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Welt der Religionen Fünf Weltreligionen stellen ihre Gärten vor

Welt der Religionen auf der igs 2013

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Diese Broschüre gibt vertiefende Einblicke in die „Welt der Religionen“, ihre Gärten, die Entstehung und Gestaltung.

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Welt der ReligionenFünf Weltreligionen stellen ihre Gärten vor

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Erstmalig präsentieren sich fünf Weltreligionen auf einer Gartenschau gemeinsam.Die Welt der Religionen ist eine der sieben Themen-welten der internationalen gartenschau hamburg 2013. Sie ist entstanden in einem fünfjährigen Prozess des Austausches, der Begegnung und Ver-ständigung zwischen Mitgliedern der Religionen in Hamburg.

Sakralräume, Moscheen, Tempel, Synagogen und Kirchen vermitteln wesentliche Aspekte des Reli-giösen. Auf dieser Gartenschau sind es Gärten, die zur Begegnung und zum Austausch mit den Reli-gionen einladen.

Die vielen Begegnungen mit denen, die seitens der Religionen für die Gestaltung der Gärten verant-wortlich zeichneten, der Austausch auf unseren vorbereitenden Treffen – all das hat ungemein be-reichert. Gegenseitiger Respekt, Toleranz und Ver-ständigung sind gewachsen. Wir hoffen, dass dies auch für Sie als Besucherinnen und Besucher unserer Gärten und begleitenden Veranstaltungen gelten wird.

Diese Broschüre sollen Ihnen vertiefende Einblicke in die „Welt der Religionen“, ihre Gärten, die Ent-stehung und Gestaltung ermöglichen.

Als Initiatoren wünschen wir Ihnen stellvertretend für alle Beteiligten viel Freude beim Lesen und Erkenntnisse, wie Religion Leben bereichern kann.

Corinna Peters-Leimbach

Herbert Wolf

Claus Everdiking

auf der igs 2013!„Welt der Religionen“

Willkommen in der

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Seit 2008 trafen sich Muslime, Buddhisten, Hindus, Juden und Christen mit Vertreterinnen und Vertre-tern der igs 2013, um die „Welt der Religionen“ zu planen. Allen Beteiligten war wichtig, ein Symbol zu suchen, das verbindet, auch wenn jede Religion es anders deutet. Schnell wurde das Wasser als ver-bindendes Element gefunden, das als Quelle des Lebens verstanden wird und für Reinigungsriten oder die Taufe steht.

Um diese Verbindung, dieses Gemeinsame für die Besucherinnen und Besucher deutlich werden zu lassen, steht in der Mitte der Gärten ein großer Brunnen aus Naturstein und Edelstahl. Fünf Was-serstrahlen geben ihr Wasser in die Schale – jede Religion hat etwas zu geben. Fünf Überläufe flie-ßen über – jede Religion ist auch Empfangende.

Von dieser Mitte aus sind die einzelnen Gärten der Religionen begehbar. Auch wenn jede Religion ih-ren Garten geplant hat, waren die anderen immer daran beteiligt. Auf den gemeinsamen Treffen wur-de der Stand der Planungen vorgestellt und von

den anderen wertschätzend begleitet und kom-mentiert. Ein Zeichen für das gute Miteinander war, dass sich die fünf Religionen bei der Anlage ihres Gartens alle mit Gudrun Lang für die gleiche Landschaftsarchitektin entschieden haben. So sind alle Gärten individuell, tragen aber die gleiche Handschrift.

In diesem Jahr ist nun das Ergebnis dieses Pro-zesses für alle sichtbar. Die Gärten laden ein zur Betrachtung, Meditation und der Auseinanderset-zung mit dem eigenen, dem anderen oder auch dem nicht vorhandenen Glauben.

Auch über die Anlage der Gärten hinaus lag den Beteiligten an einem Miteinander: Während sich im Winter die Gärten im Winterschlaf befanden, besuchten sich die Gläubigen der Weltreligionen in ihren religiösen Räumen und lernten sich auf diese Art und Weise noch besser kennen. Darüber hinaus planten sie Veranstaltungen für die laufen-de Gartenschau. Es gibt Veranstaltungen, die die einzelnen Religionen selbst verantworten. Und es

„Welt der Religionen“ Die Entstehung der

– ein Prozess des interkulturellen und interreligiösen Lernens

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gibt sowohl eine gemeinsame Veranstaltungsrei-he am Freitagabend, in der sich die Religionen mit musikalischen Darbietungen präsentieren als auch an jedem Sonntag „Geschichten am Brunnen“ mit Geschichten zum Wasser aus den einzelnen Religi-onen.Dieses gelungene Miteinander wird für die Besu-cherinnen und Besucher spürbar, wenn sie sich auf eine Reise in die eigene bekannte, aber auch in die unbekanntere Religion begeben.

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Welt der ReligionenErste Eindrücke von der

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Welt der ReligionenIslamischer Garten

„Gesang auf das Paradies“

Buddhistischer GartenIm Reinen Land der Buddhas

Hinduistischer GartenDer Garten der ewigen Weltordnung Jüdischer GartenDie Schöpfungsgeschichte

Christlicher GartenLebenspfad

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ein neuer Gartentypus Religionsgärten

Der Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Religion und Weltanschauung spielt heute eine im-mer wichtigere Rolle, um respektvoll und friedlich in unserer Stadt zusammenleben zu können. Auf der Internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg bilden die Religionsgärten der fünf Weltreligionen den Rahmen und den Motor für diesen Dialog. Al-lein schon durch ihre unterschiedliche Gestaltung fordern die Gärten den Besucher zum Nachden-ken und zur Auseinandersetzung mit dem Ort auf.

Seit vielen Jahren beschäftigen wir Planerinnen uns mit religiösen Themen in der Gartengestal-tung. Wir empfinden es als einen besonderen Glücksfall mit der Entwicklung und Umsetzung der Projektideen für die Religionsgärten betraut worden zu sein.

Was hat uns dabei inspiriert? - Zunächst der Ort, ein ehemaliger Friedhof, heute ein Baum bestan-dener, schattiger Hain, mit einer noch vorhande-nen Kapelle. Uns Planerinnen stellte dieser Ort

vor große Herausforderungen, weil sonnenlie-bende Pflanzen, die der Besucher eigentlich er-wartet, nicht zum Einsatz kommen können. Die alten Grabsteine verweisen auf das Leben nach dem Tod. Der Kreislauf des Lebens und Sterbens ist in den Jahreszeiten ablesbar. Die Poesie dieses Ortes ist gleichzeitig das Grundgesetz des Lebens.

Insgesamt näherten wir uns der Planung von ver-schiedenen Seiten: den Gegebenheiten und den unterschiedlichen Wünschen und Sichtweisen der Religionsgemeinschaften. Als Anwälte der ge-meinschaftlichen Ziele übersetzten wir die Wün-sche in eine künstlerische bauliche Form.

Gärten sind bei allen Menschen beliebt. Es könnte sogar sein, dass der gleiche Mensch, der auf die Straße geht, um gegen den Bau einer Moschee zu protestieren, einen islamischen Garten mit Inte-resse besichtigt. Wenn das gelingen sollte, dann hat sich die Mühe, Religionsgärten auf den Weg zu bringen, hundertfach gelohnt.

Gudrun Lang, die Freie Landschafts-architektin führt erfolgreich seit vielen Jahren ein Planungsbüro in Hamburg.

Sie und Ihr Team planten die „Welt der Religionen“.

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„Gesang auf das Paradies“ Das Paradies und der Garten als Ort der Glückselig-keit, mit fließenden Flüssen, mannigfaltigen Früch-ten und farbenprächtigen Pflanzen, findet vielfach im Koran Erwähnung. Für das Bild des Gartens fin-det sich folgende Beschreibung:

„Mit dem Paradies, das den Gottesfürchtigen ver-sprochen ist, ist es wie folgt: darin sind Bäche von Wasser, das nicht faulig wird, Bäche von Milch, deren Geschmack sich nicht ändert, und Bäche von berau-schendem Getränk – ein Genuss für die Trinkenden -, und Bäche mit geklärtem Honig. Und darin werden sie Früchte aller Art bekommen und Vergebung von ihrem Schöpfer…“. (Koran 47:15)

Mehr als hundert Mal ist im Koran der Garten als Aufenthaltsort der Seligen erwähnt, die in grünen Gewändern aus Seide und Brokat auf gepolsterten Sitzen liegen oder in ihm wandeln.

Für die Muslime ist der Koran eine Rechtleitung, die zum rechten Pfad führt. So heißt es in den Gebe-ten der Gläubigen, dem ersten Kapitel des Korans folgend:

„Leite uns den rechten Pfad, den Pfad derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht derer, die Deinen Zorn erregt haben, und nicht der Irregehenden“. (Koran 1:6-7)

Das Leben ist ein Pfad, auf dem der Mensch zwi-schen Geburt und Tod schreitet. Ziel ist es, ein gott-ergebener Mensch zu sein und Gottes Wohlgefal-len zu erlangen. Der Lohn für die Gottergebenheit ist, in das Paradies einschreiten zu dürfen.

Der Pfad des muslimischen Gartens beginnt an ei-nem Palmentor. Von oben betrachtet erinnert er an den islamischen Halbmond. Bodenintarsien in Form von Sternen bringen den Himmel auf irdischen Bo-den und zeichnen die islamische Kunst nach.

Die farbenfrohe Pflanzenwelt entlang des Pfades weist auf die gottgewollte Vielfalt in der gesamten Schöpfung hin, ganz gleich ob Mensch, Tier oder Natur.

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Fließendes Wasser ist Synonym für Leben und Rein-heit. Alles Leben wurde aus Wasser erschaffen und es ermöglicht den Fortbestand. Die körperliche wie geistige Reinheit ist im Islam elementarer Bestand-teil sowohl des religiösen, spirituellen als auch des täglichen Lebens.

‚Der Pfad, der durch die Wüste zur Wasserquelle führt‘, ist die Entsprechung des Wortes Scharia im Islam. Die Wasserquelle erinnert an die maurischen Wasserspiele der Alhambra. Eine sinnliche Erfahr-barkeit soll ausgelöst werden. Das leise Fließen, Plätschern und das ‚Flüstern des Wassers‘ dient der Kontemplation.

Orientalische Sitzkissen sollen Gemeinschaft schaf-fen, denn der Aspekt der Gemeinschaft ist sehr bedeutsam im Islam. Gemeinsam kann man dem Wasser lauschen und sich von der Erhabenheit des Paradieses auf Erden inspirieren lassen.

Die geistige Reinigung erlangen Muslime nicht zu-letzt durch das Wort Gottes, den Koran, welches als Gesang hörbar und als Kalligraphie sichtbar wird. Abgerundet wird die Atmosphäre des Gar-

tens durch Olivenbäume, exotische Pflanzen, und durch das auf dem Boden symbolisch dargestellte Firmament.

„Wir gehören Gott und zu Ihm kehren wir zurück“ (Koran 2:156)

Der Tod stellt den Übergang zum jenseitigen Lebendar und wird durch den Torbogen am Ende des Pfa-des symbolisiert.

Gemäß dem islamischen Glauben verlässt die Seele nach dem Sterbeprozess den Körper bis zum Tag der Auferstehung, an dem der Mensch für seine Ta-ten vor Gott Rechenschaft ablegen wird. Entspre-chend seiner guten und schlechten Taten erfolgt dann die Entscheidung Gottes über Belohnung oder Bestrafung des Menschen.

Das Tor am Ende des Pfades soll an den Glauben an das Jenseits, an die Auferstehung nach dem Tod sowie an das Jüngste Gericht erinnern. Dies sind die wesentlichen Glaubensgrundsätze des Islam. Durch das Hindurchschreiten wird die Heimkehr zum Schöpfer symbolisiert.

„Gesang auf das Paradies“

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Im Reinen Land der BuddhasGarten der StilleIm Buddhismus steht die Besinnung auf die inneren Qualitäten im Vordergrund. Man strebt nach dau-erhaftem Glück jenseits von weltlichen Bestrebun-gen, veränderlichen Äußerlichkeiten und unbestän-digen Gefühlen – durch geistige Vervollkommnung. Es werden unter anderem Meditationstechniken gelehrt, die Ruhe, Offenheit und Klarheit entstehen lassen sollen: Man versucht den Geist mit guten Eindrücken zu füllen, um anschließend mit mehr Achtsamkeit, Mitgefühl, Gelassenheit und Lebens-freude in den Alltag zu gehen.

Die buddhistische Lehre zielt nicht auf Glauben, sondern auf Erfahrung: Auch der historische Bud-dha hat vor 2.500 Jahren seine Schüler immer wieder dazu aufgerufen, keine vorgefertigte Weis-heiten blindlings anzunehmen, sondern diese wohl-wollend, aber kritisch zu prüfen.

Buddhistische Gärten zeichnen sich meist durch Harmonie sowie eine klare Raumstruktur aus. Sie laden zum Meditieren und Verweilen ein. Nicht selten repräsentieren sie ein „Reines Land“ eines Buddha: Einen Daseinsbereich bzw. einen Zustand jenseits der geschäftigen, bedingten Welt – mit besten Voraussetzungen für geistige Praxis auf dem Weg zu Befreiung und Erleuchtung.

Wer im Reinen Land der Buddhas auf der igs 2013 Station macht, begibt sich auf die Suche nach sei-ner eigenen Mitte, möchte einen Geschmack der Qualitäten seines Geistes erfahren und das erlang-te Glück auf andere ausstrahlen lassen. Der Garten der Stille enthält aus der weltweiten Vielfalt der buddhistischen Traditionen verschiedener Kultur-kreise eine Auswahl von gemeinsamen Symbolen:

Die Buddha-Statue repräsentiert keinen Gott oder äußere Instanz, sondern das historische Beispiel sowie den geistigen Lehrer. Ein Buddha (völlig „Er-wachter“) ist jemand, der alle Störgefühle sowie Schleier der Wahrnehmung dauerhaft überwunden und die seinem Geist innewohnenden Quali täten

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Im Reinen Land der Buddhasverwirklicht hat. Als überpersönliches Symbol er-innert uns die Statue an das eigene erleuchtete Potenzial: Jeder kann ein Buddha werden – es gibt nicht nur den einen.

Die Buddhistische Flagge wurde 1950 auf einer in-ternationalen buddhistischen Konferenz als Sym-bol für die Einheit der weltweiten Buddhistischen Gemeinschaft über Traditions- und Kulturgrenzen hinweg bestimmt. Ihre fünf Farben stehen für die fünf Qualitäten oder Kräfte der Lehre Buddhas: Universelles Mitgefühl (blau), das Vermeiden geisti-ger Extreme (gelb), die Tugenden der Anwendung (rot), die Reinheit der befreienden Lehre (weiß) so-wie Wissen und Weisheit (orange).

Inspiration geben im Garten der Stille weitere bud-dhistische Symbole: Der Bodhi-Baum, mit Stoff in den fünf buddhistischen Grundfarben umwickelt, erinnert an jenen Ort, an dem der historische Bud-dha Siddharta Gautama Erleuchtung erlangte.

Von den mit Meditationstexten und Windpferd-chen bedruckten Segensfähnchen gehen mit je-dem Windhauch gute Wünsche für alle Wesen in alle Himmelsrichtungen aus.

Auf einem geschwungenen Pfad kann man im Gehen meditieren, angeregt von den acht Glücks-symbolen des Mahayana-Buddhismus, die sich auf bemalten Steinreliefs neben dem Weg finden. Ruhe und stille Einkehr lassen sich auch auf der Holzterrasse oder an der aufgehöhten Rasenfläche mit dem Lotus-Teich, Symbol der vollkommenen Reinheit, finden.

Seine Einfassung erfährt der Garten der Stille von einer geschwungenen niedrigen Mauer, der Mani- oder Gebetsmauer. Sie wird ergänzt durch Steine mit aufgemalten Mantras wie dem Om Mani Peme Hung in Tibetischer Variante: gute Wünsche für das Wohl aller Menschen, Tiere und anderen fühlen-den Wesen. Die Abbildungen und Schriftzeichen auf den eingelassenen Steintafeln richten ihre Bot-schaft für geistige Freiheit und Frieden in der Welt in alle vier Himmelsrichtungen.

Sarva Mangalam – Mögen alle Wesen glücklich sein!

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Namaskar, willkommen! Nachdem wir die Pforte (toran) durchschritten haben, befinden wir uns nun im Garten der ewigen Weltordnung.

Der Hinduismus gilt als die älteste der Weltreligi-onen. Das alle verbindende Element ist Toleranz und Einvernehmen, Einheit in der Vielfalt. Hindus nennen ihre Religion „Sanatana Dharma“, das ewige unveränderliche Gesetz, die kosmische Ord-nung, die das ganze Universum erhält. Die Hindu-Glaubensrichtungen haben weder einen einzelnen Stifter noch ein einzelnes heiliges Buch, sondern betrachten viele Quellen und Personen (avataras) als Heilbringer.

Allen Richtungen des Sanatana-Dharma ist jedoch die Suche nach dem Ursprung allen Seins gemein-sam. Daher lautet ein Gebet aus den Veden, den überlieferten heiligen Schriften:

OM ASATO MA SAD-GAMAYA TAMASO MA JYOTIR-GAMAYA MRTYOR-MA AMRTAM GAMAYA OM SHANTIH SHANTIH SHANTIH

Führe uns von der Unwirklichkeit zur ewigen Wahrheit, von der Dunkelheit der Unwissenheit zum Licht spirituellen Wissens und vom Tod zur Unsterblichkeit.

Es herrsche Friede, Friede, Friede.

Um zu Wahrheit, Licht und Unsterblichkeit zu gelangen, können wir drei Pfade beschreiten, die hier im Garten dargestellt sind: Karma-Yoga (gelb), den Weg der Arbeit; Jnana-Yoga (rot), den Weg des Wissens und Bhakti-Yoga (blau), den Weg der liebenden Hingabe zum Göttlichen. Auf dem Weg des Karma Yoga spenden wir einen Teil der Ergeb-nisse unserer Tätigkeiten für einen höheren Zweck. Jnana Yoga ist die philosophische Suche nach der Wahrheit durch Studium der Schriften, wir erken-nen, dass es jenseits unseres Alltags eine höhere Wirklichkeit gibt, die zu erforschen wir uns zum Ziel setzen. Bhakti Yoga bedeutet, durch ständige Meditation und Verehrung tiefes Vertrauen in den Höchsten zu entwickeln und Ihm in Liebe zu die-nen. Die drei Wege sind miteinander verbunden und ergänzen sich gegenseitig.

der ewigen Weltordnung Der Garten Sanātana Dharma Wātikā

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der ewigen Weltordnung Bitte beschreiten Sie einen dieser Wege mit uns. Je näher wir zum Ziel gelangen, welches in unserem Garten durch die Erhöhung am Ende der drei Wege gekennzeichnet ist, umso mehr lassen wir weltliche Alltagssorgen hinter uns.

Am Ende unseres Weges gelangen wir zum heiligen OM-Zeichen . AUM oder OM (der Kosmische Ur-klang) ist der Grundlaut der Welt, aus dem die ge-samte Schöpfung hervorgegangen ist. OM deutet auf die ewige Energie des Göttlichen, die alldurch-dringend ist und die Grundlage allen Seins darstellt. Das OM repräsentiert die Stufe der Erlösung, der Befreiung und Vollkommenheit, die jeder Hindu an-strebt, und die ihn aus dem Kreislauf der Geburten und Tode heraushebt. Wir sehen dieses Zeichen in drei Versionen: das OM der Sikhs, das der Jains und das Devanagari-OM für alle Hindus.

Die höchste Wahrheit wird in unserem Garten durch ein rituelles Diagramm, das Sri-Yantra, bild-lich repräsentiert. Es kann als sichtbarer Ausdruck der OM-Klangschwingung betrachtet werden. Das Sri-Yantra repräsentiert insbesondere die Verei-nigung zwischen der weiblichen und männlichen

Energie des Göttlichen. In der Mitte der neun in-einander verschlungenen Dreiecke befindet sich ein kleiner Punkt, der Bindu, der die Verbindung zwischen spiritueller Transzendenz und weltlicher Materie darstellt.

Lassen Sie uns eine Zeit vor dem Altar verweilen. Setzen wir uns auf eine der Bänke, schließen wir die Augen und singen wir langsam den OM-Mantra, indem wir unsere Stimme die drei in ihm enthalten-den Buchstaben A, U und M artikulieren lassen. Um uns bei unserer Klangmeditation zu unterstützen, nehmen wir den vedischen Gayatri-Mantra zu Hilfe:

OM BHUR BHUVAH SWAH TAT SAVITUR VARENYAM BHARGO DEVASYA DHIMAHI DHIYO YO NAH PRACHODAYAT

Aum, wir meditieren über den Glanz des vereh-rungswürdigen Göttlichen, den Urgrund der drei Welten, Erde, niedere und himmlische Regionen. Möge das Höchste Göttliche uns erleuchten, auf dass wir die Wahrheit erkennen.

Der Garten sanatana dharma watika

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Im 1. Buch Mose, Kapitel 1-2, findet sich die Schöp-fungsgeschichte. Diese Schöpfungsgeschichte stellt das Fundament und den Ausgangspunkt für den Monotheismus dar, der im Judentum gründet. Ein einziger allgewaltiger Gott ist der Urquell allen Seins. Er stellt die Welt in ein einzigartiges Bezie-hungsgeflecht, in der er letztlich dem Menschen als Krone seiner Schöpfung eine besondere Stellung einräumt.

Am Anfang hat Gott den Himmel und die Erde erschaffen, die wüst und wirr – ein Tohuwabohu – war. So trennte er am ersten Tag Licht und Finster-nis, denen er die Bezeichnung Tag und Nacht gab.Die Trennung zwischen oben und unten, also Himmel und Meeren, erfolgte am zweiten Tag.

Am dritten Tag schließlich ließ der Ewige Land aus den Meeren aufragen, auf denen Bäume und Pflan-zen wuchsen.

Sonne, Mond und Sterne erschienen auf Gottes Geheiß am vierten Tag.

Die Tiere im Wasser und in der Luft, also Fische und alle im Wasser existierenden Lebewesen sowie die Vögel, bevölkerten ab dem fünften Tag der Schöp-fung die Erde.

Schließlich kamen die Landtiere am sechsten Tag hinzu. Als letztes erschuf Gott an diesem Tag den Menschen, dem er eine besondere Verantwortung für das Schöpfungswerk auferlegte.

Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollen-det hatte.

Das ist die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde.

Der Jüdische Garten in der Welt der Religionen auf der igs 2013 in Hamburg-Wilhelmsburg vollzieht optisch-künstlerisch die einzelnen Tage des Schöp-

Die SchöpfungsgeschichteDer Jüdische Garten –

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fungswerkes nach. Die Vögel und die Fische des fünften Schöpfungstages stammen aus der Werk-statt des Bildhauers Leonid Moguilevski. Die Land-tiere des sechsten Tages haben Schülerinnen und Schüler der Joseph-Carlebach-Schule gemalt.

Wir laden die Besucher ein, beim Besuch des Gar-tens die einzelnen Tage der Schöpfung gedanklich nachzuvollziehen, indem sie die Umsetzung der Schöpfungsakte in den bildlichen Darstellungen im Garten auf sich wirken lassen. Den Quellentext (1. Buch Mose) finden die Besucher an jedem ein-zelnen Schöpfungstag auf Hebräisch und mit deut-scher Übersetzung auf Schrifttafeln.

Mit dem für uns Juden so wichtigen siebten Tag, dem Schabat, endet die Schöpfungsgeschichte und damit auch unser Garten. An diesem Punkt können die Besucher Ruhe finden, sich auf sich selbst besin-nen und die Schöpfungsgeschichte noch einmal auf sich wirken lassen und werden so selbst Teil dieses göttlichen Aktes; denn der Mensch mit all seinen positiven und auch negativen Eigenschaften ist die Krone des Schöpfungswerkes.

Sechs Tage hat der Ewige in einem gewaltigen Kraftakt die Welt erschaffen und von dieser Arbeit am siebten Tag, dem Schabat, geruht: Wer den Schabat heiligt, bezeugt damit die Erschaffung der Welt durch Gott. Der Schabat ist das Geden-ken des Schöpfungswerkes und bildet damit das Fundament für den Monotheismus, den Glauben an einen einzigen Gott. Letztlich ist die Einsetzung eines Ruhetages in jeder siebentägigen Woche ein einzigartiges universales soziales Geschenk für die ganze Menschheit, die so immer wieder physisch und geistig regenerieren kann.

Die SchöpfungsgeschichteDer Jüdische Garten –

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Der Christliche Garten

Ein Kreuz als zentrales Symbol des Christentums weist den Eingang zum christlichen Garten, dem Lebenspfad. Auf dem Rahmen um das Kreuz herum findet sich das Motto wieder: „Du zeigst mir den Pfad zum Leben“ (Ps 16,11). Auf den anschließen-den sechs Stationen können sich die Besucherin-nen und Besucher mit ihrem eigenen (christlichen) Lebenspfad auseinandersetzen.

Unter drei Wasserbögen hindurch führt der Weg zunächst zu Geburt und Taufe. „Ich habe dich beim Namen gerufen, mein bist du“ (Jes 43,1). Dieses Bi-belwort lädt ein, sich an seinen Taufspruch zu erin-nern und über die Bedeutung des Namens für jede und jeden einzelnen nachzudenken. Wer mag, kann auch seinen Namen auf einem Tuch hinterlassen.

„Mit dir erstürme ich Wälle, mit meinem Gott über-springe ich Mauern“ (Ps 18,30). Erdwälle versper-ren den weiteren Weg. Welche Hindernisse gab es in der Jugend zu überwinden, aber was wurde nicht auch alles ausprobiert, war noch in Bewegung? Got-tes Segen begleitete den Übergang von der Kind-heit zur Jugend: Konfirmation und Firmung.

„Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er aus-geliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet …“ (1. Kor 11, 23b-25). Ein großer Tisch, der von Wein-stöcken umgeben ist, lädt zu einer Pause ein. Im Hintergrund sieht man das Getreide wachsen. Der Tisch ist aus vielen unterschiedlichen Hölzern zu-sammengesetzt, Spenden aus evangelischen und katholischen Kirchengemeinden. Ökumenische Verbundenheit an einer Station, die im Alltag noch getrennt ist: das Mahl. Gemeinsam ist der weltwei-ten Christenheit aber das Gebet, das in vielen Spra-chen neben dem Tisch auf einem Glaskunstwerk zu finden ist: Das Vaterunser. Jeden Tag wird es ge-meinsam um 17 Uhr an dieser Station gebetet.

„Für jetzt bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe“ (1. Kor 13,13). Dieses Bibelwort steht über der nächsten Station Ehe und Partnerschaft. Diese Station bildet einen ‚Garten im Garten‘: Scherben, Rosen, Früchte und Disteln säumen eine Wasser-schale. Sie erinnern daran, dass menschliche Bezie-hungen nicht nur auf Rosen gebettet sind, oft aber reiche Frucht bringen.

Der Christliche GartenLebenspfad –

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„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25). Ein enger Gang führt durch Hecken. Man sieht nicht, wie es weitergeht – der Tod. Aber die christliche Hoffnung sagt, dass der Tod nicht das Ende ist. Christenmenschen erwarten die Auf-erstehung der Toten und das ewige Leben. Eine Lehmmauer, die von Konfirmandinnen und Kon-firmanden gebaut wurde, lädt ein, Kerzen als Hoff-nungszeichen zu entzünden.

„Ich will dich segnen, du sollst ein Segen sein“ (Gen 12,2). Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, durch Segnung und Salbung Zuspruch zu erfahren. Handauflegung, die Segnung mit dem Kreuzeszeichen und die Möglichkeit, sich ein Segensband umbinden zu lassen, stärken die Besu-cherinnen und Besucher für ihren weiteren Lebens-weg und für ihren weiteren Besuch auf der igs 2013.

der christliche GartenLebenspfad –

Der Christliche Garten

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Umringt von knorrigen Bäumen und verwitterten Grabsteinen, steht die Kapelle im Park: ein über hundertjähriges Kleinod neugotischer Architektur mit Rippengewölbe, Spitzbögen und Fensterrosen. Bis in die 1960er Jahre hinein gehörte die Kapelle zur evangelisch-lutherischen Reiherstieggemeinde. Nach der Sturmflut 1962 fanden keine Bestattun-gen mehr auf dem Friedhof an der Mengestraße statt. In den folgenden Jahren feierte die Ukraini-sche Orthodoxe Kirche dort ihre Gottesdienste. Später nutzte ein Gewerbebetrieb die Kapelle als Lager, bevor sie lange Jahre leer stand und verfiel.

Als schutzwürdiges Kulturdenkmal hat die igs 2013 die Kapelle 2007 saniert. Gefördert wurde die Sanierung von der Henri Benthack Stiftung, die auf diese Weise die Gartenschau und die Entwick-lung in Wilhelmsburg unterstützen wollte. Seit-dem finden hier Ausstellungen statt, die sich mit Pflanzen und Bäumen auseinandersetzen, mit der Geschichte der Gartenschauen in Hamburg oder – wie die Aus stellung der Hamburger Fotokünstlerin Valérie Wagner „Zwischen Himmel und Erde“ – mit religiösen Themen.

Die Kapelle ist auch ein Ort für Veranstaltungen: Bischöfin Kirsten Fehrs und der ehemalige Ham-burger Bürgermeister Ole von Beust haben hier zum Beispiel über ihren „Lebenspfad“ erzählt. Wilhelmsburger Chöre haben hier gesungen, das „Elbe-Saiten-Quartett“ beim Sommer im Park ein Gitarrenkonzert gegeben. Fachtagungen finden in gleicher Weise einen Raum wie Fotografie-Werk-stätten oder private Jubiläums- und Geburtstags-feiern.

Dieses lebendige Leben findet auch während der Gartenschau 2013 in der Kapelle im Park statt: Schulklassen treffen sich zum „Unterricht am ande-ren Ort“, Christen zur Mittagsandacht, Religionen zum Gespräch, Friedhofsgärtner und Steinmetze zur Präsentation ihres Könnens und Gartenschau-besucher können sich in einen ruhigen Raum zu-rückziehen.

Nach der Gartenschau ist die Kapelle der würdige Ort für kleine, stimmungsvolle Veranstaltungen in idyllischer Parkumgebung und Treffpunkt.

Die Kapelle

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ImpressumHerausgeber: GbR Lebenspfad, Kirchen auf der igs 2013 Schlengendeich 18 · 21107 Hamburg www.kirche-gartenschau2013.de

Gestaltung & Produktion: Ansgar Medien GmbH, Hamburg

Fotos: Martin Leimbach, Gudrun Lang (S. 8 und 9)

Redaktion: Imke Lange

Die Texte zu den einzelnen Gärten werden von den jeweiligen Religionen verantwortet.

Text Kapelle: Claus Kriegs, igs

Text über die Religionsgärten als Typus: Gudrun Lang

Druck: Neue Repro, Norderstedt gedruckt auf BalancePure Offset, hergestellt aus 100 % FSC-zertifizierten Recyclingfasern