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Herausgegeben von Heinrich Meier WALTER BURKERT X >Vergeltung< zwischen Ethologie und Ethik Reflexe und Reflexionen in Texten und Mythologien des Altertums Erweiterte Fassung eines Vortrags gehalten in der Carl Friedrich von Siemens Stiftung am 20. Februar 1992 Der Abend wurde geleitet von Professor Dr. Christian Meier Institut für Alte Geschichte der Ludwig-Maximilians- Universität München

WALTER BURKERT Vergeltung Zwishen Ethologie Und Ethik

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Page 1: WALTER BURKERT Vergeltung Zwishen Ethologie Und Ethik

Herausgegeben von Heinrich Meier W ALTER B U R K E R TX

>Vergeltung< zwischen Ethologie und Ethik

Reflexe und Reflexionen in Texten und Mythologien des Altertums

Erweiterte Fassung eines Vortrags gehalten in der Carl Friedrich von Siemens Stiftung am 20. Februar 1992

Der Abend wurde geleitet von Professor Dr. Christian Meier Institut für Alte Geschichte der Ludwig-Maximilians-

Universität München

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2,um UmschlagVorderseite: V ergeltun g’. O restes tö te t Aigisthos, d en M örder seines Vaters; v on links eilt K lytaim estra , sein e Mutter, m it ein em Beil h erb e i , v o n rech ts Elektra. A ttischer K elchk rater des Doki- masia-M alers, um 470 v. Chr., >Oresteia-Krater<.© M useum o f Fine Arts, B oston 1994.

Rückseite: >Versöhnung<. Schimpansen küssen einander.© Foto T. A ngerm ayer DGPH, Holzkirchen b. M ünchen 1994.

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Inhalt

Walter Burkert

>Vergeltung< zwischen Ethologie und Ethik -

Reflexe und Reflexionenin Texten und Mythologien des Altertums . .

Ü ber den A u t o r ...................................................................

»Themen«

Eine Privatdruckreiheder C arl Friedrich von Siemens Stiftung . . . .

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W ALTER B U R K E R T

>Vergeltung< zwischen Ethologie und Ethik

Reflexe und Reflexionen in Texten und Mythologien des Altertums

Der interdisziplinäre Charakter einer Institution wie der C arl Friedrich von Siemens Stiftung verlockt zu Streif­zügen ins weite Feld, auch wenn die Grenzen der Kompe­tenz alsbald spürbar werden und die Gefahr, vom A llgemei­nen ins Banale abzugleiten, nicht zu bestreiten ist. Ob so etwas w ie eine allgemeine Anthropologie über die spezifi­schen Eigenheiten einzelner Kulturen und Epochen hinaus möglich und statthaft sei, ist durchaus strittig. Trotzdem werden hier ins A llgemeine zielende Überlegungen anhand von vornehmlich griechischen Texten gewagt, denen neben dem Lateinischen auch das alte Israel und der alte O rient zur Seite treten. Die historische W irklichkeit w ird dabei ins­besondere von der Sprache und von der M ythologie her beleuchtet werden - Interpretationen, Spiegelungen, die doch auf Sachverhalte zielen. Man spricht heute gern von Mentalitätsgeschichte.1 In diesem Sinn hat Hans-Joachim Gehrke 1987 eine w ichtige Studie m it dem Titel Die Griechen und die Rache veröffentlicht, auf die im folgenden mehrfach zurückzukom men ist. Doch soll das Zeitspezifi­sche so wenig wie das Einzelkulturelle im Zentrum der Betrachtung stehen.

1 Hierzu V. Sellin, M enta litä t u n d M en ta litä tsg es ch ich te , in: Historische Zeitschrift241 (1985), 555-598; vgl. auch G. E. R. Lloyd, D em ys t i fy in g M en ta lities ,Cambridge 1990.

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Der Komplex von Vergeltung, Strafe, Rache< hat etwas Verwirrendes: Emotionen und Vernunft können da in geradezu verdächtiger Weise Hand in Hand gehen und geraten dann doch immer w ieder aneinander. Der Satz »Rache ist süß« erscheint uns als primitiv, jedoch von H erzen nachfühlbar; er ist schon in der Antike zu belegen;2 der Satz »Strafe muß sein«3 w ar in unserer Gesellschaft bis vor kurzem noch jedem Kind aus schmerzlicher Erfahrung vertraut; er gilt heute als überholt, w ie denn auch die W örter >Buße< und >Sühne< recht archaisch klingen. Unvermeidbare Assoziationen von >Vergeltung< und >Strafe< sind für uns, kaum erst seit 1968, Aggression, Repression, G ewalt.4 Doch finden w ir dann mit großem Unbehagen etwa im Islam Strafprinzipien, die unseren Protesten zum Trotz wcitum und sogar in zunehmendem Maß akzeptiert werden. Und daß es Sühne geben müsse in unserer Welt, Sühne zumindest für ärgste Verbrechen gegen die Menschheit, dies ist ein Postulat, das auch uns nicht aufhebbar erscheint, ohne blankem Zynismus die Bahn zu brechen.

M oderne Skepsis gegenüber der Strafe5 kann sich auf weitgefächerte Erfahrung stützen: In der Tat, Strafe muß nicht sein. Das Interesse für aggressionsarme, herrschafts-

2 Etwa Thukydides 7, 68, 1; auch Sophokles Aias 79. Vgl. H.-J. Gehrke, D ie G riech en u n d d ie R ach e. Ein Versuch in h is to r is ch er P sy ch o lo g ie , in: Saeculum 38 (1987), 121-149, 137.

3 Vgl. etwa Sophokles Aias 1085-1087; Demokrit B 262.

4 Die archaische Akzeptanz der Gewalt zeigt das lateinische Wort für »Rächer« und »Helfer«, v in d ex ; dazu v in d ic ta , »Zeigen der Gewalt«; vgl. M. Leumann, L atein isch e G ram matik I, München 1977, 267; danach v en d e t ta , r e v a n ch e , v e n g e a n c e .

5 Programmatisch aus psychoanalytischer Sicht K. Menninger, The C rim e o fP un ishm en t, New York 1968 (dt. S tra fe, e in V erbrech en? München 1970); vgl. auch U. Tähtinen, N on -v io len t T h eor ies o f P un ishm en t In d ian a n d Western

freie, alternative Gesellschaften hat in Ethnologie und Soziologie markant zugenommen. Wenn ich es wage, über das Ethnologische hinaus auch Ethologisches beizuziehen, in diesem Fall die Schimpansen-Forschung, riskiere ich prinzipielle Ablehnung. Geisteswissenschaftler pflegen mit einer gewissen Gereiztheit sogenannte Biologismen von sich zu weisen, ungeachtet der Tatsache, daß Schimpansen und Bonobos offenbar 98% der Gene m it uns gemeinsam haben. Aber es geht nicht darum, Gemeinsamkeiten als Kontinuität zu fassen, schon gar nicht darum, sogenannte Prim itivkultu­ren den sogenannten Affen anzunähern, vielmehr darum, insbesondere bei Schimpansen ein N iveau von Komplexität und Intelligenz festzustellen, das in der Anthropologie auf jeden Fall nicht unterschritten werden darf, und damit zugleich ein Maß der Verständlichkeit und Nähe von Verhaltensweisen festzuhalten, über das hinaus fremdartige Kulturen uns nicht entrückt werden können. Im übrigen akzeptiere ich das biologische Prinzip, daß dort, wo bei uns die starken Emotionen auftreten, in der Regel biologische Vorprägung am Werk ist.6 H ier manifestiert sich die Konti­nuität in den Bauplänen des Lebens.

(Annales Academiae Scientiarum Fennicae B 215), Helsinki 1982; H. Koch, J en s e i t s d e r S tra fe. Ü b er le gu n g en z u r K r im in a litä tsb ew ä lt igu n g ., Tübingen 1988. Für das Wiedergutmachungsprinzip plädiert D. Frehsee, S ch a d en sw ied er gu tm a ­ch u n g a ls In s tru m en t s t ra fr e ch t l i ch e r S ozia lk on trolle, Berlin 1987. Zur rationalen Rechtfertigung der Strafe gibt es seit alters her das Prinzip der Abschreckung (vgl. Platon P rota gora s 324b; L eges 880de; vgl. T. J. Saunders, P la to ’s P ena l C ode. Tradition , C on tro versy , a n d R efo rm in G reek P en o lo gy , Oxford 1991, bes. 133-136, 156f., auch 19f., 120-122), aber auch die These der psychosozialen »Heilung« des Übeltäters (ins Paradoxe gesteigert bei Platon G orgia s 476a-477a).

6 Vgl. H . v. Ditfurth, D er G eist f i e l n ich t v o m H im m el. D ie E vo lu tion u n ser es B ew uß tse in s, Hamburg 1976; C. J. Lumsden, E. O. Wilson, G enes, M ind, a n d C ultu re, Cambridge (Mass.) 1981, 20: Die gemeinsame-Evolution von Genen und Kultur zeige sich in »the kinds of memories most easily recalled, the emotions they are most likely to evoke«.

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Ausgegangen sei von zwei extremen Gegen-Beispielen, die je in ihrer Weise aus der uns vertrauten Sicht zu Verwunderung Anlaß gaben, Verwunderung über die Abwesenheit von >Strafe<. Zum einen: Schimpansen, so verständlich und nah sie uns in vielem erscheinen, kennen keine gemeinsamen >strafenden< Sanktionen. In der von Jane Goodall beobachteten Gruppe in Gombe, Tansania, trat ein Duo auf, M utter und Tochter, das sich auf Kannibalismus verlegte: Bei Gelegenheit raubten sie Babys von anderen Schimpansenmüttern und fraßen sie auf.7 Die anderen Schimpansen wußten offenbar davon, vor allem die betrof­fene Schimpansenmutter zeigte große Angst und ging den bösen Zwei, wenn immer möglich, aus dem Weg. Aber es gab keinerlei Versuch der Gruppe, das entartete Paar zu >bestrafen< oder zu verjagen, obwohl dies doch ein vitales Interesse der Gemeinschaft hätte sein müssen. Strafe muß nicht sein. Das Problem löste sich übrigens, als die bösen Weiber selbst w ieder Kinder bekamen.

Das Gegenbeispiel, aus einer sogenannten Prim itiv­kultur, entnehme ich einem Kapitel aus Tania Blixens auto­biographischem Werk Out o f Africa? Damit sei weder zu der dort vorausgesetzten A rt des Kolonialismus noch zum literarischen Rang des Buchs Stellung genommen; mir scheint lediglich eine gewisse N aivität der Autorin gegen­

7 J. Goodall, T hrou gh a W indow. M y T hirty Years w ith th e C h im panzees o f G om b re , Boston 1990, 73-80 ; vgl. Chr. Vogel, Vom T öten zum M ord. Das w irk lich B öse in d e r E vo lu tion sg esch ich te , München 1989, 117-120.

8 T. Blixen, Afrika, d u nk el lo ck en d e Welt, Reinbek 1981 (engl. O ut o f A frica, New York 1937), 67-119, bes. 78f.; vgl. zu entsprechenden Beobachtungen in anderen Kulturen Frehsee, a .a .O ., 12f. mit Verweis auf S. T. Steinmetz, E thno log isch e S tud ie z u r er s t en E ntw ick lung d e r S tra fe, 2. Aufl., Groningen 1928; kritisch, mit Verweis auf das Trugbild der »Tasaday«, Th. Fleming, T he Politics o f H um anN ature, New Brunswick 1988, 161-165.

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über den vorliegenden Problemen für die A uthentizität ihrer Beobachtungen zu sprechen. Es geht um K ikuyus in Kenya: Sie haben, nach Tania Blixen, einen ganz fremdartigen Begriff von Gerechtigkeit und keinerlei Verständnis für >Strafe< in unserem Sinn; »Für den Afrikaner gibt es nur ein M ittel, Unheil zu heilen: Der Schaden muß ersetzt werden«. Dementsprechend gibt es bei Vergehen< von Tötung oder Körperverletzung langwierige Verhandlungen unter Vorsitz der Ältesten, um den Schadenersatz zu bestimmen. Da w ar etwa ein Halbwüchsiger, der mit einem Gewehr gespielt und dabei einen Kameraden aufs schwerste verstümmelt hatte: Gegen ihn ergreift man keine Sanktionen, man läßt ihn allerdings vorübergehend zu einem Nachbarstamm ver­schwinden. Öffentlich, ausführlich und ernstlich verhandelt man über Schadenersatz für die betroffene Familie, der in m aterieller Abgeltung besteht. Dem >Schuldigen< geschieht w eiter nichts: Kein >Auge um Auge, Zahn um Zahn<. Strafe muß nicht sein.

Tania Blixen hatte keine rechtshistorischen Studien betrieben, sonst wäre ihr Erstaunen geringer; hat man doch festgestellt: »Bis etwa zum Hochmittelalter gab es in West­europa keine Strafe«, insofern »die germanischen Volks­rechte auch die schwersten Untaten m it Geldbußen süh­nen«. Die »Geburt der Strafe« habe demnach erst im 11 ./12. Jahrhundert stattgefunden.9 Die alten Kulturen freilich hatten zweifelsohne eine Strafpraxis mit entsprechenden

9 V. Achter, G eburt d e r S tra fe, Frankfurt a.M . 1951, 10 u. 15; Frehsee, a .a .O ., 16-27. Geldersatz für Körperverletzung gibt es auch im altbabylonischen Gesetz des Eshnunna, § 42-47 (vgl. ]. B. Pritchard (ed.), A ncien t N ear Eastern Texts R ela tin g to th e O ld T estam ent, Princeton 1969, 163) und in hethitischen Gesetzen (ebd., 189f.). Der Codex Hammurapi hat ein kompliziertes Nebeneinander von Talion und Geldersatz, § 195-214 (ebd., 175). Das Alte Testament verbietet den Geldersatz für Mord ausdrücklich, N um eri 35,31-34. Vgl. auch Anm. 17.

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Begriffen entw ickelt, gemäß dem Machtanspruch des Königs, woraus dann bei Griechen und Römern die A utori­tät von Polis und Respublica geworden ist. Es gibt indessen die These, daß Homer - w ir dürfen sagen: auch Homer - die Strafe >noch nicht< kennt.10 Die >Geburt der Strafe< muß also mehrmals erfolgt sein; die Frage nach der Elternschaft ist dam it erst recht gestellt.

Um nochmals über das Menschliche zurückzugreifen: Auch bei Schimpansen gibt es immerhin, was Beobachter als persönliche >Rache< oder >Bestrafung< bezeichnen, Gegen- Aggression als A ntwort auf Beeinträchtigung und >Ärger<, und zw ar nicht nur in d irekter Reaktion sondern auch mit beträchtlicher Verzögerung, was ein entsprechendes >Gedächtnis< voraussetzt; ein unfreundlicher Akt etwa, der viele Stunden zuvor unter dem Schutz eines Ranghöheren erfolgt war, w ird >gerächt<, sobald der Höhere nicht mehr präsent ist. Bei Schimpansen findet man also gezielte Gegenwehr und dabei, m it der Kenntnis der individuellen Partner, eindeutig auch schon die mentale Fixierung in der Zeit: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Offenbar gibt es w eit zurück in der Ausstattung der Lebewesen >homöostatische< Reaktionen, die ein Fortbeste­hen günstiger U m weltsituationen für Individuen und Grup­pen durch Ausgleich von Störungen sichern. Dazu gehören auch alle Abwehrreaktionen gegen Beeinträchtigung und Bedrohung, die besonders durch Schmerz signalisiert w er­

10 A. H. W. Adkins, M erit a n d R esponsib ility . A S tudy in G reek Values, Oxford 1960; Ders., »H onour« a n d »P un ishm en t« in th e H om er ic P oem s , in: Bulletin of the Institute of Classical Studies 7 (1960), 23-32, bes. 27-30; dagegen Saunders, a. a .O ., 21-32.

11 F. de Waal, U nsere h a a r ig en Vettern. N eu este E rfah rungen m it S ch im pansen ,München 1983 (engl. C h im panz ee Politics, London 1982), 212f.; Ders., P ea ce- m ak in g a m on g P rim ates, Cambridge (Mass.) 1989, 38 f.

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den. Flucht ist wohl die einfachste, doch nicht die erfolg­reichste Strategie. So antwortet denn Gegendruck auf Druck, Gegenaggression auf Aggression. Zur Aggression gehört der W utausbruch, jenes uralte biologische Pro­gramm, das durch Aufbietung aller Kräfte Widerstände überwindet, freilich meist kurzlebig ist und oft ungezielt erscheint. Auch das vieldiskutierte >Territorialprinzip< läßt sich als homöostatisches System betrachten, dadurch gere­gelt, daß im allgemeinen die Fluchtbereitschaft mit der Entfernung von der Heimatbasis steigt, die Aggressionsbe­reitschaft mit der Nähe der Heimatbasis zunimmt.

Innerhalb der Gruppe w ird Aggression im allgemeinen geordnet und eingeschränkt durch soziale Hierarchien, die w iederum in gewissem Sinn als homöostatische Systeme gelten können; Abweichung von der Norm führt zu Gegen­maßnahmen, die durch Ausgleich für Stabilisierung sorgen. H ierarchien sind insbesondere bei allen Primatenarten in deutlicher, wenn auch bereits komplexer und varianten­reicher Weise ausgeprägt; der größte Teil der Intelligenz scheint darauf verwendet zu werden, die gesellschaftliche Position zu sichern und bei Gelegenheit zu verbessern. Auch in Schimpansengruppen existiert ein sogenanntes Alphatier. Der Hochgestellte w ird von allen anderen respektvoll behandelt, es gibt eine besondere Form des ehrerbietigen Grüßens. Dies vermeidet Aggression. Verlet­zung solcher Formen führt zu Ärger, Drohung, Angriff: Insubordination muß >bestraft< werden. Wenn das A lphatier sich Respektwidrigkeiten gefallen läßt, deutet sich sein Sturz schon an.12 Freilich führt der Wechsel der Generationen

12 De Waal, a .a .O . (1983), 88-97; Ders., a .a .O . (1989), 44 u. 102f.; vgl. Goodall, a. a. O., 69-72.

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unausweichlich zum schließlichen Sturz des >Alten<. Her­ausforderungen der Ordnung, aggressive Kämpfe sind also unvermeidbar und vorprogram miert; sie dauern meist kurz, sind aber mit stärksten Emotionen verbunden. Die intra­spezifische Aggression bestätigt sich in ihrer Funktion, Abstand zu wahren, Auslese zu schaffen, soziale Gliederung zeitweise zu erhalten und von Fall zu Fall zu erneuern.13

Im Gegensatz zu alledem liegt das Verfahren der K ikuyus oder auch der Germanen und anderer alter oder altertüm licher Völker offensichtlich auf einer ganz anderen Ebene. Was dieses Verfahren auszeichnet, ist zum einen die kollektive Aktion, die Vergesellschaftung des Vorgehens - was übrigens durchaus dem eigentlichen Sinn des Wortes >Sanktion< als zeremonieller Festsetzung entspricht - , zum anderen der selbstverständliche Umgang m it Zahlungsmit­teln, was den Schadenersatz im Sinne von Austausch erst möglich macht, ob nun Schafe, Kühe oder sonstige Wert­objekte ins Spiel kommen. Beides, die Gemeinsamkeit des Handelns und die M anipulation von Werten, setzt die Sprache voraus und die damit gegebene Stabilisierung einer gemeinsamen >objektiven< Welt. N ur innerhalb dieser sprachlich gestalteten Welt kann man verhandeln, w ird ein Ausgleich möglich, der dem direkt Geschädigten den blin­den Wutausbruch ebenso w ie den individuellen Racheakt erspart.

Doch auch genau geplante und gezielte >Rache< setzt eine objektivierte, über die Zeit hinweg fixierte Welt voraus, erst recht die kollektiv sanktionierte >Strafe<. >Rache< w ird aus dem Wutausbruch nur durch mentale Präzisierung: Eine

13 Vgl. K. Lorenz, D as so g en a n n te B öse, Wien 1963. Zu psychologischen Theoriender Rache vgl. Gehrke, a .a .O ., 146. Sie greifen m.E. zu kurz.

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>Schuld<, ein >Schuldiger< muß festgestellt sein, auf den sich freies, geplantes Handeln konzentriert. Strafe w ird aus der Gegenaggression, insofern an Stelle des Persönlichen ein verallgemeinerungsfähiger Standard in den Blick tritt, ein expliziter >Code< des Verhaltens, die E inm ütigkeit einer Gruppe. Das heißt: Das straffreie Verfahren der Kikuyus und ihresgleichen ist nicht primitiv, doch auch Rache ist nicht einfach >tierisch<, obgleich sie in D istanzierungsversu­chen oft so bezeichnet w ird .14 M it den Kategorien von >primitiv< versus >fortschrittlich< ist hier nicht auszukom ­men. Es gilt vielmehr, sowohl das Quasirationale im Ele­mentaren als auch das Irrationale im bewußt Geplanten zu begreifen.

Es sei dem Philologen gestattet, daraufhin das griechi­sche Vokabular im Wortfeld von Vergeltung, Strafe, Rache< genauer zu betrachten. Die griechische Sprache stellt in diesem Bereich verschiedene Ausdrucksweisen bereit, vor­nehmlich poine, timoria, kolasis und zemia. Festzustellen ist von vornherein, daß zwischen >Rache< und >Strafe< in keinem dieser Wortstämme geschieden ist; das Lateinische stellt sich hier anders dar: ulcisci >sich rächen< ist von den W örtern für Strafe, multa und poena, unverwechselbar abgehoben.

Die Wortgruppe von poine m it dem zugehörigen Verbum tinein, teisastbai stammt aus alter indogermanischer Tradition. Lateinisch poena, punire - danach französisch la peine, englisch to punish - ist freilich ein Lehnwort aus dem Griechischen, wenn auch mit Bedeutungsverschiebung; denn beim griechischen Wortstamm geht es nicht vordring­lich um Strafen, sondern um Schadenersatz. Zeus raubt den

14 Platon P ro ta go ra s 324b: »wie ein Tier unvernünftig sich rächend«.

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Knaben Ganymedes, bietet aber dessen Vater als poine wunderbare Pferde.15 A lkinoos, König der Phäaken, gibt O dysseus herrliche Geschenke, w ill sich diese aber von seinen Volksgenossen >vergelten< lassen.16 Es ist durchaus möglich, auch die Tötung eines Menschen durch poine abzugelten,17 durch >Wergeld<, w ie dies im Germanischen heißt. Dies sieht insoweit ganz wie bei den K ikuyus aus. A llerdings ist es eine Frage, ob der Geschädigte akzeptiert (dexasthai), was geboten w ird ; Verhandlungen sind jeden­falls üblich. Man ahnt als H intergrund eine H irtengesell­schaft, in der Streit um Viehraub und Viehdiebstahl immer w ieder durch Verhandlungen und Ersatzleistungen >gelöst< werden konnte.18 Ein eigentlicher Rechtsanspruch ist nicht einmal entscheidend für das Verfahren: apoina, der Form nach eine Verstärkung von poine, heißt vorzugsweise das Lösegeld, das man einem übermächtigen Entführer anbietet; der Gewaltakt ist damit als Grundlage eines Tauschgeschäf­tes anerkannt: Man arrangiert sich. So bietet der Priester Chryses am Anfang der Ilias dem Agamemnon für die geraubte Tochter >unendliche apoina<, so am Ende der Ilias König Priamos dem Achilleus für die Herausgabe des mißhandelten Leichnams seines Sohnes H ektor; auch die Entschädigung für Ganymedes kann apoina heißen.

Das Wort zemia verstehe ich als Dialektform von demia, eine adjektivische Bildung zu demos >Volk<, womit

15 Homer I lia s 5, 266; apoin a im gleichen Zusammenhang im Homerischen A phrod ite-H ym nos 210.

16 Homer O d yss e e 13, 15 ( te isom eth a ).

17 Homer Ilia s 9, 632-634 (p o in e); 18, 497; vgl. 13, 659. Gehrke, a .a .O ., 134, Anm. 82, hält die Verhandlungen um das Bezahlen für sekundär gegenüber der »Rache«.

18 Vgl. Homer O d yss e e 21, 17ff. mit den Begriffen ch r eo s , ex esie ; die Trickster-Geschichten um Mestra und Autolykos bei Hesiod Fr. 43 u. 67.

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die >Vergesellschaftung< der Sanktion als das, was dem demos zukommt, sehr direkt bezeichnet ist; ich möchte annehmen, daß der Begriff von der Administration der Olympischen Spiele im elischen D ialekt ausgegangen ist.19

Daneben steht eine besonders häufig in diesem Kontext gebrauchte Wortfamilie, bei der >Rache< und >Strafe< voll­ends ineinanderfließen:20 timoros der >Rächer<, timoria die >Rache< oder >Strafe<, timoreo >ich räche/strafe<.21 Tima-oros ist eine ganz durchsichtige B ildung: es geht um >Wahrung der Ehre<. Vorausgesetzt ist damit, daß eine Person auf >Ehre< Anspruch erhebt und eine >Entehrung<, eine Beleidi­gung stattgefunden hat. Es bedarf dann der Satisfaktion, um den Status zu wahren.

In eine ähnliche Perspektive ordnet sich das geläufigste griechische Wort für >strafen< ein, kolazein; denn dies heißt von Haus aus und w örtlich >kurz haltern, >beschneiden<22 - die Praxis der Heckenschere, sozusagen. Das Wort w irkt

19 P. Chantraine, D ictionna ire e t ym o lo g iq u e d e la la n gu e g r e c q u e , Paris 1968/80, 400: »Et. inconnue«. Im Dialekt von Elis ist zam iorg ia für attisch d em iou rg ia belegt; vgl. E. Schwyzer, D ia lecto rum G raeca rum ex em p la ep ig ra p h ica p otio ra , 3. Aufl., Berlin 1923, nr. 409; F. Bechtel, D ie g r ie ch is ch en D ia lek te II, Berlin 1923, 831 f. Umgekehrt dam io o statt z em io o für »strafen« in Kreta und Böotien; vgl. Schwyzer, a .a .O ., nr. 177 und nr. 528.

20 Dabei ist der Unterschied durchaus klar; vgl. Demosthenes 23, 32: »Es macht denn doch den größten Unterschied aus, ob das Gesetz oder der Feind Herr über die t im oria ist.«

21 Nicht bei Homer, nicht im Neuen Testament gebraucht; geläufig seit Pindar und Aischylos, besonders bei Platon; vgl. auch Gehrke, a .a .O ., 134. Ob die Stämme von t im e und p o in e identisch sind, ist umstritten; negativ Chantraine, a .a .O ., s.v., anders Gehrke, a .a .O ., 134, Anm. 82, und - inkorrekt im Bezug auf die Wortbildung - Saunders, a .a .O ., 4. Eine Assoziation der Wortstämme t in o und t im e war auf jeden Fall möglich. Erst hellenistisch ist ekdik ein , aus ekdikos »Staatsanwalt« gebildet, das in der Septuaginta in der Regel für nqm (vgl. Anm. 79) gebraucht ist; vgl. T h eo lo g is ch es W örterbu ch zum N eu en T estam ent, begrün­det von G. Kittel, Stuttgart 1933-1979, II 440-444.

22 Platon verwendet mit Vorliebe tim oreo .

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insofern technischer, w eniger emotional als timoreo. Hero- dot erzählt, w ie der Tyrann Periandros von Korinth sich durch seinen Kollegen Thrasybulos von M ilet belehren ließ: Thrasybulos führte den Boten des Periandros aus der Stadt, und »er betrat ein bestelltes Feld, ging durch das Getreide, und w ie er eine Ähre sah, die die anderen überragte, hieb er sie ab und w arf sie beiseite«.23 Das ist kolouein w ie kolazein. A llerdings, für Herodot ist dies eine verkehrte A rt der Herrschaft, eine Tyrannis, die im Endeffekt »den schönsten Teil des Feldes ruiniert«. Aber das Bild bleibt eindrücklich.

Die Wortgruppen kolazein und timaoros kommen bei Hom er nicht vor, doch fehlt es nicht an Abläufen, die sich durchaus in solchem Sinn charakterisieren lassen. Schon die Grundhandlung der Ilias ist Muster einer fzwe-Wahrung. Achilleus ist ein Hochgestellter, der auf seine time angewie­sen ist. Dies bedeutet, daß er Geschenke erhält und daß ihm niemand eine Frau streitig machen kann - p riv ileg ierter Zugang zu den Ressourcen^ wenn man es modern ausdrük- ken w ill. Nun ist Achilleus beleidigt worden, indem eine Frau, sein Beuteanteil, Zeichen seiner time, ihm vom Höherrangigen weggenommen wurde. Er muß erzwingen, daß er schließlich einen >Schadenersatz< bekommt, der die M inderung seiner time nicht nur aufwiegt, sondern über­trifft.

Das griechische Vokabular bestätigt dam it das Neben­einander zweier Dimensionen, ja zweier Modelle, w ie sie schon bei den Vorerwägungen in den Blick getreten sind: Das eine zielt auf den Ausgleich von Anspruch und Gegen­anspruch, das andere ist fixiert auf die zu wahrende Rang-

23 Herodot 5, 92, 2 (ek o lou e) ; k o laz ein findet sich nicht bei Homer, wohl aberk o lou ein , vgl. Ilia s 20, 370; O d yss e e 8, 211; 11, 340.

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Ordnung. Man kann von einem horizontalen und einem vertikalen Modell sprechen. Sie werden sogar bewußt einan­der gegenübergestellt: »Versöhne dich m it dem, der Unrecht tut, räche dich an dem, der dich beleidigt« ist ein Grundatz, der einem der Sieben "Weisen, Chilon, zugeschrieben w ird .24

Aus ethologischer Perspektive muß auffallen, daß das vertikale M odell, die timoria, ganz offensichtlich ein vor­menschliches M odell fortsetzt, das der sozialen Rangord­nung, die aggressiv bedroht und aggressiv verteidigt w ird. Dies gilt nicht vom poine-M odell, das spezifisch und ausschließlich menschlicher Kultur zugehört, insofern es mit Sprache und objektivierter Welt verbunden ist. Die großen Emotionen sind denn auch mit dem timoria-M odell verbun­den, nicht aber mit den Verhandlungen um poine. »Das H erz eines Mannes w ird klein , wenn er sich ein großes Leid gefallen lassen m uß«, heißt es in Versen des Theognis; »danach w ird es w ieder groß, wenn er es sich heimzahlen läß t«.25 H ier ist das Vokabular der poine verwendet, gefühlt aber ist das Erniedrigt- und Erhöhet-Werden, die time. Wer >sich’s heimzahlen ließ<, fühlt sich als Gott unter Menschen, heißt es gleichfalls bei Theognis.26 Die Emotionen gehen dabei bis zur Regression ins Tierische: »Roh fressen«, »m it den Zähnen zerreißen«, »B lut trinken« möchte man von dem, der einen gekränkt hat.27 Dies drückt präzise aus, was

24 Sammlung des Demetrios von Phaleron, Stobaios 3, 1, 172 (II I118, 1), Fragmente der Vorsokratiker 10, 3 (I 63, 34): ad ik oum en o s d ia lla ssou , b yb r iz om en o s tim orou .

25 Theognis 361 f. (a p o te in ym en ou ).

26 Theognis 337-340 (a p o te isam en o s); vgl. auch Euripides M edea 807; H ek abe 756 f.

27 Homer Ilia s 4, 33 ff. (Zeus von Hera); Theognis 349.

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in ethologischer Sicht aggressives Verhalten bestimmt: ver­folgen und beißen.28

Das horizontale M odell, das poine-M odell, das sich nicht am Vormenschlichen festmachen läßt, ist seinerseits - und darin liegt das eigentlich Erstaunliche - ganz offenbar eines der anthropologischen universalia. Schon der helleni­stische Philosoph Poseidonios glaubte feststellen zu können, die M enschennatur lerne offenbar überall von selbst und ohne Erziehung, >autodidaktisch<, die »gerechte Erstattung von Gunst und von R ache«.29 Es erweist sich dies als Teilbereich oder Nebentrieb eines seit langem intensiv diskutierten Phänomens, des Prinzips der Reziprozität, das sich insbesonders in Gabe und Gegengabe darstellt. Auch in unserer Sprache deutet >Vergeltung< auf einen >geltenden< Wert, der im H in und Her bestehen bleibt, auf einen Standard der Reziprozität. Seit Marcel M auss’ berühmtem Essay Le don hat man diese Grundform sozialer Interaktio­nen immer w ieder untersucht.30 Im Phänomen der rezipro­ken Gabe treffen sich das Ökonomische, das Intellektuelle und das Moralische in bemerkenswerter Weise: Das Prinzip von Gabe und Gegengabe ist nicht nur die Grundlage der vormonetären W irtschaft und, in gewissem Sinn, allen w irtschaftlichen Austausches überhaupt, es erscheint auch als Grundlage von sozialer Zusammenarbeit und damit von M oral als solcher. Es setzt die >Handhabung< der objekti­

28 De Waal, a .a .O . (1989), 6.

29 Poseidonios Fr. 136 Theiler bei Diodor 34, 2, 40 im Zusammenhang des sizilischen Sklavenkriegs. »Angeborenes« Verhalten gibt es für den Stoiker nicht.

30 M. Mauss, Essai su r l e d on , in : Annee sociologique II 1 (1923/24) = M. Mauss,S o cio lo g i e e t A n th rop o lo g ie , Paris 1950, 3. Aufl. 1966; vgl. für den antiken BereichL. Gernet, A nth rop o lo g ie d e la G rece an tiq u e, Paris 1968, 175ff.

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vierten, austauschbaren Gegenstände voraus. Im Austausch der Gaben w ird soziale Kohärenz ebenso w ie Rangunter­schied dokum entiert und hergestellt; so kann auch eine Störung oder Krise >sühnend< überwunden werden. Als man die Frage nach der Entstehung der zwischenmenschlichen, altruistischen M oral mit Computerprogrammen anging, schwang ein Programm der Reziprozität obenaus, TIT FOR TAT - man beginne mit Vertrauen, reagiere aber auf Negatives sofort negativ.31 Läßt sich ein ethologischer Ausgangspunkt für solche Strategien in einer hypothetischen menschlichen Urgesellschaft finden? Am ehesten, befand man, in der spezifisch menschlichen Essens- und Opferge­meinschaft: >Gabe< wäre demnach >displaced food-sharing<, aufgeschoben aber nicht aufgehoben.32

A uf noch allgemeinere Überlegungen führt der Ansatz der frühgriechischen Philosophie, der das Grundgesetz der Welt im Austausch fand. »A lles ist A ustausch«, heißt es bei H eraklit, »Austausch für Feuer, w ie Waren für Geld und Geld für W aren«;33 Physik als Ökonomie. Vor ihm bereits rekurrierte Anaximandros auf das poine-TAoAcW: Im Welt­prozeß, stellte er fest, »zahlen die Dinge einander Buße und Strafe für die U ngerechtigkeit nach der Ordnung der Z eit«;34 >Erstattung geben« also, tisin didonai sei Grundprozeß der Welt. Und in der Tat, auch die moderne Naturwissenschaft

31 A. Rapoport, N. M. Chamnah, P rison er's D ilem m a, Ann Arbor 1965; D. R. Hofstadter, K ann sich in e in e r Welt v o l l e r E goisten k o op era tiv e s Verhalten e n tw ick e ln ? in: Spektrum der Wissenschaft 8 (1983), 8-14; R. Axelrod, D ie E volu tion d e r K oop era tion , München 1987 (engl. T he E vo lu tion o f th e C oop era ­tion , New York 1984), 25-49.

32 E. L. Schieffelin, R ecip ro city a n d th e C on stru ction o f R ea lity, in: Man 15 (1980), 502-517.

33 Heraklit B 90.

34 Anaximandros B l .

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gelangt zu analogen Prinzipien - Gleichungen, Entspre­chungen, >Austausch<, Masse für Energie und Energie für Masse nach mathematisch bestimmbarem Maß, bis zum letzten Elementarteilchen. Liegt im Prinzip vom >Aus- tausch<, von Gabe und Gegengabe eine W irklichkeits- Einsicht vor, die für die Konstituierung einer objektiven Welt grundlegend ist, als solche aber - im Sinn der Evolutionären Erkenntnistheorie35 - eben erst auf der menschlichen Stufe allm ählich erreicht werden konnte? Ist sie vorgezeichnet in >homöostatischen< Prozessen, die w ie in der Physiologie so auch im Sozialkörper sich etablieren? Es ist bezeichnend, daß Kant, der Philosoph der transzendenta­len Prinzipien, auch den Begriff der Strafe als strenge Folge nach einem Kausalitätsprinzip fassen wollte, zw ar »nicht als natürliche Folge«, aber »doch als Folge nach Prinzipien einer sittlichen G esetzgebung«.36 H ier geht es um Konstruk­tion von Grundkategorien des Weltverständnisses.

Wie dem auch sein mag, zweierlei sei auf diesem H intergrund hervorgehoben: Zum einen, w ie stark das Prinzip von Gabe und Gegengabe in den Bereich von Strafe und Rache hinein metaphorisch wuchert und eben damit vieles akzeptabel macht, was unter anderem Gesichtspunkt der Vernunft als verwunderlich, ja irrsinnig erscheinen m üßte; zum anderen, w ie dieses Prinzip doch nie ganz autonom w ird, sondern immer w ieder dem anderen, dem

35 K. Lorenz, D ie R ück seite d e s S p ieg e ls , München 1973.

36 I. Kant, Kritik d e r P rak tisch en V ernunft, Riga 1788, 66; vgl. A. W. Norrie, Law,Id e o lo g y , a n d P un ishm en t. R e t r ie v a l a n d C ritiqu e o f th e L ib era l I d ea l o fC rim ina l J u s t ic e , Dordrecht 1991.

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hierarchischen Prinzip untergeordnet erscheint: Das hori­zontale M odell bedarf des vertikalen.37

Die Akzeptanz der Vergeltung als >geltender< Entspre­chung ist offenbar w eltw eit verbreitet. W iderspruch findet sich eigentlich nur bei Sokrates38 und, weit energischer, in einigen Sätzen und Passagen des Neuen Testaments: »Ver­geltet niemandem Böses m it Bösem «.39 Jesus w ar allerdings so radikal, die Gegenseitigkeit auch im wirtschaftlichen Austausch abzulehnen: »Wenn ihr Geld habt, leiht nicht auf Zins aus, sondern gebt . . . dem, von dem ihr es nicht zurückbekommcn w erdet«, ja »Von dem, der das Deine nimmt, fordere es nicht zurück«.40 »Geben ist seliger denn N ehm en«: »Wehe dem, der nim m t«.41

Dies hat sich nicht durchgesetzt. Gemeinhin gilt TIT FOR TAT So w ird Strafe mit Befriedigung >quittiert<, bei

37 Das heißt auch im positiven Sinn: Das vertikale System ist da, um das horizontale zu erhalten. Vgl. den Prolog der Gesetze Hammurapis: Der König ist eingesetzt, »damit der Starke den Schwachen nicht zunichte macht«; vgl. A ncien t N ear E astem Texts (s. Anm. 9), 164.

38 Platon K riton 49bc; vgl. G. Vlastos, Socra tes. Iron ist a n d M ora l P h ilo soph er ; Cambridge 1991, 179-199: »Socrates’ rejection of retaliation«.

39 1. T h es sa lon ich erb r ie f 5, 15; R öm er b r ie f 12, 17; 1. P e tr u sb r ie f 3, 9; vgl. 2, 23. Daß man eher Böses mit Gutem vergelten sollte, steht allerdings schon in den Weisheitslehren des alten Orients; vgl. W. G. Lambert, B abylon ian Wisdom L itera tu re, Oxford 1960, 100, Anm. 42; gelegentlich auch im Alten Testament, vgl. P rov erb ia 20, 22.

40 Logion 95 des Thomas-Evangeliums; Lukas 6, 30; verharmlost Matthäus 5, 42: »Von dem, der von dir leihen w ill, wende dich nicht ab.« Dazu das Gleichnis vom »ungerechten Haushalter«, das bürgerlich-moralischer Exegese so große Schwie­rigkeiten macht, Lukas 16, 1-9. Keine gegenseitigen Einladungen: Lukas 14, 12. In der 5. Bitte des Vaterunser spricht der Text statt von »Schuld« von »Schulden« (oph eilem a ta , o ph e ile ta i) ; vgl. Matthäus 6, 12. Nur über das Rabbinische ist der theologisch-moralische Sinn gegenüber dem ökonomischen zu sichern; vgl. T h eo lo g is ch es W örterbu ch (s. Anm. 21), V 565; Lukas 11, 4 setzt »Verfehlungen« ( ham artia i) ein.

41 A poste lg es ch ich te 20, 35; D ida ch e 1, 5.

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Heiden w ie bei Christen. »An denen, die etwas Böses getan haben, sich zu rächen (timoreisthai), ist gerecht«.42 Man ist stolz, »Böses mit Bösem wechseln« zu können; so formu­liert es Archilochos.43 Die Rache qua Gegenaggression wird Wechsel, Zahlung, Erstattung, Ersatz und W iedergutma­chung44 genannt und so gerechtfertigt. »Das zahle ich dir heim « oder »das zahlst du m ir heim«: Entscheidend ist die Reziprozität, die M etapher schwankt. »Jetzt hat er alles zusammen zurückgezahlt«, heißt es vom M örder Aigisthos in der Odyssee, nachdem Orestes ihn erschlagen hat;45 »W ir erhalten den Gegenwert (axia) für unsere Taten«, spricht der Schächer am Kreuz.46 A llgemein w ird im Griechischen diken didonai, wörtlich >Recht geben<,47 zum Ausdruck für »bestraft werden« überhaupt; lateinisch entspricht dem poenas dare. So kann einer »m it dem Tod bezahlen, was er getan« hat.48 »G egenwert« im Tun, »G egenwert« im Erlei­den :49 Was im Wechsel verrechnet w ird, weitet sich aus.

42 Pseudo-Aristoteles (Anaximenes) R hetor ica a d A lexandrum 1, 15, 1422a 36; vgl. Theognis 344: »Möge ich dafür Leiden geben: Denn so ist es rechte Ordnung (aisa).«

43 Archilochos 126 West (an tam eib esth a i) ; vgl. Euripides Ip h ig en ia Taurica 436ff.; vgl. Gehrke, a .a .O ., Anm. 42.

44 Im Hebräischen hat sh illam , eigentlich »unversehrt machen«, auch die Bedeutung »vergelten, heimzahlen«; vgl. H eb rä is ch es u n d A ram äisches Lexikon zum A lten Testam ent, begründet von L. Koehler und W. Baumgartner, 3. Aufl. neu bearbeitet von W. Baumgartner, Leiden 1967-1990, 1420f. So z.B . in der Klage, es werde »Gutes mit Bösem vergolten«, G enesis 44, 4; Psalm 35, 12; 38, 21.

45 H om er O d yss e e 1, 43; vgl. 3, 195; Odysseus über den Kyklopen 23, 312: »Er hat die Buße zurückgezahlt.«

46 Lukas 23, 41; R öm er b r ie f 2, 6: »Gott wird jedem nach seinen Werken vergelten (ap odo sei).«

47 Wortbildung und Grundbedeutung von d ik e (»Weisung«?) sind nicht klar.

48 Klytaimestra über Agamemnon, Aischylos A gam em non 1529.

49 Aischylos A gam em non 1527: axia drasas, axia pa sch on .

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Schon in der Ilias w ird m it der Forderung nach poine nicht nur materieller Schaden, etwa ein weggenommener Beutean­teil, eingeklagt. Achilleus fordert, »die Schändung zu bezah­len«, »die ganze herz-schmerzende Schändung m ir (zurück) zu geben«,50 womit der >seelische< Schaden ins Spiel gebracht und allerdings verrechenbar gemacht w ird. In der Ilias w ird den Griechen auch ungescheut in Aussicht gestellt, als Rache für Helenas Entführung mit einer troianischen Frau ins Bett zu gehen; das heißt dann »kriegerischen Ansturm und Schmerzensschreie um Helenas w illen sich bezahlen las­sen«.51 Achills Rache für Patroklos ist eine poine, sie w ird >bezahlt<, indem neben vielen anderen H ektor fallen muß und schließlich zw ölf Troianer an Patroklos’ Grab geschlachtet werden.52 Daß die Gegengabe die Gabe zu übertreffen sucht, ist ein Moment, das in der Rache noch mehr einleuchtet als beim Schenken.53 O dysseus läßt sich von den Freiern ihre Übertretung insgesamt >zurückzah- len<, und er hört darum nicht mit Morden auf.54

Wieso >Gabe< und >Gegengabe< bei Rache und Strafe einander >wert< sind, ist für den leidenschaftslosen Betrach­ter alles andere als evident. Um so mehr ist man im Sprechen und Denken geneigt, auf scheinbar objektive Standards der

50 Homer Ilia s 19, 208; 9, 387; vgl. 1, 232.

51 Homer Ilia s 2, 356 = 590. Der Ausdruck erschien verwunderlich, vgl. die Scholien; vgl. G. S. Kirk, The Iliad . A C om m en ta ry , Cambridge 1985, 153.

52 Homer Ilia s 21, 28; vgl. 17, 207; 16, 398. Man beachte freilich, wie emotional der Racheentschluß des Achilleus, I lia s 18, 97ff., aus Depression und Wut heraus gestaltet ist. Erst in der Paraphrase Platons, A pologia 28cd, kommen die Begriffe tim ore in und »dem unrecht Handelnden Strafe (d ik e) auferlegen« herein.

53 Gehrke, a .a .O ., 133, Anm. 71. Vgl. »das Doppelte«, J e r em ia 16, 18; vgl. Anm. 56.

54 Homer O dyssee 22, 64: apoleisa i.

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Bewertung zu rekurrieren. Als technisches Werkzeug der Äquivalenz-Bestimm ung bietet sich die Waage an. So taucht der Begriff der >Waage der Gerechtigkeit« in der griechischen L iteratur auf;55 allgemeiner, älter und w ichtiger ist der Begriff des >Werts<, des axion, der wiederum vom Bewegen der Waagschale hergenommen ist.56 Auch w ir sprechen mit Selbstverständlichkeit von der >Schwere< eines Vergehens und seiner Bestrafung,57 w ie auch vom >Maß< der Strafe. Rational einleuchtend ist es dann auch, das Maß der Strafe abzuzählen: 50 Schläge w eniger eins in der alttestamentari­schen Prügelstrafe58 - und doch bleibt Prügelstrafe etholo- gisch unterbaute Demütigung und Vergewaltigung. Abzähl­bar ist auch die Dauer der Gefängnisstrafe, und natürlich die Geldstrafe, die ihrem Wesen nach >bemessen< ist - womit das Verfahren der K ikuyus w ieder erreicht wäre.

Eine scheinrationale Form der Vergeltung ist erst recht die Um kehrung der Tat, die auf ein Gleichgewicht von >Tun< und >Leiden< zielt, die Talion. Sie scheint die Entsprechung so objektiv zu fassen: »Auge um Auge, Zahn um Zahn«.59 Sie ist >vernünftige< Begrenzung einer sich vervielfältigenden Rache: »rächt Kain sich siebenfach, so Lamech siebenund-

55 Erstmalig Homerischer H erm es-H ym n os 324.

56 Zu a g e in »das Gegengewicht bewegen«; vgl. Chantraine, a. a. O., s.v.

57 Shakespeare, J u liu s C aesa r: »a grievous fault, and grievously has Caesar answered it«.

58 »Entsprechend«, wörtlich »in der Zahl«, D eu teron om iu m 25, 2 f.; Josephos A ntiqu ita tes Iu d a ica e 4, 8, 21; 2. K o r in th e rb r ie f 11, 24; vgl. Platon L eges 845a. Paroxysmen von Hieb-Zahlen im »Gesetz gegen die bösen Geister« (Videvdat) des Avesta; vgl. E W. Wolff, D as A vesta , Straßburg 1910, 396ff.

59 Exodus 21, 23f.; D eu teron om iu m 19, 21; G enesis 9, 6: »Wer Menschenblutvergießt, des Blut soll auch von Menschen vergossen werden«. Talion auch imCodex Hammurapi § 196, 197, 200; vgl. A ncien t N ear Eastern Texts (s. Anm. 9),175. Vgl. jedoch Anm. 9.

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siebzigfach«.60 Doch gibt es augenfällige Grenzen des Talionsprinzips,61 vor allem aber - cui bonof Wozu zwei Verstümmelte? Was w ird dadurch besser, daß ein Mörder umgebracht w ird, >Blut für Blut<?62 W ir mögen die List der Vernunft bewundern, die bei den Griechen in diesem Fall die Vergeltungsformel durch die Gestaltung des Rituals unterlaufen hat: Die Formel >Blut um Blut< w ird zum Siegel gerade nicht für die Blutrache, sondern für die Reinigung: Ein Tier w ird geschlachtet, ein Ferkel nur, Blut fließt auf Haupt und Hände des M örders - danach abgewaschen, ist er >rein<. »D ie Befleckung des M uttermordes läßt sich abwa- schen«, sagt Orestes bei A ischylos.63 In der Tat, der Mythos vom M uttermörder Orestes, den die Erinyen verfolgen, w ird immer w ieder eben seines glücklichen Ausgangs wegen erzählt: Zuletzt haben die angeblich unversöhnlichen Eri­nyen eben doch von Orestes abgelassen, ob dies nun in Lakedaimon, Troizen oder Athen und mit welchen Riten auch immer geschah.64 Das Ende ist Versöhnung. Versöh­nung heißt im Griechischen >Austausch<, diallage, synallage.

W ir konstatieren ein Ineinander des Rationalen mit dem Emotional-Irrationalen im Komplex der strafenden

60 G enesis 4, 24.

61 Vgl. etwa Exodus 2 t, 23-27.

62 Gefordert im Alten Testament, vgl. G enesis 9, 6 (vgl. Anm. 59); N um eri 35, 33. Zur Kritik Antiphon 5, 95; Sophokles Elektra 582.

63 Aischylos E um en id es 281; vgl. Heraklit B 5; Sophokles O id ipu s T yrannos 100; Euripides H erak les 40; Ip h ig en ia Taurica 1037; O restes 510; 816.

64 Pausanias 2, 31, 4; 3, 22, 1; 7, 25, 7; 8, 34, 1; zu einfach also Gehrke, a .a .O ., 131, Anm. 61: »Die Rache der Erinyen ist endlos«; vgl. auch 134, womit er dem Erinyen-Lied, Aischylos E um en id es 339f., bzw. Schillers Adaption in den »Kranichen des Ibykus« folgt. Die »Reinigung« des Orestes läßt sich auch, wie die analoge der Proitiden, als »Heilung« einer Krankheit auffassen; vgl. Verf., D ie O rien ta lis ieren d e E poche, Sitzungsberichte Heidelberg 1984, 1 58f.

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>Vergeltung<. Das zivilrechtliche Prinzip des Tauschgeschäf­tes liefert dem Strafrecht die Formulierung und die rationale Legitim ation, als gehe es um >Erstattung<; darunter rumort das Prim itive. Aggression, Wut, Schreck und Unterwerfung sind immer mit im Spiel, doch sie unterstellen sich rationalen Regeln oder maskieren sich als solche, wobei das Rationale vom >Primitiven< her seine D ynam ik und seine emotionale Aufladung erfährt. Der Schadenersatz - poine - zeigt sich der >Wahrung der Ehre< - timoria - untergeordnet.

M it anderen Worten: Auch Strafen bleiben Merkmal der M acht, sie erweisen sich immer w ieder als der Hierarchie unterstellt. Es ist der M ächtige, der Patriarch, der König als Gerichtsherr, der sich eben darin bewährt, daß er die >gebührenden< Strafen verhängt. Kyros als Kind spielt König und erweist seine Eignung, indem er einem Spielkameraden Peitschenhiebe applizieren läßt.65 Besonders verräterisch sind die größten, die abschreckendsten Strafen. Michel Foucault hat in seiner Studie Überwachen und Strafen, die sich auf den Übergang vom 18. zum 19.Jahrhundert kon­zentriert, herausgestellt, w ie die unter der Monarchie zele­brierten martervollen Strafen im Grund »ein Zeremoniell zur W iederherstellung der für einen Augenblick verletzten Souveränität« waren. »N icht die Gerechtigkeit, die Macht wurde durch die M arter w iederhergestellt«.66 Die Griechen nahmen m it schaudervoller Verwunderung davon Kenntnis,

65 Herodot 1, 114. Der König kann seine Strafgewalt freilich übertreiben, so Salomons Nachfolger Rehabeam; vgl. 1. K ön ig sbu ch 12, 12-15.

66 M. Foucault, Ü berw a ch en u n d S tra fen . D ie G ebu rt d e s G efän gn isses , Frankfurt1977 (franz. S u rve illir e t pun ir. N aissan ce d e la p r ison , Paris 1975), 9-12, 64 f.Vgl. auch die Wiedertäufer in Münster.

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was für ausgesuchte Strafen in den östlichen Monarchien vorkamen, etwa beim Perserkönig.

M it der Erschütterung der Monarchie durch die Fran­zösische Revolution hat sich sowohl die Ideologie als auch der Vollzug der Strafe geändert, w ie Foucault zeigt. Analo­ges ist schon für die griechische Polis zu vermuten, die ja keinen Monarchen hat. Dike, das Recht, als einsichtige Ordnung, setzt den Ausgleich voraus. So müßte im Innern der Polis das >zurechtstutzen<, kolazein, genügen, die O rd­nung zu erhalten oder w iederherzustellen, w ie auch nach außen im Krieg vordringlich die herkömmlichen Grenzen zu verteidigen waren.67 Tatsächlich gibt es in der griechischen Polis die ausgesuchten Marterstrafen nicht. Im Vordergrund stehen Vermögensstrafen, daneben aber die scheinbar ver­nünftigsten und w irksam sten Maßnahmen gegen den Ver­brecher: Verbannung und Todesstrafe. M it der Todesstrafe ist die Polis nach unseren Begriffen erschreckend leichtsin­nig umgegangen; man braucht kaum an Sokrates zu erin­nern. Die Abstimmung w ar korrekt, der W ille der Mehrheit stand fest, und die Form der Exekution war >human<.6S Der Schauder bleibt.

Überhaupt kann von Fortschritten der H umanität nur in Grenzen die Rede sein. Blieb doch die schärfste Form

67 Es gibt den Begriff des »gerechten Kriegs«; vgl. M. Mantovani, B ellum Iu stum , Bern 1990. Insofern ist die Feststellung Gehrkes, a. a. O., 130, in der Außenpoli­tik seien Rache und Recht nicht differenziert, zu modifizieren. Bei den Römern ist Voraussetzung des b e llu m iu stum immer die Forderung nach Schadenersatz, re s r e p e t e r e ; das Ergebnis freilich war die Etablierung der Macht, schließlich das Im p er ium R om anum .

68 Platons Schilderung der Schierlings-Vergiftung im P ha idon ist allerdings nicht realistisch; vgl. Ch. Gill, T he D ea th o f S ocra tes, in: Classical Quarterly 67 (1973), 25-28; W. B. Ober, D id S ocra tes D ie o f H em lock P o ison in g? in: Ancient Philosophy 2 (1982), 115-121.

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vertikaler Rangabstufung praktisch unangefochten, die Skla­verei. Die ärgsten Abschreckungsm ittel, die den Mächtigen zur Verfügung standen, wurden vorzugsweise gegen Sklaven eingesetzt; so jene raffinierteste Grausamkeit, die einen Menschen tagelang vor aller Augen sterben ließ: die Kreuzi­gung. Die römische Besatzungsmacht zögerte nicht, diese Strafe auch an einem sogenannten >König der Juden< zu vollstrecken.69 N icht die Gerechtigkeit, die Macht wurde auf diese Weise gefestigt.

Die Todesstrafe ist die scheinbar kälteste Form der Strafe und doch nicht ohne Grund besonders emotionsgela­den. Es ist so einleuchtend, daß >das Böse<, M ißratene zu beseitigen sei, endgültig und auf >saubere< Weise, »als eine Krankheit der Stadt«70 - wäre es nicht bereits kaschierend und irreführend, hier vom >Bösen< als einem N eutrum zu sprechen. Besonders anschaulich ist Xenophons Bericht von der Verhandlung im H eerlager des Usurpators Kyros gegen den Verräter Orontes. Das entscheidende Votum fällt dem griechischen General Klearchos zu :71 »Ich rate, diesen Mann möglichst schnell aus dem Weg zu schaffen, damit man nicht mehr vor diesem auf der Hut sein muß, sondern w ir freie Bahn haben, denen, die gut sein wollen, Gutes zu tun«. Der Verräter w ird ins Zelt des Artapatos gebracht, und niemand sah ihn danach wieder, noch eine Spur von ihm : Er w ar in perfekter Weise »aus dem Wege geräumt«. Im alttestament- lichen Deuteronomion sind die vielfältigen Androhungen

69 P. Ducrey, N ote su r la cru cifix ion , in: Museum Helveticum 28 (1971), 183-185;M. Hengel, C rucifix ion in th e A ncien t W orld a n d th e Folly o f th e M essage o f th eCross, London 1977.

70 Platon P ro ta go ra s 322d.

71 Xenophon A nabasis 1, 6, 9.

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der Todesstrafe immer w ieder so formuliert, »daß das Böse aus deiner M itte h inw eggetilgt sei«.72 Auch schon im Gilgameschepos w ird der Angriff von Gilgamesch und Enkidu auf Humbaba, den H üter des Zedernwaldes, im Gebet an den Sonnengott in dieser Weise stilisiert: »damit alles Böse, das du hassest, aus dem Lande hinweggetilgt se i« .73

>Reinigung<, >Säuberung< ist ein A lltagsverfahren zur Sicherung des Lebens, präzisiert durch die M edizin. Und doch w ird mit einer solchen Formel im Umgang mit Menschen in Wahrheit der Vollzug der Aggression absolut gesetzt. Geht es dieser darum, den Konkurrenten zu verja­gen und einen ausreichenden Lebensraum zu erhalten,74 so w ird in der geistig fixierten Welt des Menschen dem störenden >anderen< nicht ein begrenztes Territorium, son­dern der Bereich des Lebens, der Welt überhaupt bestritten. Der Mensch kennt den Tod und glaubt damit die >End- lösung< zu kennen. In den unausrottbaren Emotionen, die solche Akte begleiten, kommt die biologische Grundlage doch w ieder zum Durchbruch. Daß die >Entsorgung< nicht gelingt, daß das vorgeblich >ausgetilgte Böse< in Gestalt des tilgenden Töters erst recht bleibt, ist gleichsam die Rache der Realität, die keine absolute Vernichtung kennt. So bleiben die Täter. A llerdings verschwindet der Zedernwald, den Gilgamesch zu fällen unternimmt.

72 D eu teron om iu m 19, 19; 21, 21; 22, 21 etc. Der Ausdruck für »hinwegtilgen«, b cr, scheint eigentlich vom Abweiden zu kommen; vgl. H eb rä isch es un d A ram äisches Lexikon (s. Anm. 44), 140. Daneben sm t (vgl. ebd., 970), z. B. in Psalm 94, 23.

73 Assyrische Version III ii 18, p. 71 Thomson; vgl. A ncien t N ear E astem Texts (s. Anm. 9), 81. Babylonische Version III iii 7, p. 26 Thomson; vgl. ebd., 79. Vgl. auch W. v. Soden, Das G ilgam esch-E pos, Stuttgart 1982, 38.

74 Vgl. K. Lorenz, Das s o g en a n n te B öse, Wien 1963.

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Allgemein findet man die Tötung entschieden in den Dienst der timoria gestellt, als die absolute Form, >Ehre zu wahren<. Dies gilt im Epos von Odysseus nicht minder als von Achilleus. In historischer Zeit rühmt sich ein karischer Dynast, >viele Menschen getötet zu haben<;75 Polyphontes, der >Viel-Töter<, ist aber sogar schon ein bronzezeitlicher Personenname. Es gab Gesellschaften, die nur den Mann anerkannten, der getötet hat. Ethnologen konnten Kopfjä­ger noch vor wenigen Jahrzehnten beobachten; ihr ganzer Stolz hing an dieser einmaligen Leistung.7'3 Man hat sogar in einer >wilden< Gesellschaft festgestellt, daß die >Rächer< und >Töter< über mehr Frauen verfügen und mehr Nachwuchs zeugen als die anderen,77 was düstere soziobiologische Perspektiven eröffnet: Wurden Aggression und Rache-Ethik in der Entwicklung geradezu selektioniert? Jedenfalls: Im Töten hat die Wahrung des Ranges, die timoria, das Prinzip der Gegenseitigkeit w eit hinter sich gelassen. Man mag auch bedenken, w ie selbstverständlich in der Antike und ander­wärts die Ehre des Gottes darin besteht, daß >für den Gott< getötet w ird , im blutigen Opfer. Gewiß, Isaak w ird gerettet, aber die W idder werden geschlachtet und verbrannt, und die A ltäre duften vom Fett, in Jerusalem w ie in Griechenland.

Die religiösen Traditionen versuchen, die geistige Welt im Absoluten zu fixieren. Das Bild des >vergeltenden<,

75 P. A. Hansen (ed.), C arm ina ep ig ra p h ica G raeca S a ecu li IV a. Chr. n ., Berlin 1989, nr. 888, 11.

76 R. Rosaldo, I lo n g o t H eadhun tin g , 1883-1974, Stanford 1980.

77 N. A. Chagnon, L ife H istories, B lo od R ev en g e , a n d W arfare in a TribalPopu la tion , in: Science 239 (1988), 985-992. Die Literatur bevorzugt, vonAchilleus bis Hamlet, das Bild vom tragischen Rächer, der um der Rache willendas eigene Leben preisgibt; so schafft die Erzählung Sinn durch Ausgleich.

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»strafenden«, >rächenden< Gottes scheint dabei eine fast unentbehrliche Rolle zu spielen, zumal in der A ntike.78 Uns gilt die Vorstellung vom vergeltenden, strafenden Gott zumeist als >alttestamentlich<;79 es hegt nahe, den »gnädigen Gott< des Neuen Testaments davon abzuheben und beidem die deicht lebenden«, amoralischen Götter Homers gegen­überzustellen. Die Verhältnisse sind jedoch im einzelnen komplizierter, die Grundstrukturen aber - so meine These - w eithin homolog.

Vom »Gott der Rache« spricht in der Tat das Alte Testament; m it eben diesem Ausdruck, »G ott der Rache«, ruft ihn der Psalmist an.80 »Die Rache ist mein, ich w ill vergelten, spricht der H err«, zitiert das Neue Testament aus dem Alten, und dieser Satz ist oft in moderner Reflexion zur Leitschnur genommen w orden.81 Doch hat Paulus die alttestamentliche >Schrift<, auf die er sich beruft, sehr ungenau wiedergegeben und das besitzanzeigende Fürwort offenbar frei eingesetzt; der U rtext spricht nur vom >Tag des Herrn< als dem >Tag der R achec82 Der H err w ird w ie in einer Kelter die Völker in seinem Grimm zertreten. Gespro­chen sind solche Sätze aus der Situation des Unterlegenen

78 Dazu allgemein J. G. Griffiths, T he D iv in e Verdict. A S tudy o f D iv in e J u d g em en t in th e A ncien t R elig ion s, Leiden 1990.

79 Vgl. G. Sauer, D ie s tra fen d e V ergeltung G ottes in d en P sa lm en , Erlangen 1961; K. Koch (ed.), Um das Prinzip d e r V ergeltung in R elig io n u n d R ech t d e s A lten T estam ents, Darmstadt 1972. Verwendet wird im Hebräischen vor allem der Stamm n q m ; so »Tag der Rache« j o m naqam in Jesaja 63, 4; »Herr der Vergeltungen« e l n eq am o t in Psalm 94, 1. Vgl. E. Jenni, T h eo lo g is ch es H and­w ö r t e rb u ch zum A lten T estam ent, München 1976, II 106-109. Daneben auch sh illam »heil machen«; vgl. Anm. 44.

80 Psalm 94, 1.

81 Karl Moor am Ende von Schillers R äu b ern : »Dein eigen allein ist die Rache«.

82 R ö m er b r ie f 12, 19, danach offenbar H eb rä e rb r ie f 10, 30, gegen D eu teron om iu m 32, 35, in der Septuaginta korrekt wiedergegeben.

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heraus, zum al aus der Geschichtserfahrung des Pufferlandes Palästina, das sich immer w ieder den Mächtigeren preisgege­ben sah. Da wartet man auf den großen Helfer, der sich durchsetzen und alles ändern w ird. Die >Rache< des Herrn ist die Bestätigung seiner Macht über alle und alles. Die Hoffnung gilt ganz und gar der vertikalen Hierarchie. Doch auch das Neue Testament lebt in der Erwartung der himmlischen Monarchie, die auf >Heerscharen< nicht ver­zichtet und »ew ige Strafe« kennt.83

Das altgriechische Bild von den Göttern scheint dem­gegenüber ein schlichteres, >primitives<, ja vormenschliches Rangsystem zu spiegeln, jene deicht lebendem Überlegenen, deren Launen man hinzunehmen hat und die m it >Vorsicht< zu behandeln sind. Diese Götter sind vor allem auf ihre >Ehre< bedacht, sie »freuen sich, wenn sie von den Menschen geehrt w erden«,84 sie insistieren auf ihrem Vorrang. »Siehst du, w ie der Gott das Überragende mit seinem Blitz trifft; das Kleine stört ihn n icht«, heißt es bei Herodot, und: »Gott liebt es, alles Überragende zu beschneiden«85 - da haben w ir w ieder jenes kolouein/kolazein und sind doch, mit dem berüchtigten >Neid der G ötten ,86 vom Magnificat des Evan­geliums gar nicht weit entfernt: Bei den Griechen w ie in Israel w ird der Gott gepriesen als der, der die Hohen erniedrigt und die N iedrigen erhöht; so Hesiod im Pro- ömium seines Gedichts Werke und Tage, so M aria: Zeus

83 Matthäus 25, 46 (kolasis a ion ios).

84 Euripides H ippoly tos 8, oft zitiert.

85 Herodot 7, 10d; vgl. die Erzählung von Polykrates 3, 40, 2.

86 Zum »Neid« vgl. E. Milobenski, D er N eid in d e r g r ie ch is ch en P h ilo soph ie ,Wiesbaden 1964; P. Walcot, E nvy a n d th e G reeks. A S tudy in H um an B ehaviou r ,Warminster 1978, 22-51. Die Göttin Nemesis als irrationales »Übelnehmen« istnicht als »Rache« zu vereindeutigen; gegen Gehrke, a. a. O., 130.

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»macht leicht den Herausragenden klein und läßt den Unbedeutenden wachsen«; der H err »stößt die Gewaltigen vom Stuhl und erhöht die N iedrigen«.87 Das ist großartig und findet zustimmenden W iderhall - und doch ist hier für einmal kein Wort von >Schuld< und >Strafe<, von Begründung und moralischer Rechtfertigung, nur vom Wechsel ist die Rede, der einen Ausgleich herstellt. Darin erweist sich die überragende Macht des Gottes. Die religiöse Emotion erfüllt sich im >vertikalen< Modell.

Denn auch die kapriziösen Griechengötter sind gerade in ihrer Überlegenheit Garanten des menschlichen, ihnen untergeordneten Rechts, schon als Wahrer der E ide.88 Von göttlicher Strafe ist auch bei Homer und Hesiod durchaus die Rede.89 In der Parodie der Fabel verallgemeinert dies Archilochos: Der Fuchs betet zu Zeus: »D ir liegt die Übertretung und das Recht der Tiere am H erzen«.90 Für die Menschenwelt sollte erst recht gelten: Es ist das über­gewichtige Ausgreifen, die hybris, die den Gott herausfor­dert und darum die Vergeltung gemäß dem >Recht<, dike, geschehen läßt. Absolut gesetzt w ird das Postulat der göttlichen Überwachung gerade in dem berühmten a th e is ti­schen« Text des Kritias oder Euripides über die Erfindung

87 Hesiod Erga 1 ff.; Lukas 1, 46ff.

88 Vgl. Verf., G riech isch e R elig ion d e r a rch a is ch en u n d k lassischen E poche, Stuttgart 1977, 371-382.

89 H. Lloyd-Jones, The J u s t ic e o f Z eus, 2. Aufl., Berkeley 1983; Saunders, a .a .O ., 33-46. Vgl. auch Verf., 0EÜN O M N O Y K AAETONTEI. G ö tte r fu r ch t u n d L eum ann sch es M ißverständn is, in: Museum Helveticum 38 (1981), 195-204. In der griechischen Fassung des Sukzessionsmythos ist die Herrschaft des letzten, jüngsten, Zeus, darum definitiv, weil sie mit »Recht« ( th em is) zusammengeht; vgl. G. Steiner, D er Suk zession sm ythos in H esiods T h eo g on ie u n d ih ren o r ien ta li­s ch en P a rallelen , Diss. Hamburg 1959; M. L. West, H esiod T h eogon y , Oxford 1966, 18-31.

90 Archilochos Fr. 177 West.

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der Religion: Ein kluger Gesetzgeber dachte sich den allwissenden, geistigen Gott aus als das Auge des Ge­setzes, dem nichts entgehen kann. Die Furcht vor Strafe soll die Menschen zur M oral zw ingen, »auf daß das Recht Tyrann se i«.91 >Tyrannis< also w ird aufgebaut, damit das Recht seinen Lauf nehmen kann: Es bedarf der vertikalen, der absoluten H ierarchie und darum eben des Gottes.

So erscheint bei Juden, Griechen und Christen die göttliche Strafmacht als wesentlicher Teil der göttlichen Macht überhaupt. Der jüdische Philosoph Philon von Alexandrien konstatiert in seiner Theologie zwei Kräfte des >Seienden<, die Macht der Gnade und die Macht der Strafe G ottes;92 er verweist auf die Statue des Apollon von Delos, der in der rechten Hand Chariten, in der linken aber den Bogen hält: Charis freundliche Gunst< soll den Vorrang haben und steht doch in untrennbarer Verbundenheit der kolasis >Strafe< gegenüber. Kelsos, der heidnische Kritiker des Christentums, hält den Christen vor, w ie unsinnig ihre Passionsgeschichte sei: Gott hätte strafend dazwischenfah­ren müssen, wenn denn w irklich sein Sohn, Jesus, gemartert w urde; Heidengötter, meint Kelsos, hätten sich gegen Lästerer in offenbarer und heftiger Weise gewehrt; so jedenfalls die erbaulichen Legenden, auf die er sich beruft.93 Origenes aber erw idert Kelsos seinerseits, Gott habe doch in offenbarer Weise gestraft: Die Schuld lag beim Volk der Juden, das nun vernichtet ist.94 Ein spätantiker Text, betitelt

91 Kritias T ragicorum G raeco rum F ragm en ta 43 F 19, 6.

92 Philon Q uis R erum D iv in a rum H eres 166: charistike/kolastike d ynam is ; vgl.T h eo lo g is ch e s W örterbu ch (s. Anm. 21), III 816.

93 Origenes C on tra C elsum 8, 41.

94 Origenes C on tra C elsum 2, 34.

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>Die Strafe/Rache des Erlösers<, Vindicta Salvatoris, handelt von der Eroberung und Zerstörung Jerusalems durch die Röm er; der Text diente vor allem im Spätm ittelalter als Grundlage frommer M ysterienspiele.95 Uns schaudert vor solcher Theodizee ob ihrer Folgen, w ir müssen aber hinneh­men: Das Gute, das Göttliche schien eben ob seiner Strafgewalt verehrungswürdig. Einzig M ani, der Begründer des Manichäismus, suchte einen Gott zu fassen, der nur gut und nichts als gut ist, m it der Konsequenz, daß dieser Gott nun allerdings dem Angriff des Bösen wehrlos gegenüber­steht: Ein Gott ohne Strafgewalt, kann er nur den Sohn zum Opfer geben. Aus griechischer Sicht mußte dies geradezu zum Hohn reizen: »ein Feigling und miserabler Stratege« sei solch ein Gott; so Sim phkios.96 Hängt es damit zusammen, daß der Manichäismus schließlich untergegangen ist?

Zurück zu unserer Welt: Die A lltagserfahrung folgt selten den Legenden und Fabeln, sie scheint die strafende Gerechtigkeit des Gottes oder der Götter immer w ieder in Frage zu stellen. Diesem Problem stellen sich schon die >Weisheitstexte< aus Ä gypten, Mesopotamien und Israel, das Buch Hiob zumal. Auch wenn man, in Israel w ie in Griechenland, die Perspektive von >Kindern und Kindeskin- dern< dazunimmt, an denen Belohnung w ie Strafe sich schließlich erweisen soll,97 kommt die ausgleichende Gerechtigkeit in unserer Welt offenbar nur höchst unzu­länglich zur Entfaltung. So bewältigt denn religiöse Phanta-

95 S. K. Wright, The V engeance o f o u r Lord. M ed ieva l D ram a tiza tion s• o f th e D estru ction o f J e ru sa lem , Toronto 1989.

96 In E pictetum C om m en ta ria p. 70 Dübner; vgl. A. Adam, Texte zum M anichä is­m us, 2. Aufl., Berlin 1969, nr. 51.

97 Exodus 20, 4; Solon Fr. 13, 31 f. West.

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sie und religiöse Verkündigung den postulierten Ausgleich im Entwurf eines Jenseits, m it M ythen, die zu hemmungs­losen Strafphantasien werden können. Die Verbrechen und Leiden der Welt, die Klagen der Erniedrigten und Beleidig­ten verhallen nicht ungehört. Schon Ä gypter malten eine Feuerhölle aus, Platon läßt feurige Schergen auftreten; wesentlich ist ihm dabei klarzustellen, »um w esw illen« die Strafe vollzogen w ird :98 Schuld und Strafe gehören zusam­men und bedingen sich gegenseitig. So ertönt die Stimme der Büßer aus dem Tartarus bei Vergil: Lernt Gerechtigkeit, und die Götter nicht zu verachten, discite mstitiam momti et non temnere divos." Selbst ewige Strafen also dienen einem >Lernprozeß<; zu lernen aber ist vor allem die rechte H ierarchie, »G ötter nicht zu verachten«.

Es gibt eine spekulative M öglichkeit, die horizontale Perspektive des Ausgleichs auch ohne himmlische Garanten konsequent durchzuführen, in der Hypothese einer Seelen­wanderung, die dem Prinzip einer perfekten Talion folgt, so daß nach unpersönlichem Gesetz im jeweils folgenden Leben der Ausgleich zustande kommt. Seelenwanderung wurde w ie in Indien auch in Griechenland gelehrt;100 sie hat in unserer Kultur bisher nur begrenzt Fuß fassen können.

So problematisch die göttliche Strafe in spekulativer Theologie bleibt, so überzeugend kann sie in existentieller Perspektive als Deutung des eigenen Lebens erscheinen. Das real erlebte, erlittene U nglück als >Strafe< zu verstehen, ist

98 Platon P o liteia 616a; zur Abschreckung durch Strafe bei Platon vgl. Anm. 5.

99 Vergil A eneis 6, 620.

100 Verf., G riech isch e R elig ion (s. Anm. 88), 444. Zum Ausgleich im nächsten Lebenbes. Platon L eges 870de; zur »Gerechtigkeit des Rhadamanthys« AristotelesE thica N icom a ch ea 1132b 25.

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eine weitum geübte Form religiöser Sinndeutung, ja etab­lierte religiöse Praxis zur Bewältigung von Unheilserfah­rung.101 Krankheitsnot drängt sich, verständlicherweise, immer w ieder in den Vordergrund. »H at dieser gesündigt oder seine E ltern?« fragte man Jesus angesichts eines Blind­geborenen; >Sünde< muß auf jeden Fall, w ie man voraus­setzt, die Ursache sein - was Jesus freilich ablehnt.102 Nicht so der hethitische König M ursilis, um 1340 v. Chr.: Die Pest lastet auf seinem Land, und obschon er weiß, daß Kriegsge­fangene sie eingeschleppt haben, sucht er nach >Sünde<, die dies erklären soll, er studiert Urkunden und befragt Orakel: H at er selbst einen Verstoß begangen oder sein Vater? Er findet, daß Opfer an den Fluß Euphrat unterblieben sind, doch auch, daß der Vater einen Vertrag gebrochen hat. So kann der König Maßnahmen treffen und versichern: »Die Ursachen für die Pest, die festgestellt wurden, habe ich beseitigt. Ich habe reichlichen Ersatz geleistet«.103 Ersatz schafft Versöhnung im Um gang mit den Göttern. Im Grund ganz parallel verläuft der Anfang der Ilias: Die Pest ist da, die Scheiterhaufen brennen, der Seher nennt die Ursache des Götterzorns: Ein Priester des Apollon ist beleidigt worden; man muß ihm Ersatz leisten und kann dann auch den Gott durch Fest und Opfer versöhnen. Noch eindrucksvoller, realitätsnäher sind Dokumente von Privatkulten, w ie sie vor

101 Es gibt freilich auch andere Reaktionen religiösen Brauchs, Ersatzopfer im Sinn eines klugen Austausches oder Sündenbock-Mechanismen; vgl. R. Girard, La V iolence e t l e Sacre, Paris 1972; Ders., Le b o u c em issa ire, Paris 1982; aber auch Verf., S tru ctu re a n d H istory in G reek M y th o lo g y a n d R itual, Berkeley 1979, 59-77.

102 Johannes 9, 2.

103 A ncien t N ear E astern Texts (s. Anm. 9), 394f.; R. Lebrun, H ym n es e t P rieres H ittites, Louvain-La-Neuve 1980, 192-239.

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allem aus dem kaiserzeitlichen Kleinasien stammen, etwa: »Unwissend habe ich Bäume geschlagen aus dem Hain des Sabazios und der Anahita. Ich wurde bestraft. Jetzt habe ich ein Gelübde getan und weihe dankend dieses M onument« - so lesen w ir es dann auf einer steinernen Stele. Die >Strafe< w ird sich in einer Krankheit manifestiert haben; die Wei­hung w ill die H eilung dokumentieren und sichern.104

Leiden also finden ihre Therapie oder werden zum in­dest einsichtig und insofern erträglich gemacht, indem sie als göttliche Strafe gedeutet werden. Das Böse in der Welt sei in erster Linie Strafe Gottes, behauptete der stoische Philosoph C hrysipp .105 Die prophetische Geschichtsdeutung Israels hat die historische Katastrophe einschließlich der Zerstörung des Tempels von Jerusalem zur Strafe für die Abgötterei des Volkes erklärt. Ein System von Ursache und Folge w ird so entworfen; es vollzieht sich ein grundlegender A kt von Sinn-Konstitution: Im Aspekt der >Strafe< w ird ein Zusam­menhang hergestellt, der den Ablauf der Welt begreiflich macht. Bestätigt w ird auch hier im >strafenden< Ausgleich das vertikale M odell, w ie denn die Praktiker der Religion, die H eiligtüm er und Priester w eithin ihre A utorität daraus beziehen.

Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen w ar der Titel eines Buchs von Theodor Lessing (1916). Man kann für die persönlich-privaten >Geschichten<, w ie sie hier referiert w urden, auf diese Formel zurückgreifen: In der Tat, die überwundene Unheilserfahrung w ird zu einer Geschichte, die sich erzählen läßt; so werden Lebensbeichten dokumen-

104 Ältere maßgebende Sammlung: F. S. Steinleitner, D ie B e ich te im Z usam m enhan g m it d e r sak ra len R ech tsp f le g e in d e r Antike, Diss. München 1913, hier nr. 14.

105 Plutarch D e S to ico rum R epu gn an tiis 1050e.

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tiert, doch wuchert die Erzählung dann auch in Fabel und Legende. Genau genommen handelt es sich um eine Erzähl­struktur zweiten Grades, werden doch je zwei >Geschichten< miteinander kausal verknüpft, die von der >Tat< und die von der >Strafe<: Da war einmal das Fällen der Bäume, und nun Krankheit, Gelübde und H eilung. Oder ein anderes ein­prägsames Beispiel aus dem Alten Testament:106 Ein >Got- tesmann< ist m it einem Auftrag Jahwes zu König Jerobeam entsandt worden; sein Auftrag schloß das Gebot ein, unterwegs nicht zu essen noch zu trinken; er ließ sich dann aber doch durch einen freundlichen >Kollegen< einladen; die Folge blieb nicht aus: »U nterwegs aber stieß ein Löwe auf ihn und tötete ihn«. Ein seltener >Zufall< erhält seinen Stellenwert, indem er mit dem früheren Ereignis verknüpft w ird. Das ganze demonstriert die göttliche M acht und Lenkung und ist zugleich schaurig schön. Auch der kausal erklärende H istoriker vermag sich solcher Erzählform kaum zu entziehen.107

War beim Blick auf >Vergeltung< zunächst das physika­lische Grundprinzip der Erhaltungssätze in den Blick gera­ten, so scheint hier eher das nicht minder universale Prinzip der Kausalität, das zweite Prinzip unserer rationalen Welt, zu w uchern .108 Vergeltung, um stellt von >irrationaler< Lei-

106 1. K ön igsh u ch 13.

107 So spricht etwa der Rationalist Polybios von der »eigentümlichen Vergeltung« (oik eia am o ih e) , gewirkt vom da im on ion , in bezug auf ein besonders grausames Verbrechen: Polybios 1, 79f.; 1, 84, 10.

108 Einen großangelegten Entwurf über Vergeltung und Kausalität hat Kelsen vorgelegt, doch wird man seinem Fortschrittsgedanken, insbesondere dem Konstrukt einer »primitiven Naturauffassung«, nicht mehr folgen können; vgl. H. Kelsen, V ergeltung u n d Kausalität, Wien 1982 (engl. S o ciety a n d N ature, Chicago 1943).

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denschaft, postuliert einen Sinnzusammenhang: Man kann es doch nicht einfach so hinnehm en. . . So lassen sich Menschen, und erst recht aggressiv geschlossene Menschen­gruppen, ihre Rache nicht nehmen, aus einem >Gefühl< der Gerechtigkeit. So schaffen w ir uns eine gedeutete Welt und suchen sie aufrechtzuhalten. Freilich, mit den Worten der ersten Duineser Elegie, »die findigen Tiere merken es schon, daß w ir nicht sehr verläßlich zuhaus sind in der gedeuteten Welt«.

Um zusammenzufassen: Nachgegangen wurde anhand antiker Traditionen dem Paradox, w ie im Prinzip der >Vergeltung< seit je und überall sich Emotionales und R atio­nales durchdringen, wobei ein >vertikales< und ein >horizon- tales< Modell sich überkreuzen. W ir finden die Akzeptanz der H ierarchie als uralt ererbte Sozialisationsform, w ir finden das Postulat universellen Ausgleichs und nachvoll­ziehbarer Kausalität als Einsicht in die allgemeinsten For­men einer stabilen Welt. Anaximandros meinte, daß dem Ausgleich durch tisis und dike ein erstes und herrschendes Prinzip vorgeordnet sein müsse, eine arche, unbegrenzt und göttlich. W ir haben unsererseits den Zusammenbruch fast aller Autoritäten und H ierarchien erlebt; so beschäftigt sich kaum durch Zufall die Grundlagen-W issenschaft zur Zeit vorzugsweise und hingebungsvoll mit dem Begriff des >Chaos<. Vielleicht sind weitere Fortschritte der menschli­chen Einsicht in die W irklichkeit zu erwarten; w ie überge­ordnete Regelung zustande kommt, inw ieweit das freie Spiel des Austausches nach dem Prinzip des universalen Marktes ohne übergeordnete Macht auf die Dauer sich bewähren kann, steht dahin. W ir sollten uns jedenfalls nicht wundern, wenn Emotionen nicht aufhören, nach der fundamentalisti­schen Regression zur A utorität zu verlangen.

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Über den AutorWalter Burkert, geboren am 2.2.1931 in Neuendettelsau (Bayern), studierte Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie an den Universitäten Erlangen und München, promovierte 1955 in Erlan­gen und habilitierte sich dort 1961. Nach einem Aufenthalt in USA 1965/66 wurde er 1966 Professor der Klassischen Philologie an der Technischen Universität Berlin, 1969 an der Universität Zürich. Er war Gastprofessor an der Harvard University 1968 und 1982, Sather Professor an der University of California in Berkeley 1977; 1990 erhielt er den internationalen Balzan-Preis. Walter Burkert ist ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und korrespondierendes Mitglied der Heidelber­ger, der Bayerischen und der Österreichischen Akademie sowie der British Academy und der American Academy of Arts and Sciences.

Arbeitsschwerpunkte

Frühgriechische Philosophie und griechische Religion, insbeson­dere Mythologie und Opferrituale in anthropologischer Perspek­tive; orientalisch-griechische Wechselbeziehungen.

Bücher

Weisheit und Wissenschaft. Studien zu Pythagoras, Philolaos und Platon, Nürnberg 1962 (englisch: Lore and Science in Ancient Pythagoreanism, Cambridge, Mass. 1972).Homo Necans. Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen, Berlin 1972 (auch italienisch und englisch).Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche, Stuttgart 1977 (auch englisch, italienisch und neugriechisch). Structure and History in Greek Mythology and Ritual, Berkeley 1979 (auch italienisch).Anthropologie des religiösen Opfers. Die Sakralisierung der Gewalt, München 1984 (Carl Friedrich von Siemens Stiftung: Themen XL).Ancient Mystery Cults, Cambridge, Mass. 1987 (deutsch: Antike Mysterien. Funktionen und Gehalt, München 1990, 19943; auch italienisch, französisch und brasilianisch).

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Wilder Ursprung. O pferritual und M ythos b e i d en G riechen, Berlin 1990 (auch italienisch).The O rientaliz ing R evo lu tion . N ear Eastern In flu en ce on Greek Culture in th e Early A rchaic Age, Cambridge, Mass. 1992.Platon in N ahaufnahme. Ein Buch aus H ercu laneum , Stuttgart/ Leipzig 1993.

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THEMEN - Eine Privatdruck-Reihe der Carl Friedrich von Siemens Stiftung

In d er R e ih e »T hem en « w ird eine k le in e A usw ah l der in d er Stiftung geha lten en V orträge verö ffen tlich t. D ie P riva td rucke , d ie im Buchhandel n ich t e rh ä ltlich sind , könn en von d er S tiftun g d irek t bezogen w erden . Die angegebene Jah reszah l z e ig t an , w an n d e r betreffen de V ortrag gehalten w u rd e . V ergriffene H efte sind m it dem V erm erk »vgr« g eken n zeich net.

B is M itte 1994 sind fo lgende H efte ersch ien en :

1 R e in h a r d R a j p a l t »D as P roblem der K ontak tb ildung in d er zeit genössischen G ese llsch aft« ( i9 6 0 ) vgr

2 K u r d v . B ü l o w »Ü b e r den O rt des M enschen in d er G esch ich te der E rde« (1961) vgr

3 A l b e r t M a u c h e r »Ü b er das G esp räch« (1961) vgr4 F e l ix M e s s e r s c h m id »D as Problem der P lanung im Bereich der

B ild u n g « (1961)5 N a t i o n a l r a t P e t e r D ü r r e n m a t t »D as V erhältn is der D eutschen zu r

W irk lic h k e it der P o lit ik « (1963) vgr6 F u m i o H a s h i m o t o »D ie B edeu tung des B uddh ism us fü r den m oder­

nen M enschen« (1963)7 C l e m e n s - A u g u s t A n d r e a e »L eb en w ir in e in er Ü b erfluß gese ll­

sch aft?« (1964) vgr8 R o le R . B ig l e r »M ö g lich ke iten und G renzen der P sych o logischen

R ü stu n g « (1964)9 R o b e r t S a u e r »L e is tu n g sfäh igk e it von A uto m aten und G renzen ih rer

L e is tu n g sfäh igk e it« (1965)10 H u b e r t S c h r a d e »D ie W irk lic h k e it des B ildes - Was is t , w ill und

verm ag ein B ild ? « (1965) vgr11 W i l h e l m L e h m a n n »D as D rinnen im D raußen oder V erteid igung der

P oesie« (1967) vgr12 R i c h a r d L a n g e »D ie K rise des S trafrechts und se in er W issen sch aften«

(1969) vgr13 H e l l m u t D iw a l d »E rn st M o ritz A rn d t - D as E ntstehen des deutschen

N atio n a lb ew uß tse in s« (1970) vgr14 » Z e h n J a h r e C a r l F r i e d r i c h v o n S ie m e n s S t if t u n g 1960 -1970«

(1970) vgr

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15 F e r d in a n d S e ie t »Jan H us - D as K onstan zer G erich t im U rte il der G esch ich te« (1972) vgr

16 H e i n r i c h E u l e r »N ap o leo n III. — Versuch einer D eu tun g« (1972)1 7 G ü n t e r S c h m ö l d e r s » C a r l F ried rich von Siem ens — Vom L e itb ild des

g ro ß in d u strie llen U n te rn eh m ers« . R ed e zum 100. G eb urtstag (1972) vgr

18 U l r i c h H o m m e s »E ntfrem dung und V ersöhnung - Z ur ideo log ischen V erführung des gegen w ärtigen B ew uß tse in s« (1972)

19 D e n n is G a b o r »H o lo g rap h ie 1973« (1973)2 0 W i l f r i e d G u t h »G eld en tw ertu n g als S ch ick sa l?« ( 1 9 7 4 )

21 H a n s - J o a c h i m Q u e is s e r »F estkö rp erfo rsch u n g« (1974) vgr22 E k k e h a r d H ie r o n i m u s »D er T raum von den U rk u ltu re n . V orge­

sch ich te als S in ngebung der G egen w art« (1975)23 J u l i e n F r e u n d »G eo rges S o re l« ( 1 9 7 5 ) vgr24 O t t o K i m m i n i c h »E n tw ick lun gsten d en zen des gegen w ärtigen V ö lker­

rech ts« (1976)25 H a n s - J o a c h i m H o f f m a n - N o w o t n y »U m w e lt und S e lb stv e rw irk li­

ch un g als Id eo lo g ie« (1977) vgr26 F r a n z C . L i p p »E ine eu ropäische S tam m estracht im Industrieze ita lte r.

Ü b e r das V order- und H in te rg rü n d ig e der bayerisch -ö sterre ich isch en T rachten« (1977)

27 C h r i s t i a n M e ie r »D ie O hnm ach t des a llm äch tigen D ictato rs C aesar« (1977) vgr

28 A l f r e d A . S c h m i d und S t e p h a n W a e t z o l d t »E ch theitsfe tisch ism us? Z ur W ahrhaftigke it des O rig in a le n « (1979) vgr

29 M a x I m d a h l »G io tto - Z ur F rage der ikon ischen S in n stru k tu r« (1979)vgr

30 H a n s F r a u e n f e l d e r »B io m o lek ü le - P h ys ik der Z u k u n ft?« (1978)31 G ü n t e r B u s c h »C lau d e M on et >Camille<. D ie D am e im grünen K leid«

(1980)32 H e l m u t Q u a r i t s c h »E in w an d eru n gslan d B u nd esrep ub lik D eu tsch­

lan d ? A k tu e lle R eform fragen des A u slän d errech ts« (1981) vgr33 A r m a n d B o r e l »M ath em atik : K unst und W issen sch aft« (1 9 8 1 )

34 T h o m a s S . K u h n »W as sin d w issenschaftlich e R evo lu tio n e n ?« (1981)vgr

35 P e t e r C . H a r t m a n n »K arl V II. — D er zw e ite W itte lsb ach er auf dem K aiserth ro n « (1982)

36 F r e d e r ic D u r a n d »N o rd is t ik — E in füh rung in d ie skand inav ischen S tud ien « (1978)

37 H a n s - M a r t i n G a u g e r »D er vo llkom m ene R o m an : >MadameBovary<« (1982)

38 W e r n e r S c h m a l e n b a c h »D as M useum zw isch en S tills tan d und Fort­sch r itt« (1983)

39 W o l f r a m E b e r h a r d »Ü b e r das D enken u n d F üh len d er C h in esen« (1982)

40 W a l t e r B u r k e r t »A n th ro p o lo g ie des re lig iö sen O p fers« (1982)41 C h r i s t o p h e r F r e e m a n »D ie C o m p u terrevo lu tio n in den langen

Z yk len der ökon om ischen E n tw ick lu n g « (1984) v g r42 B e n n o H e s s/P e t e r G l o t z »M en sch und T ie r - G run dfragen b io lo ­

g isch -m ed iz in isch er F o rsch un g« (1985) vgr43 H a n s E l s ä s s e r »D ie neue A stro n o m ie« (1986)44 E r n s t L e is i »N atu rw issen sch aft be i Shakesp eare« (1988)45 D i e t r i c h M u r s w ie k »D as S taa tsz ie l d er E inheit D eutsch lands nach

40 Jah ren G run dgesetz« (1989)46 F r a n c o i s F u r e t »Z u r I lis to r io g rap liie der F ranzösischen R evo lution

h eu te« (1989)47 E rnst-W o ijg a n g Bö ckenföRDH »Z u r Lage der ( Iru iu livc lusdo gm .i

t ik nach 40 Jahren G run d gesetz « (1989)48 C h r i s t o p h ü r B r u e i .l »X eno ph ons Politische P h ilo sop h ie« (19X8)49 H e in z - O t t o P e it g e n H a r t m u t J ü r g e n s »F rak ta le : G ezähm tes

C h ao s« (1988) v g r50 E r n e s t L . F o r t in »D an tes G öttlich e K om ödie als U to p ie « (1989)51 E r n s t G o t t f r ie d M a h r e n h o l z »D ie V erfassung und das Volk«

(1991)52 J a n A s s m a n n »P o litisch e T h eo lo g ie zw isch en Ä g y p te n und Israe l«

(1991)53 G e r h a r d K a i s e r »F itzca rra ld o Faust - W erner H erzo gs F ilm als

po stm oderne V ariation eines L eitthem as der M o d ern e« (1992)

54 Pa u l A . C a n t o r »Macbeth und d ie E van ge lis ierung von Scho ttland« (1991)

55 W a l t e r B u r k e r t »>Vergeltung< zw ischen E tho log ie und E th ik « (1992)

47

Page 24: WALTER BURKERT Vergeltung Zwishen Ethologie Und Ethik

Notiz zur Zitierweise

Burkert, Walter:>Vergeltung< zw isch en E tho log ie u n d E th ik — M ün ch en : C a r l F ried rich von Siem ens S tiftung , 1994 (R e ihe »T h em en « , B d . 55).

C a r l F ried rich von Siem ens S tiftung Süd liches Sch lo ß ron d e ll 23

D -80638 M ünchen

© 1994 Carl Friedrich von Siemens Stiftung, München Layout und Herstellung Udo Wiedemann

Druck Mayr Miesbach, Druckerei und Verlag GmbH

Veröffentlichungen der Carl Friedrich von Siemens Stiftung

Herausgegeben von Heinz Gumin und Heinrich Meier

Band 1: Heinrich Meier (Hrsg.)Die H erausforderung der Evolutionsbiologie

294 Seiten, 28 Abbildungen, DM 19,90, Serie Piper 997.

Inhalt:H ein rich M eierDie Herausforderung der Evolutions­biologie

I ly a P r igo g in eDie physikalisch-chemischen W urzeln des Lebens

R icha rd D awkinsAuf welche Einheiten richtet sich die natürliche Selektion?

N orb ert B is ch o f O rdnung und Organisation als heuristische Prinzipien des reduktiven Denkens

R icha rd D. A lexanderÜber die Interessen der Menschenund die Evolution von LebensabläufenH ans K u m m erG ruppenführung bei Tier und Mensch in evolutionärer SichtC hristian VogelGibt es eine natürliche M oral?O der: Wie w idernatürlich ist unsere Ethik?Ernst M ayrDie Darwinsche Revolution und die Widerstände gegen die Selektionstheorie R o g e r D. M asters Evolutionsbiologie, menschliche N atur und Politische Philosophie

Band 2: Die Zeit - Dauer und Augenblick417 Seiten, 51 Abbildungen, DM 19,90, Serie Piper 1024.

Inhalt:J ea n -P ie r r e B laser Die Zeit in der Physik

J o h n A. W heelerJenseits aller Zeitlichkeit. Anfang und Ende der physikalischen ZeitskalaM an fred E igen Evolution und Zeitlichkeit

H ans H eim annZeitstrukturen in der Psychopathologie

O tto -Joa ch im G rüsser Zeit und Gehirn. Zeitliche Aspekte der Signalverarbeitung in den Sinnesorganen und im ZentralnervensystemJ ü r g en A sch o ffDie innere Uhr des MenschenF erd inand S eih tDie Zeit als Kategorieder Geschichte und als Konditiondes historischen Sinns

Ja n A ssmannDas Doppelgesicht der Zeit im altägyptischen DenkenC arsten C olp eDie Zeit in drei asiatischen I Iochkulturen (Babylon - Iran - Indien)H uber t CancikDie Rechtfertigung Gottes durch den »Fortschritt der Zeiten«.Zur Differenz jüdisch-christlicher und hellenisch-römischer Zeit- und Geschichtsvorstellungen P eter H äb er leZeit und VerfassungskulturD avid EpsteinDas Erlebnis der Zeit in der MusikE dgar L üscherZusammenfassende Bemerkungen zur physikalischen ZeitdefinitionErnst P opp elErlebte Zeit und die Zeit überhaupt:Ein Versuch der Integration

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