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DIE DEUTSCHEN RUNENDENKMÄLER HERA USGEG EBEN VON RUDOLF HENNING MI T 4 T A F E L N  U N D  2 HOLZSCHNITTEN MIT UNTER STÜ TZU NG DER K. PR EU SS . AKADEMIE DE R WISSENSCHAFTEN. STRASSRURG KARL J T ÜBN R 1889

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    D I E

    D E U T S C H E N R U N E N D E N K M L E RH E R A U S G E G E B E N

    V O N

    R U D O L F H E N N I N G

    M I T 4 T A F E L N U N D 2 H O L Z S C H N I T T E N

    M IT U N T E R S T T Z U N G D E R K . P R E U S S . A KA DE M IE D E R W I S S E N S C H A F T E N .

    STRASSRURGK A R L J T R B N E R

    1889

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    D I E

    D E U T S C H E N K U M D E M I A L E RH E R A U S G E G E B E N

    V O N

    R U D O L F H E N N I N G

    M I T 4 T A F E L N U N D 2 0 H O L Z S C H N I T T E N .

    M IT U N T E R S T T Z U N G D ER K . P R E U S S . A K A D E M I E D ER W I S S E N S C H A F T E N .

    STRASSBURGKARL J T R B N E R

    1 8 8 9 .

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    V O R W O R T .L S W I L H E L M G R I M M sein Buc h ber die de uts ch en Runen sc h ri eb , war noch ke ine s der hiervere inigten Denkmler de r Erde enthoben. Er st im Laufe sp tere r Decennien ha be n sichdieselben in langsamem Anw ach sen bestndig ve rm e hr t , so das s wir bereits ein klein es Corpusvon Insch rifte n zusamm enstellen knnen, welche theils aus N am en , theils aus ein ze lne n Stzenbestehen.De r Scharfsinn der de ut sc he n Gelehrten h a t s ich mit ihnen w ied erh olt b eschftigt, abe r ohneentsprechende Resultate zu erzielen. FR AN Z D I E T R I C H , der eifrigste De uter , hat fas t je d e Inschriftfalsch gelesen und interpretirt , whrend M L L E N H O F F die Berliner D en km le r treffend erl u te rte und

    R I E G E R , de r im brigen die W af fe n vorzeitig str ec kt e, den ersten Sa tz de r Freila ube rshe imer Spangeentnah m. Zu einer zusam men fassenden Edit ion ha t mich M L L E N H O F F fters au fg ef or de rt , dochkonnte an dieselbe erst gedacht werden, als im Herbst 1880 bei der Ausstellung prhistorischerFund e De utsc hlan ds sich ein e Gelegenheit bot, fa st alle Stcke eine Ze it lang in Berlin z u vereinigen.Ich su ch te dam als die be rlie fer un g nach M glich keit sicher zu ste llen und hab e au ch spter,bei wied erho l ten Nachp rfungen , Alles aufg ebo ten, um das Erre ichb are herauszubringen . Einemechanische Wiedergabe der beraus feinen Strichzge erwies sich als unausfhrbar, doch gelanges mir , in H err n K A R L L E O N H A R D B E C K E R einen tchtigen Knstler zu gewinnen, der unter meinerLeitung die Zeichnungen nach den Originalen anfertigte, welche er seinen spteren, mit grosserFeinheit ausg efhrten Litho gra ph ien zu Grunde legte . Als Massstab f r die Reprod uction habe ichdasjenige genommen, was auf den schrfsten Staniolabzgen hervortrat , obwohl das Auge manch-mal no ch da r be r hinaus e ine n auf dem Metall zurckgebliebenen Schimmer entd eck te, w as imText jedesmal bemerkt ist.Die Stcke, auf de ne n man mit Un rec ht R un en entdeckt h at , sind hier fortgeblieben.Dies ist der Fall mit dem Kreuze von Nordendorf, der Thonscheibe von Nassenbeuren und demBecher von Monsheim, welche D I E T R I C H auch un ric ht ig abbildete, fe rn e r mit der Span ge vo n Hohen-stadt, auf der ich kein einziges Schriftzeichen gefunden habe, und zahlreichen anderen Stcken,welche mi r durch die Fr eu nd lich ke it der Fin de r od er Besitzer zug ng lich wurden. Eb en so sinddie ber eits anderweit ig be ha nd elt en Inschriften m ode rne n Ursprun ges bei Seite ge la ss en , so diefranzsischen Flschungen, welche trotz K I R C H H O F F (Zs. 1 0 , 1 9 7 ) immer noch in der Litteraturhe ru m sp uk en , ebenso der unschuldigere Hein ers do rfer Stein (Zs. 2 4 , 219), dessen Zeichen ichallerdings nicht mit H EN RIC I ( Z S . 2 4 , 4 5 5 ) aus de m Hebrischen her zu lei te n vermag. Bei de r Spitzevon To rc el lo haben sich die Gr n de , welche f r eine Flschung s pre che n, nur no ch verstrkt

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    I V(Zs. f. Ethno logie 18, 295). F e rn e r habe ich a us se r der Spange v o n Kehrlich auch die ben ac h-barte von En ge rs auf das un si ch er e Conto ge setz t , whrend die Fr ie db er ge r ber jeden V erd ach terhaben ist . Da sich vielleicht in Zukunft no ch m eh r Flschu ngen hervorwagen w er de n , sodrfte, auch Seite ns der Mu seum sverw altungen, ein e doppelte V or sic ht am Platze sein. DieZeichen auf d en W iener Go ldge fss en endlich, w elc he ich als run ische n ic ht zu inter pre tiren we iss,mgen berhaupt einer anderen als der deutschen Kultur angehren.An die Erklrung de r Inschr iften bin ic h er st allmhlich h er an ge tre ten , ja ich w ollteAnfangs b er ha up t darauf ver zich ten und die Ta feln nur mit den nthigsten Erlu terun gen be-gleiten. Von r as ch en Einfllen glau bte ich wenig erw ar ten zu d rfe n; ha tte ich doch v o r Ja h re nan einem Beispiel selber er fa h re n , wie bald die selb en bei zusam men hng ende n Erw g un gen ze r-fliessen kn nen . Andererseits a b er musste ich mi r .sag en, dass mit d er blossen Publication nic htviel geholfen se i , das s die In sc hr ifte n auf diese W eis e vermuthlich n oc h lange ebenso ve rs ch lo ss enbleiben w r de n, w ie sie bisher es gewesen. Im m er unabweisl icher er sc hie n mir die Pf l ic ht , au fsNeue ernstl ich zu versuchen, wie weit man auf m ethodischen W egen m it der Erklrung gel ang enknne. V on wirklichem W erthe ko nn te freilich n u r ein umfassender Com me ntar wer den, de r da sgesammte germanische Sprachmaterial , das vorhandene und das zu erschliessende, zur Disposit ionstell te. Jed es ha lbe Thun w r e hier mehr als an de rsw o umsonst g ewes en. So ist de n n derApparat, der sprachliche un d d er archologische, weit ber m ei ne ursprnglichen A bs ic ht en ,aber ich de nk e, nicht ber d as W nschens werthe h in au s ang ewa chse n, musste er sic h b ei derburgundischen Inschrift doch so ga r auf das Ro m an isc he miterstrecken. Die Erw gun gen, w elc hesich daran kn p ft en , waren zu m Theil usserst complicirter Na tur . Ab er mit der Ze it kl rt enund vereinfachten sich die P ro b le m e , bis sich m ir zum Schluss diejenigen Resultate er ga be n,welche ich auf den nachfolgenden Blttern vorlege.So i s t manc hes Jahr b er dieser Arbeit ve rg an ge n, und fast vo r Thoresschluss w u rd e ihrErscheinen no ch m als in Frage ges tel l t . Zu Anfang die ses Jahres v e rb ra n n te n in Leipzig die fert ige nTafeln, nachd em die Steine fr die dre i ersten, tro tz ausdrcklicher An w eis un g, bereits ab ge sc hlif fenwaren. , Doch wurd en die neu en Sorgen durch d as energische Ei nt r ete n des Herrn V er leg er s mirsehr erleichtert un d schliesslich au ch gehoben, de n n die Kupfe rlichtd ruc ke, welche H er r R I F F A R T Hnach den Pro beb lt tern anfert igte , geben fast al le N ance n der urs pr ng l ich en L i thogra phien mi tgrosser Tre ue wied er. Sodann verhinderten mich m ein e Augen, die Fert igstel lun g des Bu ch es zuvollziehen. Do ch ist auch diese Krise berw unde n, wie ich hoffe, o h n e einen anderen Na ch the il ,als dass zwei Excurse unausgefhrt geblieben sind.Der ers te sollte eine N ac hp rf un g von S. 10 l iefern und die Beh an dlu ng des ge rm . -a gin -,-agna- (wie in Ragna-, Magna-, Agna-) whrend der frhromanischen Zeit nach den Schriftstel lernund Gegenden errtern (S. 1 3 5 ) . Die Handschriften de s GREGORIUS u n d P AU LUS DI ACONUS b e d i e n e nsich durchaus der germanischen Formen, welche besonders in spterer Zeit wil lkrl ich mit denromanischen ve rm ischt werden. Dagegen ist bei -ign - die franzsische M ouill irung de s g sc ho nim 6 . Jahrhundert weit vorgeschrit ten, wie das classische eneum (= ignem) des Capitulars v. J. 5 1 1 / 5 5 8(ed. B O R E T I U S S . 5 ) erweist. In dem zweiten Ex cu rs e wollte ich no ch mit aus fh rlich ere r Be -grndung auf die vo lks tm lich en Zeugnisse f r de n Brautlauf eing ehe n (vgl. S. 101 A n m . 2), mitderen An fh run g ich mich jetzt be gn ge . Die gew h nlich e Form des W et tla uf es bezeugen S C H M E L L E R ,Bayrisches W r ter bu ch 2 II , 4 8 1 , Bavar i a I , 3 9 8 ff., S C H N W E R T H , A U S der Oberpfalz 1 , 9 8 , R A N K , Ausdem Bhmerwalde S . 6 6 . 6 8 f . und sons t K U H N , Mrkische Sagen S . 3 6 3 , das Hochzeitsbuch vonD RI NG SF EL D S . 1 5 1 . 2 4 3 ; den WTettlauf zwischen Braut und Brutigam K U H N a . a . O . S. 3 5 8 . F r

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    Vdie arch olog ische n Bem erku nge n S. 14f. w re ein grsseres M at er ia l, als es mir hi er zu Gebotesteh t, erw ns cht gewesen. Die dnischen W ag en fun de , deren O rnamen te sich m it denen derMncheberger Spitze so nahe berhren, sind jetzt von H EN R Y P E T E R S E N (Vognfunde i DejbjergPraes tegardsmose, Kj0b. 188 8) verffentlicht; die Ausfh rungen de s Verfassers stim m en in chrono-logischer Hinsicht sehr gut zu meinen Betrachtungen, auch wTenn die Wagen, was ich fr mglichhalte, no ch ein bis zwei Ja hr hu nd er te jnger sein sollten. Dass da s eine Ornament au f d er Speer-sp itz e, wie ma n gemeint ha t (Zs . f. Ethnol. 1 8 , 29 0) , ein Schiff se i, bezweifle ich vo rl uf ig nochsehr un d h alte an der Pe its ch e (altn. svipr, ag s. svip ) fest. Die Be deu tun g derselbe n ka nn durchV E G E T I U S , E pit. rei mil. III, 5, 10 illustrirt w er de n. brigens f h r t auch auf sp t er en gallormi-schen Darstellun gen der So nn en go tt als A ttri bu t eine Peitsche (M itth. der antiq. Gesellschaft inZrich X V , Ta f. 13).

    Da da s Buch ziemlich lang e im Druck gew esen ist, so si nd einige U ngleichmssigkeitennicht ve rm ied en . Sie b et re ff en , soweit sie ortho grap hisch er N atu r sin d, besonders die Schreibungdes no rd isc he n o und des w . Dass fr das let zt er e kein einheitlich es germanisches Ze ichen vor-chanden ist, habe auch ich sehr bedauert, aber wenn man eine Uniformirung eintreten lsst,m sste diese lbe sich auch au f das Nordische u n d Angelschsische miterstrecken. Die R un e T istfr da s Nordische seltener d ur ch R , sonst dur ch Z (d. h. das w ei ch e, tnende s) wiedergegeben.Die Transscriptionsweise d er Medien als Sp ira nt en , welche W I M M E R sogar fr den Anlaut durch-fh rt, ha be ich vermieden, we il mir bei de rs elb en viel Un bew iesenes im Spiele zu s ein scheint.Dass z . B . IDDAN jemals id d an gesprochen sei ( W I M M E R S. 79), da rf m an wohl po sit iv verneinen.Auch die besonders von P A U L (Beitr. 1 , 1 5 5 ) gelte nd gemachten F ll e finden, abg eseh en von demregulren grammatischen Wechsel, in V E R N E R S G esetz noch eine an de re als die gew hnlich an-gen om m ene Erklrung (vg l. S. 144). Von de n sachlichen Be richtigu nge n oder Z us t ze n sind diew ese ntlic her en im letzten Ka pite l nachgetragen. In Betreff des vere inzelten H ra ni n eb en Rani,auf welches BUGGE einen so grossen Werth legt (vgl. S. 1 3 6 ) , htte auch auf die Hniflungar nebenden ec ht en Niflungar ve rw iese n werden kn nen . So nst merke ich no ch an, dass die S. 38 Z. 9/18ang ed eut ete M glichkeit zu stre ich en ist. Den Zusam men hang v on ah d. lotar 'un fe st, nichtig' mitahd. -Io ta etc. (S. 77) lass e ich dahingestellt, m c ht e andrerseits ab er auch, gleichfalls der Bedeu-tung ha lb er , die Zugehrigkeit zu ags. lydre 'p ra v u s, nequam' ( K L U G E , Et. Wb. s. v. L ott er- etc.)noch offen lassen. K E R N S Identification des Stammes von ahd. bosi 'frivolus' und bosa 'nugae'(T ijds chr ift fo r ,nederl. T a a l- en letterkunde 8 , 3 7 , vgl. unten S. 82) scheitert a n de n hochd.La utg ese tzen . Mit den B em er ku ng en auf S. 8 4 b er lat. kelt. ae = germ. ai b e r h rt sich auchd ie Aus fhrung KLUGES E t . W b .4 s. v. 'Kaiser', do ch hlt derselbe d as Verschiede nartige nicht aus-einander und verkennt offenbar die echt diphthongische Aussprache des lat ae, ae ( S E E L M A N N , DieA uss pra che des Lateinischen S. 224), welche s ich mit derje nige n des deutschen ai (ae) aufsNchste b er hr te: wie na h e, leh rt am besten d as Wort 'Kaiser ' selbs t.

    W I M M E R S 'R une nsc hrift ' erschien w hrend de s Druckes. Ich ha b e Anfangs in eckige n Klam-mern, sp te r ohne dieselben dar auf Bezug g en o m m e n , soweit di es gebo ten erschien. De n eigent-lichen G ang meiner U nte rsu ch un gen hat das B uc h n icht gekreuzt. V on den allgem eineren Fragen,welche Nie m and bei gen au ere r Kenntnissnahme als abgeschlossen bezeic hne n kann, sind die wesent-lichen im letzten Abschnitt ges treift. Die T he or ie von den zusam men gesetzten R u n e n , welcheW I M M E R jetzt zum Theil aufgibt, habe ich immer bekmpft, und glaube auch, dass der Rest derselbennicht au fr ec ht zu erhalten ist. Auch in einigen and er n Dingen w ird uns die E rfa hr un g wohl erstendg ltig bele hre n. Hier m c ht e ich nur hin sich tlich der Vo rbilder der Runen noch etwas aus-

    H E N N I N G , D EU TS CH E E U N EN - D EN K M LE R . I I

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    VIdrcklicher, als es unten geschehen ist, auf die 'dem tglichen Gebrauch dienende' ltere rmischeCursive (JAFFE im Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts V I , 4 1 6 ) h inw eise n, da wir auf dies elbemein er Ansicht na ch nicht nur du rc h allgemeine Er w g un ge n, sondern au ch durch die Fo rm ve r-schiedener Ru nen hingefhrt we rde n. Und zwar w r de ich dabei an e in Stadium denken, w elc he sde n pompejanischen Graffiten no ch etw as nher ste ht al s den siebenb rgisc hen Wachstafeln. D oc hho ffe ich auf die se Fragen bei ei ne r spteren Geleg enheit zurckgreifen zu knn en.

    Die Druc klegun g hatte mit man chen Unzutrglichkeiten zu k m pf en , besonders au ch weilkeine gegossenen Runentypen vorhanden waren und mit den nthigsten geschnittenen Exemplaren,welche zum The il erst fr die sp t er en Partien ang eferti gt wurden, op er irt werden musste. Z u mSchluss aber sag e ich allen m ein en technischen M itar be iter n sowie d em H err n Verleger m e in e nbesten Dank, n ich t m inder den M useumsverw altungen, besonders He rrn Director LI NDENS C HMI T f rse in e unablssigen Hlfeleistung en. D en Beistand V I R C H O W S , dem unsere Alterthumskunde so Vielesverdan kt, hat au ch diese Arbeit ge no ss en . Auf dem rom anisch en Gebiete h a t mich Prof. G R O E B E Rwiederholt be rath en . Die Her stellung des Buches e ndlic h wurde erl eic hte rt durch eine U nt er -sttzung der K. preuss. Akademie der Wissenschaften, welche M L L E N H O F F freundlichst erwirkte.

    S t rassburg , Pf ings ten 1889 .R U D O L F H E N N I N G .

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    I N H A L T .

    Sei teI. DIE SP EE RS PIT ZE VON KOWEL 1

    II. DIE SP EE RS PIT ZE VON MNGHEBERG 7IIa . DIE SP EE RS PI TZ E VON TORCELLO 21III. DER GOLDR ING VON PIETROASSA 2 7IV. DIE SPANGE VO N GHARNAY 4 7V. DIE SPANGE VO N OSTHOFEN 7 0

    VI. DIE SPANGE VO N FREILAUBERSHEIM 78 VII . DIE GRSSERE SPANG E VON NOR DEN DOR F 87

    VIII . DIE KLEINERE SPAN GE VON NOR DEN DOR F 10 6IX. DIE EMSER SP AN GE . 111 X. DIE FRIEDR ERGER SPANGE 11 5

    XI. DER GOLDRING D ES BERLINER MU SEU MS 11 9XII . DER BRAG TEAT VON WAPNO 121

    XIII. DER ZW EITE RR AC TE AT DES BE RL IN ER MUSEUMS 12 5XIV. DIE DANN ENRERG ER BRACTEATEN 12 7XV. DER BRAGTEAT AU S HEIDE 13 0

    XVI. DAS THO NK PFCH EN DES BERLINER MUSEUMS 131ERGEBNISSE 135ANHANG UND R E GI S T E R 1 5 6

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    L i e s : S . 2 , Z . 6 v. u . wes tl iche ren; S . 13, Z . 18 B oh us l n; S . 14, Z . 34 U nt e r i t a l ie n; S . 15, Z . 28c les P hil ipp ee rs ; S . 31, Z . 26 unv erse hr t ; S . 32, Z . 9 v. u . Zeuss ; S . 43 Z . 6 v. u . Go tt or pe r ; S . 67, Z. 24s t a t t f a n d ; S . 80, Z. 6 v . u . ve rk n pf t ; S . 85, Z . 15 r e p r s e n t i r e n c le n ; S. 97 , Z . 12 we i b l i c h e r a -S ta m m ;S. 100, Z . 26 sp ter au f ; S . 109 , Z . 26 Luxeuil . S. 11 1, Anm. fge hin zu : M on . Bo ica XX IX, 453,X X X , 124. S. 123, Z . 13 l ie s : T jrk ; S . 130, Z . 25 N r. 10. 17; S . 139 Z . 12 v. u . DApENA.

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    D I E S P E E R S P I T Z E V O N K O W E L .IE eis ern e Speerspitze, de re n Vorder- u n d R ckseite Fig. 1 in natrlicher G r ss e darstellt,

    w u rd e im Jahre 185 8 au f dem Felde von Su szyc zno im Kr eis e vo n Kowel, ei ne r Bahnstationsdlich von Brest-Litowski, im Gouvernement Vo lhy nien , aus dem eb en en Boden ausg ep flg t. Ihrjetziger Besitzer ist Herr A L E X A N D E R S Z U M O W S K Y in Warschau, der das Stck von dem Finder zumGeschenk erh ielt und es se itd em in liberalster W ei se der W issenschaft zugnglich ge m ac ht hat . Erselbst er ka nn te den run isch en Charakter der In sc hr if t schon i. J. 185 9 und gab die erst e aus-fhrliche Na chrich t davon in de r Zeitschrift W iad om os cy archeo logiczn e III, S. 4 9 61 (Warsaw1876) na ch de m er inzwischen be hufs Deutung der Inschrift eine Ph oto gra ph ie derselben an LUDWIGW I M M E R in Kopenhagen ge sch ick t hatte. Le tzt ere r konnte bereits in seinem aaO. abgedrucktenSchreiben vo m Oktober 18 75 alle Runen richtig bestim men , mit Au sn ah m e der er st en , welche ernoch f r eine Verzierung zu ha lt en geneigt w a r. Im Sommer 18 80 h at te sodann H e r r SZUMOWSKYdie G t e, un te r freundlicher Yermittelung von H er rn Professor J A G I Q da s Original n a c h Berlin zuschicken, woselbst es im August whrend der Ausstellung prhistorischer Funde Deutschlands 2ffentlich au sla g. Damals ist du rc h Herrn K A R L G N T H ER eine treffliche Photographie3 angefertigt,sowie un se re eigene Pub lication vorbereitet w or de n.Die Spitze ist 16 cm lang und an der breitesten Stelle des Blattes nicht ganz 3 cm breit.Sie h a t ein e sehr schlanke u n d gracile F o rm , die in etwas an d ie Gestalt der Feu ersteins pitzenerin nert. Die Tlle ver jn gt sich nach vorne zu ein wenig und ge ht in geflligen Li nie n in dasBlatt b e r , welches mehr so lid e als flach ist u n d vo n der san ft sich heraushe bend en Mittelrippenach den Seiten zu allmhlich sich abdacht.Be so nd er s ausgezeichnet ist das Denkmal du rc h seine ung ew hnlich reiche u n d eigenartigeVerzierung, welche in ihrer Art nur durch die der Mncheberger Spitze (Fig. 2) bertroffen wird.Ausser den Ru nen ist auf dems elben eine ga nz e Anzah l von Or na m en ten vereinigt, welche mitbreiten Silber fden in ein ge gr ab en e Rinnen eing eleg t und in sym me trisch er Weise b er die ganzeSpitze ve rth ei lt sind. Die In cru sta tio n wiederholt zu m Theil die selb en Figuren, die u n s auch ausder ker am is ch en Kunst je n e r Ze it und Gegenden be ka nn t sind, zu m Theil jedoch si nd dieselbenbisher no ch Unica innerhalb d er germanischen Orna men tik.

    1 In deutscher Uebe rsetzung bei Kohn und M eh lis, Materialien zur Vo rge sch ich te des.M ens che n im stlichenEuropa, 2. Ba nd (Jena 1879) S. 17 7 ff . , woselbst auch eine annhe rnd getreue A bbild ung des De nkm als. Ueber dieOrna men te uss erte sich derselbe no ch m als im Gorrespondenzblat t fr Anthropolog ie, Ethnologie und Urges chic hte 1884S. 163 ff . Ueb er die Inschrift vgl . au sse r Wimmer noch T ho m se n, Th e relations be twe en Ancient Russia and Scand inavia S. 5,sowie die ne ue re Publication von St ep he ns , The Old No rthe rn R un ic Monuments III (1 88 4) S. 266 ff.

    2 Ka talo g der Ausstellung prhisto rischer und anth rop olog isch er Funde De utsc hla nd s. Berlin 188 0. Sup plem . S. 34.3 Ph otograp hisches Album de r Ausstellung. Sect ion IV, Tafel 13 und 1 4.

    H E N N I N G , D E U T S C HE K U N E N - D EN K M L E R . 1

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    2Die T l le , deren uss erer Ra nd stark ld irt un d ausgesp rungen is t , war vorne u nd hin tendurch je eine Gr upp e von dre i parallelen Ringen band artig um sc hlu ng en ; von diesen ist je do ch

    nur die vo rde re vollstndig un d m it reichlichen Si lbe rsp ur en vo rhan den , wh rend von der hi nt er enwenig mehr als einzelne siche re R es te brig sin d. Au f dem Ue be rga ng von der Tlle z u m Bla ttsteht, ober halb w ie unterhalb d es Ansatzes der Rip pe , je ein Kreis m it einem Punkt in d e r M itte.Auf dem Blatte selbst erblicken wir auf der oberen Ansicht unterhalb der Rippe die Inschrift ,ber derselben , sowie auf der g an zen Rckseite, die versch iedenart igsten Ornamente. U nd zw arkehrt ber der Inschrift l inks nochmals ein einfacher Kreis mit einem Punkt in der Mitte wieder,dann folgt ein langgestreckter B og en , ganz rec hts e ndlich ein h ch st merkwrdiges Z ei ch en , da sbisher nirgend so nst nachgewiesen ist. Man k nn te zweifeln, ob es einheit lich oder z u sa m m e n -gesetzt sei, da an einer Ste lle ein minimaler Zwisch enrau m z w isc he n den incru stirten L in ie noffen geblieben, den einheit lichen Charakter erw eis t jedoch das entsp rec hen de Symbol au f derunteren A ns ich t , oberhalb de r Rip pe. Beide Ze ich en haben off en bar eine Art co m ple m en tr erGestalt, da die geschwungenen Bogenstriche vpn dem senkrechten Mittelstabe aus immer nachder entgegengesetzten Richtung gelegt sind. Links neben dem letzteren steht das in der al tenOrnamentik so huf ige Ha ken kre uz, das auch in die se n Gegenden a u s a lte r german ischer Z eit bisin die slavische Periode hinein sich forterbt 1. Die Fo rm desselben ist die regulre, nu r is t esoben durch eine n Aussprung des Eisens etwas ld irt . Den Bes chlus s machen in dies er R eih ezwei um ein en Pu nk t gezogene concentrische K re is e: eine gleichfalls in der alten K u n s t se hrgelufige Ve rzie run g. Auch un te rh al b der Rippe w ar w oh l ein einzelner Kre is vorhanden; w en ig ste nsist das Frag me nt eines Kreisbogens noch deutlich er ke nn ba r. Darauf folg t wiederum ein H ak e nk re u z,aber von der ungewhnlicheren Art , mit noch einmal nach innen umgebogenen Schenkeln, endlicheine Gruppe vo n drei ineinander gestell ten, meist wo hl erhaltenen sp itze n Winkeln, deren u ss e rs te rmit einem pfeil- oder dornart igen Stachel versehen ist ; ein Absch luss, de r mir ande rsw oher nic htbekannt ist , whrend die bereinander gestel l ten Winkel al lein in l terer Zeit des fteren vorkommen 2 .Es er b rig t noch die Be sp rec hu ng der Ins chr ift selber, welche vollko mm en intact un d deu tl ichdasteht. Sie ist von rechts na ch l inks zu les en , w ie mit Sicherheit au s dem Umstnde erh ell t ,dass alle Be istrich e nach dieser Rich tung hinweisen. Die Runen zeige n einige Beson derheiten un dAbweichungen von den bekannten Typen, sind aber im Einzelnen unschwer zu identificiren.Die ers te ist unzweifelhaft ein T, welches n u r darin von d er so ns t gebruchlichen F o rmsich unte rsch eide t , dass der ob er e Balken desselben nich t zu zwei sc hr g en Aesten h er ab g eb o ge nwurde, son de rn gerade luft , wie bei dem lateinische n und griechischen Buchstaben, u n d d as s erberdies auf d er rechten Seite et w as krzer als auf d er linken au sf ie l. Zwischen der er s te n u n dder zweiten R u n e , dem I, be ste ht o ben ein sehr kle ine r, aber doch vll ig erkennbarer Z w isc he nr au m ,der das Zus am me nfas sen beider Zeichen zu einem einzigen verbietet . D as folgende L ist ob e n nich tganz geschlossen un d etwas be sc h dig t . Bem erken swer ther bleibt an ih m jedoch die ung ew h nl ich eLnge des Seiten strichs, zu de m noc h die flache off en e Rinne zu ge h re n scheint , welche sich b er

    1 So auf dem Fussboden e i nes Thongefsses aus dem Grab hge l von Lengo nice , Gouvernement Rad om , sd we st l ic hvon Warschau in der Mitte von vier Gruppen von je drei bereinandergestell ten Winkeln bei Kohn und Mehlis I , 281vgl. auch S. 1 2 2 ; au s etwas stl icheren Gegen den vgl. un se re F ig ur en 2 und 11, so wi e b eson ders fr die slav isc he Period eVirchow in der Ze itsc hrif t fr Ethn olog ie III Verhandlungen S. 26 un d Taf. 6, XIV Ve rh . S. 401 f. , XV Verh . S. 1 49 . ZurHerkunft des weitve rbreiteten Sym boles u nd zur Bedeutung des indischen Svastica vgl . Schliemann und M ax Mller inSchliemanns Il ios (1 88 1) S. 389 ff., Tr o ja (18 84) S. 122 ff. , a uc h Milchhfer, Die An f ng e der Kunst in Griec henla ndS. 25 f. u. A. m .

    2 Es m a g hie r gengen, auf die vorige Anmerkung u nd un te n Seite 8 zu ve rw eis en .

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    3die Silb erein lage hinaus fast bis an den Ha upt stab der nchsten R u n e heranzieht; ausg efllt wardieselbe ab er wohl niemals. Et w as unregelmssig ist weiter die G es ta lt des nchsten A , in soferndie Seitenste desselben nicht schrge, sondern wie es schon bei dem T der Fall war nahezurechtwinklig an den Hauptstab ansetzen, und der obere von ihnen der sogar eine leise Curve beschreibt,sich ni ch t unmittelbar von de r Spitze, sondern ein Stck un ter ha lb derselben von de m Stammeabzw eigt. Die letztere Eigen thm lichkeit kommt a b e r auch sonst vo r, nic ht nur auf u n se re r Figur 12,sondern wiederholt ebenso auf lteren nordischen Denkmlern, so auf der Gottlndischen Spangevon Etelhem, auf dem norwegischen Stein von Yalsfjord und hufig auf Bracteaten 1. Da s sichnunmehr anschliessende R erinnert durchaus an sein Vorbild, das unciale lateinische R, unterscheidetsich aber von demselben dadurch, dass die beiden Bogen in eine einzige mehr zusammenhngendeLinie um gew and elt sind, w ob ei die Einbiegung in der Mitte ve rm ie de n und nu r da s Fussendedes Se iten stric he s etwas n a c h ausse n umgelegt wu rd e. Wir er h al te n auf diese W ei se dasjenigeZw ischeng lied, welches den U ebe rga ng von dem ursprnglichen Vo rb ild e zu derjenigen Um gestaltungver mi ttelt, welche uns m it gerin gen Modificationen auf der Spitze vo n Mncheberg (Fig . 2), aufden S pa ng en von Charnay (F ig. 4) und von O sth of en (Fig. 5) , sow ie auf me hre ren nordischenund angelschsischen Den km le rn vorliegt. Di ese vereinfachte Fo r m ist also ziem lich verbreitetgew esen, un d wir mssen es dahingestellt sein la ss en , wie weit die and ere, dem lateinischen Rnher ste he nd e altherkmmlich ist oder auf er n eu te r Berhrung m it lateinischer Sc hr ift beruht.

    Au f ein regelmssiges I folgt sodann ein Z ei ch en , welches in dieser Gestalt no ch nirgendherv org etrete n ist. Da es schwerlich einen n eu en Lautwerth inne rhalb des A lph ab ete s aus-drcken w ir d, so knnen wi r in ihm nur die Ne ben form einer an d er en Rune erblick en. Welchedas se in m u ss , unterliegt wo lil keinem Zwe ifel. Schon W I M M E R a a O . S . 1 5 1 na hm gewiss mitRecht an , das s hier 'eine ve rn de rte Form' de s runischen Kvo rlie ge , dem mithin d er Lautwerthvon D z uk om m e. Er wies a u ch bereits auf die An alogie der sch les w ige r Inschrift vo n Thorsbjerghin, de r w ir das Diadem v o n D alby (S T E P HE NS I, 2 8 3 ) wohl hin zug ese llen drfen, w elc he beide frdas son st bliche runische ff (E) die durchaus e ntsprec hend e N eb en fo rm |~| darbieten. N ur mchteich nicht glauben, was die Uebersetzung von W I M M E R S Bericht an zu de ut en scheint, d as s da s [] erstaus dem regulren M ent sta nd en sei, sondern es lieb er unmittelbar vo n dem lateinischen D herleiten,dessen abgerundete Gestalt lediglich in eine vollkommen rechteckige umgewandelt wurde. Diehoriz onta len Linien stimmen zu dem beibehaltene n geraden Ba lke n des T aufs Be ste . Wie beidem letzteren wrerden sie auch bei unserem Zeichen wrohl als die l ter en anzusehen se in , welcheerst sp t er , dem allgemeinen Gesetze gemss, d ur ch schrge Verbindungsstriche ersetzt wu rden . Indiesem Falle aber reprsentirt unsere Rune, welche mit dem Dun d | X j gleich nahe Berhrungspunkteaufw eist, ein e besonders w ic ht ig e Zwischenform, w elche zugleich auf die Entstehung de s Zeichensein vllig neues Licht wirft.

    Da endlich der letzte Buchstabe ein S in seiner regulren linkslufigen Gestalt ist, so erhaltenwir, wie ich bereits im August 1 8 8 0 constatirte2, u n d wie auch W I M M E R annimmt3, nach unsererSchriftrichtung die Lesung i l L A r i l D bmit der die Deutung sich abzufinden hat.

    1 Bu gg e, Tidskrift for Ph ilo lo gi og Pdagogik VII, 2 40 . 21 5. 315, VIII, 16 6.2 Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft fr Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1880, S. 113.

    3 Forh andlin ger paa det an de t nordiske f ilologmode p. 24 4 (nach Bu rg, Die l teren nordischen Ru neninschrif ten,Berlin 1 8 8 5 S. 127 . Die Orig inalbe merk ung selbst war m ir hier leider nicht zug n gl ich ).

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    Das W ort ist als Com positum vom Stan dp un kte des Go this che n aus vllig dur chs cha uba r .Der erste Theil desselben, TILA-, liegt unmittelbar vor in den gothischen Adjectiven ga-tils 'geeignet,tchtig zu Etwas', welches M A R C U S 6 , 2 1 das griechische tvxmgos, L U C A S 9 , 6 2 tv tvog ti's rt bersetz t ,und un-tila-malsks nqmvrt'ig II. T I M O T H . 3, 4, sow ie in dem Adver bium ga-tilaba das M A R C U S 14, 11gleichfalls f r tvxaiQwg steht. Im Angelschsischen ist das lau ten tsp rec hen de til in der selb en Be deu tun goft belegt, n ich t nur als Si m pl ex , sondern auch als erste s Glied vo n Comp ositionen wie til -lic e 'b ene',til-md, til-mdig 'bono animo' 1 . Das Adjectivum, welches auch im F riesischen vorzulieg en scheint2,ist also be re its ein urgerma nische s und hat im D eu tsc he n eine weit ausg ebr eite te Sippe, z u d er unterAnderen die altnordische Pr po sit ion til 'ge eig ne t fr Etwas, zu ', da s gothische S u b st a n ti v u m til'passende Ha nd ha be, Gr und', die hochdeutschen zil 'Ziel' und zila 'S tud ium ', sowie die ab ge lei tete nYerba go th. ga- und andtil n, althochd. ziln g eh r en . Endlich ist d as Wort schon in f r h e r Zeitaus dem Germanischen ins Finnische g edru nge n, wo wir das N eu tr um tila in de m Sin ne von'facultas, opportunitas ' wiederfinden 3 .Au ch a ls ers ter B es ta nd te i l zusammengesetz ter Eigennamen sow ie in der abge krz ten hypo-eoristischen F or m derselben, lsst sich das A dje cti vu m bei den m ei st en deutschen S t m m e n nach-weisen. H ie rh in gehren die Angelsachsen Tile an n o 837, Tilwini a . 75 7 und der etw a gle icha lterig eTilherus, we ite r Til{)egn a. 7 86 96 , Tilberht a. 8 03 , Tilferthus a. 8 11 , Tilbr andu s a. 868* u. A ., fern erder Altsachse Tilo in der m ns teris chen Heberolle de s Stiftes Frec kenh orst 5 , sowie die althochdeutschenZilo, Gil ima n, Zilimund, Zi lw ar d nebst den w ei bl ic he n Zilla, Zilina6. F r die stlichen S t m m e liefertmeines W iss en s unsere Insc hrif t den ersten Beleg au s der Nam engeb ung; und zwar ist T ila - ebensoein a-St am m wie die gothisc hen Adjectiva, der wie un-tila-malsks s ei ne n Auslaut in re in st er Ges taltbewahrt, wh re nd im Althochdeu tschen noch e in ja-Stamm vo rh an de n zu sein scheint, w elc her indieser Hin sich t dem nah verw an dte n litauischen d ails 'passend, t ch tig ' entsprechen w r de 7 .De r zweite Theil -R ID S ist im Germanischen als selbstndiges W or t nicht vo rha nd en , sonde rnlediglich, wie auch in un se re r Inschrift, als zw eit es Glied von Zus am m ens etzu nge n. Z u dem ur-deutschen, im Gothischen zuf lli g nicht belegten V er bu m ridan, 'f ah re n , reiten ' gehrig, b ild et es eineAnzahl N om ina Agentis. In de r nordischen Di chte rspr ach e bezeichnet das lautentsprechende -r id r, demein schwaches -ridi zur Seite steht, den Reiter8. So heisst Odin in d en eddischen G rim ni sm l Str . 48At-ridr a ls 'd er (zum Angriff, z ur Hlfe) he rbe ire iten de ', und ein an d e r Mal der Gott F r e y r gleichfa llsAtridi9. Ein weiterer Beiname O dins ist Fr - rld r 1 0 'de r hurtige, ra sc h e Reiter '. Auf dem al te n nor-wegischen Runenstein von Tune 1 1 lesen wir einen im Dativ stehend en Nam en WOD URIDE, de r dochvon dem g othischen vods 'w t he nd ' schwerlich zu trenn en ist, un d d en 'mit Ungestm, in rase nde rEile dahin reitende n oder fa hr en de n' bezeichnet. Au ch die spteren nordischen M nn ern am en liefernweitere Belege ( BU G G E aaO.) , whrend man in den Frauennamen zum Theil e ine andere Erklrung fr

    1 G rei n, Sprachschatz de r ang elschsischen Dich ter II , 53 2 ff.2 v . R ich thofen , Al t fr i es i sches Wrt erbuch S. 10 85 .3 Th om se n , Ueber den E in f lu ss der germani schen Sp rc hen auf d ie f i nn i sch- l ap pi schen , bers , von S i eve rs , S . 176.4 Ke mb le , Codex d ip lomat i cus aev i Saxonic i I , 12 5 II , 92 . B irch , Ca r tu l a r i u m Saxonicum I (1 8 85 ) S . 584 . 262 .304 . 378 . 47 3 .5 Mori t z Heyne , Kle inere a l t n i ederdeut sche Denkmler S . 81 .6 F r s t e m a n n , A l td e u ts c he s N a m e n b u c h I, 1 3 6 9 .7 J oh . Schmidt , Zur Gesc hi c h t e des i ndogerm ani schen Vocali smus 2 , 4 8 7 .8 Eg i l ss on , Lexicon poe t i cu m ant iquae l inguae sep t en t r i on a l i s S . 665 .9 S a e m u n d a r E dd a e d. S o p h u s B u g g e S . 3 3 3 .

    1 0 In de n Eddu-Brot , vgl . S n o rr a Edda ed. A rn . M ag n. II , 472. 555.1 1 Ste ph en s , The Old N or th er n Runic Monument s I , 247 . Bugge, T id skr i f t fo r Philo log i og P da go gik VII, 226 f f.

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    5mgl ich h l t1 . Von l te re n deutschen Be leg en drften der vo n A M M IA N US M A R G E L L I N U S 29, 4, 7er w h nt e Edeling Bith eridu s (anno 373), de r rm ische Feld herr Frigeridus (ibid. 31 , 7, 3), derGothe Suer idus ( 3 1 , 6 , 1 a . 3 7 6 ) und der von Z O S I M U S V, 4 6 a u s d em Beginn de s f nfte n Jahr-h u n d e rt s angefhrte ba rb ar is ch e ringidog , Ac c. r&vzQidov, in B etr ac ht kommen. Sicherlich lebtin d er Folgezeit das Com positionsglied noch f or t 2 , aber es bleibt beso nde rs in de n g othischen undfr n ki sc he n Namen nicht m e h r recognoscirbar, da es usserlich m it dem fr l te re s -redus ein-tr et en d en -ridus zusam me nfllt. Ueberall, w o wir sie du rch sch au en knnen, ist die B edeutungdesselben eine prsentische, welche derjenigen des einfachen participialen Ritant3 sehr nahe steht .In U ebereinstimmung d am it ist auch Ln ge de s Wurzelvocals zu constatiren, wie in den ganzents pre che nd en nordischen Bildungen -bitr, -d rlf r, -g ripr, von V er bi s mit innerm i, w elc he in Rck-sicht auf ihre Vocalstufe den Ableitungen von Yerbis mit innerm u wie -bidr, -nitr, -ridr durchausan die Se ite zu stellen si nd 4 .

    Gleich den letzteren Worttheilen und den von den alten Schriftstellern berlieferten Namenist Ti la ri d -s als ein a - S t a m m anzusehen, de ss en Ableitungsvocal in regelmssiger Weise drchda s W irk en des vocalischen Auslautsgesetzes eben so geschw und en ist, wie es im Gothischenund Westgermanischen be ra ll geschah, w h re nd er in den l te st en nordischen Runen inschrifte nin de r entsprechenden La ge noch bewahrt zu s ein pflegt. U nt er diesen Um stnd en a ber kannda s schliessende s nu r da s Suffix des N om ina tive s sein, w el ch es zugleich de n sprachlichenNa chw eis liefert, dass die Inschrift der os td eu tsc he n Y lkerg rupp e, zu denen a uc h die Gothenz hl te n, angehren m us s. De nn von den u n s bekannten Di ale cten hat eben n u r der gothischedas alte auslautende s we nig sten s bis in die Mitte des sech sten Jahrhunderts in de r Regel alssolch es festgehalten, w of r auss er den l i t terarisc hen Denkmlern die spteren U rk un de n 5 und ge-legentl ich die historischen Namen6 unzweideutiges Zeugniss ablegen, whrend es sich in denno rd isc he n Run eninschriften als J , in den sp t er en Handschriften al s r darstellt u n d in den hoch-deutschen Dialecten berhaupt nicht mehr vorhanden ist .

    Som it msste d er Na me nordisch TILA RID AR , Tilr idr , im Westgermanischen vor demEi nt re te n der Lautversch iebung Tilarid, Tilarit la ut en , whrend T ila rid s die zu erw art en de gothische,ob w oh l nich t genau die ulfilanisch e Form ist. D er Sprache d er B ibelbersetzung w r d e vielmehrTi lar eif )s gem ss sein. A b e r die Bezeichnung d es langen i du rch ei g eht zweifellos au f d en Bischoffse lbe r zur ck und hat u n s e r Denkmal nicht be einflussen k nn en . Dagegen darf die Beibehaltungdes etymologisch berech tigten d wrohl als ein Ze ugniss von Alterthmlichkeit be tr ac ht et werden,ge ge n be r der Lautgebung de r gothischen Hand schrif ten , we lche vor dem s du rc h eine Art vonAssimilation regulr die dentale Spirans p dafr eintreten lassen.

    D ass nun in einem solc hen von allen litterar isch en Trad itione n unabhngigen ostgermanischenDenkmal das vocalische wie das consonantische Auslautsgesetz in derselben Weise wie in dergoth ische n Bibelbersetzung gewirkt haben, w h ren d die me hr secundren Lauterscheinungen der1 Bu gge in Kuhns Z ei tsc hr ift III, 26 ff, Tid skrif t VIII, 189 ff, dagegen G isla son , Aarbeger 1 8 6 8, S. 351 ff, Hoffory,Arkiv for nordisk Filologi I, 38 ff.2 Frstemann, Kuhn s Zeitsc hrift I , 506 ff. A ltdeu tsch es Namenbuch I , 10 53 , vgl. auch W ac ke rna ge l, KleinereSch r i f te n 3 , 394 f .3 Karajan, Das Ve rbr der ung sbu ch von St. Pe te r zu Salzburg S. 87, 19. Frstemann I, 105 4.4 Zimm er, Quellen un d For sch ung en XIII, 43 ff. Vg l. jetzt auch B ur g aa O . S . 126.5 In der 551 ausg este ll ten U rkunde von Ne ape l ist dasselbe in den me iste n Fllen bereits geschwu nden, vgl.Vulf i la , herausge geb . von Be rnh ard t , S . 650 f .

    6 Valarava ns heisst ein F rs t aus dem Gesc hlechte de r gothischen A m al er bei Jordanes ed. M om m se n S. 77, 3.*H E N N I N G , D EU TSC HE R U N E N - D E N K M L E R . 2

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    letzteren nicht bemerkbar sind, ist eine grammatisch interessante Thatsache, welche alle Beachtungverdient.

    Na ch dem Dargelegten ist die Bildung sweise des co m po ni rte n E igennamens eine voll-kommen r eg ul re und die Bede utun g desselben eine durchsichtige un d jener alten Zeit gem sse.Der ' t ch tig e, geschickte R ei te r' gemahnt an da s Ansehen, w el ch es die Kunst des Ro sse len ke ns ,denn ridan bedeutet sowohl reiten als fahren, dem Helden in den lteren Perioden des Volkslebenszu geben verm ochte. Wie in d en vedischen u n d homerischen G es n ge n klingt der R u h m desselbenauch in de n gallischen N am en wieder. Von re d a 'Streitwagen' w u rd e n die Re do nes , v o n -redius'currens, v el ox ' die gallischen Eporedii1 als inno ooi zubenannt, eb en so Eporedorix, ein Ed el in g derHduer. F r einen A ng eh rige n des ostgerm anisch-vandilischen Stam me s w7ar de r N am e wohlnoch ein do pp elt bedeu tungsv oller. Denn er wu rze lt nicht n u r in den halbnom adischen Leb ens-gewohnheiten desselben, so nd er n er fand b er di es in dem Sta m m esc ult eine alte bezieh ung svolleAnlehnung. Wissen wir d o c h , dass die Va nd ilie r im heiligen H ai n e bei den N ah an ar va le n, ihrergemeinsamen G ultussttte, v o n dem der F u n d o rt unsere r Spitze ni ch t allzu weit en tf er n t ist , alsihre specielle Gottheit ein juge ndlic hes Br d erp aa r verehrten, w el ch es die Rmer d em G as tor undPollux verglichen 2 . Wie die griechischen D ios ku ren und die ve di sc he n Acvinen da ch te m a n sichdieselben vermuthlich als die berittenen Shne des hchsten Gottes 3 . Der M ythu s vo n ihrenThaten u n d ihre m ungleichen Schicksal lebt in de r deutschen H el de ns ag e fort. E tw as v on ihremWesen eig ne t aber auch i h re m gttlichen V a te r, der auf eilend em Ro sse , ber M ee r un d Land,seinen Lieb ling en zu H lfe eilt und ihnen s o in hchster N ot h erscheint als de r ec ht e Atridrund Frr idr .In Betreff der Zeitbest imm ung lsst s ich n u r ein Ungefhres ausmachen. A us sprachlich enGrnden un d wegen der A lte r thmli'chkeit e in ze ln er Buchstaben w ird man nicht ge ne ig t s ei n, aneine no ch sp te re Zeit al s da s vierte oder f n ft e Jahrhund ert zu denken, obwohl and erer seitsauch ke in G ru nd besteht, w el ch er uns ve rh ind ert e, auf das dr itte zu rc k zu gehen.W eit ere A nhaltspunkte d rften sich ka u m ergeben. Das M ater ial und die F o rm de r Spitzeweisen wo hl nicht mehr auf die allerersten, ab er doc h auf die f r h e r e n Jahrhunderte u n se re r Zeit-rechnung. In der Ornam entik erben sich all er di ng s weit ltere M otiv e fort, aber di es el be n werdenin der dam alige n Kunst, sow eit wir es verfolgen k n nen , berhau pt nic ht sehr rasch ve rd r ng t. DieTauchirarbeit kann ebensow enig ein entscheidend es Kriterium abg eb en . Denn w en n d ie feinerenWerke di es er A rt, wie die sch ne im Ber liner Museum befindliche Ulmer Spitze, au c h sicherlichaus der rm ischen oder byzantinischen Industr ie hervorgingen, so lss t s ich bei u n s e re r grberenund prim it ive ren Technik do ch nicht au sm ac he n, ob hier no ch die Tradit ionen de r l t er en In-crustat ionsmethoden un abh n gig von der rm isch - byzantinischen fortwirk en knnen.Beglei tende Objecte, welche genauere Bestimmungen ermglichen knnten, sind nicht vor-handen. N ur ein in de m se lbe n Orte ge fun de ne r gerippter Ste inh am m er 4 ist bekannt geworden,der jed en falls keiner al lzu fr h en Zeit an ge h rt . So bleibt d e nn nu r noch der Fu n d o r t selberzu bercksich tigen. Sucz yczno liegt stl ich vom Bu g, dem N eb en flu ss der We ichsel , ga nz nahean dem s dlic he n Quellfluss des Pripet, also zw isch en dem St ro m ge bi et von Weichsel u n d D nieper

    1 Ep ore dias (-os, Zeuss) Galli bonos equorum do mi tor es vocant. Plinius, N at ur . Hist. III, 17. Glck, K eltis che Namenbei Caesar S. 14 3 ff.2 A pu d N ahanarvalos an ti q ua e religionis lucus os ten di tu r. praesidet sa ce rd os muliebri ornatu, sed deo s interpretationeRomana Gastorem Pol lucemque m e m o r a n t . . . u t f ra t res ta rne n, u t iuvenes ven era nt ur . Germania cap. 4 3 .3 M l l e n h o f f Z e i t s c h r i f t f r d e u t s c h e s A l t e r t h u m 1 2 3 4 6 ff.4 K oh n un d Mehlis, M ate ria lie n II, S. 85.

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    7(B ory sth en es) , hart an d en Rokitnosmpfen. Bei de r gewaltigen Ausdehnung der letzte ren, dieehe dem sicherlich nicht geri ng er war 60 M eilen von Osten n ac h Westen, 30 vo n Sde n nachNo rden , drften dieselben, die noch heute im S tan de sind, d as L an d durch Ueber schwemmungenpe riod isch in einen Bin nen see zu verwandeln, imm er eine Art nat rlic he r Grenze gebild et haben.Oe stlich derselb en sind die al te n U rsitze der Sl av en zu suchen, w h re n d die ganze w es tlic he Seite denGermanen mindestens zu jeder Zeit vllig offen stand 1 . Speciell zu r Zeit der be gi nn en de n Vlker-w an de ru ng war die Gegend sicherlich in ge rm an isc he n Hnden. D en n an Kowel v or be r, wo heutedie von Warschau und von Brest-Litowski kommenden Eisenbahnen zusammentreffen, um vereinigtna ch de m Sden zu zie he n, lief schon in al ter Ze it die durch da s Lo ka l bedingte St ra s s e , welcheaus dem Weichselgebiet n a ch dem schwarzen M eer e hinfhrte. D iese lbe mussten au c h die Gothenbe nu tz en , als sie im dr itte n Jah rhundert ihr e S itze von der u n te rn Weichsel bis zu m schwarzenMeere vorschoben. A nd re rse its aber war die alte Amphiktyonie de r Lugier der Fun dstelle be-na ch ba rt gelegen, und d es h al b ist es misslich z u bestimmen, o b u nse re Spitze ein st das Eigen-th um ein es Mannes go thi sch en oder lugisch -van dilis che n Stam me s w ar. Jedoch w ird die letztereA nn ah m e eher an Uebergew icht gewinnen, w renn wir gewahren, dass gerade am Nordwestrandede rse lbe n Vlkergruppe ein Denkm al zum Vo rsch ein gekommen is t, welches dem u ns er en in allenseinen Besonderheiten so nahe steht, wie es bisjetzt bei keinem anderen annhernd der Fall ist .

    II.D I E S P E E R S P I T Z E V O N M N C H E B E R G .E zweite reichverzierte Lanzenspitze mit einer Runeninschrift (Fig. 2) gehrt zu dem ansehnlichenFu nd e, der im Ja h re 1865 bei der A nl ag e des Bahnhofs Dahm sdorf-M nch eberg im KreiseLe bu s, Ma rk Brandenburg, gem acht und der Sam m lu ng des Vereins f r Heimathskunde in Mncheberg b e r g e b e n w u r d e2. Als d am al s zur Aufsc httung des Terrains no ch betrchtliche Er dm as se n nthigwaren, wurde auch eine nahe gelegene Erhhung, welche der in nrdlicher Richtung von der OrtschaftBu cko w herkommende W e g h a rt vor der jetz ige n Ba hn als Hoh lweg durchschnitt, zu diesem Zweckeab ge tra ge n und auf der we stlich en Seite de sse lbe n jene Entdeckung gemacht. Jet zt ist die einstigeA n h h e, auf der sich re ch ts und links gew hn liche s Ackerland ausbreitete, als sol ch e nicht mehrer k en n b ar , sondern in tiefl ieg end e Grten ve rw an de lt. Da die Ste lle den Arbeitern uss erlich durchNich ts aufgefallen war, so ha tten sie auf d ie La ge der Ge gen stnd e wenig Ac ht, un d es konntena ch trg lich nur festgestellt werde n, dass dies elb en 1 bis 2F u s s , jedenfalls ab er so tief unter

    1 Nac h Kohn und M eh lis, I , 298, vgl. S. 188 , sol len auch die arch olo gisc hen Funde st l ich un d westl ich diesesSu mp fgeb ietes einen verschiedenen Charakter t ragen, je ne einen friedlichen, die se einen berwiegend kriegerischen. Dochwird hierb er wohl e rst d ie wei t ere Forschung genauere A ufklrung en erbr ingen knn en.2 Einen eingehenden B er ic ht ber denselben e rs ta tte te Kuchenbuch im Anz eiger fr Kunde de r deutsch en VorzeitXIV (1 86 7) , S. 37 ff ., dem de rse lbe noch einige Er g nz un ge n hinzufgte in de n Sitzungsberichten d es Vere ins fr Heimaths-k un de in Mncheberg vom 7. Octo ber 1884, wiederholt in der Zeitschrif t f r Ethn ologie 1885, Ve rh. S. 192 ff . Einevortreff l iche photographische Abbildung der gesammten Fundgegenstnde, mit Ausnahme des einen kleineren sehr defectenSc hild bu cke ls, durch Herrn Ka rl G nth er im Pho tograp hische n Album der Be rl ine r A usstellung, Sect ion IV (Brandenburg),Ta fel 12 , des Runenspeers auf Ta fel 13 und 14, vgl . de n .Katalog der Auss tel lung S. 113 f .

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    der Ob erflch e gelegen ha tt en , dass sie vom P fl ug e nicht berhrt w o rd en sind. Eb ens ow enig liess sichentscheiden, ob etwa eine Steinsetzung, B ra nd sp ur en oder an d e re Merkmale vo rh an de n gewesenwaren. Do ch glaubt ma n beson ders Ersteres n ich t annehmen zu soll en, da sonst w oh l die Arbeiterdarauf aufmerksam geworden wren.H ie r a lso lagen in st a rk lehmhaltigem S an d e beisamm en: dr ei eiserne Sch ildb uck el, in derengrsstem g ebran nte Menschenknochen sich vo rf an de n, neun ve rsc hie de ne Reste von B esch lgstc ken,zwei eis ern e Lanzenspitzen, zw ei 5 Zoll lange Messerklingen, ein e e is er ne 57a Zoll lange Nadel, obenmit ru nd em Knopfe, eine Bronzesch nalle, eine zollan ge, der L ng e na ch gerippte gr n lic he Glasperle,eine Ste inp erle mit Dreieckverzierungen, end lich noch einige m it Pu nk ten , kleinen K re ise n undStrichen verzierte Scherben von rthlichem Thon, welche zu zwei Urnen gehrt haben drften.Diese Gegenstnde d eu te n auf keinen grs sere n Begrb nisspla tz, sondern auf ein einzelnesBrandgrab, in dem wohl ni ch t mehr als die Ue berreste eines einzeln en Mannes ge bo rg en waren.Bem erkenswerth ist , dass die letzteren nich t, wie es blich w a r , in eine To dten urne gesam me lt,sondern in de n Buckel ei ne s Schildes ge sc h tte t wurden. Di e Beigab en sind di ej en ig en einesKriegers, des sen Tracht es ind ess auch an son stig em Schmuck ni ch t fehlte. Das ausg ezeic hnets teStck unter ihnen bleibt die grssere, reich verzierte Speerspitze mit der Inschrift, welche sich derYolhynischen so nahe an di e Seite stellt. In de r Tha t werden be id e sowohl du rc h di e Technikder Inc rust ation mittelst einge legter breiter Silbe rf de n, als durch da s Arrangement de r zahlre ichen ,zum Theil identischen Sym bo le und Ornamente, wie durch die a n de r nmlichen Stelle ang ebr ach teInschrift aufs Bestimmteste in ein und dieselbe knstlerische Tradition gerckt, mgen ihre Fund-orte im m erh in durch einen betrchtlichen Zw isch enr aum getrennt s ein .

    Ih re r F orm halber m c hte man die m rki sch e Spitze f r die jngere zu ha lt en geneigtsein. W en ig ste ns ist die Schmiedearbeit be i ihr eine com plizirtere und mehr en tw ic ke lte ; dieMittelrippe h eb t sich mit g ratartiger Schrfe a us dem flach gehm m erten Blatte h e r a u s , undder Ue berg ang von der T l le zum Blatt ist kein allmhlicher, so nd er n ein sehr be st im m t her-vortretender. Die Decoration ist noch m ann ichf altige r und be w eis t einen gewissen frei en undgrossartigen Zug.Im Allgemeinen ist d as Denkmal wohl er ha lte n, obgleich de r Er dro st die Ob erflche sta rk an-gefressen un d aus derselb en grosse Blasen herau sgetrie ben h a t 1 , welche man flschlich auf dieEinwirkung de s Feuers zur ckzu fhre n geneigt w ar . Ob es die t l i t ze oder ebenfalls de r Ro st ge-wesen ist , de r das Silber so vielfach aus den R inn en he rau sge frd ert hat, mag f r u n s dahin-gestellt bleiben.A us de r Tlle ragt au f de r einen Seite ein au ch inwendig n o c h vorhandener E is en st if t hervor,welcher daz u diente, den hlze rnen Lanz enschaft in der Hlse festzu halten . Um ih n h er um istein silberner Kreisring gelegt, whrend auf der gerade gegenberliegenden, geschlossenen Seite alsPendant zw ei concentrische Kreise um einen P u n k t in der Mitte ge zo ge n sind. D urc h dr ei Rndervon je 3 parallelen Ringen wir d das Schaften de in zwei Zon en gegliedert . Die hi n te re breiteretrgt ein bes ond eres Ornam ent, bestehend a us zw ei Gruppen von je 5 berein anderg estell ten spitzenWinkeln, wel che sich beide m it ihren usseren Fusse nden be r hr en un d so den ga nz en Zwischen-raum au sf lle n. Dieselben Figure n kehren in hnlicher W eise auf der kleinen mi tge fun den enThonperle u nd auf den Urn ensche rben w ie de r, wie sie be rh au pt in der lteren K un st nichtselten angewendet worden sind; die zweite schmalere Zone ist leer und nur von herberge-schwemmten Silberpunkten bedeckt.

    1 E. Kr ause , Zeitschrift fr Ethnologie 1882, V er ha nd l. S. 533 ff.

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    9Au f der Ueb ergangsstelle von der Tlle zu m B latt stehen eb ens olch e Kreise u m einen Punktin de r M itte , wie bei Fi gu r 1, nu r dass auf un s er e m Denkmal no c h in den drei Ec ke n je drei im

    Dreieck gestellte Punkte als weitere Verzierung hinzugekommen sind.W ie sehr die V er the ilu ng der Orna men te au f dem Blatte der jenig en auf de r VolhynischenSpitze en tsp ric ht , lehrt de r Augenschein. Au ch die Inschrift1 nim m t den nmlichen Pl atz unterhalbder Ri p p e ein wie dort, n u r wird dieselbe, da s ie um drei R u n e n kr zer, der dis po nib le Raumabe r g r ss er ist, der Sy mm etri e halber noch re ch ts vo n einem Kr eis , link s von einem langg estrecktenBo gen eingefasst. Sie ist gleichfalls von re ch ts na ch links zu le se n , was aus de r Ric htu ng derBeistrich e mit Sicherheit zu folge rn ist, und die Le sung von D I E T R I C H , der umgekehrt von linksnach rechts fortschritt, von vornherein beseitigt.Die links von dem K re ise stehende erst e R u n e ist ein R, u n d kann nicht m it D I E T R I C H undS T E P H E N S als U resp. V au fg ef as st werden. Die b re ite Rundung o be n, die leise Ei nb ie gu ng in derMitte d es Seitenstriches u n d end lich der etwras nac h auswrts um ge leg te Fuss deuten ausschliesslichauf ein R , das uns s e h r, bald auch in en tsp rec he nd er Ge stalt a n einer vollk om me n sicherenStelle, in dem Futhark de r burgundischen Sp an ge , begegnen wir d. In der That g eh r te n ur nocheine ge wis se Abrundung d a z u , um aus der au f de r Volhynischen Spitze berlieferte n Form dieuns ere hervorgehen zu la ss en . Das nchste Zeich en ist ein re gu l re s A, dessen be ide Seitensteim G eg en sat z zu den ob en S . 3 besprochenen gan z die normale La ge haben. Bei de m dritten,einem N, ist der Hau ptstrich etw as schief au sg ef al le n, und der Qu erba lken luft n ic ht vo n obenrech ts n ac h unten links, w ie m an es bei lin ks lu fig er Schrift w o h l erw arten d rft e. Inde ss sindbeide Richtungen, welche ursprnglich gewiss unterschieden wurden, nicht nur auf den deutschenDe nk m le rn bereits gleic hm ssig in Gebrauch, s on d er n ebenso in linkslufiger Schrift au ch auf denno rd isc he n, beispielsweise au f dem Stein von B er ga in Schweden ( S T E P H E N S I , 1 7 7 ) und von Tunein Norwegen (STEPHENS I, 24 7) . Die vierte R u n e ist in unseren Ins ch rift en zufllig nirg en d weiterbe le gt , trot zde m kann b e r ihr e Bedeutung ke in Zweifel w alt en , da sie im N ord en hinreichendoft un d zw ar immer als V ertr ete r der angelsch sischen Ing-R une vorkommt. U ebe rall ist dasZeich en do rt aus zwei kle in en Haken oder Bo ge n componirt, die th ei ls ber, theils ne be n einandergestellt sin d, nie aber, m it Ausnahm e des Br ac tea ten von V ad st en a, sich unm ittelbar berhren.Ge leg en tlich , wie auf de m Ste in von Tune u n d auf unserer S p it ze , haben die B og en auch eineme hr gene igte Stellung. D ie se m ussern C ha ra kt er entsprechend ist der Lautwe rth de s Zeichenskein ein fa ch er , sondern er u m fa ss t den doppelten v on n g oder gg na ch der griechischen Bezeichnung.Der letz te Buchstabe endlic h ist wiederum ein linkslufiges A , u n d die Lesung de r gesammtenInschrif t mithin _R A N N G A .

    Die s ist jedoch auf ke ine n Fall schon die vollstndige F o r m des Wortes. Vi elm eh r musszwischen der unsprechbaren mittleren Kon sonanten gruppe noth we ndig ein Vocal erg n zt werden,welcher nich t gut ein an de rer sein kann, als da s b ere its in dem N am en der Rune selb st enthaltene I.Dasselbe wird zwar in den nordischen Inschriften vor ng in der Regel ausdrcklich bezeichnet, abergerade wie hier, fehlt es auf dem Kamm von Vimose (S T E P HE NS I, 30 4) , w o HARN GA f r den aufdem Stein von Sk-Ang vollstndig ausgeschriebenen Namen HARINGA steht ( S T E P H E N S II, 888).Da nac h werd en wir ohne B ed enk en auch in u ns er em Falle, wie scho n BUGGE und W I M M E R thaten,

    1 D ietrich, Anzeiger fr K un de der deutschen Vorze it 18 67 , S. 3941. De rsel be in der Zeitsch rift f r deutschesAl ter thu m XIV , S. 92 ff. S te ph en s, Runic Monuments II, 88 0 ff., vgl. Ze itsc hrif t f r Ethnologie 18 85 V erh. S. 193.Sophus Bugge, Aarboger for no rdi sk Oldkyndighed 1871 , S . 20 1. Wimmer, R un es kr ift en s Oprindelse S. 59 f.H E N N I N G , D EU TS CH E R U N E N -D E N K M LE R . 3

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    10von RA NIN GA ausgehen dr fe n. Denn D I E T R I C H S Entzifferung ANG NAU, welches er mit 'Speer,steche!' be rse tzt , entbehrt, w ie gesagt, jegli che r Grundlage.W a s abe r ist die Be de utu ng dieses W or te s? denn me hr al s ein einziges ist es sicherlichnicht. Die patronymische A bleit ung mittelst -in ga deutet auf ei n en Eigennamen, den wir h ie r vonvorne her ein auch am E he st en erwarten w r de n. Nur die St am m sil be erscheint in ih re m etymo-logischen Zusam menhan ge zun ch st vllig un dur chs cha uba r. A n d ie nordische G t tin R a n darfnicht er in ne rt werden, weil diese auf eine lte re Fo rm Rahana, die 'R ub erin ' , z urc kw eist , au s dersie durch Contraction en tsta nd en ist . Ebenso we nig lassen sich an d e re Verkrzungen herb eizie hen ,welche erst im Laufe sp t er er Jahrhunderte in Gebrauch ko m m en . Von Ra na- f r R agan a-,Ragin-, Rain- kenne ich keinen Beleg aus einer lteren, irgend wie sicheren Urkunde, da auch dieVariante Ranacarius fr Ragnacarius bei G R E G O R I U S T U R O N . I I, 2 7 , welche noch STARK, d ie Kosenamender Germanen S. 4 8 an fh rt, durc h die neue A usg ab e von A R N D T beseitigt wird. U nd vo n Ran a-fr H rab ana -, Hramne- R a m m - etc. gilt in Be treff der betonten Stammsilben dur ch au s dasselbe.So bleibt den n nur die vo n vo rn herein nat rli chs te Annahme be st eh en , dass wir es m it de r etymo-logisch berechtigten Schreibung eines wenig bekannten Namens zu thun haben, der sich zumGlck aber noch durch eine Reihe lterer Belege hinreichend sttzen lsst.Eine Thringerin Ranigunda nennt P A U L U S D I A C O N S I , 2 1 au s dem Anfang des sec hs ten Jahr-hunderts als die Gemahlin d es Lan gobardenk nigs W ac ho , einen W es tf al en Rano v. J. 80 2 ein Ka pitu larKarls des Grossen 1 . In den Wormsgau fhrt uns ein Raningus des Codex Laureshamensis II , 318v. J. 775 , de r zw ar nicht in ein em Originaldiplom od er einer alten Co pie berliefert ist, ab e r du rch au sunentstell t aussie ht und in de m Ortsnamen R an in ga s aus dem W eiss enb urg er Codex v. J . 82 5 2 einesichere St t ze findet. M glicherweise lassen sich au s denselben Geg end en noch w eit ere V ertr eterbeibringen, wie Ranulf und Ranuoldus, sowie die aus den Ortsnamen Ranheim und Ranuoltestatzu erschliessenden Belege3. A be r der Name m u ss in Deutschland selber frh ung ebr uc hlic h ge-worden se in , whrend er be son ders in S dfr ank reic h und Sp an ie n, in den von de n W estgoth enbesetzten Ge bieten , als Com positionsglied no ch l n ge r sich hielt. N ac h Burgund ge h rt Ra ne sin du sin einer von den Herausgebern als vertrauenswrdig behandelten Urkunde 4 v. J. 670, nach LanguedocRanihildis, die Tochter des Arvernerfrsten Sigivald um 5 7 05 , ebenso die drei in der Historia Wambaeregis Toletani erwhnten Ranimirus, Ranemundus und Ranila v.J. 673, 6 ein zweiter Ranimirus v. J. 862,Ranualdus iude x v. J . 875, Ra nesin dus v. J . 89 8, eine 908 bereits vers torbe ne Ranilo fe m in a, sowieeine an de re R anil o v. J. 94 6, fe rn er Ranibertus v. J. 933, Ra nim und a, co mitis Tolosae fi lia v. J. 1005,Ranimundus comes v .J . 10051039 7 , der huf iger erwhnte Ranulfus 8 und einige Andere, die zumTheil no ch nicht in cit irbarer Form vorliegen. A us dem nor ds tliche n Spanien sind zu ne nn en :Ranarius, Rischoff von Urgel im Jahre 6 3 39 , R an os in du s aus der H ist or ia Wambae v. J . 67 3, R.ane-mirus v. J. 844, Ranimirus rex in Aragone v. J. 1036 1 0 und eine btis sin Ranlo (fr R ani lo) v. J . 96811.

    1 M on um en ta Germaniae, LL . I , 1, 233.2 Zeu ss , Tradit iones Wi zen b rge nse s ed. C. Ze uss S. 17 3, vgl . Dr. Sch r ick er in den St rassburger St ud ien I I , 358.3 F rs te ma nn , Altdeutsches Namenbuch I , 709. 10 31 un d I I , 1222.4 Dip lom ata , chartae etc. ad re s Gallo-Francicas sp ec tan tia ed. Pardessus, Pa ri s 184 9, Nr. CCGLXIII B an d II, S. 154.5 Greg or i i Turonensis Op era ed. Arndt e t Krus ch, H ann ove r 1885, I I , 71 3, 31 .6 Du Ghesne, Historiae Francorum scriptores I , 822. 832. 833.7 His t oi re genera le de L an gu ed oc par Devicet Vaisse te , Toulou se 1875, I I col . 3 32 . 3 78. V , 98. 122. 16 0. 2 0 4 . 3 48 . 349.8 D u G hes ne II, 400. 4 0 3 . 63 3. 635. Histoire de Lan g. II , 283.9 Villa nue va, Viage li ter ario a las iglesias de E sp an a X, Valencia 182 1, S. 16 .

    1 0 D u G hes ne aaO. I , 8 23 . Histoire de La ng ue do c II, 2 28. V, 422 .1 1 Es pa na sagrada par Flo rez 28, 49.

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    11Aus O be r-I tali en endlich ein e R anihild a v. J, 5 6 4 \ sow ie Ra nigu nda , filia Gaidualdi Br ex ian i ducisaus dem achten Jahrhundert2 . Wen n auch u n te r d iese n Belegen ein ige unsichere se in so llten , sodrfte doch die Sippe und das hauptschliche Verbreitungsgebiet derselben nunmehr wohl festgestelltsein. W iew eit s ie aus an de ren Gegenden, bes on de rs den angelschsischen3 , verstrkt wird, mussweiterer Nachforschung vo rb eh alt en bleiben. D as Altnordische bie tet leid er einigermassen verwickelteV erh ltn isse dar, da sich hi er die mythischen N am en Hrani4 und R an i gegenberstehen, so dassS O P H U S B U G G E den letzteren Beinamen Odins5 tro tz de r Allitteration so ga r zu emen diren vorschlgt.Hierm it sind wir ab er d er Deutung des N am en s noch nicht n h e r gekommen. Die gothischenSp rac hre ste , und ebenso w en ig zunchst die westgerm anischen D ialec te6 helfen uns um keinenSchritt w eiter. So werden wir denn die im b rig en tadellose A nk n pf un g, welche da s Altnordischegew hrt, wo hl nicht von de r Han d weisen d rf en . Das Sub stantiv um rani7 , dem ein gothischesra na , althochdeutsches r a n o entsprechen w rd e, bezeichnet die Sc hn au ze des E be rs , gelegentlichauch dieje nig e des Wolfes8 und einmal den spitzen Kopf der Schlange9 , vor Allem a b e r in ganztech nisch er Anwendung die keilfrmige Spitze der na ch dem Eb erko pf als svinfylking zubenann tenSchlachtordnung10 . Und z w ar ka nn damit nicht bloss , wie ich fr h er an nah m , der vo rd er e Abschnittdes Keiles gemeint sein, so nd er n der gesammte spitze Keil se lb er , welcher vor d e r in gleichenGliedern un d Rotten auf ges tellte n Heeresmasse, gleichsam vor d er B ru st derselben11 , angebrachtwar 12 . Im norwegischen Vo lksdialect ist diese Bed eu tun g wenigstens noc h erkennbar in dem viel-leicht ver k rzt en rane fr d e n Ring, der durc h de n Rssel des E b e rs gezogen wird, s ow ie in demdazu g eh rig en schwachen V er b um rana 'mit ein em Ring in der Sc hn au ze verseh en', im Uebrigenaber h at da s genau lau tent spre che nd e Wort ein en weiteren U m fa n g , indem es au ch eine Spitzeb er ha up t, eine aufragende K li pp e, ferner eine S tan ge oder eine n ho ch und schmal gewachsenenMenschen bezeichnet13 . D ies norwegische ran e er f fn et uns den w eit ere n Zusam me nhang , zunchstzu dem schwedischen rana 1 4 , 'rasch emporwachsen', rant 'hochgewachsen', rante 'eine lange, magerePe rs on ', sowie zu einer An za hl deutscher diale ctisch er Worte, be so nd er s dem mhd. A dje ctiv um ran,ranec 'schlank, schmchtig'15 und bair ischem ran (ran), ranigin derselben Bedeutung16 ; ferner drften

    1 M arini , I Papiri diplomatici Nr . LXXX. Spa nge nbe rg, Iuris Romani tab ul ae negotiorum sollem nium S. 146.2 Paulus Diaconus, Historia Langobardorum ed. Waitz S. 182, 13.3 K em bles Codex dip lom atie us IV, 3 belegt den N a m e n Ra nig dux v. J. 1 01 8, IV, 135 Ranulf v. J. 10 54 .4 Fornaldar sgur II, 211 ff. vergl. I, 515.5 Sae mu ndar Edda S. 33 9, im Grgaldr Str. 6 : p a n n gl Rindi (Rindr H ss .) Rani.6 D ie althochd. rane ' in te nt io ne ' (Steinmeyers A hd . Glo sse n II, 117, 13 v gl. Gra fts Ahd. Spra chsc hatz II, 522) undoffino r ni nt in 'manifeste sevie ntem ' (No tkers Psalmen 90 , 13 a ls Gegensatz von 'oc cu lte insidiantem1, H at te m er , St. Gallensalt teutsche Sprachschtze II, 332) ha be n langen Wurzelvocal, welc her fr die goth isc hen Nam en Ranimirus etc. ausgeschlossenist, un d w er de n deshalb mit R e c h t, w ie die Gttin Ra n, a ltn or d. rn 'rapina' un d rse na 'spoliare' an da s ah d. birahanen'raube n' (Hildebrandslied V. 57) an ge le hn t.7 W en n neben dem co ns ta nt en rani einmal hra ni v orkom mt (Fas. I , 38 0) , so drfen wir in U ebereinstimmungmit s m m tli ch en Lexicographen u n d et w a noch mit einem Hi nw eis e auf Gislason, U m Frump arta etc. S. 6 4 ff. diesen Fallwohl auf sich beruhen lassen.8 Egilsson, Lexicon Poeticum S. 528.9 Vlsunga saga Gap. 37.

    1 0 Cleasby-Vigfusson, Ice la nd ic - english Dictionary S. 4 83 .1 1 F as . I , 380, Fornm anna s gu r XI, 304.1 2 Ue ber die nordische Ke ilfo rm atio n, bes. auf G ru nd vo n Saxo Gr am m atic us, handelt v. Pe uc ke r, Da s deutscheKr iegs we sen der Urzeiten II, 21 5 ff.1 3 Iv ar Aasen, Norsk Or d bo g S. 580.1 4 Rie tz, Svenskt Diale kt-Lexic on S. 524.1 5 Benecke-M ller-Zarncke, Mittelhochdeutsches W r te rb uc h II, 1,552. Le xe r, Mittelh. Ha ndw rterbu ch II, 340 f.1 6 Sch ind le r , Bayrisches W rte rbu ch2 II, 102. Vg l. Vil ma r, Kurhessisches Idio tico n S. 314.

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    12die R an te n , Randen 'der Schssl ing, schlanker Fichtenstamm vo n 6070 Schuh L n g e , Stange,Hagstange '1 , krntisch rante 'lange Stange'2 hierhergehren, besonders wenn der Dental laut hinterdem n n u r ein euphon ischer ist3. Schw ieriger ist sprachlich de r Zusa mm enhang m it de m spt-mittelhochdeutschen rans (st. Masc.) 'R sse l, M aul' zu ve rm itt eln 4 , denn wenn dasselbe auchnur du rch ein besonderes S uffix (-sa) von de m nmlichen S ta m m e abgeleitet zu se in sch ein t, soist es an dre rse its doch sch we rlic h zu trennen v on dem schon a u s lt er er Zeit und h u fi g er belegtengrans, granso (gleichfalls Masc.), dessen Herkunft vorlufig noch unaufgehellt ist , dessen Bedeutungenaber w ied er um eine weitgeh ende Parallele zu de m nordischen ra ni er ffn en . Die ltes te nach we isbar eund festw urze lnde ist 'r os tr u m , Yordertheil d es Schiffes' , daneben jed oc h bezeichnet es gleich ransden Rssel verschiedener Thiere, des Wolfes und Ebers, und den Schnabel von Vgeln \Wie der letztere Zusammenhang nun auch zu erklren sei, jedenfalls ist 'spitz und schlank'der Gru ndb egriff des nic ht oh ne Verwan dtschaft dastehenden W o rt e s, aus dem sich in gleicherWeise die Bedeutungen Ptssel, Schnabel, wie die der keilfrmigen Aufstellung selbstndig ent-wickeln ko nn te n. W ahrs che inlich aber ist ra ni al s 'Keil' nur ei n bildlicher A us dr uc k; de nn wirwissen, da ss die Svinfylking eine sehr alte Schlachtordnung d er Germ anen und an d e re r arischerStmme w a r , welche auc h v on den Griechen und Rmern na ch de m Eberkopf (c ap ut porcinum ,ovos xt

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    13und. die G emeinschaft de rse lbe n Raninge heissen , eb ens o wie von de m altdeutschen h er 'die Schaar,das H ee r' de r auch als Ei gen nam e belegte H eri ng abgeleitet w ur de , als einer der zu ein er grossenSch aar ge h rt oder in ih r sich aufzuhalten pfleg t. An die Spitze diese r ganzen Ge nea log ie wrdesich ab er seh r passend de rje ni ge stellen, der als d er Erfinder je n e r Schlachtordnung g alt , Odin,der als solch er eben Ran i zu ben ann t worden sein ma g.Frag lich bleibt n u n m e h r noch die En du ng vo n RANINGA. A m nchsten w r de es liegen,darin wie in TILARIDS de n N ominativ Sin gu laris , und zwar v o n einem an -St am m zu erblicken.In cler That hat das W I M M E R aaO. auch ge th an . Aber es ist do ch zu berck sichtigen, dass imAltgerm anischen die mitte lst -ing abgeleiteten Su bstan tiva regelm ssig starke a- S t m m e sind1, soclass de r Nominativ vielm ehr R aning oder R an in gs lauten m s ste . Nur das Al tno rdis che nimmteine Ar t Sonderstellung e in , in dem es vers chie den e Bildungsweisen nebeneinander zul ss t. Diesta rk en Fo rm en auf -IN G A f , -ingr sind auch in die sem Dialect die zahlreichsten u n d entschiedendie re gu l re n. Neben ihn en ste ht in den han dsc hriftli ch berlieferten Denkmlern die W eiterbildung-*'ingjan, f r welche inde ss die Lieder-Edda no ch we nige Belege b ie te t. Das einfache, sch wa ch flec-tirte -i n g ist beraus se lt en , da ingi im N om ina tiv erst fr in gj i eingetreten ist , ja es scheintbishe r au s der Litteratur n u r durch den sch on vo n BUGGE angefhrten Namen Suttungi (GenetivSu t tunga )2 neben Suttungr g est tzt zu sein. So m it erhalten die inschriftlichen TH RA WIN GA N aufdem Stein von Tanum (B hus lan) und AR BING AN O- auf dem Stein von Tu ne , welche mannebst dem schon ang ef hrte n HARINGA hi er h er zu ziehen pf le gt , innerhalb des sp te ren Alt-no rdis che n nu r eine geringe Ank npfung . Auf kein en Fall knnen sie u ns berechtigen, die nordischeFlexion als eine urge rma nisch e zu betrachten un d von ihr aus u ns er RANINGA zu erk lren . Inan de rer W eise aber lsst sich die Endung nic ht gu t als ein No m inati v Singularis da rs te lle n, dennwe nn es gramm atisch auch ang ing e, das ausla uten de -A als die re gu lr e westgermanische Entsprechun gdes urn ord isc he n -AJ zu bet rach ten , so d rfte do ch , ohne we itere Relege, selbst de r Hinweis aufdie aus dem Germanischen entlehnten, finnischen Substantiva wie hamara, kattila 3 neben ansas,kun ingas vorlufig wenig n tze n.

    Mglich wre dag ege n der Nominativ Plu ra li s, wenigstens vo m Standpunkt d es Althoch-de uts ch en au s, so dass de r wahrscheinlich als cler nmliche Casus aufzufassende O rts na m e R.aningassich z ur unmittelbaren V erg leic hu ng darbte. D er Pluralis, al s d ie Gentilbezeichnung eines Ge-schlechtes, liesse sich berdies auf unserer Spitze sehr wohl begreifen, besonders wenn wir annehmen,class da m it die das Ge schen k darbringende Si pp e gemeint war. Fin de n wir doch au ch auf dengriec hisch en Lanzenspitzen, we lche als We ihgesch enke zu Olympia niedergelegt w urd en , des Oetterndie blossen Namen der stiftenden Gemeinde ebenso im Pluralis verzeichnet4 . Tr otz de m bleibt dieFra ge be ste he n, ob wir da s Suf fix -a, welches die hochdeutschen D enkmler zwar vo n Anfang anau fw eis en , in der That in eine so frhe Ze it zurckzuversetzen berechtigt sind. Die U eberein-stimmung zwischen der gothischen und altschsischen Endung -os 5 legt uns den R c ks ch lus s auf ein

    1 Ja cob Grimm, Deutsche Gram matik II2 S. 331 ff. Die friesischen Pa tro ny m ica auf -inga, we lch e Liibb en in derZeitschrift f r deutsch. Alterth. 10 , 29 6 f. anfhrt, bleiben wo hl besser noch aus dem Spiele. Aus de ut sc he n Urkunden,welche nu r das weibliche -inga s ic he rn , kenne ich dane ben kei nen Beleg fr ein m nn lich es -inga oder -in go .2 E gilsso n, Lexicon Po et ic um S. 791, vgl. Tid skr ift fo r Philologi og P d ag og ik VII, 249.

    3 Th om sen , Ueber den Ei nf lu ss d er germanischen Sp ra ch en auf die finnisch-lappischen (bers, von Siev ers), S. 86ff., 123f.4 Archologische Zeitung 1876 ff. MedavLOi ccrco iay,Edai[.iovliov N r . 3 , 2ex.v(ovi[oi resp. cov] Nr. 394.395;vgl. a uc h Nr . 299. 386.5 M ahl ow , Die langen Voka le A , E, 0 in den e uro pi sch en Sprachen S . 12 7 'f., vgl. Paul und B ra un e, BeitrgeVI, 550 f. VII, 505 f.

    H E N N I N G , D EU TS CH E R U N E N - D E N K M L ER . 4

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    14vorhoch deutsches Raningos jeden falls sehr na he . So werden wir , in de m wir auch vo n de m GenetivPluralis absehen, vorlufig am Besten thun, uns mit unserer Erklrung zurckzuziehen auf denjenigenCasus, d er grammatisch die w enigsten A nfe chtu ng en zu bestehen ha b en drfte, den D ativ Singularis,der in der vorliegenden Gestalt wenigstens genau zu der Bezeichnungsweise des U L F I L A S st i m m t. Gegendie ein fach e Dedicationsform w ird wohl kein entsc heid end er E in w an d zu erheben se in , ob w oh l sonstallerdings a uf den runisch en Denkmlern sic h m e h r die Ve rfertiger od er Besitzer zu n e n n e n pflegen.Ein bedeutungsvolles, nicht unmittelbar f r kriegerische Zw ec ke angefertigtes S t ck wa r derfr altgerm anisc he Verh ltnisse ungewhnlich reic h ausgestattete Sp e er jedenfalls, m ag de rse lb e nunzu den Insignien eines Huptlings 1 oder f re ie n Mann es gehr t h a b e n , oder zu den S pe n d en , mitdenen ma n den Abgeschiedenen ehren wollte, de r hier im Beisein de r an ihm An thei l neh m end enGeschlechter verbrannt u n d bestattet wurde. Be ides ist mglich, de nn man pflegte , wi e wir ausdem angelschsischen Epos lernen, nicht nur den Scheiterhaufen mit den eigenen Helmen undSchilden un d Brnnen de s Verstorbenen zu u m h ng en , so wie d ies er selbst es gew Tnscht hatte,(Beovulf 31 38 ff.), sondern die Kriegeshelden sp en de te n auch f r de n Todtenhgel au s ih re m SchatzeBauge u nd Geschmeide u n d Rstungsstcke, ' so da ss die Ko stbark eiten und das Gold fo rt an wiederin der Er de liegen, den M en sc he n so unn tz, w ie sie voreinst e s w ar en ' (3165 ff.).Dass die mannigfachen Symbole in Beziehung stehen zu der Bestimmung der Spitze, drfenwir nu r verm uthe n. V orl ufig sind sie uns m eis ten s noch seh r we nig bekannt. So da s oberhalbder In sc hr ift stehende, fr ei u n d decorativ en tw or fe ne Zeichen. E s zerfllt in zw^ei A bsc hnit te,ein k rz er es Kopfende un d ein schlank ve rla ufe nd es Fussstck, w el ch e beide durch ei ne n griffartigenStab v er bu nd en sind. D as e rst er e ist zum T he il star k beschdigt, u n d das Silber vie lfac h a us denRinnen herausgetrieben, so dass es an de n R n de rn der aufge sprun gene n, bla se na rtig en An-schwellung steh t, welche d e n oberen spitzen W in ke l des Zeichens durchbro chen ha t. Im Uebrigenaber sind die Furchen mit ihren Silberresten berall deutlich erkennbar.D ass dies symm etrische Ornament nich t willkrlich er fu nd en ist , sondern ein e besondereHerk unft ha be n muss, k an n w ohl keinem Zw eifel unterliegen. M an da rf auch mit ein ig er Sicherheitann ehm en, da ss es sich a u s dem antiken F u lm en entwickelt ha t, obg leich ein un m itte lb are s Vorbildnirgends nachzuweisen is t , un d die gewhnliche rmische F o r m , da s Bndel sc h ar fe r, zackigerStrahlen, welche s whrend de r Kaiserzeit den G erm anen nicht n u r auf den Denaren, s on d er n auchauf den Sch ilde n der R m er of t genug en tg eg en tra t, ziemlich w ei t abliegt. Dagegen l s st sich dieAn knpfu ng an die ltere , ursprnglich orie ntal isch-griechische G es tal t ohne gro sse Schw ierigkeitvermitteln. Die letztere, we lche von vorn he re in mehr zu or na m en tal er Behandlung ne ig te, hatim ganz en Umkreise des Hellenismu s die w eite ste Verbreitung ge fu nd en , und lsst sic h in ihrenSpielarten von Klein-Asien und Griechenland 2 ber Sicilien und Ober-Italien3 bis Spanien hindeutlich ve rfo lge n. Sie besteht a u s de m Donnerkeil m it einfachen oder d o p p e lt e n , oftweit nach ob en oder unten re ic he nd en , gebogenen Schwingen, we lche h uf ig diewichtigsten Be stand theile des Z eic he ns w erden, hu fig abe r auch zu blo ss en Strichenzusam m ensch rum pfen . Und wenn so ns t sehr sorgfltige Abbildungen nicht tr g en , so kannbei diesem Typus, wie bei Fig. 1, einer Mnze des spanischen Pvhoda 4 , der Donnerkeil s el be r sogar

    1 N ach Gregorius T ar on . , Hi st. VII, 33 und Pa ul us Diaconus VI, 55 ga lt bei den Franken un d La ng ob ar de n dieUeberreichung des Speeres als ein Z eich en der He rrsc haft sbe rtrag ung , ebenso na ch Th ietm ar V, 9 und VI, 3 b ei den Sachsennoch in spcterer Zei t; vgl. v. P eu ck er aaO. II, 136 f.2 G atal ogu e of Greek co ins (Central Greece) edit. by Re g. Stuart Poo le, Lo nd on 1884, Tab. VIII , 1 (Botien).3 R. S tua rt Poole, Ga talo gu e etc . Sicily S. 26 . 29 . 43 . 198 etc . Ita ly S. 83 (Gapua). 164 (T ar en tu m ).4 He iss , Description gen er al e des monnaies an ti qu es de l 'Espagne, Pa ri s 18 70 , PI. I, 3 .

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    gnzlich fortf allen . Unter de n specifisch rmischen M nze n stellen hau pts chlic h die Co nsu lard ena re 1meh rere V ert ret er dieser G att un g, aber der Mittelstab, de r hchstens et w as reducirt ersc he int, ist dochauf ihn en ste ts ebenso vo rh an de n wie auf den gallis che n Mnzen, v o n denen besondersdie lteren Nachahmungen des macedonischen Goldstaters ganz entsprechende Fulminawie Fig. 2 aufweisen2. Eine u nse rem Zeichen n h er s tehende rm isch e Form mag u n sFig. 2 , ein Schild aus dem De na r der alten gen s Co elia 3 rep rs en tire n, sowie Fig. 3,eine den pannonischen Araviskern zugeschriebene Mnze 4 . Ob n u n die , wie es schein t,speciell germanische Fortbildung unmittelbar hieran anknpft, oder ob bereits eine frhereEntlehnung aus dem euro pisc hen Sdosten s tat tg efun den hat , m s se n wir so langedahingestellt sein lassen, bis anderweitige Ar gum ente darber en tsch eid en . Als cha rakte ristisch frdiese letzte Umgestaltung ist jedenfalls das ausschliessliche Betonen der ursprnglich nebensch-licheren Th eile zu betrach ten, so dass von dem alte n Donnerkeil n u r no ch in dem k u rz en Mittelstabein R e st br ig blieb, w h re nd die Seitenstbe d er be iden ungleich gewo rdenen H lft en (die altenSchwingen) me hr hervortraten un d mit ihren ru n d zurckgebogenen En de n einen du rch au s ornamen-talen C ha ra kt er annahmen. De m germanischen Kn stle r lag somit d er Gedanke an d en Blitzstrahlwahrsc heinlich vollkommen fe rn , er hat lediglich ein von seinen N achb arn ihm zugeko mm enesSymbol nach- oder umgebildet.

    Au f de r Rckseite d e r Spitze erblicken w ir obe n rechts d as se lb e Hakenkreuz wie auf derVolh ynischen , nur dass an je d em Ende noch drei Pun kt e als Ab sch lus s gruppirt sind. Dasselbe istder Fa ll be i dem daneben ste he nd en Zeichen, ein em sehr regelm ssigen T riquetrum , welch es aufgerm anisc hen Denkmlern zie m lich selten vo rko mm t. Als Symbol ha t es dieselbe H er k un ft wie dasFulm en u n d das Hakenk reuz. Im Orient, sein er alten Heimsttte, ist es hufig, ga nz stereotypz. B. auf de n lykischen M n ze n 5 und zwar in der, w ie es sche int, no ch alterthm licheren Form,bei w el ch er die Schenkel in d er Mitte nicht in e in em Punkte zu sam m en tref fen , so n d e rn in regel-mssigen Abstnden um ein en Kreis gestellt sind . In Sd-E uropa w ird es fter ge fu nd en in demweiten Kr eis e der lteren Mittelm eerkultu r, vo n Klein-Asien bis P o rt u g al , in M ittel-Europa dagegenselte ner. Do ch treffen wir es auf den gallischen M n ze n vornehm lich, u nd zwar m ehr fac h zusammenmit dem Fulmen, auf den Nachahmungen der Phi l ippeers 6 , ferner zum Theil als isolirtes Ornamentauf den Mnzen clerVolcae und Arverner (?)7, s ow ie a uf einem viel leich t schon etwas sp te re n Regen-bogenschsselchen von Do na uw rth 8 . Gleichfalls de n gallisch be ein flu sst en Gegenden eig ne t daneben

    1 Co hen , Monnaies de la Re pub liqu e Romaine tab . IX, 14 (der Gens Ga lpu rnia ) etc.2 Vg l. z. B. die Mnzen de r Helv etier, bei Meyer, B es ch re ib un g der in der Sc hw eiz aufgefundenen ga llis ch en Mnzen

    Nr. 100 , un d diejenigen der A rv er n er , Revue Num ismatique 18 56 PI. X, 1. 2, au ch Huch er, L'art Gau lois 5, 1. 53, 1,Lelewel, T yp e Gau lois VIII, 6.

    3 C ohen aaO. Planche XIII , 4.4 R evu e Numismatique 1 8 6 0 p. 20 3, wo nur mit Un rec ht behauptet wir d, da ss sie eine Na ch ahm un g der Denare

    der Co rne lier sei. Sie ist keine be st im m te Gopie, sondern n u r e ine provinziale N e u pr g u ng nach dem M us ter de r Consular-mnzen. M om ms en, Geschichte des Rm ischen Mnzwesens S. 6 96 , nimmt an, da ss d iese in grossen Mass en gefundenenDenare h ch st wahrscheinlich vo n de n Araviskern in der he ut ig en Stuhlw eissenb urger Gespanschaft um d ie Ze it der letztenjul ischen Kaiser geschlagen wurden.5 Fellows, Coins of ancient Lycia, Taf. III sq.

    6 B evu e Numismatique, Pa ri s 18 55 , IV, 11. 18 58 S. 11 5, Meyer aaO. Nr . 98. 10 0, Lambert, Essa i s ur la Numis-matiqu e Gau loise PI. II, 6. 10. 11 .

    7 Re vu e Numismatique, P ar is 18 66 , PI. XV, 21. XVI, 39 . Revue de la Nu mi sm atiq ue Beige 1859, PI. V, 6 und S. 176.8 F ra nz Streber, Ueber die sog ena nn ten Reg enbogen schsselchen, in den Ab ha nd lu ng en der philosophisch-philologischen

    Glasse de r k n ig l . bayer. Akademie d er Wissenscha ften IX S. 17 9 u nd Taf . VII Nr. 84. Vg l. Re vue Num. 1855 S. 15 8 u nd PI. V, 3.

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    16die um ge bild ete Form mi t einem Dreieck in de r Mitte und ge k r m m te n Schenkeln m it zusamm en-gerollten Endspiralen1. A be r auch im stl ich en Germanien, n a h e dem Fundort u n se re r Lanzen-spitze, sowie in den be na ch ba rte n Gegenden, ist d as Triquetrum in seiner reinen F o r m seit ltererZeit he im isc h: auf einer Schaale des Gr b erf eld es von Za bo row o im sdwestl ichen Po se n stehtes inn er ha lb eines von Pu n kt en umgebenen Kreises" , in h nl ich er Umgebung auf ein er bemaltenSchaale von Kazmierz3, u n d so lsst es si ch von Posen u n d Schlesien weiter bi s n ac h demNorden hinauf verfolgen4. De n merkwrdigsten Doppelgnger a b e r ha t nicht nu r da s T riqu etrum ,sondern au ch die sonstige Ornamentik unsere r Sp itze neuerdings ge fu nd en auf dem g ro ss e n jtischenBron zew agen von l)ijberg-M ose (Dijberg So g n , Belling Herrad , Ring kjb ing Am t), b e r de n HerrDr. P E T E R S E N eine Pu blic atio n vorbereitet. De rse lbe ist nach e in er freundlichen M itt he ilu ng Prof.V IR C H O W ' S 'ein hlzerner Wagen von natrlicher Grsse, mit vier Rdern, einer mchtigen Deichsel,einem Sitzs tuh l, grossen Bordb rettern etc ., u n d das Alles m it reichen Bro nz eb esc hl ge n. DieBron zeblech e sind in F ig u re n ausgeschnitten u n d m it grossen Bron zen ge ln befestigt, de re n Kpfein je dre i F elder mit ge kr eu zt er Schraffirung get he ilt sind. D ar au f finden sich za hl re ic he T riquetramit drei Punkten an den Enden, zuweilen mit einem Kreise im Centrum, ferner Sonnenkreise miteinem K ran ze von Punkten he ru m , auch solc he mit ein paar con centrisc hen Kreisen bi nn en . Danndrei aneinander gesetzte Halbkreise, an deren Spitze wieder die drei Punkte'.V on den Triquetris ist Figur 4 du rch au s die lykische F o rm 5 , zu der nur die drei Punkte anden E n de n hinzugeko mm en sin d, Figur 5 dieje nige unseres Ru ne nsp eer s. Vllig n e u dagegenund sehr interessant sind die drei aneinandergerckten Halbkreise (Fig. 6), welche sich in dieser An-

    ordnung bish er noch nir ge nd fand en. Gleiclrwohl aber erffnen sie u n s einen neuen Zusa mm enh angmit de n Ornam enten be id er Lanzenspitzen. D en n es kann w oh l ke inem Zweifel u n te rl ie g en , dasssie de n auf jenen zerstreut angebrachten, ein ze ln en Bogen oder Ha lbk reis en entsp reche n. Auc h ihreEnden sind an beiden Se ite n mit eben sol che n Pu nk ten versehen6, wrie auf der M n ch eb er ge r Spitzeder un te rh al b der Rippe stehen de und zu m Th eil durch R o st fr as s unkenntlich gem ac ht e Bogen,whren d d er andere n e b e n de r Inschrift be fin dl ich e, sowie die auf der volhyn ischen Spitze an-gebrachten dieselben entbehren.

    Es fr ag t sich nu n, ob diese Bogen als einfa che geome trische Figuren, oder eb en so , wie dievorhin besprochenen Zeichen als wenigstens ursprnglich bedeutungsvolle Symbole zu betrachten1 H ier he r gehrt das be ka nn te Ornament auf d en Schwertscheiden vo n L a Tne (Keller, Pf ah lb au te n. Sechster

    Bericht, Z r ic h 1866, Tafel X u n d XI), auf dem He lme von Amfreville (L ind ens chm it, Die Alterthmer u ns er er heidnischenVorzeit III , H ef t 1 Taf. 3, 8 vgl . S . 23 f.) , auf den F un ds t ck en von Wa lda lge she im in Rheinhessen (L in de ns ch m it aaO.III. 1, 1), u. A . m. Dasselbe l ss t si ch in seiner einf ach ere n Ge stal t in Gallien gl ei ch fa lls bis zu den (arv ern isch en ?) Philippeernzurckverfolgen (Rev. Num. 18 56 , Pl . X, 5, Hucher 19, 1).

    2 Virc how , Zeitschrift f r Ethnologie 1874, Ve rh an dl . S. 217 und Ta f. XV .3 Sc hw art z, Zweiter N ac h tr a g zu den Materialien zur prhistorischen K ar to gr ap hi e der Provinz Pose n 1 88 0, Ta f. I , Fig.6.4 Virchow aaO. S . 220 .5 D ieselbe kann ich auf g all isch en Mnzen we ni gs te ns einmal na ch we ise n: auf einem Exem plar des auf der InselJersey ge m ac ht en , sehr anse hnlich en Mnzfundes (Re vue N um . 1884, Pl. VI, 15 ).6 In Betreff der letzteren vg l. auch den von S te ph en s III S. 261 ab ge bil de te n Bracteaten aus S d-N orw eg en .

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    17sind. W ir drfen wohl das L etz ter e annehmen, da da s Ornament, tr ot z seiner geringeren Hufigkeitin De uts ch lan d, doch dieselbe H erk un ft und im Ga nz en auch dasselbe V erbreitungsgebiet wie jene hat.Auf de n orientalischen D en km le rn ist die Geltun g desselben als Mo nds iche l gar nicht zu bezweifeln.Auf persischen Steinen und Mnzen 1 ist es ein regelmssig wiederkehrendes Symbol, das auchinn erh alb de r griechischen u n d rmischen W elt, au f lteren wie j n g e r e n Mnzen a u s M acedonien,Th rac ien , Griechenland u n d Italien in der n m lic he n Bedeutung vielfa ch angetroffen wird 2 . Ganzbes ond ers h ufig kommt da ss elb e jedoch in Gallien vo r, in dessen s dli ch en und mittle ren Provinzenes seit alte r Zeit eingebrgert is t: sowohl auf d en M nze n von M ass ilia , wie auf den nac hge ahm tenPhilippeern, auf denen wir es weit nach dem Norden und Osten hin verfolgen knnen 3 , ebensoauf den M nzen der Volcae Tecto sages , deren fas t durchaus ane pigr aph ische Pr gu ng en un s ausdem ganz en Umkreise der Pr ov en ce und dar be r hi na us , bis in die Schweiz und Sdd eutschlandhinein, in grosser Vollstndigkeit vorliegen 4. In ih re n lteren Ve rtretern sind dieselben u nve rke nnb areNachahmungen der noch von dem alten Mutterlande her beeinflussten Mnztypen der griechischenColon iestdte Rhoda und Em po ria e, welche fr diese Vlkerschaften ma ssgeb end wu rde n, und derenTypen in den immer ba rb ari sc he r werdenden Pr gu ng en der sp t er en Zeit ganz un zw eid eu tig sichfortpflan zen. Mag man nu n au ch auf den we nig en Originalmnzen vo n Rhoda die E nt ste hu ng desbetreffende n Ornamentes au s de r Rose fr wa hrsc hein lich halten, so ist doch auf vielen lte sten undfast allen folgenden gallischen Nachahmungen bereits die unzweideutige Mondsichel an deren Stellegetre ten. Ein e solche, h c hs t wahrscheinlich ga llis ch e Nachprgung d es rhodischen Ty p u s , w-elche

    eine ga nz e Collection gr s se re r und kleinerer Mond siche ln verein igt, ist Fig. 7\ Die Zugeh rigkeitvon Fig. 8 6 w ird durch die ausnahmsweise v o rh an de ne Aufschrift aus se r Zweifel ges tellt, und das-selbe ist du rc h den Fund ort un d den An fangsb uchsta ben der Fall be i Fig. 97, welche eine ebensolcheZusammenstellung von drei Mondsicheln aufweist wie Fig. 10, ein keltisches Regenbogenscbsselchen*aus Ampfing (zwischen Isar und Inn), und wie in anderer Gruppirung das Ornament des Wagensvon *D ijberg. Auf bhm ischen und sddeutschen Reg enbog ensch sselchen, welche u n s vielleichtschon in de n Anfang u ns er er Zeitrechnung hi ne in f hr en , bildet d er unter einem Strah lenkra nzestehe nde Halbmo nd hufig das Geprge. Ge sttz t auf diese Pa ral lele n und den in an alo ge r Weisesich im m er wieder erffne nden Zusam menhang, d rfe n wir den Sichelbo gen unserer Lanzenspitzenwohl die selb e Bedeutung zu sc hr ei be n, besond ers da auch auf e in er Reihe derselben Sp h re an-

    1 A drie n de Longper ier , M em oire s sur la Chronologie e t l 'i conographie d es rois Par thes Nr . 7 0 1 6 0 .2 Vg l. z. B. Mller, N um is m at iq ue d'Alexandre le Gr an d, Ta b. III ff ., Poo le, T hr ac e S. 77 (Aenus), 10 5 (Byzantium),

    165 (Plii l ippopolis), Central Greece Tab. XVI, 59, Italy S. 153 etc.3 Mey er aaO. Nr. 95. 9 6 etc . , Bevu e Num. 185 6, PI. IX, 4. 9 und 18 84 , VI, 4- etc. Jahresbericht de s historischen

    Vereins f r Schw aben und Ne ub ur g, 18 39 und 40, Taf . I I un d I I I . Auf Ste in denk mle rn i st das Symbol se l ten er , obwohles nat r l ich vorkom mt.4 De la Saussaye, Mo nnaies an epi gra ph es des Vo lces- Tec tosa ges , Revue N um is m . 1866 S. 389 ff. u nd PI. XIVXVII.Revu e d e la Numismatique Relge 1 8 7 9 , PI. XII f . Meyer aaO . N r. 76 ff .

    5 Re vu e Numismatique 1 8 6 7, PI. I , vgl. S. 1 ff .e Rev. Numism. 1866, PL XVII, 56.7 E b e n d a N r . 5 1 .8 St re be r aaO. Tafel 8 , N r . 10 4.

    H E N N I N G , D E UT SC H E R U N E N -D E N K M L E R . 5

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    18gehriger deutscher De nkm ler die leichter zu recognoscirende, v o n Strahlen oder P u n k te n umgebeneSonnenscheibe dargestellt ist.Ob wo hl dies O rn am en t auf unserer Sp itze nicht vorliegt , h at es fr unseren Zus am me nha ngdoch eine gewisse Be de utu ng . Wenn wir mit dem Dijberger W ag en anfangen, k n ne n wir esin verhltnissmssig gros ser Zeichnung auf ein er Anzahl be m al te r Vasen von J tl an d in sdst-licher R ic ht un g weiter ve rf ol ge n: zunchst au f eine r fr italisch geltende n Schale, w el ch e m derSteinkiste eines Kegelgrabes bei Frelsdorf, A m t Brem ervrde, m it einer bro nze nen Pin ce tte zu-sammen gefund en wurde 1, soda nn auf den sc ho n von V I R C H O W angefh r ten Schalen res p . Urnen 'aus Za bo row o (mit einem T riqu etrum im Ge ntr um ), aus Leschwitz in Unterschlesien u n d a u s Glogau,sowie mi t eine r bem erken swe rthen Variation auf eine