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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 7 395 DOI: 10.1002 / bate.201300017 AUFSATZ ARTICLE Andreas Kaufmann, Klaus Sedlbauer, Mike Sieder* AUFSATZ Wärmetechnische Besonderheiten von Membrankissenkonstruktionen 1 Ausgangssituation – Stand von Wissenschaft und Technik Pneumatisch stabilisierte Membran-Hüllkonstruktionen gelten aktuell noch nicht als technischer Standard, ob- wohl schon seit fast zwei Jahrzehnten zunehmend mehr Gebäude in dieser Weise errichtet werden. Trotzdem exis- tieren keine speziellen Normen oder Prüfvorschriften, mit denen die bauphysikalischen Funktionen überprüft oder nachgewiesen werden können. Damit fehlen auch objek- tiv nachprüfbare Kenngrößen für eine nachvollziehbare Beurteilung dieser Konstruktionen – insbesondere was das wärmetechnische Verhalten angeht. Die in Ausschrei- bungsunterlagen zitierten Normen werden aus verschiede- nen internationalen Regelwerken für herkömmliche Bauweisen, wie beispielsweise dem konstruktiven Glas- Membrankonstruktionen werden in der modernen Architektur zunehmend als Dach- und Fassadenkonstruktion eingesetzt. Besonders ETFE-Folien (Ethylen-Tetrafluorethylen) eignen sich aufgrund ihrer hohen Transparenz und ihres geringen Gewichts als Substitut für Glas, wenn es darum geht, große Flächen frei- tragend und transparent zu überspannen. Gerade in jüngerer Zeit werden durch prestigeträchtige Bau- ten, wie die Allianz-Arena in München (Bild 1), Membranen auch in der Öffentlichkeit vermehrt als eigenständiger Baustoff wahrgenommen, mit dem sich vollständige Gebäudefassaden realisieren lassen. Neben offenen Anlagen, wie Fußball-Are- nen, werden aber auch zunehmend geschlossene Gebäude mit Membrankissen-Hüllen realisiert. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der sogenannte „Water Cube“ – das National Aquatics Cen- ter in Peking, das anlässlich der Olympischen Spiele 2008 er- richtet wurde. Der steigende Markterfolg ist vor allem dem neuartigen und optisch ansprechenden Charakter sowie dem geringen Gewicht solcher Konstruktionen zuzuschreiben. Bei allen Vorteilen, die der konstruktive Membranbau mit trans- parenten Folienkissen bietet, sind noch zahlreiche bauphysika- lische Fragen ungeklärt. Insbesondere für eine fundierte und gesicherte wärmetechnische Beurteilung fehlen bislang ange- passte Bemessungsverfahren und normative Festlegungen, die den Besonderheiten von Membrankonstruktionen Rechnung tragen. Für die geforderten Nachweise werden deshalb meist Prüfverfahren und Vorschriften aus anderen Baubereichen he- rangezogen, die oft nicht oder nicht ausreichend dafür geeig- net sind. Keywords Membrankissen; Membranbau; ETFE; Leichtbau Thermo-technical characteristics of membrane cushion constructions Membrane structures are increasingly used in modern archi- tecture as a roof and facade construction. Especially ETFE foils (ethylene-tetrafluoroethylene) are suitable as a substitute for glass to span large areas due to their high transparency and low weight. Particularly in recent times, due to prestigious buildings, such as the Allianz-Arena in Munich (Fig. 1), membranes are increas- ingly perceived as a separate building material to realize full building facades. Apart from open buildings, such as football stadiums, more and more closed buildings are realized with membrane cushion covers. A well-known example is the so- called “Water Cube” – the National Aquatics Center in Peking, which was built for the 2008 Olympic Games. The increasing market success can be attributed mainly to the novel and visu- ally appealing character and the light weight of such construc- tions. In spite of all the benefits that such membrane constructions provides, numerous building physical questions remain still unanswered. Especially for a basic and reliable heat-technical assessment adapted design methods and standards are miss- ing, which take the specific characteristics of membrane struc- tures into account. For required proof tests therefore proce- dures and standards are used from other construction areas, which are often not suitable or not sufficient for it. Keywords membrane; membrane structures; ETFE; lightweight constructions *) Corresponding author: [email protected] Submitted for review: 18 February 2013 Revised: 15 May 2013 Accepted for publication: 05 June 2013 Bild 1 Membrankissen-Fassade der Allianz-Arena, München Facade of Allianz-Arena Munich with pneumatic cushions

Wärmetechnische Besonderheiten von Membrankissenkonstruktionen

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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 7 395

DOI: 10.1002 / bate.201300017

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FSATZ ARTICLE

Andreas Kaufmann, Klaus Sedlbauer, Mike Sieder* AUFSATZ

Wärmetechnische Besonderheiten vonMembrankissenkonstruktionen

1 Ausgangssituation – Stand von Wissenschaft undTechnik

Pneumatisch stabilisierte Membran-Hüllkonstruktionengelten aktuell noch nicht als technischer Standard, ob-wohl schon seit fast zwei Jahrzehnten zunehmend mehrGebäude in dieser Weise errichtet werden. Trotzdem exis-tieren keine speziellen Normen oder Prüfvorschriften, mitdenen die bauphysikalischen Funktionen überprüft odernachgewiesen werden können. Damit fehlen auch objek-tiv nachprüfbare Kenngrößen für eine nachvollziehbareBeurteilung dieser Konstruktionen – insbesondere was

das wärmetechnische Verhalten angeht. Die in Ausschrei-bungsunterlagen zitierten Normen werden aus verschiede-nen internationalen Regelwerken für herkömmlicheBauweisen, wie beispielsweise dem konstruktiven Glas-

Membrankonstruktionen werden in der modernen Architekturzunehmend als Dach- und Fassadenkonstruktion eingesetzt.Besonders ETFE-Folien (Ethylen-Tetrafluorethylen) eignen sichaufgrund ihrer hohen Transparenz und ihres geringen Gewichtsals Substitut für Glas, wenn es darum geht, große Flächen frei-tragend und transparent zu überspannen.Gerade in jüngerer Zeit werden durch prestigeträchtige Bau-ten, wie die Allianz-Arena in München (Bild 1), Membranenauch in der Öffentlichkeit vermehrt als eigenständiger Baustoffwahrgenommen, mit dem sich vollständige Gebäudefassadenrealisieren lassen. Neben offenen Anlagen, wie Fußball-Are-nen, werden aber auch zunehmend geschlossene Gebäude mitMembrankissen-Hüllen realisiert. Ein bekanntes Beispiel dafürist der sogenannte „Water Cube“ – das National Aquatics Cen-ter in Peking, das anlässlich der Olympischen Spiele 2008 er-richtet wurde. Der steigende Markterfolg ist vor allem demneuartigen und optisch ansprechenden Charakter sowie demgeringen Gewicht solcher Konstruktionen zuzuschreiben.Bei allen Vorteilen, die der konstruktive Membranbau mit trans-parenten Folienkissen bietet, sind noch zahlreiche bauphysika-lische Fragen ungeklärt. Insbesondere für eine fundierte undgesicherte wärmetechnische Beurteilung fehlen bislang ange-passte Bemessungsverfahren und normative Festlegungen, dieden Besonderheiten von Membrankonstruktionen Rechnungtragen. Für die geforderten Nachweise werden deshalb meistPrüfverfahren und Vorschriften aus anderen Baubereichen he-rangezogen, die oft nicht oder nicht ausreichend dafür geeig-net sind.

Keywords Membrankissen; Membranbau; ETFE; Leichtbau

Thermo-technical characteristics of membrane cushionconstructionsMembrane structures are increasingly used in modern archi-tecture as a roof and facade construction. Especially ETFE foils(ethylene-tetrafluoroethylene) are suitable as a substitute forglass to span large areas due to their high transparency andlow weight.Particularly in recent times, due to prestigious buildings, suchas the Allianz-Arena in Munich (Fig. 1), membranes are increas-ingly perceived as a separate building material to realize fullbuilding facades. Apart from open buildings, such as footballstadiums, more and more closed buildings are realized withmembrane cushion covers. A well-known example is the so-called “Water Cube” – the National Aquatics Center in Peking,which was built for the 2008 Olympic Games. The increasingmarket success can be attributed mainly to the novel and visu-ally appealing character and the light weight of such construc-tions.In spite of all the benefits that such membrane constructionsprovides, numerous building physical questions remain stillunanswered. Especially for a basic and reliable heat-technicalassessment adapted design methods and standards are miss-ing, which take the specific characteristics of membrane struc-tures into account. For required proof tests therefore proce-dures and standards are used from other construction areas,which are often not suitable or not sufficient for it.

Keywords membrane; membrane structures; ETFE; lightweight constructions

*) Corresponding author: [email protected] for review: 18 February 2013Revised: 15 May 2013Accepted for publication: 05 June 2013

Bild 1 Membrankissen-Fassade der Allianz-Arena, MünchenFacade of Allianz-Arena Munich with pneumatic cushions

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bau, dem Fensterbau oder dem Fassadenbau, entliehen.Diese Prüfvorschriften lassen sich aber häufig gar nichtoder nur mit Einschränkung auf die Membrankissenkon-struktionen übertragen. Mitunter bestehen nicht einmaldie dafür erforderlichen Prüfstände, um z. B. derart groß-formatige Bauteile zu untersuchen. Die Konsequenz ausdieser Problematik ist, dass die Systemanbieter gezwun-gen sind, den Bauträgern alternative Prüfverfahren vorzu-schlagen, die besser zum Nachweis der geforderten Eigen-schaften geeignet sind. Auch hier besteht aber das Pro-blem, dass andere Verfahren nicht vollständigübernommen werden können und darüber hinaus wederwissenschaftlich abgesichert noch technisch dokumentiertsind. Diese grundlegende Problematik fehlender Bauvor-schriften und Prüfverfahren für diese innovative und sehrjunge Bautechnologie betrifft nicht nur Großprojekte, son-dern auch unzählige kleine Bauvorhaben, wie z. B. Über-dachungen von Atrien. Von Herstellerseite wird generellbeklagt, dass auf dieses System abgestimmte Prüfverfahrennicht verfügbar sind. Daher würden in Ausschreibungenteilweise unpassende oder unerfüllbare Anforderungen ge-stellt. Zudem lassen sie sich in ihrer Funktion nicht im ge-forderten Maße überprüfen. Sowohl Systemhersteller undderen Produktzulieferer als auch Auftraggeber habendaher einen Bedarf an wissenschaftlich fundierten Prüf-verfahren, die den Besonderheiten dieser Bauform Rech-nung tragen und so zu mehr technischer Transparenz füh-ren. Deshalb ist die Entwicklung und Dokumentationsinnvoller und reproduzierbarer Mess- und Prüfverfahrensowie die Festlegung allgemeingültiger Bauvorschrifteneine dringende Forderung. Technische und systembezoge-ne Optimierung benötigt eindeutige und reproduzierbareKennwerte. Dafür ist es allerdings auch erforderlich, dieseinnovative und von Standardkonstruktionen abweichen-de Konstruktionsart physikalisch zu verstehen.

In der Fraunhofer-Allianz Bau laufen bereits seit 2002verschiedene Forschungsprojekte zur Erarbeitung fun-dierter wissenschaftlicher Grundlagen im Bereich deskonstruktiven Membranbaus, insbesondere für Mem-brankissenkonstruktionen. Ziel der Forschung und Ent-wicklung war und ist es, Materialien und Systeme zu ver-bessern sowie Verarbeitungsverfahren zu optimieren. Ge-genüber dem Glasbau gilt es, einen fast 50-jährigenEntwicklungsvorsprung aufzuholen, um den konstrukti-ven Membranbau mittelfristig am Markt als bautechni-schen Standard zu etablieren.

In Machbarkeitsstudien ging es anfänglich darum, spe-zielle bauphysikalische Eigenschaften einzelner Mem-branmaterialien und Folien zu untersuchen. Darauf auf-bauend wurden mehrlagige Membransysteme untersucht,wobei hier ebenfalls die bauphysikalischen Eigenschafteneinzelner Schichten, aber auch die Besonderheiten imZusammenwirken als System interessierten. In den letz-ten Jahren stand die integrale Betrachtung des Gesamtge-bäudes, bezogen auf die gegenseitige Beeinflussung vonInnenraum und Membranumschließungsflächen, ausSicht der Behaglichkeit und des Raumklimas im Fokusder Forschung und Entwicklung.

Die Ergebnisse der diversen Forschungsbestrebungenhaben gezeigt, welches große Potenzial in der Entwick-lung und Optimierung des konstruktiven Membrankis-senbaus steckt. Darauf aufbauend lassen sich neue Kon-struktionen und Anwendungen entwickeln, mit denenweitere Einsatzbereiche erschlossen und bisherige An-wendungen verbessert werden können. Um jedoch einenlangfristigen Erfolg des konstruktiven Membranbaus zusichern, ist bei Gebäuden mit Membrankissen-Hülle vonBeginn der Projektplanung an eine zutreffende Behand-lung und Auslegung der Gesamtkonstruktion erforder-lich. Eine integrale Gebäudeplanung ist unerlässlich.

2 Wärmetechnisches Verhalten vonMembrankissenkonstruktionen

2.1 Bauphysikalische Einflussgrößen undBesonderheiten

Der Vorteil der Membranbauweise, nämlich das geringeGewicht, ist gleichzeitig auch ein Nachteil. Sowohl fürdie Wärmespeicherung als auch zur Verminderung derSchalltransmission steht kaum Masse im System zur Ver-fügung. Die an leichten Membransystemen außen anlie-genden klimatischen Einflüsse wirken sich deshalb we-sentlich direkter und unmittelbarer auf den Innenraumaus als im herkömmlichen Massivbau. Nachfolgend wirdder Fokus aber hauptsächlich auf die wärmetechnischenBesonderheiten von Membrankissenkonstruktionen ge-legt, weil diese in der aktuellen Diskussion um Energieef-fizienz sowohl für Bauherren als auch für Hersteller be-sonders wichtig sind.

Aufgrund der geringen Materialdicke, der geringen Spei-chermasse, der großen Zwischenräume zwischen den Fo-lienlagen und der hohen Licht- und UV-Durchlässigkeitder ETFE-Folien findet der Wärmetransport durch Mem-brankissen im Wesentlichen mittels Konvektion und Strah-lung statt. Lediglich an den Klemmprofilen ist die Wärme-leitung ausschlaggebend. Eine wärmetechnische Bemes-sung dieser ultraleichten Konstruktionen ist allerdingsschwierig. Um das wärmetechnische Verhalten von Mem-brankissenkonstruktionen besser zu verstehen, ist es erfor-derlich, deren bauphysikalische Besonderheiten näher zubetrachten, wobei in diesem Rahmen nur auf Membrankis-sen, nicht aber auf Klemmprofile eingegangen wird.

2.2 Wärmetechnische Betrachtung des Membran-Folienkissens

Die vorherrschenden Energietransportmechanismen beiMembrankissen sind sehr komplex, die einzelnen Prozes-se miteinander gekoppelt und teilweise voneinander ab-hängig. Die bisherigen Forschungsarbeiten haben gezeigt,dass der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert), der inden heute üblichen Verfahren zur Bewertung und zumNachweis des energetischen Verhaltens von Bauwerkenund Bauteilen einen wesentlichen Kennwert darstellt, bei

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diesen Konstruktionen nur bedingt als wärmetechnischeBeurteilungskenngröße herangezogen werden kann. DieBetrachtung der Energietransportmechanismen einerseitssowie der vorhandenen normativen Berechnungsverfah-ren zur wärmetechnischen Bemessung andererseits sollennachfolgend diese Problematik erläutern.

2.2.1 Übersicht der Energietransportmechanismen durchMembran-Folienkissen

Maßgeblich für den Wärmetransport durch Folienkissensind der konduktive, der konvektive und der radiativeWärmetransport, die im Wesentlichen beeinflusst werdenvon den äußeren und inneren klimatischen Bedingungensowie von Materialeigenschaften und Geometrie derKonstruktion. Bild 2 zeigt die bauphysikalischen Einfluss-größen, die sich auf den Energie- und Wärmetransportdurch ein Folienkissen auswirken.

Konduktiver Wärmetransport

Die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung beschränktsich bei Membrankissenkonstruktionen fast ausschließ-lich auf den Bereich der Klemmprofile. An den Kissenselbst tritt Wärmeleitung nur an den Folien auf. Da dieseallerdings mit 150 bis 250 μm sehr dünn sind, ist derenWärmewiderstand vernachlässigbar. Zudem haben diedünnen Folien nur eine geringe Masse und bieten so nureine geringe Wärmespeicherfähigkeit. Energieein-und -austräge wirken damit sehr unmittelbar.

Eine Wärmeleitung durch die Luftschichten fällt nurdann ins Gewicht, wenn diese absolut ruhen. Das kanndann der Fall sein, wenn es bei einem horizontal liegen-den Kissensystem einen großen Temperaturgradientenvon oben (= außen) nach unten (= innen) gibt – der In-nenraum also gekühlt ist, während außen hohe Tempera-

turen herrschen. Im umgekehrten Fall überwiegt der Wär-metransport über Konvektion.

Radiativer Wärmetransport

Nachdem sich Membrankissenkonstruktionen meistdurch ihre großen und transparenten Flächen auszeich-nen, ist der solare Energieeintrag im Hinblick auf densommerlichen Wärmeschutz wesentlich. Beim strahlungs-bedingten Wärmetransport unterscheidet man zwischendem direkten Eintrag der Sonnenenergie durch das Fo-lienkissen in den Innenraum (im visuellen Strahlungs-spektrum) und dem Strahlungsaustausch der Oberflä-chen in Form von Sekundäremission – also in Form vonlangwelliger Strahlung.

Der solare Energieeintrag durch Membrankissen ist imWesentlichen abhängig von den Transmissionseigenschaf-ten der Folienlagen, aber auch vom Einstrahlungswinkel.Bei zu flachen Auftreffwinkeln wird ein zunehmenderAnteil des Sonnenlichts direkt an der obersten Membran-lage reflektiert. Der Einfallswinkel des Sonnenlichtshängt wiederum vom Tages- und Jahresgang sowie vonder Kissengeometrie, deren Ausrichtung und Neigung ab.Für die äußere Folienlage ergibt sich so über die gesamteFläche gleichzeitig eine Vielzahl unterschiedlicher Ein-fallswinkel, wie Bild 3 zeigt [2].

Ab einem Einfallswinkel von θ < 50° nimmt der reflektier-te Strahlungsanteil stark zu. Bei lotrechtem Einfall (90°)liegt die Transmission für ETFE-Folien bei ca. 90 %. Einegenaue Berechnung des solaren Strahlungseintrags istaufgrund der Winkelabhängigkeit äußerst komplex undsetzt zudem voraus, dass die Transmissions- sowie Refle-xionsgrade der Folien spektral- und winkelabhängig er-mittelt werden. Der spektrale Transmissionsgrad der ge-samten Konstruktion errechnet sich dann aus den einzel-nen spektralen Transmissions- und Reflexionsgraden derFolien in Bezug auf die vorliegenden Einstrahlwinkel.

Konvektiver Wärmetransport

Für Folienkissen spielen der konvektive Wärmeübergangan der Außenseite der äußeren Folie und an der Raum -

Bild 2 Schematische Darstellung der Effekte im und am Folienkissen, aus [1]Charting of the effects inside and on a pneumatic cushion, from [1]

Bild 3 Mögliche Einfallswinkel an den Folien (Direktstrahlung und reflek-tierte Strahlung) [2]Potential incidence angle of radiation on foils (direct radiation andreflected radiation) [2]

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seite der inneren Folie sowie der konvektive Wärme -transport im Folienkissen eine große Rolle. Der Wärme-übergang von der Oberfläche an die Außenluft oder umgekehrt wird durch den äußeren Wärmeübergangsko-effizienten beschrieben. Dieser wird von einer Reihe äu-ßerer Faktoren beeinflusst:

– Windgeschwindigkeit, Auftreffwinkel und Strömung,– geometrische Verhältnisse und Oberflächenbeschaffen-

heit,– Einfluss der Umgebung und Witterung.

Die Wechselwirkung aller Größen ist dabei sehr komplex.In vielen Fällen dominiert jedoch der Einfluss des Windesentlang der Außenoberfläche. Windgeschwindigkeit undAnströmwinkel sind jedoch nie konstant, was eine exakteBerechnung des Wärmedurchgangs für Folienkissen er-schwert.

Numerische Untersuchungen haben ergeben, dass sichbeim horizontalen Einbau eine Vielzahl kleiner konvekti-ver Wirbel im Kissen bilden (bei einem Wärmestrom vonunten nach oben), die zu einer raschen und relativ homo-genen Temperaturverteilung im Kissen führen. Beim ver-tikalen Einbau sowie beim geneigten Kissen bildet sichdemgegenüber eine temperaturbedingte Konvektionswal-ze aus. Für den Fall, dass die Außentempe ratur höher istals die Innenraumtemperatur, stellt sich bei waagerechtenKissen eine stabile Temperaturschichtung ein. In diesemFall kommt es zu keiner Konvektion im Folienkissen,sondern zu einer ruhenden Luftschicht.

Wie die numerischen Untersuchungen noch gezeigthaben, ist die Stärke der Konvektion und damit auch dertransportierten Wärmemenge im Folienkissen neigungs-abhängig, weshalb diese bei der Bewertung der wärme-technischen Eigenschaften berücksichtigt werden sollte.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Konvektion einengroßen Einfluss auf den Wärmedurchgang durch Folien-kissen hat und insbesondere bei Wärmeverlusten aus demInnenraum die wesentliche Rolle spielt.

2.2.2 Normierte Berechnungsverfahren

Für ähnliche Bauteile, z. B. für Verglasungen und opakeBauteile, gibt es bereits für die Kenngrößen Wärmedurch-gangskoeffizient (U-Wert) und Gesamtenergiedurchlass-grad (g-Wert) Berechnungsmethoden, die normativ gere-gelt sind.

Verfahren zur Berechnung des Wärmedurchgangs sind inder Europäischen Norm DIN EN ISO 6946 [3] (für opakeBauteile) und in der Europäischen Norm DIN EN 673 [4](für Verglasungen) festgelegt. Da Folienkissen einen sehrhohen Grad an Transparenz im visuellen Strahlungsspek-trum aufweisen, ist die auftreffende Strahlung auf dasBauteil am Energietransport durch das Bauteil beteiligt.Bewertet wird dieser Energietransport durch den Ge-

samtenergiedurchlassgrad (g-Wert), dessen Berechnungs-verfahren in der Europäischen Norm DIN EN 410 [5]festlegt ist. Allgemein gilt, dass die Berechnungsmethodenbeider Größen nur im Anwendungsbereich der jeweiligenNorm gültig sind.

U-Wert

Der U-Wert gibt die Energiemenge an, die durch eineBauteilfläche von 1 m2 in einer Sekunde fließt, wenn derTemperaturunterschied beider anliegenden Lufttempera-turen 1 K beträgt.

In diesem Zusammenhang sind weitere Kennzahlen zudefinieren:

– Gesamtwärmedurchlasskoeffizient Λ: beschreibt dieWärmestromdichte durch das Bauteil in Bezug auf dieTemperaturdifferenz der beiden Oberflächentemperatu-ren.

– Wärmeübergangskoeffizient h: beschreibt die Wärme-stromdichte zwischen zwei Zonen, nämlich zwischender Oberfläche des Bauteils und der umgebenden Luft,in Bezug auf die Temperaturdifferenz dieser beidenZonen.

Wird im Folgenden von einem Widerstand anstatt voneinem Koeffizienten gesprochen, handelt es sich dabeium den reziproken Wert des Koeffizienten.

In der Europäischen Norm DIN EN ISO 6946 [3] gilt dasVerfahren für die Berechnung des U-Wertes für thermischhomogene Schichten, die auch Luftschichten enthaltenkönnen. Es schließt jedoch Türen, an das Erdreich gren-zende Bauteile, Fenster und andere verglaste Bauteileaus. Das Berechnungsverfahren beruht auf der Wärme-leitfähigkeit bzw. den Wärmedurchlasswiderständen undden Wärmeübergangswiderständen.

Der strahlungsbedingte Wärmetransport durch ein Fo-lienkissen wird darin aber nicht berücksichtigt. ObwohlMembrankissenkonstruktionen im visuellen Spektrumaußerordentlich transparent sind, ist die Abschätzung desWärmedurchgangskoeffizienten nach Gl. (1) prinzipiellmöglich.

(1)

Darin istU: Wärmedurchgangskoeffizient [W/(m2K)]he: äußerer Wärmeübergangskoeffizient [W/(m2K)]hi: innerer Wärmeübergangskoeffizient [W/(m2K)]Λ: Wärmedurchlasskoeffizient (auch Wärmedurchlass-

zahl) [W/(m2K)]

Die in der zugehörigen Norm [3] enthaltene Einschrän-kung einer Anwendung auf opake Bauteile ist in diesem

11 1 1

i

U

h he Λ

=+ +

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– Sekundärer Wärmeabgabegrad qi: Er gibt an, wie vielder absorbierten auftreffenden Strahlung in den Innen-raum gelangt.

Die Europäische Norm DIN EN 410 [5] enthält ein Be-rechnungsverfahren zur Bestimmung des g-Wertes vonVerglasungen. Es gilt sowohl für übliche Verglasungen,als auch für absorbierende oder reflektierende Sonnen-schutzgläser, eingesetzt in senkrechten und waagerechtenLichtöffnungen. Zudem ist es entsprechend auf sämtlichetransluzente (lichtdurchlässige) Materialien anwendbar.Der Anwendungsbereich umfasst hingegen nicht Materia-lien, die im fernen Infrarotbereich, also im Wellenlängen-bereich zwischen 5 000 bis 50 000 nm, eine Transmissionaufweisen. Am Fraunhofer-Institut für Bauphysik durch-geführte messtechnische Untersuchungen ergaben aller-dings, dass ETFE-Folien im Bereich zwischen 20 000 und30 000 nm eine Transmission aufweisen. Was bedeutet,dass auch diese Norm aufgrund ihres Anwendungsberei-ches nicht uneingeschränkt auf Folienkissen anwendbarist.

Der Gesamtenergiedurchlassgrad ist die Summe des di-rekten Strahlungstransmissionsgrades und des sekundä-ren Wärmeabgabegrades (Gl. (2)).

g = τe + qi (2)

Darin istg: Gesamtenergiedurchlassgrad [–]τe: direkter Strahlungstransmissionsgrad [–]qi: sekundärer Wärmeabgabegrad [–]

Hierin ist der direkte Transmissionsgrad eine Funktionder strahlungsphysikalischen Eigenschaften und der auf-treffenden Strahlung. Ebenso ist der sekundäre Wärme-abgabegrad abhängig vom Emissionsvermögen und derTemperaturverteilung der Bauteile. Bei der sekundärenWärmeabgabe für die g-Wert-Berechnung wird nur dieWärmemenge infolge absorbierter Sonnenenergie berück-sichtigt.

Fall weitgehend gegeben. Unerwünschte Transmissions-wärmeverluste treten an Membrankissenkonstruktionenwährend der Heizperiode und hauptsächlich nachts auf.Im nahen Infrarot-Bereich ist ETFE aber weitgehend un-durchlässig, sodass der größte Teil des Wärmeverlustskonvektiv bedingt ist. Die Schwierigkeit hier liegt aber inder richtigen Bewertung der Wärmeübergangskoeffizien-ten h. Sie sind für den Wärmedurchgang bei diesen mas-searmen Systemen entscheidend, sind aber stark von äu-ßeren Einflüssen wie Windgeschwindigkeit, nächtlicherAbstrahlung, Gegenstrahlung, Emissionsvermögen, Ober-flächentemperatur und weiteren klimatischen Faktorenabhängig und führen so zu einem instationären Verhaltendes Wärmedurchgangs.

Da ETFE-Folien einen hohen Grad an Transparenz auf-weisen, liegt die Berechnung nach DIN EN 673 [4] für Ver-glasungen eigentlich näher. Sie enthält eine Berechnungs-methode für den U-Wert von Verglasungen für explizitebene und parallele Oberflächen, was bei Membrankissennicht gegeben ist. Ihr Geltungsbereich umfasst unbeschich-tetes und beschichtetes Glas und andere Materialien, dieim Infrarotbereich undurchlässig sind. Das Berechnungs-verfahren gilt auch für Mehrfachverglasungen aus derarti-gen Gläsern oder Materialien. Im Gegensatz zur anderenBerechnungsmethode wird hier jedoch neben dem kon-duktiven und konvektiven Anteil auch der strahlungsbe-dingte Anteil am Gesamtwärmedurchlasswiderstand be-rücksichtigt. Die Verwendung der Berechnungsmethodesetzt aber voraus, dass die Luftschichten zwischen den Ma-terialien kleiner als 0,3 m sind, was bei Membrankissenebenfalls weitgehend nicht gegeben ist.

Obwohl die beiden beschriebenen Verfahren unter-schiedliche Schwerpunkte für die Berechnung des Wär-medurchgangs (U-Wert) setzen, unterscheiden sich dierechnerisch für Membrankissenkonstruktionen ermittel-ten Ergebnisse nur geringfügig (Bild 4). Beide Berech-nungsverfahren zeigen allerdings eine große Abhängig-keit von der Richtung des Wärmestroms durch das Bau-teil.

Die Analyse der beiden verfügbaren Normen zeigt, dasssich die damit ermittelten Werte nur geringfügig vonei-nander unterscheiden. Allerdings enthalten beide Nor-men Einschränkungen, die eine Anwendung für Folien-kissen einschränken.

g-Wert

Definiert wird der g-Wert als das Verhältnis der durch dasBauteil in das Gebäude aufgrund von Sonnenstrahlungübertragenen Wärmeenergie zur auftreffenden Strah-lungsenergie. Im Zusammenhang mit der Berechnung desg-Wertes müssen weitere Kennzahlen definiert werden:

– Direkter Strahlungstransmissionsgrad τe: Er gibt an,wie viel der auftreffenden Strahlung durch das Bauteilhindurchgeht.

Bild 4 Vergleich der Ergebnisse für den U-Wert von Membrankissen mitunterschiedlicher Lagenzahl, berechnet nach den Normen DIN ENISO 6946 [3] und DIN EN 673 [4]Comparision of the U-value of pneumatic cushions with differentnumber of foil layers, calculated according DIN EN ISO 6946 [3] undDIN EN 673 [4]

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Fazit

Nachdem der Wärmedurchgang durch Membrankissen-konstruktionen hauptsächlich von den Wärmeübergangs-koeffizienten an den Folienlagen bestimmt wird unddiese wiederum stark von Witterungseinflüssen abhän-gen, verhält sich der Wärmestrom durch Membrankissenstark instationär. Wie gezeigt werden konnte, ist esschwierig, auf Basis herkömmlicher Berechnungsverfah-ren das wärmetechnische Verhalten von Membrankissen-konstruktionen zu charakterisieren. Die Angabe von U-Wert und g-Wert erfolgt üblicherweise als Einzahlwert,der das wärmetechnische Verhalten eines Bauteils überdie Heizperiode kennzeichnet. Nachdem die meisten imBauwesen verwendeten Bauteile weniger stark von denWärmeübergangskoeffizienten abhängen, ist eine solchegemittelte Kenngröße für die Auslegung von Heiz- undGebäudetechnik sinnvoll. Es stellt sich allerdings dieFrage, ob ein solcher Kennwert dem stark instationärenVerhalten des Wärmedurchgangs bei Membrankissen-konstruktionen gerecht wird. Will man das tatsächlichewärmetechnische Verhalten solcher Konstruktionen ab-bilden, bleibt nur eine aufwändige numerische Simulationdes instationären Wärmestroms. Um dieses instationäreVerhalten darzustellen, wurde in einer exemplarischenAnalyse die Wärmestromdichte durch ein waagerechteszweilagiges Membrankissen rechnerisch simuliert und da-raus ein zeitlich aufgelöster Wärmedurchgang (U-Wert)abgeleitet (Bild 5).

3 Zusammenfassung und Ausblick

Der Einsatz von Folienkissen als Gebäudehülle ist ver-gleichsweise neu und gilt als besonders innovativ. Ob-wohl speziell hierfür weitgehend weder Normen nochBauvorschriften entwickelt wurden, wächst das Marktpo-tenzial dieser Ultraleicht-Bauweise kontinuierlich. Einbreit gefächerter Einsatz von Folienkissen erfordert aller-dings allgemeine Bemessungsmöglichkeiten für Wärme-durchgangskoeffizienten (U-Wert) und Gesamtenergie-

durchlassgrad (g-Wert). Voraussetzung dafür ist dieKenntnis der thermischen Abläufe am und im Membran-kissen-System. Die in verschiedenen Forschungsvorha-ben in der Fraunhofer-Allianz Bau erarbeiteten Erkennt-nisse zu Membran-Folienkissen bilden eine wesentlicheBasis für das Verständnis der Berechnung dieser beidenGrößen.

Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität und Dicke der Fo-lien spielen eine untergeordnete Rolle, da die Folien auf-grund ihrer geringen Dicken den kleinsten Wärmewider-stand der Konstruktion besitzen und ihre geringen Mas-sen nur eine unbedeutende Wärmespeicherfähigkeitbieten. Allerdings müssen die strahlungsphysikalischenEigenschaften der Membranen gut bekannt sein. DieMessergebnisse zeigen eine spektrale Abhängigkeit derTransmission. Für den kurzwelligen Bereich ergab sichspeziell für die transparenten Membranen eine sehr hoheDurchlässigkeit bis hin in den UV-Bereich. Durch Bedru-cken und Einfärben der ETFE-Folien lässt sich die Trans-parenz gezielt verringern. Im nahen Infrarotbereich istETFE allerdings weitgehend undurchlässig. Erst bei Wel-lenlängen über 10 μm nimmt die Durchlässigkeit wiedergeringfügig zu. Neben der spektralen Abhängigkeit sinddie strahlungsphysikalischen Eigenschaften auch winkel-abhängig, also abhängig vom Einfallswinkel der Solar-strahlung. Betrachtungen zeigen, dass bis zu einem Ein-fallswinkel von 50° die Transmission nahezu konstantbleibt. Bei flacheren Einfallswinkeln nehmen die Trans-mission ab und der reflektierte Anteil im gleichen Maßzu. Nachdem im Winter in Deutschland die solaren Ein-fallswinkel häufig unter 50° liegen, ist die Berücksichti-gung des winkelabhängigen Strahlungseintrags durchauserforderlich. Insbesondere in dieser Jahreszeit ist aller-dings ein erhöhter solarer Wärmeeintrag wünschenswert.Auch Geometrie, Lage und Einbausituation der Kissenlassen sich nicht verallgemeinern, sondern bedürfen derBerücksichtigung und der Betrachtung im Einzelfall.

Die Analyse vorhandener Normen zur wärmetechni-schen Bemessung hat ergeben, dass diese nur bedingt aufMembrankissen anwendbar sind; zum einen, weil sie Kri-terien enthalten, die eine Anwendung einschränken, zumanderen, weil sie das instationäre Verhalten von Mem-brankissenkonstruktionen nicht hinreichend genau abbil-den. Eine detaillierte Betrachtung der real vorherrschen-den physikalischen Bedingungen sowie der Einflussgrö-ßen auf die drei WärmetransportmechanismenKonduktion, Konvektion und Strahlung ist für Folienkis-sen erforderlich. Insbesondere die Berechnung des kon-vektiven Wärmetransports ist schwierig zu validieren, dabislang auch keine geeigneten messtechnischen Untersu-chungsmöglichkeiten für Membrankissen verfügbarwaren. Für die Konvektion im Zwischenraum haben Un-tersuchungen gezeigt, dass schon kleine Temperaturdiffe-renzen sowie Einbausituation und Neigung die konvekti-ven Verhältnisse im Kissen beeinflussen.

Während konvektive Prozesse hauptsächlich für Wärme-verluste verantwortlich und damit für den winterlichen

Bild 5 Rechnerische Analyse der Wärmestromdichte durch ein Membran-kissen und Ableitung des sich daraus ergebenden zeitlich aufgelös-ten U-WertesComputational analysis of the heat flux through a membrane cush-ion and deduction of the resulting time-resolved U-value

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Wärmeschutz relevant sind, bringt die durch die Mem-branhülle eingetragene solare Strahlung Wärmegewinne.Bei kalter Witterung sind diese durchaus erwünscht, füh-ren aber in der wärmeren Jahreszeit zu Überhitzung undmachen einen sommerlichen Wärmeschutz erforderlich.Die rechnerische Ermittlung der konvektiv bedingtenEnergieverluste, ebenso wie die der radiativen Energiege-winne, gestaltet sich aufgrund der zahlreichen äußerenEinflüsse recht aufwändig und schwierig. Um eine sinn-volle Abschätzung von Energieein- und -austrägen zu er-halten, ist eine zeitlich aufgelöste Betrachtung der Wär-meströme durch die Membranhülle erforderlich. Eine an-schließende Mittelwertbildung über die Heizperiode istdann möglich. Es stellt sich aber die Frage, wie sinnvolldie wärmetechnische Beurteilung mit einem Einzahl-Kennwert wie dem U-Wert für derartige Ultraleicht-Kon-struktionen ist.

Um die Wärmetransportmechanismen bei Membrankis-senkonstruktionen instationär bestimmbar zu machen,laufen am Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) Bestre-bungen, sowohl rechnerische als auch messtechnischeVerfahren zu entwickeln, die eine sinnvolle ingenieur-technische Beurteilung des wärmetechnischen Verhaltensdieser Konstruktionen ermöglichen. Für die Entwicklungdieser von der Membranbau-Branche dringend benötig-ten Bemessungsverfahren steht seit kurzem ein innovati-ver Prüfstand am IBP zur Verfügung. Der adiabat ge-dämmte, heliostatische Multifunktions-Prüfstand ermög-

licht die exakte Messung des wärmetechnischen Verhal-tens von Membrankissen unter realen Witterungsbedin-gungen im Maßstab 1:1 und bietet so auch die Grundlagefür die Validierung noch zu entwickelnder rechentechni-scher Modelle (Bild 6).

Bild 6 Multifunktionaler Prüfstand auf dem Freilandversuchsgelände desFraunhofer-Instituts für Bauphysik, Holzkirchen: Der Prüfstand fürgroßvolumige, inhomogene Bauteile wie Membrankissen ist dreh-und kippbar und kann heliostatisch mit der Sonne mitgeführt werdenMultifunctional test rig at the Fraunhofer Institute for BuildingPhysics, Holzkirchen: The test rig for large-volume inhomogeneouscomponents like pneumatic cushions is rotatable and tiltable and isable to follow the position of the sun

Literatur

[1] RUDORF-WITRIN, WOLFGANG: ETFE-Folie – Das flexibleGlas? [online,*.pdf]. URL: http://www.inhaus-zentrum.de/site_de/index.php?node_id=2440 [Stand: 18.12.2007].

[2] DEMANTKE, REGINA: Entwicklung eines mathematisch-physikalischen Modells für die Betrachtung der wärmetech-nischen Eigenschaften von Membrankissen. Fraunhofer-In-stitut für Bauphysik und Hochschule für Technik Stuttgart,Studiengang Bauphysik, Diplomarbeit, 2008.

[3] DIN EN ISO 6946:2003-10: Bauteile-Wärmedurchlasswi-derstand und Wärmeübergangskoeffizient-Berechnungsver-fahren. Beuth Verlag, 2003.

[4] DIN EN 673:2003-06: Glas im Bauwesen – Bestimmungdes Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert). Beuth Verlag,2003.

[5] DIN EN 410:1998-12: Glas im Bauwesen – Bestimmungder lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenn-größen von Verglasungen. Beuth Verlag, 1998.

AutorenM.Eng. Andreas KaufmannLeiter Fraunhofer-Zentrum BautechnikHochschulstraße 183024 RosenheimEmail: [email protected]

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus SedlbauerInstitutsleiter Fraunhofer-Institut für BauphysikFraunhoferstraße 1083626 ValleyEmail: [email protected]

Prof. Dr.-Ing. Mike SiederLehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion, Kompetenzzentrum für MembranbauTechnische Universität MünchenArcisstr. 2180333 Mü[email protected]