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Reutte, 08.03.2018 21. Vilser Baustofftag Andreas Saxer Wasser und Beton Ein zwiespältiges Verhältnis Dr. Andreas Saxer Universität Innsbruck Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften Arbeitsbereich Materialtechnologie

Wasser und Beton Ein zwiespältiges Verhältnis · Wasser und Beton Ein zwiespältiges Verhältnis Dr. Andreas Saxer Universität Innsbruck Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften

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Wasser und Beton

Ein zwiespältiges Verhältnis

Dr. Andreas Saxer

Universität Innsbruck

Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften

Arbeitsbereich Materialtechnologie

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der Januskopf: Symbol der Zwiespältigkeit

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von zwei entgegengesetzten Seiten zeigend

Janus: römischer Gott des Anfangs und Endes

vorwärts und rückwärts blickend

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ein Blick auf Wasser

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fest (gefroren)

gasförmig

flüssig

H2O106 °H H

0,9664 ÅO0,9664 Å

Ladungsschwerpunkt ≠ Massenschwerpunkt

elektrischer Dipol

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das Zustandsdiagramm von Wasser

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Temperatur [°C]

0 1000,01

Druck [bar]

1,013

0,0061Tripelpunkt

flüssig

fest

gasförmig

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das Zustandsdiagramm von Wasser

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kritischer Punkt

374 °C, 221 bar

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gibt es noch eine Form von festem Wasser?

Kristallwasser: Reaktion von flüssigem Wasser mit Reaktionspartnern

(z.B. anorganische Pulverstoffe) zu festem Wasser

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Beispiel Gips

stöchiometrisch erforderliche Wassermenge: W/B = 0,186

stöchiometrisch erforderliche Wassermenge: W/B = 0,265

CaSO4.½H2O + 1½H2O CaSO4

.2H2O

CaSO4 + 2H2O CaSO4.2H2O

H.-B. Fischer, FIB

Herstellung

CaSO4.½H2O + 1½H2O

T = 65 – 180 °C

CaSO4.2H2O

Calciumsulfat-Halbhydrat

T = 180 – 240 °C

CaSO4CaSO4

.½H2O

Anhydrit

Reaktion mit Wasser

Calciumsulfat-Dihydrat

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Portlandzement

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Tricalciumsilikat (Alit) 3CaO.SiO2 C3S

Dicalciumsilikat (Belit) 2CaO.SiO2 C2S

Tricalciumaluminat 3CaO.Al2O3 C3A

Tetracalciumaluminatferrit 4CaO.Al2O3.Fe2O3 C4AF

Zementklinkerphasen

Reaktion mit Wasser

C3S

C2S+ xH2O

C-S-H (I)

C-S-H (II)+ yCa(OH)2

Calcium-Silikat-Hydrate Kalkhydrat

C3A + Gips + Wasser Ettringit

Zement nach Mahlung

Ausbildung des Zementsteins

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Calcium-Silikat-Hydrat

Stark, Wicht

Ettringit

Kalkhydrat

Zementstein

C3S bzw. C2S und Waser Calcium-Silikat-Hydrate und Kalkhydrat

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ohne Wasser kein Beton

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Bestandteile des 5-Stoff Systems Beton:

Gesteinskörnung

Portlandzement

Zusatzstoff

Wasser

Zusatzmittel

reaktiv mit Wasserreaktiv mit Kalkhydrat und Wasser

nicht reaktiv

Portlandzement ist das Herzstück des Betons und ist für die Ausbildung der

Eigenschaften Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Betons verantwortlich

dazu ist Wasser unbedingt notwendig

es folgt:

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Wasser und Beton

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die andere Seite

Zugabewassermenge (ausgedrückt als Verhältnis von Wasser zu Bindemittel W/B)

je mehr Wasser, desto höher die Porosität des Zementsteins und

desto niedriger die Festigkeitseigenschaften und Dauerhaftigkeit

W/B-Wert

des Wassers 1. Streich

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Gefrieren des Wassers

die andere Seite

der Übergang von flüssigem Wasser zu

festem, gefrorenen Wasser ab 0 °C ist mit

einer Volumszunahme von rund 9 Vol-%

verbunden Treibwirkung

der Zementstein muss vor dieser Einwirkung

geschützt werden durch Einbringung von

künstlichen Luftporen

Anmerkung:

der Übergang von flüssigem Wasser zu Kristallwasser ist

mit einer Volumsreduktion verbunden

des Wassers 2. Streich

Wasser und Beton

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Wasser besitzt die Fähigkeit, viele Stoffe in unterschiedlicher Menge aufzulösenz.B.:

Löslichkeit von Salz (NaCl) 356 g/l Na+ + Cl-

Löslichkeit von Gips (CaSO4.2H2O) 2,1 g/l Ca2+ + SO4

2- + 2H2O

gelöste Stoffe sind nicht mehr mit freiem Auge erkennbar

Wasseranalyse notwendig

Wasser als Lösungsmittel

während des Lösungsvorgangs:

trübe Lösung

wenn Stoff gelöst:

klare Lösung

Wasser und Beton

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Analyse Trinkwasser Reutte

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was können gelöste Stoffe bewirken?

des Wassers 3. Streich

pH-Wert 7,87

Leitfähigkeit bei 20°C [µS/cm] 391

Calcium [Ca2+] [mg/l] 67,9

Magnesium [Mg2+] [mg/l] 14,3

Natrium [Na+] [mg/l] 0,7

Kalium [K+] [mg/l] <0,4

Chlorid [Cl-] [mg/l] 1,2

Nitrat [NO3-] [mg/l] 6,7

Sulfat [SO42-] [mg/l] 55,3

Gesamthärte [°dH] 12,8

Karbonathärte [°dH] 9,2

Sättigungsindex (Calcit) 0,328

Das Wasser ist hinsichtlich Calcit abscheidend

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gelöste Stoffe im Betonanmachwasser

• visuelle Beeinträchtigung des Betons

• Erhärtungsstörung

• Betonangriff

gelöste Stoffe können

bewirken

Wasser und Beton

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erhärtungsstörende Stoffe

Parameter Grenzwerte

Huminstoffe NaOH-Test

Zucker mg/l 100

Phosphate (P2O5) mg/l 100

Nitrate (NO3-) mg/l 500

Zink (Zn2+) mg/l 100

betonangreifende Stoffe

Parameter Grenzwerte

Sulfat (SO42-) mg/l 2000

Chlorid (Cl-)

Spannbeton mg/l 500

Stahlbeton mg/l 1000

ohne Bewehrung mg/l 4500

Na2O-Äquivalent mg/l 1500

Parameter Grenzwerte

Öle und Fette nur Spuren

Reinigungsmittel keine anhaltende Schaumbildung

Farbe schwach gelblich oder heller

Schwebstoffe max. 4 ml Absetzvolumen

Geruch kein

visuell beeinträchtigende

Stoffe

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lösender Angriff auf Beton durch Einwirkung von Wasser

Lösung des Zementsteins durch

Säuren pH-Werte des Wassers im Bereich 6,5 bis 4,0

kalkaggressive Kohlensäure ab 15 mg/lReaktion mit den Calciumverbindungen des Zementsteins zu

Calciumhydrogencarbonat (Ca(HCO3)2)

Wasser und Beton

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Lösung von Kalkhydrat durch austauschfähige Salze

Ca bildet mit dem Anion (z.B. Cl-, NO3-) gut wasserlösliche Verbindungen

2NH4NO3 reagiert mit Ca(OH)2 zu Ca(NO3)2 (gut löslich) und 2NH3 und 2H2O

Ammonium NH4+ 15 bis 100 mg/l

Magnesium Mg2+ ab 300 mg/lMgCl2 reagiert mit Ca(OH)2 zu CaCl2 (gut löslich) und Mg(OH)2

Mg(OH)2 fällt aus der Lösung aus

Lösung von Kalkhydrat durch weiches Wasser

Gesamthärte 0 bis 3 °d

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Auswirkung des lösenden Angriffs durch Säuren: „Abtrag“ des Zementsteins von

der Oberfläche ausgehend und Freilegen des Zuschlags

Lösung von Kalkhydrat aus dem Zementstein Erhöhung der Porosität

und damit Reduktion der Festigkeit des Zementsteins

Auswirkung des lösenden Angriffs durch weiches Wasser

und austauschfähigen Salzen:

Wasser und Beton

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treibender Angriff auf Beton durch Einwirkung von Wasser

Sulfat SO42+ 200 bis 6000 mg/l

Löslichkeit von Gips: 2100 mg/l (20 °C)

das ergibt eine SO42--Konzentration von 1172 mg/l (Expositionsklasse XA2)

sekundärem Ettringit

3CaO.Al2O3.3CaSO4

.32H2O

Bildung von

Thaumasit (bei niedrigen Temperaturen)

CaSiO3.CaCO3

.CaSO4.15H2O

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ThaumasitZerstörung der Calcium-Silikat-Hydrate

(C-S-H) und Auflösung des Betons

EttringitRissbildung im Beton

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Korrosion der Bewehrung im Beton durch Chloride

Chloride aus Salzstreuung (NaCl) Karbonatisierung

Wasser und Beton

Chlorid-induzierte Korrosion(keine Karbonatisierung erforderlich)

Sauerstoffkorrosion

Umwandlung von Kalkhydrat zu

Calciumcarbonat Abbau der Alkalinität

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Treibreaktionen der Gesteinskörnung

Alkali-Silika-Reaktion Dedolomitisierung

Wasser und Beton

Reaktion der Alkalien des Zementsteins

mit reaktivem SiO2 zu Alkali-Silika-Gel

Freisetzung von MgO im Dolomit und

Reaktion zu Mg(OH)2

Seyfarth, Gibson, Stark

Dolomit

Mg(OH)2

Dolomit

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Danke für ihre Aufmerksamkeit

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das System anorganische

Bindemittel und Wasser wird

mit hochstehender

Technologie beherrscht.

Davon zeugen eine Vielzahl

hervorragender Produkte in

diesem Bereich.

der chemische Angriff von

Wasser bzw. den gelösten

Inhaltsstoffen ist mittlerweile

intensiv auf deren Ursachen

untersucht.

Die Umsetzung der

erforderlichen Maßnahmen

müssen – in Anbetracht der

z.B. im Bereich

Infrastrukturbauten

auftretenden Schäden –

allerdings noch verbessert

werden.

Wasser und Beton

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