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Wachsende Lohnungleichheit in Deutschland Welche Rolle spielt der internationale Handel?

Wachsende Lohnungleichheit in Deutschland · 2015-03-17 · Prof. Dr. Daniel Baumgarten Sybille Lehwald. 4 Inhalt Datenquellen 48 SIAB 48 LIAB 49 Literaturverzeichnis 50 Anhang 53

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Wachsende Lohnungleichheit in Deutschland

Welche Rolle spielt der internationale Handel?

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3

Inhalt

1. Einführung 5

2. UntersuchungsgegenstandundDatengrundlage 7

3. DieEntwicklungderLohnungleichheitinDeutschland 9

3.1 DieBedeutungderresidualenLohnungleichheit 12

3.2 DieBedeutungmakroökonomischerEreignisse 13

3.3 EntwicklungderLohnungleichheitinunterschiedlichenRegionenundBranchen 15

3.4 EntwicklungderLohnungleichheitentlangpersönlicherMerkmale 17

4. AnalysederLohnvarianz 21

5. DieBedeutungvonFirmencharakteristiken 24

5.1 DieEntwicklungderTarifbindung 24

5.2 DieBedeutungvonTarifverträgenfürLohnzahlungen 25

5.3 DieEntwicklungderExporte 26

5.4 DieBedeutungvonExportenfürLohnzahlungen 28

5.5 DieBedeutungvonImportenfürLohnzahlungen 31

6. WelcheFaktorentreibendieVeränderungderUngleichheit? 33

6.1 MethodischeAspekte 34

6.2 Ergebnisse 36

6.3 EinschätzungundZusammenfassung 40

7. InternationalerHandelundUngleichheitaufsektoralerEbene 42

8. WirtschaftspolitischeImplikationen 46

Inhalt

Wachsende Lohnungleichheit in DeutschlandWelche Rolle spielt der internationale Handel?

Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D.Prof. Dr. Daniel BaumgartenSybille Lehwald

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4

Inhalt

Datenquellen 48

SIAB 48

LIAB 49

Literaturverzeichnis 50

Anhang 53

GlobalEconomicDynamics(GED) 57

Impressum 59

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Einführung

1 Einführung

DeutschlandbefindetsichmittenineinerverteilungspolitischenDebatteüberdiewirtschaftlicheUn-

gleichheit. Häufig ist von einer Spaltung der Gesellschaft die Rede: Manche Bevölkerungsgruppen

sehensichstagnierendenoder sogar sinkendenReallöhnengegenüber, andereGruppenpro-

fitierenvomWirtschaftswachstumunddensichverschiebendenKnappheitsverhältnissenauf

demArbeitsmarkt.AufwelcheFaktorensinddieseEntwicklungenzurückzuführen?

ZahlreichewissenschaftlicheStudienbelegen,dassderGestaltungvonArbeitsmarktinstitutionen

einezentraleRollebeiderEntwicklungderUngleichheitzukommt(Dustmannetal.2009,DiNardo

et al. 1996).Darüberhinauswird inderwissenschaftlichenLiteratur regelmäßigaufdieRolle

destechnologischenWandelsalsmöglichenTreiberderLohnungleichheitverwiesen(Acemoglu

2002).DabeilaglangeZeitdieIdeezugrunde,dasstechnischerFortschrittqualifikationsverzerrt

seiundsichsomitunterschiedlichaufdieArbeitsnachfragenachhochundniedrigqualifizierten

Arbeitnehmernauswirke.AlsWeiterentwicklungistdarausdersogenanntetätigkeitsbasierteAn-

satzentstanden,derdavonausgeht,dasstechnologischerWandelzueinerSubstitutionvonRoutine-

tätigkeitendurchComputerundMaschinenführtundentsprechendeEntlohnungsveränderungen

nachsichzieht(AcemogluundAutor2011,Spitz-Oener2006).DaroutinehaltigeTätigkeitennicht

unbedingtmiteinergeringenQualifikationeinhergehen,sondernsichvorallemimmittlerenBe-

reichderQualifikations-undLohnverteilungbefinden(z.B.Buchhalter/-innen),wirddieserAn-

satzauchmiteinerzunehmendenPolarisierungderLöhneinVerbindunggebracht.

NebendengenanntenWirkungsfaktorenisthingegenwenigereindeutig,welcheBedeutungdie

zunehmendeinternationaleVerflechtungimHinblickaufdieDynamikunddieStrukturderUn-

gleichheitspielt(Fitzenberger2012,OECD2011).1Diesgiltinsbesonderedeshalb,dasichdieNatur

derinternationalenArbeitsteilungindenletzten30Jahrenstarkgewandelthat.DerGroßteildes

deutschenHandelsfindetheuteinnerhalbengabgegrenzterIndustrienstatt,dasheißt,Deutsch-

landistsowohlExporteuralsauchImporteursehrähnlicherGüter.DerHandelistalsonichtmehr

interindustrieller,sondernintraindustriellerNatur.DamithabenjedochdieklassischenTheorien

überdenZusammenhangzwischenUngleichheitundHandel,wiezumBeispieldassogenannte

Stolper-Samuelson-Theorem,ihreempirischeGrundlageverloren.IndenklassischenHandelsthe-

orienstehtdieBildungsrenditeimZentrumdesInteresses.Demnachwirdindenhochentwickel-

ten Ländern wie Deutschland aufgrund der Arbeitsteilung mit ärmeren Ländern gute Bildung

immermehrwert,währendderWertniedrigeroderfehlenderBildungsqualifikationsinkt–die

Bildungsrenditenimmtzu.JedochzeigenUntersuchungen,dassüberdiesenKanalnurrund20

ProzentinderStrukturderLohnungleichheiterklärtwerdenkönnen(Felbermayretal.2014).Die

fehlenden80ProzenthabenvielmitdenEigenschaftendesArbeitgeberszutun.Diesistauchkon-

sistentmitderneuenhandelstheoretischenLiteratur.SierücktFirmen–dieTreiberdesGlobali-

sierungsprozesses–stattIndustrienindenMittelpunktderAnalyse.

1 ZueinergenauenbegrifflichenAbgrenzungvonDynamikundStrukturderUngleichheitsieheKasten1.

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6

Einführung

Kasten 1:

Begriffsklärung

Im Folgenden verwenden wir die Begriffe Ungleichheit und Lohnungleichheit synonym.

DabeibeziehenwirunsaufdieDispersionderBruttoarbeitsentgelte(siehedazuAbschnitt2).

InsbesonderesprechenwirvonderStruktur der Lohnungleichheit,wennesdarumgeht,

welchenAnteilbzw.ErklärungsbeitrageinzelneFaktorenzurLohnungleichheitleisten.

VonderDynamik der Lohnungleichheitsprechenwir,wennwirunsaufdieEntwicklung

derUngleichheitimAllgemeinenundaufdieEntwicklungeinzelnerErklärungsfaktoren

imSpeziellenüberdieZeitbeziehen.

ZieldieserStudieistes,einaktuellesunddetailliertesBildderEntwicklungderLohnungleichheit

inDeutschlandzuzeichnen.DarüberhinausbeleuchtenwirempirischdenZusammenhangzwi-

schendeminternationalenEngagementvonBetriebenundderEntwicklungderLohnungleichheit

inDeutschlandimDetail.ZielderAnalyseisteinefundierteEinschätzungdarüber,welcheBedeu-

tungderzunehmendeninternationalenVerflechtungdeutscherBetrieberelativzuanderenErklä-

rungsfaktoren(wiederVeränderungimBereichderTarifbindungoderdemtechnologischenWandel)

imHinblickaufdenAnstiegderLohnungleichheitzukommt.

DieStudieistwiefolgtaufgebaut:NacheinerkurzenBeschreibungdesUntersuchungsgegenstandes

undderverwendetenDatengrundlage(Teil2)analysierenwirimDetaildieStrukturderLohn-

ungleichheit(Teil3).DabeibetrachtenwireinzelneRegionenundBranchenseparatundanalysieren

dieUngleichheitentlangpersönlicherMerkmale.InTeil4betrachtenwiranhandeinerVarianz-

zerlegung, innerhalbwelcherGruppederstärksteAnstiegderUngleichheitzuverzeichnen ist.

DaraufhinwendenwirunsderBedeutungvonFirmencharakteristikenzu(Teil5).Hierdisku-

tierenwirinsbesonderedieRollederTarifbindungenunddesinternationalenEngagementsvon

Betrieben.InTeil6quantifizierenwirdieBeiträgeeinzelnerFaktorenzurEntwicklungderLohn-

ungleichheitundgrenzeninsbesonderedieRollenvoninternationalemHandel,Tarifbindungund

Investitionen inneueTechnologiengegeneinanderab.Schließlichbetrachtenwir inTeil7den

ZusammenhangzwischeninternationalemHandelundUngleichheitaufsektoralerEbene,

bevorwirmitwirtschaftspolitischenImplikationen(Teil8)resümieren.

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7

Untersuchungsgegenstand und Datengrundlage

2 Untersuchungsgegenstand und Datengrundlage

Umeinumfassendes, fundiertesundmöglichstaktuellesBildderUngleichheit inDeutschland

zeichnenzukönnen,greifenwirindieserStudieaufDatenquellenzurück,diesichinderwissen-

schaftlichenLiteraturzudiesemThemabereitsetablierthaben(Dustmannetal.2009,Cardetal.

2013).BasisunsererAnalysesinddievonderBundesagenturfürArbeiterhobenenDaten,ins-

besonderedieStichprobederIntegriertenArbeitsmarktbiografien(SIAB)undderLinked-Emplo-

yer-EmployeeDatensatz(LIAB).EinGroßteildieserDatenstammtausgesetzlichverpflichtenden

MeldungenzurSozialversicherung.NebendemgroßenStichprobenumfangzeichnensichdiese

administrativenDatengegenüberUmfragedateninsbesonderedurchihresehrhoheVerlässlich-

keitaus.ZumZeitpunktdesVerfassensdieserStudieliegendieDatenbiseinschließlich2010vor.

Kasten 2:

UnterschiedlicheEinkommenskonzepte

Markteinkommen

Erwerbseinkommen

Kapitaleinkommen

+RentenundPensionen

+staatlicheTransferleistungen

–SteuernundSozialbeiträge

=verfügbaresEinkommen

NebenunterschiedlichenEinkommensartenunterscheidetmandenaufdas Individuum

bezogenenAnsatzunddenaufdenHaushaltbezogenenAnsatz.DieEinkommenssitua-

tionvonHaushaltenwird–internationalenStandardsentsprechend–durchdieUmrech-

nungdesgesamtenEinkommenseinesHaushaltsinsogenannteÄquivalenzeinkommen

vergleichbargemacht.FürmehrInformationensieheOECD(2011).

UnsererAnalysezurStrukturundDynamikderUngleichheitliegensomitBruttoarbeitsentgelte

aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zugrunde, also Arbeitsentgelte vor Abzug von

SteuernundmöglichenTransferzahlungen.SiespiegelndaherdieunmittelbareEntlohnungauf

demArbeitsmarktwider.DieBetrachtungdesArbeitseinkommensalsGrundlageunsererAnalyse

istausunsererSichtsinnvoll,dadieseinerseitsrund75ProzentdesgesamtenEinkommensaus-

macht(StatistischesBundesamt2013a,OECD2011)undandererseitsdortdiepotenziellenAus-

wirkungendereinzelnenEinflussfaktorenamunmittelbarstenwirken.DieBegriffeUngleichheit

undLohnungleichheitverwendenwirsynonym.Kasten2zeigtunterschiedlicheEinkommens-

konzepte.

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8

Untersuchungsgegenstand und Datengrundlage

AußerdemistandieserStelledaraufhinzuweisen,dasswiruns–wie inderwissenschaft-

lichen Literatur üblich – auf die Lohnentwicklung für vollzeiterwerbstätige, abhängig Be-

schäftigtebeziehen(sieheauchFitzenberger2012).2ImRahmendieserStudiebetrachtenwir

demnachausschließlichjeneAuswirkungenaufdieLohnungleichheit,diesichausVerände-

rungenderEntlohnungsozialversicherungspflichtigBeschäftigterergeben.Nichtberücksich-

tigtwerdendemnachEffekteaufdieUngleichheit,dieaufVeränderungenderArbeitszeitoder

aufVeränderungenderBeschäftigungsstruktur(z.B.Beschäftigungsverlust,neueBeschäftigungs-

verhältnisse)zurückgehen.

2 EinedetaillierteBeschreibungderverwendetenDatensätzeundihrerAufbereitungfindenSieamEndederStudie.

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Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

3 Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

IndenvergangenenJahrzehntenistdieUngleichheitinvielenentwickeltenVolkswirtschaftenan-

gestiegen(KatzundAutor1999,MachinundVanReenen2008,OECD2011).LangeZeitwardie

herrschende Meinung unter Ökonomen, dass ein vergleichbarer Anstieg der Lohnungleichheit

inDeutschlandnichtstattgefundenhabe,washäufigalsZeichenderInflexibilitätdesdeutschen

ArbeitsmarktesinterpretiertundalseineUrsachefürdievergleichsweisehoheArbeitslosigkeit

angesehenwurde(Prasad2004). JüngereStudienzeigen jedoch,dassdieUngleichheitauchin

Deutschlandsehrwohldeutlichzugenommenhat(z.B.Dustmannetal.2009,Cardetal.2013).

EinweitverbreitetesundsehranschaulichesMaßzurMessungvonUngleichheitistderGini-Index.

ErkannWertezwischennullundeinsannehmen.JehöherderWert,destostärkerausgeprägtist

diegemesseneUngleichheit.FüranalytischeZweckebessergeeignetistdiestatistischeStreuung

der logarithmiertenLöhne,dieStandardabweichung.3SiestammtvonderVarianzab,diesich

wiederumleichterineinzelneKomponentenzerlegenlässt.

3 WieinderLiteraturüblich,verwendenwirlogarithmierteLöhne.Diesverhindert,dassdasUngleichheitsmaßvonderWahlderRecheneinheitabhängt.

Abbildung 1: Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Bis einschließlich 1991 beziehen sich die Daten auf West-, danach auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren.

Standardabweichung logarithmierter Reallohn Gini-Index

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

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Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Abbildung1zeigtdieEntwicklungderUngleichheitfürDeutschlandanhandderStandardabwei-

chungderlogarithmiertenReallöhneunddesGini-Index.4BeideUngleichheitsmaßespiegelndie

gleicheDynamikwider.VonMitteder1980erJahrebisMitteder1990erJahreistkaumeinAn-

stiegderUngleichheitzuerkennen.Ab1996nimmtdieDynamikjedochdeutlichzu.Einkurzer

RückgangderUngleichheitistfürdasJahr2009zubeobachten.Schon2010wirdallerdingswie-

derdashöhereNiveauausdemJahr2008erreicht.InsgesamtistdieLohnungleichheitinDeutsch-

land–gemessenanhandderStandardabweichungderlogarithmiertenReallöhne–überdenZeit-

raumvon1985bis2010um12Log-Prozentpunkteangestiegen.DerGroßteildiesesAnstiegs,11

Log-Prozentpunkte,hatdabeiinnerhalbvonnur15Jahren(von1996bis2010)stattgefunden.Ver-

gleichezuanderenVolkswirtschaftenmachendeutlich,dassessichdabeiumeinendurchausbe-

trächtlichenAnstieghandelt. Soweisenbeispielsweisedie angelsächsischenVolkswirtschaften

(USA,Großbritannien,Kanada)–jeneÖkonomienalso,dietypischerweisealssehrungleichgelten

undmitdenstärkstenZuwächseninVerbindunggebrachtwerden–überdenZeitraumvon1985

bis2005nureinenZuwachsvonsechsbisachtLog-Prozentpunktenauf.Damitbleibensiehinter

demAnstiegderLohnungleichheitinDeutschlandüberdenentsprechendenZeitraumzurück.Ta-

belle1lieferteinenÜberblicküberdieEntwicklungderUngleichheitindenangelsächsischen

Volkswirtschaften.5WährenddasNiveauderLohnungleichheitinDeutschland2005zwarnoch

deutlichunterdemderUSAundKanadalag,solagesmitGroßbritannienfastgleichauf.

4 Biseinschließlich1991beziehensichdieDatennuraufWestdeutschland,ab1992aufGesamtdeutschland.ImAbschnitt3.3derStudiewerdenUnterschiedezwischenOst-undWestdeutschlandnäherbetrachtet.

5 LeidersinddieVergleichswertenurbiseinschließlich2005verfügbar.

Tabelle 1: Lohnungleichheit in angelsächsischen Volkswirtschaften und Deutschland

Jahr Standardabweichung (log. Reallohn)

Jahr Standardabweichung (log. Reallohn)

USA* 1985 0,60 Kanada 1985 0,62

1990 0,62 1990 0,62

1995 0,66 1995 0,62

2000 0,66 2000 0,67

2005 0,68 2005 0,68

Großbritannien 1985 0,50 Deutschland** 1985 0,45

1990 0,55 1990 0,46

1995 0,55 1995 0,46

2000 0,57 2000 0,50

2005 0,56 2005 0,54

2010 0,57

* Die Daten beziehen sich ausschließlich auf Männer. ** Bis einschließlich 1990 beziehen sich die Daten nur auf Westdeutschland, danach auf Gesamtdeutschland.

Quellen: USA: Heathcote et al. (2010); Großbritannien: Blundell et al. (2010); Kanada: Brzozowski et al. (2010); Deutsch-land: Eigene Berechnungen.

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Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Abbildung2zeigtdieLohnentwicklunganunterschiedlichenPerzentilenderLohnverteilungindiziert

aufdasJahr1992.6DasMedianeinkommen7dervollzeitbeschäftigtenArbeitnehmeristvon1992bisAn-

fangder2000erJahreleichtangestiegen.Von2003bis2008istesallerdingswiederzurückgegangen,

sodasses2008wiederaufdemNiveauvon1997lag.SeitdemhatsichdasMedianeinkommenaufdie-

semNiveaustabilisiert.BetrachtenwirnebendemMedianauchdas20-unddas80-Prozent-Perzen-

til,solassensichdieentsprechendenEntwicklungenamunterenundoberenEndederLohnverteilung

erkennen.Von1992bis1996sinddieReallöhneimunterenTeilderVerteilung(20-Prozent-Perzentil)

stärkerangestiegenalsimübrigenBereich.InsgesamtnahmdieLohnungleichheitindiesemZeitraum

alsogeringfügigab.AbMitteder1990erJahrekameszueinerUmkehrdieserEntwicklung:DieEin-

kommenam80-Prozent-Perzentilsinddeutlichangestiegen,währenddieArbeitsentgelteam20-Pro-

zent-Perzentildeutlichgesunkensind.DieseEntwicklungweistdemnachnichtaufeinePolarisierung

derLöhnehin,woruntermandasSchrumpfenderArbeitsentgelteinderMittederLohnverteilung

relativzudenEntgeltenamRandderVerteilungversteht.8

ImunterenBereichderEinkommensverteilungistinsbesonderedieDynamikvon2003bis2008

auffällig,diemitderEntstehungeinesumfangreichenNiedriglohnsektorsinVerbindunggebracht

werdenkann.EbensoscheintderkurzfristigeRückgangderLohnungleichheitimJahr2009auf

EntwicklungenimunterenTeilderVerteilungzurückgeführtwerdenzukönnen.

6 Unterdem„X“-Prozent-PerzentilverstehtmandieLohnhöhe,dievon„X“ProzentderBeschäftigtennichtüberschrittenwird.

7 DerMedian,auchdas50-Prozent-Perzentilgenannt,beschreibtdenWertderEinkommensverteilung,derdiebesserverdienendeHälftederBevölkerungvonderschlechterverdienendentrennt.50ProzentderEinkommensbezieherbefindensichalsounter-halbdiesesWertesund50Prozententsprechenddarüber.

8 FürdenUS-amerikanischenArbeitsmarkthingegenisteinesolchePolarisierungderArbeitsentgeltezubeobachten,siehez.B.Firpoetal.(2014).Spitz-Oener(2006),Dustmannetal.(2009)undAntonczyketal.(2009)analysierendiePolarisierungshypoth-esefürDeutschlandgenauer.IhreEvidenzstütztdiePolarisierungshypothesefürBeschäftigung,nichtjedochdiefürEntlohnung.

Abbildung 2: Entwicklung der Reallöhne

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Die Daten beziehen sich auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren. Alle Reallöhne wurden auf das Jahr 1992 indiziert (1992=100). Anmerkung: Die Lohninformationen in den Originaldaten sind in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zensiert. Mit anerkannten Imputationsmechanismen schätzen wir für diese Fälle die tatsächlichen Arbeitsentgelte. Pro Jahr sind zwischen 9 und 14 Prozent der Werte zensiert, das 80-Prozent-Perzentil ist daher davon nicht betroffen.

20-Prozent-Perzentil Median 80-Prozent-Perzentil

97

98

99

100

101

102

103

2010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992

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12

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

3.1 Die Bedeutung der residualen Lohnungleichheit

DurchwelcheFaktorenisteinsolchstetigerAnstiegderLohnungleichheitzuerklären?Ineinfluss-

reichenArbeitenhabenKatzundMurphy(1992)sowieBoundundJohnson(1992)fürdenUS-

amerikanischenArbeitsmarktherausgefunden,dasseinGroßteildesAnstiegsderUngleichheit

innerhalbkonventionellerQualifikationsgruppenstattgefundenhat.WeitereÖkonomenkonntendiese

ErkenntnisauchfürandereVolkswirtschaftenbestätigen.9InderTatgiltdiesauchfürdendeut-

schenArbeitsmarkt.PersönlicheMerkmale,wieAlter,BildungundGeschlechtsowiedieregi-

onaleZugehörigkeitzuOst-oderWestdeutschland,erklärenüberdengesamtenZeitraumvon

1985bis2010nurrund20ProzentderLohnungleichheit.

Abbildung3zeigtnebendemVerlaufderStandardabweichungderlogarithmiertenReallöhneauchdie

EntwicklungdersogenanntenresidualenLohnungleichheit.Dieseerhaltenwir, indemwirseparatfür

jedesJahrdielogarithmiertenReallöhneaufIndikatorvariablenvondreiBildungsgruppen,fünfAlters-

gruppen,derenInteraktionenundIndikatorenfürGeschlechtundRegionregressieren.DieStreuungdes

ResiduumsbetrachtenwiralsnichterklärtesresidualesMaßderUngleichheit.10Auffälligistdabeinicht

nur,dassdiebetrachtetenMerkmalenureinensogeringenAnteilerklärenkönnen,sondernauch,dass

derAnstiegderUngleichheittatsächlichinnerhalbdieserQualifikationsgruppenstattgefundenhat.

9 SobeispielsweiseHelpmanetal.(2012)fürBrasilienundAkermanetal.(2013)fürSchweden.

10 DerbeobachteteLohnsetztsichfolglichauseinemTeilzusammen,derdurchdieseCharakteristikaerklärtwerdenkann,unddurcheinnichterklärtesResiduum.

Abbildung 3: Entwicklung der residualen Lohnungleichheit

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Bis einschließlich 1991 beziehen sich die Daten auf West-, danach auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren. Das residuale Maß der Ungleichheit berechnen wir, indem wir die logarithmierten Reallöhne für jedes Jahr auf Indikatorvariablen von drei Bildungsgruppen (gering, durchschnittlich, hoch qualifiziert), fünf Altersgruppen (18–25, 26–35, 36–45, 46–55, 56–65), deren Interaktionsterme und die Indikatorvariablen für Geschlecht und Westdeutschland regressieren.

Standardabweichung logarithmierter Reallohn Standardabweichung Residuum

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

Stan

dard

abw

eich

ung

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13

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

3.2 Die Bedeutung makroökonomischer Ereignisse

WelcheRollespielenmakroökonomischeEreignissebeiderEntwicklungderLohnungleichheitin

Deutschland?EntscheidendeEreignissefürdendeutschenArbeitsmarktwarendieWiedervereini-

gungvonOst-undWestdeutschlandundderFalldesEisernenVorhangs.DiedeutscheWieder-

vereinigung,diesichausökonomischerPerspektiveimJuni1990vollständigvollzog,bedeutete

fürdiedeutscheVolkswirtschafteinerseitseineenormeBelastung(Dustmannetal.2014).Sobe-

ziffertderSachverständigenratdieHöhederNettotransferzahlungenvonWest-nachOstdeutsch-

landaufungefähr900MilliardenEuro(Sachverständigenrat2004).11Andererseitsbedeutetedie

WiedervereinigungfürdendeutschenArbeitsmarkteinenSchubneuerArbeitskräfte(Cardetal.

2013).DieseEntwicklungengingeninFolgedesFallsdesEisernenVorhangesmiteinerimmer

weiterenÖffnunghinzudenzentral-undosteuropäischenVolkswirtschafteneinher.12Dadurcher-

öffnetesichfürdeutscheUnternehmenverstärktdieMöglichkeit,ihreProduktioninsAuslandzu

verlagern.FürDustmannetal.(2014)warendieBelastungendurchdieWiedervereinigungund

dieneuenMöglichkeitenzurProduktionsverlagerungentscheidendeFaktorenfürdieLohnzurück-

haltungunddenGewinnanWettbewerbsfähigkeitinDeutschland.

11 DieseWertebeziehensichaufdenZeitraumvon1991bis2003.

12 ImZeitraumvonMittebisEndeder1990erJahretratenFreihandelsabkommenderEUmitPolen,Ungarn,derTschechischenRepublik,derSlowakei,BulgarienundRumänieninKraft(EuropeAgreements).

Abbildung 4: Makroökonomische Ereignisse

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Gezeigt wird die Standardabweichung der logarithmierten Reallöhne für Westdeutschland (1985 bis 2010) und für Gesamtdeutschland (1992 bis 2010). Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren. Daten der Arbeitslosenquote stammen von der Bundesagentur für Arbeit.

Standardabweichung log. Reallöhne (Gesamtdeutschland)Standardabweichung log. Reallöhne (nur Westdeutschland)

Arbeitslosenquote in %

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

0,65

0,70

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

1)

2)

3)4)

5)

6)

5)

2) Handelsabkommen mit osteuropäischen Staaten Mitte/Ende der 1990er Jahre1) Deutsche Wiedervereinigung/Fall des Eisernen Vorhangs

3) Arbeitsmarktreform zur „Förderung der Beschäftigung“5) Hartz-Reformen4) WTO-Beitritt Chinas

6) Erweiterung der EU (10 Staaten)

Sta

ndar

dabw

eich

ung

Arbe

itslo

senq

uote

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14

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Abbildung4zeigtdieEntwicklungderLohnungleichheit(linkeAchse)zusammenmitder

DynamikderArbeitslosenquote(rechteAchse)undbedeutendenmakroökonomischenEreignissen

überdenZeitraumvon1985bis2010.

ImAnschlussandiedeutscheWiedervereinigungwarvorerstkeineneueDynamikimHinblick

aufdieLohnungleichheitzuerkennen,hingegeneindeutlicherAnstiegderArbeitslosenquote.Die

anschließendeallgemeinewirtschaftlicheRezessionundderweitereAnstiegderArbeitslosenrate

führtendaraufhinEnde1996zurArbeitsmarktreform„ZurFörderungvonWachstumundBeschäf-

tigung“.ImRahmendiesesGesetzeswurdedieDauerbefristeterVerträgevoneinemJahraufzwei

Jahreerhöht,dieBetriebsgrößefürdenKündigungsschutzvonfünfaufzehnMitarbeiterangeho-

benunddieKrankenersatzzahlungenvon100auf80Prozentreduziert.MitdiesenFlexibilisie-

rungsmaßnahmenaufFirmenebenegingaucheinezunehmendeLockerungderTarifbindungen

einher,wieDustmannetal.(2014)anführen.13ImAnschlussandieLiberalisierungsmaßnahmen

sankdieArbeitslosenrate,gleichzeitigstiegdieDispersionderLöhne.

MitdemwirtschaftlichenAbschwungimJahr2001stiegderDruckfürReformenamArbeitsmarkt

erneut.DiesgingeinhermitdemBeitrittChinaszurWTO,ebenfallsimJahr2001.IndenJahren2003,

2004und2005kamesdaraufhinzudenHartz-Reformen,dieRestrukturierungenderArbeitsver-

mittlungundwesentlicheÄnderungenimBereichdesLeistungsbezugsumfassten.Währendnach

2005deutlichpositiveEffektebeiderEntwicklungderArbeitslosenquotezuerkennensind,ist

auchersichtlich,dasssowohlab2003alsauchab2005dieLohnungleichheitbesondersimun-

terenTeilderLohnverteilungdeutlichangestiegenist.ImJahr2004kameszudemzumBei-

trittzehnneuerzentral-undosteuropäischerVolkswirtschaftenindieEU.

13 DieAusgestaltungundEntwicklungderTarifbindunginDeutschlandwirdausführlichinAbschnitt5.1behandelt.

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15

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

3.3 Entwicklung der Lohnungleichheit in unterschiedlichen Regionen und Branchen

BetrachtenwirdieEntwicklungderLohnungleichheitseparatinOst-undWestdeutschland,soist

zuerkennen,dasssichdieRegionenimHinblickaufdieDynamikderUngleichheitkaumunter-

scheiden(Abbildung5).DasNiveauderLohnungleichheitistinOstdeutschlandjedochdeutlich

geringeralsimWesten.

EineAnalyseeinzelnerBundesländerverdeutlicht,dassBerlindenstärkstenAnstiegderLohn-

ungleichheitüberdenZeitraumvon1992bis2010zuverzeichnenhat(Abbildung6).Eineähnliche

DynamikweistHamburgauf;einhohesNiveauanLohnungleichheitliegtebensoinBremenvor,

wobeihierinsbesonderederstarkeAnstiegMitteder2000erJahreinsAugefällt.Vondenbevöl-

kerungsstärkerenBundesländernist inHessendieDispersionderLöhnedeutlichgrößerals in

denübrigenBundesländern.BetrachtenwirdieEntwicklungderLohnungleichheitentlangunter-

schiedlicherWirtschaftszweige,sofälltauf,dassdieBranchederNachrichtenübermittlung,wozu

Post- und Telekommunikationsdienstleistungengehören, bei weitem den stärkstenAnstieg der

Ungleichheitverzeichnet.EinstarkerZuwachsderLohndispersionistauchinderLuftfahrtbran-

chezuerkennen.DieEntwicklungenderLohnungleichheitindenjeweiligenBranchensindim

Anhangdargestellt.

Abbildung 5: Entwicklung der Ungleichheit in Ost- und Westdeutschland

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Ost- und Westdeutschland.

Standardabweichung log. Reallohn West Gini-Index WestStandardabweichung log. Reallohn Ost Gini-Index Ost

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

Stan

dard

abw

eich

ung

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16

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Abbildung 6: Entwicklung der Ungleichheit pro Bundesland

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Bundesland. Gezeigt wird die Standardabweichung der logarithmierten Reallöhne je Bundesland.

Schleswig-Holstein Hamburg Bremen SaarlandNiedersachsen Berlin

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

Nordrhein-Westfalen Hessen Baden-Württemberg BayernRheinland-Pfalz

Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Sachsen-Anhalt ThüringenSachsen

Stan

dard

abw

eich

ung

Stan

dard

abw

eich

ung

Stan

dard

abw

eich

ung

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17

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

3.4 Entwicklung der Lohnungleichheit entlang persönlicher Merkmale

NebenderregionalenundindustriespezifischenAnalysederLohnungleichheitistdarüberhinaus

interessant,wiesichdieLohnungleichheitentlangpersönlicherMerkmalewieGeschlechtoder

Bildungentwickelthat.

Abbildung7zeigtdieEntwicklungseparatfürMännerundFrauen.BeimännlichenBeschäftigten

isteinkontinuierlicherAnstiegderUngleichheitschonwährendder1980erJahreundverstärkt

seitBeginnder1990erJahrezuerkennen.BeiweiblichenBeschäftigtenhingegenbliebdasNiveau

derLohnungleichheitvonMitteder1980erbisMitteder1990erJahreweitgehendkonstant.Erst

ab1996isteindeutlicherAnstiegderUngleichheitunterdenFrauenzubeobachten.Deutlichwird

zudem,dasslangeZeitdasNiveauderUngleichheitbeiFrauenstetsüberdemderMännerlag.In

denJahren2008und2010weisenbeideGruppeneinähnlichhohesNiveauauf.14

14 DiedargestelltenUnterschiedezwischenMännernundFrauenkönnennichtdurchUnterschiedeinderNutzungvonTeilzeitundVollzeitbegründetsein,dainderAnalyseausschließlichVollzeitbeschäftigtebetrachtetwerden.

Abbildung 7: Gesamte und residuale Lohnungleichheit bei Männern und Frauena) Männer

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Bis einschließlich 1991 beziehen sich die Daten auf West-, danach auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Männern und Frauen. Das residuale Maß der Ungleichheit berechnen wir, indem wir die logarithmierten Reallöhne für jedes Jahr auf Indikatorvariablen von drei Bildungs-gruppen (gering, durchschnittlich, hoch qualifiziert), fünf Altersgruppen (18–25, 26–35, 36–45, 46–55, 56–65), deren Interaktionsterme und einer Indikatorvariablen für Westdeutschland regressieren.

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,6020

10

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

b) Frauen

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

Standardabweichung log. Reallohn Standardabweichung Residuum

Standardabweichung log. Reallohn Standardabweichung Residuum

Stan

dard

abw

eich

ung

Stan

dard

abw

eich

ung

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18

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

NebenderStandardabweichungderlogarithmiertenReallöhnezeigtAbbildung7dieEntwicklung

derresidualenUngleichheitfürMännerundFrauen.Deutlichwird,dasssowohlbeiMännernals

auchbeiFrauendieresidualeUngleichheiteinesehrähnlicheDynamikaufweistwiedieUngleich-

heitder tatsächlichenLöhne.Dies impliziert,dasseinGroßteildesAnstiegsderLohnungleich-

heitnichtdurchdieFaktorenAlterundBildungzuerklärenist,sonderninnerhalbvonAlters-und

Bildungsgruppenstattgefundenhat.EinUnterschiedzwischenMännernundFrauenliegtjedoch

darin,dassbeiFrauendieMerkmaleAlterundBildungdieStrukturderLohnungleichheitweitaus

wenigererklären,alsdiesbeiMännernderFallist.

ImFolgendenbetrachtenwirdieEntwicklungderUngleichheitfürdieeinzelnenBildungsgruppen

(Abbildung8).Dabeiunterscheidenwirzwischengering,durchschnittlichundhochqualifizierten

Arbeitnehmern(Kasten3).

Abbildung 7: Gesamte und residuale Lohnungleichheit bei Männern und Frauena) Männer

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Bis einschließlich 1991 beziehen sich die Daten auf West-, danach auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Männern und Frauen. Das residuale Maß der Ungleichheit berechnen wir, indem wir die logarithmierten Reallöhne für jedes Jahr auf Indikatorvariablen von drei Bildungs-gruppen (gering, durchschnittlich, hoch qualifiziert), fünf Altersgruppen (18–25, 26–35, 36–45, 46–55, 56–65), deren Interaktionsterme und einer Indikatorvariablen für Westdeutschland regressieren.

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

b) Frauen

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

Standardabweichung log. Reallohn Standardabweichung Residuum

Standardabweichung log. Reallohn Standardabweichung Residuum

Stan

dard

abw

eich

ung

Stan

dard

abw

eich

ung

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19

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

DasgeringsteNiveauanLohnungleichheitweisengeringqualifizierteArbeitnehmerauf.Jedoch

hatdieLohndispersioninnerhalbdieserGruppeabMitteder1990erJahrestärkerzugenommen

als innerhalb der Gruppe der durchschnittlich qualifizierten Arbeitnehmer. Während die Un-

gleichheitderhochqualifiziertenBeschäftigteninden1990erJahrenteilweiseunterdemNiveau

derdurchschnittlichQualifiziertenlag,soistdieLohndispersionunterFachhochschul-undUni-

versitätsabsolventenabdemJahr2000stetiggestiegenundübertrifftnundasNiveauderbeiden

anderenGruppen.15KontrollierenwirzusätzlichfürAlter,GeschlechtundRegion,bleibendieEr-

gebnissequalitativerhalten(nichtgezeigt).

EineentsprechendeAnalyse lässt sichentlangdesMerkmalsStaatsangehörigkeit durchführen

(Abbildung9).Dabeiunterscheidenwirzwischendeutschenundnicht-deutschenArbeitnehmern.

BetrachtenwirzunächstdieEntwicklungderLohnungleichheitgetrenntfürdiesebeidenGrup-

pen,ohnefürandereMerkmalezukontrollieren(SpezifikationA).IndiesemFallliegtdieDisper-

sionderLöhnedeutscherStaatsangehörigervonAnfangder1990erJahrebisMitteder2000er

JahreüberdervonBürgernohnedeutscheStaatsangehörigkeit.Esscheint,dassdieUngleichheit

unternichtdeutschenStaatsbürgerneinewesentlichhöhereDynamikaufweist,dennvon2006an

liegtdasNiveauderUngleichheitüberjenerdernichtdeutschenStaatsangehörigen.Kontrollierenwir

fürdieunterschiedlicheAltersstruktur,Bildungsstruktur,dasGeschlechtunddieRegionDeutsch-

lands(SpezifikationB),soliegtdasNiveauderLohnungleichheitzwischendeutschenundnicht-

deutschenStaatsbürgernvon1993bis1999gleichauf,danachweistdieGruppenichtdeutscher

StaatsbürgereinenstärkerenAnstiegderUngleichheitaus.

15 DadieLöhneinHöhederBeitragsbemessungsgrenzezensiertsind,musseinhoherAnteilderArbeitsentgelteinnerhalbderGruppederhochqualifiziertenArbeitnehmerimputiertwerden.

Abbildung 8: Ungleichheit nach Bildungsgruppe

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Die Daten beziehen sich auf Gesamtdeutschland. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Bildungsgruppe. In der dargestellten Spezifikation betrachten wir die Entwicklung der „unbedingten“ Ungleichheit je Gruppe. In weiteren Spezifikationen kontrollieren wir für Altersgruppe, Geschlecht und Region. Die gezeigte Struktur bleibt erhalten.

gering qualifiziert durchschnittlich qualifiziert hoch qualifiziert

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992

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20

Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland

Kasten 3:

EinteilungderBildungsgruppen

Gering qualifizierte Arbeitnehmer:

MaximalmittlereReifeundkeineBerufsausbildung

Durchschnittlich qualifizierte Arbeitnehmer:

MaximalmittlereReifeundBerufsausbildung

oder

AbiturohneBerufsausbildung

oder

AbiturmitBerufsausbildung

Hoch qualifizierte Arbeitnehmer:

AbschlusseinerFachhochschule

oder

Hochschul-/Universitätsabschluss

DieseErgebnissesuggerieren,dassdiedemographischenVerschiebungenzwischenArbeitnehmer-

gruppeninderBundesrepublikeinenTeildesAnstiegsderGesamtungleichheiterklärenkönnten.

DennderAnteilvonGruppenanderGesamtbeschäftigung,innerhalbdererdieUngleichheitre-

lativhochist(gutAusgebildete,Frauen,ArbeitnehmermitfremderStaatsangehörigkeit),istüber

dieZeitgestiegen.ImnächstenAbschnittzerlegenwirdieGesamtungleichheit.

Abbildung 9: Ungleichheit nach Staatsangehörigkeit

Quelle: Siehe Anmerkungen zu Abbildung 8. Spezifikation (A) gibt die „unbedingte“ Entwicklung der Ungleichheit je Gruppe wieder, in Spezifikation (B) kontrollieren wir für Altersgruppe, Bildungsgruppe, Geschlecht und Region.

Deutsche Staatsangehörigkeit (A) Deutsche Staatsangehörigkeit (B)

0,30

0,35

0,40

0,45

0,50

0,55

0,60

2010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992

Andere Staatsangehörigkeit (A) Andere Staatsangehörigkeit (B)

Stan

dard

abw

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ung

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21

Analyse der Lohnvarianz

4 Analyse der Lohnvarianz

UmeinenbesserenEindruckzubekommen,welcheBedeutungeinzelnenMerkmalenbeiderEr-

klärungderUngleichheitzukommt,analysierenwirimFolgendendieLohnvarianz.DieVarianz

alsUngleichheitsmaßhatdenVorteil,dassmansieexaktzerlegenkannundsomiteinenEindruck

erhält,welcherTeildergesamtenVarianzdurchdieStreuunginnerhalbeinerGruppeundwelcher

TeilderGesamtvarianzdurchdieVariationzwischenunterschiedlichenGruppenerklärtwerden

kann.Abbildung10verdeutlichtdasKonzeptanhandeinesfiktivenBeispielsvonFirmen.

InPanelIsindalleFirmenidentisch,sodassdieVarianzderLöhneinnerhalbjederFirmadieglei-

che istwiediegesamteVarianzderVolkswirtschaft.DieGesamtvarianzwird folglichkomplett

durchdieStreuunginnerhalbvonFirmenerklärt.InPanelIIsindalleFirmenunterschiedlichund

diejeweiligeVarianzinnerhalbderFirmenistsehrgering.DiegesamteVarianzergibtsichdaher

durchdieLohndispersioninnerhalbjederFirmaunddurchdieUnterschiedeindenjeweiligenMit-

telwertenzwischendenFirmen.

Abbildung 10: Lohnverteilung innerhalb und zwischen Firmen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Lazear and Shaw, 2009.

Dich

te

logarithmierte Reallöhne

Panel I

logarithmierte Reallöhne

Dich

te

Panel II

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22

Analyse der Lohnvarianz

FormallässtsichdieZerlegungderGesamtvarianzwiefolgtdarstellen:

22 2

.1 1( )J J

j j j jj jp p w wσ σ

= == + −∑ ∑

,

wobeipjdenAnteilallerArbeitnehmerinGruppe(hierFirma)jdarstellt,!!! 2jdieVarianzinnerhalb

Gruppe(Firma)jist, w denDurchschnittslohninGruppe(Firma)jbeschreibtund w denDurch-

schnittslohnindergesamtenVolkswirtschaftdarstellt.Dasheißt,dieVarianzderLöhneineiner

Volkswirtschaftistgroß,wenn(1)sichdieDurchschnittslöhnezwischendenFirmenstarkunter-

scheiden,oder(2)wenndieVarianzderLöhneinnerhalbderFirmenhochist,oderwenn(3)bei-

desderFallist.

WirführeneineentsprechendeZerlegungfürdieJahre2000und2010entlangunterschiedlicher

Dimensionenbzw.Gruppendurch.Insbesonderebetrachtenwir,welcherAnteilanderLohnvarianz

aufeineDispersionzwischenQualifikationsgruppen16zurückgeführtwerdenkannundwelcher

AnteildieDispersioninnerhalbvonQualifikationsgruppenwiderspiegelt.Entsprechendanalysierenwir

dieLohnvarianzentlangvonBerufsgruppenundBetrieben.17Tabelle1zeigtjeweilsdieAnteilean

derGesamtvarianz,diedurchdieVariationinnerhalbderjeweiligenGruppeundzwischenden

Gruppenerklärtwerden.WirweisenzudemdenAnteilderjeweiligenKomponenteanderVer-

änderungdergesamtenLohnungleichheitaus.

BetrachtenwirzuerstdieZerlegungentlangvonQualifikationsgruppen,sowirddeutlich,dassdie

DispersionzwischenQualifikationsgruppenum37Prozentzugenommenhat,derGroßteildesAn-

stiegsdergesamtenLohnungleichheitjedochinnerhalbvonAlters-undBildungsgruppenstattge-

fundenhat(63Prozent).EinähnlichesMusterergibtsichentlangderBerufsgruppen.Hierkönnen

45ProzentdesGesamtanstiegsderLohnungleichheitaufdieDispersionzwischenBerufsgruppen

zurückgeführtwerden,während55ProzentdesAnstiegsdurcheineZunahmederDispersion

innerhalbvonBerufsgruppenerklärbarsind.

EinanderesBildergibt sich jedoch,wennwirdieBetriebskomponentebetrachten:Hier istder

Teil,derdieVarianzzwischenBetriebenwiderspiegelt,deutlichgrößer;fastdreiVierteldesAn-

stiegsderUngleichheithabenüberdenbetrachtetenZeitraumzwischenBetriebenstattgefunden

undnurguteinViertelinnerhalbvonBetrieben.UnterschiedezwischenBetriebenscheinendem-

nacheinewichtigeRollefürdieDynamikderLohnungleichheitinDeutschlandzuspielen.Ähnli-

cheErgebnissewurdenbereitsvonBaumgarten(2013)fürdieJahre1996und2007gezeigt.Auch

Cardetal.(2013)weiseninihrerArbeitaufdieBedeutungderFirmenkomponentezurErklärung

desAnstiegsderLohnungleichheitinDeutschlandhin.ImFolgendenbetrachtenwirdieFirmen-

komponenteimDetail.

16 QualifikationsgruppensetztensichausderInteraktionvonfünfAltersgruppenunddreiBildungsgruppenzusammen.

17 IndemverwendetenDatensatzliegenunsausschließlichInformationenzuBetriebenvor.Unternehmenbzw.FirmenkönnenausmehrerenBetriebenbestehen.DennochverwendenwirimFolgendendieBegriffeBetrieb,FirmaundUnternehmensynonym.

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23

Analyse der Lohnvarianz

Tabelle 2: Varianzzerlegung: Entwicklungen der Ungleichheit

2000 Anteil an Varianz (in %)

2010 Anteil an Varianz (in %)

Veränderung Anteil an Veränderung (in %)

gesamte Varianz 0,232 0,301 0,069

zwischen Qualifikationsgruppen 0,044 19 0,070 23 0,026 37

innerhalb von Qualifikationsgruppen 0,187 81 0,231 77 0,043 63

zwischen Berufen 0,081 35 0,112 37 0,031 45

innerhalb von Berufen 0,151 65 0,189 63 0,038 55

zwischen Betrieben 0,141 61 0,192 64 0,051 74

innerhalb von Betrieben 0,090 39 0,108 36 0,018 26

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB und des LIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbe-schäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren in Gesamtdeutschland. Qualifikationsgruppen ergeben sich aus der Interaktion von Alters- und Bildungsgruppen. Gemäß der Klassifikation der Berufe der BA 1988 unterscheiden wir 343 verschiedene Berufe.

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24

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

5 Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

WelcheFirmencharakteristikensindfürdenAnstiegderLohnungleichheitinDeutschlandrelevant

undkönnendieBedeutungderBetriebskomponenteindervorangegangenenVarianzzerlegunger-

klären?ImFolgendenbetrachtenwirimDetailzweimaßgeblicheEntwicklungenaufFirmenebene,

dieparallelzumAnstiegderLohnungleichheitinDeutschlandstattgefundenhaben:Veränderungen

imBereichderTarifbindungunddieIntegrationdeutscherFirmenindenWeltmarkt.

5.1 Die Entwicklung der Tarifbindung

InDeutschlandgiltdiesogenannteTarifautonomie,woruntermandasinderVerfassungveran-

kerteRechtvonGewerkschaftenundArbeitgeberverbändenversteht,Vereinbarungenmitnorma-

tiverWirkungundfreivonstaatlichenEingriffenüberArbeits-undWirtschaftsbedingungenabzu-

schließen(Bispinck2007).DazugehöreninsbesondereTarifverträgeüberdasArbeitsentgelt.In

AbgrenzungzuvielenanderenVolkswirtschaftenistinDeutschlanddaherdieGestaltungderTarifpolitik

kein„staatlich-politischer“Prozess,sondernbasiertvielmehraufVerträgenundgegenseitigenAb-

kommenzwischenArbeitgeberverbänden,GewerkschaftenundBetriebsräten.Dabeilassensich

inDeutschlandgrundsätzlichzweikollektiveTarifformenunterscheiden:EsgibtVerbands-oder

BranchentarifverträgeundFirmentarifverträge(Bispinck2007).

WieTabelle2darstellt,istseitMitteder1990erJahredieBedeutungvonTarifverträgeninDeutsch-

landdeutlichzurückgegangen–eineEntwicklung,diehauptsächlichdurchdenRückgangvon

Branchentarifverträgenzuerklärenist.18Während1996noch70Prozentaller(Vollzeit-)Beschäf-

tigungsverhältnissedurchBranchentarifverträgegedecktwaren,warenes2010nurnochgut50

Prozent.DerAnteilderBeschäftigtenmitFirmentarifverträgengingüberdiesenZeitraumvon12

auf10Prozentzurück.19NebendiesemallgemeinenRückgangderTarifbindunghatzudemdiever-

mehrteVerwendungvonÖffnungs-bzw.HärteklauselnseitMitteder1990erJahreselbstweiter-

hintarifgebundenenFirmeneinengrößerenSpielraumbeiderLohnsetzungermöglicht(Brändle

etal.2011,Bispincketal.2010).

InsgesamthatdaherdieBedeutungderkollektivenTarifbindungstarkabgenommen.Dustmannet

al.(2014:168)bezeichnendiesenProzessderDezentralisierungderLohnsetzungvonderBranche

hinzur individuellenFirmaals„zunehmendeLokalisierung“desLohnsetzungsprozesses.Dies

untermauert die zunehmende Bedeutung der Firmenkomponente im Prozess der Lohnfin-

dung.

18 InformationenzurTarifbindungliegenerstab1996vor.

19 DieBetrachtungderBetriebsebenelieferteinähnlichesBild,sieheTabelle2.

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25

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

5.2 Die Bedeutung von Tarifverträgen für Lohnzahlungen

WieexistierendewissenschaftlicheStudienzeigen,könnenTarifbindungenzumeinenAuswir-

kungenaufdasdurchschnittlicheLohnniveaudergedecktenrelativzudenungedecktenBeschäf-

tigungsverhältnissenhaben(Card1996).DieLohnungleichheitwirdüberdiesenKanaldurchdie

unterschiedlichenDurchschnittslöhnezwischentarifgebundenenundnicht-tarifgebundenenBe-

schäftigungsverhältnissen beeinflusst. Zum anderen verringern Tarifbindungen die Dispersion

der Löhne innerhalb der Gruppe der gedeckten Beschäftigungsverhältnisse. Auch über diesen

KanalergibtsichfolglicheinEinflussaufdiegesamteLohndispersion.

ImFolgendenbetrachtenwirdenerstenKanalunduntersuchen, inwiefernTarifbindungenmit

einemhöherenDurchschnittslohn–einerLohnprämie–verbundensind.Dazuführenwirein-

facheLohnregressionendurch,beidenenwirgetrennt für jedesJahrdenlogarithmiertenReal-

lohnaufindividuelleCharakteristikenundweitereIndikatorvariablenderRegionen,Wirtschafts-

zweigeundderStaatsangehörigkeitregressieren(SpezifikationA).DieLohnprämiegibtdemnach

an,wiegroßderprozentualeAufschlagaufdieLohnzahlungeinesvergleichbarenArbeitnehmers

ineinemBetriebohneTarifbindungist.DieserLohnaufschlagvonTarifverträgenliegtdemnach

imZeitraumvon1996bis2010zwischenachtund19ProzentundweistseitdemJahr1999einen

deutlichenAnstiegauf(Abbildung11).KontrollierenwirzusätzlichfürandereFirmencharakteris-

Tabelle 3: Entwicklung der Tarifverträge in Deutschland

Betriebsebene Beschäftigtenebene

Branchentarif-vertrag (in %)

Firmentarif-vertrag (in %)

Tarifvertrag gesamt (in %)

Branchentarif-vertrag (in %)

Firmentarif-vertrag (in %)

Tarifvertrag gesamt (in %)

1996 49 11 60 70 12 82

1997 49 11 60 68 14 82

1998 47 5 52 67 9 76

1999 43 4 47 64 9 73

2000 44 3 47 63 8 70

2001 43 4 47 60 8 68

2002 43 3 45 60 8 68

2003 41 3 45 60 9 69

2004 41 3 43 59 8 67

2005 38 3 41 57 9 66

2006 37 3 40 55 10 65

2007 35 3 38 55 9 64

2008 34 3 37 53 10 62

2009 35 4 39 52 11 63

2010 33 3 35 52 10 62

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst alle Wirtschaftszweige. Gewichtungsfaktoren sind berücksichtigt.

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26

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

tiken(Umsatz(SpezifikationB),AnzahlderBeschäftigten(SpezifikationC)),soliegtdiePrämie

deutlichniedriger(zwischeneinemundzehnProzent),istjedochimZeitablaufangestiegen.Dass

dieLohnprämieniedrigerausfällt,sobaldauchandereFirmenmerkmaleinderAnalyseberück-

sichtigtwerden,liegtdaran,dassvorallemgrößereFirmeneinemTarifvertragunterliegen.Die

FirmengrößeistaberbereitsansichmithöherenLöhnenverbunden.Vergleichtmandementspre-

chendnurdieLöhnevonFirmenähnlicherGrößemiteinander,fälltderLohnunterschiedzwi-

schentarifgebundenenundtarifungebundenenFirmenniedrigeraus.20

5.3 Die Entwicklung der Exporte

WährenddeutscheBetriebeindenletztenzweiJahrzehntenimmerwenigerdurchkollektiveTarif-

verträgegeprägtwurden,sohatdieBedeutunginternationalerVerflechtungenbeträchtlichzuge-

nommen.InsbesonderedieExportenehmeninDeutschlandalsMotorfürwirtschaftlichesWachs-

tumeinezentraleRolleein.AlleinimZeitraumvon2000bis2010istdasgesamteExportvolumen

umknapp60Prozentgestiegen(StatistischesBundesamt2014).

DieserTrendspiegelt sichauchaufFirmenebene imVerarbeitendenGewerbewider.Während

imJahr200019ProzentallerBetriebeimVerarbeitendenGewerbeeinenTeilihresUmsatzesim

Auslanderzielten,warenes2010bereitsfast30Prozent.AbernichtnurdieAnzahlexportieren-

20 EineaktuelleArbeit,diesichmitderTarifprämieinDeutschlandbeschäftigtundzwischenBranchen-undFirmentarifverträgendifferenziert,istAddisonetal.(2014).

Abbildung 11: Entwicklung der Tarifprämie

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Das Sample umfasst männliche vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Die Berechnungen der Prämien basieren im Folgenden auf diesem Sample (Männer, Verarbeitendes Gewerbe). Zum ersten, da die Entwicklungen der Tarifbindung und der Exportteilnahme im Verarbeitenden Gewerbe besonders ausgeprägt sind, und zum zweiten, um mit anderen Studien wie Dustmann (2009) und Baumgarten (2013), die den gleichen Datensatz verwenden, vergleichbar zu sein. Gewichtungsfaktoren sind berücksichtigt. Statistische Signifikanz: Bis auf das Jahr 1999 (Spezifikation B und C) sind alle Werte mindestens zum Fünf-Prozent-Niveau signifikant von null verschieden.

Spezifikation A Spezifikation B Spezifikation C

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

201020092008200720062005200420032002200120001999199819971996

Lohn

präm

ie

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27

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

derBetriebeimVerarbeitendenGewerbeistüberdenbetrachtetenZeitraumgestiegen,sondern

auchdieExportintensität,alsoderdurchschnittlicheAnteildesimAuslanderzieltenUmsatzes

(Abbildung12).

DarüberhinaussindExportbetriebewichtigeArbeitgeber.WieAbbildung13zeigt,istrundjeder

dritteBeschäftigteineinemBetriebtätig,dereinenTeilseinesUmsatzesimAuslanderzielt.Im

VerarbeitendenGewerbe liegtderBeschäftigungsanteilvonExportbetriebensogarbeiüber

70Prozent(Jahr2010).

Abbildung 12: Die Bedeutung von Exporteuren

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst das Verarbeitende Gewerbe. Gewichtungsfaktoren werden berücksichtigt. VG.: Verarbeitendes Gewerbe.

Anteil exportierender Betriebe im VG in Prozent Exportintensität exportierender Betriebe im VG in Prozent

0

10

20

30

40

201020092008200720062005200420032002200120001999199819971996

in P

roze

nt

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28

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

5.4 Die Bedeutung von Exporten für Lohnzahlungen

InaktuellentheoretischenArbeitenargumentierenÖkonomen(Helpmanetal.2010,Eggerund

Kreickemeier2009,Felbermayretal.2014),dassderZusammenhangzwischeninternationalem

HandelundLohnungleichheitüberdieLohndifferenzzwischenexportierendenundnicht-expor-

tierendenFirmenläuft.DemnachführenFriktionenaufdemArbeitsmarktdazu,dassdieproduk-

tiveren Exporteure höhere Löhne zahlen als die weniger produktiven Nicht-Exporteure. In der

Tat wurde eine sogenannte Exporteur-Lohnprämie in zahlreichen empirischen Studien für un-

terschiedlicheVolkswirtschaftennachgewiesen.SoentdecktenbeispielsweiseBernardund Jen-

sen(1995,1999,2004)inunterschiedlichenStudienfürUS-amerikanischeFirmen,dassexportie-

rendeBetriebezwischenvierundneunProzenthöhereLöhnezahlenalsausschließlichheimische

Betriebe.

GreenawayundYu(2004)zeigenEvidenzfürFirmenausGroßbritannienundidentifiziereneine

Exporteur-Lohnprämievon4,5bis6,4Prozent.ArbeitenzuFirmenausTaiwanfindenPrämien

inderGrößenordnungvon14bis30Prozent (AwundBatry1999,Liuet al. 1999,Tsouet al.

2002).Schanketal.(2007)lieferneineumfassendeÜbersichtzuStudien,dieFirmendatenzur

BerechnungderExporteur-Lohnprämieverwenden.AufFirmendatenbasierendeStudienunter-

liegenjedochderEinschränkung,dasssienichtunterscheidenkönnen,obhöhereLöhnebeiEx-

porteureneinehöhereQualitätderBeschäftigtenwiderspiegelnoderobauchvergleichbareAr-

beitnehmermehrverdienen,wennsiebeieinerexportierendenFirmaangestelltsind.Fürdiese

UnterscheidungbenötigtmanDatenzudenFirmenundihrenBeschäftigten:MunchundSkaksen

Abbildung 13: Anteil exportierender Betriebe, Beschäftigungsanteil

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Gewichtungsfaktoren werden berücksichtigt. WZ: Wirtschaftszweige, VG: Verarbeitendes Gewerbe.

Beschäftigungsanteil exportierender Betriebe in allen WZ Anteil exportierender Betriebe in allen WZBeschäftigungsanteil exportierender Betriebe im VG Anteil exportierender Betriebe im VG

0

10

20

30

40

50

60

70

80

201020092008200720062005200420032002200120001999199819971996

in P

roze

nt

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29

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

(2008)betrachtenkombinierteFirmen-undPersonendatenfürDänemarkundkommenzudem

Ergebnis,dasseinzehnprozentigerAnstiegderExportintensitätzu0,5ProzenthöherenLöhnen

führt.21Schanketal.(2007)errechnenähnlicheErgebnisseaufGrundlagedesLIABDatensatzes

fürDeutschland:einzehnprozentigerAnstiegderExportintensitätführthierzu0,2bis0,8Prozent

höherenLöhnen.22

AnalogzuunserenAnalysenzurBedeutungderTarifbindungfürLohnzahlungenbetrachtenwir

imFolgendeneineeinfacheSpezifikation(A),beiderwirgetrenntfürjedesJahrdielogarithmier-

tenReallöhneaufeineIndikatorvariableregressieren,diedenExportstatusdesBetriebesangibt.

DabeikontrollierenwirsowohlfürpersönlicheMerkmale(Altersgruppe,Bildungsgruppe,deren

Interaktion)alsauch fürdenentsprechendenWirtschaftszweigunddieentsprechendeRegion.

Abbildung14zeigtdieEntwicklungderExporteur-Lohnprämie.Von1999bis2007steigtdie

Prämiefastkontinuierlichvonelfauf16Prozentan,bevorsie2008sinktund2010wiedereinen

Wertvon15Prozenterreicht.

KontrollierenwirzusätzlichfürdieGrößedesBetriebes(inFormvonUmsatz(SpezifikationB)

oderBeschäftigung(SpezifikationC)),schrumpftdieLohnprämiedeutlichaufWertezwischennull

unddreiProzent(B),bzw.zweiundvierProzent(C).Diesliegtwiederumdaran,dassexportie-

rendeBetriebeimSchnittdeutlichgrößersind,GrößeansichbereitsmithöherenLöhnenverbun-

denistundnureinegeringeExporteur-Lohnprämie,dieüberdieGrößenprämiehinausgeht,iden-

tifiziertwerdenkann.DieserBefundstehtimEinklangmitderhandelstheoretischenLiteratur,

dieaufdemModellvonMelitz(2003)basiert.DemnachsindesdieproduktivenUnternehmen,die

essichleistenkönnen,Exportmärktezuerschließen.DieAussichtaufgroßeAbsatzmärktelässt

Firmenwachsenundesprofitabelerscheinen,höhereLöhnezuzahlen.Dadurch,dassinternatio-

nalerHandeldieGrößenverteilungderFirmenverändert,verläuftderWirkungskanalzwischen

HandelundLohnprämievorallemüberdieFirmengröße.

21 EineVergleichbarkeitderberechnetenExporteur-LohnprämienüberunterschiedlicheStudienundLänderhinwegistnursehreinge-schränktgegeben.GrunddafüristdieVerwendungunterschiedlicherDatengrundlagen(hiervorallemFirmendatenvs.Personen-daten),dieAnwendungunterschiedlicherökonometrischerVerfahrenunddieBetrachtungunterschiedlicherZeitperioden.

22 WeitereStudienzuDeutschland:BernardundWagner(1997),ArnoldundHussinger(2005)undKleinetal.(2013).

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30

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

EineweitergehendeAnalysederExporteur-Lohnprämiezeigt,dasssichdiePrämienauchdahin-

gehendunterscheiden,inwelchenZielmarkteinUnternehmenexportiert.Deutlichwird,dassdie

LohnprämienbeiFirmen,dieausschließlichindieEuropäischeWährungsunionexportieren, in

derRegelgeringersindalsdiePrämienderFirmen,dienurinsübrigeAuslandexportieren(Ab-

bildung15,hiernurSpezifikationA).23DiehöchstenPrämienzahlenjedochjeneUnternehmen,

dieeinenTeilihresUmsatzessowohlinderWährungsunionalsauchimübrigenAuslanderzie-

len.FürdieJahre2004bis2007liegenzudemInformationenzudenneubeigetretenenosteuro-

päischenStaatenvor.HierergibtsicheinschlüssigesBild:DieUnternehmen,dieausschließlichin

diese(nahen)Märkteexportieren,zahleneinerelativgeringeExporteur-Lohnprämie.24

23 ImLIABDatensatzgibtesfürdieJahre1998bis2007InformationenzurExportdestination.DiegenauenFragenlauten:„WievielProzentIhresUmsatzesentfielenaufdieLänderdereuropäischenWährungsunion/dasübrigeAusland/dieneuenEU-Länder“.WobeinachdenneuenEU-LändernnurindenJahren2004bis2007gefragtwurde.

24 FüreineausführlicheDiskussionderExporteur-LohnprämiehinsichtlichunterschiedlicherZielmärktesieheSchmillen2011.

Abbildung 14: Entwicklung der Exporteur-Lohnprämie

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst männliche Vollzeitbeschäftigte aus Betrieben des Ver-arbeitenden Gewerbes. Die Werte der Exporteur-Lohnprämie resultieren aus jahresspezifischen Regressionen, bei denen der logarithmierte Reallohn auf individuelle Charakteristiken, auf Indikatorvariablen der Wirtschaftszweige und der Bundesländer (Spezifikation A), des Umsatzes (Spezifikation B) und der Beschäftigung (Spezifikation C) regressiert wird. Gewichtungsfaktoren werden berücksichtigt. Statistische Signifikanz: Bis auf die Werte der Jahre 1997 bis 2002 und 2009 von Spezifikation B sind alle Werte signifikant von null verschieden mindestens zum Fünf-Prozent-Niveau.

Spezifikation A Spezifikation CSpezifikation B

–0,02

0,00

0,02

0,04

0,06

0,08

0,10

0,12

0,14

0,16

0,18

201020092008200720062005200420032002200120001999199819971996

Lohn

präm

ie

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31

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

5.5 Die Bedeutung von Importen für Lohnzahlungen

NebendemstarkenAnstiegderExportehabenauchdieImportedeutscherUnternehmendeutlich

zugenommen.ÜberdenZeitraumvon2000bis2010stiegendieEinfuhrenDeutschlandsumknapp

50Prozent(StatistischesBundesamt2014).AusderökonomischenTheorieistnichteindeutigab-

leitbar,wiesicheinverstärktesImportverhaltenvonFirmenaufdieLohnzahlungenauswirkt.Eine

möglicheLohnsenkungaufgrundvongrößerenSubstitutionsmöglichkeitenfürheimischeArbeits-

kräfteistebensodenkbarwieeinLohnzuschlagaufgrundvonProduktivitätssteigerungen.

WiranalysierenimFolgenden,welcheBedeutungdieImportaktivitätdeutscherBetriebeaufihre

LohnzahlungenhatundunterscheidendazuzwischenausschließlichimportierendenUnternehmen,

ausschließlich exportierenden Unternehmen, Betrieben, die sowohl importieren als auch ex-

portieren,undUnternehmen,dieausschließlichaufdemheimischenMarktaktivsind(sieheauch

Baumgarten2013).

Eszeigtsich,dassjeneFirmen,diesowohlimportierenalsauchexportieren,diehöchstenLöhne

zahlen.Außerdemistfestzustellen,dassauchausschließlichimportierendeBetriebeeinenLohn-

aufschlagzahlen,derinetwasogroßistwiediePrämie,dieausschließlichexportierendeBetriebe

zahlen.BeschäftigteinimportierendenFirmenprofitierendahervomHandelsverhaltenihresUn-

ternehmens.EinmöglicherErklärungsansatzhierfür ist,dass importierteVorleistungendiePro-

Abbildung 15: Entwicklung der Exporteur-Lohnprämie nach Zielmarkt

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst männliche Vollzeitbeschäftigte aus Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes. Die Werte der Exporteur-Lohnprämie resultieren aus jahresspezifischen Regressionen, bei denen der logarithmierte Reallohn auf individuelle Charakteristiken sowie auf Indikatorvariablen der Wirtschaftszweige und der Bundesländer regressiert wird. Gewichtungs-faktoren werden berücksichtigt. Statische Signifikanz: Bis auf den Wert für „nur neue Beitrittsländer“ im Jahr 2004 sind alle Werte signifikant von null verschieden mindestens zum Fünf-Prozent-Niveau.

nur Währungsunion nur sonstiges Auslandnur neue Beitrittsländer Währungsunion und sonstiges Ausland

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

2007200620052004200320022001200019991998

Lohn

präm

ie

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32

Die Bedeutung von Firmencharakteristiken

duktionskostenreduzierenundsomitProduktivitätssteigerungenindenheimischenBetrieben

bewirken.DiesekönnensichdanninhöherenLöhnenfürdieheimischenBeschäftigtenwider-

spiegeln.25Wichtigistjedoch,dasswirandieserStellekeineAussagezuBeschäftigungseffekten

beiimportierendenoderexportierendenUnternehmentreffenkönnen.Tabelle3zeigtdieLohn-

prämienfürdieunterschiedlichenHandelstypen.

25 Kohler (2004) sowieGrossmanundRossi-Hansberg (2008) zeigenbeispielsweisediepositivenProduktivitätseffekte fürhei-mischeBetriebedurchProduktionsverlagerungeninsAusland.

Tabelle 4: Lohnprämie nach Handelstyp

Jahr Exporteur Importeur Exporteur und Importeur

1999 0.07*** 0.10*** 0.13***

2001 0.08*** 0.09*** 0.12***

2003 0.11*** 0.12*** 0.16***

*** zeigt Signifikanz zum Ein-Prozent-Niveau. Das zugrunde liegende Sample umfasst männliche Vollzeitbeschäftigte aus Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes. Nur für die Jahre 1999, 2001 und 2003 sind im Datensatz Informationen zur Importaktivität von Betrieben vorhanden. Für diese Jahre regressieren wir jeweils die logarithmierten Reallöhne auf die Handelstypvariable, auf individuelle Charakteristiken und Indikatorvariablen zu Wirtschaftszweig und Bundesland. Gewich-tungsfaktoren werden berücksichtigt.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB.

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Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

6 Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

IndenvorangegangenenAnalysendiesesBerichtshabenwirdieDynamikderLohnungleichheit

entlangeinzelnerDimensionendargestelltunddieBedeutungausgewählterFirmencharakteris-

tikenfürdieLohnstrukturhervorgehoben.DieseFaktorenwurdenjedochbisherisoliertbetrach-

tetundeswurdenichtanalysiert,welchenquantitativenErklärungsbeitragdieunterschiedlichen

FaktorenzurDynamikderLohnungleichheitleisten.ZieldiesesAbschnittsistesdaher,dieBedeu-

tungeinzelnerFaktorenundihrenjeweiligenBeitragzurDynamikderLohnungleichheitineinem

umfassendenModellzuquantifizieren.Dabeigehtesvorallemdarum,denmöglichenBeitragin-

ternationalen Handels auf die Entwicklung der Lohnungleichheit von jenem der „klassischen“

Einflussfaktoren,wieinstitutionellenVeränderungenundtechnologischemWandel,abzugrenzen.

BeidieserAnalysesindunterschiedlicheAspektevonzentralerBedeutung:Zumeinenisteswich-

tig,einModellzurHandzuhaben,daseserlaubt,mehrereFaktorengleichzeitigzuberücksich-

tigen,umdenBeitrageinesFaktorsinAbgrenzungzuanderenFaktorenzubemessen.Somag

zumBeispieleineunivariateAnalysedaraufhindeuten,dassderRückgangderTarifbindungeinen

wichtigenBeitragzumAnstiegderLohnungleichheitgeleistethat.SofernderRückgangderTarif-

bindungjedochzumindestteilweisedaraufzurückzuführenwäre,dassaufgrundeineswirtschaft-

lichenStrukturwandelsWirtschaftszweigemiteiner (traditionell)geringenTarifbindungrelativ

anBedeutungzugenommenhaben,würdedieserunivariatermittelte„Tarifbindungsbeitrag“teil-

weise auch einen „Wirtschaftszweigbeitrag“ aufgreifen und daher möglicherweise überschätzt.

UmdiesebeidenpotenziellenEinflussfaktorenvoneinanderabzugrenzen, istesdaherwichtig,

nebenderFormderLohnverhandlungauchdieWirtschaftszweigeindieAnalysezuintegrieren.

AnaloggiltdiesauchfürweitereErklärungsfaktoren.

DarüberhinausistesvonzentralemInteresse,den„Lohnstruktureffekt“vom„Kompositionseffekt“

abgrenzenzukönnen.DerLohnstruktureffektkannauchals„Preiseffekt“,derKompositionsef-

fektals„Mengeneffekt“verstandenwerden.ZugrundeliegtdieÜberlegung,dassdieeinzelnen

ErklärungsfaktorenüberzweiKanäleeinenEinflussaufdieDynamikderLohnungleichheithaben

können.SokanneinmöglicherweisepositiverBeitragdesFaktorsBildungaufdenAnstiegder

Lohnungleichheitdaraufzurückzuführensein,dasssichderAnteilderhochQualifizierten(bei

einermöglicherweisekonstantenBildungsrendite) imZeitverlauferhöhthat (Kompositionsef-

fekt).DiesistzumBeispieldannderFall,wenninnerhalbderGruppederhochQualifizierteneine

vergleichsweisehoheLohndispersionvorliegt.Gleichzeitigistesmöglich,dasssichdieBildungs-

rendite(beimöglicherweisekonstantenBeschäftigungsanteilendereinzelnenBildungsgruppen)

erhöhthat(Lohnstruktureffekt)oderdieLohnungleichheitinnerhalbvonBildungsgruppenzuge-

nommenhat(ebenfallsLohnstruktureffekt).BeideneinzelnenErklärungsfaktorendürftendiebei-

denKanälevonjeweilsunterschiedlicherBedeutungsein.AuchkönnendiebeidenKanälebeiein-

zelnenErklärungsfaktoreninunterschiedlicheRichtungenwirken.

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34

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

SchließlichistesebenfallsvonhohemInteresse,denEinflussdereinzelnenErklärungsfaktoren

anunterschiedlichenStellenderLohnverteilungzuquantifizieren.EineAbnahmederTarifbin-

dungmagzumBeispielimunterenBereichderLohnverteilungeinenanderenEinflusshabenals

imoberenTeil.ImfolgendenAbschnittskizzierenwirkurzeinModell,dasdiegenanntenAn-

forderungenerfüllt.

6.1 Methodische Aspekte

UmdenErklärungsbeitragunterschiedlicherFaktorenzurDynamikderLohnungleichheitzuer-

mitteln,führenwireineZerlegungsanalysedurch,dieFirpoetal.(2009)vorschlugenunddieauf

sogenannten RIF-Regressionen (recentered influence functions) basiert. Mittels dieser Technik

kannzunächstderAnstiegderLohnungleichheitineinenGesamt-Kompositionseffektundeinen

Gesamt-Lohnstruktureffektzerlegtwerden.AnschließendkönnendiejeweiligenBeiträgeeinzel-

nerErklärungsfaktorenzudenbeidenKomponentenermitteltwerden.26DieZerlegungistaufver-

schiedensteUngleichheitsmaßeanwendbar.Hierwirdsiefürdas85-15-Lohndifferenzial27(alsUn-

gleichheitsmaßdergesamtenLohnverteilung),das85-50-Lohndifferenzial(alsUngleichheitsmaß

desoberenTeilsderLohnverteilung)unddas50-15-Lohndifferenzial(alsUngleichheitsmaßdes

unterenTeilsderLohnverteilung)durchgeführt.28

DieZerlegungsanalyseliefertwertvolleHinweiseaufdieBedeutungderunterschiedlichenErklä-

rungsfaktoren,unterliegtjedochaucheinigenEinschränkungen,diebeiderInterpretationzube-

rücksichtigensind.Es ist zunächstwichtigzubetonen,dassdieangewandteMethodedieVer-

änderungderLohnungleichheitüberdenbetrachtetenZeitraumdenberücksichtigtenFaktoren

komplettzuteilt.QuaKonstruktiongiltdaher,dassdieSummeallerKompositions-undLohnstruk-

tureffektediegesamteVeränderungderLohnungleichheitüberdieZeitwiderspiegelt.29

ZudemgreifendieermitteltenLohnstruktureffektesowohlveränderteLohnabständezwischenun-

terschiedlichenGruppen(erklärteUngleichheit)alsaucheineveränderteLohnungleichheitinner-

halbvonGruppen(residualeLohnungleichheit)auf.EinescharfeTrennungzwischenerklärterund

residualerUngleichheit,wiewirsiebisherimRahmendieserStudiebetrachtethaben,istdaher

mitdieserMethodenichtmöglich.DurchdieseZerlegungsanalysewirdhingegendeutlich,bei

welchenGruppeneineUmschichtungderBeschäftigtenanteilemitAuswirkungenaufdieLohnver-

teilungstattgefundenhat(Kompositionseffekt)undfürwelcheGruppeneineVeränderungderEnt-

lohnungsstrukturfestzustellenist(Lohnstruktureffekt).

26 DadieZerlegungsanalyseeinstatistischesVerfahrenistundgewisseUnschärfenmitsichbringt,ergibtsichzusätzlicheinFehler-term(sogenannteGewichtungsfehlerundSpezifikationsfehler).

27 DamitistdieDifferenzzwischendem85-Prozent-Perzentilunddem15-Prozent-Perzentilgemeint.

28 WirwählenandieserStelledas85-15-Differenzial(anstattdes80-20-DifferenzialswieweitervorneimBericht),umeinennochgenauerenEindruckvondenAusmaßenderUngleichheitzuerhalten.ZudemsinddieErgebnissesobessermitanderenStudienvergleichbar,dieaufdenselbenDatenbasieren(Dustmannetal.2009,Baumgarten2013).

29 ZusätzlichsindnochdieKonstanteunddieFehlertermezuberücksichtigen.

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35

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

Indem Veränderungen der Mengen (Komposition) isoliert von den Veränderungen der Preise

(Lohnstruktur) betrachtet werden, werden außerdem sogenannte allgemeine Gleichgewichtsef-

fekte inderAnalyse ignoriert.DasbedeutetzumBeispiel,dasseineVeränderungdesBeschäf-

tigtenanteilshochqualifizierterArbeitnehmeralsgänzlichunabhängigvonderVeränderungder

Bildungsrenditeangesehenwird.ZudemhängtderermittelteLohnstruktureffektdereinzelnen

ErklärungsfaktorenvonderWahlderjeweiligenBasiskategorieab.Dabeigehenwirsoneutralwie

möglichvorunddefinierenalsBasisgruppederkategorischenVariablendiejeweiligeModalkate-

gorieausdemJahr1996.30EineweitereEinschränkungist,dasssichmitderZerlegungsanalyse

keinekausalenEffekteermittelnlassen.

InunsererAnalyseberücksichtigenwirdiefolgendenindividuellenundfirmenspezifischenErklä-

rungsfaktoren,umeinmöglichstgenauesBildvondenTreibernderLohnungleichheitzubekom-

men.AufderIndividualebenedifferenzierenwirzwischendreiBildungsgruppen,fünfAlterskate-

gorienundmehrals300unterschiedlicheBerufsgruppen.AufderBetriebsebeneberücksichtigen

wirdieTarifbindung,indemwirfürdreiunterschiedlicheFormenderLohnsetzung(Branchentarif-

vertrag,FirmentarifvertragoderkeineTarifbindung)kontrollieren,erfassendasinternationaleEnga-

gementvonBetrieben,indemwirfürdenExportstatusdesjeweiligenBetriebeskontrollierenundbe-

rücksichtigenmöglicheAuswirkungentechnologischenFortschritts,indemwirdafürkontrollieren,

obeinBetriebinneueTechnologien31investierthat.Darüberhinauserfassenwireinenmöglichen

wirtschaftlichenStrukturwandel,indemwirzusätzlichfürWirtschaftszweigekontrollieren.

WirführendieZerlegungsanalysezunächstfürdenGesamtzeitraumvon1996bis2010fürvoll-

zeitbeschäftigteMännerimVerarbeitendenGewerbedurch.DasVerarbeitendeGewerbeistindie-

sem Zusammenhang von besonderem Interesse, da zwei der betrachteten Erklärungsfaktoren,

(Rückgangder)TarifbindungundinsbesonderederinternationaleHandelgeradedortvonheraus-

ragenderBedeutungsind.DieBeschränkungaufMännerdientwiedieobenbeschriebeneWahl

derLohnungleichheitsmaßeeinerbesserenVergleichbarkeitmitanderenStudien,diedieseEin-

schränkungebenfallsvorgenommenhaben(vgl.Baumgarten2013).Anschließendführenwirdie

ZerlegungsanalysezudemgetrenntfürdiezweiTeilperioden1996bis2003und2003bis2010

durch,umeinenbesserenEinblickindieDynamikenderLohnungleichheitundihrertreibenden

Faktorenzubekommen.

30 BeibinärenVariablenistdieBasisgruppesozusagen„natürlich“gegeben.

31 InvestitioneninneueTechnologienbeziehensichaufInvestitioneninKommunikation-undDatenverarbeitung.

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36

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

6.2 Ergebnisse

Abbildung16zeigtgraphischdieErgebnissederZerlegungsanalyse.32FürallebetrachtetenErklä-

rungsfaktorensindjeweilsdieBeiträgezumKompositionseffekt(obererTeilderAbbildung)und

zumLohnstruktureffekt(untererTeilderAbbildung)dargestellt.Diedreinebeneinanderstehen-

denSäulenzeigenjeweilsdieErgebnissederunterschiedlichenUngleichheitsmaße.Siewerden

alsZuwächseinLog-Prozentpunktenausgewiesen.

Eswirddeutlich,dassüberdenbetrachtetenZeitraumdieLohnungleichheitumrund13Log-Pro-

zentpunkteangestiegenist.DavonisteinGroßteilaufeinenAnstiegimunterenBereichderLohn-

verteilung zurückzuführen. Darüber hinaus ist zu erkennen, dass der Anstieg der Ungleichheit

32 EineausführlichetabellarischeDarstellungderErgebnisse,dieauchdiestatistischenStandardfehlerenthält,findetsichinTabelleA1imAnhang.

Abbildung 16: Detaillierte Zerlegungsergebnisse, 1996–2010

Quelle: LIAB. Das Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Männer zwischen 18 und 65 Jahren im Verarbeitenden Gewerbe. Gewichtungsfaktoren werden berücksichtigt. ***, ** und * zeigen statistische Signifikanz auf dem Ein-, Fünf- oder Zehn-Prozent-Niveau. Gezeigt werden Zuwächse in Log-Prozentpunkten.

85–15 50–15

–2

0

2

4

6

8

10

1285-50

50-15

85-15

SektorAlterBildungBerufTechnologieTarifbindungExportstatusGesamteffekt

Kompositionseffekte

–8

–6

–4

–2

0

2

4

6

8

10

1285-50

50-15

85-15

KonstanteSektorAlterBildungBerufTechnologieTarifbindungExportstatusGesamteffekt

Lohnstruktureffekte

85–50

***

***

***

******

********* ***

******

***

***

***

*****

**

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37

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

hauptsächlich mit Kompositionseffekten, also mit Verschiebungen in der zugrunde liegenden

StrukturderArbeitnehmer,inVerbindunggebrachtwerdenkann:Sieerklärenrund80Prozentdes

Gesamtanstiegs.DeraggregierteLohnstruktureffektisthingegenvonuntergeordneterBedeutung.33

Betrachten wir die einzelnen Kompositionseffekte im Detail, so zeigt sich, dass vor allem der

RückgangderTarifbindungenungleichheitsförderndgewirkthatundmiteinemAnstiegvonrund

6Log-Prozentpunktenassoziiertist.VergleichtmandieAuswirkungenüberbeideBereicheder

Lohnverteilunghinweg,sowirddeutlich,dassderRückgangderTarifbindungenvorallemimun-

terenBereichderLohnverteilungungleichheitssteigerndgewirkthat(Anstiegumrund5Log-Pro-

zentpunkte). Deutlich wird somit, dass die Bindungskraft von Kollektivlöhnen im unteren Be-

reichderLohnverteilungamstärkstenist,sodasseinRückgangderTarifbindunginersterLiniein

diesemBereichAuswirkungenaufdieLohnverteilunghat.ZudemwirkenVeränderungeninder

Bildungs-undAltersstrukturderArbeitnehmerungleichheitsförderndundsindmit einemAn-

stiegderLohnungleichheitvon1,33Log-Prozentpunkten(Bildung)und2,75Log-Prozentpunkten

(Alter)inVerbindungzubringen.IhreAuswirkungensindimoberenBereichderLohnverteilung

amdeutlichsten.DieseErgebnissespiegelndieEntwicklungwider,dassesüberdenbetrachteten

ZeitraumeineVerschiebunghinzuhöherenBildungs-undAltersgruppengegebenhat.Soistins-

besonderederAnteilderhochQualifiziertenundderArbeitnehmerimAltervon46bis55und56

bis65gestiegen.GeradeinnerhalbdieserGruppenistdieLohndispersiontraditionellhoch.Für

unsereExport-sowieTechnologievariablekönnenwirkeinestatistischsignifikanteWirkungüber

Kompositionseffekteidentifizieren.DiesgiltebensofürdieErklärungsfaktorenSektorundBeruf.

BetrachtenwirdiedetailliertenLohnstruktureffekte,soistzuerkennen,dassdiesefürdieunter-

schiedlichenFaktorensehrunterschiedlicheWirkungsrichtungenzeigenundsicheinGesamtef-

fektergibt,dernichtstatistischvonnullverschiedenist.ImHinblickaufdieInterpretationder

LohnstruktureffektedereinzelnenFaktorenistzudemerneutdaraufhinzuweisen,dassdieseje-

weilsvonderWahlderBasiskategorieabhängenundsomitdenBeitrageinerVeränderunginder

EntlohnungsstruktureinesbestimmtenFaktorsrelativzudessenBasiskategoriewiedergeben.Au-

ßerdemspiegelnsichindenLohnstruktureffekteneinerseitssowohldirekteVeränderungender

RenditederjeweiligenFaktorenalsauchVeränderungeninderresidualenUngleichheitinnerhalb

derbetrachtetenGrupperelativzurBasisgruppe.34Insgesamtlassensichdennochinteressante

RückschlüsseausdenermitteltenErgebnissenüberdieEntwicklungderrelativenEntlohnungs-

struktureinzelnerErklärungsfaktorenundderenBedeutungfürdenAnstiegderLohnungleich-

heitziehen.Sowirdbeispielsweisedeutlich,dassVeränderungeninderEntlohnungsstrukturta-

rifgedeckterArbeitsverhältnisseüberdenbetrachtetenZeitraumungleichheitssteigerndgewirkt

habenundmiteinemAnstiegderUngleichheitvonfast11Log-Prozentpunktenassoziiertwerden

können.DiesumfasstzumeinendenAnstiegderTarifprämieundzumanderendenAnstiegder

33 DieDifferenzzwischendergesamtenVeränderungundderSummeausKompositions-undLohnstruktureffektenmachenderSpezifikations-undderGewichtungsfehleraus.DiesesindinderTabelleimAnhangaufgeführt.

34 DieBasiskategorieistinunsererAnalysedurchfolgendeKategoriendefiniert:Bildung:durchschnittlichesQualifikationsniveau,Altersgruppe:26–35,Beruf:Metallarbeiter,nicht-exportierenderBetrieb,keineTarifbindung,keineInvestitioneninneueTechnol-ogien,Industrie:Metallverarbeitung.DerLohnstruktureffektderKonstantenkannzudemalsVeränderungderresidualenLohnun-gleichheitfürdieBasiskategorieinterpretiertwerden.

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38

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

residualenUngleichheit innerhalbgedeckterArbeitsverhältnisse relativzunichtgedecktenAr-

beitsverhältnissen.35Auchhierzeigtsich,dassimBesonderenArbeitnehmeramunterenEnde

der Lohnverteilung davon betroffen sind. Darüber hinaus lässt der ungleichheitsfördernde Bil-

dungs-LohnstruktureffektaufeineVeränderungderBildungsrenditebzw.aufeineVeränderung

der Lohndispersion innerhalb der Bildungsgruppen schließen. Diese wirkt im Besonderen auf

denoberenBereichderLohnverteilung.AußerdemdeutenunsereErgebnissedaraufhin,dassdie

LohnspreizungdermeistenAltersgruppenrelativzurBasisgruppe(ArbeitnehmerimAltervon26

bis35Jahren)gesunkenist.36InsgesamtergibtsichdarauseinungleichheitssenkenderEffektder

mitdemFaktorAlterverbundenist.

SoweitunterstreichtunsereZerlegungsanalysedieBedeutungklassischerFaktorenfürdenAn-

stiegderLohnungleichheit:VeränderungeninderTarifbindungundinderentsprechendenEnt-

lohnungsstruktur, sowieVeränderungen inderBildungs-undAltersstrukturderArbeitnehmer

undinihrenjeweiligenEntlohnungenbeeinflussendieEntwicklungderLohnungleichheit.Weder

fürunserenExportkanal,nochfürdenFaktordestechnologischenWandelskönnenwireinensta-

tistischsignifikantenEinflussaufdenAnstiegderLohnungleichheitidentifizieren.Denkbaristan

dieserStellejedoch,dassdieBetrachtungderrelativlangenZeitperiodevon1996bis2010neue

undmöglicherweiseinteressanteDynamikenverschleiert.WirführendaherentsprechendeZerle-

gungsanalysenfürzweiTeilperiodendurch.FürdiesenZweckunterteilenwirdieGesamtperiode

inzweigleichlangeUnterperiodenundanalysierendieJahre1996bis2003und2003bis2010se-

parat.Dabeiistdaraufhinzuweisen,dasssichdiebeidenTeilabschnittemöglicherweisestruktu-

rellvoneinanderunterscheiden.GrundlegendeArbeitsmarktreformenimRahmenderHartz-Ge-

setzewurdenindenJahren2003bis2006eingeführtundfallensomitvollständigindiezweite

Periodehinein.Aprioriistallerdingsnichtklar,wiesichdiesaufdieBedeutungdereinzelnen

FaktorenfürdieEntwicklungderLohnungleichheitauswirkenkönnte.

Abbildung17zeigterneutgraphischdieErgebnissederZerlegungsanalysefürbeideZeitperioden.

WirstellendieEntwicklungderKompositions-undLohnstruktureffekteüberdieZeitperiodenein-

andergegenüberundkonzentrierenunsaufdieErgebnissedes85-15-Lohndifferenzials.37

Eswirddeutlich,dassdieLohnungleichheit insgesamtstärkerinderzweitenTeilperiodeange-

stiegenist.Dabeiistplausibel,dassdieserAnstiegunteranderemmitdemAusbaudesNiedrig-

lohnsektorsinDeutschlandundsomitauchmitdenangesprochenenHartz-ReformeninZusam-

menhangsteht(siehedazuauchAbschnitt3).EinVergleichderdetailliertenKompositions-und

Lohnstruktureffektezeigtweitergehend,dassdieentscheidendenUnterschiedezwischendenbei-

denPeriodenaufVeränderungeninderEntlohnungsstruktur(undnichtaufveränderteKomposi-

tionseffekte)zurückgeführtwerdenkönnen.WährendVeränderungeninderTarifprämiebzw.in

derdamitverbundenenEntlohnungsstrukturnurindererstenTeilperiodeungleichheitssteigernd

35 SiehedazuauchDustmannetal.(2014).

36 InderTatbelegenunsereDaten,dassdieLohndispersioninnerhalbderBasisgruppeamstärkstenangestiegenist.

37 EineausführlichetabellarischeDarstellungderErgebnisse,dieauchdiestatistischenStandardfehlerenthält,findetsichinTabelleA2imAnhang.

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39

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

wirken,istkeinEinflussfürdiezweitebetrachteteZeitspannezuidentifizieren.Hingegenlegen

dieErgebnissenahe,dasseineVeränderunginderExporteur-Lohnprämienichtinderersten,aber

inderzweitenZeitperiodeeinenungleichheitssteigerndenEinflusshat.DieseErgebnissedeuten

somitaufeinesteigendeBedeutungdesExportstatusvonBetriebenfürdieEntwicklungderLohn-

ungleichheitinDeutschlandhin.EinmöglicherErklärungsansatzfürdieseVeränderungist,dass

durchdendokumentiertenRückgangder(Branchen-)TarifbindungdieLohnflexibilitätinDeutsch-

landentscheidendangestiegenistundsichsomitbetriebliche,fürdenunternehmerischenErfolg

relevanteCharakteristikawiederExportstatusstärkeralszuvoraufdiegezahltenLöhneauswir-

ken.DiesestärkerebetrieblicheLohndifferenzierung,dieauchvonCardetal.(2014)dokumen-

tiertwurde,hat entsprechendaucheinenEinflussaufdieEntwicklungdergesamtenLohnun-

gleichheit.

Abbildung 17: Detaillierte Zerlegungsergebnisse, 1996–2003, 2003–2010

Quelle: LIAB. Das Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Männer zwischen 18 und 65 Jahren im Verarbeitenden Gewerbe. Gewichtungsfaktoren werden berücksichtigt. ***, ** und * zeigen statistische Signifikanz auf dem Ein-, Fünf- oder Zehn-Prozent-Niveau. Gezeigt werden Zuwächse in Log-Prozentpunkten.

1996–2003 2003–2010

–1

0

1

2

3

4

5

62003-2010

1996-2003

SektorAlterBildungBerufTechnologieTarifbindungExportstatusGesamteffekt

Kompositionseffekte 85-15-Lohndifferenzial

–6

–4

–2

0

2

4

6

8

10

12

1485-15

85-15

KonstanteSektorAlterBildungBerufTechnologieTarifbindungExportstatusGesamteffekt

Lohnstruktureffekte 85-15-Lohndifferenzial

**

Gesamte Veränderung 1996–2003 . 85-15: 5,68 | 2003–2010 . 85-15: 7,82

** **

**

***

***

***

***

***

***

****** ***

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40

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

6.3 Einschätzung und Zusammenfassung

DieErgebnisseunsererZerlegungsanalysezeigeneinerseits,dassderGroßteildesAnstiegsder

LohnungleichheitaufKompositionseffektezurückzuführenist.Änderungeninderzugrundelie-

gendenStrukturderArbeitnehmersinddemnachmitrund80ProzentdesAnstiegsderUngleich-

heitüberdenbetrachtetenZeitraumvon1996bis2010inVerbindungzubringen.Diewichtigste

RollespieltdabeiderRückgangderTarifbindung.DieserwirktsichinsbesondereaufeinenAn-

stiegderUngleichheitimunterenBereichderLohnverteilungausunderklärtrund43Prozentdes

GesamtanstiegsüberdenbetrachtetenZeitraum.DamiteinhergehteineVeränderungderTarifent-

lohnungsstruktur,dieebenfallsungleichheitssteigerndimunterenTeilderVerteilungwirkt.38Un-

sereBetrachtungüberunterschiedlicheZeitperiodenhinwegzeigtallerdings,dassdieseVerände-

rungenausschließlichinderPeriodevon1996bis2003einenErklärungsbeitragzumAnstiegder

Lohnungleichheitgeleistethaben.NebenVeränderungeninderStrukturderTarifbindungspielt

dieVerschiebunginderStrukturderArbeitnehmerhinzuhöherenBildungs-undAltersgruppen

einewichtigeRollefürdenAnstiegderLohnungleichheit.Diesistdaraufzurückzuführen,dass

hochqualifizierteundältereArbeitnehmertraditionelleinehöhereLohndispersionaufweisenals

andereQualifikationsgruppen.DieVerschiebunghinzuhöherenBildungs-undAltersgruppener-

klärtrund10bzw.20ProzentdergesamtenZunahmederLohnungleichheitüberdenZeitraum

von1996bis2010.DarüberhinauszeigendieErgebnisseunsererZerlegungsanalyseeineVerän-

derunginderRenditefürhochqualifizierteArbeitnehmerbzw.derresidualenUngleichheitinner-

halbdieserGruppe.DieseEntwicklungwirktungleichheitssteigerndimoberenTeilderLohnvertei-

lungundmachtinsgesamtrund34ProzentdesbeobachtetenGesamtanstiegsderUngleichheitaus.

InvestitioneninneueTechnologien,unserMaßfürdentechnologischenWandel,habenunserer

AnalysenachkeinenunmittelbarenEinflussaufdieUngleichheitsentwicklung.AuchdasExport-

verhaltenvonBetriebenspielteineuntergeordneteRolle.AlleininderjüngerenZeitperiodevon

2003bis2010habenVeränderungeninderExporteur-Lohnprämieeinenungleichheitssteigern-

denEinfluss.

InsgesamtbestätigtdaherunsereAnalysedieBedeutungtraditionellerFaktorenalsTreiberder

Lohnungleichheit.HingegenhatderinternationaleHandelzumindestüberdenimRahmendieser

AnalysebetrachtetenExportkanaleinennursehrmoderatendirektenEinflussaufdieEntwick-

lungderLohnungleichheit.Tabelle5fasstdieErgebnissenocheinmalzusammen.

38 DieseVeränderungeninderLohnstruktursindmitrund80ProzentdesGesamtanstiegsverbunden.DeutlichwirdsomitandieserStelle,dassVeränderungen,diealleinmitderStrukturderTarifbindunginDeutschlandverbundensind–isoliertbetrachtet–einensogarstärkerenAnstiegderLohnungleichheitbewirkthätten,alsjener,dertatsächlichzubeobachtenwar.InsgesamtmussbeiderBetrachtungderjeweiligenprozentualenAnteileberücksichtigtwerden,dasserstensmancheErklärungsfaktoreneinenungleichheitssenkendenEinflusshaben(wiebeispielsweisederLohnstruktureffektvonAlter)undinsgesamtsomitAnteilevonüber100Prozentrechnerischmöglichsind.Zweitensmussberücksichtigwerden,dasssowohldieKonstantealsauchderGewichtungs-undSpezifikationsfehler(siehedazudieausführlichenTabellenimAnhang)indieBerechnungmiteinbezogenwerdenmüssen.

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41

Welche Faktoren treiben die Veränderung der Ungleichheit?

ImnächstenAbschnittführenwireineergänzendeAnalysedurch,inderwirdenZusammenhang

zwischeninternationalemHandelundUngleichheitaufaggregierterEbenebetrachten.Dabeiver-

wendenwirsektoraleOffenheitsmaße,dieaufWertschöpfungsdatenberuhenundsomitauchdie

VerflechtungsstruktureninnerhalbderVolkswirtschaftberücksichtigen.AndersalsdieAnalysein

diesemAbschnittberücksichtigteineUntersuchungaufaggregiertersektoralerEbeneauchmög-

licheindirekteEffektedesinternationalenHandels,dieüberdieExporteur-Lohnprämieundden

BeschäftigungsanteilvonExportbetriebenhinausgehen.Beispielsweiseistesdenkbar,dassvon

zunehmendenExportmöglichkeitenauchZulieferbetriebe,dieselbstnichtexportieren,profitieren

undsichdiesindenLöhnenihrerMitarbeiterniederschlägt.DarüberhinausistesunsimRah-

mendieserAnalysemöglich,sowohldenExportkanalalsauchdenImportkanalzubetrachtenund

somit fürdieKehrseiteeinerverstärktenHandelsintegration,einemgestiegenen Importwettbe-

werb,zukontrollieren.

Tabelle 5: Zentrale Ergebnisse der Zerlegungsanalyse

Kompositionseffekt Der Anteil nicht-tarifgebundener Arbeitsverhältnisse nimmt zu. Dies wirkt ungleichheitsfördernd. Auswirkungen auf den unteren Bereich der Lohnverteilung.

Der Anteil hoch qualifizierter und älterer Arbeitnehmer steigt. Da die Lohnspreizung innerhalb dieser Gruppen hoch ist, wirkt dies ungleichheitsfördernd. Auswirkungen auf den oberen Bereich der Lohnverteilung.

Lohnstruktureffekt Veränderungen in der Tarifentlohnung haben einen ungleichheitssteigernden Einfluss. Allerdings nur in der ersten Teilperiode (1996–2003).Auswirkungen auf den unteren Bereich der Lohnverteilung.

Die Bildungsrendite der hoch Qualifizierten relativ zu den durchschnittlich Qualifizierten ist ange-stiegen. Außerdem hat die Lohndispersion innerhalb der Gruppe der hoch Qualifizierten zugenom-men. Beides wirkt ungleichheitsfördernd. Auswirkungen auf den oberen Bereich der Lohnverteilung.

Der Exporteur-Lohnstruktureffekt wirkt ungleichheitsfördernd in der zweiten Teilperiode (2003–2010).

Quelle: Eigene Darstellung.

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42

Internationaler Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

7 Internationaler Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

Den Zusammenhang zwischen internationalem Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

analysieren wir mithilfe von Offenheitsmaßen für die Import- bzw. Exportaktivität eines Wirt-

schaftszweiges.Wirverwenden indieserAnalysedieStandardabweichungder logarithmierten

BruttolöhnealsUngleichheitsmaß.

DieExportoffenheiteinesSektorsmessenwirmitdemAnteilderexportiertenWertschöpfungan

derGesamtwertschöpfungdesjeweiligenSektors.DieshateinenentscheidendenVorteilgegen-

überanderenOffenheitsmaßen,dahierbeiauchindirekteExporteberücksichtigtwerden.Diese

entstehen,wennSektoren,dieselbstnichtoderwenigexportieren,Vorleistungenanandere,ex-

portstärkereSektoren liefern.Außerdemwerden indemverwendetenMaß importierteVorleis-

tungenherausgerechnet,dadiesekeineheimischeWertschöpfungdarstellen.DasMaßmisstden

AnteildersektoralenWertschöpfung,derimAuslandabsorbiert(konsumiert,investiert)wird.Zu-

sätzlichverwendenwireinanalogesMaßderImportoffenheit,dasdieimInlandabsorbierteaus-

ländischeWertschöpfungalsAnteilderinländischensektoralenNachfrageausdrückt.39

DieOffenheitsmaßewurdenaufGrundlagederWelt–Input-OutputDaten(WIOD)40berechnetund

fürunsereAnalysemitdenaggregiertenUngleichheitsmaßenausdemSIABDatensatzzusam-

mengespielt.AusdieserVerknüpfungergebensichInformationenfürinsgesamt34Sektoren(15

SektorendesProduzierendenGewerbes,17Dienstleistungssektoren,einAgrarsektor,einSektor

fürBergbau)übereinenZeitraumvon1998bis2010,sodassunsletztendlich432Beobachtungen

vorliegen.Abbildung18zeigtdieDaten.

FürunsereAnalysebetrachtenwireineinfachesRegressionsmodell.Dabeibestehtdiezentrale

Herausforderungdarin,denWirkungskanalvonOffenheitvomEinflussanderersektoralerEigen-

schaftenzuunterscheiden.InunseremRegressionsmodellberücksichtigenwirdahernebenden

interessierendenVariablenfolgendeKontrollvariablen:einvollständigesSetanIndustrie-Indika-

toren (um konstante Heterogenität zwischen Sektoren herauszurechnen), ein vollständiges Set

an Jahres-Indikatoren (um den makroökonomischen Konjunkturverlauf abzubilden) sowie line-

areundquadratischesektorspezifischeZeittrends.DiesesDesignsolldabeihelfen,dassdieKor-

relationzwischenOffenheitundUngleichheitnichtvonanderenFaktorenalsvondenbeidenin-

teressierendenVariablengetriebenwird.LeidersindkeineaggregiertenDatenzurEntwicklung

derTarifbindungaufsektoralerEbeneverfügbar,sodasswirinunsererAnalysenichtdirektdafür

kontrollierenkönnen.41Jedochistanzunehmen,dassderGroßteilderVeränderunginderTarifbin-

dungdurchdieBerücksichtigungderJahresindikatorensowiederZeittrendsaufgefangenwird.

39 DieverwendeteMethodiksowiediezugrundeliegendenDatenwerdeninAicheleetal.(2013)vorgestellt.AlleverwendetenOffenheitsmaßewurdenzudemimRahmenvonAicheleundHeiland(2014)berechnetundunszurVerfügunggestellt.

40 FürDetailssiehewww.wiod.org/new_site/home.htm.

41 AusdenLIAB-DatenlassensichdieverfügbarenInformationenzurTarifbindunglediglichaufeineandere,sehrgrobeBranchen-klassifizierungaggregieren,dieandieserStellenichthilfreichist.

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43

Internationaler Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

Abbildung 18: Ungleichheit und Offenheit über die Zeit auf Sektorebene

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des LIAB.

Ungleichheit (Standardabweichung der logarithmierten Reallöhne), rechte Achse Exportanteil (in Prozent), linke Achse

Agrar & Fischerei Bergbau

Ernährung & Tabak

Büromaschinen u. a.

20102006200219980,00,20,40,60,8

2010200620021998

Bau

2010200620021998

Textil & Bekleidung

0255075100

2010200620021998

20102006200219980,00,20,40,60,8

Chemie Einzelhandel Energie & Wasser

GesundheitswesenErziehung Fahrzeugbau Gastgewerbe

Holz

Glas u. a. Großhandel Grundstückswesen

Kokerei

Metall

Maschinenbau

Möbel & Recycling

Kfz-Handel

Luftfahrt

Verkehrsvermittlung

Nachrichtenübermittlung

Kredit & Versicherungen

LederLandverkehr

Papier & Druck

Schifffahrt

Sonstige Dienstleistungen Öffentliche Verwaltung

Vermietung u. a.

Gummi & Kunststoff

0255075100

2010200620021998

2010200620021998

2010200620021998

20102006200219980,00,20,40,60,8

0255075100

2010200620021998

2010200620021998

20102006200219980,00,20,40,60,8

0255075100

201020062002199820102006200219980,00,20,40,60,8

20102006200219980,00,20,40,60,8

0255075100

2010200620021998

2010200620021998

2010200620021998

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2010200620021998

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2010200620021998

2010200620021998

0255075100

2010200620021998

20102006200219980,00,20,40,60,8

0255075100 Exportanteil

20102006200219980,00,20,40,60,8 Ungleichheit

2010200620021998

20102006200219980,00,20,40,60,8

2010200620021998

0255075100

201020062002199820102006200219980,00,20,40,60,8

0255075100

2010200620021998

2010200620021998

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0255075100

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44

Internationaler Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

Tabelle6zeigtdieErgebnisseunsererRegressionsanalyse.DasjeweilsausgewieseneR2(derAn-

teilderVarianzderUngleichheit,dervonunseremModellerklärtwird),liegtinallenSpezifika-

tionenbeirund95Prozent.Dieszeigt,dassunsereSpezifikationwenigPlatzfürVerzerrungen

zulässt,diedurchnichtmodellierteDeterminantenderUngleichheitverursachtwerdenkönnten.

GleichwohlsolltendieinderTabellegezeigtenEffektenichtkausalinterpretiertwerden,dennes

istdenkbar,dasseinezufälligeErhöhungderUngleichheitzueinerZunahmederExportquote

führt(umgekehrteKausalität).

Spalte(1)zeigtdieErgebnissederBasisspezifikation.HierwirddieStandardabweichungderlo-

garithmiertenReallöhne,nebendenerwähntenKontrollvariablen,aufdieExportoffenheitregres-

siert.DabeibetrachtenwiralleSektoren.DerEffektvon0.067iststatistischsignifikantaufdem

Fünf-Prozent-Niveau.Wie ist er zu interpretieren? ImDurchschnitt über alle hier betrachteten

Sektorenistvon1998bis2010dieLohndispersionvon0.42auf0.48um0.06Log-Punkteange-

stiegen.DerExportanteilistum13Prozentpunktevon31auf44Prozentangestiegen.DasModell

suggeriert,dassderAnstiegderExportoffenheitdieUngleichheitum0.00871Log-Punktehätte

ansteigenlassen(0.067*0.13).Dasentsprichtetwa15ProzentdesbeobachtetenGesamtanstiegs

derUngleichheit(0.00871/0.06).DieZunahmederExportaktivitätenistalsomiteinerSteigerung

derUngleichheitassoziiert;dergemesseneErklärungsbeitragbeträgtjedochnur15Prozentdes

gemessenenAnstiegsderUngleichheit.WenndiedurchschnittlicheExportoffenheitumweitere

10Prozentpunktezulegenwürde,dannsuggeriertdieSchätzungeinAnsteigenderUngleichheit

um0.0067Log-Punkte.Siewürdedannalsovonetwasüber0.48auf0.49steigen;dasisteine

Tabelle 6: Ungleichheit und Offenheit auf Sektorebene

Alle Sektoren nur PG nur DL

(1) (2) (3) (4) (5) (6)

Export-Offenheit 0.067** 0.089* 0.084*** 0.115*** 0.085** 0.001

(0.030) (0.050) (0.017) (0.036) (0.034) (0.102)

Export-Offenheit, 2 –0.02 –0.029

(0.03) (0.031)

Import-Offenheit –0.050 –0.138

(0.064) (0.194)

Import-Offenheit, 2 0.082

(0.127)

R2 0,9489 0,9489 0,9495 0,9499 0,9547 0,9512

Root MSE 0,0062 0,0062 0,0062 0,0061 0,0051 0,0068

F-Test(P-Wert)

0,0264 0,0298 0,1563 0,1055 0,0399 0,0000

Anzahl Industrien 34 34 34 34 15 17

Quelle: Eigene Berechnungen. Alle Regressionen berücksichtigen Sektor-Dummies, Jahr-Dummies sowie lineare und quadra-tische sektorspezifische Zeittrends. Standardfehler sind auf Industrieebene angepasst. Anzahl der Jahre 13. PG: Produzieren-des Gewerbe, DL: Dienstleistungen. ***, ** und * statistisch signifikant auf dem Ein-,Fünf- oder Zehn-Prozent-Niveau.

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45

Internationaler Handel und Ungleichheit auf sektoraler Ebene

Zunahmevonetwa1,5Prozent.DieseExtrapolationistjedochnurdanngerechtfertigt,wennder

Zusammenhang zwischen Exportoffenheit und Lohnungleichheit linear verläuft. Dies muss je-

dochnicht der Fall seinundwird inVariationen des Basismodells überprüft, die in denSpal-

ten(2)bis(4)dargestelltsind.HierwerdenzusätzlichderquadrierteExportanteilsowieeinfache

undquadrierteImportanteileinderRegressionberücksichtigt.Eszeigtsich,dassdieBedeutung

derExportefürdieUngleichheitunbenommenbleibt(ernimmtsogarleichtzu),währendderIm-

portanteilkeinemessbarenEffekteaufdieUngleichheithat(alleKoeffizientensindstatistischinsi-

gnifikant).DiequadrierteExportoffenheitistebenfallsstatistischbedeutungslos,weistabereinen

negativenKoeffizientenauf.Diesistinteressant,denntheoretischeArbeiten(Helpmanetal.,2010;

Felbermayretal.,2014)postulieren,dassdieUngleichheitmiteinemAnstiegderExportanteilezu-

nächstzunimmt,nachÜberschreiteneinesMaximumsjedochwiederabnimmt.

Die Spalten (5) und (6) zeigen Ergebnisse der jeweiligen Analyse getrennt nach Sektoren des

Produzierenden Gewerbes (PG) und des Dienstleistungsbereichs (DL). Es zeigt sich, dass eine

Zunahme der Offenheit nur im Produzierenden Gewerbe mit einer höheren Lohnungleichheit

verbundenist.WirdanstellederExportoffenheitdieImportoffenheitverwendet,bleibtdasBilder-

halten.42AuchdieHinzunahmequadratischerTermeändertnichts.

ZusammenfassendzeigtunsereAnalyse:AufSektorebenelässtsicheinZusammenhangzwischen

OffenheitundLohnungleichheitetablieren.ÜberdenZeitraumvon1998bis2010kanndieZu-

nahmederOffenheitetwa15ProzentdesgemessenenAnstiegsderLohnungleichheiterklären

undistdamitnichtzuvernachlässigen.ImEinklangmitunserenErgebnissenausTeil6ergibt

sichallerdingsauchhierdasBild,dassderEinflussdesinternationalenHandelsaufdenAnstieg

derLohnungleichheitrelativzuanderenFaktorenehervonmoderaterBedeutungist.

42 DiebeidenOffenheitsmaßesindhochkorreliert.DerKorrelationskoeffizientbeträgt83ProzentimProduzierendenGewerbeund95ProzentimDienstleistungsbereich.

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46

Wirtschaftspolitische Implikationen

8 Wirtschaftspolitische Implikationen

DieBruttolohnungleichheitinDeutschlandistindenletztenJahrzehntenstarkangestiegen,dabei

istvorallemabMitteder1990erJahreeineneueDynamikzuerkennen.

UnseredetaillierteZerlegungsanalysehatgezeigt,dasseinGroßteildiesesAnstiegsmitVerän-

derungeninderTarifbindunginDeutschlandzusammenhängt:Rund43ProzentdesGesamtan-

stiegsderLohnungleichheitsindmitdemRückgangderTarifbindungkorreliert.Besondersbetrof-

fenvondiesenEntwicklungensindArbeitnehmerimunterenBereichderLohnverteilung,indem

KollektivlöhneihrestärksteBindungskraftzeigen.

DerEinflussdesinternationalenHandelsaufdieEntwicklungderLohnungleichheitistdagegen

deutlichmoderater.UnserenErgebnissendersektoralenAnalysefolgendsindüberdenZeitraum

von1998bis2010etwa15ProzentdesgemessenenAnstiegsderLohnungleichheitmitderZu-

nahme der Offenheit eines Sektors in Verbindung zu bringen. Dieser Beitrag ist nicht zu ver-

nachlässigen,imVerhältniszumEinflussandererErklärungsfaktorenabervonuntergeordneter

Bedeutung.AuchinunsererZerlegungsanalysekönnenwirüberdieVeränderungderExporteur-

LohnprämieinsgesamtnureinensehreingeschränktenWirkungskanaldesinternationalenEnga-

gementsvonBetriebenaufdieEntwicklungderLohnungleichheitidentifizieren.Wobeijedochin

derjüngstenZeitperiodedieserEinflussansteigt.

DochauchwennderermitteltedirekteEffektdesinternationalenHandelsaufdieDynamikder

Ungleichheit moderat ausfällt, so ist es denkbar, dass die verstärkte internationale Integration

überWechselbeziehungenmitdemveränderteninstitutionellenUmfeldeineindirekteRelevanz

fürdieEntwicklungderUngleichheithat.Soistesdurchausplausibel,dassderRückgangkollek-

tiverLohnverhandlungsformenunddievermehrteInanspruchnahmevonÖffnungsklauselnund

anderenLohnflexibilisierungsmaßnahmenaufFirmenebenemitdemProzessderzunehmenden

internationalenVerflechtunginGanggebrachtwurden.

UnsereAnalysezeigtaußerdem,dassVerschiebungeninderStrukturderArbeitnehmerhinzu

höherenBildungs-undAltersgruppenrelevantfürdenAnstiegderLohnungleichheitsindundmit

rund30ProzentdesGesamtanstiegsassoziiertwerdenkönnen.Diesistdaraufzurückzuführen,

dasshöhereQualifikationsgruppentraditionelleinehöhereLohndispersionaufweisen.Darüber

hinauszeigenunsereErgebnisseeineVeränderunginderEntlohnungsstrukturfürhochqualifi-

ziertBeschäftigte,dieebenfallsungleichheitsförderndgewirkthat.

Die Ergebnisse unsererVarianzanalyse zeigen allerdings auch, dass der Großteil des Anstiegs

derLohnungleichheitnichtzwischen,sonderninnerhalbvonQualifikationsgruppenstattgefunden

hat.Dasmagdaraufhindeuten,dassnebenanderenFaktorenauchzumTeilnichtindenDatener-

sichtliche,„weichere“Qualifikationsformen(z.B.berufspraktischeErfahrung,Arbeitseinstellung

etc.)anBedeutunggewonnenhaben.

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47

Wirtschaftspolitische Implikationen

AlsweiteremöglicheTreiberderLohnungleichheitverbleibenandereAspektedersichverändernden

institutionellenLandschaft(z.B.Hartz-Gesetze)undandereFormenderGlobalisierung(internationale

Migration,ausländischeDirektinvestitionen),diewirindiesemBerichtnichtbetrachtethaben.

FürdieWirtschaftspolitik isteswichtig,unsereErgebnisserichtigeinzuordnen.Wirhabendie

LohnungleichheitunterdenabhängigBeschäftigteninDeutschlanduntersuchtundfestgestellt,

dassdiesedeutlichzugenommenhat.Dabeikonntenwirzeigen,dassvorallemVeränderungen

inderTarifbindungfürdieseEntwicklungeineentscheidendeRollegespielthaben.Daraussollte

dieWirtschaftspolitikallerdingsnichtdenvorschnellenSchlussziehen,dasszurSenkungderUn-

gleichheitnuneineStärkungderTarifbindunganzustrebensei.VielmehrmussindiesemZusam-

menhangberücksichtigtwerden,dassnebendemAnstiegderLohnungleichheitaucheinAnstieg

inderZahlderabhängigBeschäftigtenüberdenbetrachtetenZeitraumzuverzeichnenist.Esist

plausibel,dassdiebeidenPhänomenezusammenhängen:DieUngleichheitunterdenBeschäftig-

tensteigt,wennvorallemsolcheArbeitnehmerneuinBeschäftigungkommen,dieeingeringes

Einkommenerzielen.MandenkeanArbeitnehmer,dieheuteabhängigbeschäftigtsindundein

Einkommen(wennaucheinniedriges)erzielen,davorjedochohnesozialversicherungspflichtiges

EinkommenwarenunddamitnichtinunsererStatistikverzeichnetsind.WennmandieBeschäf-

tigungsmöglichkeitensolcherPersoneneinschränkt,beispielsweisedurcheinezurigideLohnset-

zung,wirdmandiegemesseneLohnungleichheitreduzieren.DieGesamteinkommensungleich-

heitkönnteabersogarsteigen,wenndiesePersonenkeinLohneinkommenmehrerzielten.

ZentralewirtschaftspolitischeSchlussfolgerungausunsererArbeitsolltedahersein,dassmandie

HerausforderungderzunehmendenUngleichverteilungderBruttolöhnemithilfeverteilungspoli-

tischerInstrumentezulösenversucht.Dabeigiltes,eineBalancezwischenverteilungs-undbe-

schäftigungspolitischenZielenanzustreben.

IndiesemZusammenhangseiabschließendnochangemerkt,dassdieFrage,welchesMaßanUn-

gleichheitinnerhalbeinerVolkswirtschaftalswünschenswertanzusehenist,keineökonomische,

sonderneinegesellschaftspolitischeFrageist.IhreBeantwortunghängtnichtzuletztvomRefe-

renzmaßstabab.BeispielsweisezeigeninternationaleVergleichsstudien(sieheOECD2011),dass

dieUngleichheitinDeutschlandzwarangestiegen,iminternationalenVergleichabernochimmer

moderatist.43

43 In der Studie der OECD wird allerdings die Ungleichheit auf Grundlage des verfügbaren Einkommens analysiert, das heißt,Steuer-undTransferzahlungensindschonberücksichtigt.

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48

Datenquellen

Datenquellen

SIAB

DieStichprobeder IntegriertenArbeitsmarktbiografien (SIAB) isteineZwei-Prozent-Stichprobe

ausderGrundgesamtheitallerPersonen,dieimZeitraum1975bis2010inDeutschlandsozialver-

sicherungspflichtigbeschäftigtwaren,LeistungenausdenRechtskreisenSGBIII(erfasstab1975)

undSGBII(erfasstab2005)bezogenhaben,beiderBundesagenturfürArbeitalsarbeitssuchend

gemeldet waren oder an arbeitsmarktpolitischenMaßnahmen teilgenommen haben (erfasst ab

2000).NichterfasstsindZivildienstleistende,BeamteundSelbstständige.ImJahr2010werden

695.593Personenbeobachtet.InformationenzuGesamtdeutschlandliegenoffiziellab1991vor,

werdenhierjedocherstab1992verwendet(vgl.RiphahnundSchnitzlein2011).DieSIABgreift

aufverschiedeneDatenquellenzurück.EineausführlicheBeschreibungfindetsichbeiVomBerge

etal.(2013).

Für unsere Analyse sind die Beschäftigungsinformationen von Interesse. Jeder Arbeitgeber ist

dazuverpflichtet,proJahrfürjedenseinerBeschäftigtendiegenaueDauerdesArbeitsverhältnis-

sesunddiegesamteEntlohnunganzugeben.DiegesamteEntlohnungistdabeiinHöhederBei-

tragsbemessungsgrenzezensiert.EsexistierenallerdingsetablierteMethoden,umdenLohnauch

indiesenFällenhinreichendgenauanzunähern,siehedazuDustmannetal.2009undCardetal.

2013.NebenderInformationzuBeschäftigungsdauerundEntlohnungsindweitereInformationen

wiebeispielsweiseeineBetriebsidentifikationsnummer,derBildungsgraddesBeschäftigtenund

dessenBerufvorhanden.

WirkonzentrierenunsbeiunsererAnalyseaufVollzeitbeschäftigteimAltervon18bis65Jahrenfür

dieJahre1985bis2010miteinemTagesentgeltvonmindestenszehnEuro.DerFokusaufVoll-

zeitbeschäftigteliegtdarinbegründet,dasskeineInformationenzuArbeitsstundenvorliegenund

sichderArbeitsumfangTeilzeitbeschäftigtererheblichunterscheidenkann.MarginaleBeschäfti-

gungsverhältnisseundgeringfügigBeschäftigteschließenwiraußerdemausunsererAnalyseaus.

InformationenüberdieseArbeitsverhältnisseliegenerstab1999vorunderlaubendaherkeine

zeitkonsistenteBetrachtung.DieSelektionderStichprobeorientiertsichanCardetal.2013und

Baumgarten2013.

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49

Datenquellen

LIAB

DieLinked-Employer-Employee-DatendesIAB(LIAB)ermöglichendiesimultaneAnalysederAn-

gebots-undNachfrageseitedesArbeitsmarktes,dasheißt,derBetriebeundderBeschäftigten.

HierzuwirdeineVerbindungzwischendenDatendesIAB-BetriebspanelsunddenPersonendaten

desIABhergestellt.Diesistmöglich,weilinbeidenDatensätzendieselbenBetriebsidentifikations-

nummernverwendetwerden.BeimIAB-Betriebspanelhandeltessichumeinejährliche,reprä-

sentativeBetriebsbefragung.Bellmann2002gibteineallgemeineEinführungindenDatensatz.

Seit1993werdenBetriebe indenaltenBundesländernbefragt,seit1996auchBetriebe inden

neuenBundesländern.ImJahr2010nahmen16.296BetriebeanderBefragungteil.Siestellen

einenachBranche,BetriebsgrößeundBundeslandgeschichteteZufallsstichprobedarundkön-

nensomitunterVerwendungderzurVerfügunggestelltenHochrechnungsfaktorenalsrepräsen-

tativfürdieGrundgesamtheitangesehenwerden.DieseGrundgesamtheitbestehtausallenBetrie-

ben,dieam30.JunidesVorjahresmindestenseinensozialversicherungspflichtigenBeschäftigten

hatten.DiePersonendatenspeisensichausdenselbenDatenquellenwiedieSIAB.Entspre-

chenderfolgtdieAufbereitungdesDatensatzesentlangdergleichenKriterienwiedieAufbe-

reitungderSIAB.

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53

Anhang

Anhang

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrundeliegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18–65 Jahren getrennt nach Branche.

Land- & Forstwirtschaft, Fischerei BergbauErnährung & Tabak Textil & Bekleidung

Leder

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrundeliegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18–65 Jahren getrennt nach Branche. Gezeigt wird die Standardabweichung der logarithmierten Reallöhne je Branche.

Glas u. a. MetallMaschinenbau Büromaschinen u. a.

Fahrzeugbau

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrundeliegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18–65 Jahren getrennt nach Branche.

Einzelhandel GastgewerbeLandverkehr Schifffahrt

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

Luftfahrt

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54

Anhang

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrundeliegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18–65 Jahren getrennt nach Branche.

Möbel & Recycling Energie & WasserBau Kfz-Handel

Großhandel

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrundeliegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18–65 Jahren getrennt nach Branche.

Holz Papier & DruckKokerei Chemie

Gummi & Kunststoff

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

Abbildung A 1: Ungleichheit pro Branche

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des SIAB. Das zugrunde liegende Sample umfasst vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren getrennt nach Branche. Gezeigt wird die Standardabweichung der logarithmierten Reallöhne je Branche.

Verkehrsvermittlung NachrichtenübermittlungKredit & Versicherungen Grundstückswesen

Vermietung u. a.

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

2010200920082007200620052004200320022001200019991998

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55

Anhang

Tabelle A1: Ergebnisse der Zerlegungsanalyse 1996–20101996–2010

Lohndifferenzial 85-15 50-15 85-50 Messbare Veränderung 13,49*** 10,15*** 3,34

(2.17) (1.23) (2.03)KompositionseffekteExportstatus –0.40 –0,36 –0,04

(0.26) (0.23) (0.31)Tarifbindung 5,77*** 4,98*** 0,79

(1.86) (1.64) (0.61)Technologie –0,04 –0,03 –0,01

(0.08) (0.06) (0.04)Beruf 1,26 1,16 0.10

(1.24) (0.71) (0.88)Bildung 1,33*** 0.70*** 0,63*

(0.44) (0.21) (0.35)Alter 2,75*** 0,83*** 1,92***

(0.48) (0.17) (0.39)Sektor –0,08 –0,33 0,25

(0.38) (0.29) (0.24)Gesamteffekt 10,59*** 6,95*** 3,64***

(2.85) (2.05) (1.29)LohnstruktureffekteExportstatus 1,79 3,87 –2,09

(6.07) (4.89) (3.07)Tarifbindung 10,96** 10,46** 0,49

(3.95) (3.73) (1.62)Technologie –1,28 –2.10 0,82

(2.8) (2.22) (1.41)Beruf –3,45 –4,93 1,48

(14.75) (14.34) (4.69)Bildung 4,65*** 1,96 2,7***

(1.58) (1.17) (0.84)Alter –5,47* –5,03** –0,44

(2.93) (2.2) (1.65)Sektor –1,52 –1,72 0.20

(16.84) (9.36) (10.6)Konstante –5,78 –2.20 –3,58

(23.18) (16.35) (10.82)Gesamteffekt –0.10 0,31 –0,41

(2.39) (2.28) (0.97)Gewichtungsfehler –0,04 –0,12 0,08

(0.71) (0.57) (0.47)Spezifikationsfehler 3,04* 3,01** 0,03

(1.47) (1.25) (0.87)

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56

Anhang

Tabelle A2: Ergebnisse der Zerlegungsanalyse 1996–20101996–2003 2003–2010

Lohndifferenzial 85-15 85-15 Messbare Veränderung 5,68*** 7,82***

(1.72) (1.66)KompositionseffekteExporteur –0,24 –0,52

(0.17) (0.35)Tarifbindung 3,17*** 2.30***

(0.82) (0.67)Technologie 0,16 0,18

(0.26) (0.28)Beruf 0,61 0,63

(0.62) (0.98)Bildung 0,42** 0,95***

(0.19) (0.31)Alter 1,43*** 1,23***

(0.33) (0.17)Sektor 0,11 –0,41

(0.30) (0.44)Gesamteffekt 5,67*** 4,35***

(1.66) (1.34)LohnstruktureffekteExporteur –3,96 4,58**

(3.8) (2.06)Tarifbindung 12,18** –1,51

(4.65) (3.2)Technologie –1,39 –0,84

(2.29) (1.89)Beruf –4,87 4,89

(12.67) (7.88)Bildung 1.90** 1,69**

(0.78) (0.80)Alter –0,84 –3,36

(1.46) (2.43)Sektor –1,88 –0,77

(15.02) (16.49)Konstante –1,83 –0,88

(22.01) (19.87)Gesamteffekt –0,68 3.80**

(1.28) (1.55)Gewichtungsfehler –0,29 –0,03

(0.34) (0.20)Spezifikationsfehler 0,98 –0,31

(0.72) (0.60)

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57

Global Economic Dynamics (GED)

Über die Autoren

Prof. Gabriel J. Felbermayr, Ph. D., LeiterdesForschungszentrumsAußenwirtschaft,ifoInstitut

–LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen

Prof.Dr.DanielBaumgarten,JuniorprofessorfürAußenhandelanderLudwig-Maximilians-Uni-

versitätMünchen

SybilleLehwald, WissenschaftlicheMitarbeiterinamZentrumfürAußenwirtschaft,ifoInstitut–

LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen

Über das Projekt Global Economic Dynamics (GED)

DasProjektGlobalEconomicDynamics(GED)derBertelsmannStiftungsollzueinembesseren

Verständnis der wachsenden Komplexität globaler Wirtschaftsentwicklungen beitragen. Durch

den Einsatz modernster Werkzeuge und Methoden zur Messung, Vorhersage und Darstellung

weltwirtschaftlicherDynamikenzieltdasProjektdaraufab,Globalisierung, ihreökonomischen

EffekteundihrepolitischenKonsequenzentransparenterundfassbarerzumachen.

KontaktBertelsmannStiftung

GED-Team

ProgrammNachhaltigWirtschaften

Carl-Bertelsmann-Straße256

D-33311Gütersloh

Telefon +49524181-81353

Fax +49524181-681353

[email protected]

GED-Team

LeitungAndreasEsche

DirectorNachhaltigWirtschaften

Telefon +49524181-81333

Fax +49524181-681333

[email protected]

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58

Global Economic Dynamics (GED)

ProjektmitarbeiterDr.JanArpe

ProjectManager

Telefon +49524181-81157

Fax +49524181-681157

[email protected]

SamuelGeorge

ProjectManager

Telefon +49524181-81661

Fax +1202384-1984

[email protected]

Dr.ThießPetersen

SeniorExpert

Telefon +49524181-81218

Fax +49524181-681218

[email protected]

Dr.UlrichSchoof

ProjectManager

Telefon +49524181-81384

Fax +49524181-681384

[email protected]

Kooperationspartner

ifoInstitut–LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen

Poschingerstraße5

81679München

AnsprechpartnerProf.GabrielJ.Felbermayr,PhD

Telefon +498992241428|[email protected]|www.cesifo-group.de/felbermayr-g

Prof.Dr.DanielBaumgarten

Telefon +498921803104|[email protected]|www.trade.vwl.uni-muenchen.de/

daniel-baumgarten/index.html

SybilleLehwald

Telefon +498992241250|[email protected]|www.cesifo-group.de/lehwald-s

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59

Impressum

Impressum

©2014BertelsmannStiftung

BertelsmannStiftung

Carl-Bertelsmann-Straße256

33311Gütersloh

www.bertelsmann-stiftung.de

Verantwortlich

Dr.UlrichSchoof

Lektorat

SibylleReiter

Gestaltung

NicoleMeyerholz,Bielefeld

Bildnachweis

GlobalSectionGraphics,Berlin

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www.bertelsmann-stiftung.de

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Bertelsmann Stiftung

Carl-Bertelsmann-Straße 256

33311 Gütersloh

GED-Team

Programm Nachhaltig Wirtschaften

Telefon +49 5241 81-81353

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