3
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 5 4 4.5 Verhältnis Motor:Last Benötigte Kraft in N Benötigter sprungartiger Lastwechsel für eine vorgegebene Positionsabweichung in Abhängigkeit vom Trägheitsver- hältnis zwischen Motor und Last 01 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 5 4 4.5 Verhältnis Motor:Last Beschleunigungsfähigkeit in rad/s² Entwicklung der Beschleunigungsfähigkeit eines Motors in Abhängigkeit vom Trägheitsverhältnis zwischen Motor und Last 02 104 antriebstechnik 9/2017 ANTRIEBE FÜR WERKZEUGMASCHINEN I SPECIAL Genauigkeit und Oberflächenqualität sind die Ziele anspruchsvoller Fertigungsprozesse. Dafür investieren zerspanende Betriebe viel Zeit und Aufwand: In Werkzeugmaschinen, Steuerungen mit speziellen Funktionen und Optionen, Werkzeuge, Messtechnik und natürlich die Mitarbeiter- Qualifikation. Die Achsmotoren finden in diesem Arrangement leider immer noch wenig Beachtung. Dabei haben sie ganz entscheidenden Einfluss auf die Fertigungsqualität. E in Elektromotor kommt in den unter- schiedlichsten Applikationen zum Ein- satz und muss dabei ein breites Spektrum an Anforderungen abdecken. Für Achsmo- toren in Werkzeugmaschinen sind z. B. neben dem Maximalmoment des Motors vor allem das Trägheitsverhältnis zwischen Motor und Last und die Momentenwellig- keit entscheidende Kriterien. Denn sie haben direkte Auswirkungen auf die Qualität des zu fertigenden Werkstücks. Heidenhain-Achs- Fertigungsqualität fängt beim Motor an Warum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine immer noch wenig Beachtung finden

Warum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine …...zweck angepasstes Verhältnis zwischen Motor und Last. Gleichlaufverhalten des Motors Neben den bisher beschriebenen äußeren Einflüssen

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Page 1: Warum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine …...zweck angepasstes Verhältnis zwischen Motor und Last. Gleichlaufverhalten des Motors Neben den bisher beschriebenen äußeren Einflüssen

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 54 4.5

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Benötigter sprungartiger Lastwechsel für eine vorgegebene Positionsabweichung in Abhängigkeit vom Trägheitsver-hältnis zwischen Motor und Last

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Verhältnis Motor:Last

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Entwicklung der Beschleunigungsfähigkeit eines Motors in Abhängigkeit vom Trägheitsverhältnis zwischen Motor und Last

02

104 antriebstechnik 9/2017

ANTRIEBE FÜR WERKZEUGMASCHINEN I SPECIAL

Genauigkeit und Oberflächenqualität sind die Ziele anspruchsvoller

Fertigungsprozesse. Dafür investieren zerspanende Betriebe viel Zeit und

Aufwand: In Werkzeugmaschinen, Steuerungen mit speziellen Funktionen

und Optionen, Werkzeuge, Messtechnik und natürlich die Mitarbeiter-

Qualifikation. Die Achsmotoren finden in diesem Arrangement leider

immer noch wenig Beachtung. Dabei haben sie ganz entscheidenden

Einfluss auf die Fertigungsqualität.

Ein Elektromotor kommt in den unter-schiedlichsten Applikationen zum Ein-

satz und muss dabei ein breites Spektrum an Anforderungen abdecken. Für Achsmo-toren in Werkzeugmaschinen sind z. B. neben dem Maximalmoment des Motors vor allem das Trägheitsverhältnis zwischen Motor und Last und die Momentenwellig-keit entscheidende Kriterien. Denn sie haben direkte Auswirkungen auf die Qualität des zu fertigenden Werkstücks. Heidenhain-Achs-

Fertigungsqualität fängt beim Motor anWarum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine immer noch wenig Beachtung finden

Page 2: Warum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine …...zweck angepasstes Verhältnis zwischen Motor und Last. Gleichlaufverhalten des Motors Neben den bisher beschriebenen äußeren Einflüssen

motoren für die Werkzeugmaschine bieten ein ausgewogenes Trägheitsmoment und eine niedrige Momentenwelligkeit für aus-gezeichnete Bearbeitungsergebnisse und dynamische Bewegungsführung.

Unempfindlich gegen Störungen

Entscheidend für die Unempfindlichkeit gegen Störungen durch Schwingungen oder Fräskräfte ist die Störsteifigkeit eines Systems. Je größer die Störsteifigkeit, desto besser. Die Störsteifigkeit wiederum wird maßgeblich vom Trägheitsverhältnis zwi-schen Motor und bewegter Masse der Vor-schubachse (Last) beeinflusst. Das heißt: Je größer der Motor im Vergleich zur Last ist, desto größer ist auch die Störsteifigkeit des Systems gegenüber schwankenden Fräskräften oder Vibrationen. Bild 01 zeigt abhängig vom Trägheitsverhältnis zwi-schen Motor und Last, wie groß ein sprung-artiger Lastwechsel sein muss, um in einem Antrieb kurzzeitig eine vorgegebene Positi-onsabweichung zu erzeugen.

Ein Beispiel: Ein leichter Anhänger hinter einem großen, zugstarken Fahrzeug bringt bei Böen oder Fahrbahnschäden weniger Unruhe in das ganze Gespann als ein schwerer Anhänger, der von einem leich-ten, aber ebenso leistungsstarken Klein- wagen gezogen wird, obwohl der leichte Anhänger selbst natürlich viel empfäng-licher für diese Einflüsse ist als der schwe-rere. An der Werkzeugmaschine hieße das also, dass ein möglichst großer Motor einen möglichst leichten Tisch bewegen sollte, um den Einfluss von Störungen wie Fräs-kräften oder Schwingungen, die am Tisch auftreten, auf das Gesamtsystem so gering wie möglich zu halten.

Bei großen Unterschieden zwischen Motor- und Lastträgheit ist allerdings zu-sätzlich eine Reduzierung der Reglerver-stärkungen notwendig. Sie führt zu einer ge ringeren Störsteifigkeit, sodass das Ge-samtsystem bei Störeinwirkungen auf der Lastseite  – z. B. durch Fräskräfte oder Schwingungen  – wieder stärker reagiert. Daher sollte für Werkzeugmaschinen ein ausgewogenes Trägheitsverhältnis zwischen Motor und Last gewählt werden. Es stellt eine ausreichend hohe Störsteifigkeit sicher, um das Gesamtsystem so unempfindlich gegen äußere Einflüsse auf der Lastseite zu machen, dass diese keine Auswirkungen auf das Bearbeitungsergebnis haben und gleichzeitig mit hohen Reglerverstärkungen gearbeitet werden kann. Anders ausge-drückt: Zugfahrzeug und Anhänger sollten zueinander passen.

Die Dynamik muss stimmen

Zusätzlich würde eine Auslegung mit mög-lichst großem Motorträgheitsmoment der nächsten Anforderung widersprechen: Einer möglichst hohen Beschleunigungsfähigkeit. Die Trägheit des Motors hat nämlich auch erheblichen Einfluss auf die Beschleuni-gungsfähigkeit des Gesamtsystems. Diesen direkten Zusammenhang zeigt ein Blick auf die Formel zur Berechnung der Beschleuni-gungsfähigkeit und auf Bild 02:

Bei einem gegebenen Maximalmoment des Motors M

max und einer vorgegebenen Last-

trägheit JLast

verringert sich die Beschleuni-gungsfähigkeit des Gesamtsystems, wenn sich die Motorträgheit J

Motor erhöht. Das heißt

im Umkehrschluss ganz einfach: Ein Motor mit geringer Trägheit liefert eine höhere Be-schleunigung. Denn je größer die Eigenträg-heit des Motors ist, desto mehr Moment muss der Motor aufbringen, um eine gege-bene Last wie gewünscht zu beschleunigen.

Mit dem aufzubringenden Moment hält nun auch die Wirtschaftlichkeit Einzug in die Betrachtungen: Je größer das Maximal-moment sein soll, desto teurer wird der Motor. Denn die Leistungssteigerung ver-langt nach mehr oder besseren magneti-schen Werkstoffen für größere oder opti-mierte Motoren. Somit sprechen auch das Beschleunigungsverhalten und die Kosten für ein ausgewogenes, an den Einsatz -zweck angepasstes Verhältnis zwischen Motor und Last.

Gleichlaufverhalten des Motors

Neben den bisher beschriebenen äußeren Einflüssen kann auch der Motor selbst Stö-rungen in das System einbringen, die Aus-wirkung auf die Bearbeitung und die Ober-flächenqualität eines Werkstücks haben. Entscheidend ist hier vor allem die Momen-tenwelligkeit, die Motoren trotz eines sinus-förmigen Stroms erzeugen. Das abgege- bene Motormoment schwankt somit leicht über dem Motorwinkel.

Für die Vergleichsmessungen zur Unter-suchung der Momentenwelligkeit verschie-dener Motorenkonzepte wurde die Z-Achse einer Werkzeugmaschine bei ansonsten gleichbleibendem Aufbau und identischen Versuchsbedingungen zunächst von einem Heidenhain-Achsmotor für die Werkzeug-maschine und anschließend von einem nicht für die Werkzeugmaschine ausgeleg-

Page 3: Warum Achsmotoren in der Werkzeugmaschine …...zweck angepasstes Verhältnis zwischen Motor und Last. Gleichlaufverhalten des Motors Neben den bisher beschriebenen äußeren Einflüssen

Gemessene Konturabweichungen: Achsmotor mit flacher Momentenwelligkeit (grüne Linie), adaptierter Motor mit deutlich höheren Abweichungen (rote Linie), Überhöhungsfaktor der Konturabweichung: 1 000

04

0

140

150

160

170

–20 20 40 60–40–60

z in

mm

y in mm

106 antriebstechnik 9/2017

ANTRIEBE FÜR WERKZEUGMASCHINEN I SPECIAL

05 Der speziell für die

Werkzeugmaschine ausgelegte Achsmotor erzeugt eine gleichmäßig ansteigende Oberfläche ohne sichtbare Schattie-rungen (rechts); Werkstück mit deutlich sichtbaren Schatten auf der schrägen Oberfläche, bearbeitet mit einem für die Werkzeug-maschine adaptierten Motor (links)

03 Versuchsaufbau: Bearbeitung einer schrägen

Fläche mit unterschiedli-chen Motorenkonzepten

an der Z-Achse

ten, lediglich für diesen Einsatzzweck adap-tierten Achsmotor aus der Automatisierung angetrieben. Bearbeitet wurde eine schräge Fläche an einem Musterwerkstück. Dazu wurde die Z-Achse beim Abzeilen mit einem Vorschub F = 6 250  mm/min um 60  mm in Y-Richtung und 17,5  mm in Z-Richtung verfahren.

Die Untersuchungen belegen die erwar-teten Effekte der Momentenwelligkeit nicht nur anhand der Messdaten zur Konturab-weichung (Differenz zwischen tatsächlich gefräster und gewünschter Bahn), sondern auch sichtbar auf der Oberfläche des Test-werkstücks. Der für die Werkzeugmaschine optimierte Achsmotor verfügt über eine

gelegt sein. Das gilt auch für die Achs-motoren. Motoren für die Automatisie-rungstechnik sind beispielsweise mehr auf die Beschleunigungsfähigkeit des Ge-samtsystems ausgelegt, weshalb sie ein möglichst geringes Trägheitsmoment be-zogen auf das Maximalmoment besitzen. Außerdem wird bei Motoren in der Auto-matisierung eine höhere Momenten-welligkeit akzeptiert, die sich beim Einsatz die ser Motoren in der Werkzeugmaschine in sichtbar schlechterer Oberflächenquali-tät niederschlägt.

Speziell für die Werkzeugmaschine aus-gelegte Achsmotoren wie die Motoren der Baureihe QSY zeichnen aber nicht nur durch ausgewogene Störsteifigkeit und Beschleunigungsfähigkeit sowie geringer Momentenwelligkeit aus. Für den Einsatz in der Werkzeugmaschine bringen sie u. a. auch hochgenaue optische Geber und eine hohe mechanische Steifigkeit mit.

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niedrige Momentenwellig-keit und erzeugt eine gleich-

mäßig ansteigende Oberfläche ohne sichtbare Schattierungen. Beim

lediglich für die Werkzeugmaschine adap-tierten Achsmotor aus der Automatisierung sind die Effekte der Momentenwelligkeit in Form von Schatten auf der schrägen Ober-fläche deutlich sichtbar.

In Messwerten ausgedrückt: Im Bereich der optisch sichtbaren Störungen erreicht der Achsmotor eine effektive Konturabwei-chung von 0,2 µm. Beim für die Werkzeug-maschine adaptierten Achsmotor beträgt dagegen die effektive Abweichung 1,2  µm und ist damit um mehr als Faktor 5 größer.

Alles aufeinander abgestimmt

Um ausgezeichnete Bearbeitungsergeb-nisse bei der spanenden Fertigung zu erhalten, müssen alle Komponenten der Werkzeugmaschine auf diese besondere Anforderung abgestimmt und dafür aus-