20
Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als " die kleinste Baueinheit aller Organismen", dann wird sie zur " membranumhüllten Ursache erhöhten Kaffeeverbrauchs" und schließ- lich hält man sie für ein " komplexes, hochaktives System". Tatsächlich ist die Zelle alles zusammen und noch vieles mehr. Aber diesen drei- stufigen Entwicklungsprozess muss wohl jeder durchschreiten. Dieses Buch soll helfen, möglichst schnell die letzte Stufe zu erreichen. (Um sofort jegliche Illusion im Keime zu ersticken: Nein, das mittlere Stadium kann man nicht überspringen, wohl aber verkürzen.) Das Konzept dieses Buches ist sehr einfach, da es letztlich auf einer " Binsenweisheit" beruht: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wer selbst einmal nach vielseitiger Lektüre endlich auf eine Graphik gestoßen ist und somit erfahren hat, dass man sich ein Bild tatsächlich leichter merken kann als tausend Worte, der beginnt, selbst Binsenweis- heiten Respekt zu zollen. An dieser Stelle sei auch gleich darauf hinge- wiesen, dass es sich bei diesem Buch um ein Repetitorium handelt. Ein Repetitorium kann weder ein Lehrbuch noch eine Vorlesung ersetzen. Dieses Buch wurde konzipiert, um bereits Gelerntes zu wiederholen, und um Einzelfakten zu einem Gesamtbild zu vereinen (mit anderen Worten: um die mittlere Phase zu verkürzen). Unser Gehirn kann sich Bilder leichter als Texte merken und Zusammen- hänge leichter als Einzelfakten. Auf diesen Grundlagen beruhen sowohl die Reihenfolge der Themenkomplexe als auch die Strukturierung der einzelnen Themeninhalte. Das Hauptanliegen dieses Buches ist, dass man sich die grundlegenden zellulären Strukturen, Prozesse und ihre Zusammenhänge vorstellen, dass vor seinem geistigen Auge eine Zelle entstehen kann. Das Nichtwissen von Fakten und Theorien kann manchmal ebenso unerfreuliche Konsequenzen haben wie das unreflektierte, unkritische Übernehmen von Informationen. Zu wissen, unter welchen Umständen bestimmte Daten entstanden sind, scheint nicht immer notwendig, ist aber sehr hilfreich. Einige Hinweise dazu findet man im Kapitel " Techniken" und im Anhang unter " Die Naturwissenschaften" und " Geschichtsdaten". Abschließend noch einige Anmerkungen zum Lernen an sich: Gerade beim Studieren und Erforschen lebender Systeme ist es sehr sinnvoll, sich von Anfang an Struktur-Funktions-Zusammenhänge einzuprägen; denn in allen biologischen Systemen werden Funktionen (besser: Leistungen) durch die Strukturen determiniert. Man kann übrigens nicht nur viel über sondern auch von der Zelle lernen, zum Beispiel, dass man Effektivität durch den Verknüpfungsgrad steigern kann. Je vielfältiger man die gelernten Einzelfakten untereinander und mit den bereits gelernten Fakten verknüpft, desto schneller und langfristiger bleiben sie einem im Gedächtnis. Dennoch: Kein Mensch kann sich alles merken und manchmal braucht man den Mut zur Lücke. Aber es heißt eben Lücke und der Interpretationsspielraum dieses Begriffs ist ebenso klein wie das Objekt selbst. Hamburg, im Frühjahr 2003 Fritz Höffeler VORWORT

VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

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Page 1: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums

semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht

als "die kleinste Baueinheit aller Organismen", dann wird sie zur

"membranumhüllten Ursache erhöhten Kaffeeverbrauchs" und schließ-

lich hält man sie für ein "komplexes, hochaktives System". Tatsächlich

ist die Zelle alles zusammen und noch vieles mehr. Aber diesen drei-

stufigen Entwicklungsprozess muss wohl jeder durchschreiten.

Dieses Buch soll helfen, möglichst schnell die letzte Stufe zu erreichen.

(Um sofort jegliche Illusion im Keime zu ersticken: Nein, das mittlere

Stadium kann man nicht überspringen, wohl aber verkürzen.) Das

Konzept dieses Buches ist sehr einfach, da es letztlich auf einer

"Binsenweisheit" beruht: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wer

selbst einmal nach vielseitiger Lektüre endlich auf eine Graphik

gestoßen ist und somit erfahren hat, dass man sich ein Bild tatsächlich

leichter merken kann als tausend Worte, der beginnt, selbst Binsenweis-

heiten Respekt zu zollen. An dieser Stelle sei auch gleich darauf hinge-

wiesen, dass es sich bei diesem Buch um ein Repetitorium handelt. Ein

Repetitorium kann weder ein Lehrbuch noch eine Vorlesung ersetzen.

Dieses Buch wurde konzipiert, um bereits Gelerntes zu wiederholen, und

um Einzelfakten zu einem Gesamtbild zu vereinen (mit anderen Worten:

um die mittlere Phase zu verkürzen).

Unser Gehirn kann sich Bilder leichter als Texte merken und Zusammen-

hänge leichter als Einzelfakten. Auf diesen Grundlagen beruhen sowohl

die Reihenfolge der Themenkomplexe als auch die Strukturierung der

einzelnen Themeninhalte. Das Hauptanliegen dieses Buches ist, dass

man sich die grundlegenden zellulären Strukturen, Prozesse und ihre

Zusammenhänge vorstellen, dass vor seinem geistigen Auge eine Zelle

entstehen kann.

Das Nichtwissen von Fakten und Theorien kann manchmal ebenso

unerfreuliche Konsequenzen haben wie das unreflektierte, unkritische

Übernehmen von Informationen. Zu wissen, unter welchen Umständen

bestimmte Daten entstanden sind, scheint nicht immer notwendig, ist

aber sehr hilfreich. Einige Hinweise dazu findet man im Kapitel

"Techniken" und im Anhang unter

"Die Naturwissenschaften" und

"Geschichtsdaten".

Abschließend noch einige Anmerkungen zum Lernen an sich: Gerade

beim Studieren und Erforschen lebender Systeme ist es sehr sinnvoll,

sich von Anfang an Struktur-Funktions-Zusammenhänge einzuprägen;

denn in allen biologischen Systemen werden Funktionen (besser:

Leistungen) durch die Strukturen determiniert. Man kann übrigens nicht

nur viel über sondern auch von der Zelle lernen, zum Beispiel, dass man

Effektivität durch den Verknüpfungsgrad steigern kann. Je vielfältiger

man die gelernten Einzelfakten untereinander und mit den bereits

gelernten Fakten verknüpft, desto schneller und langfristiger bleiben sie

einem im Gedächtnis. Dennoch: Kein Mensch kann sich alles merken

und manchmal braucht man den Mut zur Lücke. Aber es heißt eben

Lücke und der Interpretationsspielraum dieses Begriffs ist ebenso klein

wie das Objekt selbst.

Hamburg, im Frühjahr 2003 Fritz Höffeler

VORWORT

Page 2: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

Zellinventar..........................................................

Evolution.............................................................

Systematik...........................................................

Struktur-Funktions-Zusammenhänge..................

Kohlenhydrate.....................................................

Fette.....................................................................

Proteine................................................................

Nucleinsäuren......................................................

Biomembran........................................................

DNA und RNA....................................................

Genetische Mechanismen....................................

Proteinregulation.................................................

Cytoplasma..........................................................

Ribosomen...........................................................

Energie- und Stoffwechsel..................................

Zusammenfassung...............................................

Grundbauplan......................................................

Membranen..........................................................

Zellwand..............................................................

Nucleoid und Plasmide........................................

Geißeln................................................................

Dauerformen........................................................

Systematik...........................................................

Medizinische Aspekte.........................................

Zusammenfassung...............................................

Grundbauplan......................................................

Zellverbindungen.................................................

Transport.............................................................

Endomembransystem:

Endoplasmatisches Reticulum.............................

Golgi-Apparat......................................................

Cytosomen...........................................................

Vakuolen..............................................................

Proteinverteilung.................................................

Zellwände............................................................

Organellen mit DNA:

Nucleus................................................................

Mitochondrien.....................................................

Plastiden..............................................................

Ribosomen...........................................................

Cytoskelett:

Übersicht.............................................................

Mikrofilamente....................................................

Intermediärfilamente...........................................

Mikrotubuli..........................................................

Cilien und Geißeln..............................................

Zusammenfassung...............................................

Vergleiche verschiedener Zelltypen....................

Wachstum und Teilung bei Prokaryoten..............

Zellzyklus der Eukaryoten..................................

Zellwachstum der Eukaryoten.............................

Mitose:

Mitosestadien......................................................

Mitosespindel......................................................

Cytokinese...........................................................

Differenzierungsprozesse....................................

Zelltod.................................................................

Alterungsprozesse...............................................

Zusammenfassung...............................................

Lichtmikroskop...................................................

Elektronenmikroskop..........................................

Rasterkraftmikroskop..........................................

Zentrifugation......................................................

Färben und Markieren.........................................

Chromatographie.................................................

Elektrophorese.....................................................

Röntgenstrukturanalyse.......................................

Zellkulturen.........................................................

Definitionen.........................................................

Größen, Maße, Einheiten....................................

Die Naturwissenschaften.....................................

Geschichtsdaten...................................................

Literatur...............................................................

Webseiten............................................................

Stichwortregister..................................................

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4

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122

124

128

130

131

I. DIE ZELLE

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN

III. UNIVERSALIEN

IV. PROKARYOT

1.

2.

3.

1.

2.

3.

4.

5.

1.

2.

3.

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1.

2.

3.

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6.

7.

8.

9.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

V. EUKARYOT

VI. MORPHOLOGISCHE VERGLEICHE

VII. ZELLENTWICKLUNG

VIII. TECHNIKEN

IX. ANHANG

INHALTSVERZEICHNIS

- 1 -

Page 3: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

IN DER REGEL WIRD FOLGENDE FARBSYMBOLIK BENUTZT

dunkelblaue Farbtöne

-----

Grüntöne

-

PlasmamembranMembranen des Endoplasmatischen ReticulumsMembranen des Golgi-ApparatsTonoplastMembranen von Nucleus, Mitochondrium, Plastiden u.Ä.

photosynthetisch aktive Membranen

hellblaue Farbtöne

-----

CytoplasmaLumen des Endoplasmatischen ReticulumsLumen der Golgi-Vesikelextrazelluläres MediumVakuole u.Ä.

Rotbrauntöne

Beigebrauntöne

--

PflanzenzellwandBakterienzellwand

Orangetöne

--

MembranproteineOligopeptide, Polypeptide u.Ä.

Rottöne

- DNA (der Chromosomen, Nucleoide, Plasmide u.Ä.)

Gelbtöne

---

StärkeFetteÖle u.Ä.

MEMBRANEN

FLÜSSIGKEITEN

RIBOSOMEN

ZELLWÄNDE

PROTEINE

NUCLEINSÄUREN

SPEICHERSUBSTANZEN

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

6

7

Symbole:ø

<

>

Abkürzungen/Systematik:Abt.

U.Abt.

St.

U.St.

Kl.

Durchmesser

kleiner als

größer als

Abteilung

Unterabteilung

Stamm

Unterstamm

Klasse

Nummerierung von

Strukturen

Reihenfolge von

Prozessen

Allgemeine Abkürzungen:Abb.

B

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versch.

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z.B.

zus.

z.T.

Abbildung

Breite

besonders

Nucleotid-Basenpaare

circa

Dicke

das heißt

eukaryotisch

eventuell

Gewicht

hauptsächlich

in der Regel

im engeren Sinn

Länge

links

Nucleotid (-e)

oder

prokaryotisch

rechts

Seite

siehe

siehe auch

sogenannte (-r, -s)

taxonomische (-r, -s)

Trockenmasse

unter anderem oderund auch

und Ähnliche (-s)

und vieles mehr

verschiedene (-er, -es)

vor der Zeitenwende

zum Beispiel

zusammen

zum Teil

- 2 -

LEGENDE

Page 4: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

DE

FIN

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I. DIE ZELLE1. ZELLINVENTAR

- 3 -

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OT

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I. DIE ZELLE 2. EVOLUTION

- 4 -

1. Chemische Evolution

Die Erde entstand vor ca. 4,6 Milliarden Jahren; während ihrer Abkühlung bildeten sich in einer O2-freien Atmosphäre aus ein-fachen anorganischen Molekülen die ersten organischen Moleküle, wie Miller und Urey experimentell nachvollziehen konn-ten. Außerdem bildeten sich damals (wie heute) verschiedene Aminosäuren im inter-planetarischen Raum, die auf die Erde ge-langt sein könnten. anorganische Moleküle: 1) Stickstoff, 2) Ammoniak, 3) Wasserstoff, 4) Kohlen-monoxid, 5) Kohlendioxid, 6) Methan, 7) Wasser; organische Moleküle (Auswahl): 8) Harnstoff, 9) Ameisensäure, 10) N-Methylharnstoff, 11) Prolin, 12) N-Methyl-alanin

2. Katalyse an Mineralen

Minerale haben bei der Entstehung organi-scher Moleküle eine wesentliche Rolle als Behälter, Gerüst, Schablone, Katalysator und Reaktionspartner gespielt. Verwitterte Oberflächen (z.B. von Felsspat) bildeten Reaktionskammern; geschichtete Minerale (z.B. Tone) konnten zwischen ihren Atom-schichten Moleküle einfangen, die durch die erzwungene Nähe komplexere Mole-küle und Polymere bilden konnten; Calcit lagert D- und L-Aminosäuren an unter-schiedlichen Kristallflächen an, wodurch Peptide aus einheitlichen Aminosäuren entstehen konnten; Magnetit katalysiert die Reaktion von molekularem Wasserstoff und Stickstoff zu Ammoniak. Einige En-zyme enthalten auch heute noch Minerale.

3. Selbstreplizierende Systeme

Auf nicht-biologischem Wege entstand in der

"Ursuppe" eine immer höhere Konzen-

tration unterschiedlicher Moleküle, die ver-schiedene Funktionen erfüllen konnten. Mit kurzen RNA-Molekülen (50 bis 100 Nucleotide) als den ersten

"Informa-

tionsträgern" entstanden auch die ersten selbst replizierenden Systeme. Einzelsys-teme aus RNAs und Proteinen konnten zu komplexeren Hyperzyklen verbunden werden (s.o.). Die katalytische Koppelung verschiedener RNA-abhängiger Protein-synthesen ermöglichte eine präbiotische Evolution: Es setzten sich diejenigen RNA-Sequenzen durch, die sich am besten repli-zierten. Außerdem nahm die Komplexität der Reaktionsketten weiter zu.

1

23

4 567

8

910

11 12

UV-Strahlung,elektrische Entladung,Hitze, Kondensation

RNA-Sequenz 1

Enzym 1

Replikation vonRNA-Sequenz 2

RNA-Sequenz 2

Enzym 2

Replikation vonRNA-Sequenz 1

4. Kompartimentierung

Erst mit der Kompartimentierung der Re-aktionspartner wurde eine Evolution des Informationsgehaltes der RNA-Moleküle möglich. Durch die direkte räumliche Kop-pelung von RNA-Molekülen und ihren Genprodukten wurde die Gen-Information selektierbar. Fettartige Hüllschichten könnten sich aus Oberflächenfilmen in verdampfenden Pfützen gebildet haben. Durch Wind oder Regentropfen entstanden geschlossene Bläschen mit verschiedenen wechselwirkenden Molekülen. Die für den Stoffwechsel benötigten Monomere diffun-dierten durch die Membran in die Blase hinein. Durch Fusion von kleinen und Teilung von größeren Blasen wurden die Gene gemischt.

5. Der Progenot

Die typische "Urzelle" (= Progenot), aus

der sich im Laufe der Zeit alle anderen Zelltypen entwickelt haben, hat es vermut-lich nicht gegeben. Wahrscheinlicher ist eine inhomogene Gruppe von Progenot-Typen, unter denen ein reger Genaustausch herrschte. Aus dieser Gruppe entstanden dann die Archaea und die Bacteria. Ob diese Progenoten ein DNA- oder RNA-Genom und ob sie eine Zellwand hatten, ist unklar. Sie besaßen aber vermutlich einen (wenig ausdifferenzierten) Enzymbesatz für verschiedene grundlegende Stoffwech-selreaktionen (u.a. Glykolyse, Translation, Replikation), benutzten ATP als

"Energie-

währung" und waren von einer geschlos-senen Lipidschicht umhüllt.

Die hier geschilderten Entwicklungsschrit-te, die in einer O2-freien Atmosphäre von anorganischen Molekülen bis hin zur Gruppe der Progenoten führten, beruhen zum größten Teil auf Theorien und Hypo-thesen. Einige Teilschritte, wie z.B. die Bildung verschiedener organischer Mole-küle unter Bedingungen der Urerde, unter interstellaren Bedingungen und an Mine-ralen, sowie die Bildung von "Membran-blasen" konnten experimentell nachvoll-zogen werden, doch die meisten der hier postulierten Prozesse lassen sich empi-risch gar nicht oder nur unter optimalen Bedingungen nachvollziehen. Besonders problematisch ist die abiotische Entsteh-ung von Polymeren (Nucleinsäuren und Polypeptiden), ebenso die postulierte Um-stellung von einem ursprünglichen RNA-Genom zu dem späteren, stabileren DNA-Genom. Aus der Gruppe der Progenoten entstan-den dann die Prokaryoten, wobei sich die Entwicklungslinien der beiden Urreiche (oder Domänen) Archaea und Bacteria auf Grund zahlreicher morphologischer und physiologischer Unterschiede bereits sehr früh getrennt haben müssen. Endo-symbiosen und weitere morphologische und physiologische Entwicklungsprozesse führten dann zur Entstehung der dritten Domäne: der Eukaryoten. Alle existie-renden Organismen können auf Grund ihres zellulären Aufbaus einer dieser drei Domänen zugeordnet werden.

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I. DIE ZELLE2. EVOLUTION

- 5 -

6. Prokaryoten: Archaea und Bacteria

Archäologische Funde belegen, dass die ersten Prokaryoten - in einer noch immer O2-freien Atmosphäre - vor ca. 3,7 Milliarden Jahren entstanden sind. Diese Ur-Prokaryoten hatten ein DNA-Genom und besaßen eine Zellwand. Da es zahlreiche Unterschiede zwischen Archaea und Bacteria gibt, geht man davon aus, dass sich die Entwicklungslinien dieser beiden pro-karyotischen Reiche früh getrennt haben.Unterschiede zwischen Archaea und Bacteria sind z.B.:----

-

-

1) RNA-Polymerase, 2) DNA-Genom, 3) Zellmembran, 4) Ribosom, 5) Zellwand

rRNA-Sequenzen, hauptsächlich der 16S-rRNARNA-Polymerasen und TranslationskomponentenZellwände: Archaea besitzen kein Murein; ihre Wände sind sehr unterschiedlich gebautMembranlipide: bei Archaea Glycerinether mit verzweigten Fettsäureketten (s.S. 31), bei Bacteria (und Eukaryoten) Glycerinester mit unverzweigten Ketten (s.S. 12)Energiegewinnung und Stoffwechsel: Archaea besitzen spezielle Stoffwechselwege und Coenzyme; Archaea können im Gegensatz zu Bacteria keine organischen Moleküle auf-nehmen und verstoffwechselnRNA-Processing: Bestimmte Nucleotide von rRNAs und tRNAs werden unterschiedlich modifiziert

7. Umformung einiger Archaebakterien

Einige Archaebakterien könnten einen neuen Entwicklungsweg eingeschlagen haben: Sie verloren ihre Zellwand und nahmen deutlich an Volumen zu. Mit dem Verlust der äußeren Stabilisierung entstand die Notwendigkeit, die Zelle von innen her zu festigen: Es entwickelte sich ein Cyto-skelett (orange). Die flexible Zellmembran-fläche eignete sich zur endocytotischen Aufnahme gelöster Substanzen, wobei Cytoskelettbestandteile die Einschnürungs-prozesse unterstützten. Der Stoffwechsel dieser Bakterien ist an-aerob. Methanogene Archaebakterien sind außerdem für die Deckung ihres Energie-bedarfs abhängig von Acetat-, H2- und CO2-Quellen.

8. Bildung eines Nucleus

Viele Autoren äußern die Vermutung, dass auch der eukaryotische Nucleus Ergebnis eines endocytotischen bzw. endosymbion-tischen Prozesses ist. Vergleiche von DNA und Membranen weisen jedoch (im Gegen-satz zu Mitochondrien und Plastiden) nicht deutlich auf irgendeine entsprechende Vor-läuferzelle hin.Eine Alternative ergibt sich aus dem sich entwickelnden Endomembransystem: Da bei den Prokaryoten die DNA punktuell an der Zellmembran befestigt ist, ist vor-stellbar, dass sich das Membransegment mit dieser Ansatzstelle wie bei einer Endo-cytose gelöst haben könnte. Zusammen mit anderen, abgeflachten Membranvesikeln könnte die Kernhülle entstanden sein.

9. Der Ur-Eukaryot

Der Ur-Eukaryot war wesentlich größer als die Prokaryoten und hatte vermutlich einen Zellkern, ein Cytoskelett und besaß die Fähigkeit zur Endocytose. Sein Stoffwechsel war streng anaerob. Als Methanbildner war seine ATP- und Glu-cose-Produktion abhängig von Acetat-, H2- und CO2-Quellen. Fermentierende Bakte-rien, sog. α-Proteobakterien, die in ihren Zellmembranen Transportproteine für orga-nische Moleküle hatten, schieden diese Substanzen als Abfallprodukte aus. Ver-mutlich ist aus diesem Grund zunächst eine lockere Symbiose von Bakterien und Ur-Eukaryoten entstanden, die sich im wei-teren Verlauf zu einer stabilen Endosym-biose entwickelte.

Endocytose der membranständigenAnsatzstelle des circulären Genoms

10. Endocytose von α-Proteobakterien

Nach der "Wasserstoff-Theorie" erlangte

der Ur-Eukaryot den optimalen Nutzen und damit die völlige Unabhängigkeit von ex-ternen H2-Quellen durch die vollständige Endocytierung des fermentierenden α-Pro-teobacteriums. Da die Wirtszelle in ihrer Membran aber keine Importer (spezielle Membran-Transportproteine) für organi-sche Substrate besaß, mussten Kopien der Gene für diese Proteine vom Bacterium in das Genom der Wirtszelle transferiert wer-den. So konnten diese Importer auch in die Zellmembran der Wirtszelle eingebaut und die Ernährung des Symbionten gewähr-leistet werden. Im Laufe dieser endosym-biontischen Beziehung verlor das Bacte-rium allmählich seine Zellwand.

Ur-Prokaryot

Archaeum

Bacterium1 2 3 4 5

CH3COO-

H2

CO2

CH4

Zucker

organischeSubstrate

ATP

α-Proteobacterium

H2, CO2

CH3COO-

CH4

organischeSubstrate

ATPZucker

1. Gentransferfür Importer

2. Syntheseund Einbau

Importer

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I. DIE ZELLE 2. EVOLUTION

- 6 -

11. Das Mitochondrium

Außerdem wurden die Gene für die ATP-bildende Glykolyse vom Symbionten in den Zellkern transferiert (später noch wesentlich mehr Gene). Die Glykolyse läuft von nun an im Cytoplasma der Wirtszelle ab, die weitere Verarbeitung des Spaltproduktes Pyruvat weiterhin im Sym-bionten. Morphologische Veränderungen des Symbionten führten zur Gestalt des Mitochondriums. Nach Abschluss dieses umfangreichen Gentransfers benötigte der Eukaryot für seinen Stoffwechsel nun kein H2 mehr, das zuvor die Ursache für die Entstehung dieser Symbiose gewesen war. Die Gene für die nun nicht mehr benö-tigten H2-abhängigen Stoffwechselwege konnten verloren gehen.

12. Endocytose von Cyanobakterien

Der Photosyntheseapparat der Cyanobakte-rien unterscheidet sich deutlich von dem anderer Bakterien: Sie besitzen Chloro-phyll a (statt Bacteriochlorophyll), Photo-system I und II (statt nur I) und verwenden als H+- und e--Quelle H2O (statt anorga-nische Schwefel- oder organische Verbin-dungen); als Abfallprodukt wird O2 frei. Wie bei anderen photoautotrophen Bakte-rien auch läuft die Photosynthese an Thyla-koiden ab. Diese Merkmale haben Cyano-bakterien mit Chloroplasten gemeinsam und werden daher als deren Vorfahren angesehen. Wie bei den α-Proteobakterien waren wohl auch hier ernährungsphysio-logische Vorteile die Ursache für eine dauerhafte Endosymbiose.

13. Der Chloroplast

Das Genom der Cyanobakterien schrumpf-te auf ein Dreißigstel seiner Ursprungs-größe. Wie auch bei den α-Proteobakterien wurden die Gene in den Nucleus transfe-riert. Weder die Ursachen noch die Mecha-nismen dieses Transfers sind genau be-kannt. Ein weiteres Rätsel ist, wie und warum das Cyanobacterium den größten Teil seiner Photosynthese-Produkte als Triosephosphate in das Cytoplasma der Wirtszelle abgab; denn nur dadurch konnte der ehemals heterotrophe Eukaryot von seinem Symbionten profitieren. Wie bei den Proteobakterien führten mor-phologische Veränderungen der inneren Membranen zur Gestalt des heutigen Zell-organells, des Chloroplasten.

CO2

O2Kohlen-hydrate

CO2

ATP

Gen-transfer

14. Die eukaryotische Zelle

Das Inventar eines typischen Eukaryoten besteht aus dem Golgi-Apparat, dem Endo-plasmatischen Reticulum, Cytosomen (wie z.B. Transportvesikel, Lysosomen und Per-oxisomen), dem Nucleus, Mitochondrien, Plastiden (nur bei Pflanzen), verschiedenen Cytoskelettbestandteilen und 80S-Riboso-men. Auf Grund des Transfers von Orga-nellen-DNA in den Nucleus werden die Proteine der Organellen im Cytoplasma synthetisiert. Es musste daher ein neuer Verteilungsmechanismus entwickelt wer-den, damit die Proteine wieder zurück in die Organellen gelangen. Da Peroxisomen auf demselben Wege mit Proteinen be-stückt werden, könnten auch sie endosym-biontischen Urspungs sein.

ZUSAMMENFASSUNG-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Vor ca. 4,6 Milliarden Jahren entstand die Erde. Mit dem einsetzenden Abkühlungs-prozess begann die chemische Evolution: UV-Strahlung, hohe Temperaturen und elek-trische Entladungen (Blitze) führten zur Entstehung erster organischer Moleküle.Verschiedene Minerale dienten dabei als Katalysator, Gerüst, Behälter und Reaktions-partner.Mit der Bildung von Makromolekülen wie Nucleinsäuren (zunächst nur RNAs) und Peptiden entstanden die ersten wechselwirkenden und später auch selbstreplizierenden Systeme.Durch Kompartimentierung (Einschluss in fettartige Hüllschichten) wurde die gene-tische Information direkt selektierbar.Verschiedene Progenoten entstanden: umhüllte Vorläuferzellen, die über einige grund-legende Stoffwechselreaktionen (wie RNA-Replikation, Translation, Glykolyse, ATP als

"Energiewährung") verfügten.

Vor ca. 3,7 Milliarden Jahren entwickelten sich aus der Progenoten-Gruppe die Ur-Pro-karyoten. Sie besaßen eine feste Zellwand und ein DNA-Genom. Relativ früh spalteten sich die Ur-Prokaryoten in die Archaea und die Bacteria auf.Vor ca. 1,4 Milliarden Jahren entstanden die ersten Eukaryoten. Wichtige Prozesse waren die Zunahme innerer Membranflächen und die Entstehung von DNA-haltigen Organellen (Endosymbionten-Theorie):Einige methanogene Archaebakterien machten einen Umformungsprozess durch: Sie verloren die Zellwand, nahmen an Volumen zu, bildeten ein Cytoskelett aus und ent-wickelten die Endocytose.Durch Einschnürungsprozesse der Zellmembran könnten das Endomembransystem und der Nucleus entstanden sein.Eine Symbiose mit H2 produzierenden α-Proteobakterien machte die methanogenen Archaebakterien unabhängig von externen H2-Quellen. Nach umfangreichem Gentrans-fer und morphologischen Umformungen entwickelten sich aus den Proteobakterien die Mitochondrien. Es entstanden heterotrophe Eukaryoten.Endocytierte photoautotrophe Cyanobakterien wurden ebenfalls nach Gentransfer und morphologischen Umformungen zu Organellen umgewandelt: zu Plastiden. Durch diesen Prozess entstanden photosynthetisierende Eukaryoten. Das Zellkern-Genom einer solchen Zelle entstammt also drei verschiedenen Genomen: dem Genom der Archaebakterien, der heterotrophen Bakterien und der Cyanobakterien.

CO2

organischeSubstrate

ATP

3. Gentransferfür Glykolyse

4. Glykolyse

ATP

Pyruvat

CO2

O2

Kohlen-hydrate

Cyanobacterium heterotropherEukaryot

CO2

ATP

Peroxisomen

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I. DIE ZELLE3. SYSTEMATIK

- 7 -

STAMMBAUM DES LEBENS

Cyanobakterien

Urgemeinschaft vonProgenoten mit

ausgeprägtem horizontalenGentransfer

Aggregation: Zusammenlagerung frei lebender Einzelzellen zu vielzelligen Organismen

Kolonie: Sammelbezeichnung für Zellgruppen von auseinander hervorgegangener Einzelzellen

Coenobium: Zellverband von auseinander hervorgegangenen Einzelzellen, die durch eine gemeinsame Gallert-

hülle oder eine Zellwand zusammengehalten werden

Gewebe: Verband gleichartig differenzierter Zellen als Baumaterial für Organe

Dieser Stammbaum stellt die Entwick-lungslinien von einer Progenotengruppe zu den Prokaryoten (Archaea und Bac-teria) und zu den Eukaryoten (Plantae, Fungi, Animalia) dar. Eingezeichnet sind ebenfalls die Endocytoseprozesse von Proteo- und Cyanobakterien, die zu Mitochondrien bzw. Plastiden reduziert wurden. Nicht dargestellt ist die inho-mogene und polyphyletische Gruppe der Protisten (einzellige Eukaryoten).

Zellen leben selten als isolierte Einzelzellen; sie treten meist in Verbänden auf:

-

-

-

-

ZELLVERBAND-TYP

Einzelzelle........................

Kolonie.............................

Coenobium.......................

Aggregation...............................................................

gewebeähnliche Systeme...........................................

echte Gewebe.............................................................

ZELLVERBÄNDE

PROKARYOTEN

VibrioE. coliPseudomonasE. coliKokken

ProteusStreptococcusSarcinaNostoc

EUKARYOTEN

TrypanosomaForaminiferaSporozoaVolvocaceae

PediastrumScenedesmusDictyostelium (Aggregationsplasmodium)

Porifera (Lager)

Basidiomycetes (Mycel)

Rhodophyceae (Flechtthallus)

Plantae (Meristeme, Leitungs-, Festigungsgewebe u.a.)

Animalia (Epithel-, Binde-, Muskel-, Nervengewebe u.a.)

α-Proteobakterien

BACTERIA ARCHAEA PLANTAE FUNGI ANIMALIA

PROKARYOTEN EUKARYOTEN

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Die moderne Systematik hat zum Ziel, ein phylogenetisches System der Organismen zu erstellen, das die stammes-

geschichtlichen Verwandtschaftsbeziehungen zum Ausdruck bringen soll. Es gibt bisher keinen einheitlichen theore-

tischen Ansatz (z.B. lässt das konsequent phylogenetische System von Hennig nur monophyletische Taxa zu, die

evolutionäre Klassifikation nach Mayr berücksichtigt auch den Grad der genetischen Übereinstimmung und lässt

somit auch paraphyletische Taxa wie die "Reptilien" zu). Die folgende Systematik, die hauptsächlich unter Berück-

sichtigung praktischer Aspekte zusammengestellt wurde, stellt daher nur eine unter vielen Möglichkeiten dar.

- 8 -

A

prokaryotisch; Zellwand ohne Murein; Glycerinether statt Glycerin-ester in Biomembran; andere 16S-rRNA; vermutl. kein Monophylum

Gruppe Koarchaeota

Gruppe Crenarchaeota

Gruppe Euryarchaeota

Gruppe Nanoarchaeota

E

prokaryotisch; wenn Zellwand vorhanden, dann mit Murein; Glyce-rinester in Biomembran

Abt. Posibacteriota (grampositiv, heterotroph)

Abt. Negobacteriota (gramnegativ, heterotroph)

Abt. Cyanobacteriota (autotroph)

Abt. Prochlorophyta (autotroph)

P

eukaryotisch; primär photoautotroph; Zellwände mit Cellulose; einige Taxa stellen kein Monophylum dar (*)

Organisationsstufe Eukaryotische Algen*

Abt. Euglenophyta

Abt. Cryptophyta

Abt. Dinophyta (= Pyrrhophyceae)

Abt. Haptophyta (= Prymnesiophyta), Kalkalgen

Abt. Chrysophyta (= Heterokontophyta), Goldalgen

Abt. Rhodophyta, Rotalgen (stark isolierte Stellung)

Abt. Chlorophyta*, Grünalgen

Organisationsstufe EmbryophytenEmbryo von Mutterpflanze ernährt; echte Gewebe; Cuticula; Spaltöffnungen; Leitbündel; heteromorpher Generationswechsel

Abt. Bryophyta*, Moose

Kl. Anthocerotae, Hornmoose

Kl. Marchantiatae, Lebermoose

Kl. Bryatae = Musci, Laubmoose

Organisationsstufe Tracheophytenechte Leitbündel; Epidermis

Abt. Pteridophyta*, Farne

Abt. Spermatophyta, BlütenpflanzenGametophytengeneration nicht selbständig lebensfähig

Gymnospermen(*), Nacktsamer (einfache Samenanlagenträger)

U.Abt. Coniferophytina (gabel-, nadelblättrig)

U.Abt. Cycadophytina (fiederblättrig)

Angiospermen, Bedecktsamer (Samenanlagen in Fruchtknoten)

Kl. Dicotyledoneae, Zweikeimblättrige

Kl. Monocotyledoneae, Einkeimblättrige

F

eukaryotisch; heterotroph; meist mit Zellwand aus Cellulose, Chitin u.a. Substanzen; einige Taxa stellen kein Monophylum dar (*)

Organisationstyp Schleimpilze*pilzähnliche Protisten mit Plasmodien

Abt. Acrasiomycota, zelluläre Schleimpilze

Abt. Myxomycota, echte Schleimpilze

Abt. Plasmodiophoromycota, parasitische Schleimpilze

Organisationstyp Pilzei.d.R. mit Zellwänden; häufig Hyphenbildung (Gesamtheit = Mycel)

Abt. Oomycota

Abt. Eumycota

Fungi imperfecti (= Deuteromycetes)künstliche Gruppe; nur vegetativer Vermehrungszyklus bekannt

A

eukaryotisch; heterotroph, phagotroph; i.d.R. ohne Zellwand

Unterreich Protozoa Polyphylum; alle einzelligen Tiere

St. Zooflagellata (mit 1 bis mehreren Flagellen)

St. Rhizopoda (Wurzelfüßer, mit Pseudopodien)

St. Sporozoa (Endoparasiten mit Sporenbildung)

St. Ciliata (Kerndualismus; Kunjugation; Cilien)

Unterreich Metazoa Vielzeller; echte Gewebe; Blastulabildung

St. Mesozoa

St. Porifera, Schwämme

St. Placozoa

St. Cnidaria, Nesseltiere

St. Ctenophora, Rippenquallen

St. Nemathelminthes, Rundwürmer und Rädertierchen

St. Gnathostomulida, Kiefermündchen

St. Plathelminthes, Plattwürmer

St. Nemertini, Schnurwürmer

St. Kamptozoa, Kelchwürmer

St. Mollusca, Weichtiere

St. Sipunculida, Spritzwürmer

St. Echiurida, Igelwürmer

St. Annelida, Ringelwürmer

St. Pogonophora, Bartwürmer

St. Onychophora, Stummelfüßer

St. Tardigrada, Bärtierchen

St. Pentastomida, Zungenwürmer

St. Euarthropoda, echte Gliederfüßer

St. Tentaculata, Kranzfühler

St. Chaetognatha, Pfeilwürmer

St. Echinodermata, Stachelhäuter

St. Chordata

U.St. Tunicata, Manteltiere

U.St. Acrania, Schädellose

U.St. Craniota (= Vertebrata), Wirbeltiere

I. DIE ZELLE 3. SYSTEMATIK

ARCHAEA nach Woese (1987), Burggraf (1997) u.a.

BACTERIA nach Strasburger (1998)

PLANTAE nach South & Whittick (1987), Bresinsky (1991) u.a.

FUNGI nach Strasburger (1991) und Bresinsky (1983)

ANIMALIA nach Grell (1980), Hennig (1986), Ax (1989) u.a.

= Arthropoda

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Zellwände derPflanzen und Pilze,Mureinsacculus der

Bakterien

Als Enzyme können Proteine alle anderen Moleküle

verändern (auch andere Proteine), als Hormone dienen

sie dem Informationstransport, als ATPasen wie Dynein

oder Myosin sind sie Bestandteil verschiedener Bewe-

gungselemente und als Carrier in Membranen können

sie einzelne Moleküle von einem Kompartiment in ein

anderes transportieren. Außerdem dienen sie als exter-

nes und internes Gerüst der zellulären Stabilisierung

und Fixierung. Durch ihrer Vielgestaltigkeit treten

Proteine in sehr vielen zellulären Strukturen auf und

definieren somit deren Spezifität, wie z.B. in den Bio-

membranen.

Die Hauptfunktionen der Nucleinsäuren sind als DNA

die Langzeit-Informationsspeicherung für Proteinbau-

anleitungen und als RNA die Informationsübertragung

und -umsetzung. Außerdem fungieren sie z.B. in Form

von rRNAs als Gerüst für ribosomale Proteine. Kataly-

tisch können Nucleinsäuren u.a. in Ribosomen und

Spleißosomen wirken; sie sind also an mehreren Teil-

prozessen ihrer eigenen Synthese beteiligt.

Cellulose dient als Bestandteil von Zellwänden der Sta-

bilisierung; Amylose, Amylopektin und Glykogen sind

Energiespeicherformen der Glucose und viele Organis-

men wandeln einen Kohlenhydrat-Überschuss in Spei-

cherfette um. Im Laufe des Abbaus dieser hochpoly-

meren Moleküle wird ATP gebildet, das außerdem

Baustein der Nucleinsäuren ist (gestrichelte Linie). In

Form verschiedenster Oligosaccharide auf den Mem-

branaußenflächen (als sog. Glykokalyx) geben sie den

Zellen eine für andere Zellen erkennbare Identität.

FETTE

In Form von Phospholipiden sind Fette Bestandteile

aller Biomembranen und bewirken eine Kompartimen-

tierung des Zellinhaltes. Als Fett-Tröpfchen sind sie ein

idealer Energiespeicher. Bei der Oxidation der Fettsäu-

ren wird, wie beim Abbau von Kohlenhydraten, ATP

als universeller Energieträger gebildet (gestrichelte

Linie).

Viele grundlegende Stoffwechselwege (wie DNA- und

RNA-Synthese, Proteinsynthese, Glykolyse, Fettsäure-

oxidation, Citrat-Cyclus u.a.), viele Strukturen (wie

Biomembran, Ribosomen) und viele Funktionen (DNA

als Informationsspeicher, Kohlenhydrate und Fette als

Energiespeicher, ATP als Energiewährung u.a.) deuten

auf einen gemeinsamen Ursprung allen Lebens.

Allgemein gilt: Die Struktur determiniert die Funktion!

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN1. STRUKTUR-FUNKTIONS-ZUSAMMENHÄNGE

PROTEINE

- 9 -

ZELLULÄRE ZUSAMMENHÄNGE DER WICHTIGSTEN MOLEKÜLKLASSEN

Stoffumwandlung,Informationsübertragung,Bewegung, Stabilisierung,

Proteinspeicherung

Proteine Nucleinsäuren Kohlenhydrate Fette

Informationsspeicherung,Informationsübertragung,

Gerüst,Katalyse

Stabilisierung,Identifizierung,

Energiespeicherung,Kohlenstoffspeicherung

Kompartimentierung,Energiespeicherung

Cytoskelettbestandteile,Proteasomen,

Kollagen,Elastin

Ribosomen,Spleißosomen

Biomembranen

NUCLEINSÄUREN

KOHLENHYDRATE

FETTE

UNIVERSALIEN

Kla

ssen

Funkti

onen

Sto

ffw

echse

l-B

ezie

hungen

zell

ulä

re S

truktu

ren

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II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN 2. KOHLENHYDRATE

- 10 -

OH

C

C

C

C

C

C

H O

H

H OH

H OH

H OH

H OH

H

1

2

3

4

5

6

1

2

3

4

5

6

4 1

23

5

6

OH

C

C

C

C

C

C

H

H

H OH

H OH

H OH

H

1

2

3

4

5

6

OH

H

O1

2

3

4

5

6

2

1

34

65

C

C

C

C

C

H

H O

H OH

H OH

H OH

1

2

3

4

5

H H2

3

4

5

1

1

23

54

C

C

C

C

C

H

H O

H OH

H OH

H OH

1

2

3

4

5

H OH2

3

4

5

1

1

23

54

Pentose: α-D-Ribose Pentose: α-D-Desoxyribose

Hexose: α-D-Glucose Hexose: β-D-Fructose

4 1 4 1

4 1 4 1 4 1 4 1

4 1

4 1

2

1

34

65

4 1

Maltose: α-D-Glucose + α-D-Glucose Cellobiose: β-D-Glucose + β-D-Glucose Saccharose:α-D-Glucose +β-D-Fructose

α-1,4-glykosidische Bindung β-1,4-glykosidische Bindung

α-1,β-2-glykosidische Bindung

α-D-Glucose mit1,4- und 1,6-

glykosidischenBindungen

(bei Amylopektinund Glykogen)

4 1 4 1

4 1

6

MONOSACCHARIDE

DISACCHARIDE

POLYSACCHARIDE

Cellulose: lineares, unverzweigtes Polymer aus Cellobiose

Amylose: helicales, unverzweigtes Polymer aus Maltose

Amylopektin: helical, wenig verzweigt Glykogen: helical, stark verzweigt

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Kohlenhydrate bestehen aus oder sind Polyhydroxy-

aldehyde oder -ketone. Die Summenformel dieser

Molekülklasse ist i.d.R. (CH2O)n mit n ≥ 3.

als Strukturelement:

-

als Funktionselement:

-

-

Monosaccharide (Einfachzucker) stellen Oxidations-

produkte mehrwertiger Alkohole dar, die Ketosen oder

Aldosen genannt werden, z.B. Oxidation von Glycerin:

Auf Grund des asymmetrischen C-Atoms (= C-Atom

mit vier verschiedenen Substituenten) beim Glycerinal-

dehyd treten 2 Enantiomeren (= Spiegelbildisomere)

mit entgegengesetzten Drehwerten auf:

Die D,L-Nomenklatur bezieht sich prinzipiell auf die

Konfiguration desjenigen asymmetrischen C-Atoms,

das am weitesten von der Carbonylgruppe entfernt ist.

Einfachzucker werden nach der Anzahl ihrer C-Atome

klassifiziert: Triosen (3), Tetrosen (4), Pentosen (5),

Hexosen (6), Heptosen (7). Zucker mit mindestens 5 C-

Atomen können sich durch innermolekulare Reaktion

der Carbonyl- und Hydroxylgruppe zu einem Ring

schließen (Halbacetalbildung):

Bausubstanz für Zellen und Gewebe (z.B. als Zell-

wandbestandteil)

Energiequelle

Kohlenstoffquelle für Synthese anderer Moleküle

Die dabei neu gebildete OH-Gruppe am C1-Atom kann

zwei verschiedene Positionen einnehmen, die mit α

und β bezeichnet werden:

Die in der Natur am häufigsten vorkommenden Mono-

saccharide sind die Hexosen D-Glucose (Trauben-

zucker) und D-Fructose (Fruchtzucker). Die wichtigsten

Pentosen sind D-Ribose und D-Desoxyribose als Be-

standteile von DNA und RNA.

OH-Gruppen zweier verschiedener Monosaccharide

können unter Wasserabspaltung eine Etherbindung ein-

gehen, die glykosidische Bindung genannt wird. In die

Bezeichnung einer solchen Bindung gehen sowohl die

Nummern der C-Atome ein, die die beteiligten OH-

Gruppen tragen, als auch die α- oder β-Stellung dieser

OH-Gruppen. Ist das Polymerisierungsprodukt nicht

mehr als 10 Monomere lang, spricht man von Oligo-

sacchariden. Als äußerer Zellbesatz spielen sie eine

wesentliche Rolle bei der Zellerkennung.

Die in der Natur am häufigsten auftretenden Oligosac-

charide sind folgende Disaccharide:

-

-

-

-

Die wichtigsten Polysaccharide sind Cellulose und

Stärke, die beide aus Glucoseeinheiten bestehen.

Cellulose besteht aus 500 bis 5.000 β-D-Glucose-Ein-

heiten (β-1,4-glykosidische Bindungen). Stärke ist ein

Gemisch aus Amylose und Amylopektin. Amylose be-

steht aus 100 bis 1.400 α-D-Glucose-Einheiten (α-1,4-

glykosidische Bindungen). Amylopektin besitzt neben

den glykosidischen 1,4- auch 1,6-Bindungen, wodurch

ein verzweigtes Makromolekül entsteht (die Verzwei-

gungsäste sind ca. 12 Moleküle lang). Glykogen, die

Kohlenhydrat-Speicherform von Tieren und Pilzen, ist

ebenso aufgebaut wie Amylopektin, jedoch noch

reicher verzweigt (an ca. jedem 10. Molekül).

Die Polymerisation von α-D-Glucose ergibt eine helica-

le Struktur. Einlagerung von Iodatomen führt zur typi-

schen blau-violetten Färbung (Iod-Stärke-Reaktion).

Maltose (α-1,4-glykosidische Bindung zweier α-D-

Glucosen)

Cellobiose (β-1,4-glykosidische Bindung zweier β-

D-Glucosen)

Lactose (1,4-glykosidische Bindung von β-D-

Galactose und α-D-Glucose)

Saccharose (1,2-glykosidische Bindung von α-D-

Glucose und β-D-Fructose).

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN2. KOHLENHYDRATE

DEFINITION

- 11 -

FUNKTIONEN

ALLGEMEINES

C

C

C

OH

H

H H

1

2

3

H OH

OH

H C

C

C

OH

H

H H

1

2

3

OH

O

HC

C

C

OH

H

H H

1

2

3

H OH

O

DihydroxyacetonKetose mitKetogruppe

GlycerinGlycerinaldehydAldose mit

Aldehydgruppe

-2H -2H

C

CC

OH

H

H H

1

2

3

H OH

O

D-Glycerinaldehyd

HO

C

CC

OH

H

H H

1

2

3

H

O

L-Glycerinaldehyd

MONOSACCHARIDE

OH

H

O O OH

4 1

23

5

6

4 1

23

5

6

α-D-Glucose β-D-Glucose

OLIGOSACCHARIDE

POLYSACCHARIDE

Page 13: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

FETTSÄUREN

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN 3. FETTE

- 12 -

CO

HOC

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

C

H

H

H1 16

161

181

9

101

18

3 Darstellungsformen der Palmitinsäure (C 16:0)erste Zahl = Anzahl der C-Atome

zweite Zahl = Anzahl der Doppelbindungen

Stearinsäure (C 18:0)

Ölsäure (C 18:1)1 Doppelbindung

zwischen C 9 und C 10verursacht Knick in

der Kohlenwasserstoffkette

GLYCERINESTER (NEUTRALFETT)

Glycerin + 3 Fettsäuren Triacylglycerin + 3 H2O

HOOC - (CH2)14 - CH3

PHOSPHOLIPID

+

+

H3C H

H3C N+

H3C

C

H

H

C

H

OH HO P

O

OH

OH

Phospholipid (hier Lecithin)+ 4 H2O

2 Fettsäuren (hier Palmitinsäure)+ Glycerin

+ Phosphorsäure+ Alkohol (hier Cholin)

PhosphorsäureCholin

Phosphatidylcholin = Lecithin

SPHINGOLIPID

+

+

Sphingolipid (hier Sphingomyelin)+ 3 H2O

Sphingosin+ Fettsäure (hier Ölsäure)

+ Phosphorsäure+ Alkohol (hier Cholin)

PhosphorsäureCholin Sphingosin

Ölsäure

Page 14: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

Phospholipide sind Hauptbestandteil aller Biomem-

branen.

Neutralfette sind Bestandteil der Fettdepots (Ener-

giespeicher, Isolation, Polsterung) in pflanzlichen

und tierischen Zellen.

1) Fettsäuren

a) Neutralfett

b) Phospholipid*

c) Ceramid

d) Sphingolipid*

e) Glyceringlykolipid*

f) Cerebrosid*

* Membranbestandteile

Auf Grund ihres amphipathischen Charakters (hydro-

philer "Kopf" und hydrophober

"Schwanz") bilden

Phospholipide in Wasser spontan Grenzschichten aus,

als einschichtigen Oberflächenfilm (1), Monolayer (2),

Micellen (3) oder als Doppelschichten = Bilayer (4).

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN3. FETTE

DEFINITION

- 13 -

Fette sind Veresterungsprodukte aus Glycerin und lang-

kettigen Carbonsäuren (= Fettsäuren). Man unterschei-

det zwischen Neutralfetten und Phospholipiden: Neu-

tralfette sind Ester von Glycerin und 3 Fettsäuren; sie

sind ungeladene und hydrophobe Moleküle. Phospho-

lipide sind Ester von Glycerin, 2 Fettsäuren und Phos-

phorsäure, tragen also eine Nettoladung und sind

amphipathische Moleküle.

als Strukturelement:

-

als Funktionselement:

-

Die Gruppenbezeichnung für alle hydrophoben, großen

Kohlenwasserstoffe lautet Lipide. Sie werden unterteilt

in Neutralfette, Phospholipide, Glykolipide, Sphingoli-

pide (mit Cerebrosiden), Steroide und Terpene. Die

beiden letzten Gruppen enthalten keine Fettsäuren und

werden in diesem Abschnitt nicht behandelt.

Hauptbestandteil aller Fette und der meisten Lipide

sind die Fettsäuren, langkettige Kohlenwasserstoffe mit

einer terminalen Carboxylgruppe. Natürlich vorkom-

mende Fettsäuren besitzen eine gerade Anzahl von C-

Atomen und haben eine Länge von 14 bis 22 C-

Atomen. Am häufigsten sind Kettenlängen von 16 und

18 C-Atomen. Gesättigte Fettsäuren besitzen keine,

ungesättigte Fettsäuren, die häufiger vorkommen,

tragen eine oder mehrere Doppelbindungen; die erste

liegt häufig zwischen C9 und C10, alle weiteren

zwischen dieser und dem Methylterminus, wobei sie

niemals konjugiert auftreten. Jede Doppelbindung

verursacht einen Knick von ca. 30° in der Kohlen-

wasserstoffkette. Gesättigte Fettsäuren haben eine

wachsähnliche Konsistenz, ungesättigte sind bei Zim-

mertemperatur ölige Flüssigkeiten. Bestimmte ungesät-

tigten Fettsäuren sind für den Menschen essentiell.

Beispiele einiger Fettsäuren:

C 16:0 Palmitinsäure (16 C-Atome, gesättigt)

C 16:1 Palmitoleinsäure (16 C, eine Doppelbindung)

C 18:0 Stearinsäure (18 C, gesättigt)

C 18:1 Ölsäure (18 C, eine Doppelbindung)

C 18:2 Linolsäure (18 C, zwei Doppelbindungen)

C 18:3 Linolensäure (18 C, drei Doppelbindungen)

C 20:4 Arachidonsäure (20 C, vier Doppelbindungen)

FUNKTIONEN

ALLGEMEINES

FETTSÄUREN

BAU-ELEMENTE

1 23

4

5

6

LIPIDE

a b d

e f

1

3

2

4

c

li gesättigtre ungesättigt

2) Glycerin

3) Sphingosin

4) Alkohol

5) Zucker

6) Phosphorsäure

Page 15: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

PEPTIDBINDUNG und PRIMÄRSTRUKTUR

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN 4. PROTEINE

- 14 -

allgemeine Schreibform einer L-Aminosäureα-C-Atom*; R = Rest (o. Seitenkette)

C

CR

O

N H

OH

H

H1

2

3 1

2

3

WASSERSTOFFBRÜCKEN und SEKUNDÄRSTRUKTUR

3 Aminosäuren ⇒ Tripeptid + 2 H2OPeptidbindung

1

2

Wasserstoffbrücken

2

3

4

56

7

81

α-Helix

von oben seitlich

β-Faltblatt

SEITENKETTEN und TERTIÄRSTRUKTUR

+

-

liWasserstoffbrückenbindung

zwischen Amino- undCarboxylgruppe allerAminosäuren möglich

reSchwefelbrücke zwischen

zwei Cystein-Resten

liIonenbindung zwischen

Kation (Aminogruppe) undAnion (Carboxylgruppe) kann

zu Peptidbindung führen

rehydrophobe Wechselwirkung

tritt auf bei unpolarenSeitengruppen, die sich

in die Proteinmitte drehen

Cystein-Seitenketten

Seitenkettenvon Leucinund AlaninAsparaginsäure- und

Lysin-Seitenketten

* *

Page 16: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

Die lineare Abfolge der Aminosäuren stellt die Primär-

struktur dar. Die Synthese einer Aminosäurekette weist

deutliche Unterschiede zur Synthese anderer Stoffklas-

sen auf: Die genaue Reihenfolge der Aminosäuren wird

durch die Triplett-Codierung der Gene festgelegt und

die Synthese der Aminosäureketten findet an Multien-

zymkomplexen (den Ribosomen) in einem ununter-

brochenen Prozess statt, den man Translation nennt.

Diese Synthese erfolgt vom Amino- zum Carboxylter-

minus.

Die Sekundärstruktur beschreibt die geometrische An-

ordnung der Aminosäuren entlang einer Achse. Sie ent-

steht durch Wasserstoffbrückenbildungen zwischen den

Amino- und Carboxylgruppen noch während der Trans-

lation. Abhängig von den Seitenketten der Amino-

säuren können Helices oder Faltblattstrukturen ent-

stehen. Bei α-Helices zeigen alle Seitenketten nach

außen und die Brückenbindungen entstehen zwischen

übereinanderliegenden Aminosäuren. Bei β-Faltblatt-strukturen zeigen die Seitenreste nach oben und unten

und die Brückenbindungen entstehen zwischen den

sich gegenüberliegenden Aminosäuren. Innerhalb einer

Polypeptidkette treten meist beide Konformationen auf;

Helices sind jedoch häufiger.

Durch Wechselwirkungen von Aminosäure-Seitenket-

ten, die innerhalb der Polypeptidkette weit voneinander

entfernt liegen, entstehen Schlaufen und Falten,

wodurch die Peptidkette eine typische dreidimensionale

Form bekommt. Die räumliche Struktur zusammen mit

dem Verteilungsmuster der elektrostatischen Ladungen

bestimmt letztlich die Funktion des Proteins. Folgende

Bindungstypen können die Seitenketten eingehen:

kovalente Bindungen (= Atombindungen wie Peptid-

bindung oder Schwefelbrücken), elektrostatische Wech-

selwirkungen (wie Ionen- und Wasserstoffbrücken-

bindungen) und Van-der-Waals-Wechselwirkungen

(wie hydrophobe Wechselwirkungen). Hydrophile

Seitenketten drehen sich zur Protein-Außenseite,

hydrophobe Seitenketten zur Proteinmitte.

Die Konformation oligomerer Proteine (= komplexe

Proteine, die aus mehreren Peptidketten bestehen) wird

Quartärstruktur genannt. Zwischen den einzelnen

Proteinen bestehen keine atomaren Bindungen.

Beispiele: Hämoglobin (zwei α- und zwei β-Ketten),

einige Hitzeschockproteine (14 o. mehr Untereinhei-

ten), Proteasomen (28 o. mehr Untereinheiten).

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN4. PROTEINE

DEFINITION

- 15 -

Proteine sind Polymere der Aminosäuren (= Aminocar-

bonsäuren). Proteinogene Aminosäuren sind L-Amino-

säuren, die am α-C-Atom eine Amino-, eine Carboxyl-

gruppe und eine für jede Aminosäure typische Seiten-

kette besitzen.

als Strukturelement:

-

als Funktionselement:

-

-

-

-

-

-

1. AminosäurenWie bei den Kohlenhydraten existieren auch bei den

Aminosäuren auf Grund des asymmetrischen C-Atoms

(hier des α-C-Atoms) stereoisomere D- und L-Konfi-gurationen. Alle in Proteinen vorkommenden (prote-

inogene) Aminosäuren gehören dem L-Typen an.

Insgesamt konnten bisher über 260 verschiedene Ami-

nosäuren identifiziert werden, doch kommen - bis auf

ganz wenige Ausnahmen - in Proteinen nur 20 ver-

schiedene Aminosäuren vor, von denen 9 für den Men-

schen essentiell sind, d.h. sie können vom Organismus

nicht selbst synthetisiert werden.

Anhand der verschiedenen Seitenketten werden die 20

Aminosäuren in vier Gruppen eingeteilt: hydrophobe

(unpolare), hydrophile (polare, ungeladene), basische

(positiv geladene) und saure (negativ geladene Seiten-

ketten) Aminosäuren.

2. ProteineAuf Grund der Vielzahl der Aminosäure-Kombinations-

möglichkeiten (z.B. bei Tripeptid 203 = 8.000! ver-

schiedene Kombinationsmöglichkeiten) stellen die

Proteine die vielfältigste und am häufigsten vorkom-

mende Klasse dar (≥ 50% TM einer Zelle).

Oligopeptide bestehen aus bis zu 10, Polypeptide sind

Ketten mit mehr als 10 Aminosäuren.

Proteine können unterteilt werden in globuläre (wasser-

löslich, sphärisch, mit mobiler oder dynamischer Funk-

tion) und fibrilläre (wasserunlöslich, faserförmig, mit

stabilisierender Funktion) Proteine. Als Proteide wird

die Gruppe von Proteinen bezeichnet, die einen Nicht-

Proteinanteil enthält (wie z.B. Glyko-, Phospho-, Lipo-,

Metalloproteine).

Festigung und Stabilisierung, z.B. als Cytoskelett-

elemente, Keratin-, Collagen- und Elastinfasern

Stoffumwandlung (als Enzyme)

Informationsübertragung (als Hormone und Neuro-

peptide)

Mobilisierung (z.B. als Myosin, Dynein, Actin)

Transport (z.B. als Hämoglobin, Membrankanäle)

Schutz (z.B. als Antikörper, Thrombin, Toxine,

Antibiotika)

Aminosäurespeicher (z.B. als Ovalbumin)

FUNKTIONEN

ALLGEMEINES

PRIMÄRSTRUKTUR

SEKUNDÄRSTRUKTUR

TERTIÄRSTRUKTUR

QUARTÄRSTRUKTUR

Page 17: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

GRUNDBAUSTEINE

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN 5. NUCLEINSÄUREN

- 16 -

Phosphorsäuren Stickstoff-Basen Pentosen

1) Monophosphorsäure2) Diphosphorsäure3) Triphosphorsäure

1

1

2

3

Purine:

2 3

4 5

1

2

1) Cytosin2) Uracil3) Thymin

4) Adenin5) Guanin

1) β-D-Ribose2) β-D-Desoxyribose

NUCLEOTID

NUCLEINSÄURE

Pentose + Base⇒ Nucleosid

Nucleosid + Phosphorsäure⇒ Nucleotid

5´-Ende

3´-Ende

N-glykosidische Bindung

Esterbindung

Phosphodiester

Pyrimidine:

Page 18: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

Die einzelnen Nucleotide können über Phosphodiester-

Bindungen polymerisieren: Der Phosphatrest am C5-

Atom der Pentose reagiert mit der OH-Gruppe des C3-

Atoms eines anderen Nucleotids. Die Polymerisierung

der Nucleotide findet durch einen Enzymkomplex statt,

der DNA- bzw. RNA-Polymerase. Das Polymerende,

dessen Pentose am C5-Atom eine freie Phosphatgruppe

trägt, wird als 5´-Ende bezeichnet, das Ende, dessen

Pentose am C3-Atom eine freie OH-Gruppe trägt, 3´-

Ende. Nucleinsäuren "wachsen" immer am 3´-Ende.

DNA liegt i.d.R. als Doppelstrang vor: Zwei komple-

mentäre, gegenläufige Nucleotidstränge werden durch

Wasserstoffbrückenbindungen der sich gegenüberlie-

genden Basen zusammengehalten. Es können sich nur

Purin- mit Pyrimidinbasen paaren, und zwar Adenin

mit Thymin (nur bei DNA), Adenin mit Uracil (nur bei

RNA), Guanin mit Cytosin. Adenin bildet mit Thymin

bzw. Uracil zwei Wasserstoffbrücken, Guanin mit

Cytosin drei Wasserstoffbrücken. Auf diese Weise ent-

steht eine rechtsgewundene Doppelhelix, die außen

periodisch gebaut ist (alternierend Pentose und Phos-

phat) und innen durch die Basenfolge aperiodisch.

RNA liegt i.d.R. als Einzelstrang vor, einige Viren

besitzen jedoch ein Genom aus doppelsträngiger RNA.

Auf Grund von Größe, Form und Funktion unterteilt

man die RNA-Moleküle in drei Hauptklassen:

-

-

-

Kleine RNAs sind Bestandteile von Spleißosomen und

anderen sog. Ribonucleoproteinpartikeln.

Besonders bei rRNAs und tRNAs können durch intra-

molekulare Basenpaarungen Schleifen entstehen.

mRNAs (Messenger-RNAs): Genkopien, die ins

Cytoplasma transportiert und translatiert werden

tRNAs (Transfer-RNAs): direkte Vermittlermole-

küle zwischen den mRNA-Codons und den einzel-

nen Aminosäuren

rRNAs (ribosomale RNAs): zusammen mit assozi-

ierten Proteinen als Ribosom Vermittlung der Paa-

rung von mRNA-Codon/tRNA-Anticodon und Pep-

tidbindung der Aminosäuren.

II. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN5. NUCLEINSÄUREN

DEFINITION

- 17 -

Nucleinsäuren sind hochpolymere, unverzweigte Mole-

küle aus Nucleotiden. Man unterscheidet DNA (Des-

oxyribonucleinsäure) und RNA (Ribonucleinsäure). In

der Regel liegt DNA als Doppelstrang, RNA als Einzel-

strang vor.

als Strukturelement:

-

als Funktionselement:

-

-

-

-

Nucleinsäuren sind Polymere aus Nucleotiden. Diese

bestehen aus drei Komponenten: einer N-haltigen Base,

einer Pentose und einem Phosphatrest. Bei den Basen

handelt es sich um die Purine Adenin und Guanin und

die Pyrimidine Cytosin, Uracil und Thymin. Die Base

Uracil kommt nur in RNAs vor, Thymin nur in DNAs.

Die Pentosen sind β-D-Desoxyribose oder β-D-Ribose.

Ist die Pentose eine Desoxyribose, heißt das Nucleotid

Desoxyribonucleotid und das entsprechende Polymer

Desoxyribonucleinsäure (oder DNA). Ribosen bilden

Ribonucleotide und Ribonucleinsäuren (oder RNAs).

Die Base und die Pentose werden N-glykosidisch zu

einem Nucleosid verknüpft. Die OH-Gruppe des C5-

Atoms der Pentose wird mit einer Phosphorsäure zu

einem Nucleotid verestert. Je nach Größe der Phos-

phorsäure entstehen Mono-, Di- oder Triphosphate. Tri-

phosphate wie ATP und GTP dienen der Übertragung

chemischer Energie.

Baugerüst für Proteine (RNAs), z.B. in Ribosomen

und Spleißosomen

"Energietransport" (Nucleotide), z.B. als ATP und

GTP

Informationsspeicherung (i.d.R. DNA)

Informationstransport (mRNAs)

Informationsumsetzung in Aminosäuresequenzen

(tRNAs, rRNAs)

FUNKTIONEN

NUCLEOTIDE

NUCLEINSÄUREN

BasenPURINE:

Adenin (A)

Guanin (G)

PYRIMIDINE:

Thymin (T)

Uracil (U)

Cytosin (C)

Nucleoside

Adenosin

Guanosin

Thymidin

Uridin

Cytidin

Desoxyribonucleotide

2´-Desoxyadenosin-

5-Monophosphat (dAMP)

2´-Desoxyguanosin-

5-Monophosphat (dGMP)

2´-Desoxythymidin-

5-Monophosphat (dTMP)

2´-Desoxycytidin-

5-Monophosphat (dCMP)

RibonucleotideAdenosin-5-Monophosphat (AMP)

Guanosin-5-Monophosphat (GMP)

Uridin-5-Monophosphat (UMP)

Cytidin-5-Monophosphat (CMP)

KLASSIFIKATION DER NUCLEOSIDE UND NUCLEOTID-MONOPHOSPHATE

Page 19: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

III. UNIVERSALIEN 1. BIOMEMBRAN

- 18 -

MODELL EINER TYPISCHEN BIOMEMBRAN

Aufsicht auf die Membran-Außenseite

AFM-AUFNAHME EINER BIOMEMBRAN

1

2

μm

μm1 2 3

Höhe

50 nm

3

Glas-Untergrund Lipidschicht Proteine

Aufsicht auf diecytoplasmatische Seite

s.a. Abbildungauf Seite 102

Page 20: VORWORT · Die Ansichten über die Zelle scheinen sich während des Studiums semesterweise zu verändern. Zu Beginn definiert man die Zelle schlicht als

III. UNIVERSALIEN1. BIOMEMBRAN

Biomembranen sind geschlossene Lipiddoppelschich-

ten mit integrierten und angelagerten Proteinen, die

sowohl die gesamte Zelle als auch alle Kompartimente

und Organellen umschließen; alle Biomembranen einer

Zelle bilden zusammen ein fließendes System.

Biomembranen kommen als Zellhülle (= Cytoplasma-

membran) bei jeder lebenden Zelle vor und als innere

Membranen hauptsächlich bei Eukaryoten.

Fluid-Mosaic-Model nach Singer und Nicolson:

-

-

-

-

Die Bestandteile der Biomembranen sind art- und zell-

spezifisch. Prokaryotische Membranen enthalten nur

4-5 nm dicke Lipiddoppelschicht (mit Proteinen

und Glykokalyx ca. 15 nm oder dicker)

flüssig-kristalline Struktur (zweidimensionale Flüs-

sigkeit)

asymmetrischer Aufbau

integrierte, meist lateral frei bewegliche Proteine

einen Lipid-Haupttypen, eukaryotische Membranen

mehrere Typen. Einige Lipide sind nicht symmetrisch

auf die beiden Membranhälften verteilt.

Hauptbestandteile aller Biomembranen sind:

-

-

-

-

-

In eukaryotischen Membranen kommen außerdem

Ceramide (Derivate von Sphingosin + Fettsäure) vor:

-

-

-

a) Phospholipide und Sphingolipide1 μm2 Doppelmembran enthält 5 x 106 Lipidmoleküle.

Phospholipide sind Hauptbestandteil aller Biomem-

branen; Sphingolipide kommen nur in Membranen

tierischer Zellen vor. Zur Chemie der Lipide s.a.S. 13.

Typische Lipide sind:

-

-

-

-

Phospholipide

Glykolipide

Sterine (z.B. Cholesterin; bes. bei Eukaryoten)

Proteine

Glykoproteine

Sphingolipide

Cerebroside

Ganglioside

Phosphatidylethanolamin (= Cephalin, sehr häufig,

hauptsächlich auf cytoplasmatischer Seite; 80% der

Membranlipide bei E. coli)Phosphatidylcholin (= Lecithin, auf beiden Seiten)

Phosphatidylserin (= Cardiolipin, negative Ladung,

hauptsächlich auf cytoplasmatischer Seite)

Sphingomyelin (Sphingolipid, auf beiden Seiten)

DEFINITION

VORKOMMEN

- 19 -

BAU UND BESTANDTEILE EINER TIERISCHEN CYTOPLASMAMEMBRAN

Phospholipid Sphingolipid

Glykolipid Cerebrosid Gangliosid

Cholesterin

Zucker

nm

10

5

0

5

1

2

3

4

5

Membranproteine:

1) integrales, helicales Glykoprotein

2) integrales, globuläres Glykoprotein

3) Lipoprotein

4) peripheres, kovalent gebundenes Glykoprotein

5) peripheres, nicht kovalent gebundenes Protein

Cytosol

extrazellulärer Raum

BAU

BESTANDTEILE