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Interdisziplinäre Sonder- bzw. Weiterbildung für Führungsaufgaben der mittleren
Führungsebene
Semesterarbeit zum Thema:
Welche Bedeutung hat Biografiearbeit für die Animation alter Menschen in Pflegeheimen?
Vorgelegt von: DGKS Barbara Derler
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung……………………………………………………..Seite 2
2. Definition ………………………………………………..........Seite 4
3. Gesprächorientierte Biografiearbeit……………………….. Seite 4
3.1 Ziele der gesprächsorientierten Biografiearbeit……… Seite 5
3.1.1 Identität aus dem Erinnern………………………..Seite 5
3.1.2 Gedächtnistraining…………………………………Seite 6
3.1.3 Schutz vor Isolation und Einsamkeit……………...Seite 8
3.1.4 Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit….....Seite 9
3.1.5 Förderung des gegenseitigen Verständnisses……..Seite 9
3.1.6 Anregungen zur Eigeninitiative……………………Seite 10
3.2 Gesprächsgruppen in der Biografiearbeit……………..Seite 10
3.3 Organisation von Gesprächen…………………………..Seite 11
3.4 Gespräche leiten und moderieren………………………Seite 13
4. Aktivitätsorientierte Biografiearbeit…………………………..Seite 17
4.1 Ziel der aktivitätsorientierten Biografiearbeit………...Seite 17
4.2 Vorschläge für weiterführende Aktivitäten……………Seite 18
5. Zusammenfassung………………………………………………Seite 22
6. Literaturverzeichnis………………………………………........Seite 23
7. Erklärung………………………………………………………..Seite 24
DGKS Barbara Derler 1
Einleitung
Biografiearbeit ermöglicht neue Wege der Altenarbeit und der Planung in der Arbeit mit
alten Menschen. Der alte Mensch ist durch das Wissen seiner Biografie vor allem in seiner
Verhaltensweise besser zu verstehen. Es ermöglicht MitarbeiterInnen von Pflegeheimen
und ambulanten Diensten besser auf die Bedürfnisse und Reaktionen des alten Menschen
einzugehen und ermöglicht eine individuelle Förderung der Ressourcen. Sie lernen, alte
Menschen neu zu verstehen, indem sie sich für deren Lebensgeschichte interessieren und
an die Stelle routinemäßiger Konversation („Wie geht es uns denn heute?“), echte
historische und biografische Neugier zu setzen. Sie erfahren praktische Hinweise zur
Betreuung im Bezug auf Essen, Hygiene, Wohnen und andere Lebensbereiche, wie
Freizeitaktivitäten, Hobbys. Gleichzeitig geben sie Zeit, Anteilnahme, Zuwendung durch
empathische Vorgehensweise.
Die älteren Generationen, wie meine Großeltern und teilweise auch meine Eltern, haben im
letzten Jahrhundert massive politische Umbrüche und tief greifende gesellschaftliche
Veränderungen erlebt, die sie sehr nachhaltig geprägt haben. Vieles an Vergangenem muss
im Alter erst aufgearbeitet werden und ist gerade in der Arbeit mit Demenzkranken eine
enorme Herausforderung für die Pflegeperson. Um- und Neuorientierung mit
lebensgeschichtlichen Erinnerungen sollten eigentlich zum festen Bestandteil der Arbeit
mit alten Menschen gehören. Für biografisches Arbeiten ist die Vorbereitung von großer
Wichtigkeit. Damit ich mich dieser Aufgabe stellen kann, ist es für die Pflegeperson
wichtig, sich mit der eigenen Biografie auseinander gesetzt zu haben.
In unserem Pflegeheim haben wir die Erfahrung gemacht, wie wertvoll dieses biografische
Arbeiten nicht nur in der Pflege, sondern ganz speziell auch in der Animation ist. Nicht
jeder unserer BewohnerInnen mag dieselben Aktivitäten, möchte basteln oder malen.
Jede/r hat unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten, die er/sie noch einsetzen möchte
oder kann. Diese Unterschiede an Beschäftigung und Interessen herauszufinden, dafür
bedarf es eines einfühlsamen und respektvollen Umgang mit den alten Menschen. Für die
MitarbeiterInnen ist es wichtig den alten Menschen ernst zu nehmen und der/die
MitarbeiterIn muss dem alten Menschen das Gefühl gegeben, das er/sie jetzt Zeit für ihn
hat, um detailreiche Aspekte seiner/ihrer Lebensgeschichte zu erfahren.
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DGKS Barbara Derler 2
Biografiearbeit, die professionell durchgeführt wird, ist eine Hilfe und Bereicherung für
die älteren Menschen und deren BetreuerInnen.
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DGKS Barbara Derler 3
2. Definition: Biografiearbeit
„Biografie“ heißt wörtlich übersetzt „Lebensbeschreibung“ und hat sich früher nur
beschränkt auf die Veröffentlichung der Lebensgeschichte berühmter Persönlichkeiten in
Politik, Film oder Wissenschaften der Weltgeschichte.
Biografie bedeutet dementsprechend „ Auseinandersetzung und Beschäftigung mit der
Lebensgeschichte eines Menschen“
Dabei geht es nicht nur um die Geschichte eines Menschen, sondern auch um seine
geistige und seelische Entwicklung. Biografiearbeit sollte Bestandteil in der Arbeit mit
Menschen sein, und ermöglicht eine andere Wahrnehmung vom Menschen. Der Mensch
sollte als Körper, Geist und Seele wahrgenommen werden, mitsamt der ihm umgebenden
und prägenden Mitwelt. Das heißt, der Mensch sollte in seiner Ganzheit und Individualität
erkannt und respektiert werden.
Biografiearbeit ist in allen Lebensphasen möglich. In dieser Arbeit soll es speziell um die
Biographie des alten Menschen gehen (Aus dem Referat von Liane Sieger und Olaf
Höwer verfasst für die Veranstaltung S1 Alter im Sommersemester 2000 online im
www.diplom-pflegewirt.com MSN Suche http://olaf-hoemer.de/Biografiearbeit.PDF).
Aufgrund der verschiedenen Betrachtungsweisen möchte ich auf zwei wesentliche
Bereiche der Biografiearbeit eingehen auf die gesprächsorientierte und auf die
aktivitätsorientierte Biografiearbeit.
3. Gesprächsorientierte Biografiearbeit
Die gesprächsorientierte Biografiearbeit ist ein wesentlicher Teil der Biografiearbeit, und
bedarf einer effizienter Vorbereitung und Ausarbeitung. Es ist daher wichtig, die Ziele der
gesprächsorientierten Biografiearbeit zu kennen, um auf diese Ziele die Einzel- und
Gruppengespräche aufbauen zu können. Sie ist geeignet für Menschen, die noch in der
Lage sind sich mitzuteilen und die eine Gesprächsgruppe besuchen können.
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DGKS Barbara Derler 4
3.1 Ziele der gesprächsorientierter Biografiearbeit
3.1.1 Identität aus dem Erinnern:
Biografisches Arbeiten ist immer Erinnerungsarbeit mit dem Blick in die Zukunft. Die
Erinnerung kann traurig und unglücklich sein, weil durch die erlebten Mühen und
Entbehrungen, unglückliche Momente der Vergangenheit ins Gedächtnis gerufen werden.
Sie kann aber auch erfreulich und glückselig sein, weil sie auch das Schöne und das
Gelungene der Vergangenheit bringt. Die persönliche geistig-seelische Entwicklung
zusammen mit all den gemachten Erfahrungen spielt dabei eine große Rolle.
Biografiearbeit ist aber auch das Erkennen und Aufdecken von Lebensspuren fremder
Menschen. Manchmal können dann Situationen, Verhaltensweisen und Entwicklungen
besser verstanden werden. Das Erinnern ist glaubhaftes und glaubendes Erkennen eigenen
und fremden Lebens. Dieses Bild hat oft nur wenig mit der Gegenwart und Realität zu tun:
Filter können Unerwünschtes ausblenden und machen das Leben schöner - besonders bei
verwirrten Menschen
Eine Lebensbilanz zu ziehen bedeutet für ältere verwirrte Menschen:
• die Möglichkeit, das Leben abzurunden,
• sich auf das Sterben als letzte Lebensaufgabe einzulassen.
In der letzten Lebensphase hält der alte Mensch oft Rückschau um das Leben als ein
Gesamtes und seine Zusammenhänge zu begreifen.
Dabei geht es oft um die zentralen Fragen des Lebens:
WER BIN ICH?
Die Frage der eigenen Identität begleitet uns ein Leben lang.
WER WAR ICH?
Wir möchten verstehen, wer wir SIND, indem wir verstehen, wer wir WAREN und
nunmehr GEWORDEN sind, indem wir fragen: WER WERDE ICH SEIN?
Wenn die Erinnerungen des gelebten vergangenen Lebens kommen, bedeutet dies auch
immer Trauerarbeit. Oft müssen lange aufgestaute Konflikte, Streitigkeiten, belastende
Schuldgefühle und Trauerereignisse aufgearbeitet werden.
Große Bedeutung kommt dem biografischen Gespräch als Form der verbalen
Kommunikation in der Begleitung verwirrter alter Menschen zu.
Frühere gefestigte emotionale Erfahrungen prägen sich ins Gedächtnis ein. Wenn das
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Kurzzeitgedächtnis schwächer wird, kommen umso stärker Erinnerungen aus der Kindheit
zurück. Alte Menschen ziehen sich häufig in ihre innerste Bilderwelt zurück, sehen und
hören nur mit ihrem „inneren Auge“ und „geistigen Ohr“.
Wenn es darum geht, sich seine Lebensgeschichte noch einmal anzuschauen, fällt der Blick
oder der Gedanke auf das Wesentlichste oder Wichtigste:
• Auf Menschen, die das eigene Leben geprägt haben;
• Probleme und Schwierigkeiten, die man bewältigt hat;
• Gefahren, denen man entronnen ist;
• Werte, die einem ein ganzes Leben wichtig waren
• Entwicklungen, die man oft unter großer Anstrengung durchgemacht hat;
• Interessante und schöne Reisen
• Politische Ereignisse
• Lebensveränderungen, wie Berufwechsel, Wohnungswechsel…..
• Schicksalsschläge
Jede Form von Lebensrückschau ist Vergangenheitsbewältigung angesichts des nahenden
Todes. Diese Lebensbilanzierung erlebt der alte Mensch, aber auch die pflegende Person
selbst oft bewegt, oft traurig, manchmal beglückt oder einfach nur dankbar
(vgl.Tropper, 2002, S.49ff).
3.1.2 Gedächtnistraining
Es ist nicht erwiesen, ob die Gedächtnisleistung älterer Menschen schwächer ist, als die
junger Menschen. Ältere Menschen messen manchen Erfahrungen weniger bei, und
vergessen dadurch schneller.
Freie „Speicherkapazitäten“ sind oft nicht mehr vorhanden. Schmerzhafte Erfahrungen
werden oft verdrängt und ältere Menschen setzen sich so ein Stoppzeichen ins Gedächtnis,
und diese Erfahrungen sinken ins passive Gedächtnis.
Der Ältere schützt sich so vielleicht vor schmerzhaften Erinnerungen
(Referat von Liane Sieger und Olaf Höwer verfasst für die Veranstaltung S1 Alter im
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Sommersemester 2000 online im www.diplom-pflegewirt.com MSN Suche http://olaf –
hoewer.de/Biografiearbeit.PDF).
Woran erinnert sich ein älterer Mensch? Nach welchen Schlüsselereignissen kann man
fragen? Gleichzeitig setzt sich der ältere Mensch wieder mit seiner Identität auseinander.
Die Fragen sollten wohl überlegt und gut vorbereitet sein. Dabei wäre zu achten, ob
geschlossene oder offene Fragen gestellt werden, das heißt die nur mit ja oder nein zu
beantworten sind, oder solche Fragen, die ein Gespräch animieren zum Weitererzählen.
Das aktive Zuhören zeigt dem alten Menschen meine Wertschätzung für sein Leben und
mein Interesse für seine Person. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, einige Beispiele
möchte ich hier anführen:
Heimat: Wo bist du her? Fragen nach der Ursprungsfamilie:
• Wo liegt der Geburtsort?
• Wer waren die Eltern, Großeltern?
• Gab es Geschwister?
• Wie wurde die Kindheit verbracht?
Lehr- und Wanderjahre: Mühsal oder Selbstverwirklichung:
• Wie wurde die Schulzeit erlebt?
• Welche Gedichte und Kinderreime wurden erlernt?
• Welcher Beruf wurde erlernt?
• Wo wurde gearbeitet?
• Was hieß es „nur Hausfrau und Mutter“ zu sein?
Dem Leben einen Sinn geben:
• Was wurde schon alles in diesem langen Leben erlebt?
• Gibt es Erinnerungen an die glücklichste Zeit im Leben?
• Welche Hobbys wurden ausgeübt?
Eingebunden in ein soziales Netz:
• Wie wichtig waren Politik und Kirche im Leben?
• Waren sie in einem Verein dabei?
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Diese Aufzählung von Fragen ließe sich immer weiter fortsetzen. Bei zu vielen Fragen
sollte darauf geachtet werden, dass der alte Mensch nicht überhäuft wird.
Rückzug durch Schweigen oder aggressives Verhalten können die Folge sein.
Einfühlsames Verhalten durch den Begleiter ist hier von großer Wichtigkeit.
Der betagte Mensch soll nicht das Gefühl des ausgefragt Werdens bekommen, die Rolle
des Begleiters beschränkt sich nur auf einzelne Impulse, die gegeben werden müssen,
damit das Erzählen nicht versiegt (vgl.Tropper, 2002, S.53ff).
3.1.3 Schutz vor Isolation und Einsamkeit
Biografiearbeit war früher weniger notwendig, besonders in ländlichen Gegenden,
vielleicht auch noch heute. Man kann sagen, jeder Mensch hatte seinen Platz und seine
Aufgaben – das Leben war von der Gesellschaft vorbestimmt. Als ich noch Kind war, lebte
ich in einer Großfamilie mit 3 Geschwistern, Eltern und Großeltern. Jeder hatte seinen
Platz mit großen und kleinen Aufgaben, die er zu erfühlen hatte. Mein Großvater ist in
diesem Haus geboren und ist auch dort gestorben. Heute gibt es diese Großfamilien kaum,
jeder ist für sich selbst verantwortlich. Unsere Gesellschaft ist geprägt von Individualismus
und ökonomischen Problemen. Für junge Menschen ermöglicht dies viel an persönlicher
Gestaltungsmöglichkeit und an Freiheit.
Der Individualisierungsprozess in unserer Gesellschaft ist aber auch der Grund, weshalb
Biografiearbeit an Bedeutung gewinnt, denn für alte Menschen bedeutet er oft Isolation
und Einsamkeit, die zu Desorientierung und Fremdheit führen kann. Biografiearbeit muss
hier oft familiäre und nachbarschaftliche Kontakte ersetzen. Menschen vereinsamen auch
oft, weil sie nicht mehr nach ihren Lebenssituationen und ihren Lebenserfahrungen gefragt
werden (Biografie-Referat von Liane Sieger und Olaf Höwer verfasst für die Veranstaltung
S1 Alter im Sommersemester 2000 online im www.dioplom-pflegewirt.com MSN Suche
http://olaf höwer.de/Biografie.PDF).
Durch diese Vielgestaltigkeit und Komplexität der alltäglichen Lebenswelt, wird vieles
unüberschaubar. Auch jungen Menschen bleibt die Frage nach ihrer Identität nicht erspart.
Menschen wechseln ständig die Welten und somit ihre Rollen: von der Arbeitwelt in die
Freizeit, vom Land in die Stadt usw.
Komplexität kann aber auch als eine Herausforderung begriffen werden, denn in einem
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vielgestaltigen Leben gibt es viele Möglichkeiten an Umsetzung von Erfahrungen.
Es gilt zunächst die soziale Wirklichkeit zu akzeptieren.
Das heißt, es ist wichtig nicht alles gut zu heißen, sondern genau hinzuschauen und
hinzuhören und die Frage zu stellen: Warum ist die heutige Lebenswelt so geworden
(vgl.Eva Blimlinger et al. 1996, S.29f).
3.1.4 Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit
Sehr häufig bietet sich uns das Bild in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, dass die
betagten Menschen oft stundenlang nebeneinander sitzen können, in sich versunken, ohne
sich miteinander zu unterhalten. Werden sie jedoch angesprochen, scheint es so als kehrten
sie wieder in diese Welt zurück. Der alte Mensch freut sich sichtlich, wenn er
angesprochen wird.
Biografische Einzel- und Gruppengespräche wirken dieser Situation entgegen, es bedarf
oft nur eines Anstoßes, die Menschen zum Sprechen zu motivieren. Meist erzählen sie
gerne und das Gefühl der Einsamkeit verschwindet für eine bestimmte Zeit, und sie haben
das Gefühl hier etwas beigetragen zu haben.
Gruppengespräche fördern das Miteinander. Sie erfahren etwas vom anderen von dem sie
kaum etwas wissen, und der eigene Horizont wird erweitert. Beziehungen und sogar
Freundschaften entstehen (vgl.Gereben – Kopinitsch-Berger, 1998, S.19ff).
In unserem Haus haben wir im Rahmen eines Projektes zur Animation eine Befragung
durchgeführt, was sich unsere Bewohner an Animation wünschen. Der Großteil der
Befragten, hat die Gespräche in den Kleingruppen begrüßt. Der Austausch untereinander,
und das gegenseitige Kennen lernen, fördern die Kommunikation, und verhindert
Einsamkeit. Plötzlich haben unsere BewohnerInnen auch begonnen sich gegenseitig in den
Zimmern zu besuchen, und die Freude und Anteilnahme des Anderen wurde wieder
wichtig.
3.1.5 Förderung des gegenseitigen Verständnisses
Manche ältere Menschen sind unzufrieden mit ihrer Lebenssituation und deshalb auch sehr
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ungeduldig mit anderen. Dies bekommen oft diese Mitbewohner zu spüren, die durch
psychische und physische Mängel durch unruhiges Verhalten, durch ständiges Fragen,
durch eine bestimmte Art zu essen, auffällig sind. Diese betagten Menschen werden oft
sehr aggressiv behandelt oder ausgegrenzt. In Gesprächsrunden müssen sich diese
Menschen mit ihren Mitbewohnern auseinandersetzen und erkennen, welche
Persönlichkeiten sich hinter diesen Menschen verbergen: mit ihren Leiden, Problemen,
Hoffnungen, Enttäuschungen und Freuden. Wo bis jetzt Ablehnung war, kann sich im
Laufe solcher Gespräche Sympathie entwickeln (vgl.Gereben - Kopinitsch-Berger, 1998,
S.21f).
3.1.6 Anregungen zur Eigeninitiative
Oft gehen die Gespräche nach der Gruppenstunde noch weiter. Manche unserer Bewohner
haben für die nächste Gruppenstunde ein Fotoalbum, Dokumente, alte Modezeitschriften
oder alte Gegenstände (handbetriebene Kaffeemühle) mitgebracht. Angehörige werden
ersucht alte Gegenstände von zu Hause mitzubringen (vgl.Gereben – Kopinitsch-Berger,
1998, S.24).
3.2 Gesprächsgruppen in der Biografiearbeit
Die gesprächsorientierte Biografiearbeit eignet sich für Menschen mit unterschiedlichen
Geriatrischen Krankheitsbildern, wie Insult, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Tumor,
Depression, Desorientiertheit, Morbus Alzheimer u.v.m.. Voraussetzung ist eine genaue
Kenntnis über psychische und physische Beeinträchtigungen des sozialen Verhaltens, der
Bedürfnisse und Fähigkeiten. Je besser man die Gruppe kennt, umso effizienter kann auf
die einzelnen Gruppenmitglieder eingegangen werden.
Oft überwiegt der Frauenanteil. Ein Mann in der Gruppe gerät oft in eine schwierige
Situation, wenn er mit den positiven und negativen Erfahrungen, die Frauen mit Männern
gemacht haben, konfrontiert wird. Gefühle der Zuneigung, aber auch der Enttäuschung
können auf ihn übertragen werden. Deshalb wäre es von Vorteil, wenn mindestens zwei
Männer in einer Gruppe wären.
Ob überhaupt Einzelgespräche in einem Pflegeheim durchgeführt werden können, hängt
auch davon ab, wie die personelle Situation ist. Wenn die Möglichkeit besteht, dass
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Betreuerinnen sich genügend Zeit nehmen können, lohnt es sich, in besonderen Fällen
solche Einzelgespräche oder Interviews durchzuführen. Bewohner, die sich schwer
aufgrund ihrer Persönlichkeit in eine Gruppe einbinden lassen, können so gut erreicht
werden. Auch solche, die psychisch beeinträchtig sind, z.B. durch depressive
Verstimmungen, Ängste und Hemmungen, lassen sich durch Einzelgespräche
aus der Isolation herausführen. Für Einzelgespräche bedarf es mehr an Empathie und
Einfühlungsvermögen, je einfühlsamer die BegleiterInnen oder LeiterInnen sind, je
ehrlicher ihr Interesse und ihre Aufmerksamkeit ist, desto effizienter und tiefgehender
wird das Gespräch sein. Biografiearbeit lässt sich auch im Rahmen der täglichen
Routinearbeit in einem Pflegeheim durchführen. Gerade da hat der Bewohner nicht das
Gefühl interviewt zu werden, es ist oft eine ungezwungene Atmosphäre des gegenseitigen
Erzählens (vgl.Gereben – Kopinitsch-Berger, 1998, S.25f).
3.3 Organisation von Gesprächen
Wie eine Gesprächsgruppe zusammengesetzt ist, welches Gesprächsklima herrscht und
was die Inhalte der Gesprächsrunde sind, hängt großteils auch davon ab, wie der äußere
Rahmen gestaltet ist. Vieles wird vorgegeben sein, manches kann verändert und besser
gestaltet werden (vgl. Blimlinger et al 1996, S.117).
Einige Punkte die bei der Organisation von Gesprächskreisen beachtet werden sollen;
• Der Raum
Die Räumlichkeiten sollten leicht zu finden sein, bzw. erreichbar sein.
Sie sollten nicht viel größer als die Gesprächsgruppe sein, die Gruppe soll sich
nicht verloren vorkommen. Achten auf ausreichend Licht und Frischluft um
Ermüdungserscheinungen zu vermeiden.
Ältere Menschen sind sehr empfindlich auf störenden Nachhall und
Nebengeräusche, deshalb achten auf Teilnehmer die Hörhilfen tragen.
Der Raum sollte für die Dauer der Gesprächsrunde vor Störungen geschützt sein.
Eine positive Atmosphäre schafft auch eine Raummitte, die zum Thema passend
gestaltet ist (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.117).
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• Essen und Trinken
Die Gesprächsatmosphäre wird positiv beeinflusst, wenn Kaffee, Tee und Kuchen
oder sonstige Imbisse gereicht werden. Das kann zur Gewohnheit werden, und die
Runde beleben und auflockern. Um eine Unruhe zu vermeiden, empfiehlt es sich
am Anfang oder zwischendurch oder am Ende der Gespräche eine Essenspause
vorzusehen (vgl. Blimlinger et al.1996, S.117).
• Die Zeit
Es empfiehlt sich einen Veranstaltungskalender zu planen, um Kollisionen mit
anderen Veranstaltungen zu vermeiden. Sinnvoll ist es auch, die Treffen mit einer
Regelmäßigkeit durchzuführen, (in unserem Haus hat sich der wöchentliche
Rhythmus bewährt).
Am Anfang werden die Gruppenstunden kürzer sein, sobald eine bestimmte
Gesprächskultur gefunden wurde, weiten sie sich auf zwei Stunden oder auch
länger aus. Die Bewohner kommen auch oft früher und gehen später um im kleinen
Kreis zu „tratschen“ oder Privatgespräche zu führen. Dieser persönliche Austausch
ist aber für die Ziele dieser Runden auch sehr wichtig, und es sollte
dafür Zeit zur Verfügung stehen.
Durch klare Aufforderung sollen dann diese Gespräche beendet werden, damit das
eigentliche Gruppengespräch beginnen kann. Ein Gruppengespräch kann mit einer
Begrüßung oder Einleitung begonnen werden (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.118).
• Die Sitzordnung
Grundsätzlich wäre von Vorteil, wenn alle in einer Runde sitzen würden, dadurch
haben alle TeilnehmerInnen direkten Blickkontakt miteinander. Jedoch große
. Enge und Nähe kann am Beginn auch unangenehm sein. Bei größerer
Vertrautheit kann Gedrängtheit ein wohliges Gefühl von Wir-
Bewusstsein geben. Unpersönliche Distanz fördern zu weite Abstände (vgl.
Blimlinger et al. 1996, S.118f).
• Teilnehmerzahl
Eine Gesprächsgruppe von drei oder fünf Teilnehmern kann schon stattfinden.
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DGKS Barbara Derler 12
Durch Mundpropaganda der ersten TeilnehmerInnen wird sich die Gruppe, bei
positivem Anklang, ausweiten. Ein gefestigter Gruppenkern wäre für das
inhaltliche Arbeiten der Gruppe ziel führend, weil sich die Gruppe untereinander
schon gut kennt, und eine ständige Fluktuation ein ständiges Kennen lernen
bedeuten würde. In einer Runde von acht bis zwölf, höchstens zwanzig Mitglieder
ist gutes und integriertes Arbeiten möglich. In größeren Gruppen wird es schwierig
zu arbeiten und würde in eine Oberflächlichkeit münden. Bei größerer Nachfrage
müsste eine weitere Gruppe gegründet werden. Es ist auch von Vorteil und fördert
die Qualität dieser Art von Bildungsarbeit und Animation, wenn mehrere Personen
die Runde inhaltlich und durch die Moderation der Beiträge leiten. Dadurch sind
die Gesprächsrunden gesichert, falls jemand ausfällt (vgl. Blimlinger et al. 1996,
S. 119).
• Anrede
Persönliches Erzählen fällt leichter, wenn alle TeilnehmerInnen möglichst bald den
Namen der anderen TeilnehmerInnen kennen, z.B. durch Namenskärtchen mit
großer Aufschrift. Neue TeilnehmerInnen am Beginn jeder Runde vorstellen.
Hilfreich ist es auch abzuklären, wie sich die Gruppe gegenseitig ansprechen
möchte mit „Du“ oder „Sie“ (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.119f).
3.4 Gespräche leiten und moderieren
Die inhaltliche und emotionale Ebene ist bei der Leitung und Moderation von
Gesprächsrunden zu beachten. Die Gesprächsleitung gibt die Richtung und die Form der
Gespräche vor (vgl. Blimlinger et al.1996, S.121).
• Beteiligung der Teilnehmer
Die Ankündigung einer Gesprächsgruppe kann mit einer persönlichen, schriftlichen
Einladung erfolgen, oder es wird im Pflegeheim ein selbst gestaltetes
Ankündigungsplakat ausgehängt. Wichtig ist, dass das Thema, der Ort, das Datum
und die Uhrzeit abzulesen sind.
Viele ältere Menschen bekommen kaum Post, und sie freuen sich ganz besonders
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über Einladungskarten. Besonders hervor zu heben ist der Hinweis auf das Thema,
und das es um persönliche Lebenserfahrungen und Erinnerungen geht, und nicht
um Schulbuchwissen. Entscheidend sind dabei die Fragen, die von der
GruppenleiterIn vorbereitet werden siehe Punkt 2.1.2 (vgl. Blimlinger et al. 1996,
S.121).
• Den roten Faden halten
Größere Abschweifungen sollen vermieden werden. Dies kann verhindert werden,
durch kurze Zusammenfassungen der Beiträge. Eine zeitliche Grenze ist von
Vorteil, damit es nicht oberflächlich und beliebig wird. Großes
Einfühlungsvermögen braucht es auch, um einen längeren Redefluss zu
unterbrechen und erfordert viel Rücksicht auf die Verletzbarkeit des Sprechenden.
Lebensgeschichten brauchen Zeit um die dazu gestellten Fragen zu beantworten.
Dies ist meist in kurzen Ausführungen nicht möglich, daher kann es sein, das ein
weiter Bogen beschrieben wird, an dessen Ende erst die Logik der Geschichte
deutlich wird. Hier heißt es Geduld zu üben (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.122).
• Aktivierung von TeilnehmerInnen
Redegewandte „Zeitzeugen“ brauchen oft weniger Unterstützung um ins Gespräch
zu kommen. Einen schüchternen Teilnehmer kann man gut unterstützen und zu
sprechen bringen, indem man sich zu ihm setzt und vor der gemeinsamen
Gesprächsrunde noch ein wenig plaudert. Eine weitere Möglichkeit der
Aktivierung wäre, Fragen reihum beantworten zu lassen. Dies dauert aber länger
und kann bei manchen älteren Menschen auch als Druck verspürt werden,
etwas sagen zu müssen. Es muss sich nicht jeder GesprächsteilnehmerIn,
die zu Wort melden, sondern er/sie kann ihren Ausdruck in konzentriertem
Zuhören, einem wachen Blick oder in einer gesteigerten Beachtung des eigenen
Äußeren finden.
Für viele betagte Menschen ist es schon wichtig sich hübsch herzurichten und
auf äußeres Wert zu legen, um so Gesprächsrunden zu bereichern (vgl. Blimlinger
et al. 1996, S.122).
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• Haltung des Zuhörens
Zentrales Beziehungselement für Gesprächsgruppen ist wirkliches Zuhören, das
durch Sympathie und Antipathie gestört werden kann. Das kann bei den
Teilnehmern und der Leitung auf Zustimmung oder Ablehnung, die sich auf die
Person und nicht auf die Sache beziehen, stoßen. Solche Gefühle sollten einem
bewusst sein und es stellt sich eine gleichmäßige Haltung gegenüber allen
TeilnehmerInnen ein. GesprächsleiterInnen sollten solche gruppendynamischen
Prozesse ständig im Auge behalten, und beobachten: wer meldet sich zu Wort, wer
wird übergangen, welche Gesprächsverbindungen kommen zustande (vgl.
Blimlinger et al. 1996, S.123).
• Anregungen zu detailreichem Erzählen
Eine gute Moderation besteht darin, die Gruppe vor allem mit ihren vorhandenen
Fähigkeiten entfalten und nutzen zu lassen. Dazu gehört eine offene Haltung
gegenüber inhaltlichen Aussagen – selbst wenn sie den eigenen Vorstellungen
widersprechen.
Die genaue Besinnung auf die eigenen Erinnerungen ist die einzige Chance,
festgefahrenen Vorurteilen entgegen zu treten.
Detailreiche Erzählungen sind Prinzip lebensgeschichtliche Gespräche anzuregen,
und nicht in schnelle, ungenaue Oberflächlichkeiten zu fallen. Unterstützend
können hier Fotos und Gegenstände aus der Kindheit sein. Wer ist auf
diesem Foto zu sehen? An welchen Ort erinnert mich dieses Foto?
Wozu wurde dieser Gegenstand verwendet? usw… . Fotos sind auch gut geeignet
für Einzelgespräche. Gerüche zum Beispiel, lassen eine Vielzahl von verborgenen
Geschichten aufleben. Kleine Stücke von Seifen, Schokolade und Gewürze lassen
Erinnerungen an früher wecken (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.123f).
• Gesprächsleitfaden
Für die Gesprächsleitung ist es ratsam einen Fragenkatalog vorzubereiten, der
inhaltlich das Thema unterstützt. Ein solcher Leitfaden dient der eigenen
Sicherheit und hilft den roten Faden beizubehalten. Er sollte aber nicht streng
abgehakt werden. Diese Fragen können aus der Kindheit herrühren z.B.
Namensgebung, Erziehung, Wohnen, leibliche Wohl, Spiele, Schule, Feste und
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Umwelt (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.124f).
• Der Umgang mit Gefühlen
Persönliche Gespräche sind voll von Gefühlen. In Gesprächsrunden wird gelacht,
gemurrt, gestritten, geweint und Witze gemacht. Ab und zu braucht manches Auge
ein Taschentuch. In diese Vielzahl von Gefühlen ist auch die Gesprächsleitung
eingebunden. Sie sollte sich immer wieder bewusst werden, welche Gefühle sie
gerade persönlich selber bewegen oder im zurückliegenden Gespräch bewegt
haben. Um Peinlichkeiten zu vermeiden, sollte die Gesprächleitung erkennen,
warum jetzt eine längere Pause ist, warum jetzt vom Thema abgeschweift wurde,
wie mit traurigen Erzählungen und Tabuthemen umgegangen wird. Sie sollte ein
Feingefühl haben, ob Gefühle angesprochen werden, körperliche Zuwendung
gezeigt oder gemeinsam geschwiegen wird. Oft werden ältere Menschen im
Umgang mit Gefühlen unterschätzt, und so kann es auch sein, dass ältere
Teilnehmer jüngere Moderatoren angesichts trauriger Schicksale trösten oder über
Peinlichkeiten locker hinweg helfen (vgl. Blimlinger et al. 1996, S.126f).
In unserem Heim haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass solche Gesprächsrunden
ein wesentlicher Bereich für die Animation und Ausgangspunkt vieler Animationswünsche
sind. Durch diesen Austausch ist es uns möglich besser und individueller auf
Aktivitätswünsche unserer Bewohner einzugehen. Die positiven Rückmeldungen, die wir
von unseren Klienten bekommen, bestätigen uns die Wichtigkeit dieser Arbeit.
Foto: PH Zerlach 16
DGKS Barbara Derler 16
4. Aktivitätsorientierte Biografiearbeit Wenn alte Menschen über ihre eigene Vergangenheit sprechen, sind sie oft sehr
einfallsreich und haben gute Ideen und zeigen großes Engagement. Sie sind dann meist
bestrebt weitere Aktivitäten zu setzen. Persönliche Erinnerungsstücke, beispielsweise ein
altes Modejournal, ein Stammbuch, ein handgeschriebenes Kochbuch, Fotos, Spiel- oder
Werkzeug bringen sie in die Gruppengespräche mit. Gerne wird gebastelt oder sie
schreiben Gedichte und illustrieren diese.
Greifen sie die Ideen der älteren Menschen auf. Sie sind viel zu wertvoll, als dass nichts
daraus entstehen kann.
Auch wenn ihre BewohnerInnen nicht so initiativ sind, überlegen Sie, ob Sie nicht über die
Gespräche hinaus noch andere Aktivitäten setzen wollen. Natürlich nur, wenn die Gruppe
es wünscht, ist beispielsweise eine Präsentation eine gute Möglichkeit, den Inhalt der
Gespräche auch anderen zugänglich zu machen (vgl. Gereben – Kopinitsch-Berger 1998
S.46)
4.1 Ziel der aktivitätsorientierten Biografiearbeit
Das Ziel der aktivitätsorientierten Biografiearbeit sollte sein, die Freizeit des alten
Menschen sinnvoll und anregend zu gestalten. Der Isolation vorzubeugen und auch im
Alter Mitglied der Gesellschaft zu sein. Am kulturellen und gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Traditionen und Werte des Leben zu achten und würdigen. Rituale des
täglichen Lebens weiterzuführen, und Feste im Jahreskreis zu feiern. Der alte Mensch
sollte dadurch Freude und Hoffnung erfahren und ein Ziel haben.
Dazu ist es einfach wichtig eine durchdachte Planung und Vorbereitung zu haben, damit
weiterführende Aktivitäten gut gelingen und weiterhin gerne besucht werden. Ein
Vorschlag wäre eine Jahresplanung der Aktivitäten zu machen, um Vorbereitung und
Termine der Veranstaltungen gut zu koordinieren.
Hier einige Beispiele der weiterführenden Aktivitäten, von denen wir in unserem Heim
schon einige ausprobiert haben und die sehr positiv angenommen wurden.
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4.2 Vorschläge für weiterführende Aktivitäten
• Museumsbesuch
• Collagen
Bitten sie GesprächspartnerInnen, Fotos aus ihrer Jugendzeit mitzubringen. Diese
werden betrachtet und Geschichten dazu erzählt Anschließend werden sie
aufgeklebt und mit Überschrift „Erkennen Sie diese Frau und diesen Mann?“ an
einen Ort gehängt, wo viele TagesbesucherInnen täglich vorbeigehen.
• Ausstellungen
Ermutigen und motivieren sie TeilnehmerInnen Alltagsgegenstände aus
vergangenen Tagen, alte Kleidungsgegenstände, Postkarten, Kochbücher,
Küchengegenstände, Kinderbücher, Schulhefte, Zeitungen, Kinderspielzeug usw.
mitzubringen. Breiten Sie aus diesen Erinnerungsstücken gemeinsam mit den
Klienten eine kleine Ausstellung vor.
Bilder, die die Bewohner selbst gemalt haben und im Rahmen einer Ausstellung
der Öffentlichkeit gezeigt werden.
• Bunter Nachmittag
Material: Recorder, Flipchart, Stifte Gewürze und Düfte in Dosen, Schachtel oder
Kiste, alte Gegenstände
Gruppe bildet einen großen Sitzkreis
- Begrüßung: Fordern Sie alle gehfähigen TeilnehmerInnen auf, innerhalb
des Kreises herumzugehen und einander mit Händeschütteln zu begrüßen;
es sollen auch jene angesprochen werden die sitzen.
- Düfte raten: Verschiedene Düfte wie Lebkuchengewürz, Gewürznelken,
Anis, Salbei, Safran, Lavendel, Mottenkugeln, Wickbalsam, Seife,…werden
in kleine Dosen gegeben. Lassen sie die TeilnehmerInnen daran riechen
und fordern Sie sie auf zu erzählen, welche Erinnerungen mit den einzelnen
Düften verbunden sind.
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- Hitparade: Befragen Sie die Bewohner einige Tage vorher, welche Schlager
und Volkslieder ihnen aus der Jugendzeit bekannt sind. Schreiben sie die
Texte auf oder besorgen sie Textunterlagen, die im Handel erhältlich sind.
Die Texte werden kopiert, damit am bunten Nachmittag alle mitsingen
können. Es gibt auch CD’s und Musikkasetten mit Instrumentalmusik, mit
denen diese Lieder instrumental begleitet werden können. Oder noch
besser, wenn es eine Person gibt, die mit einem Instrument begleiten kann.
- Riesenkiste: In eine großen Kiste oder Schachtel werden Gegenstände aus
der Vergangenheit gegeben, z.B. einen alten Hut, handbetriebene
Kaffeemühle, Poesiealbum, kratzende Wollstrümpfe, Leinenunterwäsche mit
Spitzen, alte Kaffeehäferl, alten Zierfleck aus der Handarbeitsstunde…Die
TeilnehmerInnen sollen berichten, was sie gefunden haben. Notieren Sie die
Gegenstände am Flipchart.
- Jause: Reichen Sie zum Abschluss Kaffee und Kuchen oder Kekse, die
vielleicht eine Kochgruppe für diesen Nachmittag aus einem alten Rezept
gebacken hat (vgl. Gereben – Kopinitsch-Berger 1998, S.47).
• Szenische Darstellung
Erarbeiten Sie mit den GruppenmitgliederInnen einen Text über Alltagssituationen
aus der Kindheit und Jugendzeit und inszenieren Sie ein Theaterstück vor
Publikum. Die Darbietung wird einstudiert, Kleidung und Musik unterstreichen das
Ganze (vgl. Gereben – Kopinitsch-Berger 1998, S.47).
• Feste feiern im Jahreskreis
Versuchen Sie die einzelnen Feste mit Ihrer Gruppe ganz bewusst vorzubereiten.
Dies ist auch eine Erfahrung, die wir in unserem Pflegeheim gemacht haben. Unser
Haus wurde im ländlichen Raum erbaut, hier ist die Tradition von Überlieferten
noch aufrecht, und es vermittelt Respekt gegenüber Werten aus der Vergangenheit.
Hier einige Beispiele:
- Weihnachten: Lebkuchen backen, Christbaumschmuck basteln,
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- Herbergsuche, Gespräche über die Bedeutung der Advent- und
Weihnachtszeit, Adventkalender, kleine Andacht zum Entzünden jeder
Adventkranzkerze, gemeinsames Binden des Adventkranzes,
Weihnachtsfeier mit Meßfeier.
Foto: Weihnachten/ PH Zerlach
- Ostern: Gemeinsames Binden der Palmzweige, Eierfärben und Osterbrot
backen für die Speisensegnung und den Ostertisch, Gespräch über die
Fastenzeit, Ostertischgestaltung, Osterstrauß
Foto: Ostern/ PH Zerlach
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- Erntedankfest: Dankgottesdienst gemeinsam vorbereiten, kleine
Erntearbeiten erledigen z.B. Kürbis ausputzen, Nüsse für die Küche
aufklopfen, Bohnen auslesen, Kastanien in einem kleinen Ausflug
einsammeln und gemeinsam zum Braten einschneiden.
- Faschingsfest: Theaterstück einstudieren, gemeinsam Kostüme vorbereiten
oder basteln
- Gartenfest: Gemeinsam den Garten gestalten mit Lampionketten,
Transparente, Tischschmuck mit kleinen Wiesenblumensträußchen.
Sinnvoll ist es auch, diese weiterführenden Aktivitäten schriftlich fest zu halten, z.B. in
Form eines Protokolls in einer Info-Mappe. In unserem Haus haben wir die Erfahrung
gemacht, dass es notwendig ist, zu wissen, welche Bewohner jeweils in der letzten Gruppe
dabei waren, um auch solche zu motivieren, die selten in die Gruppe kommen. Um auch
eine Übersicht zu haben für die ModeratorInnen, welche Themen schon behandelt wurden,
damit eine Vielfalt vorhanden ist, und das Interesse nicht verloren geht.
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Zusammenfassung: Zusammenfassend kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass gesprächsorientierte und
aktivitätsorientierte Biografiearbeit wichtig ist für die Pflege, für die Freizeitgestaltung und
für verschiedene Aktivitäten von betagten Menschen. So ist es besser möglich auf den
alten Menschen einzugehen, sie in manchen Bereichen zu fördern und zu unterstützen. Ihre
Einzigartigkeit zu stärken und zu erhalten, und ich habe die Möglichkeit, ihnen das Gefühl
zu geben noch wichtig und wertvoll zu sein.
Viele ältere Menschen haben Angst vor Einsamkeit und dem Gefühl nicht mehr gebraucht
zu werden. In den Gruppengesprächen wird der Austausch untereinander stark gefördert,
und somit das Gemeinschaftsgefühl erfahrbar gemacht. Es bestärkt sie wichtige
Ressourcen zu aktivieren und sie entwickeln Engagement und Zielstrebigkeit für
gemeinsame weiterführende Aktivitäten. Auch im Alter ist es wichtig Ziele zu haben, die
sinnvoll und realistisch sind, und die mein weiteres Leben bereichern.
Jüngeren Menschen möchte ich noch den Vorschlagen ihre persönliche Biografie oder
Lebensgeschichte niederzuschreiben. Gut geeignet sind dafür Tagebücher oder
persönliche Notizen. Diese Aufzeichnungen sind oft wichtige Hinweise für die
Generationen, die nach uns kommen.
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Literaturverzeichnis:
♦ Blimlinger, Eva / Ertl, Angelika / Koch-Straube, Ursula / Wappelshammer,
Elisabeth: Lebensgeschichten, Biographiearbeit mit alten Menschen, Hannover,
Vincentz Verlag, 1996.
♦ Gereben, Cornelia / Kopinitsch-Berger, Susanne: Auf den Spuren der
Vergangenheit, Anleitung zur Biographiearbeit mit älteren Menschen, Wien –
München – Bern, Verlag Wilhelm Maudrich, 1998.
♦ Tropper, Doris: In Würde altern, Pflege und Begleitung älterer Menschen,
Düsseldorf, Patmos, 2002.
♦ Liane Sieger und Olaf Höwer verfasst für die Veranstaltung S1 Alter im
Sommersemester 2000 online www.diplom-pflegewirt.com MSN Suche http://olaf-
hoewer.de/Biografiearbeit.PDF
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Erklärung:
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Semesterarbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt
und die benutzten quellen als solche kenntlich gemacht habe.
Datum:__________________ Unterschrift:______________________
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