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Vortrag 3. Jahrestagung Forum Junge Anwaltschaft 26./27. September 2014 in Frankfurt am Main Fachvortrag: Mietrecht „Besonderheiten und Haftungsfallen – Unterschiede zwischen Wohn- und Gewerberaummietrecht“ Referent: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Nils-Jasper Schuler, BSH Partnerschaft, Hannover

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Vortrag 3. Jahrestagung Forum Junge Anwaltschaft 26./27. September 2014 in Frankfurt am Main

Fachvortrag: Mietrecht

„Besonderheiten und Haftungsfallen – Unterschiede zwischen Wohn- und Gewerberaummietrecht“

Referent: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Nils-Jasper Schuler, BSH Partnerschaft, Hannover

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I. Abgrenzung Wohnraum- und Gewerberaummietrecht

1.) Kriterien der Abgrenzung Wohn- / GeschäftsraummieteDer Begriff Wohnraum umfasst Räume, die zum Wohnen, also vor allem zum Schlafen, Essen, dauernder privater Nutzung bestimmt und Innenteil eines Gebäudes sind (Schmidt-Futterer, 10. Auflage, vor § 535 BGB, Rn. 94).

Der Begriff Geschäftsraum umfasst Räume, die anderen als Wohnzwecken vermietet worden sind (Ladenräume, Lagerräume, Büros, Arztpraxen, Kanzleien, Fabrikationsräume, Garagen, Ställe, Scheunen, auch unbebaute Grundstücke usw.) (Schmidt-Futterer, vor § 535 BGB Rn. 102).

Für die Abgrenzung und Zuordnung des jeweiligen Mietverhältnisses kommt es entscheidend auf den vereinbarten Nutzungszweck an. Es ist auf den wahren Parteiwillen durch Auslegung abzustellen (BGH NJW-RR 1986, 8779)

Allein der Umstand, dass ein Wohnraummietvertragsformular benutzt wurde, spricht nicht dafür, dass auch ein Wohnraummietverhältnis begründet werden sollte (Kammergericht Berlin, KGR 1999, 346).

Merke: Maßgeblich für die Abgrenzung ist der im Mietvertrag vereinbarte Zweck und nicht die tatsächliche Nutzung.

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2.) Problem: MischraummietverhältnisFür Mischraummietverhältnisse gelten entweder die Vorschriften über Wohnraummiete oder die Vorschriften über Geschäftsraummiete. Bei einem einheitlichen Mietvertrag findet keine Aufspaltung statt.Für die Zuordnung kommt es entscheidend auf den Schwerpunkt nach der sogenannten Schwerpunkttheorie an (BGH WuM 1986, 274 = ZMR 1986, 278; Schmidt-Futterer, 10. Auflage, vor § 535, Rn. 109 ff.).Bei gemischten Mietverhältnissen ist im Zweifel Wohnraummietrecht anwendbar (BGH, 09.07.2014, VIII ZR 376/13 in: IMR, 2014, S. 365).Grundsätzlich fallen fast alle Mietverträge unter die Geschäftsraummiete, bei denen nicht die Vermietung von Wohnraum betroffen ist. Beispielsfall:Ein Rechtsanwalt mietet eine Wohnung an und nutzt diese nach und nach überwiegend als Büroräume. Von den vier vorhandenen Zimmern werden drei für die Kanzlei verwendet und ein Zimmer für Wohnzwecke. Gewerberaummietrecht oder Wohnraummietrecht?Lösung: Wohnraummietrecht. Es kommt auf die Vereinbarung zwischen den Parteien an und nicht die tatsächliche Nutzung.

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3.) Bedeutung der Abgrenzung Wohnraum- / Geschäftsraummiete

a.) Zwischen den Vorschriften im Wohnraummietrecht und der Geschäftsmiet- raummiete gibt es erhebliche Unterschiede. Die Wohnraummiete hat in den §§ 549 bis 577a BGB eine hohe Regelungsdichte, während die §§ 578 bis 580a BGB dem Vermieter und auch dem Mieter bei der Geschäftsraummiete einen weiten Gestaltungsspielraum eröffnen.

- Kein Kündigungsschutz im Gewerberaum

- Keine Mieterhöhung bis zur Ortsüblichkeit im Gewerberaum

Beachte aber die Verweisungen in § 578 BGB.

b.) Sachliche Zuständigkeit der Gerichte

Abgrenzung auch wichtig für die sachliche Zuständigkeit der Gerichte nach § 71 Abs. 1 GVG. Bei der Geschäftsraummiete muss differenziert werden. Bei einem Gegenstandswert von bis zu 5.000,00 € sind in sachlicher Hinsicht die Amtsgerichte zuständig. Bei einem Gegenstandswert über 5.000,00 € ist nach § 71 Abs. 1 GVG das Landgericht zuständig. Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit kommt es bei einem Wohnraummietverhältnis gerade nicht auf den Gegenstandswert an. Es ist nach § 23 Abs. 2a GVG in sachlicher Hinsicht immer das Amtsgericht zuständig.

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c.) Örtliche Zuständigkeit der GerichteBei der örtlichen Zuständigkeit kein Unterscheid zwischen Wohnraum-und GewerberaummietrechtHinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist sowohl bei der Geschäftsraum- als auch bei der Wohnraummiete (und auch bei Pachträumen) immer das Gericht ausschließlich (ausschließliche Zuständigkeit) nach § 29a Abs. 1 ZPO zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden. Dieser ausschließliche Gerichtsstand gilt für alle Arten von Miet- und Pachtverhältnissen. Bei der Geschäftsraummiete ist dann nur zu differenzieren, ob in sachlicher Hinsicht das Landgericht oder das Amtsgericht zuständig ist.

Kurz: Relevanz nur bei gewerblichen Mietverhältnissen bei einem Streitwert über 5.000 €

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II. Haftungsfalle Schriftform, §§ 578, 550, 126 BGB

1.) Einschneidende Bedeutung im Gewerberaummietrecht.Nach § 550 Satz 1 BGB sind auch mündlich geschlossene Mietverträge wirksam. Soll ein Mietverhältnis allerdings mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr begründet werden, so muss der Mietvertrag der gesetzlichen Schriftform entsprechen (§ 550 BGB). Hinsichtlich der Schriftform gilt der allgemeine Teil des BGB. Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt.

Ein Verstoß gegen die Schriftform hat ausschließlich Auswirkungen auf die Laufzeit des Mietvertrages. Im Gewerberaummietrecht können die Verträge grundsätzlich eine Laufzeit bis zu 30 Jahren haben (§ 544 BGB). Ein Verstoß gegen die Schriftform führt wiederum dazu, dass der Mietvertrag gemäß § 550 Satz 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Ist er auf unbestimmte Zeit geschlossen, geltend die Kündigungsfristen des § 580a BGB. Bei der Geschäftsraummiete § 580a Abs. 2 BGB (ordentliche Kündigung am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres bis zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres).

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Gesetzliche Kündigungsfrist Geweberaum:Kündigungsfrist von circa einem halben Jahr. Bei Kündigung am dritten Werktag Januar = Ende 30. Juni. Bei Kündigung dritter Werktag April = Ende 30. September. Bei Kündigung dritter Werktag Juli = Ende Ende 31.Dezember. Bei Kündigung dritter Werktag Oktober = Ende 31. März. Kürzere Kündigungsfristen können im Gewerberaum auch immer vereinbart werden. § 580a BGB ist komplett abdingbar.

Vor diesem Hintergrund kann ein Verstoß gegen die Schriftform dazu führen, dass ein auf 30 Jahre abgeschlossener Mietvertrag zum übernächsten Quartal gekündigt werden kann. Es besteht also eine Laufzeitverkürzung von 29,5 Jahren.

Beispielsfall Gewerbe:Sie entwerfen einen gewerblichen Mietvertrag für ein Hotel mit einer Laufzeit von 30 Jahren unter Verstoß gegen die Schriftform. Der monatliche Mietzins beträgt 30.000,00 €.Dies ist eine Jahresmiete in Höhe von 360.000,00 €. Bei einer 30-jährigen Laufzeit sind dies Mieterträge in Höhe von 10.800.000,00 €.

Wenn Sie den Mietvertrag für den Vermieter entwerfen, haften Sie auf den Mietausfallschaden. Entwerfen Sie den Mietvertrag für den Mieter, haften Sie unter Umständen auf den zu erzielenden Gewinn des Hotels in 29,5 Jahren.

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2.) Bedeutung im Wohnraummietrecht Unter Umständen bei beiderseitigem Verzicht auf das Recht zur ordentlichen/fristgerechten Kündigung (formularvertraglich möglich)

3.) Wahrung der Schriftform (Was gehört in den Mietvertrag und wer muss unterschreiben?)

Bei einer Mehrheit von Mietern oder Vermietern müssen auf allen Vertragsseiten alle unterschreiben.Zur Wahrung der Schriftform müssen grundsätzlich alle wesentlichen Vertragsbedingungen von der Schriftform des § 550 BGB erfasst werden, insbesondere müssen sich die Mietparteien, der Mietgegenstand, der Mietzins sowie die Dauer des Mietverhältnisses aus der Urkunde ergeben (BGH, Urteil 30.06.1999 in: BGHZ 142, 158, 161; BGH, WuM 1999, 516).

Der Sinn und Zweck in der Schriftform besteht in erster Linie darin, dass dem späteren Erwerber im Hinblick auf § 566 I BGB ermöglicht werden soll, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des Mietvertrages zu unterrichten. Hierfür genügt es, dass sich der Erwerber anhand des schriftlich niedergelegten Vertragswerks über das Vereinbarte informieren kann. Das gilt auch für die Klarstellungs- und Beweisfunktion (OLG Hamm, Urteil 23.11.2005, ZMR 2006, 205; Sternel, 4. Auflage, I, Rn. 109a, S. 49).

Eine Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig, also kann sie auch keinen Vertreter bzw. Bevollmächtigten haben. Wird ein Mietvertrag namens einer Erbengemeinschaft abgeschlossen, ohne dass sämtliche Erben im Mietvertrag benannt sind, ist die Schriftform nicht gewahrt (BGH, 12.07.2006, NZM 2006, 699, ZMR 2006, 763).

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Klassiker: Gesellschaft bürgerlichen RechtsUnterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGH, NJW 2002, 3389, Sterne, I 112, Seite 51). Bei einem Vertragsabschluss mit einer GbR ist die Schriftform nur gewahrt, wenn entweder alle Gesellschafter mit unterschreiben oder die Unterschrift eines Gesellschafters mit einem Zusatz versehen wird, der die Vertretung der anderen Gesellschafter ausweist, weil anderenfalls nicht ersichtlich wäre, ob der Unterzeichnende die Unterschrift nur für sich selbst oder zugleich in Vertretung der anderen leistet. Dies ist im Hinblick auf die Gesamtvertretungsbefugnis bei der GbR zu berücksichtigen (BGH, 06.04.2005, NZM 2005, 502; Sternel, I, Rn. 113, S. 52).

Beispielsfall:Die Real Estate Immobilien Meyer, Müller und Schulze GbR besteht aus den Gesellschaftern und Gesellschafterinnen Frau Meyer, Frau Müller und Herr Schulze. Die GbR schließt auf Vermieterseite einen Mietvertrag über zehn Jahre ab.

Variante A:Der Mietvertrag wird nur von Frau Meyer und Frau Müller unterschrieben. Schriftformverstoß!

Variante B:Der Mietvertrag wird von Frau Meyer und Frau Müller unterschrieben. Darüber hinaus unterschreibt Frau Müller für Herrn Schulze mit dem Zusatz „i. V.“. Schriftform gewahrt!

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4.) Bezeichnung des Objekts als Schriftformerfordernis

Für die Schriftform ist auch die genaue Bezeichnung des Mietobjekts erforderlich. Zur Wahrung der Schriftform ist das Mietobjekt hinreichend bestimmt bezeichnet, wenn die Örtlichkeiten durch präzise Angaben (zum Beispiel 1. OG, hinterer Hofbereich), ergänzt um die jeweilige Circa-Angabe der erfassten Flächen, beschrieben sind (BGH, 23.06.1999, NZM 1999, 763; Sternel, I, Rn.114, S. 52).

Vermietung vom Reißbrett

Noch strengere Anforderungen an die Objektbeschreibung werden gestellt, wenn die Räume bei der Anmietung noch in der Planung oder noch nicht fertiggestellt sind (Mietvertrag vom Reißbrett).

Die Bezeichnung des Mietobjekts muss genauestens erfolgen, sozusagen als Ersatz für die noch fehlende Besichtigungsmöglichkeit.

Für die Bezeichnung des Vermieters genügt die bloße Bestimmbarkeit, zum Beispiel „Erwerbergemeinschaft …“. Entsprechendes gilt auch für die Mieterbezeichnung.

Für den Beginn des Mietverhältnisses reicht die Regelung, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe des Mietobjektes beginnen soll (vgl. BGH, 02.11.2005, ZMR 2006, 116, BGH, 15.11.2006, NZM 2007, 127; Sternel, I, 114a ff., S. 53 ff.).

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5.) Zur Urkundseinheit und VertragsänderungFormbedürftig sind alle wesentlichen Vertragsänderungen wie der Austausch des Mietobjekts, ein Wechsel des Vertragspartners, Austausch der Mieter bzw. Beitritt eines weiteren Mieters oder deren zeitweilige Ersetzung, Veränderung der Höhe und der Zahlungsweise des Mietzins, Verlängerung der Vertragslaufzeit etc. (Schmidt-Futterer, 10. Auflage, § 550, Rn. 42).

Nach früherer Rechtsprechung und aktuellen Teilen der Literatur (entgegen der Rechtsprechung Schmidt-Futterer, 10. Auflage, § 550, Rn. 44) musste bei einer Ergänzung und einer weiteren Urkunde der ganze Mietvertrag zu einer Einheit zusammengefasst werden. Es musste eine einheitlich und körperlich verbundene Urkunde vorhanden sein. Es durfte keine gesonderten Urkunden geben.

Die vorbezeichneten Auffassungen sind überholt!Nunmehr gibt es die sogenannte Auflockerungsrechtsprechung des BGH (BGH, NJW-RR 92, 654; BGH, NJW 99, 3704; OLG Düsseldorf, ZMR 2008, 362). Die höchstrichterliche Rechtsprechung lässt es nunmehr ausreichen, wenn der formgültige Änderungsvertrag auf den ersten Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, dass unter Einbeziehung des Nachtrages dieser ursprüngliche Vertrag weiter geltend soll. Die feste körperliche Verbindung der einzelnen Blätter muss nicht mehr erfolgen.

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Das Formerfordernis ist auch bei Vertragsänderungen zu beachten. Ihm ist genügt, wenn eine Nachtragsurkunde die Parteien bezeichnet, hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt, die geänderten Regelungen aufführt und zum Ausdruck bringt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig geregelt war (BGH, 14.07.2004, NZM 2004, 738 = WuM 2004, 534). Es ist eine neue Unterschrift unter die Vertragsergänzung erforderlich wegen der Schriftform. Die Unterschrift des ursprünglichen Mietvertrages deckt nicht die Ergänzung.

Beispielsfall:Ein formgültiger Mietvertrag über Gewerberaum hat eine Laufzeit von zehn Jahren und eine vereinbarte Nettokaltmiete in Höhe von 400,00 € sowie Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 100,00 €, also eine Gesamtmiete in Höhe von 500,00 €. Die Mietvertragsparteien einigen sich nach zwei Jahren mündlich darauf, dass die Vorauszahlungen von 100,00 € auf 200,00 € angehoben werden. Diese Vereinbarung erfolgt nur mündlich.

Folge:Die Schriftform des § 550 BGB ist nicht mehr gewahrt. Der Mietvertrag kann mit der gesetzlichen Frist (zum übernächsten Quartal) innerhalb von sechs Monaten gekündigt werden.

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III. Verschuldensunabhängige Garantiehaftung des§ 536a Abs. 1 BGB

Im Zusammenhang mit gewerblichen Mietverträgen ist die sogenannte verschuldensunabhängige Garantiehaftung des § 536a I BGB von besonderer Bedeutung. Es handelt sich um einen Ausnahmefall im Haftungssystem des BGB. Diese Haftungsnorm ist daher besonders einschneidend, da es regelmäßig Vermietern nicht gelingt, entsprechende Risiken zu versichern. In den gängigen Vermieterhaftpflichtversicherungen findet sich ein diesbezüglicher Ausschluss. Umgekehrt decken Gebäudeinhaltsversicherungen, Betriebsunterbrechungsversicherungen etc. des Mieters entsprechende Risiken ab. Nach BGH ist es aber im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich, die verschuldensunabhängige Garantiehaftung für Sachmängel abzubedingen (Dr. Ulrich Leo, aktuelle Rechtsprechung zur Gewerberaummiete, Skripts Stand September 2012, S. 83.) Keine Berücksichtigung in Formularverträgen von Haus & Grund. Fall nach BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08Die Mieträume waren 1990 fertig gestellt und wurden im Juli 1991 von einer GmbH bezogen.Am 15. August 1996 löste sich der in Kippstellung befindliche Fensterflügel im Arbeitszimmer einer Mitarbeiterin aus dem Rahmen, traf die diese auf den Hinterkopf und verletzte sie erheblich. Die Klägerin erlitt dadurch eine Schädelprellung bzw. ein Schädel-Hirntrauma sowie eine Peitschenschlagverletzung der HWS und eine Tinnituserkrankung. Mit der im August 1999 eingegangenen Klage hat die Klägerin Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Der Fensterbauer ist in der Insolvenz und der Vermieter wird mit Erfolg in Anspruch genommen, weil der Mangel bereits bei Übergabe der Mietsache vorhanden war.

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Der Mangel der Mietsache war bereits bei Fertigstellung und Übergabe der Mietsache sowie bei Abschluss des Mietvertrages vorhanden. Damit handelt es sich um einen anfänglichen Mangel im Sinne des § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB a.F., der eine Garantiehaftung des Vermieters auslöst. Entscheidend für die Einstufung als anfänglicher Mangel ist nicht, wann durch den vorhandenen Mangel ein Schaden entstanden ist, sondern ob der Mangel selbst bereits bei Vertragsschluss vorhanden war. Das ist auch dann der Fall, wenn der Mangel und die daraus folgende Gefahr der Mieterin bei Vertragsschluss noch nicht bekannt waren (RGZ 81, 200, 202). Die Abgrenzung zwischen der auf einem anfänglichen Mangel beruhenden Garantiehaftung und der verschuldensabhängigen Haftung aufgrund eines nachträglich entstandenen Mangels kann allerdings schwierig sein, wenn - wie hier - ein Bauteil der Mieträume erst später funktionsuntüchtig geworden ist. Beruht dies allein auf Alterungs- oder Verschleißprozessen, entsteht der Mangel erst später mit dem Verschleiß. Nicht jedes später funktionsuntüchtig werdende Bauteil kann also bereits als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses latent mangelhaft angesehen werden. War ein Bauteil aufgrund seiner fehlerhaften Beschaffenheit bei Vertragsschluss allerdings bereits in diesem Zeitpunkt für die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache ungeeignet und damit unzuverlässig, liegt ein anfänglicher Mangel vor (Hübner/ Griesbach/Schreiber in Lindner-Figura/Opree/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. Kap. 14 Rdn. 316; Staudinger/Emmerich BGB [2006] § 536 a Rdn. 3, 8; BGH Urteil vom 27. März 1972 - VIII ZR 177/70 - NJW 1972, 944, 945; BVerfG NJW-RR 1999, 519, 520

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Entwurf einer Klausel: „Die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Sachmängel (§ 536a BGB Absatz 1 Alternative 1 BGB) wird ausgeschlossen. Der Vermieter übernimmt keine verschuldensunabhängige Garantiehaftung für bei Vertragsabschluss vorhandene Sachmängel. Darüber hinaus wird die Haftung für leichte Fahrlässigkeit des Vermieters ausgeschlossen. Die Rechte des Mieters wegen offener oder verborgener Sachmängel werden ausgeschlossen. Ausgenommen vom vereinbarten Sachmängelausschluss sind Ansprüche aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des Vermieters beruhen und sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Vermieters beruhen. Ausgenommen vom vereinbarten Haftungsausschluss ist auch die Haftung für Kardinalpflichten oder die Haftung im Zusammenhang mit dem Fehlen von zugesicherten Eigenschaften.“ „Einer Pflicht ver let zung des Vermieters steht die eines gesetzlichen Ver tre ters oder Erfüllungsgehil fen gleich“

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IV. Haftung nach § 566 Abs. 2 BGB

Der bisherige Vermieter scheidet mit Eigentumsumschreibung aus dem Mietverhältnis aus. Seine Haftung dauert jedoch nach § 566 Abs. 2 BGB fort.Der Mieter soll davor geschützt werden, dass ihm ein zahlungsunfähiger Vertragspartner aufgrund § 566 Abs. 1 BGB aufgedrängt wird. Grund für die strenge Regelung: Wird eine Immobilie zwangsversteigert, tritt der sonst übliche Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ nicht ein – der Ersteigerer kann also Mieter kündigen. Der soll sich deshalb am Verkäufer schadlos halten können (Dr. Ulrich Leo und. Marcus Creutz, Handelsblatt, Art. vom 14.02.2006).Der Veräußerer muss dem Mieter dann neben den Umzugskosten oder verlorenen Aufwendungen für bauliche Veränderungen am Objekt auch die Differenz einer etwaigen höheren Miete für ein anderes Objekt ersetzen. Bei einem 10.000 m² großen Baumarkt etwa können da erhebliche Kosten auf den ehemaligen Vermieter zukommen, insbesondere bei Gewerberaummietverträgen, bei denen eine Laufzeit bis zu 30 Jahren zulässig ist (Handelsblatt a.a.O.).Wurde zum Beispiel das Dach eines Baumarktes in Süddeutschland mit einer Federflachkonstruktion errichtet und stürzt dieses später aufgrund starken Schneefalls ein, bleibt der Erstvermieter in der Verantwortung – auch wenn der Erwerber seinen mietvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt, etwa weil das Objekt wegen Ausfalls der Heizung nicht oder nur eingeschränkt werden kann (Handelsblatt, s. o.).

Beachte Haftungsbefreiung nach § 566 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Folgen für die Beratung:Abweichende Vereinbarungen im Wohnraum- und Gewerberaummietrecht kritisch. Individualvereinbarung zwischen Veräußerer und Mieter möglich. Beachte: Kein Vertrag zu Lasten Dritter.Mitteilung des Vermieters an den Mieter von der Veräußerung erforderlich.

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V. Besonderheit Mietsicherheit im Gewerberaummietrecht und Wohnraummietrecht

Im Wohnraummietrecht Begrenzung nach § 551 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift gilt nicht im Gewerberaummietrecht. Im Gewerberaummietrecht gibt es keine Begrenzung der Mietkaution.

VI. Konkurrenzschutz / Wettbewerbsverbote

Die Rechtsprechung geht mittlerweile von einem sogenannten „vertragsimmanenten“ Konkurrenzschutz aus im Gewerberaummietrecht. Der Vermieter darf weder auf demselben Grundstück noch unmittelbar angrenzend an einen Konkurrenten vermieten. Dies gilt ausschließlich für das Hauptsortiment (Dr. Ulrich Leo, aktuelle Rechtsprechung zur Gewerberaummiete, Skripts Stand September 2012, S. 123, 124; BGH, NJW 1979, 1404; OLG Düsseldorf, GuT 2010, 207; OLG Brandenburg, NZM 2010, 43).

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VII. Verjährung nach § 548 BGB

Die Vorschrift gilt für alle Miet-, Pacht- und Leihverhältnisse.

Ansprüche eines Vermieters verjähren nach Abs. 1. Abs. 1 gilt umfassend auch für alle deliktischen Ansprüche. Beginn mit Rückgabe der Mietsache. Zweck: Ruhe während des Mietverhältnisses.

Ansprüche des Mieters verjähren nach Abs. 2. Achtung: Verjährung beginnt bereits mit Beendigung des Mietverhältnisses und nicht mit Rückgabe der Mietsache.

Beispielsfall:Ein Mieter baut in die angemietete Wohnung eine Küche ein. Es erfolgt eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. Der Mieter ist der Auffassung, die Kündigung sei zu Unrecht erfolgt. Nach einem zweijährigen Rechtsstreit über zwei Instanzen stellt sich heraus, dass die Kündigung berechtigt war. Der Mieter möchte nunmehr ausziehen und seine Küche mitnehmen. Darf er das?

Lösung:Die Küche darf nicht mitgenommen werden, wenn sich der Vermieter auf Verjährung beruft.

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VIII. Aktuelle Rechtsprechung:

- Quotenabgeltungsklausel:BGH-Beschluss vom 22.01.2014 zu einer Quotenabgeltungsklausel bei unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Wohnung. Aus diesem Beschluss wird entnommen, dass Quotenabgeltungsklauseln nie dem Transparenzgebot entsprechen können. Abschließende Entscheidung im Laufe des Jahres.

- Nicht im Mietobjekt wohnender Mitmieter haftet für in Anspruch genommene Energielieferungen. Durch Entnahme von Energie entsteht ein Stromlieferungsvertrag (BGH, 02.07.2014, VIII ZR 316/13; BGH 22.07.2014, VIII ZR 313/13).

- Bei Streit und Minderung keine Verwertung der Kaution während des

Mietverhältnisses (BGH, 07.05.2014, VIII ZR 234/13). - Bei gemischten Mietverhältnissen ist im Zweifel Wohnraummietrecht anwendbar

(BGH, 09.07.2014, VIII ZR 376/13 in: IMR, 2014, S. 365) s.o.

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IX. Ausblick in die Zukunft

Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG Referenenwurf MJ vom 18.03.2014

- Begrenzung der Mieterhöhung nach § 559 BGB bis 10 % und bis zur Amortisation.

- Flächenabweichungen, Klarstellung von anderen Rechtsgebiete und Korrektur der 10-Prozent-Rechtsprechung des BGH.

- Änderungen beim Mietspiegel halten sich in Grenzen

- Berufliche Mindestanforderungen für Makler und Wohnungsverwalter sowie Pflichtversicherung und Sachkundenachweis.

- Änderungen Wohnraumvermittlungsgesetz zur Maklerprovision

-Mietpreisbremse