Die MTU steuert dazu hauptsächlich Hoch-druckturbinenbauteile, wie innengekühlte Leit- und Lauf-schaufeln, Dichtringe und Scheiben bei.

Von ihren fliegenden Verwandten unterscheidet die amBoden installierten Gasturbinen einiges: „Triebwerke habenvorne einen großen Fan“, erklärt Kai Philippeit, Konfigura-tionsmangagement CF6/LM-Programme. „Dieser erzeugt imWesentlichen den Schub. Dafür sind sie gemacht. Industrie-gasturbinen haben kein Gebläse, man nutzt hauptsächlich dieRotationsenergie. Der erzeugte Schub ist vernachlässigbar,die Abgasenergie kann jedoch für zusätzliche Anwendungengenutzt werden. Ansonsten funktionieren sie genau gleich.“Einer der markantesten und von außen sofort erkennbarenUnterschiede sind die großen Flansche zum Befestigen derTurbinen auf einer Bodenplatte. Grundverschieden zur Luft-fahrtbranche sind die Kundenstrukturen: Während Flugge-sellschaften oft Hunderte baugleicher Triebwerke ordern,kaufen viele einzelne IGT-Kunden in der Regel nur ein Exem-plar. „Der Markt ist sehr unterschiedlich zur fliegenden Welt“,konstatiert Brecht.

Das Erfolgsmodell LM6000 gibt es jetzt in zwei neuen Ver-sionen: die LM6000-PG mit einfacher Ringbrennkammer unddie LM6000-PH mit einer emissionsarmen Brennkammer.Beim Modell PH sind die Einspritzdüsen in mehreren Ebenenangeordnet, daher ist die Verbrennung noch effizienter. BeideVersionen vertreibt GE unter dem Begriff „Growth“, was fürleistungsgesteigert steht. Steve Carey, Director RevenueSharing Programs bei GE: "Die Produktion des LM6000-PG/PH-Programms ist voll angelaufen und die erste LM6000-PHbereits an unseren Launch Customer ausgeliefert. Die MTUist ein wichtiger Partner für uns. Sie hat ihre Komponentengemäß der Spezifikationen erfolgreich gefertigt. Gegenüberden LM6000-Bauteilen haben die neuen Komponenten kom-plexere Geometrien, bestehen aus neuen Werkstoffen undhaben neue Beschichtungen."

Im Vergleich zu ihren Vorgängermodellen punkten beideneuen Varianten mit einem Leistungsplus von bis zu 25 und18 Prozent mehr Abgasenergie für kombinierte Prozesse be-ziehungsweise Kraft-Wärme-Kopplungen. Der Gesamtwir-kungsgrad klettert so auf bis zu 54 Prozent. Beachtlich sindauch die Startzeiten: Einen Schnellstart schafft das Trieb-werk binnen fünf Minuten, 80 Prozent Leistung stehen nachzehn Minuten bereit und 100 Prozent nach 40 Minuten. Umdiese Leistung erreichen zu können, wurden hohe Anforde-rungen an den Programmpartner MTU gestellt. Die Leit- undLaufschaufeln in der zweiten Stufe der Hochdruckturbine, diebei der MTU in München gefertigt werden, halten dank einerneuen Beschichtung bis zu 80 Grad Celsius höheren Tempe-

raturen stand. Dadurch erreichen sie längere Standzeitenoder können stärker belastet werden.

Was steckt dahinter? „Im Prinzip machen wir das, was wir inder fliegenden Welt schon länger machen“, sagt Philippeit, „wirdampfen eine keramische Zirkonoxidschicht auf.“ Und zwar

LM6000-PH

Keramikbeschichtungen liefert das Ceramic Coating Center in Frankreich.

50 51

mit dem sogenannten Elektronenstrahlverdampfen (EBPVD =Electron Beam Physical Vapour Deposition). Das Verfahrenwird beim Ceramic Coating Center (CCC), einem Joint Ven-ture von der MTU und Snecma, durchgeführt und schon län-ger für die erste Stufe der Hochdruckturbine angewandt. Inetwa eineinhalbjähriger Arbeit konnte es nun auch für diewesentlich komplexer geformten Schaufeln der zweiten Stufeweiterentwickelt werden. „Der Clou bei der Beschichtungsind die Bewegungsparameter in der Beschichtungskam-mer“, erläutert Philippeit. „Das Bauteil muss in einer Wolkeaus dem verdampften Material präzise im Raum gedreht undmit exakter Geschwindigkeit geführt werden. Nur so kann dieKeramikschicht an allen Stellen der Schaufel die gewünschteStärke erreichen“, beschreibt Brecht die Herausforderung.

Für die Münchner gab es eine weitere Herausforderung – diezerspanende Bearbeitung des neuen Materials René 104,einem Pulvermetall, das bei den Scheiben und Dichtringenzum Einsatz kommt. „Etwas, das so schwer zu zerspanen ist,hatten wir hier noch nie“, zeigt sich Philippeit beeindruckt.„René 104 ist ein GE-Material; wir wissen nicht genau, wasdrin ist. In gewisser Weise ist das eine Blackbox.“ Dennochgelang es den Spezialisten, im Auftrag von GE Fertigungs-

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Florian Brecht+49 89 1489-2409

prozesse und Werkzeuge zu entwickeln, die den hohenAnsprüchen genügen. Es ging vor allem um Fräswerkzeugeund sogenannte Räumnadeln, mit denen Innenverzahnungenhergestellt werden. Philippeit: „Wir haben die Fertigungsver-antwortung und prüfen, was wie gefertigt werden kann. Dastecken wir eine Menge Gehirnschmalz rein.“

„GE hat großen Respekt vor unseren Lösungen und Prozes-sen“, freut sich Brecht. Beim Aufspüren der geeigneten Werk-zeugparameter halfen Fachleute der Rheinisch-WestfälischenTechnischen Hochschule in Aachen (RWTH). Weitere Leis-tungssteigerungen sind jetzt nur noch schwer zu realisieren,denn Geometrien und Werkstoffe sind weitgehend ausge-reizt, wie Brecht zu bedenken gibt. Doch sicherlich wird denExperten dies- und jenseits des Atlantiks wieder etwas einfal-len, um den Wirkungsgrad noch weiter zu verbessern.

Page 27: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Global

Die MTU ist nicht nur für die Fertigung einzelner Schlüs-selkomponenten der LM6000-Industriegasturbine verant-wortlich, sondern auch für die Instandhaltung sowiePackage Services.

Die Instandhaltung der Schwergewichte übernimmt alsMTU-Kompetenzzentrum für Industriegasturbinen dieMTU Maintenance Berlin-Brandenburg in Ludwigsfelde.Seit 1995 bündelt die MTU hier alle IGT-Aktivitäten alsautorisierter Service Provider von GE und betreut dieTypen LM2500, LM5000 und LM6000. Die MTU-Expertensind an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr einsatzbereitund übernehmen das komplette Instandhaltungsmanage-ment.

„Wir bieten unseren Kunden Reparaturen vor Ort,Ausbau und Überholung am Standort sowie den Einbau,das Testen und die Inbetriebnahme“, sagt Stephen Nau-mann, Leiter Field Service. „Die Herausforderung bestehtdarin, schnellstmöglich beim Kunden zu sein“, ergänztUwe Kaltwasser, Leiter Sales & Customer Support IGT.

Die Field-Service-Experten sind binnen 24 Stunden anjedem Punkt auf der Welt. Ergänzend zum StandortLudwigsfelde gibt es mehrere Level II Shops, so in denUSA, Thailand und Brasilien.

Neben der Maintenance übernimmt die MTU auch Ser-vices an den sogenannten Packages. Darunter verstehtman die Aufrüstung einer IGT zu einer betriebsfertigenAntriebseinheit. Dazu gehören neben der Gasturbine,Kontroll- und Regelsysteme, hydraulische Startersyste-me, Luftzu- und -abfuhr, Treibstoffversorgung, Feuer-löschsysteme, eventuell Wassereinspritzsysteme zurReduzierung von NOx oder zur Kühlung, die Triebwerks-aufhängung sowie das Gehäuse. Nicht zu vergessen einGenerator oder Kompressor.

Ein Beispiel für einen erfolgreichen Package-Auftrag fin-det man in Brasilien: Für das Kraftwerk eines staatlichenEnergieversorgers aus Manaus am Rio Negro im Ama-zonas-Becken wurden zwei LM6000 PA-IGT auf die höhe-re Leistungsklasse LM6000 PC umgerüstet – inklusive

Subsystemen und einer Wassereinspritzung zur Stick-oxid-Reduzierung. „Mit der Industriegasturbine kennenwir uns bestens aus“, berichtet Johannes-Peter Hölzle,Field Service Engineer, der die Baustelle leitete. „Aber dieIntegration eines neuen Systems in eine Altanlage inklu-sive aller Subsysteme sowie die Wassereinspritzung wa-ren neu für uns.“ Entsprechend wurde gemeinsam einKonzept erstellt, wurden neue Prozesse geschaffen undkompetente Zulieferer beauftragt, auch lokale Zuliefereraus Manaus waren mit im Boot. Resultat des mehrmona-tigen Teameinsatzes in Brasilien: ein erfolgreich abge-schlossenes erstes Package-Projekt und ein höchst zu-friedener Kunde.

IGT-Maintenance: Schnellstmöglich beim Kunden

Vor Ort – umfangreicher Package-Service der MTU beim Kunden in Brasilien.

Eine LM6000-Industriegasturbine auf dem Prüfstand bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg. MTU-Einsatz im Kraftwerk in Manaus am Rio Negro im Amazonas-Becken.

52 53

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Uwe Kaltwasser+49 3378 824-250

Page 28: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Reportage

54 55

Ende einer Ära

Gleißendes Sonnenlicht und strahlend blauer Himmel – am30. Juli findet bei besten Bedingungen auf dem Militärflug-platz in Manching ein historischer Flug statt: Um kurz nachzwei Uhr fangen die Triebwerke langsam an zu rotieren. „Dixione six is ready for departure“, ertönt es aus dem Cockpit,bevor sich die McDonnell Douglas F-4-Phantom zum letztenMal in den deutschen Himmel erhebt. Mit ihr verabschiedensich auch die J79-Antriebe, die zum Teil von der MTU gebautund von ihr jahrzehntelang instandgehalten wurden.

Christiane Rodenbücher

Oberstleutnant Stefan Ritter ist mit diesemFlugzeug seit 23 Jahren beinahe täglich unter-wegs gewesen. „Der Abschied von diesem

eigenwilligen Kampfflugzeug stimmt mich sehr weh-mütig“, sagt der Pilot nach dem einstündigen Flug.Der letzte Flug der F-4 führte von Manching zum Luft-waffen-Geschwader nach Neuburg und zum Deut-schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaf-fenhofen. Weiter ging es nach Kaufbeuren, zur Tech-nischen Schule der Luftwaffe, über den BayerischenWald und Erding wieder zurück nach Manching undder dort angesiedelten Wehrtechnischen Dienststellefür Luftfahrzeuge (WTD 61).

Testpilot Ritter, der auf verschiedenen Flugzeugmus-tern über 3.700 Flugstunden angesammelt hat, istvoll des Lobes für die Phantom: „Sicher, robust, zu-verlässig und jederzeit verfügbar zu einem günstigenFlugstundenpreis“, fasst er die Attribute zusammen,die die Phantom-Besatzungen dem Fighter zuschrei-ben.

Page 29: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

Reportage

56 57

Das Interesse an diesem Flugzeug hat Fans aus aller Weltnach Manching gelockt, um den letzten Flug einer deutschenPhantom zu begleiten, weiß der Oberstleutnant. „Dass dasFlugzeug für die Bundeswehr enorm wertvoll war, sieht manschon an der langen Dienstzeit von vier Jahrzehnten,“ fügt erhinzu.

Die F-4 schloss in Deutschland die Lücke zwischen dem F104Starfighter und dem Eurofighter. Die Luftwaffe und die WTDhaben über 270 F-4 in den Versionen „E“ und „F“ eingesetzt.Das machte die Bundesrepublik in den 1970er-Jahre hinterden USA zum zweitgrößten Betreiber dieses Flugzeugs; es istdas meist gebaute Kampfflugzeug in der westlichen Welt. DieLuftwaffe nutzte die Phantom als Aufklärer, Jagdbomber undJagdflugzeug. Zukünftig wird der Eurofighter alle ihre Auf-gaben übernehmen. Auch bei der WTD in Manching hatte diePhantom viel zu tun: Sie war fliegendes Labor, unter anderemzur Erprobung mit höheren Geschwindigkeiten, sowie Ver-suchsträger für Lenkflugkörper und spezielle Außenlasten.

„Die Phantom wurde zum geliebten Arbeitspferd für imwahrsten Sinne des Wortes schwere Aufgaben – sie hat diesezur vollsten Zufriedenheit gelöst“, fasst Oberstleutnant a.D.Gerd Stein zusammen, der als Testpilot und Waffenlehrersowohl die Phantom als auch das Vorgängermodell, denStarfighter, bestens kannte. Er erinnert sich an die schwieri-ge Anfangszeit, denn zu Beginn konnte das Flugzeug nichtüberzeugen. Stein: „Im Laufe der Jahre wuchs jedoch dasVertrauen in die Fähigkeiten und Möglichkeiten – vor allem indie Sicherheit des Flugzeuges. Die Phantom war ein äußerstrobustes Flugzeug.“

Angetrieben wird die F-4 von je zwei J79-Triebwerken, mitderen Entwicklung General Electric im Jahr 1952 begonnenhatte. Seit den 1960er-Jahren wurden die Antriebe von der

MTU in Lizenz gebaut. Sie brachten ebenfalls den F104Starfighter in die Luft. „Für die MTU ist das J79 eines derwichtigsten Schlüsselprogramme gewesen“, erklärt UlrichOstermair, Leiter Lizenzprogramme bei der MTU. „Der Lizenz-neubau, die Betreuung, Instandhaltung und Weiterentwick-lung verhalfen der MTU technologisch zum Anschluss an dieWeltspitze.“ Zwischen1960 und1965 wurden in München ins-gesamt 632 Triebwerke für den Starfighter gebaut und 601Teilesätze produziert. Ostermair: „Im Schnitt verließen jedenMonat jeweils 22 Antriebe und Teilesätze das Werk.“ Im Rah-men des Phantomprogramms kamen in den Jahren danachnochmals 687 Antriebe dazu.

„Wir haben mit dem Phantom-Triebwerk J79 einen Quanten-sprung erreicht, weil es unglaublich sicher ausgelegt ist“,erklärt Christian Knoll, der diesen Triebwerkstyp bei der MTUbetreut hat. „Unauffällig, betriebssicher, wirtschaftlich:Damit konnte der J79-Antrieb punkten.“ Modifikationen, diedie MTU im Laufe der Jahre eingeführt hat, haben dazu beige-tragen, das Triebwerk zu optimieren. Dazu zählt unter ande-rem die Dämpfung des Getriebes. Durch die Eliminierung vonVibrationen an der Getriebeeinheit wurden Risse am Gehäu-se vermieden – die Folge: Man konnte an Neu-Gehäusen spa-ren. Insgesamt mussten von den Original Equipment Manu-facturers (OEMs) weniger Neuteile als früher bezogen wer-den. Mit eigenen Standards waren außerdem schnelleretechnische Lösungen zu erzielen.

2,7 Millionen Flugstunden ist die Bundeswehr mit dem J79geflogen. Über 6.870 Triebwerke hat die MTU insgesamt fürdie Deutsche Luftwaffe instandgesetzt. Hier konnte Deutsch-lands führender Triebwerkshersteller seine Instandhaltungs-kompetenz ausspielen. Mutalle Ulucay, Leiter Auftragssteue-rung und zuvor für die J79-Geschäftsentwicklung zuständig,erläutert, dass die MTU zusätzlich zur USAF T.O. (US Air ForceTechnical Order), dem Instandsetzungshandbuch der ameri-kanischen Luftstreitkräfte, etwa 200 MTU-Reparaturverfah-ren angewendet hat. Ulucay: „Dadurch haben wir dem Kun-den eine schnellere Verfügbarkeit des Triebwerks sowie einegrößere Unabhängigkeit in der Instandhaltung bei niedrigerenKosten insbesondere bei Neuteilen ermöglicht.“ 1.400 tech-nische Standards und 500 Anweisungen hat die MTU für dieInstandsetzung im Rahmen eines eigenen German Air ForceTechnical Order eingeführt (GAF T.O.). Daraus entwickeltesich ein deutsches Manual, das für die Bundeswehr maßge-schneidert war.

1991 begann die Außerdienststellung des Waffensystems F-4Phantom. Die Bundeswehr gab im Rahmen der NATO-Vertei-

digungshilfe einige Maschinen an die griechische und türki-sche Luftwaffe ab, wo sie zum Teil heute noch im Einsatzsind. Das letzte deutsche J79 wurde vor zwei Jahren bei derMTU instandgesetzt und markierte das Ende einer Ära.

Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:Ulrich Ostermair+49 89 1489-3621

Ende Juli in Manching: Letzter Flug der Phantom in Deutschland.

Montage eines J79-Triebwerks.

Abschied in Sonderlackierung.

Page 30: Vorsprung durch Getriebefan-Technik - mtu.de · PDF fileVorsprung durch Getriebefan-Technik ... 2 3 Reportage Ende einer Ära. ... schlägt Bombardier definitiv ein neues Kapitel in

DruckEBERL PRINT GmbHKirchplatz 687509 Immenstadt im Allgäu • Deutschland

Texte mit Autorenvermerk geben nicht unbedingtdie Meinung der Redaktion wieder. Für unverlang-tes Material wird keine Haftung übernommen. DerNachdruck von Beiträgen ist nach Rücksprache mitder Redaktion erlaubt.

Geared Turbofan™ ist eine angemeldete Markevon Pratt & Whitney.

Impressum

HerausgeberMTU Aero Engines AGEckhard ZangerLeiter Unternehmenskommunikation und Public Affairs

ChefredaktionHeidrun Moll

SchlussredaktionMartina Vollmuth

AnschriftMTU Aero Engines AGDachauer Straße 66580995 München • DeutschlandTel. +49 89 1489-3537Fax +49 89 [email protected]

AutorenBernd Bundschu, Denis Dilba, Achim Figgen, Nicole Geffert, Silke Hansen, Daniel Hautmann, Patrick Hoeveler, Christiane Rodenbücher, Andreas Spaeth, Martina Vollmuth, Melanie Wolf

LayoutManfred Deckert Bleibtreustraße 2681479 München • Deutschland

Bombardier AerospaceBombardier Aerospace; AirbusMilitary; Air New Zealand; GeneralElectric Company; MTU Aero EnginesBombardier Aerospace; MTU AeroEnginesBombardier Aerospace; Pratt &Whitney Canada; MTU Aero EnginesMTU Aero Engines; Airbus Military;Burkhard Domke; MTU Aero EnginesAir New Zealand; Andreas Spaeth,MTU Aero EnginesDavid Neal; US Airways; MTU Aero EnginesCessna; Pratt & Whitney Canada; MTU Aero EnginesMTU Aero EnginesUniversität der Bundeswehr MünchenMTU Aero EnginesGeneral Electric Company; MTU AeroEnginesWTD 61; MTU Aero EnginesUS Navy; MTU Aero Engines

BildnachweisTitelseiteSeite 2–3

Seite 4–5

Seite 6–13

Seite 14–19

Seite 20–23

Seite 24–27

Seite 28–33

Seite 34–39Seite 40–43Seite 44–47Seite 48–53

Seite 54–57Seite 58–59

Kompetenzen bündelnStandort Polenausgebaut

Die MTU Maintenance und die japanische Sumitomo Corporation,eines der größten Handelshäuser der Welt, haben zwei neue JointVenture-Gesellschaften gegründet, um gemeinsam ihr Leasingge-schäft mit zivilen Flugtriebwerken auszubauen. Die MTU Mainte-nance Lease Services B.V., ein 80/20 Joint Venture zwischen derMTU Maintenance und Sumitomo Corporation, hat ihren Sitz inAmsterdam, Niederlande und wird Airlines, Reparatur- und In-standhaltungs-Unternehmen (MRO,Maintenance, Repair und Over-haul) und Lessoren kurz- und mittelfristige Leasingoptionen an-bieten. Die Sumisho Aero Engine Lease B.V., ein 90/10 JointVenture zwischen Sumitomo Corporation und MTU Aero Engines,dem Mutterkonzern der MTU Maintenance, wird sich auf langfris-tige Leasingangebote für ihre Kunden konzentrieren. Beide JointVentures müssen noch von den jeweiligen Wettbewerbsbehördengenehmigt werden.

Als Teil ihrer Zusammenarbeit wird die MTU Maintenance Sumi-tomo mit ihrem langjährigen technischen Know-how zur Seite ste-hen, insbesondere bei den Triebwerkstypen aus ihrem bestehen-den Portfolio. Dazu gehören das CFM56, das V2500, das GE90,das CF34, das CF6, und das PW2000 sowie zukünftige Trieb-werksprogramme. Im Gegenzug kann die MTU Maintenance mitder Beteiligung von Sumitomo als Risk and Revenue-Partner ihrLeasinggeschäft optimieren und ihre weltweiten Vertriebskanäle

Die US Navy hat ihren Auftrag bei VericorPower Systems, einer hundertprozentigenTochter der MTU, über acht ETF40B-Trieb-werke im Jahr 2013 auf 16 erhöht. Zudemhaben beide Partner einen Fünf-Jahresver-trag zur Auslieferung von bis zu 27 Ersatz-triebwerken dieses Typs in den Jahren 2014bis 2018 unterzeichnet. Sämtliche zukünfti-gen Antriebe verfügen über eine neue digitale

Die MTU Aero Engines baut ihrenStandort im südpolnischen Rzeszów aus:Die im polnischen Aviation Valley ansäs-sige MTU Aero Engines Polska wird umeinen Erweiterungsbau mit 9.200 Qua-dratmetern ergänzt; die bebaute Flächeerhöht sich damit um 50 Prozent. DasInvestitionsvolumen für den Ausbau liegtbei rund 40 Millionen Euro. Die Erweite-

rung der polnischen Tochtergesellschaftist Teil der Investitions- und Wachstums-strategie der MTU. Damit werden dieVoraussetzungen für den Produktions-und Volumenanstieg bei den Getriebe-fan-Programmen geschaffen.

Für die Getriebefan-Triebwerke, diePW1000G-Familie, produziert die MTU inPolen mit ihren hochmodernen Produk-tionsanlagen Triebwerkskomponenten wieTurbinenschaufeln und führt Vorarbeiten

Steuereinheit (FADEC). Die Triebwerke kom-men im Landing Craft Air Cushion, kurzLCAC, einem besonders schnellen, vollam-phibischen Luftkissenboot, zum Einsatz. Eskann eine Maximallast von 75 Tonnen beieiner Geschwindigkeit von rund 75 Stunden-kilometern und einer Reichweite von bis zu370 Kilometern über Land und Wasser trans-portieren.

Die ersten LCACs wurden 1984 hergestelltund waren auf eine Betriebsdauer von 20Jahren ausgelegt. Im Rahmen des sogenann-ten SLEP-Programmes (Service Life Exten-sion Program) der US Navy werden die Luft-kissenboote sukzessive modernisiert und dieTriebwerke ausgetauscht – die Betriebsdauersoll auf 30 Jahre gesteigert, die Leistung ver-bessert und gleichzeitig eine Reduzierungder Betriebskosten erreicht werden. Hier kom-men die Antriebe von Vericor zum Einsatz;das ETF40B-Triebwerk passt perfekt zur

ausbauen. Gleichzeitig bietet die Kooperation neue Finanzie-rungsoptionen. Das Leasingportfolio der MTU Maintenance gene-riert aktuell einen Jahresumsatz von 30 Millionen US-Dollar. DerJahresumsatz der MTU Maintenance Lease Services B.V. soll mit-telfristig auf weit mehr als 100 Millionen US-Dollar ansteigen. Mitder neuen Joint Venture Struktur werden dem bestehenden Poolweitere Triebwerke hinzugefügt. Dazu gehört auch das GE90.Damit kann die MTU Maintenance ihren Auftritt im Triebwerks-leasinggeschäft deutlich stärken.

Auch das GE90 wird im Leasing-Pool verfügbar sein.

Die im südpolnischen Rzeszów ansässige MTU Aero Engines Polska wird um einen Erweiterungsbauergänzt.

Der Erweiterungsbau umfasst 9.200 Quadrat-meter.

Zielsetzung der US Navy, denn es erzeugtrund 20 Prozent mehr Leistung als das ur-sprüngliche Triebwerk, welches es ersetzt.

Die Amphibienfahrzeuge sind ein wesentli-cher Bestandteil der militärischen Fähigkei-ten der Navy. Sie wurden bereits im Irak ein-gesetzt und haben sich auch bei humanitä-ren Einsätzen bewährt. Vericor hat daher aucheine neue digitale Steuereinheit entwickelt,die seit Juni dieses Jahres Bestandteil allerneuen ETF40B-Antriebe ist. Sie war daswichtigste Entwicklungsprojekt bei Vericor inden letzten drei Jahren.

Im Rahmen des neu abgeschlossenen Fünf-Jahresvertrages werden bis 2018 insgesamtbis zu 27 Triebwerke an die US Navy ausge-liefert. Hierbei handelt es sich um Ersatz-triebwerke: Sie kommen zum Einsatz, wenndie auf dem Hovercraft installierten Antriebegewartet werden.

58 59

Die ETF40-Triebwerke von Vericor kommen im LandingCraft Air Cushion, kurz LCAC, zum Einsatz.

In Kürze

US Navy beauftragt Vericor

durch. Zudem konzentriert der deutscheTriebwerkshersteller in Rzeszów seineModulmontage-Aktivitäten für eine Viel-zahl seiner zivilen Triebwerksprogramme.Ein weiteres Kompetenzfeld vor Ort ist dieReparatur von Triebwerksteilen wie zumBeispiel Rohrleitungen. Bei der Entwick-lung liegen die Schwerpunkte der MTUAero Engines Polska in den Bereichenungekühlte Schaufeln, Vorrichtungskon-struktion und Software.

In den neuen Gebäuden werden darüberhinaus Arbeiten durchgeführt, die im Zu-sammenhang mit der Erhöhung des MTU-Anteils am A320-Antrieb V2500 anfallen.Diese Aufgaben werden aktuell in ange-mieteten Gebäuden durchgeführt. Außer-dem wird die Niederdruckturbinen-Mo-dulmontage ausgebaut und in Rzeszówgebündelt werden. Gestärkt werden sol-len auch die Forschungs- und Entwick-lungsaktivitäten in Polen.

Die MTU Aero Engines Polska wurde2009 auf einem sieben Hektar großenGrundstück neben dem Flughafen inRzeszów angesiedelt. Mit dem Erwei-terungsbau wird im Herbst 2013 begon-nen werden. Die Produktion soll Ende2014 starten und bis 2017 ihre volleKapazität erreichen. Im Zuge des Aus-baus werden in Rzeszów bis 2020 rund250 neue Arbeitsplätze geschaffen; ak-tuell arbeiten rund 500 Mitarbeiter beider MTU Aero Engines Polska.