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Welt im Wandel Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Neue Strukturen globaler Umweltpolitik Neue Strukturen globaler Umweltpolitik

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Weltim Wandel

Wissenschaftlicher Beiratder BundesregierungGlobaleUmweltveränderungen

Neue StrukturenglobalerUmweltpolitik

Neue Strukturenglobaler Umweltpolitik

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Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen

(Stand: 30. September 2000)

Prof. Dr. Friedrich O. BeeseAgronom: Direktor des Instituts für Bodenkunde und Waldernährung der Universität Göttingen

Prof. Dr. Klaus FraedrichMeteorologe: Meteorologisches Institut der Universität Hamburg

Prof. Dr. Paul KlemmerÖkonom: Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Essen

Prof. Dr. Dr. Juliane Kokott (Stellvertretende Vorsitzende)Juristin: Lehrstuhl für Völkerrecht, Internationales Wirtschaftsrecht und Europarecht der UniversitätSt. Gallen, Schweiz

Prof. Dr. Lenelis Kruse-GraumannPsychologin: Schwerpunkt „Ökologische Psychologie“ der Fernuniversität Hagen

Prof. Dr. Christine NeumannÄrztin: Lehrstuhl für Dermatologie und Venerologie, Universitätshautklinik Göttingen

Prof. Dr. Ortwin RennSoziologe: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Stuttgart

Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Vorsitzender)Physiker: Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung

Prof. Dr. Ernst-Detlef SchulzeBotaniker: Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena

Prof. Dr. Max TilzerLimnologe: Lehrstuhl für aquatische Ökologie, Universität Konstanz

Prof. Dr. Paul VelsingerÖkonom: Leiter des Fachgebiets Raumwirtschaftspolitik der Universität Dortmund

Prof. Dr. Horst ZimmermannÖkonom: Leiter der Abteilung für Finanzwissenschaft der Universität Marburg

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Wissenschaftlicher Beirat der BundesregierungGlobale Umweltveränderungen

Welt im Wandel:

Neue Strukturenglobaler Umweltpolitik

mit 8 Schwarzweißabbildungen

123

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WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT DER BUNDESREGIERUNG

GLOBALE UMWELTVERÄNDERUNGEN (WBGU)Geschäftsstelle am Alfred-Wegener-Institutfür Polar- und MeeresforschungColumbusstraßeD-27568 BremerhavenDeutschland

http://www.wbgu.de

Redaktionsschluss: 30.9.2000

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, desVortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderenWegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Verviel-fältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Ur-heberrechtgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätz-lich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtgesetzes.Springer-Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer.Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York a member of BertelsmannSpringer Science+Business Media GmbH.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001Printed in Germany

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondereKennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be-trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg unter Verwendung folgender Abbildungen:Vereinte Nationen, 5.COP UNFCCC, Fahnen (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung), Executivdirector UNEP, Verhand-lungen (IISD/Leila Mead)

Satz: Digitale Druckvorlage der Autoren

SPIN: 10789591 32/3130xz Gedruckt auf säurefreiem Papier

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Welt im Wandel: Neue Strukturen globaler Umweltpolitik / Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltverände-rungen.-Berlin ; Heidelberg ; New York ; Barcelona ; Hongkong ; London ; Mailand ; Paris ; Singapur ; Tokio :Springer, 2001

(Jahresgutachten ... / Wissenschaftlicher Beirat der BundesregierungGlobale Umweltveränderungen ; 2000)

ISBN 3-540-41343-X

ISBN 3-540-41343-X Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York

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Die Erstellung dieses Gutachtens wäre ohne die en-gagierte und unermüdliche Arbeit der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle und der Bei-ratsmitglieder nicht möglich gewesen. Ihnen gilt derbesondere Dank des Beirats.

Zum wissenschaftlichen Stab gehörten währendder Arbeiten an diesem Gutachten:

Prof. Dr. Meinhard Schulz-Baldes (Geschäftsfüh-rer, Geschäftsstelle Bremerhaven), Dr. Carsten Loo-se (Stellvertretender Geschäftsführer, Geschäftsstel-le Bremerhaven), Dr. Frank Biermann, LL.M. (Ge-schäftsstelle Bremerhaven), Dr. Arthur Block (Pots-dam-Institut für Klimafolgenforschung), Dr. AstridBracher (Alfred-Wegener-Institut für Polar- undMeeresforschung, Bremerhaven), Dipl.-Geogr. Ge-rald Busch (Universität Göttingen), Dipl.-Psych.Swantje Eigner (Fernuniversität Hagen), Ref.-jur.Cosima Erben (Universität St. Gallen), Dipl.-Ing.Mark Fleischhauer (Universität Dortmund), Dr. Ge-org Heiss (Geschäftsstelle Bremerhaven), Dr. DirkHilmes (Universitäts-Hautklinik Göttingen), An-dreas Klinke, M.A. (Akademie für Technikfolgenab-schätzung Stuttgart), Dr. Jacques Léonardi (Univer-sität Hamburg), Dr. Roger Lienenkamp (UniversitätDortmund), Dipl.-Volksw. Thilo Pahl (UniversitätMarburg), Dr. Benno Pilardeaux (GeschäftsstelleBremerhaven), Dipl.-Geoökol. Christiane Ploetz(Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena), Ass.-jur. Kaija Seiler, LL.M. University of Washington(Universität St. Gallen), Dr. Rüdiger Wink (Univer-sität Bochum).

Danken möchte der Beirat insbesondere auchVesna Karic-Fazlic und Ursula Liebert (Geschäfts-stelle Bremerhaven) für die Sicherstellung eines rei-bungslosen organisatorischen und logistischen Ab-laufs in der Zeit der Erstellung des Gutachtens sowieMartina Schneider-Kremer, M.A. (GeschäftsstelleBremerhaven) für die Koordination der Textver-arbeitung und umfangreiche redaktionelle Arbeiten.

Des Weiteren dankt der Beirat den externen Gut-achtern für die Zuarbeit und wertvolle Hilfe. Im ein-zelnen flossen folgende Gutachten und Stellungnah-men in das Jahresgutachten ein:

Prof. Dr.Alfred Endres, Dipl.-Ing. agr. M. Finus,A.Brüschke, G. Debray, Fernuniversität Hagen, FBWirtschaftswissenschaften: Ansätze zur Herbeifüh-rung von Verhandlungslösungen im Bereich globalerUmweltpolitik.

PD Dr. Cord Jakobeit, Gesellschaft für Entwick-lungs- und Umweltforschung b. R.: Innovative Finan-zierungsmechanismen zur Finanzierung globalerUmweltaufgaben: Analyse und Handlungsempfeh-lungen.

Stefan Kuhn, ICLEI Europasekretariat Freiburg:Auswertung der Agenda 21: Lokale Agenda 21.

Dr. Sebastian Oberthür, Ecologic – Gesellschaftfür Internationale und Europäische Umweltfor-schung, Berlin: Reform des internationalen Institut-ionensystems in der globalen Umweltpolitik.

Danken möchte der Beirat auch Dr. Jürgen Rit-terhoff, Aktionskonferenz Nordsee e. V. Bremen,Frau Dr. Gudrun Henne, Berlin, sowie Herrn Dr.Hans Payer, Germanischer Lloyd, Hamburg, diedurch Hinweise und Beratung der Arbeit am Gut-achten wertvolle Dienste erwiesen haben.

Zu guter Letzt gebührt den Gesprächspartnerndes Beirats während der Studienreise in die USAvom 19. bis 26. Februar 1999 der persönliche Dankdes Beirats. Viele Experten aus Politik, Verwaltungund Wissenschaft haben für den Beirat Führungen,Vorträge und Präsentationen vorbereitet und stan-den für Diskussionen und Gespräche zur Verfügung:

Adnan Amin: UNEP-Regionalbüro Nordameri-ka; Ray Ankers, Präsident: World Environment Cen-ter; Botschafter Bagher Asadi, Iran; Peter Backlund:Harvard University; Prof. Scott Barrett: Paul H. Nit-ze School of International Studies (SAIS); Dr. R.Bierbaum: Office of Science and Technology Policy(OSTP); Prof. Dr. Edith Brown Weiss: GeorgetownUniversity Law School; Dr. Wolfgang Burhenne: TheWorld Conservation Union (IUCN); Brian T. Castel-li, Chief of Staff Energy Efficiency and RenewableEnergy: Department of Energy (DOE); James Con-nell: Office of German Affairs, Department of State(DOS); John Cusack, Präsident: Innovest Corpora-tion; Robert Dahlberg:American Council on Germa-ny; Untergeneralsekretär Nitin Desai, Leiter Abtei-

Danksagung

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lung für wirtschaftliche und soziale Fragen: General-sekretariat der Vereinten Nationen; JoAnne DiSano,Direktorin: UN-Generalsekretariat; Felix Dodds,Leiter: United Nations Environment and Develop-ment Steering Committee; Andrea Durbin:Friendsof the Earth; Christopher Flavin: World Watch Insti-tute; Susan R. Fletcher, Senior Analyst in Internatio-nal Environmental Policy: Congressional ResearchService (CRS); Louise Fréchette, stellvertretendeUN-Generalsekretärin; Bryan Hannegan, Congres-sional Research Fellow; A. George Furth: Office ofEnvironmental Policy, Bureau of Oceans, Environ-ment and Science, Department of State (DOS); IanJohnson:World Bank; Lisa Jordan: Bank InformationCenter; Botschafter Dr. Dieter Kastrup, Leiter: Stän-dige Vertretung Deutschlands in New York; Dr. IngeKaul, Leiterin Office of Development Studies:UNDP; Kenneth King: Global Environment Facility(GEF); Dr. Kramer,Wissenschaftsreferent: BotschaftWashington; BR Krapp: Ständige VertretungDeutschlands in New York; Gesandter Martin Lutz,Leiter der Wirtschaftsabteilung: Ständigen Vertre-tung in New York; Dr. Mauch, Direktor: DeutschesHistorisches Instituts (DHI); Christopher J. Miller,Professional Staff Member: US Senate Committeeon Environment and Public Works; Hemanta Mishra:Global Environment Facility (GEF); Sascha Müller-Kraenner, Direktor: Heinrich Böll Foundation; Shir-ley J. Neff, Staff Economics: US Senate Committeeon Energy and Natural Resources; A. P. EtanomareOsio, Gesandter: Nigeria; Danielle Parris, Senior Ad-viser von Frank E. Loy (stellv. Außenminister); Prof.E. A. Parsons: Harvard University; Nigel Purvis, Se-nior Adviser von Frank E. Loy (stellv. Außenminis-ter); Frank Rittner: Global Environment Facility(GEF); Espen Roenneberg: UN-Generalsekretariat.Büro für Angelegenheiten kleiner Inselstaaten; Ken-neth Ruffing: Commission on Sustainable Develop-ment (CSD); Helmut Schaffer, Deutscher Exekutiv-direktor:World Bank; Stephen Seidel, Deputy Direc-tor: Office of Atmospheric Programs, EnvironmentalProtection Agency (EPA); Rashid Shaikh: New YorkAcademy of Sciences; Dr. Michael M. Simpson, Spe-cialist in Environmental Technologies: CongressionalResearch Service (CRS); Trigg Talley, Deputy OfficeDirector: Office of Environmental Policy, Bureau ofOceans, Environment and Science (OES), Depart-ment of State (DOS); Prof. Dr. Klaus Töpfer, Exeku-tivdirektor: UN-Umweltprogramm; Marc Uzan:Reinventing Bretton Woods Committee; Frederickvan Bolhuis: World Bank; Nicholas van Praag: WorldBank; Prof. Dr. Konrad von Moltke, Direktor des En-vironmental Studies Program am Dartmouth Col-lege; Robert Watson: World Bank; Susan Wickwire:Office of Environmental Policy, Bureau of Oceans,Environment and Science, Department of State

(DOS); Herr Wollin, Mitarbeiter des Wissenschafts-referenten: Botschaft Washington.

VI

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A

BB 1B 2B 3B 4

CC 1C 2C 3C 4

C 5

DD 1D 2D 3

EE 1E 2E 3

Danksagung V

Inhaltsübersicht VII

Inhaltsverzeichnis IX

Kästen XIV

Tabellen XV

Abbildungen XVI

Akronyme XVII

Zusammenfassung für Entscheidungsträger 1

Wer steuert das Raumschiff Erde? 11

Ausgangslage: Globale Umwelttrends 19Syndrome des Globalen Wandels 21Die globalen Umweltprobleme 24Zusammenhänge zwischen den globalen Umweltproblemen 54Zwischenstaatliche Akteure für eine nachhaltige Entwicklung 63

Institutionelle Defizite und Lösungswege 71Institutionen und Organisationen 73Die Rolle von Institutionen für Problemdefinition und Vorverhandlungen 74Institutionalisierung und Regimedynamik 82Wege zur besseren Kontrolle der Umsetzung internationalerVereinbarungen 95Lokale und nationale Umsetzung: Bildungspolitik und LOKALE AGENDA 21 105

Institutionelle Wechselwirkungen 111Umwelt und Ansätze einer internationalen Handelsordnung 113Wechselwirkung mit Finanzinstitutionen 121Wechselwirkungen mit Entwicklungsinstitutionen: Bezüge des UNDP zur Umweltpolitik 127

Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung 131Bewertung von Umweltproblemen 133Reform des Organisationengefüges globaler Umweltpolitik 138Aufbringung und Verwendung von Finanzmitteln in der globalen Umweltpolitik 148

Inhaltsübersicht

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Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance 175Ein Beitrag für die Rio+10-Konferenz 177Earth Assessment: Ethische Autorität und wissenschaftliche Kompetenz bei derBewertung von Umweltproblemen 179Earth Organization: Integration globaler Umweltpolitik 181Earth Funding: Finanzierung globaler Umweltpolitik 186

Literatur 189

Glossar 203

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen 209

Index 215

FF 1F 2

F 3F 4

G

H

I

J

VIII

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Inhaltsverzeichnis

A

B

B 1

B 2B 2.1

B 2.1.1B 2.1.2B 2.1.3

B 2.1.3.1B 2.1.3.2B 2.1.3.3

B 2.2

B 2.2.1B 2.2.2

B 2.2.2.1B 2.2.2.2B 2.2.2.3

B 2.3B 2.3.1B 2.3.2B 2.3.3

B 2.3.3.1B 2.3.3.2B 2.3.3.3

Danksagung V

Inhaltsübersicht VII

Inhaltsverzeichnis IX

Kästen XIV

Tabellen XV

Abbildungen XVI

Akronyme XVII

Zusammenfassung für Entscheidungsträger 1

Wer steuert das Raumschiff Erde? 11

Ausgangslage: Globale Umwelttrends 19

Syndrome des Globalen Wandels 21

Die globalen Umweltprobleme 24Klimawandel 24Ursachen 25Handlungsbedarf 25Institutionelle Regelungen 26Vorbeugung 26Anpassung 27Nachsorge 27Globale Umweltwirkungen von Chemikalien: stratosphärischer Ozonabbauund persistente organische Schadstoffe 28Ursachen und Handlungsbedarf 29Institutionelle Regelungen 31Vorbeugung 31Anpassung 31Nachsorge 31Gefährdung der Weltmeere 31Ursachen 33Handlungsbedarf 33Institutionelle Regelungen 35Vorbeugung 35Anpassung 36Nachsorge 36

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X

Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung 37Ursachen 37Handlungsbedarf 38Institutionelle Regelungen 40Vorbeugung 40Anpassung und Nachsorge 42Bodendegradation 42Ursachen 43Handlungsbedarf 43Institutionelle Regelungen 44Vorbeugung 44Anpassung und Nachsorge 46Süßwasserverknappung und -verschmutzung 46Ursachen 47Handlungsbedarf 47Institutionelle Regelungen 49Vorbeugung 49Anpassung 50Nachsorge 50Regimerelevante Eigenschaften der globalen Umweltprobleme 50

Zusammenhänge zwischen den globalen Umweltproblemen 54Gemeinsame Ursachen 54Wechselwirkungen zwischen den globalen Umweltproblemen 55Überblick 55Beispiele für Wechselwirkungen 56Klimawandel und Verlust biologischer Vielfalt bzw. Entwaldung 56Klimawandel und Bodendegradation 58Klimawandel und stratosphärischer Ozonabbau 60Konsequenzen für die institutionelle Ausgestaltung globalerUmweltpolitik 60

Zwischenstaatliche Akteure für eine nachhaltige Entwicklung 63Relevante UN-Sonderorganisationen 63Relevante UN-Spezialorgane 64Die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung 65Relevante Konventionen 65Relevante Finanzierungsorgane 68

Institutionelle Defizite und Lösungswege 71

Institutionen und Organisationen 73

Die Rolle von Institutionen für Problemdefinition und Vorverhandlungen 74Einleitung 74Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Ozonpolitik 74Das Ozonproblem auf der internationalen und nationalen Agenda 74Rolle von Institutionen und Organisationen 75Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Klimapolitik 76Das Klimaproblem auf der internationalen und nationalen Agenda 76Rolle von Institutionen und Organisationen 78Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Bodenpolitik 78Der Bodenschutz auf der nationalen und internationalen Agenda 78Rolle von Institutionen und Organisationen 80Handlungs- und Forschungsempfehlungen 80

B 2.4B 2.4.1B 2.4.2B 2.4.3

B 2.4.3.1B 2.4.3.2

B 2.5B 2.5.1B 2.5.2B 2.5.3

B 2.5.3.1B 2.5.3.2

B 2.6B 2.6.1B 2.6.2B 2.6.3

B 2.6.3.1B 2.6.3.2B 2.6.3.3

B 2.7

B 3B 3.1B 3.2

B 3.2.1B 3.2.2

B 3.2.2.1B 3.2.2.2B 3.2.2.3

B 3.3

B 4B 4.1B 4.2B 4.3B 4.4B 4.5

C

C 1

C 2C 2.1C 2.2

C 2.2.1C 2.2.2

C 2.3C 2.3.1C 2.3.2

C 2.4C 2.4.1C 2.4.2

C 2.5

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C 3C 3.1C 3.2

C 3.2.1 C 3.2.2

C 3.3C 3.3.1 C 3.3.2

C 3.4C 3.4.1C 3.4.2

C 3.5C 3.6

C 3.6.1C 3.6.2C 3.6.3C 3.6.4

C 3.7

C 4

C 4.1C 4.2

C 4.2.1C 4.2.2

C 4.3

C 4.3.1C 4.3.2

C 4.4C 4.4.1C 4.4.2

C 4.5C 4.5.1

C 4.5.2

C 4.5.3

C 5

C 5.1C 5.2

C 5.2.1C 5.2.2

C 5.3C 5.4

Institutionalisierung und Regimedynamik 82Einleitung 82Institutionalisierung und Regimedynamik beim Ozon 82Verlauf der Institutionalisierung 82Wirkungen des spezifischen institutionellen Designs 82Institutionalisierung und Regimedynamik beim Meeresschutz 84Verlauf der Institutionalisierung 84Wirkungen des spezifischen institutionellen Designs 84Institutionalisierung und Regimedynamik bei biologischer Vielfalt 86Verlauf der Institutionalisierung 86Wirkungen des spezifischen institutionellen Designs 87Alternative Pfade: Internationale Zusammenarbeit privater Akteure 88Lehren aus der Spieltheorie für internationale Verhandlungen 89Einführung in die Theorie der Spiele 89Strategische Gestaltung von Verhandlungen 90Strategische Gestaltung der Verhandlungsinhalte 91Ausblick 92Handlungs- und Forschungsempfehlungen 93

Wege zur besseren Kontrolle der Umsetzung internationalerVereinbarungen 95Einleitung 95Die Kontrolle der Umsetzung in den Institutionen zu grenzüberschreitendenWasserressourcen in Nordamerika 95Ausgangslage 95Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen 95Die Kontrolle der Umsetzung in der Bekämpfung von Bodendegradation inTrockengebieten 96Einleitung 96Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen 97Die Kontrolle der Umsetzung in der Klimapolitik 98Einleitung 98Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen 99Handlungs- und Forschungsempfehlungen 100Verfahren zur Sammlung von Informationen über den Stand der Umsetzung 100Verfahren zur Bewertung der Berichte sowie zum Beschluss internationaler Reaktionen auf Umsetzungsdefizite 102Instrumente zur Reaktion auf festgestellte Schwierigkeiten und Umsetzungsdefizite 103

Lokale und nationale Umsetzung: Bildungspolitik und LOKALE AGENDA 21 105Einleitung 105Lernen für eine nachhaltige Entwicklung – Kenntnisstand und weitere Aktivitäten 105Initiativen der CSD 105Nationale Aktivitäten zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung 106Erfolgreiche Agenda-21-Aktivitäten 108Handlungs- und Forschungsempfehlungen 109

XI

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Institutionelle Wechselwirkungen 111

Umwelt und Ansätze einer internationalen Handelsordnung 113Globalisierungsprozesse – die Millenniumsherausforderung internationalerUmweltpolitik 113Die WTO und ihr Verhältnis zu internationalen Umweltstandards 114

Wechselwirkung mit Finanzinstitutionen 121Die Bedeutung der Weltbank-Gruppe für die globale Umweltpolitik 121Interdependenzen zwischen IWF und globaler Umweltpolitik 123

Wechselwirkungen mit Entwicklungsinstitutionen: Bezüge des UNDP zur Umweltpolitik 127Aktivitäten des UNDP zum Umweltschutz 127Reformansätze bei UNDP 127Stärkung des UNDP als Finanzierungs- und Koordinierungsorgan 128

Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung 131

Bewertung von Umweltproblemen 133Einleitung 133Unabhängige Instanz für Bewertung und Frühwarnung 133Die Rolle wissenschaftlicher Politikberatung 134Erfahrungen mit dem IPCC 134Unterstützung globaler Umweltpolitik durch wissenschaftliche Panels 135Die Rolle der CSD 136Handlungsempfehlungen zur Bewertung globaler Umweltprobleme 137

Reform des Organisationengefüges globaler Umweltpolitik 138Einleitung 138Funktionen einer Neustrukturierung 139Neustrukturierung des Organisationengefüges 141Stufe 1: Kooperation verbessern 141Stufe 2: Koordinierende Dachorganisation mit eigenständigen Ausschüsseneinrichten 144Stufe 3: Zentralisierung und Zusammenführung unter einer Organisation? 145Handlungs- und Forschungsempfehlungen zur Organisation globaler Umweltpolitik 146

Aufbringung und Verwendung von Finanzmitteln in der globalen Umweltpolitik 148Der Stellenwert des Finanzaspekts 148Innovative Finanzierungsansätze 150Einleitung 150Direkte Zuweisung von Finanzmitteln aus dem nationalen Steueraufkommen 151Konzepte zur Erhebung von Entgelten für die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter 152Der Grundgedanke der Nutzungsentgelte 152Nutzung des Luftraums 153Nutzung der Meere 156Nutzung des geostationären Orbits 159Entgelte für Nutzungsverzichtserklärungen 160Versicherungen und Kompensationslösungen für regionale Schäden aufgrundglobaler Umweltveränderungen 161

D

D 1D 1.1

D 1.2

D 2D 2.1D 2.2

D 3

D 3.1D 3.2D 3.3

E

E 1E 1.1 E 1.2E 1.3

E 1.3.1E 1.3.2

E 1.4E 1.5

E 2E 2.1E 2.2E 2.3

E 2.3.1E 2.3.2

E 2.3.3

E 2.4

E 3

E 3.1E 3.2

E 3.2.1E 3.2.2

E 3.2.3

E 3.2.3.1E 3.2.3.2E 3.2.3.3E 3.2.3.4

E 3.2.4E 3.2.5

XII

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E 3.2.6E 3.2.6.1E 3.2.6.2

E 3.3E 3.4

E 3.4.1E 3.4.2

E 3.4.3

E 3.4.3.1

E 3.4.3.2E 3.4.4

E 3.4.5

E 3.5

F

F 1

F 2

F 2.1F 2.2F 2.3

F 3F 3.1

F 3.1.1F 3.1.2F 3.1.3

F 3.2

F 4F 4.1F 4.2F 4.3F 4.4

G

H

I

J

Weitere Finanzierungsmechanismen 162Devisen-Umsatzsteuer ("Tobin-Steuer") 162Umweltlotterien 163Einbeziehung privater Akteure in die Finanzierung 164Die Effizienz der Mittelverwendung 165Die Fragestellung 165Die Rolle der Abstimmungs- und Entscheidungsverfahren am Beispiel der GEF 167Ein Determinantensystem zur Beurteilung der Effizienz der Mittelverwendung 168Zur Bedeutung einer Analyse der Verwendungseffizienz öffentlicher Mittel 168Die Determinanten im einzelnen 169Beispielhafte Ableitung von Hypothesen und Empfehlungen zu den Determinanten 171Effizienzanalyse nichtkommerzieller nationaler Umwelt- und Entwicklungsfonds 172Fazit 174

Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance 175

Ein Beitrag für die Rio+10-Konferenz 177

Earth Assessment: Ethische Autorität und wissenschaftliche Kompetenz bei derBewertung von Umweltproblemen 179Einrichtung eines Erd-Rates 179Stärkung wissenschaftlicher Politikberatung 179CSD als Diskussionsforum 180

Earth Organization: Integration globaler Umweltpolitik 181Wege zur Schaffung einer Internationalen Umweltorganisation 181Einleitung 181Drei Stufen zur Reform 182Konkrete Umsetzung einer Strukturreform 183Sektoraler Handlungsbedarf bei Umweltregimen 183

Earth Funding: Finanzierung globaler Umweltpolitik 186Steigerung der Effizienz multilateraler Organisationen 186Entgelte für die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter 187Vernetzung mit nationalen und privaten Finanzierungsinstrumenten 188Momentum der Rio+10-Konferenz nutzen 188

Literatur 189

Glossar 203

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen 209

Index 215

XIII

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Kästen

Persistente organische Schadstoffe 29Doppelhüllenschiffe als Vorsorgemaßnahme gegen Ölverschmutzung 36Unterschiede in der Verhandlungsposition von Nationen beim Klimaschutz amBeispiel der Waldnutzung 77Erfüllungskontrolle in der Ozonpolitik 101Beispielhafte Bottom-up-Projekte zur Implementierung einer nachhaltigenWasserversorgung 109Artikel XX des GATT-Abkommens 114Die WTO-Ministerkonferenz in Seattle – Eine Bewertung ausumweltpolitischer Sicht 116Beispiel aus der Fachliteratur für eine denkbare Ausgestaltung einesAuslegungsbeschlusses der WTO-Ministerkonferenz zu Handel und Umwelt 120Die "Töpfer Task Force" 143Die Nutzung genetischer Ressourcen der Hohen See 157

Kasten B 2.2-1 Kasten B 2.3-1 Kasten C 2.3-1

Kasten C 4.4-1 Kasten C 5.3-1

Kasten D 1.2-1 Kasten D 1.2-2

Kasten D 1.2-3

Kasten E 2.3-1 Kasten E 3.2-1

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Tab. B 1-1 Tab. B 2.1-1

Tab. B 2.2-1

Tab. B 2.3-1

Tab. B 2.4-1

Tab. B 2.5-1

Tab. B 2.6-1

Tab. B 2.7-1 Tab. B 3.1-1 Tab. B 3.2-1 Tab. E 3.1-1

Tab. E 3.4-1

Die 16 Syndrome des Globalen Wandels 22Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen beimKlimawandel 26Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei denglobalen Umweltauswirkungen von Chemikalien 30Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei derGefährdung der Weltmeere 34Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen beidem Verlust biologischer Vielfalt und der Entwaldung 39Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei derBodendegradation 45Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei derSüßwasserverknappung und -verschmutzung 48Regimerelevante Eigenschaften globaler Umweltprobleme 52Verursachung globaler Umweltprobleme durch Syndrome 55Wechselwirkungen zwischen globalen Umweltproblemen 57Öffentliche Entwicklungshilfezahlungen von OECD-Ländern 1993 und 1998 149Überblick über internationale Finanzierungsinstitutionen mit Bezug zurglobalen Umweltpolitik 166

Tabellen

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Abb. B 3.2-1 Abb. B 4-1Abb. B 4.4-1 Abb. B 4.4-2 Abb. B 4.4-3 Abb. B 4.4-4 Abb. C 2.3-1

Abb. F 1-1

Wechselwirkungen zwischen den globalen Umweltproblemen 58Einrichtungen im UN-System mit Umweltbezug 64Die Organe der Biodiversitätskonvention 66Die Organe des Montrealer Protokolls 67Die Organe der Desertifikationskonvention 68Die Organe der Klimarahmenkonvention und des Kioto-Protokolls 69Unterschiedliche Ziele bei der Waldnutzung in Abhängigkeit von Einkommenund Waldfläche pro Kopf 77Vision des Beirats zur Reform des internationalen Institutionen- undOrganisationengerüsts im Umweltbereich 178

Abbildungen

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Akronyme

AOSIS

ARGEASEAN

ASSOD

BIPBMUBMZBSPCBD

CCOL

CDCCDM

CHMCITES

COP

CSD

CST

ECE

ECOSOC

EEAC

EEZ

EPA

ESSC

Alliance of Small Island StatesAllianz kleiner InselstaatenArbeitsgemeinschaft Neue Bundeslotterie für Umwelt und EntwicklungAssociation of South East Asian NationsBündnis südostasiatischer StaatenAssessment of the Status of Human Induced Soil Degradation in South andSoutheast Asia (FAO, ISRIC, UNEP)Abschätzung des Zustands der anthropogenen Bodendegradation in Süd- undSüdostasienBruttoinlandsproduktBundesministerium für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungBruttosozialproduktConvention on Biological Diversity (UNCED)Übereinkommen über die biologische Vielfalt; BiodiversitätskonventionCo-ordinating Committee on the Ozone Layer (UNEP)Koordinierungsausschuss für die OzonschichtCenters for Disease Control and Prevention, USAClean Development Mechanism (UNFCCC)Mechanismus für umweltverträgliche EntwicklungClearing House MechanismConvention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna andFlora (UN)Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freile-bender Tiere und Pflanzen; Washingtoner ArtenschutzübereinkommenConference of the PartiesVertragsstaatenkonferenzCommission on Sustainable Development (UN)Kommission für nachhaltige EntwicklungComittee on Science and Technology (UNCCD)Ausschuss für Wissenschaft und Technologie der DesertifikationskonventionEconomic Commission for Europe (UN)Wirtschaftskommission für EuropaEconomic and Social Council (UN)Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten NationenEuropean Environmental Advisory CouncilsEuropäische UmwelträteExclusive Economic Zone Ausschließliche WirtschaftszoneEnvironmental Protection Agency, USAUS-amerikanische UmweltagenturEuropean Society for Soil ConservationEuropäische Gesellschaft für Bodenschutz

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XVIII

European UnionEuropäische UnionFood and Agriculture Organization (UN)Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten NationenFluorchlorkohlenwasserstoffeForest Stewardship CouncilWaldbewirtschaftungsratGeneral Agreement on Tariffs and TradeAllgemeines Zoll- und HandelsabkommenGlobal Environment Facility (UN)Globale UmweltfazilitätGlobal Soil Degradation Database (FAO, UNESCO)Globale Datenbank zur BodendegradationGesellschaft für Technische ZusammenarbeitGemeinschaft unabhängiger StaatenInternational Air Transport AssociationInternationale LufttransportgesellschaftInternational Bank for Reconstruction and Development (World Bank)Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank)International Centre for Settlement of Investment DisputesInternationales Zentrum zur Beilegung von InvestitionsstreitigkeitenInternational Council of Scientific UnionsInternationaler Rat wissenschaftlicher VereinigungenInternational Development Association (World Bank)Internationale EntwicklungsorganisationInternational Fund for Agricultural Development (FAO)Internationaler Fonds für landwirtschaftliche EntwicklungInternational Finance Corporation (IBRD)Internationale Finanz-KorporationIntergovernmental Forum on Forests (UN)Zwischenstaatliches WälderforumInternational Financial Institution Advisory Commission/Meltzer CommissionIntergovernmental OrganizationsZwischenstaatliche OrganisationenInternational Joint Commission, USA und KanadaInternationale Gemeinsame KommissionInternational Labor OrganizationInternationale ArbeitsorganisationInternational Maritime OrganizationInternationale SeeschiffahrtsorganisationIntergovernmental Panel on Biological Diversity (empfohlen)Zwischenstaatlicher Ausschuss über biologische VielfaltIntergovernmental Panel on Climate Change (WMO, UNEP)Zwischenstaatlicher Ausschuss für KlimaänderungenIntergovernmental Panel on Soils (empfohlen)Zwischenstaatlicher Ausschuss über BödenInternational Soil Conservation OrganizationInternational Strategy for Disaster Reduction (UNESCO)Internationale Strategie zur KatastrophenvorbeugungInternational Soil Science and Reference Centre (ICSU), NiederlandeInternationales Bodenreferenz- und InformationszentrumThe World Conservation UnionWeltnaturschutzvereinigung

EU

FAO

FCKWFSC

GATT

GEF

GLASOD

GTZGUSIATA

IBRD

ICSID

ICSU

IDA

IFAD

IFC

IFF

IFIACIGO

IJC

ILO

IMO

IPBD

IPCC

IPS

ISCOISDR

ISRIC

IUCN

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XIX

International Undertaking on Plant Genetic Resources (FAO)Internationale Verpflichtung über pflanzengenetische Ressourcen für dieErnährung und LandwirtschaftInternational Union on Soil SciencesInternationale Bodenkundliche UnionInternationaler WährungsfondsMan and the Biosphere Programme (UNESCO)UNESCO-Programm "Der Mensch und die Biosphäre"International Convention for the Prevention of Pollution from ShipsInternationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durchSchiffeMultilateral Investment Guarantee Agency (IBRD)Multilaterale Investitions-Garantie-AgenturNorth American Free Trade AgreementNordamerikanisches FreihandelsabkommenNational Aeronautics and Space Administration, USAZivile amerikanische WeltraumbehördeNichtregierungsorganisationenOfficial Development AssistanceOffizielle EntwicklungshilfezahlungenOrganisation for Economic Cooperation and DevelopmentOrganisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungOffice of Internal Oversight Services (UN)Interne Revisionsbehörde der Vereinten NationenInternational Convention for the Prevention of Pollution of the Sea by OilInternationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der Seedurch ÖlOrganization of Petroleum Exporting CountriesOrganisation Erdöl exportierender LänderPrototype Carbon Fund (World Bank)CO2-Fonds der WeltbankPersistent Organic PollutantPersistenter organischer SchadstoffRisk Assessment Panel (empfohlen)Ausschuss für RisikobewertungSubsidiary Body on Implementation (UNFCCC)Nebenorgan zur UmsetzungSubsidiary Body on Scientific and Technological Advice (UNFCCC)Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische BeratungSubsidiary Body on Scientific Technical and Technological Advice (CBD)Nebenorgan für wissenschaftliche, technische und technologische BeratungGlobal and National Soil and Terrain Digital Database Program (FAO, ISRIC,UNEP)Datenbankprogramm zur digitalen globalen und nationalen Boden- und Geländeerhebung Rat von Sachverständigen für UmweltfragenSonderziehungsrechte (IWF)Umweltbundesamt, BerlinUnited NationsVereinte NationenUnited Nations Convention to Combat Desertification in Countries Experien-cing Serious Drought and/or Desertification, Particularly in Africa Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung inden von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbeson-dere in Afrika; Desertifikationskonvention

IUPGR

IUSS

IWFMAB

MARPOL

MIGA

NAFTA

NASA

NROODA

OECD

OIOS

OILPOL

OPEC

PCF

POP

RAP

SBI

SBSTA

SBSTTA

SOTER

SRUSZRUBAUN

UNCCD

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XX

UNCED

UNCLOS

UNCTAD

UNDP

UNEP

UNESCO

UNFCCC

UNIDO

UNOPS

UNSO

WBCSDWBGUWHO

WMO

WTO

WWF

United Nations Conference on Environment and DevelopmentKonferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und EntwicklungUnited Nations Convention on the Law of the SeaSeerechtskonvention der Vereinten NationenUnited Nations Conference on Trade and DevelopmentHandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten NationenUnited Nations Development ProgrammeEntwicklungsprogramm der Vereinten NationenUnited Nations Environment ProgrammeUmweltprogramm der Vereinten NationenUnited Nations Educational, Scientific and Cultural OrganizationOrganisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und KulturUnited Nations Framework Convention on Climate ChangeRahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über KlimaänderungenUnited Nations Industrial Development OrganizationOrganisation der Vereinten Nationen für industrielle EntwicklungUnited Nations Office for Project ServicesBüro der Vereinten Nationen für Projektdienste United Nations Office to Combat Desertification and Drought (vormals UnitedNations Sahelian Office)Büro der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Wüstenbildung und DürreWorld Business Council for Sustainable Development Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale UmweltveränderungenWorld Health Organization (UN)WeltgesundheitsorganisationWorld Meteorological Organization (UN)Weltorganisation für MeteorologieWorld Trade Organization (UN) WelthandelsorganisationWorld Wide Fund for Nature

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Zusammenfassung für Entscheidungsträger

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Der technische Fortschritt im 20. Jahrhundert hatden Transport von Personen, Gütern und Informatio-nen revolutioniert: Bei sinkenden Kosten pro beweg-ter Einheit werden immer höhere Geschwindigkei-ten und größere Reichweiten erzielt. Neben denTransportströmen von Energieträgern und Stoffengewinnen die Informationsstraßen der Welt immermehr an Bedeutung. Direkter Nutznießer der realenund virtuellen Transportleistungen ist die Wirtschaft,welche heute Produktion, Handel und Investitionenim Weltmaßstab organisiert. Als mittelbare Folgevon globalem Transport, globaler Wirtschaft und In-formation findet eine rasante Expansion des „westli-chen“ Lebensstils über alle Grenzen statt. Viele tra-ditionelle Kulturen werden zurückgedrängt oder lö-sen sich auf. Besonders betroffen sind Religionen,Kunst- oder Handwerksstile und Sprachen, letztlichaber auch alle Spielarten gesellschaftlicher Normenund Werthaltungen.

Dieser mit dem Modewort „Globalisierung“ be-zeichnete Prozess erzeugt neben den unbestrittenenChancen im ökonomischen und sozialen Bereich aufdreierlei Weise Druck auf die planetarische Umwelt:Erstens bedeutet das Wachstum bei den Produk-tions-, Dienst- und Konsumtionsleistungen einenverstärkten Zugriff auf die Quellen und Senken derNatur, falls nicht eine „Grüne Technologische Revo-lution“ erhebliche Effizienzfortschritte bei der Res-sourcennutzung und Entsorgung im Weltmaßstab er-zielt. Zweitens werden umweltbelastende Wirt-schaftsweisen und Lebensstile, kaum aber nachhalti-ge Praktiken, über den ganzen Globus verbreitet.Dies führt insbesondere zum standortwidrigen Um-gang mit den Böden und den Süßwasserressourcen.Drittens bietet die Vielfalt nationaler Gesetzes-schranken und -lücken oft eine Möglichkeit, ökologi-sche Standards, etwa bei Emissionen und Immissio-nen, zu unterlaufen.

Können die heute im System und Umfeld der Ver-einten Nationen existierenden Institutionen (Abb.1a) dieser gewaltigen Herausforderung gerecht wer-den? Ihr Ansehen befindet sich gegenwärtig auf ei-nem Tiefpunkt: Statt von einer Stärkung ist oft vonihrer Verschlankung, Fokussierung auf Kernaufga-ben oder gar Abschaffung die Rede. Die Vorfälle amRande des Ministertreffens der Welthandelsorgani-sation 1999 in Seattle stehen wie ein Menetekel fürdiese Einschätzung. Dies ist ein dramatischer Be-fund, denn der Zustand des Ökosystems Erde ver-langt nach raschen, international konzertierten Ab-hilfemaßnahmen.

Acht Jahre nach der Rio-Konferenz sind zwarüber 900 bi- oder multilaterale Umweltverträge inKraft, die brisantesten Umweltprobleme bleibenaber weiter ungelöst. Der Problemdruck ist aus glo-baler Sicht sogar gewachsen: Treibhausgase werden

mit steigender Rate emittiert, die Ozonausdünnungüber der Arktis und Antarktis weitet sich aus, immermehr Böden werden irreversibel degradiert, 1,2 Mrd.Menschen haben keinen sicheren Zugang zu saube-rem Trinkwasser, Primärwälder werden unbedenk-lich weiter abgeholzt und die biologische Vielfalt er-leidet unwiederbringliche Verluste.

Schmerzlich spürbar sind die fehlende Koordina-tion und Integration der Einzelaktivitäten zumSchutz der natürlichen Lebensgrundlagen derMenschheit. Im Zeitalter der Globalisierung, und dasheißt auch einer globalen Verantwortung für die pla-netarische Umwelt, muss die Menschheit gemeinsa-me Anstrengungen für eine nachhaltige Ko-Evolu-tion von Natur und Gesellschaft unternehmen. Glo-bale Umweltpolitik besitzt heute aber nicht den Stel-lenwert, der ihr auf Grund des Problemdruckszukommen müsste. Zwei Jahre vor der Rio+10-Kon-ferenz entwickelt der Beirat daher mit dem Vor-schlag einer neuen Earth Alliance eine Vision füreine Neustrukturierung der internationalen Institu-tionen und Organisationen im Umweltbereich.

Die Vereinten Nationen im Umweltbereich neustrukturieren: Eine Earth Alliance schaffen

Die Vision des Beirats zur Reform des internationa-len Institutionen- und Organisationengerüsts imUmweltbereich in Form einer Earth Alliance bautauf den bestehenden Strukturen auf und entwickeltdiese, wo es nötig erscheint, weiter. Die Earth Alli-ance (Abb. 1b) gliedert sich in drei übergreifende Be-reiche: Earth Assessment, Earth Organization undEarth Funding. Diese sind durch gegenseitige Infor-mations- und Kommunikationspflichten, durch Ko-ordinierung gemeinsamer Aktivitäten und durch ge-meinsame Finanzierungsmodelle miteinander ver-netzt.

Als herausgehobene Autorität bei der Bewertungvon Umweltproblemen schlägt der Beirat die Ein-richtung einer unabhängigen Instanz vor, die auf be-sonders risikoreiche Entwicklungen (früh-)warnendhinweisen soll. Diese bewusst klein zu haltende In-stanz sollte gegenüber den teilweise noch einzurich-tenden wissenschaftlichen Beratungsgremien (pan-els) gewisse Vorschlagsrechte haben und bei Bedarfan die Öffentlichkeit gehen können (Earth Assess-ment).

Weiterhin empfiehlt der Beirat Änderungen desorganisatorischen Kerns der internationalen Um-weltpolitik (Earth Organization). Im Zentrum ste-hen institutionelle und organisatorische Reformender internationalen Umweltpolitik, die im Vorfeldder Rio+10-Konferenz bereits diskutiert werden.Dabei plädiert der Beirat zunächst für eine verbes-

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4 Zusammenfassung für Entscheidungsträger

EARTH ALLIANCE

EARTH FUNDINGEARTH ORGANIZATION

Projektumsetzung durch UN-Einrichtungen

Internationale

ex-UNEP

EARTH ASSESSMENT

Erd-Rat

Umweltorganisation

Informations-bedarf

Informations-bedarf

KontrolleFrühwarnung

Information

FinanzierungEntschuldung

FinanzierungEntschuldung

Nutzungs-entgelte

IPCC(Klimawandel)

IPR(Risiko)

IPS(Böden)

IPBD(Biodiversität)

WissenschaftlicheAusschüsse

WissenschaftlicherAusschuss

Wissenschaftliche Beratung

Wissensch. Beratung CSD

Übereinkommen

Übereinkommen

weitereÜbereinkommen

Treuhänder-schaft

UNFCCC

UNCCD

CBD

Weltbank

GEF

UNDP

Stiftungen

Sponsoren

Spenden

Hohe See

InternationalerLuftraum

Weltraum

Treuhänderschaft für globale Gemeinschaftsgüter

Öffentliche Mittel

Öffentliche Mittel

Private Mittel

Private Mittel

Projektumsetzung durch UN-Einrichtungen

UNEP

IPCC(Klimawandel)

CSD

UNFCCC

UNCCD

CBD

Weltbank

GEF

UNDP

Stiftungen

Sponsoren

Spenden

Tiefseeboden(UNCLOS)

Informations-bedarf

Wissenschaftliche Beratung

a

b

Umwelt- undEntwicklungsfonds

Abbildung 1Reform der Vereinten Nationen im Umweltbereich: (a) heutiger Zustand und (b) Vision einer Reform in Form einer zuschaffenden Earth Alliance.Quelle: WBGU

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5Zusammenfassung für Entscheidungsträger

serte Kooperation der verschiedenen Organisatio-nen und Programme, wodurch die Sekretariate derinternationalen Umweltkonventionen und deren(überwiegend noch einzurichtende) wissenschaftli-che Beratungsgremien enger vernetzt werden sollen.In einer zweiten Stufe könnte eine koordinierendeDachorganisation mit eigenständigen Ausschüsseneingerichtet werden. Erst wenn die erwünschten Ver-besserungen nicht eintreten, sollte die Zusammen-führung der internationalen Umweltpolitik in einezentrale Organisation geprüft werden.

Neben Rechtssicherheit und gutem Regieren sindausreichende finanzielle Ressourcen notwendig, umden wachsenden globalen Herausforderungen ge-recht zu werden. Den notwendigen Finanzmitteln fürden Schutz globaler Umweltgüter steht allerdingseine seit Jahren nachlassende Bereitschaft der Indu-strieländer gegenüber, entsprechende Mittel zuzu-weisen. Daher schließen sich in einem letzten TeilEmpfehlungen zur Finanzierung globaler Umwelt-politik an (Earth Funding).

Die drei Säulen der Earth Alliance

Earth Assessment: Wissenschaftliche Ausschüsseund Erd-Rat (Earth Council) einrichten

Wissen und seine Bewertung ist der Schlüssel zumRisikomanagement. In Anlehnung an den IPCCempfiehlt der Beirat, für die Beratung und Beglei-tung etwa der internationalen Boden- und Biodiver-sitätspolitik vergleichbare wissenschaftliche Gre-mien einzurichten. In einem „ZwischenstaatlichenAusschuss über biologische Vielfalt“ (Intergovern-mental Panel on Biological Diversity – IPBD) odereinem „Zwischenstaatlichen Ausschuss über Böden“(Intergovernmental Panel on Soils – IPS) ließen sichanerkannte Wissenschaftler zusammenführen, diekontinuierlich und unabhängig arbeiten und wissen-schaftliche Politikberatung leisten könnten, wobeiman sich das Peer-Review-Verfahren, nicht aber dierelativ schwerfällige Struktur des IPCC zum Vorbildnehmen sollte. Neben diesen sektoralen Beratungs-gremien könnte ein „Ausschuss für Risikobewer-tung“ (Risk Assessment Panel – RAP) dazu dienen,als Netzwerkknoten die verschiedenen nationalenRisikoerfassungen und -bewertungen systematischzusammenzutragen und globale Risiken zu identifi-zieren.

In seiner Vision einer strukturellen Neuordnungglobaler Umwelt- und Entwicklungspolitik sieht derBeirat die Notwendigkeit für eine unabhängige In-stanz mit ethischer und intellektueller Autorität zurErkennung und Bewertung der Probleme des Globa-

len Wandels. Der Beirat empfiehlt der Bundesregie-rung, die Gründung eines Erd-Rats zu prüfen undden Vereinten Nationen entsprechende Vorschlägezu unterbreiten. Der Erd-Rat soll das für den Um-weltschutz und die Wahrung der Rechte und Interes-sen zukünftiger Generationen notwendige Langfrist-denken gewährleisten sowie Impulse für Forschungund politisches Handeln geben. Die durch die UN-Generalversammlung zu berufende Kommission mit10–15 Mitgliedern sollte mit Persönlichkeiten besetztsein, die in der Weltöffentlichkeit Gehör finden, etwanach dem Modell der Brandt- oder der Brundtland-Kommission. Der Erd-Rat sollte zusammen mit denwissenschaftlichen Ausschüssen insbesondere vierAufgaben wahrnehmen:• Zusammenschau: Bestmöglichen Nutzen aus den

bestehenden Monitoringsystemen ziehen, um denZustand des Systems Erde zu charakterisieren.

• Früherkennung und Frühwarnung: Auf dieser Ba-sis sowie weiteren wissenschaftlichen Daten undErkenntnissen die Weltöffentlichkeit und insbe-sondere die Vereinten Nationen vor drohendenund potenziell irreversiblen globalen Umwelt-schädigungen warnen.

• Leitplanken: Zur Verhinderung solcher irreversib-len Entwicklungen „Leitplanken“ für die interna-tionale Umweltpolitik bestimmen, die noch ak-zeptable Übergangsbereiche und inakzeptableZustände beschreiben.

• Rechenschaftspflicht: Dem Generalsekretär derVereinten Nationen einen jährlichen Rechen-schaftsbericht vorlegen, in dem die wichtigstenUmweltprobleme und -entwicklungen nach demneuesten Stand der Kenntnisse bewertet werden.

In der vom Beirat vorgeschlagenen Struktur einesEarth Assessment würde der Kommission für nach-haltige Entwicklung (CSD) eine wichtige Binde-glied- und Dialogfunktion zwischen den Staaten, denUN-Organen, dem Erd-Rat, der Wissenschaft undden Nichtregierungsorganisationen zukommen.Auch gegenüber der CSD könnte dem Erd-Rat einVorschlagsrecht für die zu behandelnden Themeneingeräumt werden, die aus wissenschaftlicher Sichtbesonders kritisch sind, bisher aber nicht die nötigepolitische Aufmerksamkeit erlangt haben. Zudemkönnte die CSD das Diskussionsforum für die Be-richte des Erd-Rats werden, ist sie doch das zentraleForum für Fragen von Umwelt und Entwicklung, beidem die wichtigsten NRO ihre Anliegen und Lö-sungsansätze vor- und einbringen können. DieseStruktur entspräche gewissermaßen der internatio-nalen Form des deutschen Rats für nachhaltige Ent-wicklung.

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6 Zusammenfassung für Entscheidungsträger

Earth Organization: UNEP aufwerten

Wegen des häufig konstatierten Mangels an Koordi-nation und Wirkungskraft globaler Umweltpolitikwurde in den letzten Jahren der Ruf nach einer um-fassenden Umgestaltung des internationalen Institu-tionen- und Organisationengefüges laut. UNEP ver-fügt für seinen weltweiten Auftrag lediglich über 530Mitarbeiter, während sich z. B. das deutsche Umwelt-bundesamt (UBA) auf ca. 1.050 und die amerikani-sche Umweltagentur (EPA) auf über 18.000 Mit-arbeiter stützen können. Der Beirat hat sich deshalbbereits in früheren Gutachten für die Gründung ei-ner Internationalen Umweltorganisation ausgespro-chen. Prominente europäische Politiker unterstützendiese Idee ebenfalls seit längerem. Angesichts derdurchaus unterschiedlichen Vorschläge soll jedochzunächst deutlich gemacht werden, was bei einerNeustrukturierung globaler Umweltinstitutionen un-bedingt beachtet werden sollte:• Alle Initiativen müssen multilateral, gemeinsam

von Industrie- und Entwicklungsländern, getra-gen werden. Der Beirat empfiehlt deshalb nach-drücklich, sich gezielt um Koalitionen mit wichti-gen Entwicklungsländern zu bemühen, um dieAkzeptanz einer politischen Initiative von vorn-herein sicherzustellen.

• Nord und Süd sollte bei den Entscheidungsverfah-ren eine gleichberechtigte Stellung eingeräumtwerden – etwa nach dem Muster der nord-süd-pa-ritätischen Entscheidungsverfahren des Montrea-ler Protokolls, des Ozonfonds oder der GlobalenUmweltfazilität.

• Die Reform soll nicht zur Gründung einer Behör-de mit eigener Projektdurchführungskompetenzführen. Projektarbeit vor Ort sollte weiterhin vonUNDP, Weltbank, FAO, UNIDO oder vergleich-baren Akteuren vorgenommen werden.

• Die Umstrukturierung sollte keine weitere Finan-zierungsorganisation neben UNDP, Weltbankoder GEF schaffen.

Der Beirat schlägt den Umbau des bestehenden Sys-tems in mehreren Stufen vor. Dabei wird nicht a pri-ori vorausgesetzt, dass langfristig sämtliche Stufendurchlaufen und am Ende unbedingt die dritte Stufeerreicht werden sollte. Vielmehr sollte zunächst nurdie erste Stufe verwirklicht, deren Wirksamkeit ge-prüft und die nächste Stufe erst erwogen werden,wenn der vorhergehende nicht den gewünschten Er-folg erbrachte.

Stufe 1: Kooperation verbessern

In der ersten Stufe geht es um eine verbesserte Ko-operation der verschiedenen Organisationen undProgramme, wobei die Partner weiterhin gleich-berechtigt zusammenarbeiten. Dabei sollten dieFunktionen nicht verändert werden, die CSD, GEF,verschiedene Vertragsstaatenkonferenzen und Kon-ventionssekretariate sowie umweltpolitische Abtei-lungen und Programme der einzelnen Sonderorgani-sationen gegenwärtig besitzen. Gegebenenfallskönnte UNEP schon in dieser Stufe eine andere in-stitutionelle Struktur innerhalb des UN-Systems er-halten. Diese Stärkung von UNEP könnte sich ent-weder am Beispiel der Weltgesundheitsorganisationorientieren – also einer UN-Sonderorganisation miteigenem Budget und eigener Mitgliedschaft – oderam Beispiel der UN-Konferenz über Handel undEntwicklung (UNCTAD), einer UN-internen Kör-perschaft.

Stufe 2: Koordinierende Dachorganisation miteigenständigen Ausschüssen einrichten

Sollte die beschriebene verbesserte Kooperation derinternationalen Organisationen und Programmenicht ausreichen, um erkannte Defizite zu beheben,wäre die weitere Stärkung des Umweltschutzesdurch eine verbesserte Koordination der Akteureanzustreben. Dies würde eine begrenzte Hierarchi-sierung im Organisationengefüge erforderlich ma-chen, wobei sich das Modell der Welthandelsorgani-sation (WTO) anbieten würde. Analog ließe sichüberlegen, die verschiedenen Vertragsstaatenkonfe-renzen im Umweltschutz in ein Rahmenüberein-kommen zur Gründung einer Internationalen Um-weltorganisation einzugliedern und sie dann wie beider WTO als gesonderte und in hohem Maße selb-ständige Ausschüsse der Ministerkonferenz fortbe-stehen zu lassen. Die Gründung einer Dachorganisa-tion wird von Entwicklungs- und Industrieländernwohl nur dann akzeptiert werden, wenn beide Seitenüber die Weiterentwicklung der Organisation effek-tive Mitspracherechte erhalten. Hierfür böte sich dieAnwendung nord-süd-paritätischer Entscheidungs-verfahren analog zum Montrealer Protokoll an.

Stufe 3: Zentralisierung und Zusammenführungunter einer Organisation?

Vorliegenden Vorschlägen für eine dritte Stufe istdas Ziel gemeinsam, die internationale Umweltpoli-tik stärker zu zentralisieren und zu hierarchisieren.Entscheidungsprozesse sollen beschleunigt werden,

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7Zusammenfassung für Entscheidungsträger

indem das Konsensprinzip überwunden bzw. reprä-sentativ besetzte, kleinere Entscheidungsgremien –etwa ein „Umweltsicherheitsrat“ – eingeführt wer-den, damit Minderheiten ihre Blockademacht verlie-ren. Eine solche stark souveränitätseinschränkendeHierarchisierung wird sicherlich auf erheblichen Wi-derstand stoßen, in Nord wie in Süd.

Anregungen für ein gutes Regimedesign berück-sichtigen

Neben einer übergreifenden Reform der UN-Orga-ne im Umweltbereich können aber auch die zahlrei-chen bereits existierenden sektoralen Regime (z. B.zu Klima, Biologische Vielfalt oder Desertifikations-bekämpfung) optimiert werden. Der Beirat hat hier-für die Erfahrungen aus den Verhandlungsprozessenausgewertet und Anregungen für ein „gutes Regime-design“ zusammengestellt.

Anliegen der Rahmenverträge durchProtokolle vorantreibenHeute hat sich überwiegend die Strategie durchge-setzt, nur die großen Ziele und mögliche Instrumen-te nennende Rahmenverträge zu vereinbaren unddie konkrete Ausgestaltung weiteren Verhandlungs-runden zu überlassen, deren Ergebnisse dann alsProtokoll die Konvention weiter ausgestalten undverschärfen. Der Beirat bewertet diesen Ansatz posi-tiv, weil es so gelingen kann, auch die eher zögerli-chen Staaten in den weiteren Verhandlungsprozesseinzubinden. Angesichts der Verschärfung globalerUmweltprobleme ist jedoch nachdrücklich daraufhinzuweisen, dass vom Abschluss einer Konventionbis hin zur lokalen Bewältigung der Probleme meis-tens eine zu große Zeitspanne liegt und deshalb dieProtokollverhandlungen, -ratifizierungen und -um-setzungen zügiger abgeschlossen werden müssen.

Abstimmungsverfahren flexibilisierenEin entscheidender Faktor für die flexible Fortent-wicklung von Regimen sind die Abstimmungsverfah-ren. Der Beirat regt an, auf eine Relativierung desKonsensprinzips in internationalen Verhandlungenhinzuwirken, vor allem wenn es um den Schutz un-wiederbringlicher Umweltgüter geht. Insbesonderesollte das Verfahren der „schweigenden Zustim-mung“ vermehrt angewendet werden. Bei der Modi-fikation von Protokollen oder Anhängen sollte dieEinführung von qualifizierten, nord-süd-paritäti-schen Entscheidungen gefördert werden, da sie amehesten konsensfähig sind. Darüber hinaus sollte, et-wa bei Entscheidungen über das Erbe der Mensch-heit, eine Relativierung der formalen Prinzipien „EinLand, eine Stimme“ bzw. der bei Abstimmungen

über finanzielle Beiträge geübten Praxis „Ein Dollar,eine Stimme“ zugunsten einer Stimmverteilung ge-mäß „Ein Mensch, eine Stimme“ geprüft werden.

Rechte zur Informationsbeschaffungstärken und mit Berichtswesen koppelnNeben der Einführung flexiblerer Abstimmungsver-fahren kann auch die Ausgestaltung der internatio-nalen Erfüllungskontrolle für den Erfolg eines Re-gimes ein wesentliches Kriterium bilden. Die bisheri-gen Erfahrungen zeigen, dass die Berichtspflichtüber die Aktivitäten der Mitgliedstaaten zur Umset-zung ihrer Pflichten eine unerlässliche Vorausset-zung für eine internationale Erfüllungskontrolle dar-stellt. Der Beirat rät jedoch zu einer wissenschaftli-chen Begutachtung der Berichte, um ihre Verwert-barkeit auf den Vertragsstaatenkonferenzen zufördern. Eine besondere Rolle spielt dabei die Ver-wendung international abgestimmter Indikatoren,um Vergleichbarkeit und Anwendungsbezug der Be-richte zu erhöhen. Bei Bedarf sollten auch weiterge-hende Rechte zur Informationsbeschaffung einge-führt werden.

Flexible Reaktionsmöglichkeiten beiUmsetzungsschwierigkeiten Als Reaktion auf Umsetzungsschwierigkeiten rü-cken zunehmend kooperative Wege in den Vorder-grund, da durch die partnerschaftliche Lösung dieinternationalen Beziehungen und auch die Transpa-renz gestärkt werden. Garantierte, an keine Voraus-setzungen geknüpfte Instrumente zur Erfüllungshil-fe können allerdings die Motivation untergraben, auseigener Kraft die Pflichten zu erfüllen. Andererseitshaben in einigen Fällen auch konzertierte Sanktio-nen zu einer Behebung der Umsetzungsdefizite bei-getragen. Der Beirat lehnt aus diesen Gründen eineeinseitige Ausrichtung auf konfrontative bzw. nicht-konfrontative Maßnahmen ab. Er empfiehlt, bei Um-setzungsschwierigkeiten flexibel und dem Einzelfallangepasst zu reagieren. Zudem könnten die beste-henden regional-kontinentalen Zusammenschlüsse(wie z. B. ASEAN oder EU) bei der Kontrolle undbeim Monitoring international vereinbarter Messrei-hen stärker eingesetzt werden.

Nichtregierungsorganisationen als Partnerim Umweltschutz einbindenNichtregierungsorganisationen (NRO) dienen alswertvolle Kontaktstellen von der lokalen bis zurinternationalen Ebene und stellen die Berücksichti-gung gesellschaftlicher Belange sicher. Insbesonderehat sich die Mitwirkung von Umweltverbänden beider Sammlung und Aufbereitung von Informationensowie bei der Umsetzung von Übereinkünften vorOrt bewährt. Der Beirat unterstützt daher Ansätze,

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8 Zusammenfassung für Entscheidungsträger

NRO über Anhörungs- und Mitwirkungsrechte ver-stärkt bei der Entscheidungsfindung sowie der Um-setzung einzubinden. Direkte Mitspracherechte undEntscheidungskompetenzen von NRO sind u. a. we-gen der fehlenden Legitimation als problematisch zubewerten.

Faire Systeme der Umweltkennzeichnungsicherstellen Eine zusätzliche Aktivität internationaler, nichtstaat-licher Zusammenarbeit zum Umweltschutz stellendie weltweiten Initiativen zur Zertifizierung von Pro-dukten dar. Ob internationale unternehmerische Zu-sammenarbeit oder Initiativen der Zertifizierung zueiner langfristig nachhaltigen Nutzung globaler Res-sourcen einen Beitrag leisten können, kann derzeitnoch nicht beurteilt werden. Der Beirat sieht darinaber auf jeden Fall ein Anreizsystem, das neben derinternationalen Zusammenarbeit der Staaten nichtvernachlässigt werden darf. Eine Möglichkeit derSteuerung von Umweltkennzeichen wäre eineAkkreditierung durch den Erd-Rat, der hierfür gege-benenfalls Kriterien entwickeln könnte.

Earth Funding: Effizienz steigern und neue Wegeerschließen

Der Beirat empfiehlt zur Finanzierung globaler Um-weltpolitik drei Maßnahmen, die neben einer er-wünschten Erhöhung der verfügbaren Mittel vor al-lem eine Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzeserwarten lassen: eine Reorganisation der internenund externen Kontrollstrukturen in multilateralenEinrichtungen, die Erhebung von Nutzungsentgeltenfür globale Gemeinschaftsgüter und die Intensivie-rung der Einbindung einzelstaatlicher und privaterFinanzierungsmechanismen.

Die Effizienz multilateralerOrganisationen steigernDer Beirat geht grundsätzlich davon aus, dass auchzukünftig die direkte Finanzierung globaler Aufga-ben durch Zuweisungen aus den Staatshaushaltendas vorrangige Instrument im Bereich globaler Um-welt- und Entwicklungspolitik bilden wird. DiesesVorgehen bietet nicht zuletzt die Vorteile einer un-mittelbaren und regelmäßigen Kontrolle durch de-mokratische Einrichtungen auf nationaler Ebeneund eines fortwährenden Zwangs der Geld verteilen-den Institutionen, sich gegenüber diesen Einrichtun-gen zu rechtfertigen. Zahlreiche internationale Or-ganisationen sind angesichts eines intransparentenund wenig effizienten Umgangs mit finanziellen Mit-teln in das Blickfeld der nationalen Parlamente derOECD-Länder geraten; die Bereitschaft zur finan-

ziellen Unterstützung der UN-Organisationennimmt ab. Andererseits weisen UN-Organisationenin den meisten Entwicklungsländern infolge positi-ver Erfahrungen mit den Leistungen der UN zumKapazitätsaufbau eine hohe Akzeptanz auf, soferndie Projekte auf einem Abstimmungsverfahren beru-hen, bei dem jedem Land ungeachtet seiner wirt-schaftlichen Stärke eine Stimme zugewiesen wird. Essollte bei bestehenden multilateralen Organisatio-nen immer geprüft werden, inwieweit– der Mitteleinsatz auf ein eng abgegrenztes Um-

weltproblem konzentriert werden kann oder denWirkungsverflechtungen mit anderen Umwelt-problemen Rechnung zu tragen ist,

– innerhalb der Organisation durch Revisionsvor-gänge Anreize zur Steigerung der Effizienz beider Aufgabenerfüllung ausgelöst werden,

– die externe Steuerung durch zusätzliche Kontroll-instanzen und veränderte Abstimmungsverfahrenverbessert werden kann,

– Effizienzdefizite im Empfängerland durch einenKapazitätsaufbau unter Einbindung lokaler Ini-tiativen überwunden werden können,

– der zeitlichen, strukturellen und räumlichen Di-mension des erforderlichen Anpassungsprozesseszur Bewältigung globaler Umweltprobleme Rech-nung getragen wird sowie

– die Organisation der Mittelverwendung an die Artder erforderlichen Umweltschutzmaßnahmen(von konkreten Projekten bis hin zu umfassendenvolkswirtschaftlichen Strukturreformen) ange-passt wird.

Entgelte für die Nutzung globalerGemeinschaftsgüter erhebenEntscheidend für einen sorgsamen Umgang mit na-türlichen Ressourcen ist vielfach die Verkopplungmit den Preismechanismen privater Märkte. DieserMechanismus stößt aber wegen fehlender Eigen-tumsrechte an Grenzen. Zahlreiche Umweltgüterwie z. B. der internationale Luftraum, die Hohe Seeoder der Weltraum stellen aufgrund des unbe-schränkten Zugangs zu ihrer Nutzung (open access)weltweite Gemeinschaftsgüter dar, d. h. ohne eine ge-meinschaftliche, weltweit-treuhänderische Verwal-tung dieser Güter würden sie angesichts fehlenderMöglichkeiten zur Erhebung von Preisen für die ex-klusive Nutzung überbeansprucht. Im System desEarth Funding bildet die Erhebung von Nutzungs-entgelten für globale Gemeinschaftsgüter ein wichti-ges Element, um unabhängig von Zuweisungendurch Staatshaushalte Aufgaben der globalen Um-welt- und Entwicklungspolitik finanzieren zu kön-nen. Der Beirat weist in diesem Zusammenhang aufdrei Aspekte hin, die für das Verständnis und dieAusgestaltung solcher Entgelte unabdingbar sind:

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9Zusammenfassung für Entscheidungsträger

• Die Entgelte dienen einem eindeutigen Zweck,der unmittelbar an die Verfügbarkeit der globalenGemeinschaftsgüter anknüpft. Es handelt sich da-her um keine allgemeine Umweltabgabe.

• Die Entscheidung über Art, Höhe und Verwen-dung der Nutzungsentgelte ist an den Besonder-heiten jedes einzelnen Gemeinschaftsguts zuorientieren. Vielfach kann auf bereits bestehende(multilaterale oder private) Organisationen zu-rückgegriffen werden. Zudem kann sich bei be-stimmten Gemeinschaftsgütern die Erzielung zu-sätzlicher Einnahmen auch als nicht realisierbarerweisen, jedoch können auch in diesen Fällendurch die Verteilung und den Handel einzelnerNutzungs- bzw. Emissionsrechte Effizienzimpulseerzielt werden.

• Die Treuhandeinrichtung ist einer fortwährendenKontrolle und Sanktionierung durch die Einzel-staaten bzw. von ihnen eingesetzter Regulierungs-instanzen zu unterwerfen.

Private Finanzierungsinstrumente stärkenDer Beirat hat in seinen Gutachten bereits mehrfachauf die wachsende Bedeutung des privaten Sektorsund innovativer Finanzierungsinstrumente auf loka-ler und nationaler Ebene hingewiesen. Dieses Ele-ment ist ein wichtiger Faktor, um– den Kenntnissen von Akteuren über die Verhält-

nisse vor Ort und über die entsprechenden Hand-lungserfordernisse und -möglichkeiten im Einzel-fall Rechnung tragen zu können,

– die Effizienzvorteile einer dezentraleren und da-mit überschaubareren Struktur und eines erhöh-ten Drucks, der durch Wettbewerbsprozesse aufprivater Ebene und zwischen Standorten entsteht,zu Gunsten der globalen Umwelt- und Entwick-lungspolitik zu nutzen,

– intrinsische Motivationen durch einen direkterenZugang zu Projekten der globalen Umwelt- undEntwicklungspolitik zu erhöhen.

Zunehmend spielen „global players“ eine wichtigeRolle bei der Nutzung globaler Ressourcen und Sen-ken. Multinationale Unternehmen richten sich häu-fig nach eigenen Standards der Umweltnutzung, vie-le Menschen in den Industrieländern engagieren sichin Umweltstiftungen und -patenschaften und vielenational wie global agierende NRO haben Einfluss-möglichkeiten, um auf das Verhalten von Individuen,Gruppen und Organisationen einzuwirken. Genaudort, wo staatliche Standards nicht greifen, könnenprivate Initiativen einspringen. Der Beirat empfiehlt,diesen Prozess der Verantwortungsübernahme durchPrivate zu unterstützen, z. B. durch Preise und Aus-zeichnungen, beim zentralen Einkauf und durch ge-zielte Öffentlichkeitsarbeit.

Der Beirat wiederholt seine Forderungen nach ei-ner Schaffung geeigneter institutioneller Rahmenbe-dingungen für eine Aktivierung des privaten Sektorsund einer Stärkung nationaler, nichtkommerziellerFonds, z. B. in Verbindung mit einer weltweiten Ent-schuldungsinitiative. Das System des Earth Fundingerfordert geradezu den Wettbewerb vielfältiger ein-zelner innovativer Finanzierungslösungen, deren je-weiliger Effizienzbeitrag auch darüber entscheidet,inwieweit es zu Nachahmungen in anderen Ländern,Sektoren oder Problemfeldern kommt. Im Zusam-menwirken der verschiedenen Finanzierungsinstru-mente liegt die Chance, durch erste erfolgreiche Re-formschritte auch die Bereitschaft zu den heute nochvergleichsweise utopisch erscheinenden Finanzie-rungsvereinbarungen bei einzelnen globalen Ge-meinschaftsgütern zu wecken. Allerdings ist zu beto-nen, dass neben dem Aspekt der Einnahmenerzie-lung vor allem der effiziente Umgang mit verfügba-ren finanziellen Mitteln im Auge zu behalten ist.

Chance der Rio+10-Konferenz nutzen

Die vom Beirat vorgestellte Vision einer Earth Alli-ance ist nicht kurzfristig realisierbar, sollte jedoch alsLeitbild für eine längerfristig unabdingbare Reformder globalen Umweltpolitik dienen. Insbesonderesollte die Folgekonferenz des UN-Gipfels für Um-welt und Entwicklung von Rio de Janeiro im Jahr2002 (Rio+10-Konferenz) zum Anlass genommenwerden, Elemente dieser Strukturreform auf denWeg zu bringen. Bereits 1997 hat sich die Bundesre-gierung für die Einrichtung einer InternationalenUmweltorganisation ausgesprochen. Im Juni 2000kündigte der französische Premierminister LionelJospin an, während der EU-Präsidentschaft Frank-reichs die Debatte um eine Internationale Umwelt-organisation wieder aufleben zu lassen. Auch die er-ste internationale Umweltministerkonferenz in Mal-mö hob den organisatorischen Reformbedarf derglobalen Umweltpolitik hervor. Dieses günstige poli-tische Klima sollte nach Ansicht des Beirats für eineentsprechende Initiative, z. B. der EU, genutzt wer-den, wobei Deutschland und Frankreich Vorreitersein könnten.

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Wer steuert das Raumschiff Erde? A

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Die Welt stürmt atemlos und zerrissen hinein insneue Jahrtausend. Ihr Wandel vertieft die Gegensät-ze zwischen Arm und Reich,Alter und Jugend, Glau-ben und Wissen, Land und Stadt, Natur und Technik.Die Gesamtdynamik wird allerdings zusehends voneinem neuartigen Widerspruch beherrscht, dem zwi-schen Globalisierung und Partikularisierung der Zi-vilgesellschaft, der den klassischen Kosmos ökono-mischer, sozialer und ökologischer Verwerfungen ra-dikal transformiert. Diese Transformation kann als„die fünfte Stufe“ der Selbstorganisation der beleb-ten Materie im System Erde bezeichnet werden (Jol-ly, 1999). Letztlich wird sie über unsere Zukunftsfä-higkeit entscheiden. Das Modewort „Globalisie-rung“ bezeichnet dabei einen Prozess, der sich in vierkausal gekoppelten Schichten der Wirklichkeit voll-zieht: Technologie, Wirtschaft, Kultur und Umwelt.

Der technische Fortschritt im 20. Jahrhundert hatden Transport von Personen, Gütern und Informatio-nen revolutioniert: Bei sinkenden Kosten pro beweg-ter Einheit werden immer höhere Geschwindigkei-ten und größere Reichweiten erzielt. „Alles fließt“auf diesem Planeten und wird weiter beschleunigt.Als Beispiel mag der Flugverkehr dienen, wo sich dieglobale Frachttransportleistung alle 10 Jahre verdop-pelt und im Jahr 1998 bereits fast 100 Mrd.Tonnenki-lometer betrug (UNDP, 1998). Die Zahl der beför-derten Passagiere steigt jährlich um 5–6%. NachSchätzungen der Welttouristikorganisation wird siebis 2020 auf rund 1,6 Mrd. anwachsen. Auch das Vo-lumen der Welthandelsflotte schwillt stetig an. 1998erreichte es die Rekordmarke von 531,9 Mio. Grosstons (85.828 Schiffe), 1995 waren es erst 490,7 Mio.Gross tons (Lloyd’s Register, 1999).

Neben den Realströmen von Energieträgern undStoffen gewinnen die Informationsstraßen der Weltimmer mehr an Bedeutung. Das Internet gehört zuden einschlägigen Technologien, die sich bisher amschnellsten ausgebreitet haben: Ganze vier Jahredauerte es, bis die Quote von 50 Mio. Nutzern er-reicht wurde – beim Radio wurden dafür noch 38Jahre benötigt. Inzwischen sind mehr als 43 Mio.Gastrechner im Netz, auf die mehr als 300 Mio. Teil-nehmer zugreifen (Nua, 2000), allein zwischen Sep-tember 1999 und März 2000 kamen etwa 100 Mio.neue Teilnehmer hinzu.

Direkter Nutznießer der realen und virtuellenTransportleistungen ist die Wirtschaft, welche heuteProduktion, Handel und Investition im Weltmaßstaborganisiert.Als unmittelbarer Effekt hat sich der Ge-samtwert aller Exporte seit 1985 auf 5.500 Mrd. US-$(Statistisches Bundesamt, 1998) fast verdreifacht,was unter anderem eine spürbare Vergrößerung desAusfuhranteils am Weltsozialprodukt bedeutet. Zuden Steigerungsraten trugen nicht zuletzt die moder-nen Schlüsselbereiche Datenverarbeitung, Telekom-

munikation und Biotechnologie bei (Brown et al.,1999).

Obwohl die wirtschaftliche Bedeutung des Inter-net-gestützten „E-Commerce“ noch vergleichsweisegering ist, beginnen virtuelle Marktprozesse die ma-teriellen zu substituieren. Schon bald wird eine glo-balisierte Internet-Ökonomie erwartet, wie sie derinternationale Kapitalmarkt längst vorgemacht hat:1993 sind die grenzüberschreitenden Direktinvesti-tionen um rund 40% auf 313 Mrd. US-$ gestiegen(UNCTAD, 1995), 1998 nochmals um 19% auf 400Mrd. US-$. Inzwischen beträgt der tägliche Weltdevi-senumsatz rund 1.500 Mrd. US-$ – damit ist das Vo-lumen in den letzten 30 Jahren um den Faktor 83 ge-wachsen.

Großen Anteil an dieser Entwicklung haben dierund 39.000 multinationalen Gesellschaften mit über270.000 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften imAusland. Nach einer aktuellen Studie (Anderson undCavanaugh, 1996) entspricht der Umsatz der 200größten Konzerne der Erde nunmehr 28,3% desWeltsozialprodukts und übertrifft mit 7.100 Mrd.US-$ das kumulierte Bruttoinlandsprodukt allerStaaten der Erde minus der neun wichtigsten Volks-wirtschaften.

Die Folgen der GlobalisierungAls mittelbare Folge von Globaltransport, -wirt-schaft und -information findet eine rasante Expan-sion des „westlichen“ Lebensstils über alle Grenzenstatt.Als Hauptkatalysator wirken dabei die elektro-nischen Medien, deren Unterhaltungsprogramme in-zwischen sogar schon das Steinzeitvolk der Dini inIrian Jaya erreicht haben. Auch das Internet wird zueiner massiven Veränderung der Wertvorstellungenin vielen Regionen führen. Beispielsweise sind imMittleren Osten mehr als 70% aller Nutzer 21–35Jahre alt (Zonis, 2000), ein Alter, in dem neue, bisherunbekannte Lebenserwartungen und Wertvorstel-lungen rasch an Attraktivität gewinnen können. Da-durch werden gewachsene Kulturen zurückgedrängtoder lösen sich auf. Besonders betroffen sind Reli-gionen, Kunst- oder Handwerksstile und Sprachen,letztlich aber auch alle Spielarten gesellschaftlicherNormen und Werthaltungen.

Einige wenige Zahlen mögen diese allgemeineBeobachtung illustrieren: Zur globalen Stilvermi-schung trägt nicht zuletzt der Welthandel mit Kunst-gütern und kunsthandwerklichen Produkten bei, dernach UNESCO-Angaben 1991 das Wertvolumenvon über 200 Mrd. US-$ erreicht und sich damit imZeitraum 1980–1991 verdreifacht hat. Der „Sprach-imperialismus“ des Englischen und der jeweiligenNational- und Regionalsprachen begünstigt die kul-turelle Angleichung (Beisheim et al., 1999). DieDeutsche Presseagentur verbreitete unlängst das

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14 A Wer steuert das Raumschiff Erde?

Szenario, dass in den nächsten hundert Jahren einDrittel der bestehenden Sprachen eliminiert werde,zugunsten der jeweils dominanten National- und Re-gionalsprachen. Von den rund 15.000 Sprachen, dievor 10.000 Jahren vermutlich existierten – damalslebten etwa 1 Mio. Menschen auf der Erde – gibt esheute noch etwa 6.000.

Alle skizzierten Globalisierungsprozesse tragenganz wesentlich zur Veränderung der planetarischenUmwelt bei – indem sie ein hochkonsumtives Zivili-sationsmuster mit Kurzfristorientierung weltweitetablieren helfen und die kommerzielle Ausbeutungder Naturressourcen der Erde grenzüberschreitendoptimieren. Besondere Impulse für diese Ausbrei-tung ergaben sich immer, wenn sich zuvor abgeschot-tete Regionen der Welt freiwillig oder unfreiwilligöffneten: Das Ende des 2.Weltkriegs oder in jüngsterZeit der Fall der Mauer und das anschließende Endeder Sowjetunion markieren solche Einschnitte. Wieein Turbo hat der Fall des Eisernen Vorhangs derGlobalisierung Schub gegeben (Jung, 1999a).

Die für den Beirat zentralen Umweltaspekte derGlobalisierung werden weiter unten noch stärker be-leuchtet; an dieser Stelle begnügen wir uns mit eini-gen quantitativen Angaben: Trotz aller Effizienzstei-gerungen kostet der weltweite Transport von Warenund Gütern immer mehr Energie – absolut und rela-tiv. 1980 betrug der Gesamtaufwand noch 37,2% desglobalen Energieverbrauchs, 1996 waren es bereits48,4% und für 2010 werden 53% prognostiziert. Ab-gesehen von den hohen Kosten bewirkt diese Ent-wicklung einen kritischen Zuwachs der Kohlendi-oxidemissionen und trägt damit zur Beschleunigungdes anthropogenen Treibhauseffektes bei. Dessenglobaler Charakter wird nicht zuletzt dadurch deut-lich, dass sich ein lokal emittiertes VolumenelementKohlendioxid in einer Woche über die ganze Erdat-mosphäre ausbreitet und dort bis zu 200 Jahren ver-weilt.

Ein weiteres, drastisch in seiner Bedeutung wach-sendes Problem ist die weltweite Freisetzung persis-tenter organischer Schadstoffe. Die naturwissen-schaftlichen Erkenntnisse zur Begründung von Auf-nahmekriterien für diese Stoffe (Stoffeigenschaften,-verteilung und -abbau) bleibt allerdings dürftig:Vonetwa 100.000 Altstoffen, von denen 5.000 in erhebli-chen Mengen produziert werden und in die Umweltgelangen, sind bislang erst etwa 300 hinsichtlich ihrerumweltchemischen Eigenschaften bewertet worden(BUA, 2000). Für eine Reihe von Chlorverbindun-gen (die Pestizide HCH, HCB, DDT sowie einigePCBs) konnte gezeigt werden, dass die globale Ver-teilung, insbesondere deren Breitenabhängigkeit,wesentlich von den physikochemischen Eigenschaf-ten abhängt (Calamari et al., 1991).

Die Chancen der GlobalisierungDer Globalisierungsprozess ist letztlich von dentechnischen Impulsen des 19. und 20. Jahrhundertsangestoßen worden, und die Ultra-Technologien des21. Jahrhunderts werden ihn weiter beschleunigen.Kaum jemand glaubt, dass diese Entwicklung ge-bremst oder gar gestoppt werden könnte, aber dieEinschätzungen gehen weit auseinander. Dennochlassen sich schon jetzt einige direkte Vor- und Nach-teile für die freiwilligen und unfreiwilligen Teilneh-mer am Erdgalopp ausmachen.

So ist völlig unstrittig, dass die Globalisierungmassiv zur Stärkung der weltweiten Wirtschaftsleis-tung beiträgt. Durch die Überwindung physikali-scher, administrativer und politischer Schrankenkönnen tendenziell die komparativen Vorteile sämt-licher ökonomischer Akteure und Standorte der Er-de voll ausgeschöpft werden. Dies bedeutet insbe-sondere die Erschließung der planetarischen Res-sourcen an Energien, Materialien und Fähigkeitenund damit die „Entfesselung aller Produktivkräfteder Menschheit“ im Takt der „unsichtbaren Hand“des Weltmarkts. Das globale Sozialprodukt hat sichseit 1970 auf rund 29 Billionen US-$ (World Bank,2000b) mehr als verzehnfacht; bei dem künftig erwar-teten bzw. erhofften Wirtschaftswachstum von 3% inden Industrieländern und 8–10% in den Entwick-lungsländern wäre eine Verhundertfachung nur dieFrage etlicher Jahrzehnte.

Ebenso unbestreitbar ist, dass der vielschichtigeGesamtprozess die grundsätzlichen Chancen unzäh-liger Individuen auf eine angemessene Lebensquali-tät deutlich verbessert. Die Sicherung der Grundbe-dürfnisse an Nahrung, sauberem Wasser, Unterkunft,Kleidung, Gesundheit und Mobilität wird ja nicht nurökonomisch realisiert, sondern auch durch eine Viel-zahl grenzüberschreitender soziopolitischer Vorgän-ge, die von routinemäßigem Technologietransfer bishin zu internationalen humanitären Einsätzen (wieunlängst in Mosambik und Äthiopien) reichen.Kaum weniger schwer wiegen die Möglichkeiten, ineiner vielfältig vernetzten Welt elementare Men-schenrechte geltend zu machen und am allgemeinenBildungs- und Wissensfortschritt teilhaben zu kön-nen.

Disparitäten der GlobalisierungOb der Großteil der Weltbevölkerung allerdings inabsehbarer Zeit in den Genuss der Globalisierungs-vorteile kommen wird, ob sich hierdurch gar ein„planetarischer Zustand sozialer Gerechtigkeit“selbsttätig herausbilden wird, bleibt umstritten.Selbst in den „Brennkammern“ der Globalisierung,den Tigerstaaten, scheint trotz wachsender Gewinnedie Ungleichheit nicht abzunehmen. Die Frage, wa-rum „Globalisierung mit mehr Ungleichheit gerade

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15Wer steuert das Raumschiff Erde? A

innerhalb der Entwicklungsländer verbunden ist“, istnach Meinung des amerikanischen Wirtschaftswis-senschaftlers Paul Krugmann immer noch offen(Kaube und Schelkle, 2000). Aber auch bei identi-schen Ausgangsbedingungen würde der erdumspan-nende Wettlauf der Standorte vermutlich rasch zurAusprägung beträchtlicher individueller und kollek-tiver Wohlstandsunterschiede führen. Dabei kannvon vergleichbarer Wettbewerbsfähigkeit der Globa-lisierungsteilnehmer kaum die Rede sein: Zum Bei-spiel gehören das Silicon Valley in Kalifornien unddas Rift Valley in Ostafrika nicht nur geographischzwei verschiedenen Universen an. Es ist kaum vor-stellbar, dass der erstgenannte Standort freiwillig ei-nige Jahrzehnte in seiner Fortentwicklung innehielte,um den zweitgenannten ein Stück aufholen zu lassen.

Insofern ist nicht zu erwarten, dass die grenzenlo-se Suche nach Investitions-, Informations- und Kon-sumtionsmöglichkeiten die bestehenden Disparitä-ten zwischen Regionen, Kulturen und Gesellschafts-schichten quasi automatisch einebnet (Zook, 2000).Eher wird dieser Prozess eine Reihe sozialer Gra-dienten weiter verstärken, selbst wenn es überzogenscheint, zu behaupten: „Die Globalisierung hinter-lässt gefährliche Instabilitäten und wachsende Un-gleichheiten, sie hat die Ungleichheit zwischen undinnerhalb der Staaten dramatisch vergrößert“ (Ma-zur, 2000). Die Weltbank kommt zu einem differen-zierteren Bild mit unbestreitbar dunklen Flecken(World Bank, 2000a).

Ein aktuelles Gutachten der Consulting-FirmaA.T. Kearney geht in die gleiche Richtung. Immerhinwuchs das Verfügungskapital der 200 reichsten Er-denbürger zwischen 1994 und 1998 von 440 auf 1.042Mrd. US-$; die letztere Zahl entspricht dem heutigenGesamteinkommen der ärmeren 41% der Weltbe-völkerung! Und das wohlhabende Fünftel derMenschheit besitzt 93% aller Internet-Anschlüsse,während sich das Fünftel der Mittellosen gerade malmit 0,2% begnügen muss (UNDP, 1998).

Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Tatsa-che, dass den omnipotenten Differenzierungskräftendes transnationalen Wettbewerbs keine politischenAusgleichskräfte ähnlicher Reichweite und Durch-griffstiefe gegenüberstehen. Die durch die heutigenNationalstaaten mitsamt ihren föderativen Substruk-turen definierten Regimegrenzen bilden gewisser-maßen eine semipermeable Membran: fast vollstän-dig durchlässig für die Opportunitätsdynamik hoch-mobiler globaler Akteure, aber praktisch undurch-dringbar für normative Impulse zum Schutze derwettbewerbsschwachen Splitter regionaler Gesell-schaften oder lokaler Völker.

Globalisierung der UmweltkriseDiese skeptische Einschätzung trifft in verschärfterForm auf die Natur- und Umweltschutzproblematikzu (Schellnhuber und Pilardeaux, 1999). Die histori-schen Entscheidungsschlachten um die Erhaltungder langfristigen Lebensgrundlagen der Menschheitwerden vor allem in den so genannten Entwicklungs-ländern geschlagen werden, deren politischen, tech-nischen und wirtschaftlichen Kapazitäten zur Bewäl-tigung der globalen Umweltkrise meist nicht ausrei-chen.

Auch jenseits der moralischen Verpflichtung desNordens können diese Defizite den Industrieländernnicht gleichgültig sein, da die geophysikalischen, bio-chemischen und zivilisatorischen Fernwirkungen imSystem Erde für einen raschen und gründlichen Ex-port der resultierenden Schäden sorgen. Beispiels-weise kann die großflächige Konversion bestimmterÖkosysteme (etwa der tropischen oder borealenWälder) wichtige Stabilisierungsmechanismen derÖkosphäre erheblich beeinträchtigen.

Die Globalisierung übt – wie schon angedeutet –vor allem auf dreierlei Weise Druck auf die planeta-rische Umwelt aus: Erstens bedeutet bei den Produk-tions-, Dienst- und Konsumtionsleistungen einWachstum ohne Entwicklung einen verstärkten Zu-griff auf die Quellen und Senken der Natur, fallsnicht eine „Grüne Technologische Revolution“ um-gehend erhebliche Effizienz- und Entsorgungsfort-schritte im Weltmaßstab erzielt. Zweitens werdenumweltbelastende Wirtschaftsweisen und Lebenssti-le, kaum aber nachhaltige Praktiken, zügig über denganzen Globus verbreitet. Dies führt insbesonderezum standortwidrigen Umgang mit Böden (WBGU,1994) und Süßwasserressourcen (WBGU, 1998a).Drittens bietet die Vielfalt nationaler Gesetzes-schranken und -lücken den „Global Players“ jegli-cher Provenienz oft die Möglichkeit, ökologischeStandards, etwa bei Emissionen und Immissionen, zuunterlaufen.

Dadurch wird sich der bereits prekäre Zustandder globalen Umwelt weiter verschlechtern. Dies istjedenfalls die Prognose einer umfassenden zweijähri-gen Studie, die 175 Wissenschaftler im gemeinsamenAuftrag von UNDP, UNEP,Weltbank und World Re-sources Institute kürzlich vorgestellt haben (WRI,2000). Dort wird etwa darauf hingewiesen, dass dieHälfte der originären Feuchtgebiete und Wälder derErde im 20. Jahrhundert der „Zivilisation“ weichenmussten, und die Kapazitäten der multinationalenFischfangarmada die Produktionsfähigkeit derOzeane um 40% übersteigen. Der drastische Hin-weis, dass „die Bewahrung der planetarischen Le-bensgrundlagen die schwierigste historische Heraus-forderung der Menschheit überhaupt darstellenkönnte“, dürfte in der Öffentlichkeit allerdings kaum

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16 A Wer steuert das Raumschiff Erde?

Eindruck hinterlassen: Die gegenwärtige hohe Prio-rität für Wirtschaftswachstum und mehr Beschäfti-gung unterdrückt nahezu jeden Seitenblick auf eineökologische Krisendynamik, die zusehends aus demKontrollbereich herausstrebt. Symptomatisch ist dieachselzuckende Zurkenntnisnahme der sich häufen-den Belege für eine langfristige menschliche Beein-flussung des Klimasystems, nachdem der wissen-schaftliche Nachweisdisput jahrelang von diversenInteressengruppen zu einem Glaubensstreit aufge-heizt und instrumentalisiert wurde.

Der Beirat wird in diesem Gutachten den umwelt-politischen Handlungsbedarf durch eine kompakteCharakterisierung der sechs drängendsten globalenProbleme aufzeigen (Kap. B). Der Problemaufrisswird verdeutlichen, dass ernsthafte Bewältigungs-strategien ohne effektive und effiziente internationa-le Institutionen schwer vorstellbar sind. Der Welt-markt verbessert beispielsweise die Verdienstmög-lichkeiten indischer Software-Spezialisten erheblich,er kann aber Dürren, die den Subkontinent mit einerungebremsten globalen Erwärmung gehäuft heimsu-chen werden, nicht abwenden. Die Frühjahrskata-strophe 2000 mit Wassernotstand in weiten TeilenWestindiens gibt nur einen Vorgeschmack von dem,was den auf Tiefbrunnen angewiesenen 90% der dor-tigen ländlichen Bevölkerung bevorstehen könnte.Zur Vermeidung bzw. Abschwächung dramatischerKlimafolgen dieser Art ist ein weltweites Klima-schutzabkommen erforderlich, das erhebliche Re-duktionen von Treibhausgasemissionen in notfallsknappen Entscheidungsprozessen festlegt, durch-setzt und kontrolliert.

Auf dem Weg zu einer „Green GlobalGovernance“?Wie kann man aber mit den fast 200 souveränen Na-tionalstaaten der Erde kraftvolle und nachhaltigeUmweltpolitik betreiben? Mit dieser Frage ist einFundamentaldilemma offen gelegt: Die Herausforde-rungen des 21. Jahrhunderts sollen mit etatistischenStrukturen bewältigt werden, die bestenfalls dem 19.Jahrhundert entlehnt sind und dem virtuellenSchrumpfen des Planeten in keiner Weise gerechtwerden können. Dieses Dilemma wäre natürlichdurch die zur technisch-ökonomischen Globalisie-rung parallelen Schaffung eines weltweiten Staats-raumes mit homogenen liberal-demokratischen In-stitutionen (etwa nach dem Vorbild der USA) aufzu-lösen. So logisch der Übergang zur „Erdpolitik“ (vonWeizsäcker, 1997) mit globalen konstitutionellen undexekutiven Strukturen aus der Umweltsicht auch er-scheinen mag: Kaum ein Politiker oder Wissenschaft-ler glaubt heute an eine Realisierung dieser Vision inabsehbarer Zeit. Dieser Einschätzung trägt die griffi-

ge, aber oberflächliche Formel „Global governanceinstead of global government!“ Rechnung.

Tatsächlich ist der eingangs erwähnte weltweiteTrend zur politisch-gesellschaftlichen Partikularisie-rung als antithetischer Begleiter der Globalisierungunübersehbar: Wirtschaftlich motivierten Versuchenzu einer tieferen regionalen Integration, etwa in derEuropäischen Union, stehen starke Autonomiebe-strebungen in vielen Teilen der Erde gegenüber, etwaauf dem Balkan, in Ostafrika oder in Südostasien.Damit kommt der Nationalstaat als demokratischesDerivat des europäischen Absolutismus von außenund innen unter Druck, bleibt aber in Ermangelungvon Alternativen als knirschender politischer Be-zugsrahmen weiter bestehen.

Der innere Bedeutungsverlust des Staates in sei-ner heutigen Form wird noch massiver vorangetrie-ben durch die rasch wachsende Autonomie des Indi-viduums in einer offenen und vernetzten Weltgesell-schaft. Mit der technisch-kulturellen Verdichtung derErde zu einem quasi-urbanen Raum („Global Villa-ge“) werden die Charakteristika bzw. Paradoxien derGroßstadt im planetarischen Maßstab reproduziert:Anonymisierung durch Nähe, Bindungsverlust durchÜbersättigung der sozialen Valenzen, Kurzfristorien-tierung durch Reizüberflutung, Selbstorganisation inethnischen, professionellen und hedonistischen Spe-zialgilden durch Hyper-Kommunikation. So erstehtder Weltbürger als Partikel einer superfluiden Massemit vernachlässigbarer Kohäsion. Die zwanglose Mi-gration von so genannten „High Potentials“ auf demWeltarbeitsmarkt ist nur eine Facette eines realisti-schen Zukunftsbildes. Schon heute verliert Deutsch-land jährlich etwa 20.000 Fach- und Führungskräftenetto im beruflichen Wanderungsprozess.

Wo sind nun die Gegenkräfte, die den Zerfall derStaatengemeinschaft in global verschiebbare sozialeBruchstücke verhindern und die Basis für Erdpolitikzur Gestaltung der essenziellen Anliegen derMenschheit schaffen können? Die klassische Ant-wort auf diese Frage wäre im Institutionensystemund -umfeld der Vereinten Nationen zu suchen. Die-se sind ein typisches Produkt der Nachkriegszeit, wodie schrittweise Fortentwicklung der Menschheitsor-ganisation vom Völkerbund zum Weltstaat nochnicht durch die Realitäten diskreditiert war. Der ur-sprünglich beabsichtigte Prozess ist zwar fast zumvollständigen Stillstand gekommen, dafür aber eingewaltiger Gremien-, Behörden- und Projektapparatentstanden, der mit einer Reihe von mehr oder weni-ger unabhängigen Einrichtungen (Weltbank, Inter-nationaler Währungsfonds, Welthandelsorganisationusw.) ein kompliziertes Beziehungsgeflecht bildet.Aus diesem Geflecht sind seit etwa 1960 eine Reiheentwicklungspolitischer Impulse mit sehr konkretenFolgen (z. B. „Grüne Revolution“) und umweltpoliti-

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17Wer steuert das Raumschiff Erde? A

schen Anstößen (z. B. „AGENDA 21“) hervorgegan-gen.

Insgesamt befindet sich jedoch das öffentliche An-sehen der existierenden globalen Institutionen heuteauf einem historischen Tiefpunkt: Statt von der Stär-kung ist bei vielen Meinungsstrategen von ihrer Ver-schlankung, Zerschlagung oder gar Abschaffung dieRede. Diese Haltung vereint unterschiedlichste ge-sellschaftliche Lager, vom ultrakonservativen biszum ökofundamentalistischen Rand des politischenSpektrums. Entsprechend bilden die Hauptvorwürfeeine bunte Melange aus teilweise widersprüchlichenEinschätzungen: Neben den traditionellen Ineffi-zienz- und Inkompetenzbezichtigungen wird diesenInstitutionen gleichzeitig vorgehalten, internationaleRegime zu stärken bzw. zu schwächen, die Wirtschaftgegen die Umwelt auszuspielen bzw. umgekehrt, zumassiv bzw. zu zögerlich in die nationale Souveräni-tät einzugreifen, neoliberalen bzw. paläosozialisti-schen Tendenzen Vorschub zu leisten usw. usw.

Das dritte Ministertreffen der Welthandelsorgani-sation Ende November 1999 in Seattle sowie dieFrühjahrstagung der Gouverneure des Internationa-len Währungsfonds Mitte April 2000 in Washingtonwirkten wie Magnete auf die Kritiker aus allen Par-teien und Regionen. Die Mischung aus berechtigtenAnliegen, unbegründetem Misstrauen und schiererIgnoranz entlud sich in teilweise skandalösen Be-gleiterscheinungen, wodurch jedoch die Schwächender betroffenen Strukturen grell ausgeleuchtet undgewisse Selbstbesinnungsprozesse unter den verant-wortlichen Politikern und Administratoren ausgelöstwurden. Dazu mag auch die harsche Insider-Analysedes ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, Jo-seph Stiglitz (2000), beigetragen haben, der insbeson-dere gängige Vorwürfe gegenüber dem Währungs-fonds (Arroganz, Geheimniskrämerei, mangelndeVorbereitung und Zielführung von Aktionen, Ver-nachlässigung sozialer Aspekte und demokratischerKontrolle usw.) direkt oder indirekt bestätigt. Alldiese Ereignisse haben bisher allerdings bestenfallsvage Vorschläge zur Verbesserung der bestehendenStrukturen und Prozesse gezeitigt. Die globale Um-weltproblematik findet in diesem Zusammenhangohnehin kaum Erwähnung, geschweige denn Beach-tung.

Dies ist ein dramatischer Befund, denn der Zu-stand des Ökosystems Erde verlangt nach raschen,international konzertierten Abhilfemaßnahmen. Zurinstitutionellen Unterstützung eines entsprechendenAktionsprogramms bieten sich zwei Wege an: entwe-der die zweckgeleitete Reform der einschlägigeninternationalen Organisationen und Institutionenoder aber die Schaffung neuartiger weltpolitischerOrgane einer zukunftsfähigen Willensbildung und-durchsetzung.

Reform der Institutionen globalerUmweltpolitikDer Beirat wird sich in diesem Gutachten auf denersten Weg konzentrieren, der spürbare Erfolge inüberschaubaren Zeiträumen zulässt. Zu diesemZweck ist vor allem zu untersuchen, wie die be-stehenden Institutionen unter der Ägide der Verein-ten Nationen optimal genutzt, geeignet verstärkt undinnovativ ergänzt werden können (Kap. C).

Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf dasInstrument des völkerrechtlichen Vertrags gerichtetwerden, ein Instrument, das inzwischen in über 900Ausführungen vorkommt und seine wichtigsten undsichtbarsten Repräsentanten in den Abkommen zuStratosphärenozon, Klima, Biodiversität und Deser-tifikation hat. Die zugehörigen Vertragsstaatenkon-ferenzen leiden oft unter konsensualen Entschei-dungsmechanismen, die eine schmerzhafte, aberwirksame Therapierung der Kernprobleme des Glo-balen Wandels nicht zulassen. Zudem fehlt diegegenseitige Abstimmung der einzelnen Umweltre-gime (WBGU, 1998a). Die Gefahr, dass im Interes-senwettstreit opportunistischer Staatenkoalitionendie verschiedenen ökologischen Schutzgüter vonWeltbedeutung gegeneinander ausgespielt werden,ist leider durchaus real.

Das vorliegende Gutachten setzt hier an und ent-wickelt aus der Analyse der jüngeren internationalenUmweltpolitik Vorstellungen zur Verbesserung despraxisrelevanten institutionellen Fundaments. ImKapitel C erarbeitet der Beirat zunächst konkreteVorschläge zur Optimierung der Institutionen globa-ler Umweltpolitik, von ihrer Gestaltung hin bis zurEndkontrolle. Unter anderem diskutiert der Beirat,• wie Institutionen dazu beitragen, den Stellenwert

von Umweltproblemen in der Politik zu erhöhen(agenda setting) (Kap. C 2),

• wie man die umweltpolitischen Verhandlungenverbessern und beschleunigen kann (Kap. C 3),

• wie die Umsetzung von völkerrechtlichen Verein-barungen gewährleistet werden kann (Kap. C 4)und

• wie auf der nationalen Ebene durch institutionel-le Innovation die globale Umweltpolitik vorange-bracht werden kann (Kap. C 5).

Diesen Überlegungen werden in Kap. E 3 Ideen zurAufbringung und Verwendung der unerlässlichen Fi-nanzmittel gegenübergestellt, wobei sich der Beiratnicht scheut, neuartige Wege (etwa Entgelte für dieNutzung planetarischer Gemeinschaftsgüter) vorzu-zeichnen.

Nach diesen strukturellen Anregungen, die vor al-lem auf die Aspekte Effizienz und Budgetierung zie-len, wird im Kapitel E die entscheidende Frage derWirksamkeit (Effektivität) angesprochen:Wie sollendie in Kap. B dargestellten Umweltprobleme von

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18 A Wer steuert das Raumschiff Erde?

globalem Format tatsächlich gelöst werden? Als Ant-wort schlägt der Beirat eine schrittweise Reform deseinschlägigen internationalen Institutionengefügesin seiner Gesamtheit vor, die langfristig u. a. zu einer„Internationalen Umweltorganisation“ unter demDach der UN führen sollte.

Diese Vorschläge werden im Kap. F weiter voran-getrieben und in eine politische Vision eingebettet,die den Zwängen und Nebenbedingungen der Glo-balisierung Rechnung trägt. Hierbei handelt es sichum das Konzept einer auf drei Säulen ruhenden Or-ganisierung globaler Umweltpolitik in einer EarthAlliance: Die erste Säule repräsentiert ein abge-stimmtes und integriertes System zur kontinuierli-chen Analyse und Bewertung der globalen Umwelt-und Entwicklungssituation (Earth Assessment). Diezweite (und zentrale) Säule bündelt und strukturiertalle relevanten Regime und Treuhandschaften, ins-besondere die zentralen Umweltkonventionen(Earth Organization). Die dritte Säule vereinigt dieGesamtheit aller finanziellen und anderweitigenRessourcen für ein effektives Erdsystemmanage-ment, wobei Nutzungsentgelte für die globale All-mende und vorsorgliche Anpassungs- und Kompen-sationsfonds eine wesentliche Rolle spielen (EarthFunding).

Der Beirat ist davon überzeugt, dass es keine sinn-volle Alternative zur schrittweisen Annäherung andiese Vision im multilateralen politischen Prozessgibt. Damit ist die eingangs gestellte Frage nach demsteuernden Subjekt für das „Raumschiff Erde“(Schellnhuber, 1999) allerdings nur teilweise beant-wortet.Vielleicht wird ja die technologische Globali-sierung langfristig starke Gegenkräfte zur Atomisie-rung der Zivilgesellschaft „selbst-organisieren“. Dieexponentiell wachsenden Kommunikationsmöglich-keiten beispielsweise könnten das Entstehen von zu-nächst informellen Mechanismen der tele-demokra-tischen Meinungs- und Willensbildung begünstigen.Und das Internet ist nur ein erster Quantensprung ineiner Serie von qualitativen Innovationen, welchedie Menschheit sich anschickt hervorzubringen. Sogesehen ist der Übergang zum globalen Umweltre-gime mit geeigneten inter- oder gar supranationalenStrukturen wohl eine Frage der Zeit – und der Recht-zeitigkeit...

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Ausgangslage: Globale Umwelttrends B

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B 1Syndrome des Globalen Wandels

Die Globalisierung intensiviert die Vernetzung derWelt in einem bisher ungeahnten Maße. Der Fall vonGrenzen, die Öffnung von Märkten, die steigendeMobilität und die weltweite Kommunikation durchInternet und Mobiltelefon lassen Menschen und Re-gionen näher zusammenrücken. Waren, Nachrichtenund Informationen aus aller Welt sind fast überall zu-gänglich und verstärken das Gefühl,Teil einer globa-len Zivilisation zu sein. Dennoch ist derzeit eineRückbesinnung auf nationale oder regionale Interes-sen zu beobachten, die vor allem durch die in vielenLändern angespannte Lage auf dem Arbeitsmarktbedingt ist. Dies hat in jüngster Vergangenheit u. a.dazu geführt, dass die Probleme des Globalen Wan-dels sowie die Botschaften der Konferenz über Um-welt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiroim Bewusstsein vieler Akteure in Gesellschaft, Poli-tik und Medien in den Hintergrund getreten sind.Die Globalisierung verstärkt jedoch die Problemefür Mensch und Natur und exportiert sie in andereRegionen der Welt. Der Herausforderung, sich den„globalisierten“ Umweltproblemen zu stellen, ist da-her dringender denn je.

Um die Notwendigkeit einer Bewahrung der na-türlichen Lebens- und Entwicklungsgrundlagen derMenschheit und die Brisanz der Probleme zu unter-streichen, werden in Kap. B 2 zunächst die sechsdrängendsten globalen Umweltprobleme behandelt.Die Reihenfolge ist kein Hinweis auf ihre Bedeu-tung, sortiert ist vielmehr von globalen Phänomenenzu solchen mit stärkerem regionalen Bezug, die aufGrund der weltweiten Verbreitung aber globalkoordinierte Gegenmaßnahmen erfordern:1. Klimawandel,2. Globale Umweltwirkungen von Chemikalien:

stratosphärischer Ozonabbau und persistente or-ganische Schadstoffe,

3. Gefährdung der Weltmeere,4. Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung,5. Bodendegradation,6. Süßwasserverknappung und -verschmutzung.Jedes der Probleme wird zunächst knapp beschrie-ben, es werden die Ursachen analysiert und jeweilsder problemspezifische Handlungsbedarf abgeleitet.

Danach werden Empfehlungen zu institutionellenRegelungen der Vorsorge, Anpassung und Nachsor-ge gegeben. Kap. B 2 schließt mit einer Querschnitts-analyse, in der die übergeordneten Eigenschaften dersechs drängendsten Umweltprobleme identifiziertwerden, die für die Regimebildung und institutionel-le Lösung von Umweltproblemen von entscheiden-der Bedeutung sind.

Die Ursachenanalyse der globalen Umweltprob-leme stützt sich im Wesentlichen auf die vom Beiratentwickelte Methodik des Syndromkonzepts, das dietypischen weltweiten Umweltschadensbilder klassifi-ziert und Ursachenmuster identifiziert (WBGU,1994, 1998a, 2000; Tab. B 1-1).

Syndrome als funktionale Muster desGlobalen WandelsEine regionalisierte Betrachtung des Globalen Wan-dels macht deutlich, dass die Interaktionen zwischenZivilisation und Umwelt in vielen Regionen der Weltnach typischen Mustern ablaufen. Diese funktiona-len Muster der Umweltnutzung und -schädigungnennt der Beirat „Syndrome des Globalen Wandels“.Sie sind unerwünschte charakteristische Fehlent-wicklungen (oder Umweltdegradationsmuster) vonnatürlichen und zivilisatorischen Trends und ihrenWechselwirkungen, die sich in vielen Regionen die-ser Welt identifizieren lassen. Dadurch lässt sich diekomplexe globale Umwelt- und Entwicklungsprob-lematik auf eine überschaubare Anzahl von Syndro-men zurückführen.

Es lassen sich drei Gruppen von Syndromenunterscheiden (Tab. B 1-1):1. Syndromgruppe „Nutzung“: Syndrome als Folge

einer unangepassten Nutzung von Naturressour-cen als Produktionsfaktoren;

2. Syndromgruppe „Entwicklung“: Mensch-Umwelt-Probleme, die sich aus nichtnachhaltigen Entwick-lungsprozessen ergeben;

3. Syndromgruppe „Senken“: Umweltdegradationdurch unangepasste zivilisatorische Entsorgung.

Jedes einzelne dieser „globalen Krankheitsbilder“stellt ein eigenständiges Grundmuster der zivilisato-risch bedingten Umweltdegradation dar. Das bedeu-

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22 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

tet, dass das jeweilige Syndrom – im Prinzip – unab-hängig von den anderen auftreten und sich weiterentfalten kann. Dies gilt besonders in den Fällen, indenen Syndrome durch Selbstverstärkungsmecha-nismen, so genannte „Schleifen“ oder „Teufelskrei-se“, gekennzeichnet sind. Ein Beispiel hierfür ist derMassentourismus, dessen Folgen eine Region fürtouristische Ansprüche zunehmend unattraktivmachen, so dass die Touristen nach neuen Regionenoder Attraktionen suchen und sich das typischeSchädigungsmuster des Massentourismus-Syndromsweiter ausbreitet. Darüber hinaus verstärken sich dieSyndrome oft gegenseitig, wie z. B. die Landflucht-und Favela-Syndrome. Wenn, wie im ersten Syndrom,sich die ländliche Infrastruktur und Lebenssituationder ländlichen Bevölkerung durch Abwanderungverschlechtert (Landflucht-Syndrom), verstärkt sichgleichzeitig der Druck zu weiterer Abwanderung indie Städte (Favela-Syndrom). Eine ausführliche Dar-stellung des Syndromansatzes findet sich im WBGU-Jahresgutachten 1995 (WBGU, 1996a). In Tab. B 1-1sind bei den einzelnen Syndromen Gutachten des

Beirats und andere Quellen genannt, in denen dieSyndrome eingehender behandelt werden.

Wechselwirkungen zwischen denUmweltproblemen Die interdisziplinäre Querschnittsbetrachtung derUrsachen globaler Umweltprobleme mit Hilfe derSyndromanalyse macht es in Kap. B 3.1 möglich, ei-nige Schlüsselfaktoren zu identifizieren, die in derDynamik des Globalen Wandels entscheidendeTriebkräfte darstellen. Maßnahmen, die nur spezi-fisch auf die einzelnen Umweltprobleme zugeschnit-ten sind, können auf diese Weise durch Lösungsan-sätze ergänzt werden, die an den gemeinsamen Ursa-chen der Probleme ansetzen.

So wie Syndrome einander verstärken können,gibt es auch direkte Wechselwirkungen zwischen denglobalen Umweltproblemen. Diesen – in der Regelverstärkenden – Interaktionen wird meist zu wenigBeachtung geschenkt, da die übliche sektorale He-rangehensweise an Probleme mit der daraus resultie-renden Spezialisierung den Experten wenig Möglich-

Syndrom

SYNDROMGRUPPE „NUTZUNG“Sahel-Syndrom: Landwirtschaftliche Übernutzung marginaler Standorte.

Raubbau-Syndrom: Raubbau an natürlichen Ökosystemen.

Landflucht-Syndrom: Umweltdegradation durch Preisgabe traditionellerLandnutzungsformen.Dust-Bowl-Syndrom: Nichtnachhaltige industrielle Bewirtschaftung von Bödenund Gewässern.Katanga-Syndrom: Umweltdegradation durch Abbau nichterneuerbarerRessourcen.Massentourismus-Syndrom: Erschließung und Schädigung von Naturräumen fürErholungszwecke.Verbrannte-Erde-Syndrom: Umweltzerstörung durch militärische Nutzung.

SYNDROMGRUPPE „ENTWICKLUNG“Aralsee-Syndrom: Umweltschädigung durch zielgerichtete Naturraumgestaltungim Rahmen von Großprojekten.Grüne-Revolution-Syndrom: Umweltdegradation durch Verbreitungstandortfremder landwirtschaftlicher Produktionsverfahren.Kleine-Tiger-Syndrom: Vernachlässigung ökologischer Standards im Zugehochdynamischen Wirtschaftswachstums.Favela-Syndrom: Umweltdegradation durch ungeregelte Urbanisierung.Suburbia-Syndrom: Landschaftsschädigung durch geplante Expansion von Stadt-und Infrastrukturen.Havarie-Syndrom: Singuläre anthropogene Umweltkatastrophen mitlängerfristigen Auswirkungen.

SYNDROMGRUPPE „SENKEN“Hoher-Schornstein-Syndrom: Umweltdegradation durch weiträumige diffuseVerteilung meist langlebiger Wirkstoffe.Müllkippen-Syndrom: Umweltverbrauch durch geregelte und ungeregelteDeponierung zivilisatorischer Abfälle.Altlasten-Syndrom: Lokale Kontamination von Umweltschutzgütern anvorwiegend industriellen Produktionsstandorten.

Quellen

WBGU, 1996b; Petschel-Held et al.,1999; Lüdeke et al., 1999WBGU, 2000; Cassel-Gintz undPetschel-Held, 2000WBGU, 1996b

WBGU, 1996b, 1999a

WBGU, 1996b

WBGU, 1996b

WBGU, 1996b

WBGU, 1998a

WBGU, 1998a; Pilardeaux, 2000b

WBGU, 1996b; Block et al., 1997

WBGU, 1998aWBGU, 1996b

WBGU, 1996b

WBGU, 1996b

WBGU, 1996b

WBGU, 1996b

Tabelle B 1-1Die 16 Syndrome des Globalen Wandels.Quelle: WBGU

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23Syndrome des Globalen Wandels B 1

keit und Anreiz bietet, die Nebeneffekte auf andereGebiete zu beachten. Nur eine interdisziplinäre, inte-grierende Betrachtung der Probleme des GlobalenWandels macht es möglich, diese systemischen Wech-selwirkungen zu analysieren, die von erheblicher Be-deutung sein können. Der Beirat unternimmt in Kap.B 3.2 den Versuch, diese Wechselwirkungen zu iden-tifizieren und an einigen Beispielen institutionelleHandlungsempfehlungen abzuleiten. Daran schließtKap. B 3.3 mit einer Zusammenstellung der Konse-quenzen dieser Querschnittsbetrachtungen für dieinstitutionelle Ausgestaltung globaler Umweltpolitikan.

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Die globalen UmweltproblemeB 2

B 2.1Klimawandel

Der Mensch ist dabei, das globale Klima zu verän-dern (IPCC, 1999; Grieser et al., 2000). Die Emissionvon Treibhausgasen durch den Menschen führt zu ei-ner globalen Erwärmung mit einer Geschwindigkeit,die während der letzten 10.000 Jahre nicht aufgetre-ten ist (IPCC, 1996a, b). Seit Beginn der Industriali-sierung sind die atmosphärischen Konzentrationender sog. Treibhausgase signifikant gestiegen: Kohlen-dioxid um 30%, Methan um 145% und Stickoxideum 15% (IPCC, 1999). Nahezu drei Viertel aller vomMenschen verursachten Emissionen stammen ausder Nutzung fossiler Brennstoffe (z. B. Kohle, Erdöloder Erdgas) und ca. ein Viertel aus dem Wandel derLandnutzung, vor allem als Folge der Rodung tropi-scher Wälder (WBGU, 1999a). Seit vorindustriellerZeit hat dies zu einer mittleren Erwärmung der Erd-oberfläche um 0,3–0,6 °C geführt (IPCC, 1999), wo-bei 1998 bislang das wärmste Jahr seit Messbeginn1854 war (Jones et al., 1999). Deutliche Anzeichenfür die Klimaerwärmung zeigen sich z. B. auch durchdas Schrumpfen der mittleren Meereisdicke in derArktis um ca. 2 m innerhalb der letzten 28 Jahre (Jo-hannessen et al., 1999) oder das massenhafte Aus-bleichen der Korallenriffe (Hoegh-Guldberg, 1999).

Vulkanausbrüche, die erhebliche Mengen anStaub und Aerosolen in die Atmosphäre schleudern,wie z. B. der Pinatubo 1991, führen zwar zu kurzfris-tigen Abkühlungen, aber der längerfristige Trend zurErwärmung wird dadurch nicht verändert (Roeckneret al., 1998). Die Klimamodelle lassen kaum nochZweifel daran, dass sich als Folge einer prognostizier-ten Verdopplung der CO2-Konzentration bis 2100 dieErde im globalen Mittel um bis zu 2 °C aufheizenwürde (EU, 2000), wobei dieser Wert in vielen Regio-nen sogar übertroffen werden dürfte (IPCC, 1996a).Ein Klimawandel dieser Größenordnung würde sichzu einem gravierenden globalen Umweltproblementwickeln, da weit reichende ökologische, gesund-heitliche und wirtschaftliche Folgen zu befürchtensind.

Die Prognosekapazität der heutigen Klimamodel-le reicht nicht aus, um verlässliche Vorhersagen ins-besondere über regionale Klimaveränderungen oderdas Auftreten von Extremereignissen zu machen(Lozán et al., 1998). Es lassen sich aber allgemeineAussagen über die wahrscheinlichen Folgen machen,die ein globaler Klimawandel mit sich bringt.

Die Gletscher in den Alpen haben bereits dieHälfte ihrer Masse verloren, und der Rückgang wirdsich weiter beschleunigen (Lozán et al., 1998). AlsFolge des Abschmelzens der Gebirgsgletscher undder thermischen Ausdehnung der Oberflächen-schichten der Ozeane könnte der Meeresspiegel biszum Jahr 2100 um etwa 50 cm ansteigen. Dies hätte –besonders in Entwicklungsländern – starke Auswir-kungen auf die tiefer liegenden Küstenregionen.Dort siedelt über die Hälfte der Weltbevölkerung,die dann zunehmend durch klimabeeinflusste Um-weltrisiken wie Stürme, Überflutung, Küstenerosionund Versalzung bedroht sein wird.

Besonders klimaempfindlich ist die Landwirt-schaft. Durch Klimawandel, der nicht nur die Tempe-ratur-, sondern auch die Niederschlagsverteilung än-dern dürfte, wird es zu Verschiebungen von Klima-und Vegetationszonen kommen, mit gravierendenökologischen Folgen für marine und terrestrischeÖkosysteme in Küstengebieten, unangepasst bewirt-schaftete Agrarökosysteme und Waldökosystemenahe der Waldgrenzen in hohen Breiten oder im Ge-birge (IPCC, 1996b, 1998; Kap. B 2.4).

Entwicklungsländer mit Trockengebieten müssenmit verstärkter Desertifikation rechnen, etwa 1 Mrd.Bewohner arider oder semi-arider Gebiete wärendann betroffen. Die wirtschaftlichen Kapazitäten füreine Anpassung durch wasserwirtschaftliche Maß-nahmen oder Bodenverbesserung sind in diesen Re-gionen oftmals gering, so dass viele dieser Länder be-reits mit der Bewältigung der natürlichenKlimavariabilität überfordert sind (IPCC, 1998).Afrika wird wegen der naturräumlichen und sozio-ökonomischen Lage als der für Klimaänderungenverwundbarste Kontinent angesehen (WBGU, 2000).

Als Folge der Intensivierung des globalen Wasser-kreislaufs könnten sich die Gegensätze zwischen tro-

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25Klimawandel B 2.1

ckenen und feuchten Klimaregionen verstärken.Aber auch im jahreszeitlichen Witterungsverlaufsind Änderungen zu erwarten: In Europa werdenz. B. mehr Niederschläge im Winter und mehr Tro-ckentage im Sommer bei einer gleichzeitigen Zunah-me der Häufigkeit von Starkniederschlägen erwar-tet. Generell könnte mit einer globalen Erwärmungauch die Häufigkeit von Extremwetterereignissen zu-nehmen (IPCC, 1996a; WBGU, 1999a).

Wegen der weitgehend nichtlinearen Dynamikdes Klimasystems kann die menschliche Beeinflus-sung des Klimas nicht nur zu schleichenden Verände-rungen, sondern auch zu plötzlichen dramatischenUmschwüngen führen. Dies kann durch sich selbstverstärkende Rückkopplungen ausgelöst werden,wie beispielsweise die plötzliche Freisetzung großerMengen von Treibhausgasen aus Permafrostbödenoder durch die Verschiebung von Meeresströmun-gen, die das Klima einer Region bestimmen. Für denFall weiter zunehmender Treibhausgasemissionenkönnte z. B. ein Ausläufer des warmen Golfstroms(Nordatlantikstrom) versiegen, was besonders fürNordwesteuropa fatale Folgen hätte: Das Klima wür-de sich innerhalb weniger Dekaden dem Sibiriensoder Kanadas annähern (Rahmstorf, 2000). Der Bei-rat hat in seinen früheren Gutachten mehrfach undeingehend auf die verschiedenen Klimarisiken hin-gewiesen (WBGU, 1996a, 1998a, 1999a).

B 2.1.1Ursachen

Der Verbrauch an fossiler Energie steigt weiter anund trägt zum überwiegenden Teil zur anthropoge-nen Klimaveränderung bei (ca. drei Viertel der Emis-sionen mit 6,3±0,6 Gigatonnen C Jahr-1; IPCC, 2000).Vor allem der industrielle Strukturwandel, die Urba-nisierung und die Zunahme der Welthandelsströmesind für die Steigerungsraten verantwortlich (Tab. B2.1-1). Letztlich werden sich diese Entwicklungendurch die Globalisierung noch weiter verstärken. Siesind Ursache und Folge mehrerer Syndrome desGlobalen Wandels: des Hoher-Schornstein-Syndroms(die bedenkenlose Entsorgung von „Abfallstoffen“in der Atmosphäre) oder der Entwicklungssyndro-me, wie z. B. Suburbia- und Kleine-Tiger-Syndrom(WBGU, 1996b; Tab. B 1-1). Vor allem die Bevölke-rung der anhaltend wachsenden Städte verbrauchtdurch Veränderungen der Lebensstile und steigen-des Verkehrsaufkommen immer mehr Energie undRohstoffe (UNCHS, 1996).

Der Strukturwandel in der Land- und Forstwirt-schaft ist eine weitere wesentliche Ursache für denKlimawandel und bedingt etwa ein Viertel der Emis-sionen mit ca. 1,6±0,8 Gigatonnen C Jahr-1 (IPCC,

2000; WBGU, 1998b, 2000; Kap. B 3). Die großflächi-ge Rodung von Wäldern (Raubbau-Syndrom) unddie Urbarmachung von Feuchtgebieten (jeweils ge-folgt von landwirtschaftlicher Nutzung; Grüne-Revo-lution-Syndrom, Dust-Bowl-Syndrom), führen durchMineralisierung großer Mengen an Biomasse (z. B.durch Brandrodung) zu erheblichen Emissionen anTreibhausgasen und gleichzeitig zu einer Verringe-rung der biosphärischen Kohlenstoffsenken. Insbe-sondere die Abholzung borealer Wälder kann zu ab-rupten und irreversiblen Veränderungen im Klima-system beitragen, da aufgrund der klimatischen Be-dingungen ein Wiederaufwuchs der Wälder, die nachder letzten Eiszeit zur Stabilisierung des Klimas bei-getragen hatten, nur eingeschränkt möglich ist. Es istzu befürchten, dass die Freisetzung von Methan ausden borealen Böden noch zusätzlich zur Erhöhungder Treibhausgaskonzentration beitragen wird.

B 2.1.2Handlungsbedarf

Die zunehmenden anthropogenen Treibhausgas-emissionen in die Atmosphäre müssen gestoppt wer-den. Die globale Klimapolitik steht also vor der an-spruchsvollen Aufgabe, Minderungsstrategien undMaßnahmen mit direktem Bezug zu den komplexenUrsachen der Erderwärmung zu entwickeln und um-zusetzen. Dazu ist internationales Management er-forderlich. Der umweltpolitische Handlungsbedarferscheint umso größer, als trotz erklärtem Willen,unterzeichneten Konventionen und veränderter Ge-setzgebung in Industrieländern bislang kaum tat-sächliche Minderungen von Treibhausgasemissionenbeobachtet werden konnten. Deshalb wird von einerbreiten Mehrheit der Klimawissenschaftler die künf-tige Erhöhung der mittleren Erdtemperatur als sehrwahrscheinlich angesehen (Wallace, 1999; IPCC,1999). Institutionelle Regelungen sollten daher wei-ter vorbeugende Maßnahmen stärken. Unabhängigdavon ist auch verstärkt an Risikominderungsstrate-gien zur Anpassung an die möglicherweise nichtmehr vermeidbaren Veränderungen und insbesonde-re zur Vorsorge für den Fall weltweit häufigerer Ex-tremwetterereignisse zu denken. Das heißt jedochnicht, dass damit die vorbeugenden Maßnahmeneine geringere Priorität haben sollen.

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26 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

B 2.1.3Institutionelle Regelungen

B 2.1.3.1Vorbeugung

Begrenzung der Emissionen aus Industrie,Siedlung und VerkehrDer Beirat begrüßt die in der Klimarahmenkonven-tion und im Kioto-Protokoll vereinbarten Regelun-gen zur Begrenzung und Reduktion von Emissionen,auch wenn z. B. die Ausgestaltung der Mechanismenzur Erfüllungskontrolle noch aussteht (Kap. C 4.4.1).Global vereinbarte Emissionsquoten und Kontroll-

mechanismen zu ihrer Erfüllung dürften leichterdurchzusetzen sein, wenn die Vertragsstaaten einSystem qualifizierter Mehrheiten zur Entscheidungs-findung vorsehen (Kap. C 3.6).

Die Klimarahmenkonvention umfasst zwar der-zeit 165 Vertragsparteien, jedoch haben bisher nurwenige Staaten das Kioto-Protokoll unterzeichnet.Deutschland sollte daher Koalitionen zwischen Ver-tragsstaaten unterstützen bzw. eingehen, die eineVorreiterrolle beim Klimaschutz übernehmen kön-nen, damit die Einhaltung des Vertragsziels gewähr-leistet wird. Die Einbeziehung biologischer Senkenin die Emissionsminderung wird kritisch beurteilt,solange die G-77 keinen Reduktionsverpflichtungen

Tabelle B 2.1-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen beim Klimawandel.Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

STRUKTURWANDEL IN DER

INDUSTRIE, URBANISIE-RUNG UND MOBILITÄT

(Hoher-Schornstein-Syn-drom, Suburbia-Syndrom,Kleine-Tiger-Syndrom)• Zunehmender Verbrauch

fossiler Energie• Industrialisierung• Wachsendes Verkehrs-

aufkommen• Zunahme der Welthan-

delsströme• Ausbreitung westlicher

Konsum- und Lebensstile• Common-Access-Prob-

lem

INTENSIVIERUNG UND AUS-WEITUNG DER LANDNUT-ZUNG

(Raubbau-Syndrom, Grü-ne-Revolution-Syndrom)• Steigerung der Nah-

rungsmittelproduktion • Konversion natürlicher

Ökosysteme• Rückgang der traditio-

nellen Landwirtschaft• Zunehmender Verbrauch

fossiler Energie

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Zunahme der Konzentra-tion von klimawirksamenSpurengasen und Aero-solen in der Atmosphäre

• Verstärkter anthropoge-ner Treibhauseffekt

• Verlust von biosphäri-schen Kohlenstoff-Spei-chern (z. B. Wälder,Feuchtgebiete)

• Verlust von biosphäri-schen Kohlenstoffsenken

• Freisetzung von gebun-denem Methan

Zentraler Handlungsbe-darf

• Verbrauch fossiler Ener-gie einschränken

• Klimaverträgliche Wirt-schaftsweisen fördern

• Gesellschaftliche Akzep-tanz klimaverträglicherProdukte, Dienstleistun-gen und Maßnahmen för-dern

• Effektiven Katastrophen-schutz sicherstellen

• Finanzierung des vor-und nachsorgenden Kli-maschutzes sichern

• Betroffene Länder ent-schädigen

• Land- und forstwirt-schaftliche Bewirtschaf-tung ökologisch und so-zial verträglich anpassen

• Senkenfunktion erhaltenbzw. stärken (z. B. Raub-bau an Primärwäldernstoppen)

Institutionelle Regelungen

• Klimarahmenkonvention bzw. Kio-to-Protokoll ratifizieren

• Emissionsrechtehandel (mit Festle-gung der Emissionsmengen) präzi-sieren und umsetzen

• System qualifizierter Mehrheitenzur Entscheidungsfindung in derKlimarahmenkonvention einfüh-ren

• International abgestimmte, klima-gerechte Steuer- und Finanzpolitikund „best practices“ des Klima-schutzes fördern

• Technologie- und Management-transfer beschleunigen

• Umweltbildung fördern• Versicherungsmöglichkeiten bei

Extremereignissen nutzen • Katastrophenbonds einführen• Kompensatorische Versicherungs-

fonds fördern• Logistik und Organisationsstruktu-

ren zu internationalem Katastro-phenschutz und nationalen Notfall-schutzprogrammen ausbauen

• Technologie- und Wissenstransfervon Notfallschutzmaßnahmen und-techniken vorantreiben

• Rechtlich bindendes Instrument zuWäldern verabschieden

• Ökologisch verträgliche Wieder-aufforstung vorantreiben, Nut-zungsverzicht belohnen

• Datenbank zu angepassten land-wirtschaftlichen Praktiken aufbau-en

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27Klimawandel B 2.1

zustimmt und kontraproduktive Anreize für die Ro-dung von Primärwäldern drohen (WBGU, 1998b).

Die Regelungen des Kioto-Protokolls zum Han-del mit Emissionsrechten sind Erfolg versprechend,müssen aber weiterentwickelt, präzisiert und umge-setzt werden. Ein begrenzter Handel mit Zertifika-ten kann nach Ansicht des Beirats aufgrund dermarktgerechten Einführung von Maßnahmen in denRegionen, in denen Emissionsreduktionen kosten-günstig umsetzbar sind, ein effektives und effizientesInstrument sein, das zur Einhaltung der Emissions-quoten beiträgt. Es gilt zu prüfen, ob die Weltbank alsAusgabeort in Frage kommt.

Anpassung der Landnutzung anKlimastrategienDie Biosphäre droht aufgrund nichtnachhaltigerLandnutzungspraktiken (z. B. Konversion natürli-cher Ökosysteme; Kap. B 2.4) ihre stabilisierende, re-gulative Funktion für die physikalischen und chemi-schen Eigenschaften der Atmosphäre sowie für diebiogeochemischen Kreisläufe der Erde zu verlieren(Kap. B 2.1). Zentralen Handlungsbedarf sieht derBeirat in der Aufrechterhaltung dieser Funktionen,indem die Zerstörung der Primärwälder gestopptund – soweit ökologisch verträglich – Wiederauffors-tungen (u. a. als Kohlenstoffsenke) vorangetriebenwerden. Es sollten umgehend Verhandlungen füreine rechtlich bindende, internationale Regelungzum Schutz der Wälder aufgenommen werden (z. B.Wälderprotokoll im Rahmen der Biodiversitätskon-vention; WBGU, 2000). Die im Sondergutachten desBeirats (WBGU, 1998b) angeführten Voraussetzun-gen für eine Anrechnung von Senken auf die Emis-sionsmengen müssen beachtet werden. So darf z. B.die Rodung von Primärwäldern mit nachfolgenderWiederaufforstung keinesfalls als Klimaschutzmaß-nahme im Rahmen der Anrechnung neuer Senkengewertet werden (Kap. B 3.2.2.1).

B 2.1.3.2Anpassung

Fehlende ökonomische Anreize und geringepolitische AttraktivitätEine wichtige Anpassungsmaßnahme gegen die Fol-gen des Klimawandels ist die weitere Ausgestaltungvon Versicherungsdienstleistungen. Sie bieten effek-tive Formen der finanziellen Risikovorsorge gegendie Folgen von Extremereignissen im Klimagesche-hen, so dass zumindest die ökonomische Wider-standsfähigkeit gesteigert werden kann. Gleichzeitigkann durch die Einführung von Zwangsversicherun-gen in besonders gefährdeten Gebieten ein ökono-mischer Anreiz für risikomindernde Bauweisen und

Siedlungsstrukturen gegeben werden. Unter be-stimmten Bedingungen ist daher eine Versicherungs-pflicht (oder eventuell ein Fondsmodell) positiv zubeurteilen.

Um die Verwundbarkeit von Entwicklungslän-dern gegenüber Umweltrisiken zu verringern, sollteder Abwärtstrend bei den öffentlichen Leistungender Entwicklungszusammenarbeit umgekehrt wer-den (Kap. E 3). Die notwendige Verbesserung der In-frastruktur und Selbsthilfekapazität kann in vielenLändern nur mit Hilfe von außen erreicht werden.Schließlich sollte überprüft werden, inwieweit dieAusgabe von Katastrophenbonds eine Möglichkeitzur Anreizgebung darstellt (Kap. E 3.2.5).

B 2.1.3.3Nachsorge

Angemessene Entschädigung für betroffeneLänder Mit einem kompensatorischen Versicherungsfondskönnten vom Klimawandel unmittelbar betroffeneLänder, z. B. kleine Inselstaaten, im Schadensfall ad-äquat entschädigt werden. Solche internationalenVersicherungen könnten folgendermaßen funktio-nieren:Alle Länder müssen auf der Basis ihres jewei-ligen Emissionsvolumens eine Prämie einzahlen, ausder eine Rücklage gebildet wird, die an eine Kern-gruppe besonders gefährdeter Staaten im Versiche-rungsfall ausgezahlt werden kann, wenn klima-bedingte Katastrophenschäden entstehen. DiePrämiensätze können flexibel gestaltet sein, so dasssowohl Maßnahmen zur Verringerung des Schadens-potenzials in den Versicherungsnehmerstaaten alsauch Maßnahmen zur Verringerung der verursa-chenden Emissionen in einzelnen Geberstaaten fi-nanziell belohnt werden.

Effektiver KatastrophenschutzDas Versagen der internationalen Katastrophenhilfebei den Überschwemmungen in Mosambik (März2000) demonstrierte erneut, dass die internationaleLogistik und das Instrumentarium zum Katastro-phenmanagement unzulänglich sind. Für die sechsMonate zuvor von Orkan und Überflutungen betrof-fene ostindische Region Orissa, wo 10.000 Tote zubeklagen waren, kam die internationale Hilfe erst garnicht zum Einsatz. Spezialisierte mobile Einsatzkräf-te für die Katastrophenhilfe sind dringend erforder-lich und sollten auf allen Ebenen auf- bzw. ausgebautwerden. Das Technische Hilfswerk könnte dabei alsVorbild dienen. Die internationale Katastrophenhil-fe sollte mit der International Strategy for DisasterReduction (ISDR) abgestimmt werden. NationaleNotfallschutzprogramme in Entwicklungsländern

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28 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

sollten durch die Stärkung personeller als auch insti-tutioneller Kapazitäten weiterentwickelt und geför-dert werden (WBGU, 1999a). Zudem sollten Selbst-hilfepotenziale durch einen verstärkten Technologie-und Wissenstransfer der in vielen Industrieländernbewährten Notfallschutzmaßnahmen und -technikenverbessert werden.

B 2.2Globale Umweltwirkungen von Chemikalien:stratosphärischer Ozonabbau und persistenteorganische Schadstoffe

Zu den drastischsten Veränderungen der Atmosphä-re während der vergangenen Jahrzehnte gehört dieReduktion der stratosphärischen Ozonkonzentratio-nen (WBGU, 1993, 1994). Obgleich Ozon (O3) in denoberen Luftschichten nur einen verhältnismäßig ge-ringen Anteil hat (max. 10 ppm; Graedel undCrutzen, 1994), erfüllt es für die Biosphäre eine wich-tige Strahlenschutzfunktion. Ultraviolettes Lichtspaltet Sauerstoffmoleküle (O2) in Sauerstoffatomeauf, welche sich sehr rasch mit anderen Sauerstoff-molekülen zu Ozon verbinden. Durch Bestrahlungmit ultraviolettem Licht zerfällt das Ozon wieder. Esentsteht also unter normalen Umweltbedingungen inder Stratosphäre ein dynamisches Gleichgewichtzwischen Ozonbildung und -zerstörung mit der Fol-ge, dass die energiereichen UV-Anteile des Sonnen-lichts im Sonnenspektrum absorbiert werden(Graedel und Crutzen, 1994).

Dieses Gleichgewicht wird seit wenigen Jahrzehn-ten durch die in der Natur nicht vorkommendenhalogenierten Kohlenwasserstoffe gestört (vor allemdurch Fluorchlorkohlenwasserstoffe, FCKW). Einerder großen Vorteile der FCKW für ihre technischeNutzung, ihre Reaktionsträgheit und damit Ungiftig-keit in der Troposphäre, verkehrt sich damit in einenNachteil: Durch ihre Langlebigkeit gelangen sie in-nerhalb weniger Jahre bis in die Stratosphäre. Dortist oberhalb von etwa 20–25 km die Sonnenstrahlungenergiereich genug, um die FCKW-Moleküle unterFreisetzung von Chloratomen und Chlormonoxid-molekülen zu zerlegen. Diese bewirken als sehr ef-fektive Katalysatoren den Abbau von Ozon und wer-den selbst nur langsam abgebaut. Der Eintrag vonChlor in die Stratosphäre ist heute fünf Mal so hochwie der natürliche Zufluss etwa durch Vulkanausbrü-che. Letztlich führt dies zur deutlichen Verringerungder Ozonkonzentration in der Stratosphäre und da-mit zu verstärkter Einstrahlung von schädlichem ult-ravioletten Licht (UV-B-Strahlung) auf die Erdober-fläche. Am stärksten ist dieser Effekt über derAntarktis am Ende des Südwinters, wo sich beiLufttemperaturen unter 193 °K polare stratosphäri-

sche Wolken (PSC) aus Wassereis und Salpetersäurebilden, an denen durch heterogene Katalyse Chlor-gas und andere Halogene freigesetzt werden. NachEnde der Polarnacht bilden sich in photochemischenReaktionen Halogenradikale, die für den Ozonab-bau verantwortlich sind.

Die Entdeckung des vom Menschen verursachten„Ozonlochs“ am Südpol war eine der überraschends-ten Entdeckungen in den 80er Jahren. Seither beob-achtet man einen stetig abnehmenden Trend der stra-tosphärischen Ozonwerte, der 1998 einen vorläufi-gen Tiefpunkt erreichte: Es bildete sich über der Ant-arktis eine Ausdünnung von kontinentalem Ausmaß.Das Ozonloch blieb fast 100 Tage lang stabil – länger,als es jemals zuvor beobachtet wurde. Im September1998 umfasste es ca. 27,3 Mio. km2 (mehr als die dop-pelte Fläche Europas) und im November immerhinnoch 13 Mio. km2 (WMO et al., 1998).Auswertungenvon Aufnahmen eines NASA-Satelliten ergaben,dass 1999 das Ozonloch nur geringfügig kleiner aus-fiel als 1998 (ca. 25 Mio. km2 im September 1999;NASA, 1999).

Im Bereich des Nordpols wurde erstmals im Win-ter 1992–93 eine merkliche Abnahme der Ozon-schicht gemessen, von einem vergleichbaren „Ozon-loch“ wie am Südpol kann aber nicht gesprochenwerden. 1996–97 zeigten sich allerdings neue Höchst-werte der Ozonzerstörung auf der Nordhemisphäre:Der Ozonabbau erreichte hier bis zu 48% des durch-schnittlichen Ozonwerts, in 20 km Höhe betrug dieReduktion sogar bis zu 60%. Neue Untersuchungenlassen vermuten, dass hierfür sehr warme Luftströ-mungen im Bereich der Arktis verantwortlich sind(Hansen und Chipperfield, 1998; EC, 2000). Polarestratosphärische Wolken sind auch hier Vorausset-zung für den Ozonabbau. Im Winter 1999/2000 bilde-ten sich diese Wolken besonders ausgedehnt undhielten sich über der Arktis länger als in vorangegan-genen Wintern. Es kam wieder zu Ozonreduzierun-gen um bis zu 60%. Die Forscher des NASA-ProjektsSOLVE vermuten nun zusätzlich auch einen Zusam-menhang mit dem anthropogenen Treibhauseffekt.Die vom Menschen emittierten Treibhausgase be-günstigen offenbar auch eine vermehrte Bildung vonpolaren Stratosphärenwolken. Modellrechnungenlegen nahe, dass die Erwärmung der Troposphäre,etwa durch Treibhausgase, von einer Abkühlung derStratosphäre begleitet sein könnte, wodurch derOzonabbau weiter begünstigt würde.

Der Grund für die unterschiedliche Entwicklungbei der arktischen und antarktischen Ozonreduktionliegt in der winterlichen atmosphärischen Zirkula-tion und den extrem niedrigen stratosphärischenWintertemperaturen am Südpol. Während des Süd-winters schottet ein Wirbel die antarktische Strato-sphäre ab, so dass kein atmosphärischer Austausch

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29Globale Umweltwirkungen von Chemikalien B 2.2

stattfinden kann. Sobald er im antarktischen Früh-ling (November) zusammenbricht, kann wiederozonhaltige Luft eindringen und das Ozonlochschließen. Durch diesen Ozonexport wird allerdingsauch die Ozonschicht über den mittleren Breiten zu-nehmend dünner und Modellrechnungen zufolge inden kommenden 10–20 Jahren weiter deutlich ab-nehmen. Dieser Trend ist zwar im Prinzip reversibel,aber wegen der Langlebigkeit der FCKW könnentrotz Emissionskontrolle noch 100 Jahre vergehen,bis ein Ozonloch über der Antarktis nicht mehr ent-stehen dürfte (Waibel et al., 1999).

Die Risiken des zunehmenden Ozonverlusts sindvielfältig und reichen weit über mögliche direkte Ge-sundheitsschäden für den Menschen hinaus. Die Zu-nahme der Melanomhäufigkeit, der Einfluss auf dielandwirtschaftliche Produktion oder mögliche Mate-rialschäden an Infrastruktur und Bauwerken sindGegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen (Te-vini, 1993). Die Auswirkungen stärkerer UV-B-Strahlung auf Ökosysteme sind nur in Ansätzen ver-standen. Eine Zunahme der UV-Strahlung, wie sieals Folge des stratosphärischen Ozonabbaus zu er-warten ist, kann bei antarktischen Planktonalgen zueiner Verringerung der Primärproduktion um 5–10%führen (Smith et al., 1992), was allerdings bei den ver-schiedenen Algenarten unterschiedlich stark ausge-prägt ist (Davidson et al., 1996). Die hierdurch ver-

ringerte Aufnahmekapazität von CO2 aus der Atmo-sphäre könnte zu einer Verstärkung des Klimawan-dels beitragen (Kap. B 3).Andererseits hat der Ozon-verlust eine Abkühlung der unteren Stratosphäre be-wirkt, die seit den 70er Jahren den Effekt andererTreibhausgase um 30% ausgeglichen haben könnte(WMO et al., 1998).

Wenn sich die in den letzten Jahren zu verzeich-nende deutliche Verringerung der Ozonkonzentra-tion über der Arktis fortsetzt, können auch weite Tei-le Europas und Nordamerikas beeinflusst werden.Der Ozonabbau im Norden ist durch die meteorolo-gischen Gegebenheiten zwar weniger ausgeprägt,könnte dafür aber größere Ökosysteme betreffen.Zudem ist auf der Nordhemisphäre die Zahl der be-troffenen Menschen und Güter und somit das Scha-denspotenzial erheblich größer.

Persistente organische Schadstoffe sind in KastenB 2.2-1 beschrieben.

B 2.2.1Ursachen und Handlungsbedarf

FCKW sind ungiftig, nicht brennbar und einfach zuhandhaben, was zu einer breiten Verwendung in In-dustrie und Haushalten geführt hat. Als Schaummit-tel in Kunststoffen, Löse- und Reinigungsmittel,Treibmittel in Spraydosen, Kühlmittel in Kühl-

Kasten B 2.2-1

Persistente organische Schadstoffe

Bei den Risiken des Einsatzes persistenter organischerSchadstoffe (persistent organic pollutants, POPs) handeltes sich um ein dem FCKW-Problem ähnliches Phänomen(mit allerdings sehr unterschiedlichen Wirkungen): Diechemische Industrie entwickelt immer neue Stoffklassen,deren Umweltrisiken mit teils globalem Ausmaß erst nachdem massenhaften Einsatz erkannt werden (WBGU, 1999a;Tab. B 2.2-1).

Persistente organische Schadstoffe sind künstliche orga-nische Substanzen, die durch ihre Toxizität und Langlebig-keit in der Umwelt erhebliche Schäden hervorrufen kön-nen. Von etwa 100.000 Xenobiotika, von denen 5.000 in er-heblichen Mengen produziert werden und in die Umweltgelangen, sind bisher in Deutschland nur etwa 300 Stoffehinsichtlich ihres Gefährdungspotenzials für Mensch undUmwelt bewertet worden (BUA, 2000). Das Umweltver-halten der POPs zeichnet sich durch große Ungewissheitüber Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensfolgen, ubi-quitäre Verteilung und eine lange Verzögerungswirkungaus (WBGU, 1999a).

Wegen der globalen Verteilung und Wirkung sind vor al-lem 12 Stoffe bzw. Stoffgruppen von besonderer Bedeu-tung: das so genannte „Schmutzige Dutzend“ (dirty dozen;WBGU, 1999a). Dazu gehören neun Pestizide (Aldrin,Chlordan, DDT, Dieldrin, Endrin, HCB, Heptachlor, Mirex,

Toxaphen), die polychlorierten Biphenyle (PCB) und diepolychlorierten Dibenzo-p-Dioxine und -Furane (PCDDund PCDF). Insgesamt sind mehrere hundert Einzelverbin-dungen erfasst. Viele dieser Stoffe unterliegen in Industrie-ländern, einige bereits weltweit einem Produktions- undAnwendungsverbot.

POPs gelangen durch Lecks in der Produktion oderEntsorgung sowie durch gezieltes Anwenden bzw.Ausbrin-gen (z. B. von Bioziden) in die Umwelt. Dort können sienicht nur akut toxisch wirken, sondern sich – je nach denchemischen Eigenschaften – weiträumig verteilen, wobeiselbst Spuren dieser Stoffe in großer Entfernung vomEmissionsort chronisch-toxische Wirkungen haben kön-nen. Teils reichern sie sich in der Nahrungskette wieder zuerheblichen Konzentrationen an.

Die etablierten ökotoxikologischen Prüfmethoden sindinsbesondere hinsichtlich möglicher Kombinationswirkun-gen auf Einzelorganismen, der Wirkungen auf das Ökosys-tem insgesamt und der Einbeziehung komplexer Umwelt-prozesse nicht angemessen (Lammel und Pahl, 1998). Esmuss bei einer vorausschauenden Bewertung von neuenStoffen darauf ankommen, alle relevanten Systemebenen –von der toxischen Wirkung auf den einzelnen Organismusbis hin zur Wirkung auf das globale Umweltsystem – imBlick zu haben (WBGU, 1999a).Wegen der weltweiten Ver-teilung der Produkte und der möglichen Umweltfolgen isteine internationale Regelung notwendig. Der Abschlussder Verhandlungen zu einer einschlägigen sog. „POP-Kon-vention“ wird im Jahr 2001 erwartet (Kap. C 3.3.1).

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30 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

schränken oder Klimaanlagen wurden und werdensie eingesetzt. Mangelhafte Technikfolgenabschät-zung, fehlende Abfall- oder Entsorgungsverordnun-gen in Verbindung mit einem immer kürzer werden-den Lebenszyklus von Produkten haben dazu beige-tragen, dass FCKW-Emissionen zu einem massivenstratosphärischen Ozonabbau führen konnten.

Die vermeintlich gefahrlose Entsorgung flüchti-ger Abfallstoffe durch Verdünnung in den Umwelt-medien wird durch das Hoher-Schornstein-Syndromversinnbildlicht (WBGU, 1996b). Ähnliche Entwick-lungen werden auch durch das Suburbia-Syndrombeschrieben (Tab. B 1-1). Die Ausbreitung westlicherKonsummuster und Lebensstile und die hohen Stoff-und Energieverbräuche sind hier wichtige Faktoren.Aber auch das in vielen aufstrebenden Schwellenlän-dern identifizierbare Kleine-Tiger-Syndrom (Blocket al., 1997) mit der vorherrschenden Zielsetzung ei-nes raschen wirtschaftlichen Strukturwandels in den

industriellen Produktionszentren unter Vernachläs-sigung der notwendigen Umweltstandards ist einwichtiges Ursachenmuster (Tab. B 2.2-1).

Viele Staaten und die internationale Gemein-schaft haben bereits auf das Problem reagiert und na-tionale wie internationale Regelungen erlassen, dieden Gebrauch ozonzerstörender FCKW bannen sol-len (z. B. Montrealer Protokoll, Kap. C 2.2.1 und C3.2, Kasten C 4.4-1). Der Verbrauch dieser Stoffe istdaraufhin von 1,1 Mio. t im Jahr 1986 auf 160.000 t imJahr 1996 zurückgegangen, da die Industrieländerdiese Stoffe nicht mehr herstellen, verwenden oderexportieren (UNEP, 2000). Diese Maßnahmen habensich bereits auf die Gesamtkonzentration ozonge-fährdender Stoffe in der Atmosphäre ausgewirkt:Nach dem Höhepunkt 1994 sind die Werte stetig zu-rückgegangen (WMO et al., 1998). Die Regelungenreichen jedoch nicht aus. So werden z. B. auch dieEntwicklungsländer die Herstellung und den Ver-

Tabelle B 2.2-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei den globalen Umweltauswirkungen vonChemikalien (stratosphärischer Ozonabbau und persistente organische Schadstoffe).Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

STRUKTURWANDEL IN DER

INDUSTRIE, URBANISIE-RUNG

(Hoher-Schornstein-Syn-drom, Suburbia-Syndrom,Kleine-Tiger-Syndrom)• Bedarf an neuen chemi-

schen Produktionsstoffenund deren Entsorgung

• Industrialisierung• Zunahme der Welthan-

delsströme• Ausbreitung westlicher

Konsum- und Lebensstile• Common-Access-Prob-

lem

INTENSIVIERUNG UND AUS-WEITUNG DER LANDNUT-ZUNG

(Dust-Bowl-Syndrom, Grü-ne-Revolution-Syndrom)• Bedarf an neuen Pflan-

zenschutzmitteln

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Emission von ozonschä-digenden Substanzen

• Toxizität durch Akkumu-lation von POPs

• Ausbringung von persis-tenten Bioziden

Zentraler Handlungs-bedarf

• Ozonschädigende Sub-stanzen und POPs substi-tuieren

• Wissenslücken schließen• Umweltrisikoabschätzun-

gen weltweit durchführen

• Persistente Biozide sub-stituieren

Institutionelle Regelungen

• Montrealer Protokoll weiter nach-bessern, insbesondere in Entwick-lungsländern

• POP-Konvention verabschieden • UN Risk Assessment Panel ein-

richten• Umweltverträglichkeitsprüfungen

international standardisieren • UVP-Konvention für neue Sub-

stanzklassen erweitern• Räumliche und zeitliche Contain-

ment-Strategien für neue Stoffeeinführen

• Internationales Monitoring undControlling von Produktzyklenfördern

• Entwicklung von Ersatzstoffen be-schleunigen

• Investitionsanreize für Grundla-gen- und Wirkungsforschung

• Substitutionsprozesse finanziellunterstützen

• Strenge Exportbestimmungen fürnational nicht zugelassene POPseinführen

• Wissens- und Technologietransferim Pflanzenschutzbereich verstär-ken

• Umweltstandards in Handelsab-kommen einbeziehen

• Vorsorgemaßnahmen internationalfördern

• Langzeitstudien durchführen(menschliche Gesundheit, ökologi-sche Wirkungen usw.)

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31Gefährdung der Weltmeere B 2.3

brauch von FCKW und anderen ozonabbauendenStoffen einstellen müssen.

B 2.2.2Institutionelle Regelungen

B 2.2.2.1Vorbeugung

Konzeption und Umsetzung vonVorsorgemaßnahmenDie bisher positiv zu wertenden internationalen Re-gelungen zum Ozonproblem (Kap. C 2.2.1; C 3.2)könnten durch den steigenden Bedarf schädlicherSubstanzen in den bevölkerungsreichen Ländern desSüdens gefährdet werden. Waren bis in die 80er Jah-re die Industrieländer die wesentlichen Verursacherdes Ozonproblems, sind es heute vor allem Chinaund Indien, aber auch Malaysia und Indonesien. Des-halb muss das Montrealer Protokoll in Bezug auf dieerlaubten Höchstmengen insbesondere für dieseLänder überprüft werden. Wichtige Schritte auf die-sem Weg wurden durch den Zusatz von Peking zumMontrealer Protokoll gemacht: Beim Ausstieg ausder FCKW-Produktion bis 2010 werden China undIndien durch den multilateralen Fonds des Montrea-ler Protokolls finanziell mit 150 Mio. bzw. 82 Mio.US-$ unterstützt. Es ist zu prüfen, ob die Bundesre-gierung eine neue Initiative für eine schnellere Re-duktion einleiten sollte.

Um die Fülle neuer chemischer Substanzen undderen Freisetzung bewältigen zu können, soll 2001eine Konvention zum Umgang mit persistenten orga-nischen Schadstoffen verabschiedet werden, die der-zeit allerdings nur das so genannte „dirty dozen“umfasst (Kasten B 2.2-1). Um potenziell riskanteChemikalien hinsichtlich ihrer Umweltschädlichkeiterfassen zu können, sollte die regionale Luftreinhal-tekonvention, die von der Economic Commission ofEurope (ECE) erarbeitet wurde, um neue Substanz-klassen erweitert werden. Die internationalen Rege-lungen sollten Monitoring- und Controlling-Funktio-nen beinhalten, um Produktionszyklen ständig beob-achten und ggfs. schnell reagieren zu können. Fürdiese Aufgaben könnte das vom Beirat vorgeschlage-ne „UN Risk Assessment Panel“ (WBGU, 1999a)eingesetzt werden (Kap. E 1).

Substitution schädlicher StoffgruppenDa persistente organische Schadstoffe im ungüns-tigsten Fall globale Schadensausmaße mit irreversib-len Folgen annehmen können, sind Forschungsan-strengungen zur Entwicklung von Ersatzstoffen und-prozessen notwendig (WBGU, 1999a). Dazu sollte

die notwendige Grundlagenforschung durch ent-sprechende Investitionsanreize verbessert werden.Ersatzstoffe müssen aber auch generell auf ihre Wir-kungen auf andere Umweltbereiche, z. B. Klima-schädlichkeit, geprüft werden, auch unter Betrach-tung extremer Umweltbedingungen.

B 2.2.2.2Anpassung

WirkungsforschungIn vielen Bereichen der Wirkungsforschung zur stra-tosphärischen Ozonreduktion bestehen noch Wis-senslücken. Bei der menschlichen Gesundheit um-fasst dies beispielsweise den Einfluss auf Hautkrank-heiten und auf die Zunahme von Katarakten undHauttumoren sowie die Wirksamkeit von Schutz-maßnahmen. Bei den Ökosystemen ist die Wirkungauf die Landwirtschaft, die Nahrungsnetze in derBiosphäre und insbesondere die Kombination mitparallel auftretenden Klimaänderungen unzurei-chend untersucht. Es sind weitere Langzeitstudienerforderlich, um aussagekräftige Vorhersagen fürmögliche Schädigungen zu erhalten.

B 2.2.2.3Nachsorge

Maßnahmen in diesem Bereich dienen meist nur derSchadensbegrenzung. Aufgrund der hohen Persis-tenz und Ubiquität der Problemstoffe müssen jedochunbedingt vorbeugende Maßnahmen vorgezogenwerden. Daher sind Initiativen zur weltweiten Auf-klärung über spezielle Verhaltens- und Nutzungsän-derungen, die zur Gefahrenabwehr dienen, dringendzu empfehlen.Außerdem sind Instrumente zur Kata-strophenvorsorge bei unfallbedingter Freisetzungnotwendig und sollten verstärkt in Form mobilerinternationaler Katastropheneinsatzgruppen reali-siert werden.

B 2.3Gefährdung der Weltmeere

Die Bedrohung der Meere und ihrer lebenden Res-sourcen hat sich in den letzten Jahren weiter ver-schärft. In die Küstenzonen werden immer mehr an-organische und organische Substanzen über die Flüs-se, diffuse Quellen an der Küste und über die Lufteingetragen.Viele dieser Stoffe sind toxisch, reichernsich in Organismen an oder hemmen Wachstum undVermehrung. Rückstände dieser Substanzen im Ge-webe von Fischen und Krustentieren bedrohen beim

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32 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

Verzehr die menschliche Gesundheit. Hohe Einträgevon Nährsalzen führen zu einer Eutrophierung derKüstengewässer und können Verschiebungen derArtenspektren planktischer Algen auslösen. Der ver-mehrte Eintrag von Trübstoffen und Sedimentparti-keln in die Küstenzonen bedroht die Korallenriffe.Auf die Empfindlichkeit dieser artenreichsten mari-nen Habitate gegenüber erhöhten Meerwassertem-peraturen als Folge des Klimawandels wurde bereitshingewiesen (Kap. B 2.1). Weit reichende Konse-quenzen kann die Überfischung der natürlichenFischbestände haben. Für große Teile der Küstenbe-völkerung stellen Fische eine der wichtigsten Prote-inquellen dar, der Raubbau an dieser Ressourcekann die Ernährungssicherheit gefährden.

Landseitige Einträge, die rund 80% der Gesamt-verunreinigung des Ozeans ausmachen, beeinträchti-gen vor allem küstennahe Regionen und Flachwas-serbereiche. Neben der Verschmutzung aus punkt-förmigen und diffusen Quellen mit häuslichen undindustriellen Abwässern werden überdüngte odermit Pestiziden belastete Böden ausgewaschen(GESAMP, 1990). Einträge aus Hafengebieten kön-nen Rückstände aus Antifouling-Anstrichen enthal-ten, die hormonell wirksam sind oder hohe Schwer-metallkonzentrationen aufweisen (Goldberg, 1986;Greenpeace, 1999). Bodenerosion in Küstennäheführt zu einem Eintrag von Trübstoffen, die ebenfallsstark mit Schadstoffen belastet sein können(GESAMP, 1990). Trotz Verbots der direkten Ver-klappung von Abfällen (König, 1997) gelangen jähr-lich große Mengen an Müll durch Schiffsbetrieb, un-sachgemäße Deponien, Tourismus sowie Offshore-Anlagen in den Ozean. Rund. 2,5 Mio. t Öl, die jähr-lich illegal eingeleitet oder bei Havarien frei gesetztwerden, verursachen schwere Schäden in der Mee-resumwelt (Tügel, 1999). Bis heute verwenden 80%der Welthandelsflotte immer noch Rückstandsöleund ineffiziente Motoren (CONCAWE, 1997; Cor-bett et al., 1999), deren Abgase zur Luftverschmut-zung führen. Hinzu kommen die für militärischeZwecke immer noch zulässige Verklappung radioak-tiven Abfalls (Tügel, 1999) und legale Einleitung ver-strahlter Abwässer.

Flachwasserbereiche sind zudem häufig Lager-stätten von Kohlenwasserstoffen (Erdöl und Erd-gas), die zunehmend für die Energiegewinnung aus-gebeutet werden. Die daraus resultierenden Um-weltprobleme reichen von baulichen Eingriffen inempfindliche Habitate (Bohrplattformen) über Ver-unreinigungen während der Förderung bis hin zu denFolgen von Unfällen (Ölpest, Feuer, Zerstörung vonBohrinseln bei Extremwetterlagen). Der Tiefsee-bergbau spielt z. Zt. wegen seiner geringen Rentabi-lität noch keine große Rolle, könnte allerdings in Zu-kunft an Gewicht gewinnen (Kap. C 3.3). Schätzun-

gen zufolge gibt es im tiefen Meeresboden Methan-hydrate, die mehr als doppelt so viel Energie enthal-ten wie alle übrigen Vorräte an fossilen Brennstoffenzusammen (Hydrates, 2000). Die zu erwartende För-derung dieser Vorräte birgt ein erhebliches Gefah-renpotenzial, da aus den eisförmigen Gashydratenexplosionsartig ein etwa 160faches Volumen an gas-förmigem Methan entweichen könnte (Pietschmann,1999).

Im unmittelbaren Küstenbereich werden wertvol-le Ökosysteme durch bauliche Maßnahmen oder an-derweitige Nutzungen zerstört (Konversion). Beson-ders betroffen sind Küstenzonen in den Tropen, dieartenreiche und biologisch produktive Lebensge-meinschaften aufweisen (Korallenriffe, Mangroven).Weltweit sind ca. 58% aller Korallenriffe gefährdet,dabei stellt die Übernutzung (36% aller Riffe) diegrößte Bedrohung dar (Bryant et al., 1998; WBGU,2000). Damit werden Habitate zerstört, die in ihrerbiologischen Vielfalt durchaus dem tropischen Re-genwald vergleichbar sind (Kap. B 2.4). Auch dieMangroven werden weltweit gerodet, häufig zur Nut-zung für die Aquakultur mit hohem Pestizideinsatz.Es wird geschätzt, dass über 50% der Mangrovenheute bereits zerstört sind (Spalding et al., 1997).

Von besonderer Bedeutung ist die Überfischungder Weltmeere: 35% aller Fischbestände werdenübernutzt, 25% werden mit maximaler Ausbeute be-fischt, nur bei 40% der Bestände bestehen noch Stei-gerungsmöglichkeiten (FAO, 1997; WBGU, 2000). Inmanchen Regionen können die Fischpopulationenbestimmter Arten vollständig zusammenbrechen.Bestimmte Fischfangmethoden (z. B. Baumkurren-,Stellnetzfischerei) führen darüber hinaus zur Dezi-mierung von Meeresbodenbewohnern, Meeressäu-gern und Seevögeln (WBGU, 2000). In den Entwick-lungsländern sind 300–500 Mio. Menschen in ihrerwirtschaftlichen Existenz direkt oder indirekt vonder Fischerei abhängig. Die hohen Bevölkerungs-dichten der Küstengebiete führen zu einer deutli-chen Zunahme der Kleinfischerei (artisanale Fische-rei) und tragen zur Degradation der Küsten- undFlachmeergebiete bei (BMZ, 1998). Korallenriffewerden für die Fischerei und die Gewinnung vonSchmuck (Korallen, Schwämme) ausgebeutet. Koral-lenfischarten sind – im Gegensatz zu Hochseefischen– häufig auch in ihrem Fortbestand gefährdet (BfA,1999; WBGU, 2000). Durch Überfischung und Kon-version der Ökosysteme in den Küstenbereichenwerden auch solche Bestände von Hochseefischengefährdet, deren Jugendentwicklung in Küstenbioto-pen erfolgt. Das Ablassen von Ballastwasser, das vonden Schiffen mitsamt seiner Flora und Fauna in an-deren Regionen aufgenommen wurde, kann in Küs-tennähe zur Einschleppung gebietsfremder Arten

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33Gefährdung der Weltmeere B 2.3

führen, häufig mit negativen Auswirkungen auf dielokale biologische Vielfalt (WBGU, 2000).

B 2.3.1Ursachen

Für die Degradation der Weltmeere können mehre-re Syndrome des Globalen Wandels als wesentlicheUrsachenkomplexe identifiziert werden (Tab.B 2.3-1). Eine zentrale Rolle spielt dabei die Nah-rungsmittelerzeugung. Gerade in Küstennähe hatsich die Nahrungsmittelgewinnung aus den Meerenstark intensiviert: Mit hohem Energieverbrauch undunter Einsatz leistungsfähiger Technologien wird invielen Meeresgebieten Raubbau an den Fischbestän-den betrieben. Moderne Ortungsverfahren, hochentwickelte Fanggeschirre, hohe Motorleistungenund große Kühlkapazitäten der Fischereifahrzeugelassen den Fischen keine Chance, oft wird in diesemZusammenhang das Bild vom „Staubsauger desMeeres“ verwendet (Raubbau-Syndrom).

Marine Aquakultur ist in der Regel mit einem ho-hen Einsatz an Pestiziden und Antibiotika verbun-den und führt zu Problemen durch die Konversionvon Küstenökosystemen, Einschleppung fremderArten und Emission von Nähr- und Schadstoffen(Dust-Bowl-Syndrom). Da hier überwiegend Raub-fische gezüchtet werden, die u. a. mit Beifang aus derHochseefischerei ernährt werden, muss der Beifangin der Fischereibilanz und den Fangquoten berück-sichtigt werden.

Aber auch der Strukturwandel in der Landwirt-schaft, der im Dust-Bowl-Syndrom und im Grüne-Revolution-Syndrom eine zentrale Rolle spielt, führtzu einer erheblichen Belastung der Meere durch dieZufuhr partikulärer und gelöster Stoffe, wobei vorallem Nährstoffe und Biozide die Wasserqualität be-einträchtigen. Eine Intensivlandwirtschaft kannnicht nur Grund- und Flusswasser belasten, durchdas Entweichen von gasförmigen Stickstoffverbin-dungen als Folge von Überdüngung kann auch derStickstoffeintrag über den atmosphärischen Pfadverstärkt werden.

Urbanisierung und Industrialisierung tragen er-heblich zur Luftverschmutzung und der punktuellenBeeinträchtigung der Wasserqualität der Ozeane so-wie zur Konversion von Küstenökosystemen bei.Diese Komplexe werden von den Müllkippen-, Klei-ne-Tiger-, Favela-, Suburbia- und Hoher-Schornstein-Syndromen beschrieben. Zu nennen sind direkteEinleitungen, die Verklappung von Abfallstoffen undder zu erwartende Abbau von Bodenschätzen ausder Tiefsee. Zusätzlich hat durch die Zunahme derWelthandelsströme und die Globalisierung derMärkte (Strukturwandel in der Industrie) die Hoch-

seeschifffahrt stark an Bedeutung zugenommen, dieHandelstonnage steigt jährlich. Dadurch entsteht dieGefahr einer Meeresverschmutzung durch Abgabevon Müll und Ölrückständen oder als Folge von Kol-lisionen und Havarien (Havarie-Syndrom), aberauch einer Artenverschleppung im Ballastwasser.

B 2.3.2Handlungsbedarf

Um einen effektiven Schutz der Meere zu gewähr-leisten, sind zur Minderung der Verschmutzung unddes Raubbaus internationale Abkommen unum-gänglich (Kap. C 3.3.2), weil der größte Teil des Mee-res Gemeingut darstellt und von allen genutzt wer-den kann (Common-Access-Problem). Hinzukommt, dass Verunreinigungen über die Luft undüber die Meeresströmungen grenzüberschreitendtransportiert werden,Verursacher und Betroffene al-so weit voneinander entfernt liegen. Hier existierenbereits zahlreiche Verträge (z. B. UNCLOS,MARPOL; Kap. C 3.3), dennoch besteht Handlungs-bedarf vor allem bei der Weiterentwicklung dieserRegelwerke und insbesondere bei ihrer Durchset-zung. Erfolg versprechende internationale Ansätzebieten die UNEP-Regionalmeerprogramme, indenen umweltpolitische institutionelle Regelungenzwischen den Anrainerstaaten einzelner Regional-meere vereinbart werden. Aufgrund von Umset-zungsproblemen, z. B. durch mangelnde finanzielleAusstattung, fehlt es allerdings noch an Durchset-zungskraft (Kap. C 3.3).

Vor allem der Fischfang muss strengen Reglemen-tierungen unterliegen, weil nur über die Festlegungund Einhaltung von Fangquoten ein nachhaltigesManagement der Fischbestände möglich ist. Die Ver-besserung von Management und Technologien in al-len betroffenen Bereichen (Industrie, Schifffahrt,Landwirtschaft, Fischerei,Aquakultur) im Sinne grö-ßerer Umweltverträglichkeit wird durch die Senkungder Schadstoffeinträge eine Schädigung von Ökosys-temfunktion und -struktur erheblich mindern kön-nen.

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34 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

Tabelle B 2.3-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei der Gefährdung der Weltmeere.Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

RAUBBAU AN MARINEN

FISCHBESTÄNDEN

(Raubbau-Syndrom)• Common-Access-Prob-

lem• Bevölkerungswachstum• Steigerung des Nah-

rungsmittelbedarfs• Ausbreitung westlicher

Konsum- und Lebensstile

INTENSIVIERUNG DER KÜS-TENNUTZUNG (AQUAKUL-TUR)(Dust-Bowl-Syndrom, Grü-ne-Revolution-Syndrom) • Ausbreitung westlicher

Konsum- und Lebensstile• Fortschritt in der Bio-

und Gentechnologie

STRUKTURWANDEL IN DER

INDUSTRIE, URBANISIE-RUNG

(Suburbia-Syndrom, Fave-la-Syndrom, Hoher-Schornstein-Syndrom, Ha-varie-Syndrom, Müllkip-pen-Syndrom, Kleine-Ti-ger-Syndrom)• Industrialisierung• Wachstum der Megastäd-

te • Bevölkerungswachstum • Ausbreitung westlicher

Konsum- und Lebensstile

INTENSIVIERUNG UND AUS-WEITUNG DER LANDNUT-ZUNG

(Dust-Bowl-, Grüne-Revo-lution-Syndrom)• Bodenerosion (Zunahme

der Sedimentfrachten derFlüsse)

• Konversion natürlicherÖkosysteme

• Steigerung der Nah-rungsmittelproduktion

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Übernutzung marinerÖkosysteme

• Schädigung der Ökosys-temstruktur und -funk-tion

• Konversion natürlicherKüstenökosysteme

• Gewässerbelastung durchEmissionen aus intensi-ver Aquakultur

• Risiken durch Freiset-zung gentechnisch verän-derter mariner Organis-men

• Direkte Einleitungen(Entsorgung, Verklap-pung, Unfälle)

• Schadstoffeintrag überdie Luft und über indi-rekte landgebundeneEinleitungen

• Schädigung von Ökosys-temstruktur und -funk-tion

• Landgestützte Einträgevon Sedimenten, Nähr-stoffen und Bioziden(diffuse Quellen)

Zentraler Handlungsbe-darf

• Schutz der marinen Öko-systeme sicherstellen

• Nutzung der Beständemariner Organismennachhaltig gestalten

• Aquakultur nachhaltiggestalten

• Schadstoffeinträge in ma-rine Ökosysteme reduzie-ren

• Qualität von Fließgewäs-sern und Luft sicherstel-len

• Schadstoffeinträge in ma-rine Ökosysteme reduzie-ren

• Nachhaltige Landnut-zungsformen fördern

Institutionelle Regelungen

• Internationale Vereinbarungen fürFangquoten, Fangtechniken,Schutzzonen, Moratorien, Überwa-chung und Verbote treffen sowieSanktionen bei Missachtung ein-führen

• Verlässliche Daten zu nachhaltigenFangerträgen ermitteln, Experten-panels bei der FAO zur Festlegungder jährlichen Fangquoten und derSchutzgebiete einrichten

• Flottenkapazitäten durch Subven-tionsabbau reduzieren

• Fischerei teilweise durch umwelt-verträgliche Aquakulturen erset-zen

• Schutzzonen für bedrohte Habitateund Arten einrichten

• Standards für nachhaltige Aqua-kultur entwickeln und umsetzen

• Technologie- und Wissenstransferfür nachhaltige Aquakultur

• Internationale Vereinbarungenüber Mindeststandards von Luft-und Wasserqualität durchsetzen

• Regelverletzungen durch Berichts-verfahren formal feststellen

• Voraussetzung für Vollzugskontrol-le schaffen (z. B. Daten über Was-serqualität erheben, auswerten undvernetzen)

• Technischen Umweltschutz umset-zen, finanziell unterstützen undTransfer fördern

• Sanierung von verschmutzten Küs-tengebieten international unter-stützen

• Schutzzonen für Küsten,Schelfmeere und Tiefsee einrichten

• Regelungen zum vermindertenEinsatz oder Verbot von chemi-schen Düngern und Pestiziden

• Förderung ökologischer Landwirt-schaft

• Vereinbarung der POP-Konven-tion fördern und an UNFCCCkoppeln

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35Gefährdung der Weltmeere B 2.3

B 2.3.3Institutionelle Regelungen

B 2.3.3.1Vorbeugung

Festlegung und Einhaltung vonFischereiquoten sowie Einrichtung vonSchutzgebietenObwohl eine Reihe internationaler Abkommen undKommissionen zum Schutz der weltweiten Fischbe-stände existiert, konnte die Überfischung zahlreicherFanggründe nicht verhindert werden (Peterson,1993). Deswegen sollten international gültige Vor-schriften für die Festlegung von Fangquoten und-techniken sowie für die Einrichtung von Schutzzo-nen, einschließlich der Küstengebiete und der Tief-see, vereinbart werden. Da die Überkapazitäten derFangflotten als eine Hauptursache für die Überfi-schung erkannt worden ist, sollte die Subventionie-rung von Fischereifahrzeugen, z. B. innerhalb der EU,abgebaut werden.

Neben dem Monitoring der Fischbestände durchdie FAO sollten auch die Fischereiflotten auf Seeüberwacht werden. Bei der FAO sollte ein Experten-gremium eingerichtet werden, das auf der Basis dervon der FAO festgelegten wichtigsten Fischgründeund der Bestimmung des Grades ihrer Übernutzung(fully fished, overfished, depleted, recovering;Beisheim et al., 1999) jährliche Fangquoten undSchutzgebiete festlegt. Die Fangquoten sollten dabeiunterhalb des sich aus der jeweiligen Jahrgangsstär-ke ergebenden maximalen Ertrags festgelegt wer-den, um das Risiko der Gefährdung von Beständenim Falle unvorhersehbarer Ertragsausfälle herabzu-setzen.

Die Fangquoten berücksichtigen bisher nicht denBeifang, der bis zu 50% des Gesamtfangs ausmachenkann und der häufig für die Fütterung in der Aqua-kultur verwendet wird. Dieser Beifang reduziertnicht nur die Fischbestände, er betrifft auch CITES-Arten (z. B. Delphine oder Schildkröten) und dasFutterangebot für Wirtschaftsfische. Da der Beifangkommerziell genutzt werden kann, bestehen keineAnreize zu seiner Verringerung.

Sicherstellung von Mindestqualitäten derZuflüsse und Schadstoffkonzentrationenin der LuftMindeststandards von Luft- und Wasserqualität soll-ten vermehrt durch internationale Vereinbarungenfestgelegt und umgesetzt werden, um vor allem inküstennahen Meeresarealen die Gewässerqualität si-cher zu stellen.Als Vorbild könnte das als erfolgreichund effektiv geltende Saurer-Regen-Regime dienen,das die grenzüberschreitende Luftverschmutzungeindämmen soll (Zürn, 1997; WBGU, 2000). Um denschwächeren Ländern „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu er-möglichen, empfiehlt der Beirat einen Wissens- undTechnologietransfer von technischen und organisa-torischen Möglichkeiten der Reduktion von Emis-sionen und Abwassereinleitungen.

Verringerung der Verschmutzung durchSchiffe und der UnfallwahrscheinlichkeitDie Ausbildung der Schiffsbesatzungen für ein Um-welt und Gesundheit sicherndes Arbeiten an Bordmuss intensiviert werden. Der Nachweis dieser Aus-bildung könnte als Voraussetzung für die Benutzungbestimmter küstennaher Schiffsrouten und zur Er-langung der Hafenerlaubnis für die Schiffe einge-setzt werden, wenn dies international verbindlich ge-regelt werden kann. Um Wahrscheinlichkeit undSchadensausmaß von Schiffshavarien zu senken, sind

Primäre Ursachen

ZUNAHME DER WELTHAN-DELSSTRÖME

(Müllkippen-Syndrom, Ho-her-Schornstein-Syndrom,Havarie-Syndrom) • Zunehmende Hochsee-

schifffahrt• Industrialisierung

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Anthropogene Artenver-schleppung

• Einträge von Schadstof-fen (Unfälle, illegale undlegale Einleitungen)

Zentraler Handlungsbe-darf

• Schadstoffeinträge durchSchiffe (z. B. Verklappun-gen, Tankreinigung) ver-meiden

• Umweltstandards fürSchiffe verbessern

• Unfallrisiken verringern(z. B. Tanker)

Institutionelle Regelungen

• Internationale technische Mindest-standards bei Schiffen setzen (z. B.Doppelhülle für Tanker)

• Schiffsbesatzungen besser ausbil-den

• Standards an Hafengebühren kop-peln und scharfe Kontrollen durch-führen

• Hafenerlaubnis nur gewähren,wenn technische Vorschriften ein-gehalten werden

• Internationale schnelle Eingreif-teams bei Havarien einrichten

Tabelle B 2.3-1 (Fortsetzung)Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei der Gefährdung der Weltmeere.Quelle: WBGU

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36 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

weltweit gültige Mindeststandards notwendig, vor al-lem für Öltankschiffe (Kasten B 2.3-1).

B 2.3.3.2Anpassung

Um die Abhängigkeit von natürlich nachwachsendenFischbeständen herabzusetzen sowie deren Überfi-schung abzumildern, wurden vermehrt Aquakultu-ren im Meer- und Süßwasser eingeführt. Die Produk-tion von „Luxusnahrungsmitteln“ wie z. B. Shrimpsund Lachs, die heute den größten Teil der marinenAquakultur ausmachen, kann allerdings nicht dasErnährungsproblem der Entwicklungsländer lösenund ist derzeit in der Regel mit einem hohen Einsatzvon Fischmehl und -öl, Pestiziden, der Einschlep-pung fremder Arten, Zerstörung von Küstenökosys-temen sowie mit der Emission von Nähr- und Schad-stoffen verbunden. Der Beirat weist darauf hin, dassdie Regeln einer umweltverträglichen Bewirtschaf-tung eingehalten werden müssen, damit die raschwachsende Aquakulturindustrie ihren Beitrag zurWelternährung leisten kann (Naylor et al., 2000;WBGU, 2000). Des weiteren ist darauf zu achten,dass weder als Beifang noch über festgelegte Quotenhinaus gefangene Nutzfische zu Futtermitteln fürmarine Aquakultur verarbeitet werden, wie dies der-

zeit geschieht (Naylor et al., 2000). Durch diese Pra-xis werden Vorschriften bzw. Anreize zur Minimie-rung des Beifangs sowie zur Einhaltung von Fisch-fangquoten unterlaufen. Ein möglicher Weg wäre dieNachweispflicht über die Herkunft des Futters odereine entsprechende Zertifizierung (Labelling) vonProdukten der Aquakultur.

B 2.3.3.3Nachsorge

Wenn vorgeschriebene Fangquoten oder -technikenin den ausgewiesenen Schutzgebieten missachtetwerden, sollte die Möglichkeit der Verhängung vonMoratorien oder Verboten in Betracht gezogen wer-den. Da Sanktionen und Gerichtsentscheidungen imVölkerrecht nur schwer durchzusetzen sind, solltenzumindest formale Feststellungen von Regelverlet-zungen durch Berichtsverfahren, etwa durch dieFAO, zum Tragen kommen (WBGU, 2000).

Verschmutzte Küstengebiete, die von finanz-schwachen Staaten nicht selbst wiederhergestelltwerden können, sollten durch internationale Unter-stützung saniert werden, weil ein globales Gemein-schaftsgut bedroht ist (ähnlich wie beim Süßwasser,Kap. B 2.6).

Kasten B 2.3-1

Doppelhüllenschiffe als Vorsorgemaßnahmegegen Ölverschmutzung

MARPOL regelt u. a. die Erfordernisse auf Schiffen zurVerminderung von Ölverschmutzungen, die z. B. durch Tan-kerunfälle hervorgerufen werden. Wichtiger Auslöser füreine Ergänzung des Annex-I war der Tankerunfall der„Exxon Valdez“ (1989).

Die Konstruktion von doppelten Außenhäuten fürSchiffe, insbesondere für Öltanker, wird dabei als eineMaßnahme angesehen, um die Ölverschmutzung durch Un-fälle in Zukunft zu verhindern bzw. stark zu reduzieren.Al-ternative Entwurfskonzepte sind möglich, sie müssen aberhinsichtlich ihrer Ölausflusswahrscheinlichkeit mindestensGleichwertigkeit zum Doppelhüllenentwurf nachweisen.

Öltanker ab einer gewissen Größe dürfen – nach einerÜbergangsfrist – US-amerikanische Häfen nicht mehr an-laufen, wenn sie keine doppelten Hüllen besitzen (nationa-les Recht in den USA: Oil Pollution Act 1990). Frankreichforderte im Nachgang des „Erika“-Unfalls vor der bretoni-schen Küste eine Verschärfung der internationalen Bestim-mungen.

Nach Auffassung des Germanischen Lloyd kann dasKonzept eines Doppelhüllentankers zwar das Risiko vonÖlverschmutzungen durch Unfälle erheblich mindern, inmanchen Fällen kann ein solches Entwurfskonzept aberauch zu einer Vergrößerung des Unfallrisikos beitragen:

• Da das Stahlgewicht der Doppelhüllenschiffe möglichstnicht höher sein sollte als bei Schiffen mit einfachenHüllen, sind die beiden einzelnen Wände jeweils dün-ner, d. h. im Prinzip weniger widerstandsfähig gegenVerschleiß.

• Auch die Biegefestigkeit des Schiffsrumpfes ist bei ei-nem Doppelhüllenschiff nicht unbedingt erhöht; die Ge-fahr des Auseinanderbrechens des Schiffsrumpfes wirddaher durch das Doppelhüllendesign nicht zwingendverringert (die Havarie der „Erika“ wäre z. B. nicht ver-hindert worden).

• Durch Leckagen in den Öltanks können bei Undichtig-keiten der inneren Schiffshülle flüchtige Gase in denLuftraum zwischen die Hüllen eindringen und dort Ex-plosionsgefahr auslösen. Dieses Risiko könnte aller-dings durch Füllen des Zwischenraums mit einem Inert-gas verringert werden.

• An unsichtbaren und unzugänglichen Stellen im Be-reich der doppelten Hülle kann es zu Korrosionserschei-nungen kommen, die entweder nicht entdeckt oder we-gen ihrer Unzugänglichkeit nicht behoben werden kön-nen.

Der Einsatz von Doppelhüllenschiffen stellt eine wirkungs-volle mögliche Vorsorgemaßnahme gegen Ölverschmut-zung bei Tankerunfällen dar. Es ist allerdings erforderlich,dass durch weitere Ergänzungen der MARPOL-Vorschrif-ten konstruktive Verbesserungen am Doppelhüllendesignsowie die Einführung gleichwertiger oder besserer alterna-tiver Konzepte nicht verhindert werden.

Quelle: Payer (persönliche Mitteilung)

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37Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung B 2.4

Des weiteren sollte eine internationale Einsatz-gruppe eingerichtet werden (WBGU, 1999a), die beiHavarien, insbesondere Tankerunfällen, zur Verfü-gung steht. Dabei ist zu prüfen, ob für den Bereichder 200-Meilen-Zone eher nationale oder transnatio-nale Gruppen etabliert werden sollen und für dieinternationalen Gewässer internationale Einsatz-gruppen.

B 2.4Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung

Der Verlust biologischer Vielfalt in terrestrischenund aquatischen Ökosystemen ist ein globales Um-weltproblem, das nicht nur das Aussterben von Ar-ten, sondern auch die genetische Verarmung von Po-pulationen sowie die Umgestaltung der Biosphäredurch die Umwandlung natürlicher Ökosysteme undLandschaften in Kulturland umfasst (ausführlich inWBGU, 2000). Insbesondere gehört hierzu auch dierasant fortschreitende Rodung der Primärwälder,vom tropischen Regenwald bis zum borealen Nadel-wald.

Die Ursache für dieses Problem ist die Umgestal-tung der Biosphäre durch den Menschen. HeutigeAussterberaten von Arten sind gegenüber der natür-lichen Hintergrundrate um das 1.000- bis 10.000facheerhöht (Barbault und Sastrapradja, 1995; May undTregonning, 1998). Dies sind allerdings nur grobeSchätzungen, da der Kenntnisstand über die biologi-sche Vielfalt und das Ausmaß ihrer Bedrohung nochungenügend ist. So wird z. B. die Gesamtartenzahlder Erde mit der erheblichen Spanne von 4 bis >100Mio. Arten beziffert (Heywood, 1997). Nach – bis-lang noch groben – Schätzungen drohen weltweit in-nerhalb der nächsten 50 Jahre etwa 10–50% der Ar-ten verloren zu gehen (WBGU, 1996a). Diese vomMenschen verursachte Aussterbewelle ist selbst imVergleich mit erdgeschichtlichen Katastrophen sodramatisch, dass sie zu Recht als „die sechste Auslö-schung“ bezeichnet wird (WBGU, 2000). Auch beiden traditionellen Kulturpflanzen gibt es rasanteVerluste und genetische Verarmung. Dies schmälertdie genetische Basis für die Weiterentwicklung derNutzpflanzen und verursacht weit reichende Risikenfür die Ernährungssicherheit (FAO, 1996; WBGU,2000).

Ein wichtiger Indikator für die Bedrohung derbiologischen Vielfalt an Land ist die Entwicklung derEntwaldungsraten, da sich ein Großteil der biologi-schen Vielfalt in tropischen Wäldern findet. In Euro-pa, Nordamerika und Nordostasien hat der größteTeil der Entwaldung schon vor 1700 stattgefunden –wobei aber die meisten europäischen Baumarten er-halten blieben. In Südostasien oder Südamerika sind

erst seit 1950 eine großflächige Rodung der Primär-wälder und die Ausweitung der landwirtschaftlichenNutzfläche zu beobachten. Allein 1960–1990 wurden15–30% der tropischen Wälder vernichtet, mit ent-sprechend hohen Artenverlusten (Bryant et al.,1997). Die Schutzgebiete, die global etwa 5% derLandfläche ausmachen, können keinen ausreichen-den Schutz für die biologische Vielfalt bieten, da siemeist zu klein, zu wenig vernetzt und unzureichendgegen störende Einflüsse gesichert sind (WBGU,2000). Die Zunahme großflächiger Waldbrände (z. B.in Indonesien oder im Amazonasgebiet) stellt einewachsende Bedrohung für die verbleibenden Wald-flächen dar.

Das Artensterben wirft nicht nur grundsätzlicheethische Fragen auf, es sind auch vielfältige Werte be-droht, die aus der Nutzung biologischer Vielfalt ent-stehen (WBGU, 2000). Dabei geht es nicht nur umdie materielle Nutzung von natürlichen Ressourcenwie etwa Holz, sondern auch um das Naturerlebenoder das „Grüne Gold“: Genetische Ressourcen, diez. B. für die Entwicklung neuer Medikamente oderresistenter Kulturpflanzen unverzichtbar sind. Auchist noch weitgehend ungeklärt, welche Folgen derVerlust biologischer Vielfalt für die Ökosystemfunk-tionen hat, da hier komplexe und häufig nichtlineareMechanismen zugrunde liegen. Kurzfristig ist ein Teilder unmittelbaren Ökosystemfunktionen auch mitrelativ wenigen Arten und funktionellen Gruppen (z.B. N2-Fixierer) zu erreichen. Langfristige Funktiona-lität wird jedoch immer auf einen hohen Artenbe-stand angewiesen bleiben. Unstrittig ist jedenfalls:Wenn eine Art ausstirbt, ist dies ein irreversibler Pro-zess. Der Wiederaufbau der Artenvielfalt nach einemAussterbeereignis dauert viele Millionen Jahre(Kirchner und Weil, 2000). Auch die Abholzung vonPrimärwald ist nach menschlichen Zeitmaßstäben ir-reversibel, denn die Regeneration kann Tausendevon Jahren dauern.

B 2.4.1Ursachen

Die direkte und indirekte Nutzung natürlicher Res-sourcen durch den Menschen und die damit verbun-denen Landnutzungsänderungen sind die wichtigs-ten Ursachen für den Verlust biologischer Vielfaltund die Zerstörung der Wälder (Sala et al., 2000).Eine zentrale Rolle spielt der Strukturwandel in derLandnutzung (Dust-Bowl-Syndrom, Sahel-Syndrom,Grüne-Revolution-Syndrom; WBGU, 1996b, 1998a),der sowohl die Intensivierung der Landnutzung alsauch die Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzflächebeinhaltet. Natürliche Ökosysteme werden entwederdirekt in Agrarfläche umgewandelt oder durch Stoff-

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38 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

einträge (Pestizide, Nährstoffe) bzw. Bodendegrada-tion in ihrer Struktur und Funktion beeinträchtigt.Durch den Einsatz gentechnisch veränderter Orga-nismen in der Landwirtschaft können darüber hinausneue Risiken für die biologische Vielfalt entstehen(WBGU, 1999a). Der Rückgang traditioneller Land-wirtschaft führt zudem zu bedrohlichen Verlusten ge-netischer Vielfalt von Kulturpflanzen und Haustier-rassen.

Eine ebenso wichtige Ursache ist der Raubbau annatürlichen Ökosystemen, insbesondere Wäldern so-wie Meeres- und Küstenökosystemen (Raubbau-Syndrom; WBGU, 2000). Die Vernachlässigung vonLangfristdenken, der ungeregelte Zugang zu dennatürlichen Ökosystemen (Common-Access-Prob-lem), die inadäquate Bewertung ökosystemarerLeistungen sowie Subventionen, Politikversagen,Lobbyismus und Korruption führen zur kurzfristigenÜbernutzung, Konversion und Fragmentierung na-türlicher Ökosysteme. Verschuldung kann in Ent-wicklungsländern die Substitution natürlicher Öko-systeme durch cash crops zusätzlich antreiben.

Der zunehmende Verbrauch von Energie undRohstoffen aufgrund des Strukturwandels der Indus-trie (Industrialisierung, Globalisierung der Märkte,technische Großprojekte) erhöht zusätzlich den Nut-zungsdruck auf natürliche Ressourcen (Hoher-Schornstein-Syndrom, Aralsee-Syndrom). Die Zu-nahme der weltweiten Handelsströme beschleunigtdie anthropogene Artenverschleppung, die als weite-re wichtige Ursache für den Verlust biologischerVielfalt gilt (Sandlund et al., 1996; Bright, 1998).Auch die persistenten Schadstoffe aus Industrie undAgrarchemie stellen ein ernst zu nehmendes Prob-lem für natürliche Ökosysteme dar (Kap. B 2.2). InZukunft wird vor allem aufgrund der Bevölkerungs-zunahme, der Anspruchsteigerung und Ausbreitungwestlicher Konsum- und Lebensstile der Druck aufdie natürlichen Ressourcen weiter zunehmen. DieUrbanisierung ist sowohl in Industrie- und Entwick-lungsländern ein wichtiger Grund für den Verlustökologisch wertvoller Gebiete durch Siedlungs-, Ge-werbe- und Verkehrsflächen (Suburbia-Syndrom,Favela-Syndrom, Massentourismus-Syndrom).

Mittel- und langfristig werden auch die anthropo-genen Klimaänderungen einen starken Einfluss aufdie Biosphäre haben. Das massenhafte Ausbleichender Korallen gilt bereits als Folge des Klimawandels(Kap. B 2.1). Auch andere Tier- und Pflanzenartenwerden bei einer Verschiebung der Klimazonen nichtin der Lage sein, sich schnell genug anzupassen oderauszuweichen. Dies ist insbesondere bei der künfti-gen Ausgestaltung des globalen Schutzgebietssys-tems zu beachten.

Ein Grundproblem des Verlusts biologischer Viel-falt ist, dass viele Leistungen der Natur wie Kohlen-

stoffbindung oder Überflutungsschutz nicht in öko-nomische Bewertungen einfließen, da sie sich nurschwer in Geldbeträgen ausdrücken lassen. NachSchätzungen von Costanza et al. (1997) sind dieseWerte aber beträchtlich. Den Wert der globalenÖkosystemleistungen und -produkte schätzt er auf33.000 Mrd. US-$ pro Jahr und somit fast doppelt sohoch wie das globale Sozialprodukt.

B 2.4.2Handlungsbedarf

Zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Bio-sphäre (Tab. B 2.4-1) müssen die Integrität der Bio-regionen gewahrt werden, die langfristige Rege-lungsfunktion der Biosphäre (z. B. für das Klima) er-halten bleiben und das globale Naturerbe bewahrtwerden (WBGU, 2000).

Das internationale institutionelle Design, mit derBiodiversitätskonvention und einer Reihe weitererspezifischer Organisationen und Institutionen(WBGU, 2000), ist insgesamt nicht ausreichend, umdie vom Menschen verursachten Fehlentwicklungenin nachhaltige Bahnen lenken zu können. Der Ver-lust biologischer Vielfalt ist nicht nur ungebremst,sondern er beschleunigt sich sogar noch. Es sind alsoNachbesserungen notwendig; Vorschläge hierfürsind im Folgenden aufgeführt (Kap. B 2.4.3; Tab. B2.4-1). Dabei sollte jede institutionelle Lösung derKomplexität der Biosphärenproblematik Rechnungtragen. Es müssen ergänzende, regional tragfähigeLösungsansätze einbezogen werden, die eine Nut-zung der vielfältigen Leistungen der Biosphäre zu-lassen, ohne sie irreversibel zu gefährden.

Die Entscheidungen über den Umgang mit biolo-gischer Vielfalt werden in der Regel vor Ort aus derökonomischen Sicht der Nutzer getroffen, oft beiakutem Markt- oder Politikversagen. Mit der Erhal-tung der biologischen Vielfalt sind konkrete Kostenverbunden, aber der Nutzen der Erhaltung lässt sichnur schwierig monetarisieren, ist somit schwer ver-mittelbar und häufig erst in folgenden Generationenauszumachen, wohingegen durch Konversion natür-licher Ökosysteme schnelle Gewinne realisierbarsind. Für dieses Problem müssen institutionelle Lö-sungen gefunden und angewandt werden.

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39Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung B 2.4

Tabelle B 2.4-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei dem Verlust biologischer Vielfalt und derEntwaldung.Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

INTENSIVIERUNG UND

AUSWEITUNG DER LAND-NUTZUNG

(Grüne-Revolution-Syn-drom, Sahel-Syndrom)• Bevölkerungszunahme • Rückgang traditioneller

Landwirtschaft • Globalisierung der Märk-

te• Anspruchsteigerung, Le-

bensstile• Fortschritte in der Bio-

und Gentechnologie

RAUBBAU AN NATÜRLICHEN

ÖKOSYSTEMEN

(Raubbau-Syndrom)• Vernachlässigung von

Langfristdenken• Common-Access-Prob-

lem• Inadäquate Bewertung

ökosystemarer Leistun-gen,

• Politik- und Marktversa-gen

• Internationale Verschul-dung

• Globalisierung der Märk-te

STRUKTURWANDEL DER

INDUSTRIE

(Hoher-Schornstein-Syn-drom, Suburbia-Syndrom,Kleine-Tiger-Syndrom)• Industrialisierung• Globalisierung der Märk-

te• Zunahme der weltweiten

Handelsströme • Aufbau technischer

Großprojekte (Aralsee-Syndrom)

• Anspruchsteigerung, Le-bensstile

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Konversion und Frag-mentierung natürlicherÖkosysteme (z. B. tropi-sche Wälder)

• Stoffliche Überlastungvon Ökosystemen (z. B.POPs, Nährstoffe)

• Übernutzung biologi-scher Ressourcen

• Verlust traditionellerSorten

• Risiken durch Freiset-zung transgener Organis-men

• Großflächige Zerstörun-gen und Fragmentierun-gen natürlicher Ökosys-teme (z. B tropische Wäl-der, Küstenökosysteme)

• Verlust von Natur- undWirkstoffen

• Stoffliche Überlastungvon Ökosystemen (z. B.POPs, Nährstoffe)

• Einbringung nichtheimi-scher Arten

• unfairer Zugang zu gene-tischen Ressourcen

• Handel mit bedrohtenArten

• Zunahme des Tourismus• niedrige Umweltstan-

dards als Wettbewerbs-vorteil

Zentraler Handlungsbe-darf

• Schutzgebietsnetzwerkeschaffen

• Nachhaltige, multifunk-tionale Landnutzung an-wenden

• Naturschutz in die Flächetragen

• Indikatoren entwickeln• Gen-Erosion stoppen• Verbraucherinformation

verstärken • ökonomische Alternati-

ven für die ländliche Be-völkerung in Entwick-lungsländern schaffen

• Das globale Naturerbebewahren bzw. wiederherstellen

• Regelungsfunktionenund Biopotenziale derBiosphäre erhalten

• Anreize für die Erhal-tung natürlicher Ökosys-teme schaffen

• Wissenschafts- und Bil-dungsarbeit stärken

• Schutz vor Artenver-schleppung sicherstellen

• Handel mit bedrohtenArten unterbinden

• Zugang zu genetischenRessourcen fair gestalten

• Dezentrale Alternativenzu Großprojekten entwi-ckeln

• Marktzugang für Unter-nehmen mit hohen Um-weltstandards sichern

Institutionelle Regelungen

• Regelungen der CBD (u. a. Art. 6,8, 10) ausgestalten (z. B. durchRichtlinien oder Protokolle) undnational umsetzen

• Konzept der differenzierten Land-nutzung einsetzen

• Bioregionales Management an-wenden

• MAB-Programm stärken• Agrarsubventionen abbauen und

umbauen durch Honorierung öko-logischer Leistungen

• Genbanken sichern und ausbauen• Rote Liste für bedrohte Sorten er-

stellen• Anpassung des IUPGR an die

CBD verabschieden• IPBD einrichten, Biosphärenfor-

schung stärken• Biosafety-Protokoll ratifizieren

und umsetzen• Labelling für nachhaltige Agrar-

produkte entwickeln bzw. unter-stützen

• Rechtlich bindendes Instrument zuWäldern verabschieden

• 10–20% der Fläche unter Schutzstellen (u.a. hotspots), globales, re-präsentatives Schutzgebietssystemorganisieren und finanzieren

• Regelungen der CBD umsetzen –hier: Finanzierung der „incremen-tal costs“

• Stiftungsrecht ändern• Private „Naturpatenschaften“ ent-

wickeln• Labellingsysteme unterstützen

(z. B. Forest bzw. Marine Steward-ship Council)

• Handels- und Transportregime an-passen – Richtlinien für nichthei-mische Arten anwenden

• Kontrollsystem für CITES verbes-sern

• CBD-Zugangsregelungen spezifi-zieren und in nationales Recht um-setzen

• Chancen der Biosprospektierungnutzen

• Vergaberichtlinien von Weltbank,IWF und für Hermesbürgschaftenanpassen

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40 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

B 2.4.3Institutionelle Regelungen

B 2.4.3.1Vorbeugung

Nachhaltige Landnutzung fördernDie nachhaltige Ausgestaltung der Landnutzungspielt für die Lösung dieses globalen Umweltprob-lems eine zentrale Rolle. Auf lokaler und regionalerEbene empfiehlt der Beirat Konzepte der differen-zierten, multifunktionalen Landnutzung (WBGU,2000), wie z. B. das bioregionale Management, mitdenen vor Ort die Integration zwischen Erhaltungund nachhaltiger Nutzung geleistet werden kann.Vor allem ist entscheidend, möglichst viele der rele-vanten Akteure mit einzubinden, regionale Indikato-ren und Monitoringsysteme zu erarbeiten und geeig-nete ökonomische Anreizsysteme zu schaffen (z. B.Abbau und teilweise Umsteuerung von Agrarsub-ventionen in Richtung Honorierung ökologischerLeistungen; WBGU, 2000). Die Zertifizierung durchKennzeichnung nachhaltiger Agrarprodukte (Label-ling) und die Integration von Umweltbildungsmaß-nahmen können hierbei eine hilfreiche Brücke zurEinbindung der Verbraucher bilden. Die Biosphä-renreservate des MAB-Programms sind interessanteModellprojekte für eine bessere Integration derunterschiedlichen Ansprüche; deren Erkenntnissesollten stärker genutzt werden. Letztlich müssen alleRegionen mit ihrem Artenbestand in die Analyseeinbezogen werden, denn niemand kann heute sa-

gen, welche Art oder welche Ökosystemfunktion fürdie künftige menschliche Nutzung bedeutend ist undwo sie vorkommt.

Biologische Ressourcen sichern, Gen-Erosion stoppenDie Erhaltung der Vielfalt genetischer Ressourcenfür die Landwirtschaft ist für die globale Ernäh-rungssicherheit von großer Bedeutung.Auch aus die-sem Grund ist eine möglichst vielfältige, multifunk-tionale landwirtschaftliche Produktion zu fördern(WBGU, 2000). Für gefährdete Kulturpflanzen undTierrassen sind eine internationale Bestandsaufnah-me und ein Frühwarnsystem notwendig, denn vieletraditionelle Sorten drohen unwiederbringlich verlo-ren zu gehen. Ein erheblicher Teil der Ex-situ-Sammlungen seltener Pflanzenarten („Genbanken“)gilt als gefährdet. Sie müssen daher gesichert, ergänztund weltweit miteinander vernetzt werden.

Die offenen rechtlichen Fragen der Ex-situ-Sammlungen sowie der „Farmers Rights“ müssen ge-klärt und den Anforderungen der Biodiversitätskon-vention angepasst werden. Hierzu ist eine rechtlichbindende Revision der „Internationalen Verpflich-tung über pflanzengenetische Ressourcen für die Er-nährung und Landwirtschaft“ (IUPGR) notwendig,eventuell als Protokoll zur Biodiversitätskonvention.

Die Entwicklung internationaler Standards fürdie Nutzung traditionellen Wissens sowie für den Zu-gang zu genetischen Ressourcen, ihre nachhaltigeNutzung und den Vorteilsausgleich sollten im Rah-men der Biodiversitätskonvention zügig vorangetrie-ben und ihre nationale Umsetzung gefördert werden.

Primäre Ursachen

URBANISIERUNG UND MO-BILITÄT

(Suburbia-Syndrom, Fave-la-Syndrom, Massentouris-mus-Syndrom) • Nichtnachhaltige Sied-

lungsformen• Zersiedlung• Zunahme der Mobilität• Anspruchsteigerung, Le-

bensstile

KLIMAÄNDERUNGEN

(Hoher-Schornstein-Syn-drom)• Anspruchsteigerung, Le-

bensstile• Mobilität

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Verlust ökologisch wert-voller Flächen durchSiedlungen und Ver-kehrsfläche

• Verschärfung negativerFolgen der Landnutzung

• Überschreiten der An-passungsfähgigkeit natür-licher Ökosysteme (z. B.Korallenbleichen)

Zentraler Handlungsbe-darf

• Nachhaltigen Tourismusfördern

• Anspruch und Ressour-censchonung abstimmen

• nachhaltige Flächenpla-nung durchsetzen

• Emissionen reduzieren• natürliche Kohlenstoff-

senken bewahren• Schutzgebietssysteme vo-

rausschauend planen

Institutionelle Regelungen

• Richtlinien für nachhaltigen Tou-rismus entwickeln

• Bestimmungen zur nachhaltigenRaumplanung und Flächennutzunganwenden bzw. aufbauen

• Klimarahmenkonvention umsetzen• Regelungen im Kioto-Protokoll

biodiversitätsfreundlich gestalten

Tabelle B 2.4-1 (Fortsetzung)Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei dem Verlust biologischer Vielfalt und derEntwaldung.Quelle: WBGU

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41Verlust biologischer Vielfalt und Entwaldung B 2.4

Dies bietet Chancen nicht nur für die Erhaltung bio-logischer Vielfalt, sondern auch für die Naturstoffin-dustrie.

Weltweiten Naturschutz durchsetzen undRaubbau verhindernAls „Leitplanke“ für die Biosphäre hat der Beirat einweltweites, repräsentatives System von Schutzgebie-ten auf etwa 10–20% der Landflächen empfohlen(WBGU, 2000). Dieses System sollte sowohl die sogenannten „Brennpunkte“ (hotspots) umfassen, indenen sich auf geringer Fläche sehr viele wild leben-de Arten befinden (Myers et al., 2000), als auch dieVielfalt der Ökosystemtypen repräsentieren. Für dieglobale Ernährungssicherheit ist zudem der Schutzder „Vavilov-Genzentren“ wichtig, in denen einegroße genetische Vielfalt der Kulturpflanzen oderihrer wild lebenden Verwandten vorkommt (Vavilov,1926; Hammer, 1998).

Wegen der funktionalen Bedeutung ihrer Ökosys-teme für die globale Umwelt sind einige Gebiete derBiosphäre von besonderer Bedeutung (unter ande-rem das atlantische Küstengebiet Amazoniens, dieöstliche Sahelzone, das südliche China und Indochi-na; WBGU, 2000).

Neue Schutzgebiete sollten nach ökologischenKriterien ausgewiesen, die vorhandenen Gebiete ineinen Zusammenhang gebracht und in Richtung aufein robustes, integriertes Schutzgebietssystem entwi-ckelt werden, das auch den zu erwartenden Verschie-bungen der Vegetationszonen durch den Klimawan-del folgen kann. Das Schließen der bestehenden Fi-nanzierungslücke für ein solches Schutzgebietssys-tem sollte keine unmögliche Aufgabe sein. DurchAbbau und Umbau von Subventionen, etwa für dieLandwirtschaft, könnten entsprechende Mittel um-geleitet werden. Da die biologische Vielfalt vor allemin Entwicklungsländern zu finden ist, die jedoch imGegensatz zu den Industrieländern nicht über dienotwendigen Finanzmittel für die Erhaltung verfü-gen, sind zudem Ausgleichszahlungen für entgange-ne Nutzungen erforderlich. Die Biodiversitätskon-vention sieht den finanziellen Ausgleich der verein-barten vollen Mehrkosten bereits vor, allerdings sinddie zur Verfügung gestellten Mittel hierfür bei wei-tem nicht ausreichend. Umgekehrt darf die Erhal-tung natürlicher Ökosysteme nicht durch Entwick-lungs-, Infrastruktur- und Strukturanpassungsmaß-nahmen, die z. B. der IWF oder die Weltbank finan-zieren, konterkariert werden. Über die staatlichenbzw. internationalen Maßnahmen hinaus wird auchdas Engagement privater Akteure notwendig seinund sollte z. B. durch geeignete Rahmenbedingungengefördert werden (Kap. C 3.5). Deshalb sollten dieBemühungen um die Schaffung eines privat betrie-

benen und steuerlich begünstigten „Biosphären-Fonds“ politisch unterstützt werden.

Da Wälder einen Großteil der biologischen Viel-falt beherbergen, wäre eine rechtlich bindende, inter-nationale Regelung zum Schutz der Wälder (z. B. einWälderprotokoll zur Biodiversitätskonvention;WBGU, 1996a, 2000) ein wichtiger Meilenstein zurErhaltung der biologischen Vielfalt und gleichzeitigein wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Bo-dendegradation und des Klimawandels. Ein weitererwichtiger Baustein für die Verhinderung des Raub-baus ist die Zertifizierung von Produkten aus nach-haltiger Waldwirtschaft (Kap. C 3.4).

Industrie, Handel und Tourismusbiodiversitätsfreundlich gestaltenIm Rahmen der Biodiversitätskonvention sollte dieMöglichkeit zur Erarbeitung gemeinsamer Stan-dards für den Umgang mit nichtheimischen Arten ge-fördert werden (z. B. Verpflichtung zum Austauschdes Ballastwassers auf hoher See). Die Verursachersollten grundsätzlich auch für die unbeabsichtigteEinfuhr gebietsfremder Arten haftbar gemacht wer-den. Die notwendige einheitliche Definition der Be-griffsinhalte sollte international vereinbart und mitder Einführung gentechnisch veränderter Arten har-monisiert werden, da die Probleme ähnlich gelagertsind. Im Washingtoner Artenschutzabkommen(CITES), in dem der Handel mit bedrohten Arteninternational geregelt wird, sollte das Kontrollsystemdurch Zertifizierung und Erkennungsmethoden ver-bessert und ein Vorteilsausgleich geschaffen werden.

Die Erarbeitung von Tourismus-Richtlinien inner-halb der Biodiversitätskonvention wäre nach An-sicht des Beirats ein Schritt in die richtige Richtung.Diese Richtlinie könnte ein wichtiges Element einerzukünftigen übergreifenden internationalen Rege-lung zum nachhaltigen Tourismus bilden.

Wissenslücken schließenDer vielleicht wichtigste Aspekt beim Thema „Bio-sphäre“ ist der eklatante Wissensmangel. Die Ge-samtzahl der Arten weltweit ist nicht einmal der Grö-ßenordnung nach bekannt und die Datenlage zumaktuellen Zustand der Biosphäre und ihrer großflä-chigen Ökosysteme (Biome) ist unzureichend. DieseWissenslücken behindern zur Zeit sowohl die Maß-nahmen zur Erhaltung als auch zur nachhaltigenNutzung biologischer Vielfalt. Ihre Beseitigung istu. a.Voraussetzung für die Erarbeitung von Indikato-ren, daher sollten entsprechende Projekte unter-stützt werden (z. B. das Millennium Ecosystem As-sessment; Ayensu et al., 1999). Zudem ist eine besse-re Organisation und klare Prioritätensetzung derinternationalen Biosphärenforschung notwendig.Der Beirat hat auch die Verbesserung der wissen-

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42 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

schaftlichen Politikberatung auf diesem Sektor ge-fordert und die Einrichtung eines Zwischenstaatli-chen Ausschusses über biologische Vielfalt (IPBD)nach dem Vorbild des IPCC empfohlen (WBGU,2000; Kap. E 1.3.2).

Umsetzung und internationaleErfüllungskontrolle verbessernViele Länder haben in den letzten Jahren erheblicheFortschritte in der Ausarbeitung ihrer Gesetzgebungzum Umgang mit biologischen Ressourcen gemachtund sind internationalen Abkommen wie CITES, derBiodiversitätskonvention oder der Ramsar-Konven-tion beigetreten. Doch es mangelt auf lokaler und na-tionaler Ebene vielfach an der Umsetzung: Schutzge-biete existieren nur auf dem Papier, Aktionspro-gramme sind unverbindlich und werden nicht umge-setzt, Nationalberichte gar nicht erst geschrieben. Esbedarf also effektiverer internationaler Mechanis-men der Erfüllungskontrolle (Kap. C 4). Hierzu mussdie Erfassung der Umsetzung durch die EntwicklungNationen übergreifender Indikatoren ermöglichtwerden. Für die Umsetzung sind insbesondere dieFörderung von Informationsaustausch (z. B. durchden Clearing-House-Mechanismus),Aufbau von Ka-pazitäten und Umweltbildung wichtige Ansatzpunk-te. Ein weiterer hilfreicher Schritt wäre die Abkehrvom Vetorecht einzelner Staaten in den oben ge-nannten internationalen Abkommen.

B 2.4.3.2Anpassung und Nachsorge

Anpassung und Nachsorge werden in diesem Be-reich nicht explizit ausgeführt, weil viele der oben be-schriebenen Maßnahmen gleichzeitig Vorsorge, An-passung und Nachsorge fördern. Zudem ist Verlustbiologischer Vielfalt irreversibel: Eine ausgestorbeneArt oder ein verschwundener Ökosystemtyp könnenmit nachsorgenden Maßnahmen nicht wiederherge-stellt werden. Nur wenn ausreichende Populationender Arten bzw. Flächen des Ökosystems vorhandensind, hat die Restauration von Ökosystemen eine Ba-sis, wobei allerdings vor allem für die Wiederherstel-lung großflächiger und komplexer Ökosysteme vor-aussichtlich noch lange Zeit die Wissensgrundlagefehlen wird. Als spezifische Voraussetzungen fürRestaurationsmaßnahmen können z. B. der strengeSchutz von verbliebenen Restflächen natürlicherÖkosysteme, die Erhaltung indigenen Wissens überNatur und Umwelt und der Aufbau von Ex-situ-Sammlungen angeführt werden.

B 2.5Bodendegradation

Wie der Beirat in seinem Jahresgutachten 1994 aus-führlich dargelegt hat, ist Bodendegradation ein glo-bales Problem (WBGU, 1994). Weltweit weisen etwa15% der eisfreien Landoberfläche Degradationser-scheinungen auf, davon gelten 15% als stark degra-diert, d. h. diese Böden sind nicht mehr kultivierbarund nur mit einem sehr hohen finanziellen Aufwandzu restaurieren. 1% der Böden sind bereits unwie-derbringlich verloren. Der überwiegende Teil der de-gradierten Böden gilt als leicht (38%) oder als mittel-mäßig (46%) degradiert, d. h. diese Böden sind ent-weder teilweise oder nur stark vermindert landwirt-schaftlich nutzbar. Bei mittelmäßig degradiertenBöden sind große Anstrengungen nötig, um die be-troffenen Flächen wieder vollständig nutzen zu kön-nen. Bei leicht degradierten Böden kann durch eineÄnderung der Bodenbearbeitung die volle Produkti-vität wieder hergestellt werden. Die Flächen mitleichten Degradationserscheinungen verdienen be-sondere Aufmerksamkeit, da hier der eigentlicheHandlungsspielraum bezüglich der Reversibilität derDegradationserscheinungen besteht. Von Bodende-gradation sind besonders die Entwicklungsländer be-troffen, aber auch in Europa zählt die Bodendegra-dation zu den gravierenden Umweltproblemen (Eu-ropäische Umweltagentur, 1999). Allein in Asiensind 39% der Böden degradiert, gefolgt von Afrika(25%), Südamerika (12%), Europa (11%), Nord-amerika (8%), und Ozeanien (5%). Die Bodende-gradation konzentriert sich besonders in den Tro-ckengebieten der Erde und wird dort auch als „De-sertifikation“ bezeichnet. Rund 40% der Landflächeder Erde sind Trockengebiete, davon sind rund 70%von Bodendegradation betroffen (BMZ, 1997).Rund 1,2 Mrd. Menschen sind allein durch Desertifi-kation und Dürre gefährdet, d. h. jeder sechste Erd-bewohner. Diese direkte Gefährdung in Trockenge-bieten war Anlass zur Verabschiedung der Desertifi-kationskonvention (Kap. C 2.4, Kap. C 4.3).

Eine neue Untersuchung für Asien machte deut-lich, dass wesentlich mehr Flächen von Bodendegra-dation betroffen sind, als durch die erste Erhebungausgewiesen wurden (van Lynden und Oldeman,1997). Die größten Flächenzuwächse sind in derKlasse der leichten Bodendegradationen (288%)und in den Klassen der sehr starken bis extremen Bo-dendegradation (146%) zu verzeichnen. Diese Zu-nahme der degradierten Flächen lässt sich jedochnicht allein einer verstärkten Degradationsdynamikzuschreiben, sondern ist Ergebnis der besserenDatenlage und der höheren Auflösung.

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43Bodendegradation B 2.5

Haupttypen der Bodendegradation sind Wasser-und Winderosion, physikalische Degradation durchVerdichtung (z. B. Mechanisierung der Bodenbe-arbeitung) und Versiegelung (z. B. Straßenbau) sowieDegradation durch Nährstoffverlust (z. B. durchÜbernutzung), Versalzung (z. B. fehlerhafte Bewäs-serung), Kontamination (z. B. Überdüngung) undVersauerung. Diese Typen führen zu dauerhaftenbzw. irreversiblen Störungen der Funktionen vonBöden oder zu deren Verlust. Von den global rele-vanten Funktionen der Böden ist die Nutzungsfunk-tion die wichtigste, da Böden die Grundlage der land-wirtschaftlichen Produktion sind.

Daneben haben Böden auch bedeutsame Rege-lungsfunktionen für die globalen biogeochemischenStoffkreisläufe. Böden sind entscheidend für denWasserkreislauf der Kontinente und Energiehaus-halt der Atmosphäre, sind Quellen und Senken fürTreibhausgase, Speicher und Transformatoren fürNährstoffe sowie Puffer, Filter, Transformatoren undSpeicher von Schadstoffen. Böden haben auch eineLebensraumfunktion, weil sie eine hohe biologischeVielfalt an Pflanzen, Pilzen, Tieren und Mikroorga-nismen enthalten, deren Stoffumsatz die Regelungs-funktion und die Produktionsfunktion wesentlichstützen (WBGU, 1994). Schließlich verfügen Bödenals „Träger“ der Standortbedingungen einer Regionauch über eine Kulturfunktion.

Eine Beeinträchtigung dieser Funktionen kanngravierende Auswirkungen auf die natürlichen Le-bensgrundlagen der Menschheit haben. An ersterStelle steht die Gefährdung der globalen Ernäh-rungssicherheit durch Bodendegradation. Davonsind insbesondere die Entwicklungsländer betroffen,da dort die überwiegende Zahl der Menschen direktvon der Landwirtschaft lebt und ein Ausfall dieserEinkommensquelle in der Regel Existenz gefähr-dend ist. Bodendegradation überlagert sich hier mitdem Problem der absoluten Armut. Zusammen mitder Bevölkerungsdynamik in vielen Entwicklungs-ländern ist eine Verschlechterung der Ernährungssi-cherheit durch eine stagnierende oder rückläufigeProduktion bei der derzeitigen fortschreitenden Bo-dendegradation absehbar (vor allem in Afrika). EinVerlust der Böden vermindert auch ihre Senken-funktion für Treibhausgase und verstärkt damit denKlimawandel. Zudem verändert Bodendegradationauch die Wasserkreisläufe, indem die Wasserspei-cherkapazität der Böden stark vermindert wird. Wiesehr die Regelungsfunktion der Böden für die globa-len biogeochemischen Kreisläufe durch Degradationbeeinträchtigt wird, ist noch weithin unbekannt.Schließlich bedeutet die Bodenzerstörung immerauch einen Verlust biologischer Vielfalt.

B 2.5.1Ursachen

Die Hauptursachen der globalen Bodendegradationsind Übernutzung durch Land- und Forstwirtschaft(Entwaldung, Überweidung), hinzu kommt eine dif-fuse Kontamination durch Stoffeinträge sowie einezunehmende Versiegelung der Böden, vor allem inden Industrieländern (WBGU, 1994). Die Haupt-ursachen der Bodendegradation ähneln stark denendes Biodiversitätsverlustes. An vorderster Stellesteht der Strukturwandel in der Landnutzung (Dust-Bowl-Syndrom, Sahel-Syndrom, Grüne-Revolution-Syndrom), insbesondere die Intensivierung derLandwirtschaft, die Steigerung der Nahrungsmittel-produktion und die Ausweitung der landwirtschaftli-chen Nutzfläche. Böden werden vor allem durchnicht angepasste Produktionstechniken, etwa ar-mutsbedingte Übernutzung (z. B.Verlust der Vegeta-tionsdecke) oder industrielle Landwirtschaft (z. B.Fertilitätsverlust,Versalzung, Kontamination) degra-diert.

Besonders gravierend sind die Folgen der meisthoch subventionierten industriellen Landwirtschaft:Auf Gunststandorten werden in Monokulturen unterhohem Kapital-, Energie-, und Technikeinsatz maxi-male Erträge erzielt (Dust-Bowl-Syndrom). Dabeibeschränkt sich diese Form der landwirtschaftlichenNutzung nicht nur auf Industrieländer, sondern wirdauch beim Anbau von Marktfrüchten in den Ent-wicklungsländern angewendet (zum Zusammenhangzwischen Globalisierung und Ernährungssicherung:BMZ, 2000). Ganz andere Ursachen hat das Sahel-Syndrom: Hier steht die Übernutzung natürlicherRessourcen zur Überlebenssicherung im Vorder-grund. Auch die Degradation natürlicher Ökosyste-me, insbesondere die weltweite Entwaldung, gebenBöden der Zerstörung preis (Raubbau-Syndrom).Ebenso kann es durch den Bau von Großprojektenzu Bodendegradation kommen, wie die weiträumigeBodenversalzung am Aralsee in Folge der Auswei-tung der Bewässerungslandwirtschaft zeigt (Aralsee-Syndrom). Dabei spielen die gesteigerte Nahrungs-mittelnachfrage, aber auch die Notwendigkeit einesintensiven Marktfrüchteanbaus zur Devisenerwirt-schaftung eine zentrale Rolle.

Die Sicherung der globalen Ernährung war auchder Hintergrund bei der Verbreitung der „GrünenRevolution“, die besonderes in Asien erfolgreichwar, in Afrika aber scheiterte. Weil die Grüne Revo-lution eine genaue, zeit- und sachgerechte Anwen-dung der landwirtschaftlichen Betriebsmittel ver-langt, hat sie sich in vielen Fällen als eine nicht ange-passte Technologie erwiesen, mit entsprechendennegativen Auswirkungen auf die Böden (z. B. Versal-

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44 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

zung, Kontamination, Verdichtung, Erosion; WBGU,1998a). Als großräumig angelegte Modernisierungder Landwirtschaft mit importierter Agrartechnolo-gie nach einheitlichem Muster hat sie kaum auf re-gionale Besonderheiten Rücksicht nehmen können(Grüne-Revolution-Syndrom).

Auch die flächenintensive Urbanisierung trägtdurch die Bodenversiegelung zum Verlust nutzbarerAgrarflächen und dem „Verschwinden“ der Bödenbei (Suburbia-Syndrom). Welche Auswirkungen derKlimawandel auf die Böden haben wird, ist nochnicht absehbar. Es ist weitgehend unbekannt, wieschnell sie sich an neue klimatische Bedingungen an-passen werden und welche sozioökonomischen Fol-gen damit verbunden sind. Bei fortschreitender glo-baler Erwärmung wird ein großflächiges Auftauender sibirischen Permafrostböden erwartet. Der plötz-lichen Verfügbarkeit neuer landwirtschaftlicherNutzfläche stünden vermutlich verlorene Flächen imSahel gegenüber und eine abrupte massive Freiset-zung des Treibausgases Methan (Kap. B 2.1). Sicherist, dass es durch Bodendegradation Einflüsse undRückwirkungen, z. B. durch global veränderte Ober-flächenalbedo oder verändertes Evapotranspira-tionsverhalten auf das Klimasystem geben wird.

B 2.5.2 Handlungsbedarf

Der Schutz und die nachhaltige Nutzung der Bödenverlangen ein ganzes Maßnahmenbündel, dasSchutz- und Nutzungsinteressen im Sinne einernachhaltigen Entwicklung vereint (Tab. B 2.5-1). Alsschleichender Prozess ist die Bodendegradation je-doch als besonders risikoreich einzustufen, da völligunbekannt ist, wann sie zu irreversiblen und kriti-schen Veränderungen der natürlichen Umweltsyste-me führen kann oder dazu beiträgt. Besonders gra-vierend ist zudem die mangelnde Wahrnehmung derBodendegradation.

Im Hinblick auf die bestehenden internationalenVereinbarungen, die sich bislang auf den Schutz vonBöden in Trockengebieten beziehen (Kap. C 4.3), hatder Beirat wiederholt die Entwicklung einer interna-tional übergreifenden Regelung zum Schutz und zurnachhaltigen Nutzung der Böden empfohlen(WBGU, 1994, 1999a, 2000). Nach wie vor ist vor al-lem die Entwicklungszusammenarbeit gefordert, dasich die Umwelt- und Entwicklungsprobleme in denEntwicklungsländern konzentrieren. Aber auch inden Industrieländern besteht Handlungsbedarf. Ins-besondere betrifft dies die notwendige Reform derSubventionen für die Landwirtschaft, z. B. in der Eu-ropäischen Union (WBGU, 2000).

B 2.5.3Institutionelle Regelungen

B 2.5.3.1Vorbeugung

Verbesserung der WissensbasisEin Hauptproblem der internationalen Bodenpolitikist der unzureichende Kenntnisstand. Seit 1990 gibtes zwar die Global Soil Degradation Database(GLASOD), mit der eine erste wissenschaftliche glo-bale Bestandsaufnahme erfolgte, allerdings wurdediese Arbeit nicht kontinuierlich fortgeführt und ver-feinert. Zudem sind die GLASOD-Daten hauptsäch-lich qualitative Einschätzungen und beruhen auf Ex-pertenmeinungen (Oldeman, 1999). Für Asien exis-tiert mittlerweile eine verbesserte regionale Kartie-rung (ASSOD). Dank besserer Datenlage undhöherer Auflösung wurde deutlich, dass wesentlichmehr Flächen von Bodendegradation betroffen sind,als bisher ausgewiesen wurden (van Lynden undOldeman, 1997). Um detaillierte Kenntnisse über dieweltweite Bodendegradation zu erhalten, sollte derAufbau des „Global and National Soil and TerrainDigital Database Program“ (SOTER) unterstütztwerden. Zur Entwicklung von SOTER arbeiten dasInternationale Bodenreferenzzentrum (ISRIC), dieFAO und UNEP zusammen. Mit SOTER soll überdie nächsten 10–15 Jahre eine globale Datenbanküber Böden, Bodennutzung und Bodendegradationgeschaffen werden (Oldeman, 1999).

Langfristig bedarf es aber einer Struktur, die dieBodenveränderungen im Anschluss an SOTERüberwacht. Hinzu kommt aktueller Beratungsbedarfzur Rolle biologischer Senken bei der Umsetzunginternationaler Umweltregime, zur Abschätzung glo-baler Leitplanken für Bodendegradation („tolerableFenster“) sowie der Entwicklung eines Basiskatalogsglobaler Indikatoren. Der Beirat empfiehlt daher ein„Intergovernmental Panel on Soils (IPS)“ einzurich-ten (Kap. E 1.3.2). Die Maßnahmen zur Verbesse-rung des Wissens gelten insbesondere auch für dasRegime zur Bekämpfung von Bodendegradation inTrockengebieten (UNCCD), wo die Entwicklung ei-nes „Kernsets“ globaler Indikatoren sowie von Leit-planken für Bodendegradation noch aussteht (Kap.C 4.3).

Schaffung einer globalenvölkerrechtsverbindlichen ÜbereinkunftDie Entwicklungen im Rahmen des Rio-Folgepro-zesses und neue wissenschaftliche Erkenntnisse ha-ben den Beirat in seiner Ansicht bestärkt, erneut aufdie Notwendigkeit zur Schaffung einer globalen Bo-

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45Bodendegradation B 2.5

denkonvention hinzuweisen (WBGU, 1994, 2000).Dieser Empfehlung haben sich inzwischen eine Rei-he weiterer Institutionen angeschlossen (TISC, 1998;SRU, 2000). Am ehesten realisierbar erscheint diesesZiel durch eine Erweiterung der Desertifikations-konvention, etwa durch zusätzliche regionale Anla-gen (WBGU, 1999a, 2000). Allerdings wird diesesVorhaben nur dann umsetzbar sein, wenn die Inter-essen der Entwicklungsländer angemessen berück-sichtigt werden (Pilardeaux, 1999). WesentlicheElemente einer solchen globalen Bodenkonvention

sollten die Bausteine technisch-wissenschaftlicheBeratung, Erfüllungskontrolle und Finanzierungssi-cherheit sein (Kap. C).

Umsetzung nationaler AktionsprogrammeEines der zentralen Instrumente zur Umsetzung derZiele der Desertifikationskonvention sind die natio-nalen Aktionsprogramme zur Desertifikationsbe-kämpfung, die seit 1999 in nahezu allen betroffenenLändern konzipiert worden sind. Entscheidend ist,dass die konkrete Umsetzung dieser Maßnahmen

Tabelle B 2.5-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei der Bodendegradation.Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

AUSWEITUNG DER LAND-NUTZUNG

(Sahel- und Raubbau-Syn-drom)• Absolute Armut• Gefährdung der Ernäh-

rungssicherheit• Bevölkerungswachstum• Common-Access-Prob-

lem

INTENSIVIERUNG DER

LANDWIRTSCHAFTLICHEN

NUTZUNG

(Dust-Bowl-Syndrom, Grü-ne-Revolution-Syndrom,Aralsee-Syndrom)• Gefährdung der Ernäh-

rungssicherheit• Steigerung der Nah-

rungsmittelproduktion• Globalisierung der Märk-

te

URBANISIERUNG

(Suburbia-Syndrom, Altlas-ten-Syndrom, Müllkippen-Syndrom)• Mobilität• Migration• Lebensstile

KLIMAÄNDERUNGEN

(Hoher-Schornstein-Syn-drom)• Lebensstile• Mobilität

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• LandwirtschaftlicheÜbernutzung marginalerStandorte

• Konversion natürlicherÖkosysteme

• Nicht standortgemäßeNutzung

• Stoffliche Überlastungvon Ökosystemen

• Markt- und Politikversa-gen (Subventionierungvon Überproduktion)

• Zersiedelung• Versiegelung, Flächen-

verbrauch• Kontamination

• Auftauen von Dauer-frostböden und Verfüg-barkeit neuer Böden

• Zunahme von Bodende-gradation durch Ände-rungen von Wasserkreis-läufen

Zentraler Handlungsbe-darf

• Wissensbasis verbessern • Multifunktionelle, stand-

ortgemäße Landnutzunganwenden

• Bodenschutz in die Prei-se internalisieren

• Rechtssicherheit herstel-len

• Multifunktionelle, stand-ortgerechte Landnutzungfördern

• Rahmenbedingungen fürAgrarmärkte umwelt-freundlich gestalten

• Nachhaltige Stadtent-wicklung fördern

• Bodenbewusstsein för-dern

• Anpassungsfähigkeit vonAgrarsystemen gegen ab-sehbare Klimaänderun-gen verbessern

Institutionelle Regelungen

• Globale Bodenkonvention einfüh-ren

• „International Panel on Soils“(IPS) einrichten

• Ausgeglichenere Landbesitzvertei-lung unterstützen

• Entwicklungszusammenarbeit stär-ken

• Globale Bodenkonvention einfüh-ren

• „International Panel on Soils“(IPS) einrichten

• Agrarsubventionen abbauen undfrei werdende Mittel vorsehen fürHonorierung ökologischer Leistun-gen

• Ausgeglichenere Landbesitzvertei-lung unterstützen

• Integrierte Systeme von Düngung,Be- und Entwässerung, Mehrfel-derwirtschaft, Fruchtwechsel usw.anwenden und Anreize für ökolo-gischen Landbau setzen

• Standortgerechte Kulturpflanzen-sorten entwickeln

• Technologie- und Wissenstransferintegrierter Systeme verstärken

• Flächenverbrauch senken• Entsiegelung der Städte fördern• Altlasten sanieren

• Klima- und Bodenschutz integriertbetrachten: Zusammenarbeit derKonventionen verbessern

• Anpassungsfähige Kulturpflanzenzüchten

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46 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

durch die Industrieländer finanziell und technischunterstützt wird.

B 2.5.3.2Anpassung und Nachsorge

Nationale Agrarentwicklungspolitikenlokal anpassen und diversifizierenBei der Weiterentwicklung von Landnutzungssyste-men kommt es darauf an, die Fehler der Vergangen-heit, insbesondere die der Grünen Revolution, nichtzu wiederholen (WBGU, 1998a). Vor allem sollteunter Berücksichtigung indigenen Wissens auf die re-gionale Anpassung geachtet werden und Mehr-fruchtsystemen der Vorzug vor Monokulturen gege-ben werden. Durch ein integriertes System von Dün-gung, Be- und Entwässerung, Mehrfelderwirtschaftund Fruchtwechsel kann die Bodenqualität nachhal-tig verbessert und die Ernährungssicherheit erhöhtwerden. Bei der Übernutzung aus Armut bleibt eineMischung aus Schaffung alternativer Einkommens-möglichkeiten und Rekultivierungsmaßnahmen ne-ben einem Bündel an soziopolitischen Maßnahmendas beste Rezept, um eine Verbesserung der Situa-tion zu bewirken. Nach wie vor ist das Prinzip derNutzungsdiversität nicht nur krisenfester, sondernauch schonender für die Böden.

Berücksichtigung des Klimawandels in derAgrarforschung sicherstellenUm die Agrarsysteme für den zu erwartenden Kli-mawandel anpassungsfähiger zu machen, empfiehltsich die Entwicklung von entsprechenden anpas-sungsfähigen Kulturpflanzen durch die internationa-le Agrarforschung. Eingedenk der momentanen Mo-dellvorhersagen, die zwar mehr globale Niederschlä-ge als Ergebnis der globalen Erwärmung vorhersa-gen, aber eher rückläufige Niederschläge in aridenund semi-ariden Gebieten (WBGU, 1998a), ist dieweitere Forschung zur Entwicklung dürre- und salz-resistenter Kulturpflanzen dringend geboten.

Restauration und Nachsorge kaum ErfolgversprechendVollständig degradierter Boden ist nicht mehr wie-derherstellbar. Mittelmäßig bzw. stark degradierteBöden sind nur mit großem finanziellem und techni-schem Aufwand zu restaurieren. Bereits heute müs-sen rund 16% der Böden weltweit mehr oder weni-ger als verloren angesehen werden. Nachsorgemaß-nahmen können in diesem Sinne nur die Abfederungder sozioökonomischen Folgen für die unmittelbarBetroffenen umfassen und die Eindämmung der wei-teren Ausbreitung in angrenzenden Gebieten. Daher

ist der Schwerpunkt vor allem auf Vorsorge- und An-passungsmaßnahmen zu legen.

B 2.6Süßwasserverknappung und -verschmutzung

Die Süßwasserkrise hat sich in den letzten Jahrenweiter verschärft, die regionalen Disparitäten derSüßwasserversorgung haben zugenommen (WBGU,1998a; Gleick, 1998). Heute leben rund 1,2 Mrd.Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser,vor allem in Entwicklungsländern (Cosgrove undRijsberman, 2000). In 50 Ländern der Erde herrschtbereits große Wasserknappheit, was zukünftig zurVerschärfung wasserbedingter Konflikte beitragenkönnte.

Neben der Verknappung ist die Verschmutzungdas zweite zentrale Merkmal der Wasserkrise. Nähr-salze und Schadstoffe aus Siedlung, Landwirtschaftund Industrie führen zu einer Beeinträchtigung derNutzungsfunktionen der Binnengewässer und desGrundwassers.Weltweit werden nur etwa 5% des an-fallenden Abwassers einer Behandlung unterzogen,selbst in den OECD-Ländern wird ein Drittel derAbwässer nicht geklärt (WBGU, 1998a). Die über-wiegende Mehrheit der rasch wachsenden Megastäd-te in Entwicklungsländern hat keine Anlagen zurAbwasserbehandlung, was auch für die Weltmeereeine zunehmende Belastung darstellt (Kap. B 2.3).Sanierungsmaßnahmen von Binnengewässern habenbisher fast ausschließlich in Industrieländern zu er-kennbaren Erfolgen geführt.

Süßwasser ist der wichtigste limitierende Faktorfür die Nahrungsmittelproduktion, 70% des globalenWasserverbrauchs werden schon jetzt in der Land-wirtschaft genutzt. Um das Wasserdargebot zu si-chern oder zu steigern, werden weltweit über 40.000Staudämme betrieben. Dennoch kommt es bereits invielen Regionen der Erde zu Produktionsausfällenwegen mangelnder Bewässerungsmöglichkeitenoder falsch ausgeführter Bewässerung (WBGU,1998a; Cosgrove und Rijsberman, 2000).

Auch die Gesundheitsgefährdung nimmt zu: Etwa3,3 Mrd. Menschen sind ohne Versorgung mit saube-rem Sanitärwasser. Über 50% der Weltbevölkerung,insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungs-ländern, sind von wasserbedingten Krankheiten be-troffen. 3,4 Mio. Menschen sterben jährlich alleindurch Verunreinigungen und Keime im Trinkwasser(WHO, 1999).

Mit der Ausbreitung und Intensivierung der Land-wirtschaft ist die Zerstörung aquatischer Ökosysteme(Feuchtgebiete, Seen, Fließgewässer) verknüpft, dieoft einen besonders hohen Grad an biologischerVielfalt aufweisen. In Großbritannien und den Nie-

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47Süßwasserverknappung und -verschmutzung B 2.6

derlanden sind 60%, in Kalifornien sogar 90% derFeuchtgebiete bereits verloren gegangen (Finlyasonund Moser, 1991; Dahl, 1990). Die Verschmutzungvon Gewässern und die Kontamination von Grund-wasser sind ökologisch besonders bedenklich, weilsie einen hohen zeitlichen Verzögerungsgrad undeine ausgeprägte Persistenz aufweisen. Viele Schad-stoffe können über längere Zeiträume in Gewässer-systemen akkumulieren oder entfalten oft erst inKombination mit anderen Substanzen ihre Wirkung.Insgesamt tragen Ausmaß und Bedeutung des gegen-wärtigen Süßwasserproblems den Keim einer globa-len sozialen und ökologischen Krise in sich (WBGU,1998a).

B 2.6.1Ursachen

Ein wesentlicher Grund für die Süßwasserkrise inzahlreichen Regionen ist die klimatisch und natur-räumlich bedingte extrem ungleiche Verteilung vonSüßwasser auf der Erde. Das Wasserdargebot wirdinsbesondere in klimatischen Randlagen sehr emp-findlich durch Klimaveränderungen beeinflusst (z. B.in der Sahelzone), so dass sich die Süßwasserkrisedurchaus weiter verschärfen könnte (Kap. B 2.1).

Das Süßwasser spielt in der Gesellschaft eine sozentrale Rolle, dass nahezu alle Syndrome des Glo-balen Wandels zur Verursachung der Wasserkrisebeitragen (Tab. B 2.6-1). In der Landnutzung sind inerster Linie das Dust-Bowl-, Grüne-Revolution- undAralsee-Syndrom von Bedeutung. Aber auch die inStädten konzentrierten Favela- und Suburbia-Syn-drome mit der Wechselwirkung zu den Müllkippen-und Altlasten-Syndromen spielen eine wesentlicheRolle im komplexen Ursachengefüge der Süßwasser-krise (WBGU, 1998a).

Der Strukturwandel der Landwirtschaft ist einewesentliche Triebkraft für den Wassermangel. DieZunahme der Bewässerungslandwirtschaft – für denAnbau von Devisen bringenden Exportprodukten(„cash crops“) oder Grundnahrungsmitteln als Folgedes Bevölkerungswachstums – hat einen erheblichenAnteil an der weltweiten Erhöhung des Wasserver-brauchs. Durch den Anbau nicht standortgemäßerNutzpflanzen kann es dazu kommen, dass ein aridesLand sein knappes Wasser über die Agrarprodukte„exportiert“ und so die lokale Wasserversorgungunterminiert wird (z. B.Anbau von Zitrusfrüchten inIsrael; Falkenmark und Wildstrand, 1992). Mit derZunahme des Fleischkonsums steigt der Wasserbe-darf für die Nahrungsproduktion weiter. Im Ver-gleich zu rein vegetarischer Nahrung verursacht eineErnährung mit einem Anteil von nur 20% Fleisch be-reits eine Verdopplung des Wasserbedarfs in der

Landwirtschaft (Klohn und Appelgren, 1998). Tech-nische Großprojekte (z. B. Staudämme; Aralsee-Syn-drom) sollen den gesteigerten Wasserbedarf deckenhelfen, sind jedoch häufig mit sozialen Verwerfungen(z. B. durch Umsiedlungsmaßnahmen) verbundenund schaffen andere ökologische Probleme(McCully, 1996; WCD, 1999). Die Intensivierung derLandwirtschaft führt zur Belastung von Grund- undOberflächenwasser mit Stickstoff, wodurch seineEignung als Trinkwasser durch überhöhte Nitratkon-zentrationen verringert wird. Hinzu kommen Biozi-de, die sich z.T. in der Nahrungskette anreichern kön-nen.

Gleichzeitig führt die Änderung der Lebensstileim Zuge von Urbanisierung und Industrialisierungzu einem steigenden Verbrauch und zu Verschmut-zung von Süßwasser. Als Folge von Urbanisierungverringern sich die nutzbaren Wasservorkommendurch Flächenversiegelung. Anspruchsteigerung unddie Ausbreitung westlicher Konsum- und Lebensstiletreiben den Strukturwandel in der Industrie an undverursachen über einen höheren Verbrauch vonEnergie und Rohstoffen auch einen höheren Wasser-bedarf (z. B. Kleine-Tiger-Syndrom). Nährstoff- undSchadstoffeinträge aus unzureichend geklärten häus-lichen und industriellen Abwässern führen in Gewäs-sern zur rasanten Eutrophierung und Schadstoffan-reicherung (vor allem durch das Favela-Syndrom).Die Subventionierung bis hin zur kostenlosen Be-reitstellung von Süßwasser kann zu einem sorglosenund verschwenderischen Umgang mit Wasser beitra-gen, ist aber gleichzeitig für die Sicherstellung derGrundversorgung für einkommensschwache Grup-pen unerlässlich. Geringe Effizienz der Wasserver-sorgung und -nutzung schränkt die Verfügbarkeit derknappen Ressource Süßwasser weiter ein. In vielenStädten führen lecke Rohrleitungen und illegale Ab-zweigungen zu Verlusten von 20–50% (Zehnder etal., 1997).

B 2.6.2Handlungsbedarf

Würden nur die Süßwasserprobleme Mittel- undWesteuropas sowie Nordamerikas betrachtet, sokönnte von einem globalen Umweltproblem kaumdie Rede sein. Doch in vielen anderen Regionen derErde besteht erheblicher Handlungsbedarf in Bezugauf Wasserverknappung und -verschmutzung. Insge-samt zeigt die Analyse, dass sich die weltweit heraus-bildende Süßwasserkrise zukünftig noch verschärfenwird. Deshalb sollte die Politik umgehend reagieren,um die Risiken zu mindern und eine Trendumkehr zuerreichen.

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48 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

Tabelle B 2.6-1Ursachen, Handlungsbedarf und notwendige institutionelle Regelungen bei der Süßwasserverknappung und -verschmutzung.Quelle: WBGU

Primäre Ursachen

INTENSIVIERUNG UND

AUSWEITUNG DER LAND-NUTZUNG

(Grüne-Revolution-Syn-drom, Dust-Bowl-Syn-drom, Sahel-Syndrom,Aralsee- Syndrom)• Steigerung der Nah-

rungsmittelproduktion• Produktion von cash

crops• Landnutzung auf margi-

nalen Standorten• Markt- und Politikversa-

gen (Subventionierung)• Internationale Verschul-

dung

STRUKTURWANDEL DER

INDUSTRIE

(Grüne-Revolution-Syn-drom, Katanga-Syndrom,Müllkippen-Syndrom, Klei-ne-Tiger-Syndrom)• Anspruchsteigerung, Le-

bensstile• Industrialisierung• Markt- und Politikversa-

gen • Globalisierung der Märk-

te

URBANISIERUNG UND

MOBILITÄT

(Favela-Syndrom, Subur-bia-Syndrom, Massentou-rismus-Syndrom)• Anspruchsteigerung, Le-

bensstile• Bevölkerungswachstum • Zunahme der sozioöko-

nomischen Disparitäten,Armut

• Nichtnachhaltige Sied-lungsformen

• Zersiedlung• Zunahme des Tourismus• Zunahme der Mobilität

Unmittelbare Auslöseroder Wirkungen

• Zunahme des Wasserver-brauchs und Verände-rung der lokalen Wasser-bilanz

• Ausweitung der Bewässe-rung, technische Groß-projekte

• Belastung von Grund-und Oberflächenwassermit Nährstoffen und Bio-ziden

• Wasserpreise spiegelnnicht die Knappheit wi-der

• Schadstoffeinträge in Ge-wässer

• Absenkung des Grund-wasserspiegels

• Nähr- und Schadstoffein-träge in Oberflächenge-wässer und Grundwasser

Zentraler Handlungsbe-darf

• Nachhaltige, standortge-mäße Landnutzungsfor-men fördern

• Großprojekte nur beiEinhaltung der ökologi-schen und sozialen Leit-planken durchführen

• Nutzungseffizienz derBewässerungstechnikverbessern

• Wasserintensive Produk-tionen in Länder mit aus-reichendem Wasserdar-gebot verlagern

• Nutzungseffizienz ver-bessern

• Mindestqualität von Was-ser sicherstellen

• Wassermanagementtransparent und partizi-pativ gestalten

• Verzerrende Marktinter-ventionen vermeiden

• Grundversorgung mitTrinkwasser sichern

• Transparentes und parti-zipatives Wassermanage-ment von Einzugsgebie-ten einführen

Institutionelle Regelungen

• Ökologische Landwirtschaft undLabelling-Systeme fördern

• Wasserrelevante Standards stärkerin Entwicklungsprojekten (z. B.Weltbank) beachten

• Züchtung salz- und trockenresis-tenter Pflanzensorten und Einsatzneuer Techniken für wassersparen-de Landnutzung fördern

• Technologie- und Wissenstransfervon effektiven und effizienten(auch traditionellen) Bewässe-rungssystemen fördern

• Regelungen zum vermindertenEinsatz oder Verbot von Agroche-mikalien durchsetzen

• Wassermärkte institutionalisieren• Angepasste Technologien für Was-

serversorgung entwickeln, anwen-den und transferieren

• Umwelttechnik für Siedlungs- undIndustrieabwässer fördern und um-setzen

• Mindestanforderungen an die Süß-wasserqualität (z. B. Trinkwasser,Bewässerung) international veran-kern

• Subventionen für Wasserver- und-entsorgung abbauen

• Umweltbildung zur Wasserproble-matik stärken

• Forschungs- und Entwicklungspro-jekte zur Meerwasserentsalzungausbauen

• „Menschenrecht auf Wasser“ ga-rantieren

• Weltwassercharta und Wasserfondseinführen

• Arme Bevölkerungsschichten beider Trinkwasserversorgung finan-ziell unterstützen

• Seuchenfrühwarnung einrichten(z. B. Gesundheitsämter vernetzen)

• River-Basin-Management anwen-den

• Bei grenzüberschreitenden Gewäs-sern transnationale Kommissionenund Streitschlichtungsmechanis-men einsetzen

• Globales Monitoring der Süßwas-serressourcen und -ökosystemeverbessern

• Sanierung von verschmutztenOberflächengewässern und Grund-wasser fördern

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49Süßwasserverknappung und -verschmutzung B 2.6

Das vom Beirat im Jahresgutachten 1997 entwi-ckelte Leitbild zum Umgang mit Süßwasser kannhierfür die Richtung vorgeben: Größtmögliche Effi-zienz unter Beachtung der Gebote von Fairness undNachhaltigkeit. Für spezifische Politikfelder hat derBeirat aus diesem Leitbild Ansätze zur Lösung derWasserkrise entwickelt (WBGU, 1998a).

Zur Umsetzung des Leitbilds und des Leitplan-kenansatzes ist eine globale Strategie notwendig, de-ren wesentliche Elemente hier skizziert werden. Jenach Ursachen und beteiligten Trends lässt sich derin Tabelle B 2.6-1 aufgeführte institutionelle Hand-lungsbedarf im Einzelnen ableiten, wobei die Priori-tät auf der Vorbeugung liegen sollte.

B 2.6.3Institutionelle Regelungen

B 2.6.3.1Vorbeugung

Recht auf WasserDie Bundesregierung sollte bei der weltweitenDurchsetzung eines Rechts auf Wasser aktiv mitwir-ken. Hierbei ist vor allem dafür zu sorgen, dass dietechnischen Voraussetzungen für einen freien Zu-gang zur Wasserversorgung in allen Ländern – unterEinhaltung der von der WHO festgelegten Mindest-standards für die Wasserqualität – gegeben sind. Esmuss eine (regional festzulegende) individuelle Min-destversorgung an Wasser für einkommensschwacheSchichten in allen Ländern flächendeckend gewähr-leistet sein. Dies sollte über die Zuweisung von Was-sergeld (analog zum Wohngeld in Deutschland) er-folgen oder über eine entsprechende Tarifgestaltung,d. h. über kostengünstige Tarife für die Wassermenge,die für den individuellen Mindestverbrauch anzuset-zen ist.

Weltwassercharta und globalesAktionsprogrammDer Beirat hat in seinem Jahresgutachten 1997 emp-fohlen, eine „Weltwassercharta“ zu initiieren, die al-len Regierungen, Kommunen, internationalen Orga-nisationen und nichtstaatlichen Verbänden zurZeichnung offen stehen sollte (WBGU, 1998a). Eshandelt sich dabei um einen globalen Verhaltensko-dex, der alle Akteure politisch auf die Bewältigungder Süßwasserkrise verpflichtet. Darauf aufbauendsollte ein „Globales Aktionsprogramm“ zur detail-lierten Ausgestaltung und Umsetzung der vereinbar-ten Prinzipien entwickelt werden. Die Empfehlun-gen des 2. Weltwasserforums gehen in die gleicheRichtung.

Globaler WasserfondsAlle Möglichkeiten einer Reduktion des Schulden-dienstes der von Wasserkrisen bedrohten Entwick-lungsländer sollten ausgeschöpft werden, wobei ge-gebenenfalls eine Verknüpfung mit wasserpoliti-schen Programmen zu prüfen ist. Der Aufbau einesglobalen Wasserfonds, der über robuste internationa-le Finanzierungsmechanismen gespeist wird (z. B.durch Einführung eines „Welt-Wasserpfennigs“),sollte in Erwägung gezogen werden.

Grundbedarf und WassermärkteEs müssen verlässliche und effizient operierendeSysteme zur Ver- und Entsorgung von Wasser aufge-baut werden, bei denen einerseits die Preise dieKnappheit des Gutes Wasser widerspiegeln undandererseits das Recht auf einen Grundbedarf ge-währleistet sowie die ökologischen Mindestanforde-rungen erfüllt sind. Dazu eignet sich am besten dieEinführung von wettbewerbsorientierten Wasser-märkten und Eigentumsrechten an Ver- und Entsor-gungssystemen (WBGU, 1998a). Dezentral geglie-derten Versorgungsstrukturen und -regelungen sollteder Vorzug gegeben werden, da sie in der Regel effi-zienter, für die Betroffenen eher nachvollziehbarund dem jeweiligen Charakter der Region eher ange-passt sind als starre zentrale Lösungen. Die staatlicheKompetenz zur Setzung der Rahmenbedingungenund zur Aufsicht muss allerdings gesichert sein. DieKoordination der Wasserressourcen sollte sich ent-lang der entsprechenden Einzugsgebiete bzw. Fluss-gebiete organisieren. Das Konzept des integriertenManagements von Einzugsgebieten bildet hierfür ei-nen geeigneten Rahmen.

EntwicklungszusammenarbeitVon Wasserkrisen betroffene oder bedrohte Staatenmüssen besser unterstützt werden. Vor allem bei derModernisierung bestehender Bewässerungssystemein der Landwirtschaft, der Sanierung und Erweite-rung der Wasserversorgungsnetze, der Etablierungoder Weiterentwicklung von Trinkwasserförderungs-,Abwasserentsorgungs- und Recycling-Systemen be-steht Bedarf.Wichtig ist dabei der Transfer von Tech-nologie und Expertise zur Wahrung soziokulturellerund ökologischer Wasserstandards, vor allem in dievon Wasserkrisen betroffenen Regionen und zumSchutze des Weltnaturerbes, mit besonderem Ge-wicht auf Wasser sparenden und umwelt-, kultur- undstandortverträglichen Methoden.

Monitoring und FrühwarnungZur Kontrolle der Wasserqualität in den Süßwasser-ökosystemen fehlen Monitoring-Kapazitäten. Beste-hende Monitoringsysteme sollten auf ihre Eignungund Anwendbarkeit in Entwicklungs- und Schwel-

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50 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

lenländern geprüft und ihre Installation durch orga-nisatorische Unterstützung und Aufbau von Kapazi-tät gefördert werden. Außerdem sind ein europäi-sches und ein globales Netzwerk unter Einbeziehungvon nationalen Gesundheitsämtern und internatio-nalen Verbünden wie den Centers for Disease Cont-rol and Prevention (CDC) und der WHO erforder-lich, um ein internationales Frühwarnsystem für Seu-chengefahren aufzubauen und Epidemien besser be-wältigen zu können.

Nutzung und der Schutzgrenzüberschreitender GewässerBei grenzüberschreitenden Gewässern könnentransnationale Vereinbarungen mit ständigen Kom-missionen sinnvoll sein, die für die Bewältigung derSüßwasserproblematik im ganzen Einzugsgebiet zu-ständig sind. Als Vorbild kann dabei die Internatio-nal Joint Commission im Grenzgewässerregime zwi-schen USA und Kanada dienen (Kap. C 4.2).

KonfliktvermeidungViele internationale Konflikte gehen auf ungleicheNutzung der Ressource Wasser durch Oberrainerund Unterrainer von Flüssen zurück. Pilotprojektezur ausgewogenen Nutzung von grenzüberschreiten-den Flüssen sollten gefördert, international tätigeMediatoren zur Schlichtung solcher Konflikte bereit-gestellt und in der Entwicklungszusammenarbeit dieEinhaltung von Gerechtigkeitspostulaten als Krite-rium berücksichtigt werden.

BildungsmaßnahmenDie Beteiligung aller Akteure an wasserwirtschaftli-chen Entscheidungen sollte von Bildungs- und Trai-ningsmaßnahmen begleitet werden. Diese Bildungs-maßnahmen sollten die Zusammenhänge zwischenWasser, Gesundheit und Umwelt vermitteln. Hierbeimüssen Traditionen, Lebensweisen und Rollenmus-ter der betroffenen Menschen und v. a. die Selbsthil-fepotenziale bei lokalen Wasserproblemen mit ein-fließen.

B 2.6.3.2Anpassung

EinsparungEine wirkungsvolle Verringerung des Wasserver-brauchs kann durch Ausschöpfung der Einsparpo-tenziale (Bewässerungstechnik, Brauch- und Regen-wassernutzung, Anbau standortgerechter Pflanzen-sorten, Wasser-Recycling, Aufklärung der Bevölke-rung) erzielt werden. Techniken und Verfahren desRecycling von Siedlungs- oder Industrieabwässernund zur mehrfachen Nutzung von Brauch- und Re-

genwasser sollten verbessert und durch entsprechen-de Forschung, Pilotprojekte sowie Wissens- undTechnologietransfer unterstützt werden.

BewässerungslandwirtschaftIn der Landwirtschaft sollten effektive traditionelleBewässerungstechniken (z. B. Subak-Bewässerung inBali) gefördert werden. Der Einsatz neuer Technolo-gien und Anbau salztoleranter oder an Wasserman-gel angepasster Pflanzensorten kann Wasser sparenhelfen. Dabei sollten die Risiken biotechnologischerVerfahren berücksichtigt werden (WBGU, 1998a).Wasserintensive Produktion in Landwirtschaft undIndustrie sollte möglichst in Länder mit ausreichen-dem Wasserdargebot verlagert werden, was z. B.durch ökonomische Anreizsysteme und Kosten de-ckende Wasserpreise erreicht werden könnte. DieErrichtung wasserbaulicher Großprojekte (z. B. gro-ße Staudämme) sollte nur nach sorgfältiger Abwä-gung der sozialen und ökologischen Folgen finanziellunterstützt werden.

B 2.6.3.3Nachsorge

Die Sanierung degradierter Süßwasserressourcen isterheblich teurer und weniger effektiv als entspre-chende Vorsorgemaßnahmen. Dennoch wird in Ein-zelfällen eine entsprechende Förderung durch natio-nale oder multilaterale Finanzierung notwendig sein.Eine weitere Option der Nachsorge ist die Meerwas-serentsalzung, die allerdings wegen ihres extrem ho-hen Energiebedarfs derzeit nur in Ausnahmefällenund in Regionen mit ausreichender Versorgung anregenerativer Primärenergie ein gangbarer Weg seinkann.

B 2.7Regimerelevante Eigenschaften der globalenUmweltprobleme

Die globalen Umweltprobleme weisen in ihrer Ursa-chen- und Wirkungsstruktur sehr unterschiedlicheEigenschaften auf, die für die institutionelle Gestal-tung der Umweltpolitik von großer Bedeutung sind.So ist z. B. ein monokausales Problem, das nachKenntnis der wissenschaftlichen Zusammenhängean der Ursache mit gezielten technischen Änderun-gen im politischen oder wirtschaftlichen System ge-löst werden kann, ganz anders zu behandeln als einmultikausales Problem, bei dem die Ursache-Wir-kungs-Beziehungen besonders komplex sind.

Es gibt viele generelle Eigenschaften, die bei derBetrachtung aller globalen Umweltprobleme von

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51Regimerelevante Eigenschaften der globalen Umweltprobleme B 2.7

großer Bedeutung sind, z. B. die großen Unterschie-de in der ökonomischen Leistungsfähigkeit und dernaturräumlichen Ausstattung zwischen Nord undSüd. Auch zeigt sich bei allen Umweltproblemen inunterschiedlicher Ausprägung eine räumliche Tren-nung von Verursachern und Geschädigten.Am deut-lichsten wird dies beim Klimaproblem, von dem diekleinen Inselstaaten am stärksten betroffen seindürften, obwohl sie am wenigsten zur Verursachungbeigetragen haben. Aber auch bei den eher regionaloder lokal ausgeprägten Umweltproblemen ist meisteine globale Komponente bei der Verursachung vor-handen, z. B. über die globalen ökonomischen Rah-menbedingungen (Welthandelsordnung). Sozioöko-nomische Disparitäten zwischen Verursachern undBetroffenen von Umweltproblemen und die Unter-schiede in der finanziellen und technologischen Leis-tungsfähigkeit zur Bewältigung, Anpassung oderauch Vorsorge sind ebenfalls wichtige unterschiedli-che Grundmuster der globalen Umweltprobleme.Diese generellen Faktoren spielen bei der Regimege-staltung zur Bewältigung der Probleme eine wesent-liche Rolle.

Es gibt eine Reihe weiterer Eigenschaften, diesich aus den problemspezifischen und gesellschaftli-chen Zusammenhängen ergeben und bei der Ausge-staltung von Lösungen von grundsätzlicher Bedeu-tung sind. Im Folgenden wird vor allem auf die spe-ziellen Eigenschaften abgehoben, bei denen sich dieUmweltprobleme besonders unterscheiden und dievon den darauf zugeschnittenen Regimen daher mitbesonderer Aufmerksamkeit beachtet werden müs-sen. Dazu wird eine Auswahl wichtiger Eigenschaf-ten mit den dazu gehörigen Kernfragen behandelt,ohne allerdings vollständig sein zu wollen (Tab.B 2.7-1; WBGU, 1999a).• Ursachencharakteristik: Ist das Umweltproblem

im Wesentlichen auf eine eindeutig definierbarePrimärursache zurückführbar? Sind hierfür einfa-che technische Lösungen denkbar? Der Verlustder stratosphärischen Ozonschicht wird z. B. vorallem von den anthropogenen Emissionen derFCKW verursacht, für die es bereits unschädlicheErsatzstoffe gibt. Bei dem Verlust biologischerVielfalt sind die Ursachen derart vielfältig undvon so unterschiedlichen Faktoren abhängig, dasseine einfache technische Lösung nicht in Fragekommt, sondern je nach Region verschiedene, an-gepasste Strategien gefunden werden müssen. Einglobales Regime ist umso leichter zum Erfolg zuführen, je einfacher die Ursachenmuster aufzuklä-ren und je überschaubarer sie sind.

• Systemkomplexität: Wie komplex ist das systema-re Ursache-Wirkungs-Gefüge? Sind Nichtlineari-täten oder plötzliche Umschwünge – vielleicht so-gar auf globaler Ebene – zu befürchten? Das Kli-

masystem ist z. B. durch hoch komplexe und nicht-lineare Wirkungsmechanismen geprägt, die nochnicht zufrieden stellend verstanden und grund-sätzlich globaler Natur sind. Es besteht die Gefahrplötzlicher Systemumschwünge mit großräumigenFolgen, etwa in Form von Verlagerungen ozeani-scher Strömungen (Kap. B 2.1). Komplexe Folge-wirkungen lassen sich nicht in einzeln zu beein-flussende Wirkungsstränge zerlegen, die dann un-abhängig voneinander behandelt werden könn-ten. Ein derartiges Problem muss insgesamt gelöstwerden, was die Aushandlung und Anpassung derRegime kompliziert. Die Behandlung nichtlinea-rer Systeme, die sich auch kontraintuitiv verhaltenkönnen, verlangt besondere Anstrengungen derWissenschaft zur Vermittlung der Sachlage undein sorgfältiges Monitoring, mit dem überraschen-de Entwicklungen möglichst schnell erkannt wer-den können. Die Veränderungen der Einschätzun-gen der „Leitplanken“ müssen schnell in entspre-chende Regelungen umsetzbar sein, die Regimemüssen also z. B. durch Vereinbarung von Zusatz-protokollen flexibel reagieren können.

• Unsicherheit: Wie gut ist das Wissen über das Um-weltproblem? Ist der naturwissenschaftliche Hin-tergrund weitgehend aufgeklärt? Gibt es Modelle,Indikatoren, vollständige Datensätze? Auch hierist die Lage bei den Umweltproblemen sehr unter-schiedlich: Beim Süßwasserproblem kennt mandie Zusammenhänge auf regionaler Ebene rechtgut (es mangelt eher an einer globalen Zusam-menschau), während sich die Regime zum Verlustbiologischer Vielfalt wohl noch lange mitgundsätzlichen Wissenslücken abfinden müssen.Ein gut bekanntes Problem, zu dem es messbareIndikatoren oder sogar verlässliche Modelle gibt,ist für politische und rechtliche Systeme leichterzu steuern. Bei mangelnden Wissensgrundlagensollte daher eine international koordinierte For-schung besonders gefördert werden, die einerseitsdas Grundlagenwissen erarbeiten und anderer-seits mit Indikatoren-, Monitoring-, Frühwarnsys-temen den aktuelle Stand überwachen muss. Re-gime müssen anpassungsfähig sein und auf verän-derte Kenntnis- oder Sachlagen flexibel reagierenkönnen (Munn et al., 2000).

• Zugang zu Gemeinschaftsgütern (Common Ac-cess): Ist der Zugang zu der gewünschten Ressour-ce einschränkbar? Wie einfach ist es, Eigentums-rechte zu vergeben und durchzusetzen? Der Zu-gang zur Atmosphäre für die Emissionen vonTreibhausgasen oder FCKW ist weltweit für allemöglich. Ebenso ist die Hohe See offen zugäng-lich, ob sie nun als Senke für Schadstoffe oder alsQuelle für biologische Ressourcen genutzt wird.Land hingegen kann mit Eigentumstiteln verse-

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52 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

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53Regimerelevante Eigenschaften der globalen Umweltprobleme B 2.7

hen werden. Das persönliche Interesse und die ei-gene Verantwortung im Umgang mit Ressourcenist mit der Sicherheit von Eigentumsrechten engverknüpft. Globale Common-Access-Güter lei-den oftmals unter Übernutzung, da individuelleVerantwortung kaum zum Tragen kommt, so dassübergreifende Regelungen von besonderer Be-deutung sind. Diese Güter eignen sich daher be-sonders für den Schutz durch Nutzungsentgelte(Kap. E 3.2.3).

• Räumliche Disparität: Spannt sich das Ursache-Wirkungsmuster über den ganzen Globus, oderhandelt sich es bei dem Umweltproblem im We-sentlichen um eine Akkumulation lokaler oder re-gionaler Probleme? Bei einigen Problemen kön-nen Verursacher und Betroffene durchaus aufunterschiedlichen Kontinenten beheimatet sein(Klimawandel, stratosphärisches Ozonproblem).Dann sind globale Konventionen dringend not-wendig, denn nur das weltweit konzertierte Vorge-hen kann Erfolg versprechen. Bei überwiegend lo-kalen und regionalen Problemen, wie z. B. bei demSüßwasserproblem stehen Verursacher und Be-troffene meist im regionalen Zusammenhang(hier: Einzugsgebiete). Globale Regelungen sinddann weniger zwingend, können aber durchaus alsMedium für internationalen Finanz- und Techno-logietransfer von Bedeutung sein. Umweltproble-me, bei denen sich die regionalen Wirkungen zuglobalen Effekten akkumulieren, verlangen einenMix aus globalen Regelungen und regionalen bzw.lokalen Lösungen (z. B. Böden, biologische Viel-falt).

• Zeitliche Disparität, Verzögerung: Wie groß ist dieZeitspanne zwischen Verursachung und Eintretender schädlichen Umweltfolgen? Wähnt man sichaufgrund großer Verzögerungen vielleicht in fal-scher Sicherheit? Das Einleiten von ungeklärtenAbwässern in einen Fluss hat bereits nach sehrkurzer Zeit messbare Auswirkungen zur Folge.Bei anderen Umweltproblemen liegen Ursacheund Wirkung oft zeitlich weit auseinander. Dasglobale Klimasystem weist z. B. eine große Träg-heit auf, es wird auch auf verminderte anthropoge-ne Emissionen nur schwerfällig reagieren. SolcheVerzögerungswirkungen lassen sich nur bei gutemSystemwissen erkennen. Sie sind für die Regime-bildung besonders bedeutsam, da unter Umstän-den kostspielige präventive Vermeidungsstrate-gien ohne bereits wahrnehmbare und vermittel-bare Schäden durchgesetzt werden müssen.Unpopuläre, aber aus wissenschaftlicher Sichtnotwendige Maßnahmen erfordern deshalb auchbesondere „Marketinginstrumente“, mit denenentsprechende Vorsorgemaßnahmen vermitteltwerden können.

• Irreversibilität, Persistenz: Sind die Wirkungen desUmweltproblems reversibel? Um welche Zeit-spannen handelt es sich? Wenn man das „mensch-liche Maß“ der Überschaubarkeit von Zeitspan-nen in den Bereich von Jahrtausenden legt, dannlassen sich die sechs Umweltprobleme grob inzwei gleich große Klassen einteilen: Das Klima-problem, der Verlust biologischer Vielfalt und vie-le Formen der Bodendegration sind irreversibel,da z. B. die Bodenbildungsraten und die Artbil-dungsprozesse um Größenordnungen langsamerablaufen als die heutigen Zerstörungsraten. DasSüßwasserproblem, der stratosphärische Ozon-verlust und die Meeresproblematik (allerdingsmit Ausnahmen: z. B. radioaktive Abfälle) sindhingegen bei Einleitung geeigneter Maßnahmengrundsätzlich kurierbar, die Zeitspannen liegenim Bereich von Jahrzehnten bis wenigen Jahrhun-derten. Irreversiblen Veränderungen des globalenÖkosystems muss natürlich mit ganz besondererVorsicht begegnet werden (WBGU, 1998a). Sieverlangen Umweltregime, die sich vor allem aufdie Vorbeugung und Vermeidung dieser Entwick-lungen konzentrieren.

Bei vielen dieser Eigenschaften wird deutlich, welcheSchlüsselrolle die Forschung für die Politikformulie-rung einnimmt. Die Verringerung der Unsicherheitüber Ursachen, Systemmechanismen und Wirkungendurch verbesserte Umweltforschung ist daher einegenerell abzuleitende Forderung. Der Erkenntnisge-winn allein aber genügt nicht: Besondere Anstren-gungen sind bei der Vermittlung der Erkenntnisse anden Schnittstellen Wissenschaft/Politik und Wissen-schaft/Öffentlichkeit erforderlich. WissenschaftlichePolitikberatung und wissenschaftlich fundierte Be-richterstattung in den Medien sind daher unverzicht-bare Instrumente, die es zu schärfen und anzuwen-den gilt.

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Zusammenhänge zwischen den globalen UmweltproblemenB 3

Die globalen Umweltprobleme entwickeln sich nichtunabhängig voneinander. Es besteht eine Vielzahlvon Wechselwirkungen, die nur selten abschwächen-de Wirkung zeigen, sondern sehr viel häufiger ver-stärkenden Charakter besitzen. Dabei bestehen fol-gende Zusammenhänge:– Umweltprobleme können gemeinsame Ursachen

haben,– Umweltprobleme können sich gegenseitig beein-

flussen (Schnittstellen).Eine Trennung von Schnittstellen und gemeinsamenUrsachen ist hierbei nicht immer eindeutig möglich.Die Unterscheidung wird daher pragmatisch vorge-nommen. Im ersten Fall handelt es sich um indirekteZusammenhänge zwischen den Umweltproblemen,im zweiten Fall um direkte Beziehungen (Wirkun-gen). Beide Fälle erfordern unterschiedliche institu-tionelle Lösungsansätze.

B 3.1Gemeinsame Ursachen

Aus der Ursachenanalyse in Kap. B 2 ist deutlich ge-worden, dass viele der Umweltprobleme gemeinsa-me Ursachen haben. Die wesentlichen verursachen-den Syndrome sind für jedes Umweltproblem in denTabellen B 2.-1 bis B 2.7-1 aufgeführt, werden hierzusammengefasst und ergänzt.Tab. B 3.1-1 gibt einenÜberblick darüber, welche Syndrome ursächlich ander Entstehung der globalen Umweltprobleme be-teiligt sind.

Die Anzahl der ursächlich beteiligten Syndromeist ein Hinweis auf die Komplexität eines globalenUmweltproblems. Zudem lässt sich daraus schließen,ob die Bekämpfung einzelner Syndrome positiveWirkungen auf mehrere Umweltprobleme entfaltenkönnte.

In unterschiedlichen Syndromen und Umweltpro-blemen können die gleichen gesellschaftlichen Trieb-kräfte eine wesentliche Rolle spielen. Daher wirdgezeigt, welche dieser Triebkräfte (erste Spalte „pri-märe Ursachen“ der Tabellen zu den einzelnen Um-weltproblemen in Kap. B 2) bei vielen der Umwelt-

probleme besondere Bedeutung haben. Es lassensich drei Schwerpunkte identifizieren, die auf unter-schiedlichen Ebenen des Problems angesiedelt sind:• Offener Zugang zu Gemeinschaftsgütern (Com-

mon Access): Ein Hauptproblem bei der Nutzungglobaler Umweltgüter ist die Übernutzung undÜberlastung, die sich beispielsweise in der Ausrot-tung bestimmter Arten, in der Ressourcenausbeu-tung oder in der Schädigung natürlicher Ökosys-teme niederschlägt. Ein freier, allen offener Zu-gang führt oft zur Übernutzung der Ressourceund damit zu Umweltschädigungen, weil jeder sei-nen individuellen Nutzungsanspruch geltendmacht, aber niemand direkt verantwortbar für dasÜberschreiten der Nutzungsgrenzen ist (Frey undBohnet, 1996; McCay und Jentoft, 1996; Kap. E3.2.3). Wenn Menschen auf Ressourcen zugreifenkönnen, die für sie kostenlos sind oder deren Nut-zung zumindest ohne großen Aufwand möglich ist,führt das zu dem oft zitierten Dilemma der„Tragedy of the Commons“ (Hardin, 1968). Einmöglicher institutioneller Ansatz ist die Einfüh-rung von Entgelten für die Nutzung der Gemein-schaftsgüter (Kap. E 3.2.3).

• Nichtnachhaltige Landnutzung: Nahezu alle Syn-drome des Globalen Wandels und viele der globa-len Umweltprobleme sind mit der Landnutzungverknüpft. Nichtnachhaltige Landnutzung ist ei-nes der wichtigsten Phänomene des GlobalenWandels. Umweltprobleme als Folge von Land-nutzungsänderungen sind in fast allen Ländernder Erde zu verzeichnen. In Afrika, Asien undSüdamerika sind Entwaldung, Übernutzung undÜberweidung von Böden sowie landwirtschaftli-che Aktivitäten die Hauptursachen anthropoge-ner Bodendegradation (Kap. B 2.5;WBGU, 1994).Zudem gibt es einen stetig steigenden Bedarf anneuen Nutzflächen mit der damit verbundenenKonversion natürlicher Ökosysteme (WBGU,2000). Dieser Prozess hat eine Reihe von verstär-kenden Einflüssen auf andere Umweltprobleme(z. B. Klimawandel; Kap. B 3.2). Der Verlust biolo-gischer Vielfalt, Klimawandel und die Verände-rung der globalen biogeochemischen Kreisläufe

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55Wechselwirkungen zwischen den globalen Umweltproblemen B 3.2

sind wesentlich von der Landnutzung beeinflusst.Das Problem korrespondiert mit dem Anstieg derWeltbevölkerung und der Wohlstandssteigerung(u. a. durch Umstellung der Ernährungsgewohn-heiten). Eine besonders wichtige Triebkraft für dienichtnachhaltige Landnutzung in den Entwick-lungsländern ist die Armut, die Menschen ausMangel an Alternativen zur Übernutzung margi-naler Standorte zwingt, um das Überleben zu er-möglichen.

• Lebensstile: Industrielle Lebensstile, die Ausbrei-tung westlicher Konsummuster, Mobilität undUrbanisierung sind Phänomene, die ebenfalls ander Verursachung vieler Syndrome und Umwelt-probleme beteiligt sind. Vor allem die Industriali-sierung und zunehmende Urbanisierung sinddurch einen ineffizienten und zunehmendenEnergie- und Ressourcenverbrauch gekennzeich-net. Sie sind untrennbar mit Lebensstilen und Le-bensstiländerungen verbunden, so dass heute dieEffizienzgewinne bei der Nutzung von Ressour-cen durch die absolute Zunahme des Pro-Kopf-Verbrauchs in den Industrieländern und durch dasBevölkerungswachstum in den Entwicklungslän-dern mehr als kompensiert werden.Wenn man be-denkt, dass heute etwa 2,5 Mrd. Menschen ohneStromanschluss und mehr als die Hälfte der Welt-bevölkerung in Armut leben, muss mit einemenormen Nachholbedarf gerechnet werden. Das

aber lässt die Prognose, dass sich der weltweiteEnergie- und Materialverbrauch bis Mitte des 21.Jahrhunderts zumindest verdoppeln wird, als sehrwahrscheinlich erscheinen. Die Herausforderung,globale Umweltressourcen zu schonen und gleich-zeitig ausreichend Energie als Bedingung für wirt-schaftliches Wachstum und Lebensqualität zurVerfügung zu stellen, muss bewältigt werden. Dieskann nur durch nachhaltiges Wachstum erfolgen,das langfristig wesentlich stärker auf erneuerbareEnergien und das Recycling von Ressourcen setzt.

Globale Umweltpolitik sollte auch an diesen prob-lemübergreifenden Schwerpunkten ansetzen, da sichhierdurch breit gestreute Wirkungen für eine nach-haltige Entwicklung erzielen lassen. Auf die Konse-quenzen für die institutionelle Ausgestaltung globa-ler Umweltpolitik wird in Kap. B 3.3 eingegangen.

B 3.2Wechselwirkungen zwischen den globalen Um-weltproblemen

B 3.2.1Überblick

Die Analyse der Umweltprobleme hat bereits ge-zeigt, dass es in vielen Fällen starke Beeinflussungen

Klimawandel Strato- Gefährdung Verlust Boden- Süßwasser-sphärischer der Weltmeere biologischer degradation verknappungOzonabbau Vielfalt und und

Entwaldung -verschmutzung

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Havarie-S.

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Müllkippen-S.

Altlasten-S.

Tabelle B 3.1-1Verursachung globaler Umweltprobleme durch Syndrome. bedeutet, dass das Syndrom wesentlich an der Verursachung desUmweltproblems beteiligt ist; deutet auf einen weniger ausgeprägten Einfluss.Quelle: WBGU, 1996b, modifiziert

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56 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

zwischen Umweltproblemen gibt. Diese Wechselwir-kungen fügen dem Bild des Globalen Wandels eineweitere Komplexitätsstufe hinzu, denn es können dieverschiedenen Probleme nicht unabhängig vonein-ander betrachtet oder gelöst werden. Allerdings be-stehen nicht zwischen allen Umweltproblemen Zu-sammenhänge, auch sind die Kopplungen von unter-schiedlicher Bedeutung.Tab. B 3.2-1 gibt einen Über-blick über die bestehenden Wechselwirkungen.Vielesind unzureichend untersucht, daher haben einigeder Tabelleneinträge noch hypothetischen Charak-ter; auch die Einschätzung der Bedeutung der Wech-selwirkung ist mit großen Unsicherheiten verbun-den. Die übliche sektorale bzw. disziplinäre Herange-hensweise an globale Umweltprobleme führt leiderdazu, dass das Hauptaugenmerk der Forschung denProblemen und ihren Ursachen selbst gewidmet ist,den möglichen Verknüpfungen mit anderen Umwelt-problemen aber zu wenig Bedeutung beigemessenwird.

Die meisten Zusammenhänge sind verstärkend,d. h. die Ausprägung eines Umweltproblems ver-schärft Ursachen oder Wirkungen eines anderenUmweltproblems. Die einzige Ausnahme ist der stra-tosphärische Ozonabbau, der möglicherweise aufden Klimawandel abschwächend wirkt (Kap. B3.2.2.3). In Abb. B 3.2-1 sind Wechselwirkungen zwi-schen den Umweltproblemen und die zugeordnetenglobalen Umweltabkommen schematisch darge-stellt.

In einem weiteren Schritt sollte auch das synergis-tische Wirken von gemeinsam auftretenden Umwelt-problemen zu neuen Ansatzpunkten für die institu-tionelle Ausgestaltung der betreffenden Umweltre-gime führen. Als Beispiel sind die UmweltproblemeBodendegradation, Süßwasserverknappung und-verschmutzung sowie Verlust biologischer Vielfaltund Entwaldung sehr eng auf der regionalen Ebenemiteinander verkoppelt. Diese Wechselwirkungensind daher am ehesten mit einer integrativen regio-nalen Strategie zu erfassen und zu bewältigen (biore-gionales Management, integriertes Management vonEinzugsgebieten; WBGU, 1998a, 2000).

Andere Probleme und ihre Schnittstellen betref-fen unmittelbar globale Regelungsfunktionen, soz. B. das Zusammenwirken von Klimawandel, Bo-dendegradation sowie der Verlust biologischer Viel-falt und Entwaldung. Dies erfordert einen globaleninstitutionellen Ansatz, in dem diese Wechselwirkun-gen integrativ behandeln werden, etwa durch ver-stärkte Zusammenarbeit der bestehenden Konven-tionen oder durch neue problemübergreifende insti-tutionelle Strukturen (Kap. F 2).

Als Beispiele sollen im Folgenden drei Wechsel-wirkungen und ihre institutionellen Konsequenzennäher betrachtet werden.

B 3.2.2Beispiele für Wechselwirkungen

B 3.2.2.1Klimawandel und Verlust biologischer Vielfalt bzw.Entwaldung

Auswirkungen des Klimawandels auf denVerlust biologischer Vielfalt undEntwaldungDer Mensch beeinflusst nicht nur durch direkte Ein-griffe (z. B. Ökosystemkonversion und -fragmentie-rung; Kap. B 2.4) die weltweiten Ökosysteme, son-dern es gibt – neben anderen wichtigen Wechselwir-kungen – auch starke indirekte Einflüsse auf denVerlust biologischer Vielfalt durch den Klimawandel(ausführlich in WBGU, 2000).

Insbesondere die für Agrar- und Forstwirtschaftrelevanten Klimawirkungen sind durch Freilandex-perimente und Modelle recht zuverlässig ermitteltworden (McGuire et al., 1995; Peterson et al., 1999).Ein Beispiel sind die Untersuchungen über die Ver-änderungen des Pflanzenwachstums bei erhöhtenCO2-Konzentrationen, die eine Verstärkung des glo-balen Ungleichgewichts in der Nahrungsmittelver-sorgung prognostizieren (Hörmann und Chmie-lewski, 1998). Es gibt Erkenntnisse über die Reaktio-nen auf den Klimawandel bei einzelnen natürlichenÖkosystemen und Pflanzenarten in bestimmten Re-gionen (Markham, 1998). Aufgrund der bisher nichtzuverlässigen Prognosen über die regionale Ausprä-gung der Erderwärmung sind aber die Konsequen-zen für die Ökosysteme der Welt noch nicht im Ein-zelnen ersichtlich (Graßl, 1999; WBGU, 2000).Zudem ist nicht abschließend untersucht, ob die bio-logische Vielfalt aufgrund des zu langsamen Wande-rungsverhaltens einiger Arten abnehmen wird(IPCC, 1996b).

Für Wälder gilt als wahrscheinlich, dass sich dieWaldgrenzen polwärts verschieben werden (Neilsonund Drapek, 1998). Dabei wird auf der Nordhalbku-gel das Wachstum an der Nordgrenze der Wälder vo-raussichtlich so langsam sein, dass es die Verluste ander Südgrenze nicht kompensieren kann. BorealeWälder werden daher voraussichtlich in Strukturund Funktion stärker als z. B. tropische Wälder voneiner Klimaänderung betroffen sein (Beerling, 1999).

Das gehäufte Auftreten des Korallenausbleichensin den letzten Jahren lässt sich auf erhöhte Meeres-temperaturen zurückführen, was einen Zusammen-hang mit Klimaänderungen nahe legt (Hoegh-Guldberg, 1999; CBD, 2000). Längerfristig dürftedurch den prognostizierten Meeresspiegelanstieg

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57Wechselwirkungen zwischen den globalen Umweltproblemen B 3.2

(bis zu 1 m in den nächsten 100 Jahren; IPCC, 1995)eine weitere Bedrohung für Korallenriffe entstehen.

Sala et al. (2000) ziehen den Schluss, dass der Kli-mawandel neben Landnutzungsänderungen zukünf-tig weltweit der zweitwichtigste Einflussfaktor fürden Verlust biologischer Vielfalt darstellt. Dies giltinsbesondere für Ökosysteme, die ohnehin klimati-schen Extremen ausgesetzt sind.

Auswirkungen des Verlusts biologischerVielfalt und der Entwaldung auf denKlimawandelDie wechselseitige Beeinflussung zwischen Biosphä-re und Klimasystem im System Erde ist so intensiv,dass für eine Wirkungsanalyse eine getrennte Be-trachtung in Teilsystemen nur unzureichende Ergeb-nisse liefern würde (WBGU, 2000). GroßflächigeVeränderungen der Biosphäre, insbesondere der Ve-

getationsstrukturen, werden daher immer auch Ver-änderungen im Klimasystem mit sich bringen. DerMensch gestaltet derzeit mit Landnutzungsänderun-gen die Biosphäre neu. Abholzung oder Brandro-dung von Primär- und Sekundärwäldern und Humusabbauende Landnutzungstechniken verstärken diebiogenen Quellen von Treibhausgasen und verrin-gern die Senken. Ein Viertel der anthropogenenTreibhausgasemissionen stammen aus dem Wandelder Landnutzung, mit entsprechenden Konsequen-zen für das Klimasystem (WBGU, 1998b; Kap. B 2.1).Wegen der nichtlinearen Dynamik in den beteiligtengekoppelten Systemen könnten deshalb auch plötzli-che Umschwünge im Systemverhalten ausgelöst wer-den. Die Erdsystemanalyse ist allerdings derzeitnoch nicht in der Lage, diese komplexen Zusammen-hänge so nachzuvollziehen, dass genaue Prognosenüber alle Wirkungen möglich wären. Es kristalliert

Tabelle B 3.2-1Wechselwirkungen zwischen globalen Umweltproblemen. Wirkungen sind in den Spalten wiedergegeben (von oben nach un-ten). Starke Wechselwirkungen sind fett gedruckt.Quelle: WBGU

Wirkung von

auf

Klimawandel

Strato-sphärischerOzonabbau

Gefährdung derWeltmeere

VerlustbiologischerVielfalt undEntwaldung

Boden-degradation

Süßwasser-verknappungund-verschmutzung

Klimawandel

Evtl. Förderungvon polarenStratosphären-wolken (PSC)

Verschiebungvon Biomgren-zen, Korallen-bleichen

Desertifikation,Folgen derNiederschlags-änderungen

Veränderungvon Nieder-schlagsmustern,Desertifikation

Strato-sphärischerOzonabbau

Evtl. Abschwä-chung desTreibhaus-effekts

Verringerungder Primär-produktiondurch erhöhteUV-Strahlung

Strahlungs-schädigung vonOrganismen

Gefährdung derWeltmeere

Artenverlustdurch Über-nutzung undÖkosystem-konversion

VerlustbiologischerVielfalt undEntwaldung

Verlust an CO2-Senkenfunktion

Verlust vonÖkosystem-funktionen

Zunahme vonErosion durchVerlust derVegetations-decke

Veränderungder lokalenWasserbilanzdurch Ent-waldung

Boden-degradation

Verlust an CO2-Senkenfunk-tion, Albedo-veränderung

(indirekt überSchadstoff-belastung derFlüsse)

Degradationund Konversionvon Ökosyste-men

Veränderungder lokalenWasserbilanz,Schadstoff-belastung

Süßwasser-verknappungund -verschmut-zung

Schadstoffbe-lastung vonKüstenregionen

Degradationund Konversionvon Ökosyste-men, Artenver-lust

Versalzung

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58 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

sich aber heraus, dass nicht alle Regionen für dieseMechanismen von gleicher Bedeutung sind: Der Bei-rat hat im Jahresgutachten 1999 eine biogeographi-sche Kritikalitätsanalyse durchgeführt und eine Rei-he wichtiger Regionen identifiziert, die im Erdsys-tem eine besondere funktionale Bedeutung haben(WBGU, 2000).

KonsequenzenAngesichts dieser wissenschaftlichen Unsicherheitenbleibt aus Sicht des Beirats die Einbeziehung allerWechselwirkungen in einem umfassenden, zusam-menhängenden Erklärungsansatz der globalen Kli-ma-Biosphären-Interaktionen nach wie vor eine un-bewältigte Herausforderung für die Forschung(WBGU, 1996b, 2000).

Die wissenschaftliche Politikberatung auf demGebiet biologische Vielfalt im globalen Umfeld weistnoch Defizite auf (Kap. F 1). Das vom Beirat vorge-schlagene neue wissenschaftliche Beratungsgremiumzur biologischen Vielfalt (Intergovernmental Panelon Biological Diversity, IPBD) müsste eng mit dementsprechenden Gremium im Klimabereich (Inter-governmental Panel on Climate Change, IPCC) zu-sammenarbeiten, um diesen wichtigen Wechselwir-kungen gerecht zu werden.

Die Folgen der Klimaveränderung für die Bio-sphäre und die Kopplungen von Klima und Biosphä-re im Erdsystem sind auch bei den internationalenpolitischen Verhandlungen der Biodiversitätskon-vention und der Klimarahmenkonvention bisher nurwenig beachtet worden. Eine engere Vernetzung undZusammenarbeit der beiden Konventionen ist auchdeshalb notwendig, weil Maßnahmen im Rahmender Klimakonvention weit reichende Konsequenzen

für die biologische Vielfalt haben dürften. SowohlSynergien als auch Konflikte sind denkbar, was eineenge Abstimmung beider Konventionen notwendigmacht. Vor allem bei der Ausgestaltung des Kioto-Protokolls und der Einbeziehung biologischer Quel-len und Senken in die Emissionsminderung sind dieNebeneffekte auf die biologische Vielfalt zu berück-sichtigen. Insbesondere muss dafür Sorge getragenwerden, dass die Anrechnung von Senken in Ent-wicklungsländern, etwa durch Aufforstungsprojekte,nicht zu vermehrter Konversion natürlicher Ökosys-teme und somit zum beschleunigten Verlust biologi-scher Vielfalt führt. Der Beirat hat in einem Sonder-gutachten zu diesem Thema Vorschläge zur Verhin-derung dieser negativen Effekte unterbreitet(WBGU, 1998b).

B 3.2.2.2Klimawandel und Bodendegradation

Auswirkungen des Klimawandels auf dieBodendegradationSpielt neben dem eindeutig nachzuweisendenmenschlichen Einfluss und dem Einfluss sozioöko-nomischer Rahmenbedingungen auch der Klima-wandel eine Rolle bei der Bodendegradation? Zumjetzigen Zeitpunkt kann der Einfluss des Klimawan-dels mit der direkten menschlichen Verantwortungals Verursacher der Bodendegradation kaum gleich-gestellt werden. Allerdings führt die Zunahme vonDürren zu einer erhöhten Anfälligkeit des Bodensgegenüber Degradation, insbesondere sind Trocken-gebiete extrem verwundbar (IPCC, 1996a, b). Kurz-fristige Niederschlagsschwankungen können jedoch

Abbildung B 3.2-1Wechselwirkungen zwischenden globalen Umweltproble-men. Pfeilspitzen stehen fürverstärkende Wirkungen,Kreise für abschwächende.Geschlossene Symbole zei-gen starke Wirkungen an, of-fene Symbole stehen fürschwächer ausgeprägte Wir-kungen. In den grau hinter-legten Feldern werden rele-vante globale Verhandlungs-prozesse genannt.Quelle: WBGU

UNFCCC und Kioto-Protokoll

UNCLOS, Marpol, u.a.

CBD, UNFF u.a.UNCCD

Montrealer Protokoll

Keine globalen Abkommen

Verlust biologischer Vielfaltund EntwaldungBodendegradation

Stratosphärischer Ozonabbau

Klimawandel

Süßwasserverknappungund -verschmutzung

Gefährdungder Weltmeere

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Kopplungen bedeutend für globaleRegelungsfunktionen

engeKopplung in der Bioregion

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59Wechselwirkungen zwischen den globalen Umweltproblemen B 3.2

nicht zur Abschätzung des Einflusses des Klimawan-dels auf die Desertifikation herangezogen werden,denn sie sind für semi-aride und aride Regionen ty-pisch. Man kann derzeit aber mit einer gewissen Si-cherheit davon ausgehen, dass der Anstieg der globa-len Mitteltemperatur um 1,5–4,5 °C zu einem An-stieg der mittleren Jahresniederschläge um 3–15%weltweit führen wird (IPCC, 1996a, b). Während er-höhte Niederschläge das Wasserdargebot erhöhen,hat der Temperaturanstieg z. B. durch erhöhteEvapotranspiration auch gegenteilige Effekte. Selbstwenn man in der Summe global einen positiven Net-toeffekt des Klimawandels auf die Wasserverfügbar-keit annimmt, bestehen große Unsicherheiten hin-sichtlich der regionalen und zeitlichen Verteilung desNiederschlags. Im Fall des sich abzeichnenden Kli-mawandels dürften Temperatur-, Evapotranspira-tions- und Niederschlagsänderungen von Region zuRegion sehr unterschiedlich ausfallen. Dabei wird es„Gewinner-“ und „Verliererregionen“ geben(WBGU, 1998a).

Seit geraumer Zeit wird beobachtet, dass in eini-gen Regionen Chiles die Niederschläge rückläufigsind, insbesondere dort, wo verstärkt das Phänomen„El-Niño/Southern Oszillation“ (ENSO) auftritt.Das ENSO-Phänomen ist mit einer Erwärmung desöstlichen äquatorialen Pazifiks verbunden. Es tratverstärkt Anfang der 80er und der 90er Jahre auf undwar mit einer Dürrewelle in Afrika und anderen Re-gionen sowie weiteren Extremwetterereignissen ver-bunden. Sollte sich die Vermutung bewahrheiten,dass der Klimawandel die ENSO-Aktivitäten ver-stärkt, dann hätte das einen enormen Einfluss auf dieEntwicklung der Bodendegradation.

Auch die Niederschläge in der Sahelzone haben inden vergangenen 25 Jahren nicht die Durchschnitts-werte der Jahre 1931–60 erreicht. Obgleich sich ähn-liche Trockenperioden bereits in der jüngeren Erdge-schichte ereignet haben, deutet einiges darauf hin,dass die rezenten Trockenperioden im Sahel Teil ei-ner Trockenheit kontinentalen Ausmaßes sind (Ni-cholson, 1994). Eine erhöhte Niederschlagsvariabili-tät, die nach den Beobachtungen von Hulme (1992)weltweit zunimmt, ist eine typische Begleiterschei-nung dieses Prozesses. Diese hochvariablen Bedin-gungen können Bodendegradation auslösen oderverstärken. Global betrachtet ist jedoch, abgesehenvon der Sahelzone und den Gebieten unter dem Ein-fluss des ENSO-Phänomens, keine Zunahme vonDürrehäufigkeit oder -intensität in ariden und semi-ariden Gebieten zu beobachten (IPCC, 1996a, b).

Während die meisten terrestrischen Ökosystemeeine Pufferkapazität für Klimaänderungen aufwei-sen, gilt dies nicht für aride und semi-aride Zonen.Dort können auch geringe Klimaänderungen bereitsdie Belastungsgrenze überschreiten, so dass eine ir-

reversible Bodendegradation ausgelöst wird. Arideund semi-aride Regionen könnten daher unter denersten Regionen sein, deren Ökosystemdynamikdurch globale Umweltveränderungen nachhaltigverändert wird (West et al., 1994).

Der Einfluss von Klimaänderungen auf Bodende-gradation ist derzeit also nicht eindeutig feststellbarund könnte in Zukunft ein wichtiger Faktor werden.

Auswirkungen der Bodendegradation aufden KlimawandelWie verhält es sich aber umgekehrt? Grundsätzlichist eine Rückwirkung der Desertifikation auf das lo-kale und globale Klima möglich (IPCC, 1996a, b). BeiAbnahme der Vegetationsdecke in ariden und semi-ariden Gebieten kommt es meist zu einer Zunahmeder Oberflächentemperatur. Eine Abnahme desFeuchtigkeitsgehaltes im Boden führt zu einer ra-scheren Erwärmung der Lufttemperatur, da wenigerEnergie für die Evapotranspiration „verloren“ geht.Eine Übernutzung von marginalen Böden beein-flusst nicht nur die Biosphäre direkt, sondern auchdie Funktionen der Vegetation für den lokalen Was-serkreislauf. Wenn dadurch die Wasserrückhaltefä-higkeit reduziert wird, verringert sich die Stabilitätdes Ökosystems und selbst minimale Veränderungendes Klimas können zu plötzlichen Systemumschwün-gen führen. Zusätzlich führt jede dauerhafte Degra-dierung der Vegetationsdecke zur Freisetzung desTreibhausgases CO2. Letztlich ist der genaue Einflussder Bodendegradation auf die globale Erwärmungaber noch weitgehend unbekannt (WBGU, 2000).

KonsequenzenDie großen Unsicherheiten bei der Abschätzung re-gionaler und globaler Wechselwirkungen zwischenBodendegradation und Klimawandel machen deut-lich, dass hier eine große Wissenslücke besteht. Da-her erscheint dem Beirat eine Verbesserung der wis-senschaftlichen Politikberatung für den internationa-len Bodenschutz nach dem Beispiel des IPCC drin-gend erforderlich (Kap. C 4.3). Dabei sollte dieDynamik zwischen „Verlierer- und Gewinnerregio-nen“ ein Schwerpunkt sein.Während sich „Verlierer-regionen“ relativ kurzfristig an schlechtere Umwelt-bedingungen werden anpassen müssen, sehen sichauch die „Gewinnerregionen“ (z. B. Gebiete mit auf-tauenden Permafrostböden) neuen Herausforderun-gen gegenüber, da sie global gesehen Kompensa-tionsleistungen für die „ausgefallenen“ Flächen fürdie Agrarproduktion erbringen müssen. Dies machtdeutlich, dass hier mittelfristig nicht nur technische,sondern auch gesellschaftliche Lösungen entwickeltwerden müssen.

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60 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

B 3.2.2.3Klimawandel und stratosphärischer Ozonabbau

Auswirkungen des Klimawandels auf denstratosphärischen OzonabbauDie Wechselwirkungen zwischen Ozonabbau, UV-Strahlung und Treibhauseffekt geraten in den letztenJahren zunehmend in das Interesse der Forschung.Mehrere Untersuchungen haben vorausgesagt, dasserhöhte CO2-Konzentrationen durch eine Abküh-lung der Stratosphäre eine Verstärkung des arkti-schen Ozonabbaus zur Folge haben könnten. Ände-rungen des Wasserkreislaufs und dadurch veränderteZirkulationsmuster können ebenfalls einen starkenEinfluss auf den Ozonabbau haben. Der Einfluss vonMeerestemperaturen in den Tropen auf den Wasser-dampfgehalt der Atmosphäre könnte daher zu ver-ändertem atmosphärischem Transport und Änderun-gen der kritischen Temperaturen beim Ozonabbauführen (Kirk-Davidoff et al., 1999). Shindell et al.(1998) zeigen, dass erhöhte Konzentrationen vonTreibhausgasen kältere, stabilere arktische Wirbel imWinter begünstigen, wodurch der Abbau von Ozonin großen Höhen beschleunigt wird.

Auswirkungen des stratosphärischenOzonabbaus auf den KlimawandelDie Erwärmung der Atmosphäre und somit der Kli-mawandel könnte durch den Ozonabbau verlang-samt werden: Die durch Ozonverminderung erhöhteUV-Strahlung führt zur Zunahme von freien Hydro-xyl-Radikalen in der Troposphäre, die zum Abbaudes Klimagases Methan beitragen. Es wird geschätzt,dass dieser Effekt zu einer Verlangsamung der Me-thanzunahme von 20–40% beiträgt. In neueren Kli-mamodellen wird der Einfluss von Veränderungender Ozonschicht auf die Wolkenbildung berücksich-tigt. Hansen et al. (1997) errechnen in ihrem Modelleine um 20–30% geringere Erwärmung der Erdober-fläche als durch andere Faktoren zu erwarten wäre.

Nach Angaben der WMO et al. (1998) könnte ins-gesamt der Einfluss des stratosphärischen Ozonab-baus bis zu 30% der durch Treibhausgase verursach-ten Klimawirkung kompensiert haben. In den letztenbeiden Jahrzehnten wäre demnach ohne den Verlustvon stratosphärischem Ozon die Erwärmung um0,1°C höher gewesen. Dementsprechend wird fürmöglich gehalten, dass durch eine schnelle Wieder-herstellung der Ozonschicht die bremsende Wirkungauf die Klimaerwärmung verloren gehen könnte.

KonsequenzenDie Ungenauigkeiten solcher Abschätzungen sindjedoch noch sehr groß, da das komplizierte Wechsel-spiel zwischen Klimaerwärmung und Ozonabbaubislang nur in Ansätzen verstanden ist. Es ist jedoch

zu erwarten, dass diese Wechselwirkungen eine vielgrößere Bedeutung haben als bisher angenommen.Auf diesem Gebiet sind eine verstärkte Koordinationund weitergehende Anstrengungen der Forschungnotwendig. Auch ist zu empfehlen, die Zusammen-arbeit zwischen den Gremien des Montrealer Proto-kolls und der Klimarahmenkonvention auszubauen,um ein integriertes Vorgehen gegen die anthropoge-nen Änderungen der gesamten Atmosphäre zu ge-währleisten.

B 3.3Konsequenzen für die institutionelleAusgestaltung globaler Umweltpolitik

In Kap. B 2.7 wurden Eigenschaften der Umweltpro-bleme herausgearbeitet, die von der globalen Um-weltpolitik bei der Fortentwicklung globaler Um-weltregime stärker beachtet werden sollten, um Ziel-genauigkeit und -erreichung zu verbessern. Zudemhat die Ursachenanalyse der globalen Umweltprob-leme deutlich gemacht, welche primären Ursachenund Mechanismen den Degradationsmechanismenzugrunde liegen und welche Ansatzpunkte für denintegrierten Handlungsbedarf vorhanden sind (Kap.B 3.1). Schließlich wurden die Wechselwirkungenzwischen den Umweltproblemen und deren gemein-samen Ursachen demonstriert mit dem Ergebnis,dass die Schnittstellen zwischen den Umweltproble-men und das Herangehen an die gemeinsamen Ursa-chen der Probleme einer verbesserten institutionel-len Koordination bedürfen (Kap. B 3.2). Für die Ge-staltung der globalen Umweltpolitik ergeben sich da-mit folgende Schlussfolgerungen:

UrsachenIn Kap B 3.1 wurden folgende drei Schwerpunkte fürdie „primären Ursachen“ globaler Umweltproblemegenannt: offener Zugang zu Gemeinschaftsgütern(Common Access), Landnutzung (und ländliche Ar-mut) sowie energie- und ressourcenintensive Le-bensstile (verknüpft mit den Trends Industrialisie-rung und Urbanisierung). Die Verstärkung von Maß-nahmen in Bezug auf diese querschnittbezogenenUrsachen kann für viele Umweltprobleme gleichzei-tig „Linderung“ bringen.

Armut spielt bei den beiden letzten Schwerpunk-ten eine wichtige Rolle. Ländliche Armut hat einenbedeutenden Einfluss auf die wesentlich durch Sub-sistenzsicherung geprägte Landnutzung in Entwick-lungsländern und erschwert den Übergang zu einernachhaltigen Entwicklung. Immer noch muss etwaein Viertel der Weltbevölkerung mit weniger als 1US-$ pro Tag auskommen.Allerdings sind Lebenser-wartung und Alphabetisierungsraten nahezu überall

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61Konsequenzen für die institutionelle Ausgestaltung globaler Umweltpolitik B 3.3

gestiegen, auch der Ernährungszustand hat sich imMittel gebessert.

Das Bevölkerungswachstum stellt eine besondereHerausforderung dar, da es grundsätzlich verstär-kend auf alle Umweltprobleme wirkt. Allerdings istoffensichtlich, dass eine Verminderung des Bevölke-rungswachstums allein keine Garantie für eine Min-derung globaler Umweltprobleme ist. Der Grad desRessourcenumsatzes und somit auch potenziellerUmweltbelastungen wird neben der absoluten Zahlder Menschen vor allem auch durch deren Pro-Kopf-Umsatz sowie die technologische und organisatori-sche Qualität des Ressourceneinsatzes bestimmt. Inden Entwicklungsländern mit hohem Bevölkerungs-wachstum und geringem Ressourcenverbrauch proKopf sollten zunächst Maßnahmen zur Verringerungdes Bevölkerungswachstums angestrebt werden, ins-besondere durch Verbesserung der sozioökonomi-schen Lage der von Armut betroffenen Menschen. Inden Industrieländern mit geringem (oder sogar nega-tivem) Bevölkerungswachstum und hohem Ressour-cenverbrauch pro Kopf sollte der Schwerpunkt aufeiner Verringerung des Ressourceneinsatzes liegen.Insgesamt muss die Effizienz der Ressourcennut-zung deutlich erhöht werden. Eine globale Umwelt-politik, die an einer Senkung des Pro-Kopf-Ver-brauchs, einer Förderung innovativer und effizienterTechnologien und Organisationsstrukturen sowieder sozioökonomischen Entwicklung armer Länderansetzt, ist letztlich effektiver als eine alleinigeSchwerpunktsetzung auf bevölkerungspolitischeMaßnahmen.

Bewertung von globalen UmweltproblemenBei allen globalen Umweltproblemen spielt dieSchnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik einewichtige Rolle. Der Austausch muss in beide Rich-tungen funktionieren: Die jeweils neuen Erkenntnis-se aus Forschung oder Monitoring müssen der Politikals Grundlage für ihre Verhandlungen und Entschei-dungen übermittelt werden, und die Wissenschaftmuss erfahren, welche Probleme und Fragestellun-gen auf den gesellschaftlichen oder politischen Ebe-nen als besonders wichtig angesehen werden. Globa-le Umweltpolitik muss verstärkt die systemspezifi-schen Eigenschaften der globalen Umweltproblemeberücksichtigen (Kap. B 2.7), was ebenfalls einenfunktionierenden Informationsfluss zur Wissen-schaft voraussetzt.

Auch als Voraussetzung für eine Verbesserung derVollzugskontrolle ist diese Schnittstelle von großerBedeutung. Es besteht bei vielen Umweltproblemeneine deutliche Diskrepanz zwischen Planung undUmsetzung von Maßnahmen. Die Erfüllungs-kontrolle internationaler Abkommen ist bislang un-zureichend und muss deutlich verbessert werden.

Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die Mess-und Vergleichbarkeit der Problemlage und der er-zielten Erfolge, was nur mit geeigneten Indikatoren-und Monitoringsystemen möglich ist. Die wissen-schaftlichen und politischen Herausforderungen beider Entwicklung derartiger Systeme sollten nichtunterschätzt werden.

In vielen Fällen ist der Kenntnisstand über dieUmweltprobleme sowie ihre Ursachen und Wirkun-gen noch unbefriedigend. Bei allen globalen Um-weltproblemen gibt es Bedarf an weitergehendenUntersuchungen, insbesondere die Forschung zuEntwicklung von Indikatoren, Monitoring- undFrühwarnsystemen sollte verstärkt werden. Die hier-mit verbundenen Aufgaben der Forschungsorganisa-tion, die in engem Austausch mit der Politik bearbei-tet werden müssen, sind nicht bei allen globalen Um-weltproblemen mit gleichem Nachdruck angegangenworden.

Für die Politik und die Gestaltung von Regimenlässt sich folgern, dass die Einbindung der Wissen-schaft in die Verhandlungen sichergestellt sein mussund dass vor allem die institutionellen Strukturenund Regelungen hinreichend flexibel gestaltet seinmüssen, um sich an veränderte Kenntnislagen anpas-sen zu können. Die Möglichkeit der Erweiterung vonRahmenrichtlinien durch später ausgehandelte zu-sätzlichen Regelungen, etwa in Form von Protokol-len, ist hierfür zweckmäßig.

Mit Ausnahme des Klimaproblems gibt es kauminstitutionelle Strukturen, die diese Schnittstelle zwi-schen Wissenschaft und Politik auf effektive Weiseorganisieren. Hier besteht grundlegender Bedarfnach einer Neuorganisation (Kap. F 1). Diese Struk-turen sollten nicht nur problemorientiert und inter-disziplinär ausgerichtet sein, sondern müssen eine in-tegrative Sichtweise fördern.

UmsetzungDa viele politische und ökonomische Entscheidun-gen, die zu einer Beeinträchtigung der globalen Um-weltsituation führen, auf unteren räumlichen oderpolitischen Ebenen getroffen werden und in der Re-gel Einzelentscheidungen sind, ist die Stärkung derakteurspezifischen Ausrichtung globaler Umweltpo-litik wichtig. Die relevanten Akteure müssen in dieGestaltung globaler Umweltpolitik mit einbezogenwerden (z. B. Bildung, Information, Partizipation).Dazu gehört nicht zuletzt die Schaffung von Anreiz-systemen und die stärkere Motivierung von Indivi-duen zu umweltverträglicherem Verhalten.

Regionale Besonderheiten erfordern unterschied-liche Strategien und dezentrale Operationalisie-rungsschritte, insbesondere für Böden, Süßwasser,Landnutzung, Biodiversität und Klimaanpassungund -nachsorge. Daher muss auch eine Stärkung der

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62 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

regionalspezifischen Ausrichtung globaler Umwelt-politik erfolgen.

Obwohl bereits eine Reihe internationaler Ab-kommen besteht, hält der Problemdruck bei denUmweltproblemen unvermindert an. Dies wird be-sonders am Beispiel des Klimawandels deutlich:Trotz der unbestreitbaren Notwendigkeit, die An-strengungen zum Klimaschutz zu verstärken, beste-hen nach Auffassung des Beirats berechtigte Zweifel,ob die Vorsorgestrategie noch rechtzeitig umgesetztwerden kann (WBGU, 1996a, 1998a). Angesichts desRisikos, dass eine unerwünschte Klimaerwärmungmöglicherweise nicht mehr zu vermeiden ist, siehtder Beirat zusätzlichen Handlungsbedarf in einer Er-gänzung globaler Umweltpolitik um Anpassungs-und Nachsorgestrategien und zum verstärkten Ab-bau von Vulnerabilitäten in Bezug auf globale Um-weltveränderungen.

WechselwirkungenKein Umweltproblem kann isoliert gelöst werden.Kap. B 3.2 hat gezeigt, dass die Zahl und die Bedeu-tung der Wechselwirkungen zwischen den globalenUmweltproblemen zu groß ist, als dass isolierte Lö-sungen nachhaltige Verbesserungen erzielen könn-ten. Für die Ausgestaltung einer globalen Umweltpo-litik bedeutet dies, dass keine globale Umweltinstitu-tion dauerhaft erfolgreiche Arbeit leisten kann, wenndie Ein- und Auswirkungen anderer globaler Um-weltprobleme ignoriert oder vernachlässigt werden.Durch integrative Ansätze und Konzepte lassen sichLösungen finden, die zur Verringerung meist mehre-rer Umweltprobleme gleichzeitig beitragen, Syner-gieeffekte erzeugen und Maßnahmen vermeiden hel-fen, die für ein anderes Umweltproblem kontrapro-duktiv sind. Die derzeitige institutionelle Struktur istim Wesentlichen problemspezifisch ausgerichtet undwenig geeignet, integrativ „über den Tellerrand“ deseigenen Problems hinweg zu schauen. Es gibt zwarbereits Ansätze zur verbesserten Zusammenarbeiteinzelner Umweltkonventionen. Dennoch bezwei-felt der Beirat, dass die gegenwärtigen Strukturenhierfür ausreichend sind. Er sieht dringenden Bedarf,die Bewertungs-, Koordinations- und Integrations-funktionen auf der globalen institutionellen Ebenezu stärken (Kap. F 2).

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B 4Zwischenstaatliche Akteure für eine nachhaltige Entwicklung

Im UN-System beschäftigen sich eine Vielzahl vonSonderorganisationen, Spezialorganen und Konven-tionen mit globalen Umweltproblemen. Die wissen-schaftlich ausgerichteten internationalen Program-me und Komitees zum Globalen Wandel, die meistvon einer oder mehreren UN-Sonderorganisationenund dem ICSU (International Council of ScientificUnions) eingerichtet wurden, sind bereits imWBGU-Jahresgutachten 1996 ausführlich dargestellt(WBGU, 1996b). Dazu zählen u. a. das World ClimateResearch Programme (WCRP), das InternationaleGeosphären Biosphären Programm (IGBP), dasBiosphärenprogramm Diversitas, der Zwischenstaat-liche Ausschuss über Klimaänderungen (IPCC), dasInternational Human Dimensions of Global Envir-onmental Change Programme (IHDP) sowie dasUNESCO-Programm „Mensch und Biosphäre“(MAB). In der folgenden Übersicht werden einfüh-rend die für dieses Gutachten besonders relevantenEinrichtungen im UN-System mit Umweltbezug vor-gestellt (Abb. B 4-1).

B 4.1Relevante UN-Sonderorganisationen

UN-Sonderorganisationen sind durch Regierungs-abkommen begründete internationale Organisatio-nen, die auf globaler Ebene einen der in Artikel 57UN-Charta genannten Aufgabenbereiche abdeckt(Unser, 1997). Sonderorganisationen können nur mitder Zustimmung der UN-Generalversammlung ein-gerichtet werden und sind dazu gehalten, demECOSOC regelmäßig Berichte vorzulegen. Nebender Weltbankgruppe (Kap. B 4.5 und D 2) sind fol-gende UN-Sonderorganisationen besonders bedeut-sam für die internationale Umwelt- und Entwick-lungspolitik:

Die FAO (Food and Agriculture Organization –Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation derVereinten Nationen, Rom) ist die größte unabhängi-ge Organisation innerhalb des UN-Systems. DasMandat der FAO ist es, den Ernährungs- und Le-bensstandard der Menschen zu heben, die landwirt-

schaftliche Produktivität sowie die Lebensbedingun-gen der ländlichen Bevölkerung zu verbessern. DieAufgaben der FAO umfassen u. a. Agrarproduktion,Waldwirtschaft, Fischerei, Ernährungssicherheit undHandel. Schwerpunktthemen sind nachhaltige Land-wirtschaft, ländliche Entwicklung und langfristigeStrategien für den Erhalt natürlicher Ressourcen(FAO, 2000).

Die IMO (International Maritime Organization –Internationale Seeschifffahrtsorganisation, London)wurde 1948 gegründet (1982 umbenannt). Ihre Zielesind die Anregung einheitlicher Regelungen in derinternationalen Handelsschifffahrt, die Einführungbestmöglicher Sicherheitsstandards sowie die Ver-hinderung und Kontrolle von Meeresverschmutzungdurch Schiffe. Die IMO hatte 1999 158 Mitgliedstaa-ten und zwei assoziierte Mitglieder. Als jüngstes dervier Hauptkomitees wurde 1985 das Marine Envi-ronment Protection Committee (MEPC) eingerich-tet, das sich vor allem mit Konventionen zum Schutzvor Verschmutzung durch Schiffe und deren Durch-setzung befassen soll (IMO, 2000).

Die UNESCO (United Nations Educational,Scientific and Cultural Organization – Organisationder Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaftund Kultur, Paris, 60 Länderbüros) wurde 1945 ge-gründet. Ihre Aufgabenbereiche sind Bildung undErziehung, Wissenschaften, Kultur, Kommunikation,Frieden und Menschenrechte. Die UNESCO be-schäftigt sich mit Umweltfragen vor allem im Pro-gramm „Sciences, environment and socio-economicdevelopment“. Dabei werden die Bereiche Geowis-senschaften, Erdsystemmanagement, Ökologie, Re-duktion natürlicher Katastrophen, Mensch und Bio-sphäre, Wasserressourcen, Ozeane sowie sozialeTransformation und Entwicklung behandelt. Heutesind 188 Staaten volle und fünf assoziierte Mitglieder(UNESCO, 2000; Unser, 1997).

Die WMO (World Meteorological Organization –Weltorganisation für Meteorologie, Genf) nahm1951 ihre Arbeit auf. Sie hat zum Ziel, die internatio-nale Kooperation zum Aufbau von vernetzten Mess-stationen und den schnellen Austausch meteorologi-scher Informationen zu fördern, ebenso wie die ver-

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64 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

einheitlichte Veröffentlichung von Beobachtungenund Statistiken. Des weiteren unterstützt die WMOdie Anwendung der Meteorologie in der Luftfahrt,beim Schiffsverkehr, bei Wasserproblemen oder inder Landwirtschaft und fördert Forschung und Aus-bildung. 1996 hatte die WMO 185 Mitglieder.

B 4.2Relevante UN-Spezialorgane

UN-Spezialorgane sind Nebenorgane der General-versammlung, die von ihr zur Wahrnehmung speziel-

ler Tätigkeiten eingesetzt werden. Größtenteils han-delt es sich um Spezialorgane zur Finanzierung undDurchführung entwicklungspolitischer Hilfspro-gramme (Hüfner, 1992). Die UN-Spezialorgane müs-sen der UN-Generalversammlung in der Regel überECOSOC jährlich berichten. Die UN-Generalver-sammlung ist befugt, den UN-Spezialorganen gegen-über bindende Beschlüsse zu fassen. Im Gegensatzzu den UN-Sonderorganisationen verfügen die UN-Spezialorgane weder über eine eigene völkervertrag-liche Grundlage noch über eine eigene Rechtsper-sönlichkeit, jedoch über eine beschränkte Rechtsfä-higkeit.

Sonderorgane

Sonderorganisationen mit Umweltbezug

Konventionen

Weltbank-gruppe

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UNFCCCFinanzierungsmechanismus

FinanzierungsmechanismusCBD

IMO

UNCCD

ECOSOC

Generalversammlungder Vereinten Nationen

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Umsetzung von Projekten durch durchführende

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UNEP

Abbildung B 4-1Einrichtungen im UN-System mit Umweltbezug.Quelle: WBGU

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65Relevante Konventionen B 4.4

Die UNCTAD (United Nations Conference onTrade and Development – Handels- und Entwick-lungskonferenz der Vereinten Nationen, Genf) wur-de 1964 gegründet und stellt das Hauptorgan der UNfür integrierte Ansätze bei Handel, Finanzen, Tech-nologie, Investitionen und nachhaltiger Entwicklungdar. Ziel ist die Förderung des internationalen Han-dels zur wirtschaftlichen Entwicklung und Einbin-dung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft.Die UNCTAD wird als ein wichtiges Forum der Mei-nungs- und Konsensbildung im Nord-Süd-Dialog an-gesehen (Unser, 1997). Die Konferenz tritt alle 3-4Jahre zusammen, dazwischen ist als permanente Ein-richtung der Rat für Handel und Entwicklung (Tradeand Development Board – TDB) tätig. 188 Staatensind Mitglieder der UNCTAD.

Das UNDP (United Nations Development Pro-gramme – Entwicklungsprogramm der UN, NewYork) hat zur Aufgabe, die internationale Koopera-tion für eine nachhaltige Entwicklung zu stärken undzum Erreichen dieses Ziels eine der wichtigen Res-sourcen zu bilden. Das Hauptziel ist die Bekämpfungder Armut („eradication of poverty“). Das UNDPbetreibt 132 Länderbüros und arbeitet in 170 Län-dern und Territorien (UNDP, 1998).

Das UNEP (United Nations Environment Pro-gramme – Umweltprogramm der Vereinten Natio-nen, Nairobi) wurde 1972 durch die UN-Umweltkon-ferenz in Stockholm gegründet. Ziele sind die Unter-stützung nationaler Aktivitäten und regionaler Zu-sammenarbeit im Umwelt- und Naturschutz sowiedie Entwicklung, Bewertung und Überwachung desinternationalen Umwelt- und Naturschutzrechts.Ak-tivitäten des UNEP sind die Beherbergung und Ko-ordination verschiedener Konventionssekretariate(Basel, CITES, CBD, CMS, Multilateral Fund,Ozon), die Erstellung von Datenbanken und Um-weltlageberichten (Global Environment Outlook –GEO), die Beratung von Regierungen sowie die Fi-nanzierung von Weiterbildungs- und Regionalpro-grammen. Die Mitgliedstaaten der UN sind Mitglie-der des UNEP, Beobachtungsstatus haben Nichtmit-gliedsstaaten, andere IGO (IntergovernmentalOrganisations) und NRO. Organe des UNEP sinddie Vorstandsversammlung und Abteilungen für (1)Umweltinformation, (2) Entwicklung von Umwelt-politik, (3) Umsetzung von Umweltpolitik, (4) Indus-trie und Umwelt, (5) Regionale Repräsentation und(6) Koordination von Konventionen (Korn et al.,1998).

B 4.3Die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung

Die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung(UN Commission on Sustainable Development –CSD, New York) ist ein Nebenorgan des ECOSOC,eines der Hauptorgane der UN, und wurde nach derKonferenz von Rio de Janeiro (UNCED) 1992 ge-gründet, um die UNCED-Vereinbarungen, beson-ders die AGENDA 21, umzusetzen, die internationaleZusammenarbeit zu verbessern sowie langfristigestrategische Ziele für eine nachhaltige Entwicklungzu bestimmen (Kap. E 1.4). Die Mitgliedschaft (53Mitglieder) ist rotierend und dauert drei Jahre.Nichtmitgliedsstaaten, andere IGO und NRO sindals Beobachter zugelassen. Die CSD trifft sich seit1993 einmal jährlich im UN-Hauptquartier. Die Ab-teilung für nachhaltige Entwicklung (Division forSustainable Development) des UN Department ofEconomic and Social Affairs fungiert als das Sekreta-riat der CSD.

B 4.4Relevante Konventionen

Für den internationalen Umweltschutz wurden vonder Staatengemeinschaft bis heute zahlreiche Kon-ventionen verabschiedet, von denen hier nur die fürdieses Gutachten besonders bedeutsamen kurz vor-gestellt werden. In Kap. C werden ausgewählte Kon-ventionen tiefergehend behandelt. Für eine einge-hendere Übersicht sei zudem auf Beyerlin (2000)verwiesen.

Das Übereinkommen über die biologische Viel-falt (Convention on Biological Diversity – CBD,Montreal) wurde auf der UNCED in Rio de Janeiroverabschiedet. Wesentliche Ziele sind der Schutz derbiologischen Vielfalt, die ökologisch nachhaltigeNutzung ihrer Bestandteile sowie die gerechte Auf-teilung der aus der Nutzung der genetischen Res-sourcen resultierenden Gewinne (Kap. C 3.4). AlsOrgane der CBD fungieren die Vertragsstaatenkon-ferenz und der wissenschaftliche Ausschuss(SBSTTA) (Abb. B 4.4-1). Die GEF ist der Finanzie-rungsmechanismus der CBD für Projekte zum Tech-nologietransfer, zur technischen und wissenschaftli-chen Zusammenarbeit und für Anreizmaßnahmenzur Umsetzung des Übereinkommens. Zum Infor-mationsaustausch steht ein „Clearing House Mech-anism“ (CHM) zur Verfügung. Zwei Expertengrup-pen beschäftigen sich mit dem Protokoll über diebiologische Sicherheit (beschlossen im Februar2000) sowie der biologischen Vielfalt von Küsten und

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66 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

Meeren (Jakarta Mandate). 175 Staaten haben dieKonvention bis heute gezeichnet.

Das Übereinkommen über den internationalenHandel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiereund Pflanzen (Convention on International Trade inEndangered Species of Wild Fauna and Flora –CITES, Genf) regelt den Schutz bestimmter Artenvor übermäßiger Ausbeutung. Das Übereinkommenermöglicht eine Regulierung des internationalenHandels mit bedrohten Arten durch ein weltweitesSystem von Ein- und Ausfuhrkontrollen und Geneh-migungserfordernissen. Die Anhänge umfassen der-zeit ca. 34.000 Pflanzen- und Tierarten. 151 Mitglied-staaten haben die Konvention unterzeichnet.

Das Wiener Übereinkommen zum Schutz derOzonschicht (Vienna Convention on the Protectionof the Ozone Layer, Nairobi) wurde 1985 beschlosse-nen und regelt die Verpflichtungen der Staaten zumSchutz der durch FCKW bedrohten Ozonschicht undzur Kooperation in der Forschung für ein besseresVerständnis der atmosphärischen Prozesse. DasMontrealer Protokoll(Abb. B 4.4-2) über Stoffe, diezu einem Abbau der Ozonschicht führen, wurde 1987

angenommen und seine Bestimmungen seitdem fünfMal verschärft (Kap. C 2.2, Kap C 3.2) Das Protokollzielt auf eine Reduzierung und letztlich Beendigungder Emission ozonabbauender Substanzen.

Die Konvention zur Bekämpfung der Desertifika-tion in Ländern, die unter schwerwiegender Dürreund/oder Desertifikation leiden, besonders in Afrika(United Nations Convention to Combat Desertifica-tion – UNCCD, Bonn) wurde auf der UNCED Kon-ferenz 1992 auf den Weg gebracht und trat 1996 inKraft. Das Ziel ist die Bekämpfung der Bodendegra-dation in Trockengebieten und von Dürrefolgen(Kap. C 2.4; Kap. C 4.3). Unter Desertifikation wirddabei „Bodendegradation in ariden, semi-ariden undtrockenen sub-humiden Zonen verstanden, diedurch verschiedene Faktoren hervorgerufen werdeneinschließlich Klimawandel und Eingriffe des Men-schen“. Als Organe der UNCCD fungieren die Ver-tragsstaatenkonferenz und der wissenschaftlicheAusschuss (CST). Konzeptionelle Kernstücke derUNCCD sind die nationalen Aktionsprogramme,mit denen unter aktiver Beteiligung der Zivilgesell-schaft die Ziele der Konvention umgesetzt werden

Biodiversitätskonvention

Entwicklungs- länder

Vertragsstaaten

Industrie-länder be

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Sekretariat

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Clearing-House-Mechanismus

Nebenorgan für wissenschaftliche,techn. und technol.

Beratung(SBSTTA)

Ad-hoc tech-nische Experten-

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Vertragsstaatenkonferenz

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Abbildung B 4.4-1Die Organe derBiodiversitätskonvention.Quelle: WBGU

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67Relevante Finanzierungsorgane B 4.5

sollen (Abb. B 4.4-3). Bis heute haben 159 Länder dieKonvention ratifiziert oder sind ihr beigetreten.

Das Rahmenübereinkommen der Vereinten Na-tionen über Klimaänderungen (United NationsFramework Convention on Climate Change –UNFCCC, Bonn) wurde im Mai 1992 beschlossenund trat im März 1994 in Kraft (Abb. B 4.4-4). DasHauptziel der Konvention ist die Stabilisierung derTreibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre aufeinem Niveau, auf dem eine gefährliche anthropoge-ne Störung des Klimasystems verhindert wird (Kap.C 2.3; Kap. C 4.4). Ein solches Niveau sollte inner-

halb eines Zeitraums erreicht werden, der ausreicht,damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise denKlimaänderungen anpassen können, die Nahrungs-mittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirt-schaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fort-geführt werden kann. Im 1997 verabschiedeten Kio-to-Protokoll wurden verbindliche Reduzierungender Treibhausgasemissionen vereinbart. Die Konven-tion wurde bisher von 181 Staaten ratifiziert, das Kio-to-Protokoll von 84 Staaten unterzeichnet und von22 ratifiziert.

umsetzende Einrichtungen

Multilateraler Fonds

bestimmt Pflichtbeiträge der Industrieländer

Osteuropa und

Russische Föderation

Montrealer Protokoll

Unterausschuss Monitoring,Evaluation, Finanzen

Fondssekretariat

Unterausschuss Projektüberprüfung

Geschäftsführender Ausschuss(nord-süd-paritätische Entscheidungsverfahren)

UNEP(assessments)

wis

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Fina

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7 Mitglieder 7 Mitglieder

Um

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kten

Beitrags-zahlungen

bestimmt Reduktionspflichten

Vertragsstaatenkonferenz

Förderung von ProjektenGEF

UNEP

UNDPbilateraleProjekte

UNIDO

Weltbank

Nicht-Artikel 5-(Industrie-)Länder (53)

Artikel 5- (Entwicklungs-)

Länder (119)

unterstützt

unterstützt

Ozonsekretariat

Abbildung B 4.4-2Die Organe des MontrealerProtokolls.Quelle: WBGU

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68 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

B 4.5Relevante Finanzierungsorgane

Die Weltbank (eine Sonderorganisation der Verein-ten Nationen, Washington) wurde 1944 gegründetund ist heute die größte Finanzquelle im BereichUmwelt und Entwicklung (Kap. D 2.1). Die Welt-bank hat zum Ziel, in den Entwicklungsländern dieArmut der Menschen zu verringern und den Lebens-standard zu verbessern. Die Bank gewährt Darlehenund leistet politische Beratung auf der Grundlageanalytischer Sektorarbeiten, technische Unterstüt-zung sowie zunehmend Dienste für den Wissensaus-tausch. Die Weltbankgruppe besteht aus fünf engmiteinander verbundenen Institutionen: Die Inter-nationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung(International Bank for Reconstruction and De-velopment – IBRD) stellt für Länder mit mittleremEinkommen und kreditwürdige ärmere Länder Dar-lehen und Entwicklungshilfe bereit. Die Hilfeleistun-

gen der Internationalen Entwicklungsorganisation(International Development Association – IDA) konzentrieren sich auf die ärmsten Länder, denen siezinslose Darlehen gewährt und über die Mittelverga-be hinaus weitere Leistungen zur Verfügung stellt.Die Internationale Finanz-Corporation (Internatio-nal Finance Corporation – IFC) arbeitet eng mit Pri-vatinvestoren zusammen und stellt für kommerzielleUnternehmen in Entwicklungsländern Geldmittelbereit. Die Multilaterale Investitionsgarantie-Agen-tur (Multilateral Investment Guarantee Agency –MIGA, formell keine UN-Sonderorganisation) för-dert ausländische Direktinvestitionen in Entwick-lungsländern, indem sie Investoren vor nicht unter-nehmerischen Risiken schützt. Das InternationaleZentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkei-ten (International Centre for Settlement of Invest-ment Disputes – ICSID) schafft die Voraussetzungenzur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwi-schen ausländischen Investoren und ihren Gastlän-dern. Heute sind über 180 Staaten Mitglied der Welt-

Sonstige(Industrie-)

Länder

Desertifikationskonvention

bestimmt Berichtspflichten der Entwicklungsländer

und bewertet

Ausschuss für Wissenschaft und

Technologie(CST)

Ad-hoc-Panel mit max. 12

Mitgliedern

wissenschaftliche Beratung

unterstützt

beric

hten

unte

rstü

tzt

berichten über Aktivitäten der Unterstützung

Vertragsstaatenkonferenz

richtet ein

berichtet

hilft bei Erstellung

erstellen und setzen um

Sekretariat

finanziert indirekt, wenn Klima oder Biodiversität

betroffen sind

finanziert Desertifikations-

bekämpfung

GEF

bi- und multilaterale

Entwicklungs-zusammen-

arbeit

sind beteiligt an Erstellung und

Umsetzung

Betroffene(Entwicklungs-)

Länder

unterstützen durch EZ/TZ

haben Beteiligungs-rechte

informiert über vorhandene Finanzmittel

Globaler Mechanismus(u.a. UNDP, IFAD,

Weltbank)

NRO

NationaleAktions-

programme

Abbildung B 4.4-3Die Organe derDesertifikations-konvention.Quelle: WBGU

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69Relevante Finanzierungsorgane B 4.5

bank, die durch Repräsentanten (governors) einmaljährlich über die generelle Politik und das Budgetder Bank bestimmen. Die fünf größten Anteilseigner(Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan,USA) ernennen je einen Geschäftsführenden Direk-tor, weitere 19 werden von Ländergruppen gewählt,wobei China, Russland und Saudi-Arabien eigeneGruppen bilden und je einen eigenen Geschäftsfüh-renden Direktor ernennen. Der Präsident der Welt-bank wird traditionell von den USA gestellt. Die Be-tonung bei der Vergabe der Mittel liegt bei: Gesund-heit und Ausbildung, Umweltschutz, Unterstützungprivater Wirtschaftsentwicklung, Verstärkung derFähigkeit von Regierungen zu effizienten und trans-parenten Dienstleistungen, Unterstützung von Re-formen zur Erreichung stabiler Wirtschaftsverhält-nisse, die langfristige Planung ermöglichen, sowie so-ziale Entwicklung und Armutsbekämpfung.

Die GEF (Global Environment Facility – GlobaleUmweltfazilität, Washington) ist eine unabhängigeInstitution zur Finanzierung von Projekten in vier

Bereichen: Biodiversität und Management natürli-cher Ressourcen, Energieeinsparung und erneuerba-re Energien, Bedrohung der Ozeane, Küsten- undBinnengewässer sowie Unterstützung beim Auslau-fen ozonschichtabbauender Substanzen in Osteuro-pa (Kap. E 3.4.2). Projekte zum Bodenschutz könnenindirekt gefördert werden, soweit sie den Schutz vonBiodiversität oder von Süßwasser umfassen. DieGEF wurde nach einer dreijährigen Pilotphase 1994in ihre jetzige Struktur überführt. Die Projekte wer-den durch die „implementing agencies“ UNEP,UNDP und Weltbank umgesetzt. NRO,Wissenschaftund der private Sektor spielen eine wichtige Rollebei der Gestaltung und Durchführung der Program-me. Die GEF hat 165 Mitglieder, die sich alle dreiJahre in der Generalversammlung treffen. Der„governing council“ besteht aus 16 Vertretern derEntwicklungsländer, 14 Vertretern der entwickeltenLändern und zwei Vertretern von Ländern mit Öko-nomien im Übergang zur Marktwirtschaft. Das Sek-retariat wird von der Weltbank administrativ unter-

IPCC

Anhang B(Industrie-)Länder (40)

Nicht-Anhang-B (Entwicklungs-)

Länder (xx)

Exekutivrat für umweltverträgliche Entwicklung

(clean development mechanism)

Klimarahmenkonvention und Kioto-Protokoll

bestimmt Reduktionspflichten der Industrieländer

entscheidet über Verwendung der

Mittel

Bereitstellung finanzieller Mittel der vollen vereinbarten

Mehrkosten

bestimmt Berichtspflichten der Entwicklungsländer

GEF

Nebenorgan für wissenschaftliche und technische

Beratung(SBSTA)

wissenschaftliche Beratung

berä

t

beric

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beric

htet

beric

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tztunterstützt

Vertragsstaatenkonferenz

Sekretariat

Nebenorgan für die Durchführung

(SBI)

Abbildung B 4.4-4Die Organe derKlimarahmenkonventionund des Kioto-Protokolls.Quelle: WBGU

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70 B Ausgangslage: Globale Umwelttrends

stützt. Die GEF dient als Finanzierungsmechanismusfür die Klimarahmen- und die Biodiversitätskonven-tion. Für das Montrealer Protokoll zum Ozonabbaudient die GEF als supplementärer Partner: Währendder multilaterale Fonds des Montrealer ProtokollsEntwicklungsländer bei der Substitution ozon-schichtabbauender Substanzen unterstützt, kann dieGEF die Staaten im Übergang unterstützen, die we-gen zu hoher Produktion und zu hohen Verbrauchsdieser Substanzen nicht vom multilateralen Fonds fi-nanziert werden können (GEF, 2000).

Der Multilaterale Fonds zum Montrealer Proto-koll (Montreal) wurde 1990 eingerichtet und leistetdie finanzielle Unterstützung für die Entwicklungs-länder bei der Reduzierung ozonschichtabbauenderSubstanzen. Von den 172 Unterzeichnerstaaten desProtokolls sind 128 Entwicklungsländer. Von 1991–1999 wurde knapp 1 Mrd. US-$ von 32 Industrielän-dern aufgebracht. Die Umsetzung von Länderstu-dien und Projekten in den Entwicklungsländern wirdvon UNDP, UNEP, UNIDO und Weltbank übernom-men. Zusätzlich wird von mehreren Industriestaatenauf bilateraler Basis Unterstützung geleistet.

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Institutionelle Defizite und Lösungswege

C

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C 1Institutionen und Organisationen

Institutionen und Organisationen sind das Kernstückjeder Umweltpolitik. Institutionen sind gemein-schaftliche Einrichtungen (instituere – einrichten),mit denen gesellschaftliche Akteure ihre Beziehun-gen regeln, von dem Gewaltverbot der Vereinten Na-tionen bis hin zur Ehe. Die besondere politische Be-deutung der Institutionen hat in der Politologie imletzten Jahrzehnt zu einer Renaissance der Beschäf-tigung mit Institutionen in Form des „Neuen Institu-tionalismus“ geführt. In der internationalen Politikwerden die zentralen Institutionen dabei als „inter-nationale Regime“ bezeichnet, womit Regelwerkevon gemeinsamen Grundsätzen, Normen, Regelnund Entscheidungsverfahren zwischen internationa-len Akteuren (meist: Staaten) gefasst werden. Meistsind Institutionen in der internationalen Politik engmit Organisationen verknüpft, also mit administrati-ven Einheiten mit eigenem Budget, Personalbestandund Briefkopf. Diese Definition der Organisation be-zieht sich auf eine Einrichtung als administrativeEinheit mit den genannten Merkmalen und nicht et-wa auf den völkerrechtlichen Status der Einrichtungim UN-System wie etwa der völkerrechtliche Begriffder Sonderorganisation (Kap. E 2). Das Klimaregimebeispielsweise ist eine Institution, die das Verhaltenseiner Parteien mit Blick auf den Klimaschutz regeltund ihnen gewisse Pflichten auferlegt; das Klimase-kretariat in Bonn gleicht wiederum einer kleineninternationalen Organisation.

Institutionen und Organisationen sind von der Po-litik geschaffen und können von ihr geändert und op-timiert werden. Dieses hat den Beirat veranlasst, sichin diesem Gutachten gezielt mit der Frage einer Re-form und Verbesserung des Systems internationalerInstitutionen und Organisationen und insgesamt den„institutionellen Arrangements“ (von Prittwitz,2000) in der globalen Umweltpolitik auseinander zusetzen. Kap. C liefert hierzu das Handwerkszeug: Diebestehenden Institutionen werden exemplarischnach einem systematischen Analyseraster untersuchtund Lehren für die optimale Gestaltung neuer Insti-tutionen und für die Verbesserung der bestehendengezogen.

Der Beirat folgt dabei dem in der Politologie übli-chen Muster des Politikzyklus, das den Bedingungenglobaler Umweltpolitik und den Erfordernissen an-gewandter Politikberatung entsprechend leicht mo-difiziert wurde. So wird zunächst die Rolle von Insti-tutionen und Organisationen während der Formulie-rung und den ersten Verhandlungen von politischenProblemen (agenda setting) (Kap. C 2) erörtert, danndie institutionellen Fragen in der Phase der Aushand-lung und Weiterentwicklung internationaler Institu-tionen (Kap. C 3) diskutiert, um sich schließlich mitden Problemen der Umsetzung und der „Erfüllungs-kontrolle“ zu beschäftigen (Kap. C 4). Diese Unter-suchungen erfolgen meist anhand von drei Proble-men globaler Umweltpolitik, die mit Blick auf ihrenanalytischen Nutzen gewählt wurden: jeweils ein Er-folgsfall, ein „mittel-erfolgreicher“ Fall sowie eineeher wenig zufrieden stellende Regelung. Zusätzlichbeschäftigt sich der Beirat mit den Lehren aus derTheorie der Spiele sowie den Chancen einer privatentransnationalen Zusammenarbeit zum Schutz globa-ler Umweltgüter.

Globale Umweltpolitik kann nur gelingen, wennsie auch national und lokal umgesetzt wird. Das Mot-to „Global denken, lokal handeln“ gilt treffend fürdie globale Umweltpolitik. Dennoch hat sich der Bei-rat in diesem Gutachten auf die Politik in den inter-nationalen Institutionen konzentriert, weil deren na-tionale und lokale Umsetzung bereits in einer Reihevon Jahresgutachten ausführlich untersucht wordenist, etwa mit Blick auf Bodenschutzpolitik (WBGU,1994), Wasserschutzpolitik (WBGU, 1998a) oderBiosphärenschutzpolitik (WBGU, 1999a). In Kap.C 5 wird auf diese Texte zur nationalen Umsetzungglobaler Umweltpolitik explizit verwiesen, und dieaus Sicht des Beirats besonders entscheidenden Pro-zesse der LOKALEN AGENDA 21 und die Bildungspo-litik werden erneut hervorgehoben.

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Die Rolle von Institutionen für Problemdefinition und

Vorverhandlungen

C 2

C 2.1Einleitung

Welche Rolle spielen Institutionen und Organisatio-nen am Anfang einer internationalen Verhandlung,wenn Probleme definiert, Agenden strukturiert underste Weichen zur Verhandlung eines Regimesgestellt werden? Warum erlangten manche Umwelt-probleme einen höheren Stellenwert in der interna-tionalen Politik als andere, selbst wenn diese aus öko-logischer Sicht vielleicht ebenso schwerwiegend wa-ren? Inwieweit tragen Institutionen und Organisatio-nen dazu bei, dass globale Umweltprobleme auf dieTagesordnung der internationalen Politik gelangen,und welche Rolle spielen sie in der Vorverhandlungs-phase eines Politikzyklus? Der Beirat hat zur Prü-fung dieser Fragen drei Kernprobleme des GlobalenWandels (Ozon, Klima, Bodendegradation) ausge-wählt, die international unterschiedlich effektiv gere-gelt sind und die – entscheidend für die Auswahl – ei-nen unterschiedlichen Stellenwert auf der Agendader internationalen Politik erlangen konnten. Einenumfassenden Überblick zum Umweltvölkerrechtbietet Beyerlin (2000).

C 2.2Problemdefinition und Vorverhandlungsphase inder Ozonpolitik

Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft aufdie fortschreitende Zerstörung der stratosphärischenOzonschicht gilt vielfach als Musterbeispiel einer ef-fektiven internationalen Umweltpolitik. In den west-lichen Industrieländern sind Fluorchlorkohlenwas-serstoffe (FCKW) inzwischen fast vollständig ausdem Gebrauch genommen. Insgesamt wurde derweltweite Verbrauch von FCKW, Halonen und Me-thylchloroform durch das Ozonregime um etwa 80%vermindert; rechnet man alle ozonabbauenden Stof-fe entsprechend gewichtet mit ein, ist der Verbrauchinsgesamt um 70–75% gesunken (Oberthür, 1997,1999a) (Kap. B 2.2).

C 2.2.1Das Ozonproblem auf der internationalen undnationalen Agenda

Die Gefahr einer Schädigung der stratosphärischenOzonschicht durch die Emission von FCKW wurdeerst 1974 entdeckt (Luhmann, 1996). Die Sorge umdie Ozonschicht entstand zunächst in den Industrie-ländern, wo noch Mitte der 80er Jahre fast alleFCKW produziert wurden. Zu den Befürwortern ei-ner internationalen Regelung zählten insbesonderedie USA; schon Ende der 70er Jahre war der FCKW-Verbrauch für Sprühdosen in den USA und einigenskandinavischen Ländern verboten worden.

Da angesichts der Globalität des Problems Maß-nahmen nur weniger Staaten keinen Erfolg verspre-chen konnten, bemühten sich die USA, Finnland, Ka-nada, Norwegen, Schweden und die Schweiz, die sogenannte „Toronto-Gruppe“, seit Anfang der 80erJahre um einen internationalen Vertrag zur Kontrol-le des Ozonproblems (Kindt und Menefee, 1989;Parson, 1993; Benedick, 1998). Die übrigen Industrie-länder waren jedoch zu dieser Zeit noch skeptischund strebten weichere Regeln als die Toronto-Grup-pe an. Es ist nicht abschließend zu klären, welcheFaktoren für diese Differenz in der Betroffenheit derIndustrieländer ursächlich war. Möglicherweisespielten in den USA kulturelle Faktoren, etwa diehohe Wertschätzung in der Bevölkerung für dieNASA und die Weltraumforschung, eine gewisseRolle (Benedick, 1998). Später trug auch die poten-ziell besonders große Gefährdung der Bevölkerungin den hohen Breitengraden – Kanada und Skandi-navien – dazu bei, dass das Ozonproblem in diesenLändern als vordringlich angesehen wurde.

Während die Zerstörung der Ozonschicht seitMitte der 70er Jahre in den USA und Skandinavienund in geringerem Maß auch in Japan und der Euro-päischen Gemeinschaft thematisiert wurde, ließ sichin den Entwicklungsländern kein originäres Interes-se an diesem Umweltproblem erkennen. Zur WienerRegierungskonferenz im Jahr 1985 entsandten nur 12Entwicklungsländer Delegierte, und selbst bei der

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75Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Ozonpolitik C 2.2

Montrealer Abschlusskonferenz im September 1987,auf der das Montrealer Protokoll über Stoffe, die dieOzonschicht schädigen, verabschiedet wurde, warennur 30 Entwicklungsländer vertreten (Biermann,1998b).

Wie ist dieses mangelnde Interesse an den Ver-handlungen zu erklären? Eine gängige Sichtweisezwischenstaatlicher Umweltpolitik konzeptualisiertsolche Probleme als Konflikt zwischen Verursachernund Betroffenen einer grenzüberschreitenden Um-weltverschmutzung. Demnach bremsen „Verursa-cherstaaten“ die Regimebildung, während die „Be-troffenen“ eher die Initiative für umfassende Nor-men ergreifen. Im Fall des Ozonproblems sind diewesentlichen Verursacher die Industrieländer. Mitteder 80er Jahre verbrauchten sie 90% der weltweithergestellten FCKW, was dem 20fachen Pro-Kopf-Verbrauch der Entwicklungsländer entsprach. Auchgalt die Begrenzung der FCKW-Freisetzung als teu-er: Die allein für die USA geschätzten Umstellungs-kosten schwankten beispielsweise zwischen 3 Mrd.US-$ nach Angaben der US-Umweltbehörde bis zuvom Chemiekonzern DuPont geschätzten 135 Mrd.US-$ (Benedick, 1998).

Die mangelnde Aktivität der Entwicklungsländerist anfangs durch die fehlende Information über dasOzonproblem zu erklären, dem UNEP und die US-amerikanische Diplomatie Ende der 80er Jahredurch Informationskampagnen abzuhelfen suchten.Informationsdefizite waren jedoch nicht allein dieUrsache für das anfängliche Desinteresse im Süden.Vielmehr scheint es, dass die großen Entwicklungs-länder zunächst bewusst die Verhandlungen oder zu-mindest die Zeichnung des Montrealer Protokollsvon 1987 boykottiert haben, weil dieses in seinemspezifischen institutionellen Design, insbesondereseiner Lastenverteilung zwischen den Staaten, alsnachteilig und „ungerecht“ im Hinblick auf ihre wirt-schaftlichen Interessen eingeschätzt wurde (für In-dien etwa Rajan, 1997). So war im Norden der Bedarfan FCKW-haltigen Kühlschränken, Kühlanlagenoder Klimaanlagen weitgehend gesättigt, währenddie Entwicklungsländer aufgrund ihres Wirtschafts-wachstums einen hohen Anstieg der Nachfrage nachdiesen Gütern erwarteten. Deren Verbreitung wurdewiederum als Grundlage weiteren Wirtschaftswachs-tums gesehen. Soweit die EntwicklungsländerFCKW, FCKW-haltige oder davon abhängige Pro-dukte selbst herstellten, hätten sie einen Teil ihres In-vestitionskapitals für die Produktionsumstellungverwenden müssen: Deren alleiniger Nutzen hätte inder Reparatur eines Umweltproblems gelegen, dasvor allem durch die bisherige Wirtschafts- und Le-bensweise der Industrieländer verursacht wordenwar.

All dies zusammen bewirkte, dass die Debatteüber die Verringerung der FCKW-Nutzung im Südennicht als Umweltproblem, sondern im Wesentlichenals Nord-Süd-Problem und als Entwicklungsproblemverstanden wurde. Noch heute werden beispielswei-se in Indien die nationalen Maßnahmen zum Schutzder Ozonschicht im Umweltplan nicht als Teil derUmweltpolitik, sondern als Element der „internatio-nalen Zusammenarbeit“ aufgeführt (Chatterjee,1995; Biermann, 1999), was anzeigt, dass das Land fürsich selbst weiterhin keinen eigenen Handlungsbe-darf sieht.

C 2.2.2Rolle von Institutionen und Organisationen

Es ist unverkennbar, dass das Umweltprogramm derVereinten Nationen (UNEP) selbst mit Blick auf dieIndustrieländer in den 80er Jahren eine wesentlicheFunktion im agenda setting einnahm. UNEP richteteschon 1977 das Co-ordinating Committee on theOzone Layer (CCOL) ein und verkündete den„Weltaktionsplan“ zum Schutz der Ozonschicht.1981 wies die UN-Expertenkonferenz zum Umwelt-völkerrecht in Montevideo der Ausarbeitung vonRechtsnormen zum Schutz der Ozonschicht höchstePriorität zu. Auch die Wiener Konferenz zum Schutzder Ozonschicht von 1985 geht auf eine UNEP-Re-solution zurück. In den frühen 80er Jahren, als dasProblem in den USA nach dem Verbot der FCKW-Nutzung in Sprühdosen an öffentlicher Aufmerk-samkeit verlor, war es vor allem UNEP, das die inter-nationale Debatte über die Gefährdung der Ozon-schicht am Leben erhielt (Benedick, 1998).

UNEP spielte ebenfalls eine wichtige Rolle in derPolitikformulierung in den Entwicklungsländern, ge-rade weil es als Teil des UN-Systems als politischneutral im Nord-Süd-Konflikt gilt und so dem Ozon-problem im Süden die erforderliche Akzeptanz ver-leihen konnte. UNEP ist Sitz des Sekretariats desWiener Übereinkommens und seines MontrealerProtokolls und organisiert über sein Pariser Büroden Transfer FCKW-freier Technologie in die Ent-wicklungsländer. UNEP berät die „Ozone FocalPoints“, die in den Verwaltungen der meisten Ent-wicklungsländer eingerichtet worden sind und u. a.die Aufgabe haben, das Problembewusstsein in ihrenLändern zu erhöhen und im Dialog mit der Industrienach Lösungen zu suchen. Nicht zuletzt organisierteUNEP die wissenschaftliche Bewertung zum Standdes Ozonproblems, die zahlreichen „ozone assess-ments“ (Jung, 1999b). Es war zwar die Forschung dergroßen Industrieländer, besonders in den USA, diediese Bewertung überhaupt erst ermöglichten. Den-noch war es UNEP, das der Forschung einzelner Län-

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76 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

der das erforderliche Gütesiegel der politischenNeutralität und der Akzeptabilität, insbesondere inden Entwicklungsländern, verlieh (Watson, 1998,persönliche Mitteilung).

Auch andere UN-Organisationen und -Program-me spielen eine wichtige Rolle, beispielsweise in derInitiierung, Planung und Durchführung der FCKW-Konversionsprojekte in Entwicklungsländern. Ähn-lich agieren diese Organisationen bei der Informa-tion über das Umweltproblem in den osteuropäi-schen Staaten und besonders der Russischen Födera-tion. Es kann insgesamt davon ausgegangen werden,dass ohne diese internationalen Organisationen so-wie insbesondere auch ohne UNEP, das Ozonprob-lem in den meisten Staaten in Nord und Süd nichtden Stellenwert und im Süden nicht die Akzeptanzerlangt hätte, die seit den 80er Jahren erreicht wurde.

Obwohl das Ozonregime als eine der größten Er-folgsgeschichten der internationalen Umweltpolitikgilt, ist nicht zu verkennen, dass auch ein Reihe vonSonderfaktoren hierzu beigetragen haben. Insbeson-dere die US-amerikanische Industrie, die früh Er-satzstoffe für FCKW entwickelt hatte, leistete Endeder 80er Jahre keinen Widerstand gegen das Mont-realer Ozon-Protokoll, sondern trat offensiv für des-sen möglichst umfassende Anwendung in möglichstvielen Ländern ein. Insofern war das Ozonproblemeine Win-win-Situation für die Industrie des Nord-ens, der so ein bedeutender neuer weltweiter Marktfür Ersatzstoffe und alternative Produktionsverfah-ren erwuchs – welcher häufig von denselben Unter-nehmen erschlossen werden konnte, die zuvor mitdem Verkauf von FCKW erhebliche Einnahmen er-zielt hatten.

C 2.3Problemdefinition und Vorverhandlungsphase inder Klimapolitik

Anders als die internationale Zusammenarbeit zumSchutz der Ozonschicht hat die Klimapolitik bishernoch keine einschneidende Verbesserung der Um-weltsituation bewirkt (Kap. B 2.1). Nach wie vor stei-gen die Emissionen von CO2 und anderen Treibhaus-gasen weltweit an. Nachdem der anthropogeneTreibhauseffekt in den späten 60er Jahren zumGegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ge-worden war, wurde er international Ende der 80erJahre auch politisch zum Thema. Dies kulminierte inder Aushandlung der Rahmenkonvention der Ver-einten Nationen über Klimaänderungen ab 1990, die1992 auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro zur Zeich-nung aufgelegt wurde. Auf dessen Grundlage be-schlossen die Vertragsstaaten 1997 im Protokoll vonKioto zur Klimarahmenkonvention erstmals ver-

bindliche quantitative Pflichten der Industrieländerzur Minderung ihrer Treibhausgasemissionen(WBGU, 1998b).

C 2.3.1Das Klimaproblem auf der internationalen undnationalen Agenda

Schon ab Ende der 60er Jahre galt als erwiesen, dassdie CO2-Konzentration in der Atmosphäre kontinu-ierlich ansteigt. In den 80er Jahren gelangte das The-ma über eine Vielzahl von Konferenzen auf die inter-nationale politische Tagesordnung. Zunächst griff dieWeltkommission für Umwelt und Entwicklung, dieso genannte Brundtland-Kommission, das Problem1987 in ihrem Abschlussbericht auf. 1988 wurde eserstmals auf hochrangiger politischer Ebene disku-tiert, auf dem G 7-Gipfel in Toronto sowie in der UN-Vollversammlung. Wegweisend wurde im gleichenJahr eine weitere Konferenz in Toronto, die dazu auf-rief, die CO2-Emissionen bis 2005 um 20% (gegen-über 1988) zu senken. Dieses „Toronto-Ziel“ wurdefür ein Jahrzehnt zur Referenzgröße der internatio-nalen Klimapolitik.

Wesentlich war hier die aktive Rolle der interna-tionalen Organisationen: Bereits 1988 hatten dieWeltorganisation für Meteorologie (WMO) undUNEP, die bis dahin die internationale wissenschaft-liche Diskussion trugen, das Intergovernmental Pa-nel on Climate Change (IPCC) ins Leben gerufen(Bodansky, 1993). Die Einschätzungen des IPCCwurden die weithin anerkannte wissenschaftlicheGrundlage internationaler Klimapolitik (Kap. E 1).

Die Aushandlung eines Rahmenübereinkommenszum Klimaschutz stieß zunächst auf vielfältige Inte-ressenkonflikte. Die Differenzen zwischen den In-dustrieländern waren schon früh deutlich geworden(Bodansky, 1993; Enquete-Kommission, 1990). Aufder einen Seite standen dabei die so genannten„Bremser“, zu denen neben der UdSSR und Japanvor allem die USA zählten. Sie betonten die wissen-schaftlichen Unsicherheiten und sprachen sich gegenweit reichende Pflichten zur Emissionsminderungaus (Breitmeier, 1996). Bei den USA und der UdSSR(später: Russland) ist dabei zu berücksichtigen, dassbeide Länder zu den größten Kohle-, Öl- und Gas-produzenten der Welt gehören. Für den Einfluss vonIndustrievertretern bietet gerade das offene US-amerikanische politische System gute Möglichkei-ten. Für die Position Russlands war und ist außerdemihre Selbstwahrnehmung als potenzieller „Gewin-ner“ einer Erderwärmung von Bedeutung (Ober-thür, 1993; Oberthür und Ott, 1999).

Auf der anderen Seite befürworteten insbesonde-re die Europäer verbindliche Pflichten zur Begren-

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77Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Klimapolitik C 2.3

zung des Ausstoßes an Treibhausgasen. Die Europä-er sahen sich nicht nur von den Auswirkungen derglobalen Erwärmung (Meeresspiegelanstieg, Ver-steppung usw.) betroffen. Die starke Abhängigkeitvon der Einfuhr fossiler Brennstoffe macht Klima-schutzmaßnahmen verhältnismäßig attraktiv, da siedie Importe verringern. Zudem war und ist die poli-tische Akteurslandschaft stark mit Umweltinteres-sen (Verbände und Grüne Parteien) durchdrungen.Ein Beispiel für die unterschiedlichen Verhandlungs-positionen verschiedener Nationen bei der Waldnut-zung ist in Kasten C 2.3-1 dargestellt.

Die Entwicklungsländer hatten lange Zeit keinbesonderes Interesse am Klimaproblem (Bodansky,1993). Anders als im Fall des Ozonregimes – und ge-

rade wegen der hier gemachten Erfahrung, dassrechtzeitig getroffene Entscheidungen die künftigenVerhandlungen bestimmen – brachten sie sich aller-dings schon früh in die Klimadiskussion ein. Vor al-lem verwiesen sie dabei auf die Hauptverantwortungder Industrieländer für den zusätzlichen Treibhausef-fekt, lehnten deshalb eigene bindende Pflichten abund verlangten einen Finanz- und Technologietrans-fer (Biermann, 1998b). Schnell wurden aber zu Be-ginn der 90er Jahre auch in dieser Gruppe Interes-senunterschiede deutlich. Zwei Gruppen artikulier-ten dabei vehement Positionen, die von der Mehrheitder Entwicklungsländer abwichen. Die Erdöl expor-tierenden OPEC-Staaten mit Saudi Arabien an derSpitze sträubten sich gegen eine wirksame Begren-

Kasten C 2.3-1

Unterschiede in der Verhandlungsposition vonNationen beim Klimaschutz am Beispiel derWaldnutzung

Bei den internationalen Verhandlungen um den Klima-schutz wird im Allgemeinen zwischen den Anliegen der In-dustrienationen und den Entwicklungsländern entlang ei-nes Nord-Süd-Gefälles unterschieden. Im Kioto-Protokollwurde diese Differenzierung sogar festgeschrieben mit derUnterscheidung zwischen den Annex-I-Staaten, die Reduk-tionsverpflichtungen übernahmen, und den Nicht-Annex-I-Staaten, die potenziell in einen Handel mit Kohlenstoff-Einheiten eintreten können, ohne eine Reduktionsver-pflichtung übernommen zu haben. Die Verhandlungenüber die Ausgestaltung des Kioto-Protokolls zeigen nun-mehr, dass die Interessenlagen der Nationen komplexersind, als es in der genannten Zweiteilung deutlich wird.AmBeispiel der Waldverteilung und forstökonomischer Inte-ressen lässt sich dies darlegen.

Sechs Nationen (Russland, Brasilien, Kanada, USA, In-donesien und Zaire) besitzen 58% der globalen Waldfläche(25 Nationen besitzen 85% der Wälder) (FAO, 1999). DieZiele, die mit diesem Besitz verfolgt werden, sind heterogenund abhängig von den wirtschaftlichen Ausgangsbedingun-gen: dem Einkommen und der Waldfläche pro Einwohner(Abb. C 2.3-1). Dabei sind die Länder mit hohem Pro-Kopf-Einkommen CO2-Quellen, Länder mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen CO2-Senken.

Es zeichnet sich ab, dass die Länder mit hohen Waldflä-chen pro Kopf diese vor allem für die wirtschaftliche Ent-wicklung einsetzen, auch wenn dies nicht mit Umweltzielenzu vereinbaren ist. Länder mit niedrigem Waldbestand undEinkommen sind auf die Holzimporte aus den Ländern mithohem Waldaufkommen angewiesen. Damit ergibt sichnicht etwa eine Allianz zwischen den Ländern, die CO2-Quellen sind (Annex-I-Staaten), sondern eine Allianz zwi-schen den Ländern, die den Wald für ökonomische Zieleeinsetzen bzw. auf Importe angewiesen sind, gegen die Län-der, die Umweltziele verfolgen. Im Kioto-Protokoll gibt esAnzeichen, dass auch dort ökonomische Ziele wichtigersind als Umweltziele (CDM-Mechanismus). Um Umwelt-ziele durchzusetzen, bedarf es großer Anstrengungen, dieseKonstellation aufzubrechen.

Wald für Umweltschutz

Wald für Subsistenz

Pro

-Kop

f-E

inko

mm

en

Pro-Kopf-Waldfläche

DänemarkDeutschlandGroßbritannienJapanNiederlande

ChinaIndienKeniaPhilippinenSomalia

AustralienFinnlandKanadaSchwedenUSA

BrasilienGabunIndonesienMalaysiaRussland

Wald als Teil einer nachhaltigen Entwicklung

Wald als Instrument wirtschaftlicher Entwicklung

Abb. C 2.3-1Unterschiedliche Ziele beider Waldnutzung in Abhän-gigkeit von Einkommen undWaldfläche pro Kopf.Quelle: WBGU

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78 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

zung der CO2-Emissionen, von der sie ihre Export-märkte bedroht sahen. Im Gegensatz dazu befürwor-teten die von der Vereinigung kleiner Inselstaaten(Alliance of Small Island States,AOSIS) vertretenenLänder, die ihr Überleben durch einen Meeresspie-gelanstieg bedroht sehen, schon frühzeitig weit rei-chende Reduktionsziele (Oberthür, 1993).

Diese Konstellation der Akteure blieb in den 90erJahren verhältnismäßig stabil. Allerdings wechselteninsbesondere einige nichteuropäische Industrielän-der, die zunächst noch die EU-Position vertreten undanspruchsvolle nationale klimapolitische Ziele for-muliert hatten, in das Lager der Bremser über (z. B.Kanada) (Oberthür und Ott, 1999). Dies ist nicht zu-letzt darauf zurückzuführen, dass in der frühen Pha-se internationaler Klimapolitik die ökologische Di-mension des Problems im Vordergrund stand (Bo-dansky, 1993), welche im Verlauf der 90er Jahredurch ökonomische Gesichtspunkte zunehmendüberlagert wurde.

C 2.3.2Rolle von Institutionen und Organisationen

WMO und UNEP nahmen in der Klimadiskussionbis zur Aufnahme offizieller Verhandlungen übereine Rahmenkonvention eine herausgehobene Stel-lung ein. Sie organisierten nicht nur zusammen mitdem Internationalen Rat wissenschaftlicher Vereini-gungen (ICSU), einer Nichtregierungsorganisation,die ersten Konferenzen zum globalen Klimawandelsowie die wichtigen Weltklimakonferenzen. WMOund UNEP finanzierten auch das Weltklimapro-gramm und gründeten 1988 das IPCC (Enquete-Kommission, 1990; Loske, 1996; van der Wurff, 1997).Beide Initiativen leisteten einen wesentlichen Bei-trag zur Festigung der wissenschaftlichen Grundla-gen politischen Handelns zur Bekämpfung der glo-balen Erwärmung (Kap. E 1).

In Form des IPCC wirken beide UN-Einrichtun-gen weiter auf den Fortgang der internationalen Kli-mapolitik ein. Das IPCC selbst ist zu einer der ein-flussreichsten internationalen Institutionen für dieKlimapolitik geworden. 1990 legte das IPCC sogareinen Konventionsentwurf als Grundlage der Ver-handlungen vor (Oberthür, 1993). Allerdings fühltensich nicht immer alle Staaten, vor allem nicht alleEntwicklungsländer, durch WMO, UNEP und dasIPCC vertreten (Bodansky, 1993). Eine Ursachehierfür ist in der zunächst mangelhaften Vertretungder Entwicklungsländer im IPCC zu sehen (Enque-te-Kommission, 1990).

Die Entwicklungsländer setzten deshalb durch,die Klimaverhandlungen auf einer höheren politi-schen Ebene, nämlich der UN-Vollversammlung, an-

zusiedeln (Bodansky, 1993). Dies bedeutete fürUNEP, das sich ebenso um das Mandat bemüht hat-te, eine Niederlage und einen Bedeutungsverlust inder Klimapolitik (Oberthür, 1993). Im Verlauf derKlimapolitik brachte sich eine wachsende Zahl wei-terer Akteure ein. Beispielsweise wurde der Klima-schutz ein Schwerpunkt der Globalen Umweltfazili-tät (GEF) (Ehrmann, 1997), die mit dem Finanzie-rungsmechanismus der Klimarahmenkonvention be-traut wurde.

Auch das Ozonregime diente als Beispiel für Ent-stehung und Entwicklung des Klimaschutzregimes.Dies gilt für die rechtliche Struktur des Vertragssys-tems (Rahmenkonvention plus Protokolle) sowie fürdie Vorgehensweise, die geregelten Stoffe in einem„Korb“ zusammenzufassen und nach ihrer Schäd-lichkeit zu gewichten. Allerdings gibt es auch An-haltspunkte einer negativen Orientierung am Ozon-beispiel: Klimapolitische „Bremser“ haben die Über-tragung der Aspekte des Montrealer Protokolls, dieals besonders wirksam gelten, teilweise erfolgreichbekämpft.

C 2.4Problemdefinition und Vorverhandlungsphase inder Bodenpolitik

C 2.4.1Der Bodenschutz auf der nationalen undinternationalen Agenda

Das Ausmaß der weltweiten Bodenzerstörung ge-langte erstmals Anfang der 90er Jahre in das Blick-feld einer breiteren internationalen Öffentlichkeit,als die erste globale Übersicht der Bodendegrada-tion veröffentlicht wurde (GLASOD; Haber et al.,1999). Durch diese Erhebung wurde deutlich, dassdie bisher nur lokal untersuchten Degradationen inihrer Summe bereits ein dramatisches Ausmaß er-reicht haben. Darauf aufbauend hat der Beirat dasProblem der Bodendegradation in komplexenKrankheitsbildern oder Syndromen zusammenge-fasst (WBGU, 1994). Diese Analysen haben verdeut-licht, dass die Bodendegradation ein globales Prob-lem darstellt, für das international Regelungsbedarfbesteht. Insbesondere ist es notwendig, die bishervorhandenen unverbindlichen Erklärungen zusam-menzufassen und in eine völkerrechtlich verbindli-che Form zu überführen. Damit würde Neuland be-treten, da das komplexe Thema Böden von der inter-nationalen Politik bisher nur eingeschränkt aufge-griffen wurde.

Während sich die in den 20er Jahren gegründetenersten bodenkundlichen Vereinigungen überwie-

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79Problemdefinition und Vorverhandlungsphase in der Bodenpolitik C 2.4

gend mit dem Produktionsfaktor Boden befassten,entstanden in den 60er Jahren unter dem Eindruckder beobachteten Bodendegradation die ersteninternationalen wissenschaftlichen Organisationen,die den Schutz der Böden zum Ziel hatten: 1960 wur-de die International Soil Conservation Organisation(ISCO) gegründet, 1966 folgte das Weltdaten(refe-renz)zentrum für Böden (ISRIC) des InternationalCouncil of Scientific Unions (ICSU) und 1980 dieEuropean Society for Soil Conservation (ESSC).1998 wurde von der internationalen Konferenz „Bo-denschutzpolitiken in der europäischen Union“, ver-anstaltet von der EU-Kommission, dem BMU unddem UBA, das „Bonner Memorandum“ zum Boden-schutz in Europa verfasst und 1999 forderte das eu-ropäische Bodenforum, veranstaltet von der Euro-päischen Umweltagentur, auf seiner ersten Sitzungneben global ausgerichteten Strategien die Erstel-lung eines internationalen Basiskatalogs von Indika-toren.

Das erste politische Instrument zum Bodenschutzwar die europäische Bodencharta von 1972. DerPlan, ein rechtlich verbindliches Instrument zu schaf-fen, scheiterte Anfang der 90er Jahre. Eine weiterewichtige Entscheidung auf europäischer Ebene istdie Empfehlung R(92)8 des Europarates von 1992, inder die Regierungen zur Einhaltung einer Reihe vonPrinzipien zum Schutz der Böden aufgerufen wer-den.

Seit der ersten Weltumweltkonferenz 1972 inStockholm, als ein verbessertes Informationssystemüber Zustand und Degradation der Böden gefordertwurde, befindet sich der weltweite Bodenschutz auchim Blickfeld der Vereinten Nationen. Unter demEindruck der katastrophalen Dürren im Sahel kon-zentrierte sich die öffentliche Aufmerksamkeit indieser Zeit auf die Bodendegradation in Trockenge-bieten. 1977 wurde von den Vereinten Nationen dieWeltkonferenz über Desertifikation einberufen, deranschließend verabschiedete Aktionsplan scheitertejedoch an finanziellen und konzeptionellen Män-geln. 1981 wurde schließlich unter der Schirmherr-schaft der FAO die Weltbodencharta verabschiedet.Etwa zeitgleich entwickelten IUCN, UNEP undWWF die „World Conservation Strategie“ (1980).1982 wurde der Bodenschutz auch in der „WorldCharter for Nature“ aufgegriffen. Einen neuenSchub erhielt das Thema durch die Konferenz derVereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung(UNCED) von 1992, als das Problem der weltweitenBodenzerstörung in mehreren Kapiteln der AGENDA

21, nicht aber in einem gesonderten Kapitel aufge-griffen wurde. Schließlich verabschiedete das Zwi-schenstaatliche Wälderforum der UN (IPF) 1996 einAktionsprogramm für den Umgang mit Wäldern, indem Böden und Bodenschutz im Zusammenhang

mit Plantagenwirtschaft und empfindlichen Ökosys-temen behandelt werden. Allen diesen Erklärungenist gemein, dass sie völkerrechtlich unverbindlichsind und daher nur beschränkt Wirkung zeigten. Al-lerdings entstand so ein internationaler Bezugsrah-men, an dem sich die Akteure orientieren konntenund der dazu beitrug, das Problem in die breite Öf-fentlichkeit zu tragen.

Eine neue Qualität erhielt die internationale Bo-denschutzpolitik durch die auf der UNCED-Konfe-renz beschlossene Verabschiedung einer Konventionzum Schutz der Böden in Trockengebieten, des„Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Be-kämpfung der Wüstenbildung in den von Dürreund/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Län-dern, insbesondere in Afrika“ (UNCCD). Dieses völ-kerrechtlich verbindliche Instrument entstand vor al-lem auf Initiative der afrikanischen Länder, die dieUNCCD als „ihre“ Konvention ansehen. Seit ihremInkrafttreten 1996 fanden drei Vertragsstaatenkon-ferenzen statt. Bei der Aushandlung der UNCCD ha-ben die NRO und die Wissenschaft eine wichtigeRolle gespielt, die sich in der starken Stellung derNRO bei der Umsetzung der Konvention widerspie-gelt (Corell, 1999).Auch setzten sich die OECD-Län-der für eine starke Stellung der NRO ein, in der Hoff-nung, mit der Umsetzung der Ziele der Konventionauch Demokratisierungsprozesse zu bewirken. FürNRO wie für Regierungen ist dieser Anspruch glei-chermaßen mit einem Lernprozess verbunden. Mitdiesem institutionellen Design könnte die UNCCDeine Vorbildfunktion übernehmen (Danish, 1995b).

Die UNCCD deckt, da sie sich nur auf Trockenge-biete beschränkt (aride, semi-aride und subhumideGebiete) nur einen Teil der globalen Bodenzerstö-rung ab, da sie unter dem Eindruck der großen Dür-ren im Sahel und dem gescheiterten Aktionsplan zurDesertifikationsbekämpfung von 1977 entstand. Da-durch hat die UNCCD einen ausdrücklichen Ar-mutsbezug und setzt sich in dieser Hinsicht von denbeiden anderen Rio-Konventionen zu Klima undbiologischer Vielfalt ab.

Aber auch in parallel zum Bodenschutz in Tro-ckengebieten laufenden Verhandlungsprozessen zuKlima und biologischer Vielfalt werden die Bezügezu den Böden immer deutlicher. Die Diskussion umdie Anrechnung biologischer Quellen und Senkenzur Reduktion von Treibhausgasen und der Erhaltbiologischer Vielfalt betreffen gleichermaßen denBodenschutz. Diese Entwicklungen zeigen, dass inBezug auf einen globalen Bodenschutz internationaleine Regelungslücke entstanden ist und lässt die Fra-ge aufkommen, ob eine Beschränkung völkerrechts-verbindlicher Regelungen auf Trockengebiete nochzeitgemäß ist (Pilardeaux, 1999).

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80 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

Der Beirat hat diese Entwicklung frühzeitig er-kannt und bereits 1994 die Schaffung einer globalenBodenkonvention empfohlen und damit für dieseDiskussion einen entscheidenden Impuls ausgelöst(WBGU, 1994). 1997 griff die Evangelische Akade-mie Tutzing diese Anregung auf und führte eine Kon-ferenz mit Beteiligung international führender Um-weltwissenschaftler durch, die die Erarbeitung desEntwurfs einer globalen Bodenkonvention empfah-len. 1998 wurde schließlich ein erster mehrsprachigerEntwurf vorgelegt (TISC, 1998).

Eine führende Rolle bei der Bewusstmachung derweltweiten Bodenzerstörung haben auch ISRIC undUNEP mit der Erstellung der GLASOD-Datenbankeingenommen. Mit der Erstellung dieser Datenbank,die die weltweite Bodenzerstörung auf der Grundla-ge von Experteneinschätzungen darstellt, wurdeerstmals das Ausmaß dieses schleichenden Prozessesin seiner globalen Dimension deutlich. Inzwischenwird an der Erstellung einer neuen globalen Daten-bank über den Zustand der Böden gearbeitet (Haberet al., 1999).

Mittlerweile unterstützen auch die beiden maßge-benden bodenkundlichen Vereinigungen, die Inter-national Union on Soil Sciences (IUSS) und seit 1996die International Soil Conservation Organization(ISCO) diesen Vorschlag. Ein entscheidender Schrittist auch, dass das Zentrum für Umweltrecht desIUCN in Bonn die Einrichtung einer Arbeitsgruppezu Böden plant. Die aktuellste Unterstützung füreine globale Bodenkonvention kommt vom Sachver-ständigenrat für Umweltfragen, der sich in seinemJahresgutachten 2000 ebenfalls für diesen Vorschlagausspricht (SRU, 2000).

C 2.4.2 Rolle von Institutionen und Organisationen

Zuerst war es die Wissenschaft, die sich mit den Bö-den beschäftigte, zunächst als Untersuchungsgegen-stand, dann als Schutzgut. Hierdurch angeregt folg-ten eine Reihe unverbindlicher politischer Absichts-erklärungen zum Bodenschutz. Eine einschneidendeErfahrung für die internationale Gemeinschaft wa-ren die Dürrekatastrophen und Hungerkrisen in denTrockengebieten Afrikas in den 60er und 70er Jah-ren, die deutlich machten, welche existenzielle Fol-gen der Verlust des Bodens haben kann. Diese Ereig-nisse prägen bis heute das Bild des Krisenkontinents.Eine erste politische Reaktion war die Einberufungder Weltkonferenz über Desertifikation von 1977durch die UN. Auf den Erfahrungen des dort verab-schiedeten und später gescheiterten Aktionsplanaufbauend, initiierten die afrikanischen Länder imVorfeld des Erdgipfels von Rio de Janeiro (1992) die

Vereinbarung einer Konvention zum Bodenschutz,allerdings auf Trockengebiete beschränkt. Der Erd-gipfel war eine historische Gelegenheit, dieses Vor-haben erfolgreich umzusetzen. Die Vereinbarung derUNCCD war also auch von einer zeitgerechten Plat-zierung und der Nutzung eines günstigen Momentsabhängig, in dem es galt, den vielbeschworenen Geistvon Rio umzusetzen.

Ein weiterer entscheidender Schritt zur Sensibili-sierung für die Bodendegradation war 1990 die Vor-lage eines ersten globalen Zustandsberichts über dieBöden, der die weltweite Bedeutung dieses schlei-chenden Prozesses der Staatengemeinschaft vor Au-gen führte. Der Impuls zur Diskussion einer globalenBodenkonvention ging also wieder von der Wissen-schaft aus. Von einer deutschen NRO aufgegriffen,hat sich diese Diskussion inzwischen internationali-siert und eine Eigendynamik entwickelt. Bei einermöglichen Erweiterung der UNCCD wird es vor al-lem darauf ankommen, ihren Entstehungshinter-grund und die Interessen der Entwicklungsländer(Armutsbezug) zu berücksichtigen (Pilardeaux,1998). Insgesamt zeigen die bisherigen Erfahrungen,dass in der Vorverhandlungsphase globaler Umwelt-regime die NRO, wissenschaftliche Einrichtungenund die Vereinten Nationen eine wichtige Vorreiter-rolle übernehmen können. Dabei spielt der Zeit-punkt für einen solchen Vorstoß eine zentrale Rolle.

C 2.5Handlungs- und Forschungsempfehlungen

Der Beirat folgert für Problemdefinition und Vorver-handlungsphase aus den divergierenden Erfahrun-gen der Ozon-, Klima- und Bodenschutzpolitik:• Internationale Organisationen, die sich gezielt mit

Umweltproblemen beschäftigen, sind unverzicht-bare Akteure in Zeiten, wenn kein größerer Staateine Führungsrolle in der Entwicklung und Um-setzung von Lösungsstrategien übernehmen will;sie sind ebenfalls unersetzlich als Foren für füh-rungswillige Staaten, um innerhalb der Staatenge-meinschaft für ihre Initiativen zu werben.

• Eine besondere Bedeutung haben unabhängigewissenschaftliche Beratungsgremien, wie das IPCCin der Klimapolitik. Deshalb könnte beispielswei-se die Einrichtung eines „Intergovernmental Pa-nel on Soils“ ein Weg sein, den Stellenwert der Bo-dendegradation auf der internationalen und na-tionalen Agenda zu erhöhen.

• Umweltprobleme erlangen in verschiedenen Zu-sammenhängen und Ländern einen unterschiedli-chen Stellenwert; gerade in Entwicklungsländernkönnen umweltpolitische Debatten des Nordensschnell als Bedrohung wirtschaftlicher Entwick-

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81Handlungs- und Forschungsempfehlungen C 2.5

lungsziele wahrgenommen werden. Deshalb solltein solchen Fällen von vornherein, auch in der Vor-verhandlungsphase, auf eine multilateral akzep-table institutionelle Ausgestaltung geachtet wer-den, bei der wirtschaftliche und entwicklungspoli-tische Fragen im Sinne des Leitkonzepts einer„nachhaltigen Entwicklung“ vor dem Umweltpro-blem nicht in den Hintergrund treten dürfen.

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Institutionalisierung und RegimedynamikC 3

C 3.1Einleitung

Wie kann eine internationale Einigung bei bestimm-ten Problemen des Globalen Wandels besser undschneller erreicht werden? Im Mittelpunkt diesesKapitels steht die Frage, inwieweit bestimmte „insti-tutionelle Designs“ oder „institutionelle Arrange-ments“ (von Prittwitz, 2000) geeignet sind, eineschnelle und angemessene Reaktion auf Mängel beider Bewältigung bestehender Probleme oder auf neuauftretende Probleme zu gewährleisten. Diese Fra-gen werden am Beispiel von drei Institutionen ange-sprochen, aber auch unter dem Blickwinkel einesverallgemeinerungsfähigen Modells, das als „Vor-bild“ für künftige institutionelle Gestaltungen die-nen könnte.

C 3.2Institutionalisierung und Regimedynamik beimOzon

C 3.2.1 Verlauf der Institutionalisierung

Der Erfolg des Ozonregimes ist u. a. darin begründet,dass ein mehrstufiger Prozess von einer Rahmen-konvention über ein Protokoll und nachfolgende re-gelmäßige Verschärfungen angewandt worden ist. Soenthält die Wiener Konvention zum Schutz derOzonschicht von 1985 noch keine konkreten Pflich-ten zur Einschränkung der Emission von FCKW undanderen ozonabbauenden Stoffen, sondern fordertnur „angemessene Maßnahmen“ und schafft einenRahmen für Zusammenarbeit in der Forschung undÜberwachung und für den Informationsaustausch.Darüber hinaus sieht sie regelmäßige Treffen derParteien vor, um den Stand der wissenschaftlichenForschung zu diskutieren und weitere Maßnahmenzu beraten (Greene, 1992). Erst das Montrealer Pro-tokoll von 1987 enthält spezifische Pflichten der Ver-

tragsstaaten zur Reduktion von Produktion und Ver-brauch bestimmter ozonabbauender Stoffe. Bemer-kenswert ist, dass das Montrealer Protokoll bereitsdie Unterschiede zwischen den Industrie- und Ent-wicklungsländern berücksichtigt und letzteren eineSonderstellung einräumt (Art. 5).

Die Bestimmungen des Montrealer Protokollsreichten jedoch nicht, weil die Reduktionsziele nichtweit genug gingen, nur ein Teil der schädlichen Sub-stanzen erfasst waren und wichtige Staaten wie Chi-na und Indien dem Regime fernblieben. Eine ersteÄnderung des Protokolls erfolgte deshalb 1990. Sieenthielt insbesondere eine Verbesserung der Bedin-gungen für Entwicklungsländer und führte dazu, dassauch China und Indien das Montrealer Protokoll ra-tifizierten (Hurlbut, 1993). Bis 1998 erfolgten zweiweitere Änderungen sowie insgesamt vier Verschär-fungen („Anpassungen“) der Reduktionsziele. 1999wurden in Peking erneut Änderungen und Verschär-fungen der Reduktionsziele beschlossen, die nochnicht in Kraft sind.

C 3.2.2 Wirkungen des spezifischen institutionellenDesigns

Welche institutionellen Designs haben sich für denErfolg dieses Regimes als besonders geeignet erwie-sen und könnten deshalb auf andere Problemfelderübertragen werden? Zunächst ist festzuhalten, dassfür das Ozonregime ein Rahmenvertrag-/Protokoll-Ansatz gewählt worden ist, wobei Protokolle jeweilsgesondert ratifiziert werden müssen und daher auchnur die ratifizierenden Staaten binden. Wenngleichdieser Ansatz das Risiko birgt, dass viele Staaten all-gemeine Bekenntnisse abgeben, aber keine konkre-ten Pflichten eingehen, hat gerade das Ozonregimegezeigt, dass dies nicht der Fall sein muss, wennPflichten mit akzeptablen Bedingungen gekoppeltwerden. Hinzu kommt, dass bereits früh möglichstviele Staaten in das Regime integriert werden undein Verhandlungsumfeld entsteht, das eine spätereKonsensfindung erleichtern kann. Der Beirat hält

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83Institutionalisierung und Regimedynamik beim Ozon C 3.2

dies deshalb für ein geeignetes Modell, da eine Kon-vention mit strengen Pflichten einen Großteil derStaatengemeinschaft von vornherein von der weite-ren Diskussion fern halten würde.

Die Ozonkonvention und das Montrealer Proto-koll wurden von Industrie- und (nach 1990) Entwick-lungsländern gleichermaßen angenommen, ungeach-tet der Tatsache, dass das Ozonproblem in den Ent-wicklungsländern nach wie vor nicht einen herausra-genden Stellenwert erlangt hat (Kap. C 2.2.2). Dassdennoch weit über die Hälfte der Staaten, die bislangdas Montrealer Protokoll ratifiziert haben, Entwick-lungsländer sind, lässt sich insbesondere darauf zu-rückführen, dass das Protokoll auf ihre speziellen Be-dürfnisse eingeht (Birnie und Boyle, 1992).

Dies geschieht durch die unterschiedliche Be-handlung bei den Reduktionszielen (common butdifferentiated responsibilities) (Benedick, 1998), aberauch und gerade durch die Einrichtung eines multila-teralen Fonds zur Übernahme der den Entwick-lungsländern durch die Einhaltung ihrer Pflichtenzusätzlich entstehenden Kosten. StimmberechtigteMitglieder des Exekutivausschusses des Fonds sindje zur Hälfte Entwicklungs- und Industrieländer. Fürdie Ausgewogenheit der für Entscheidungen not-wendigen Zwei-Drittel-Mehrheit sorgt das Erforder-nis jeweils getrennter einfacher Mehrheiten beiderGruppen.

Wichtig sind auch die Bestimmungen über die Ge-währung technischer Unterstützung. Neben derPflicht, den Entwicklungsländern Technologie undunbedenkliche Ersatzstoffe unter günstigsten Bedin-gungen zu überlassen, bestimmt das Montrealer Pro-tokoll zudem ausdrücklich, dass die Fähigkeit derEntwicklungsländer, ihre Pflichten einzuhalten, vonder ausreichenden Gewährung finanzieller und tech-nischer Unterstützung abhängt (Parson, 1993).

Sehr wichtig für die Weiterentwicklung des Mont-realer Protokolls waren auch die Abstimmungsver-fahren. Zwar bedürfen Änderungen des Protokollsjeweils der Ratifikation, um Bindungswirkung zuentfalten; jedoch erlangen Anlagen zum Protokolloder deren Änderung (dies betrifft im Wesentlichendie Aufnahme neuer als ozonschädlich erkannterStoffe in die Listen der geregelten Stoffe) Bindungs-wirkung durch Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschlussauch für Staaten, die nicht zugestimmt haben. Letzte-re haben allerdings die Möglichkeit der ausdrückli-chen, schriftlichen Ablehnung innerhalb einer Frist(tacit-acceptance-Verfahren).

Besonders bemerkenswert ist das Verfahren fürdie Anpassung des Ozonschädigungspotenzials undder Reduktionsziele für bereits in den Anhängenaufgelistete geregelte Stoffe an neue wissenschaftli-che Erkenntnisse: Hier bindet eine Entscheidung oh-ne die Möglichkeit der Ablehnung durch einzelne

Staaten durch Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschluss. UmAusgewogenheit zwischen den Industrie- und denEntwicklungsländern zu gewährleisten, muss eineEntscheidung auch hier von getrennten einfachenMehrheiten beider Gruppen unterstützt sein. Einsolches Verfahren ermöglicht eine schnelle Reaktionauf neue wissenschaftliche Erkenntnisse untergleichzeitiger Wahrung von Gruppeninteressen. Aufder hier gewählten Ebene ist der Souveränitätsver-lust, der mit einem solchen Abstimmungsverfahrenverbunden ist, gering. Der Beirat regt daher an, denEinsatz eines solchen Verfahrens bei vergleichbarenEntscheidungen in anderen Problemfeldern zu för-dern, und empfiehlt das System der Mehrheitsbe-schlüsse mit der Möglichkeit des Widerspruchs für ei-nen im Rahmen des Erreichbaren guten Kompro-miss.

Ein weiteres institutionelles Instrument desOzonregimes sind Überprüfungsmechanismen (re-view mechanisms). Mit diesen verpflichten sich dieVertragsstaaten, in bestimmten Abständen die ver-traglich vereinbarten Kontrollmaßnahmen anhandneuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu überprü-fen. Zur Vorbereitung dieser Überprüfung bedienensich die Vertragsstaaten eines jeweils zu bildendenExpertenrats. Der Beirat hält solche Überprüfungs-mechanismen und dabei insbesondere den Aufbauvon Termindruck für ein wichtiges Instrument, umeine kontinuierliche Debatte zu garantieren und dieAnpassung des Regimes an neue Entwicklungen undErkenntnisse zu fördern. Dieses System ist auf ande-re Problemfelder gut übertragbar.

Ferner verbietet das Montrealer Protokoll (unterVerwendung unterschiedlicher Zeitziele) den Han-del von ozongefährdenden Stoffen mit Nichtver-tragsstaaten. Hiermit sollen u. a. Wettbewerbsvortei-le für Nichtvertragsstaaten verhindert werden. Fürein Umweltproblem, dessen Lösung vom globalenHandeln aller Staaten abhängt, ist eine solche Maß-nahme entscheidend, weil die Attraktivität des Ver-tragsbeitritts gerade auch für solche Staaten erhöhtwird, die von der finanziellen und technischen Hilfeprofitieren können.

Letztlich haben auch nichtstaatliche Akteure dieOzonverhandlungen entscheidend beeinflusst, etwadurch das Fördern von Forschungsprojekten sowiedie Beeinflussung der öffentlichen Meinung und derRegierungen (Benedick, 1998). Solche Akteure ha-ben zwar keine Mitwirkungsrechte, können aber aufWunsch Beobachterstatus bei den Sitzungen der Ver-tragsstaaten erhalten, sofern dies nicht von mindes-tens zwei Dritteln der Staaten abgelehnt wird. DerBeirat wiederholt daher seine bereits in vorangegan-genen Gutachten ausgesprochene Empfehlung, dieAnhörungsrechte von Umweltverbänden im Rah-men internationaler Umweltregime zu stärken.

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84 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

C 3.3Institutionalisierung und Regimedynamik beimMeeresschutz

C 3.3.1 Verlauf der Institutionalisierung

Wohl kaum ein Problem des Globalen Wandels istderart komplex in seinen Ursachen und Folgen wieder Schutz der Weltmeere, eines der ältesten Hand-lungsfelder globaler Umweltpolitik. Die Meeresum-weltpolitik zeichnet sich durch eine einzigartige Ver-schränkung globaler und regionaler Problemlagenund Interdependenzen aus. Die Ökosysteme der Re-gionalmeere sind durch die Einleitungen ihrer An-rainerstaaten bedroht, werden jedoch potenziellauch durch globale Faktoren geschädigt: den interna-tionalen Schifffahrtsverkehr, die Aktivitäten derFernfischerstaaten, weiträumige Luftverschmutzungund nicht zuletzt durch den drohenden Klimawandelund den Abbau der stratosphärischen Ozonschicht.

Entsprechend komplex ist die politische Institu-tionalisierung. Statt in nur einer Institution wie etwaim Klimaschutz haben die Staaten sich hier in mehre-ren Dutzend globalen und regionalen Verträgen undAktionsprogrammen auf gemeinsame Regeln füreinzelne Probleme verständigt. Im internationalenMeeresschutz sind erhebliche institutionelle Dyna-miken auszumachen. Das OILPOL-Regime von1954 wurde beispielsweise mehrfach geändert, bis esschließlich durch das nicht mehr auf Öleinleitungenbeschränkte MARPOL-Abkommen (MARPOL,1973) gänzlich ersetzt wurde. MARPOL selbst istwiederum durch eine Reihe von Anlagen spezifiziert,die in der Regel einer gesonderten Ratifikation be-dürfen und ebenfalls vielfache Änderungen und Ver-schärfungen erfahren haben (Beckert und Breuer,1991; Biermann, 1994). Die gezielte Einleitung vonAbfällen in die Meere (Dumping) ist durch ein Ab-kommen von 1972 bis auf wenige Reststoffe weltweitweitgehend verboten worden; auch hier gelang es, ei-nen zunächst noch schwachen Umweltvertrag durchschrittweise Verschärfungen immer weiter zu stärken(König, 1997).

Hingegen ist die Meeresverschmutzung durchlandseitige Einleitungen von den Schadstofffrachtender Flüsse bis hin zur weiträumigen Luftverschmut-zung weit weniger institutionalisiert (Nollkaemper,1996). 1995 wurde in Washington lediglich ein „Glo-bales Aktionsprogramm zum Schutz der Meeresum-welt vor landseitigen Tätigkeiten“ beschlossen, dasseither eher schleppend umgesetzt wird (Biermann,1998a, b). Nur für das Teilproblem der Einleitungpersistenter organischer Schadstoffe (POPs) wird

seit 1998 ein völkerrechtliches Spezialregime verhan-delt, dessen Abschluss um 2001 zu erwarten ist (Bier-mann und Wank, 2000).

C 3.3.2Wirkungen des spezifischen institutionellenDesigns

Welche Lehren lassen sich aus den spezifischen insti-tutionellen Designs der internationalen Meeresum-weltpolitik ziehen? Zunächst ist hervorzuheben, dassdas Hauptproblem der Meeresumweltpolitik dieSchadstoffeneinleitung von Land aus ist, welche für80% der gesamten marinen Belastung verantwort-lich ist. Hierzu zählen die weiträumige Luftver-schmutzung, die Einleitungen von Schadstoffen überdie Flüsse sowie aus den Küstensiedlungen. Die Be-siedlung und Nutzung der Küstenzonen gerade inden Entwicklungsländern wächst weiter und wird zu-nehmende Meeresverschmutzung auslösen (Kap. B2.3). Institutionell existiert hierzu bislang nur dasGlobale Aktionsprogramm von 1995, das aber wederüber umfassende globale Entscheidungsverfahrennoch über Monitoring- und Umsetzungsverfahrenverfügt, wie sie beispielsweise in der Klima- oder inder Ozonpolitik bestehen. Landgestützte Meeresver-schmutzung ist zwar zunächst ein Problem einzelnerRegionen; dennoch machen die Folgen eines regio-nalen Versagens, etwa der Verlust der küstennahenbiologischen Vielfalt und insbesondere der Korallen-riffe, auch die landseitige Meeresverschmutzung zueinem globalen Kernproblem.

UNEP ging die landseitigen Emissionen bislangvor allem mit seinem Regionalmeerprogramm an, indem nach und nach umweltpolitische institutionelleRegelungen zwischen den Anrainerstaaten einzelnerRegionalmeere vereinbart werden konnten (Deje-ant-Pons, 1987; Hohmann, 1989; Biermann, 1994).Diese UNEP-Initiative zielte vor allem auf Afrika,Asien und Lateinamerika, da die Industrieländer auseigenem Antrieb schon in den 70er Jahren regionaleMeeresschutzinstitutionen aufgebaut hatten (Haas,1993). Erste Erfolge des UNEP-Programms sind un-verkennbar. Der Beirat gibt indessen zu bedenken,ob es genügt, wenn sich afrikanische Staaten unter-einander auf ein Verringern ihrer landseitigen Einlei-tungen verständigen, oder ob dieser Regionalismusder finanziell oft überforderten Entwicklungsländernicht eher mit einer globalen Unterstützungsinitiati-ve für die Regionalmeere im Süden begleitet und er-gänzt werden sollte.

Der Beirat empfiehlt deshalb, die Umsetzung desGlobalen Aktionsprogramms von 1995 verstärkt vo-ranzutreiben, auch durch das Angebot finanzieller,technischer und administrativer Unterstützung für

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85Institutionalisierung und Regimedynamik beim Meeresschutz C 3.3

die überforderten Staaten in Afrika, Asien und La-teinamerika. Darüber hinaus hält er seine Empfeh-lung von 1995 aufrecht, stärkere globale Institutio-nen zur Bekämpfung der landseitigen Meeresver-schmutzung aufzubauen. Auch sollte das rechtlichnicht verbindliche Globale Aktionsprogramm mit-telfristig durch eine völkerrechtliche Konvention mitumfassenden Monitoring- und Berichtspflichten,entsprechenden Mechanismen zu Finanz- und Tech-nologietransfer sowie einem verstärkten Programmzur Forschung, Beratung und Ausbildung ersetztwerden. Als Modell könnten hierfür einzelne Ele-mente der auf dem Erdgipfel in Rio auf den Weg ge-brachten Konventionen übernommen werden, etwader Desertifikationskonvention hinsichtlich der Auf-stellung nationaler und regionaler Aktionsprogram-me oder der Biodiversitätskonvention. Wo eineregionale Interdependenz der Anrainerstaaten ein-deutig wissenschaftlich belegt werden kann, böte sichzudem die Einführung eines Emissionszertifikate-handels zwischen den Anrainern für bestimmteEmissionen an, soweit hierzu entsprechende Über-wachungssysteme etabliert werden können.

Eher erfolgreich erscheint insgesamt die Eindäm-mung der Verschmutzung durch die Seeschifffahrt,auch wenn immer wieder auftretende Tankschiffha-varien fortbestehenden Handlungsbedarf belegenund keine Entwarnung gegeben werden kann. DieErfahrungen aus diesem über 40-jährigen Institutio-nalisierungsprozess sind nicht im Detail auf andereProbleme übertragbar, zeigen aber doch die Bedeu-tung spezifischer institutioneller Designs. Hierzuzählt der Beirat beispielsweise die Erkenntnisse ausder Arbeit von Mitchell (1994), der den anfänglichenMisserfolg und späteren Erfolg der Regelungen ge-gen Öleinleitungen auf See auf Änderungen im spe-zifischen Design der jeweiligen Verbotsnormen zu-rückführte: Maximale Emissionsstandards haben nurdann Sinn, wenn sie von Vollzugsorganen überprüf-bar sind, besonders auf See, aber auch in anderenProblemfeldern – dieses ist die wesentliche Lehreaus dem frühen OILPOL-Regime.

Begründet liegt der Erfolg des MARPOL-Regi-mes auch in seinem spezifischen System von Rah-menkonvention und Vertragsanlagen, also der Ver-knüpfung eines eher allgemeinen Vertrags, der fastalle relevanten Staaten einbinden kann, mit spezifi-schen Anlagen, die teils für alle Parteien verbindlichsind, teils aber nur für die Staaten, die die fraglicheAnlage akzeptieren wollen, und die von den Anrai-nerstaaten eines Regionalmeeres auf deren Wunschhin – und mit Einwilligung der übrigen Vertragsstaa-ten – für eingegrenzte, besonders gefährdete Meeres-gebiete verschärft werden können (so genannte„Sondergebiete“, wie beispielsweise die Nordsee fürbestimmte Einleitungen). Trotz dieser grundsätzli-

chen Befürwortung der institutionellen Ausgestal-tung des MARPOL-Regimes hält der Beirat weiterepolitische Anstrengungen für unverzichtbar. Er emp-fiehlt der Bundesregierung insbesondere, sich umeine stärkere Verbreitung der MARPOL-Standardszu bemühen. Dies wird, da in der Regel Entwick-lungsländer betroffen sind, das Angebot weiterer fi-nanzieller, technischer und administrativer Unter-stützung erfordern.

Eine weitere institutionelle Innovation des MAR-POL-Regimes ist das spezifische Verfahren in derWeiterentwicklung seiner Anlagen, das Staaten andurch Mehrheitsbeschluss vereinbarte Änderungenbindet, soweit sie nicht ausdrücklich widersprechen(tacit acceptance procedure) (Oberthür, 1997). DerBeirat hält ein solches Verfahren für einen idealenKompromiss zwischen dem Erfordernis, schnell aufveränderte Problemlagen reagieren zu können, unddem fortbestehenden Beharren der Staaten auf ihrerSouveränität, welches echte Mehrheitsentscheidun-gen, wie in Art. 2 Abs. 9 des Montrealer Ozonproto-kolls (Kap. C 3.3.1), für andere Problemfelder vorerstkaum realisierungsfähig scheinen lässt.

Die internationale Meeresumweltpolitik belegtzudem die entscheidende Rolle internationaler Or-ganisationen. So war das Sekretariat der Internatio-nalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ein wesent-licher Akteur in der Initiierung, Planung und Umset-zung der Beschlüsse, die im Rahmen des MARPOL-Regimes getroffen wurden. Innovativ ist auch dieSeeschifffahrtsuniversität, die von der IMO inSchweden eingerichtet worden ist, um u. a. Verwal-tungsbeamte aus Entwicklungsländern aus- und fort-zubilden.

Auch die Rolle des UNEP ist zu betonen. Vor al-lem die Regionalmeerprogramme in Afrika, Asienund Lateinamerika wären ohne die Initiative desUNEP als dem globalen institutionellen Zentrum fürdie regionalen Bemühungen nicht geschaffen wor-den. Allerdings ist festzustellen, dass die Initiativedes relativ kleinen UNEP hier an seine Grenzenstößt: UNEP kann in den Hauptstädten der Anrai-nerstaaten zwar das Bewusstsein für die Notwendig-keit regionaler Meeresschutzpolitik schärfen undweltweit Informationen verbreiten; selbst eine gewis-se Anschubfinanzierung ist möglich, wie beispiels-weise bei der Initiierung des Mittelmeerschutzpro-gramms Mitte der 70er Jahre (Skjærseth, 1993; Bier-mann, 2000a). Umfassende finanzielle und technolo-gische Unterstützung für die Entwicklungsländerkann UNEP jedoch nicht leisten, und gerade hierliegt im Süden, mit seinen sehr dicht besiedelten Küs-tenstädten und kaum vorhandener umweltpoliti-scher Infrastruktur im Küstenschutz, das Kernprob-lem. Auch für die wichtige Rolle von Nichtregie-rungsorganisationen gibt es zahlreiche Beispiele:

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86 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

Das Walfangverbotsregime wäre ohne das Engage-ment der privaten Umweltverbände nicht so schnellund, so ist zu vermuten, für einige Arten auch zu späterfolgt (Peterson, 1992).

Eine Besonderheit der Meeresumweltpolitik istder großräumige Wandel ihrer politischen Grund-lagen, insbesondere durch die Anerkennung derAusschließlichen Wirtschaftszonen (EEZ) der Küs-tenstaaten von bis zu 200 Seemeilen Ausdehnung. Defacto handelt es sich hiermit um die Zuteilung vonEigentumsrechten an vorherigen Gemeinschaftsgü-tern – und dies in erheblichem Ausmaß, finden sichdoch über 90% der weltweiten Fischbestände heutein den EEZ (Gündling, 1983). Gemäß der Theorieder Gemeinschaftsgüter wäre zu erwarten, dass dieseZuerkennung von Eigentumsrechten den Schutz derMeeresressourcen verbessert, und tatsächlich gibt esIndizien, die in diese Richtung weisen. So hat die bes-sere Nutzung der Bestände in den EEZ zu einemstärkeren Wettbewerb um die Fischbestände der ver-bleibenden Hohen See geführt und neue internatio-nale Konfliktlinien geschaffen, wie der „Heilbutt-Krieg“ zwischen der EU und Kanada verdeutlicht.Ein neues Abkommen von 1994, noch in Folge derRio-Konferenz von 1992, soll hier nun Abhilfe schaf-fen.

Insgesamt gibt der Beirat zu bedenken, dass vorallem die Nutzung der Hohen See, aber auch derEEZ, für den Transport und für die Ressourcenaus-beutung (Bergbau und Fischfang) möglicherweisestärkere internationale Institutionen erfordert.Wäh-rend in vielen umweltpolitischen Problemfelderneher dezentrale Ansätze eine Lösung bieten, ist die„Freiheit der Meere“ ein Beispiel für die Notwendig-keit internationaler Behörden, um als Treuhänderdes globalen Gemeinschaftsguts der Meere gewisseeinheitliche Standards für das Transportgewerbe, denFischfang und den Bergbau einzuführen. Ansätzehierzu bestehen in der Internationalen Seeschiff-fahrtsorganisation (IMO) in London und der Inter-nationalen Meeresbodenbehörde in Kingston, Ja-maika. Eine Stärkung der Regelungskompetenz die-ser Organisationen ist zu empfehlen (siehe auchWBGU, 1996a).

C 3.4Institutionalisierung und Regimedynamik beibiologischer Vielfalt

C 3.4.1Verlauf der Institutionalisierung

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von 1992 (Biodiversitätskonvention) stellt einen

Meilenstein der Politik zum Schutz der Biosphäredar, welcher vom Beirat bereits umfassend analysiertund gewürdigt wurde, so dass auf die dort erarbeite-ten ausführlichen Empfehlungen verwiesen werdenkann (WBGU, 2000).

Mit Blick auf die institutionelle Behandlung die-ses Problems ist festzustellen, dass sowohl die Nut-zung als auch die Gefährdung biologischer Vielfaltdezentral stattfinden, es also nicht um die Verhinde-rung der weltweiten Emission bestimmter Stoffegeht, wie etwa beim Klimaschutz oder dem Ozonpro-blem. Weil zudem das Wissen über die biologischeVielfalt noch sehr unvollständig ist, keine umfassen-den Status- oder gar Gefährdungsanalysen vorliegenund Mess- oder Vergleichbarkeit sehr problematischsind, bleiben Erhaltung und nachhaltige Nutzungbiologischer Vielfalt sowie der Vorteilsausgleich beiNutzung genetischer Ressourcen äußerst komplexeAufgaben.

Deshalb enthält die 1993 in Kraft getretene Biodi-versitätskonvention keine konkreten, quantitativenPflichten für die 179 Vertragsparteien (noch ohneUSA), sondern schafft zunächst durch die Formulie-rung übergreifender Ziele, Grundsätze und Normenein gemeinsames Verständnis, wie mit biologischerVielfalt umgegangen werden soll (Suplie, 1995). DieKonvention enthält also weder Arten- oder Ökosys-temlisten noch weltweite Flächenschutzziele nochspricht sie sich für „harte“ Restriktionen aus. Stattdessen schafft sie mit der Verbindung von Erhaltung,nachhaltiger Nutzung und Vorteilsausgleich die kon-zeptionelle Grundlage für den Umgang mit biologi-scher Vielfalt. Die Umsetzung dieses globalen Rah-mens muss vor allem in den Vertragsstaaten erfol-gen, wobei die Konvention Hilfe durch Wissens- undTechnologietransfer sowie durch ihren finanziellenMechanismus leistet (Glowka et al., 1994).

Ein erstes Protokoll ist mit dem „Cartagena Pro-tokoll über biologische Sicherheit“ im Januar 2000verabschiedet, mittlerweile von über 60 Staatenunterzeichnet worden und soll den sicheren Umgangmit gentechnisch veränderten Organismen verbes-sern helfen. Dieses Protokoll belegt die Entwick-lungs- und Funktionsfähigkeit der Konvention. Mög-licherweise kann das „International Undertaking onPlant Genetic Resources“ ein weiteres Zusatzproto-koll werden. Dieses wird derzeit unter der Ägide derFAO neu verhandelt, um eine Übereinstimmung mitder Biodiversitätskonvention zu erzielen. Auch ein„Wälderprotokoll“, wie es vom Beirat vorgeschlagenwurde (WBGU, 1996a, 2000), wäre eine möglicheund sinnvolle Ergänzung der Konvention.

Der Konvention steht ein zweiter Pfad zur inhalt-lichen Entwicklung offen: die Arbeit an sektoralenThemen durch die Entwicklung von Arbeitspro-grammen oder Leitlinien. Die Vertragsstaatenkonfe-

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87Institutionalisierung und Regimedynamik bei biologischer Vielfalt C 3.4

renz erörterte im Verlauf der Jahre eine Reihe vonÖkosystemtypen und Querschnittsthemen. Dennochsind institutionelle Defizite festzustellen (WBGU,1999a), was zu einer Überprüfung der bestehendeninstitutionellen Strukturen in dem Regime führte,um Schwachstellen und eventuelle Lücken zu identi-fizieren. So wurde festgestellt, dass die wissenschaft-liche Expertise besser eingebunden und die Umset-zung besser überprüft werden müssen, und es wur-den entsprechende Vorschläge für die institutionelleWeiterentwicklung unterbreitet.

C 3.4.2Wirkungen des spezifischen institutionellenDesigns

Angesichts des ungebremsten Verlusts biologischerVielfalt (WBGU, 2000) ist die Wirkung der Biodiver-sitätspolitik ungenügend. Im Folgenden wird analy-siert, ob der bislang ausbleibende Erfolg auf Fehl-konstruktionen des institutionellen Designs zurück-führbar ist. Hier wird nur auf die Biodiversitätskon-vention eingegangen; die anderen Konventionen(z. B. CITES, CMS, Ramsar) und Organisationenzum Biosphärenschutz bleiben unberücksichtigt(hierzu WBGU, 2000).

In der Konvention gelten für alle Staaten die glei-chen Pflichten, abgesehen von der Sonderpflicht derIndustrieländer zum Technologietransfer und zurÜbernahme der vereinbarten vollen Mehrkosten, dieden Entwicklungsländern in der Erfüllung vonPflichten der Konvention entstehen. Die Konventionberücksichtigt sowohl den Gedanken des Natur-schutzes und des Zugangs zu genetischen Ressour-cen, die den Industrieländern besonders wichtig sind,als auch die nachhaltige Nutzung und den Vorteils-ausgleich, beides wesentliche Ziele für Entwick-lungsländer. Es finden also die Interessen beiderStaatengruppen Berücksichtigung, was als wesentli-che Voraussetzung für die breite Akzeptanz der Kon-vention gesehen werden kann (Biermann, 1998b).

Förderlich wirkt bei der Weiterentwicklung derKonvention die Einbindung der Nichtregierungsor-ganisationen und der Wissenschaft (innerhalb undaußerhalb der Delegationen) in die Verhandlungen.Auch hier scheint der Rahmenkonvention-/Proto-kollansatz erfolgreich zu sein, da er eine breite Ak-zeptanz der Konvention ermöglicht hat und zudemeine flexible Anpassung an neu auftretenden Rege-lungsbedarf ermöglicht. Ebenso ist das stufenartigeAbarbeiten von Themen (Ökosystemtypen, Quer-schnittsthemen) durch die Vertragsstaatenkonferenzsinnvoll, um den Parteien konkret konzeptionell beider Umsetzung zu helfen.

Die Einbindung der Wissenschaft muss hingegendeutlich verbessert werden. Die Rolle des Unteraus-schusses für technische und technologische Unter-stützung (SBSTTA) ist nicht eindeutig festgelegt: Erkann keine unabhängige, wissenschaftliche Expertiseliefern, ist aber auch kein ausschließlich politisch ge-steuertes Gremium. SBSTTA zeigt Tendenzen, zu ei-ner vorgeschalteten „Mini-COP“ zu werden. Wert-volle Verhandlungszeit wird oft für politisch moti-vierte Diskussionen verwendet, so dass auch ange-sichts umfangreicher Tagesordnungen für diewissenschaftliche Arbeit die Zeit fehlt, welche dannan externe Workshops oder das Sekretariat delegiertwird, was keine Lösung darstellt. Es fehlt ein koordi-nierter Input der wissenschaftlichen Gemeinschaft,so wie es mit dem IPCC im Klimaregime bereits Rea-lität ist (Kap. E 1). Regelmäßige Berichte eines vomBeirat bereits vorgeschlagenen „IntergovernmentalPanel on Biological Diversity“ (IPBD) könnten hierhelfen und die notwendige unabhängige wissen-schaftliche Beratung sicherstellen (WBGU, 2000).SBSTTA würde dann als Transmissionsriemen zwi-schen Wissenschaft und Politik dienen, der aus denIPBD-Berichten wissenschaftlich begründete Be-schlussvorlagen für die Vertragsstaatenkonferenz zuschmieden hätte. Bei der Auswahl der Wissenschaft-ler für das IPBD ist eine geographische Ausgewogen-heit zu beachten, um die Akzeptanz der Berichte z. B.auch in Entwicklungsländern zu gewährleisten.

Das Abstimmungsverfahren der Konvention be-ruht derzeit auf dem Prinzip der Einstimmigkeit.Dies kann zu Blockadesituationen führen, die dieVerhandlungen verzögern. Angesichts des unge-bremsten Verlusts der biologischen Vielfalt emp-fiehlt der Beirat deshalb die Abkehr vom Veto-Prin-zip hin zu einem System qualifizierter Mehrheitsent-scheidungen, etwa nach dem Vorbild des MontrealerProtokolls, das getrennte, einfache Mehrheiten vonIndustrie- und Entwicklungsländern vorsieht.

Derzeit wird die nationale Umsetzung dadurch er-schwert, dass keine klar quantifizierbaren Ziele vor-gegeben werden und sich der Erfolg deshalb nichtleicht messen lässt. Es fehlen gemeinsam verabschie-dete, konkret messbare Ziele, etwa in Form von Flä-chenschutzzielen oder Leitplanken (WBGU, 2000).Hinzu kommen ungelöste methodische Problemeder Indikatorentwicklung, aber auch grundsätzlicheWiderstände gegen die Entwicklung Nationen über-greifender Indikatoren. Die Daten solcher Indika-torgrößen sollten in den vorgeschriebenen National-berichten veröffentlicht werden, was einerseits einenglobalen Überblick über Zustand und Trends derbiologischen Vielfalt erleichtern, andererseits auch inden Vertragsstaaten politischen Druck erzeugenwürde, der die Umsetzung und die Bewusstseinsbil-dung beschleunigen kann.

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88 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

Die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorgani-sationen wirkt aufgrund ihrer Erfahrungen in derpraktischen Umsetzung in der Regel konstruktiv undförderlich. Die Einbindung der NRO in den Konven-tionsprozess, bei vielen Staaten auch in die Delega-tionen, wirkt positiv, könnte aber weiter verbessertwerden. Nicht zu unterschätzen sind auch die Veran-staltungen am Rande der Konventionsverhandlun-gen, auf denen zu Tagesordnungspunkten oder zuneuen Themen oder Initiativen von Umweltverbän-den Workshops oder Präsentationen abgehalten wer-den.

Die Konzeption der Biodiversitätskonvention als„Dachkonvention“ musste gleich zu Beginn der Ver-handlungen aufgegeben werden, da u. a. die unter-schiedlichen biodiversitätsrelevanten Konventionenjeweils unterschiedliche Konstellationen in der Mit-gliedschaft haben. Das Beispiel der Zusammenarbeitmit der Ramsar-Konvention im Bereich Binnenge-wässer zeigt aber, dass gemeinsame Bearbeitung vonThemen, Vermeidung von Doppelarbeit und Ar-beitsteilung möglich sind. Dieses Beispiel kann alsVorbild in der Zusammenarbeit mit anderen Kon-ventionen und Organisationen auf überschneiden-den Feldern dienen.

C 3.5Alternative Pfade: Internationale Zusammenarbeitprivater Akteure

Globale Umweltpolitik reicht über staatliche Regu-lierung durch internationale Regime hinaus. Interna-tionale Problemlösungen zum Umweltschutz werdenzunehmend in Konsultationen und Verhandlungenzwischen staatlichen und privaten Akteuren formu-liert und durchgeführt. Im vergangenen Jahrzehntsind hierbei eine Reihe internationaler Kooperatio-nen im Sinne eines „Regierens ohne Regie-rung“(Rosenau und Czempiel, 1992; Young, 1994;Zürn, 1998) entstanden, in denen private Akteure,wie z. B. multinationale Unternehmen und Umwelt-verbände, eine führende Rolle spielen. In seiner Re-de auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos 1999 for-derte auch UN-Generalsekretär Kofi Annan dieinternationalen Wirtschaftsunternehmen auf, einenglobalen Pakt zu schließen, in dem bestimmte Prinzi-pien in Bezug auf Menschenrechte, Rechte der Ar-beiter und Umweltschutz in ihren Tätigkeiten einge-halten und so eine entsprechende staatliche Politikunterstützt werden. Angemahnt werden dabei einevorsorgeorientierte Vorgehensweise im Umwelt-schutz sowie Initiativen zur Förderung größerer Um-weltverantwortung und zur Entwicklung und Ver-breitung umweltfreundlicher Technologien.

Häufig verfolgen wirtschaftliche und zivilgesell-schaftliche Akteure gemeinsame Ziele des interna-tionalen Umweltschutzes auf der Basis von Selbst-verpflichtungen. Empirische Studien zur Globalisie-rung zeigen, dass strategische Allianzen von Unter-nehmen seit Mitte der 80er Jahre einen Schuberhalten haben (Murray und Mahon, 1993; Beisheimet al., 1999). Hierbei sollen durch gemeinsame For-schung Kosten gesenkt, neue Märkte und Vertriebs-wege erschlossen oder internationale Umweltstan-dards mitgestaltet werden. Prominente Beispielesind der World Business Council for Sustainable De-velopment (WBCSD) und der European BusinessCouncil for a Sustainable Energy Future (e5).

Der WBCSD beispielsweise ist eine Vereinigungvon 120 Unternehmen aus 30 Staaten und 20 Indu-striesektoren auf der Basis gemeinsamer Pflichtenzum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwick-lung. Der Zusammenschluss wird damit begründet,dass eine Ausrichtung auf nachhaltige Entwicklungim unternehmerischen Interesse sei, auch mit Blickauf Wettbewerbsvorteile und Chancen auf neuenAbsatzmärkten und Vertriebskanälen (Schmidheiny,1992). Der WBCSD möchte die Rahmenbedingun-gen mitgestalten, nachhaltige Entwicklungen fördernund sieht hierfür drei Voraussetzungen: wirtschaftli-ches Wachstum, ein Umweltgleichgewicht und sozia-ler Fortschritt (WBCSD, 1998, 1999). Das globaleNetzwerk des WBCSD soll auch dazu beitragen, inEntwicklungs- und Schwellenländern nachhaltigeEntwicklung zu fördern. Der Council bemüht sichum ein besseres Verständnis darüber, was nachhalti-ge Entwicklung für Unternehmen wirklich bedeutet.Wenn es um Umweltqualitätsziele, nachhaltige Pro-dukte, Produktionsverfahren oder Umweltmanage-ment geht, kooperieren Unternehmen oft nicht nurmit ihresgleichen, sondern verbünden sich auch mitUmweltverbänden, so dass sich Netzwerke grenz-überschreitender und globaler Allianzen bilden.

Zu dieser internationalen privaten Zusammen-arbeit im Umweltschutz sind die weltweiten Initiati-ven zur Zertifizierung von Produkten, häufig unterder Bezeichnung stewardship council, zu zählen. Beider Zertifizierung von Holz- und Fischproduktenverpflichten sich z. B. Unternehmen in Zusammen-arbeit mit Umweltverbänden und staatlichen Institu-tionen, die natürlichen Ressourcen nachhaltig zunutzen und den Verbrauchern umweltverträglich ge-erntete und verarbeitete Produkte anzubieten.

Der Forest Stewardship Council (FSC) beispiels-weise gründete sich 1993 als international unabhän-gige und gemeinnützige Einrichtung aus Vertreternvon Umweltgruppen, dem Holzhandel, der Forst-wirtschaft, indigenen Völkern und Organisationen,die forstwirtschaftliche Produkte zertifizieren. DerFSC ist eine Einrichtung mit offizieller Mitglied-

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89Lehren aus der Spieltheorie für internationale Verhandlungen C 3.6

schaft und einer Generalversammlung als oberstemOrgan. Die Generalversammlung ist in zwei ab-stimmberechtigte Kammern unterteilt, die alle 2–3Jahre zusammentreten. Die erste Kammer vertrittmit 25% der Stimmrechte die ökonomischen Interes-sen, die zweite Kammer mit 75% der Stimmrechtedie Umweltinteressen und sozialen Anliegen. DieStimmrechte in jeder Kammer sind gleichgewichtetauf Entwicklungs- und Industrieländer verteilt.

Der FSC will ein umweltgerechtes, sozialverträgli-ches und ökonomisch tragfähiges Management derglobalen Wälder unterstützen. Er zertifiziert Holznicht selbst, sondern stellt für die Verbraucher sicher,dass die Organisationen, die die Zertifizierung vor-nehmen, als glaubwürdig gelten können. Dieses Zielwird durch Evaluierung, Anerkennung und Überwa-chung jener Organisationen erlangt, die Zertifikateausstellen. Die von der FSC bevollmächtigten Orga-nisationen führen Waldinspektionen durch und ertei-len Zertifikate, wenn die von der FSC vorgegebenenKriterien erfüllt werden. Die Kriterien der FSC las-sen sich auf alle Holzarten anwenden. Sie sind so fle-xibel gestaltet, dass nationale und regionale Stan-dards berücksichtigt werden. Des Weiteren werdennationale Zertifizierungssysteme gestärkt, indem dieWaldmanagementkapazitäten durch Ausbildung undnationale Initiativen zur Zertifizierung gefördertwerden. Dazu werden nationale, regionale und loka-le Arbeitsgruppen gebildet, die sicherstellen, dass dieZertifizierungen auf den tatsächlichen, lokal defi-nierten Managementpraktiken beruhen.

Den Umweltverbänden kommt bei diesen Politik-ansätzen also besondere Bedeutung zu: Sie vertretenin der Regel öffentliche Interessen, etwa den Wunschder Verbraucher nach umweltverträglichen Produk-ten. Auch spielen sie bei der Meinungsbildung einewichtige Rolle, indem sie Informationen und Wissenüber zertifizierte Produkte an die Öffentlichkeit wei-terleiten und so zu deren Vermarktung beitragen.Zudem helfen die Umweltverbände bei der Umset-zung von Vereinbarungen und deren Kontrolle(Schmidt und Take, 1997; Take, 1998; Schmidt, 2000).Umweltverbände kontrollieren die Projekte jedochnicht nur, sondern betreuen und begleiten sie auch(Sollis, 1996).Aufgrund mangelnder Kapazitäten undRessourcen sind die politischen Systeme in Entwick-lungsländern häufig nicht in der Lage, Projekte selbstumzusetzen, so dass Umweltverbände aus dem Nor-den Allianzen mit den Entwicklungsländern bilden(Bichsel, 1996; Take, 1999). In diesen strategischenVerbünden greifen die beteiligten staatlichen Institu-tionen nicht regulierend ein, sondern übernehmenvielmehr eine moderierende Rolle, etwa indem sieKommunikation und Koordination unterstützen. Obdie internationale unternehmerische Zusammen-arbeit oder Initiativen zur Zertifizierung zu einer

nachhaltigen Nutzung globaler Ressourcen beitra-gen können, bleibt offen. Der Beirat sieht darin aberein Anreizsystem, das neben der internationalen Zu-sammenarbeit der Staaten nicht vernachlässigt wer-den darf.

C 3.6Lehren aus der Spieltheorie für internationaleVerhandlungen

C 3.6.1Einführung in die Theorie der Spiele

Die Betrachtung des agenda setting (Kap. C 2.2.2)zeigte, warum sich politische und öffentliche Debat-ten und die Medienberichterstattung auf bestimmteumweltpolitische Themen und Verhandlungen kon-zentrieren. Dieses gesteigerte Interesse entsteht ausder Erfahrung, dass zwischen den Erwartungen andie Ergebnisse einer Verhandlungsrunde und denfaktisch erzielten Resultaten für die globale Umweltzumeist eine deutliche Lücke klafft. Enttäuscht wer-den die Dauer der Verhandlungen, die wenig konkre-ten oder wenig anspruchsvollen Ziele der Vereinba-rungen und die Vollzugsdefizite registriert.

Eine Erklärung für die Probleme, zu greifbarenund wirksamen Verhandlungslösungen in der inter-nationalen Umweltpolitik zu gelangen, liefert dieökonomische Theorie der Spiele. Ihr Instrumenta-rium wurde in den vergangenen Jahren erweitert undverfeinert, um den Besonderheiten internationalerVerhandlungen in der Umweltpolitik Rechnung tra-gen zu können (Barrett, 1997a; Endres und Finus,2000; Finus, 2000). Ziel der Spieltheorie ist die Analy-se individuell-rationaler Verhaltensweisen in spezifi-schen Verhandlungssituationen. Die individuelle Ra-tionalität der Politiker, der Mitarbeiter in Behördenund der Wähler verhindert häufig das Zustandekom-men und die Einhaltung internationaler Vereinba-rungen. Globale Umweltprobleme zeichnen sichdurch die Notwendigkeit konzertierten Handelnsvieler Länder aus. Für ein einzelnes Land ergebensich dadurch Anreize zum Trittbrettfahren (Freifah-rerverhalten), d. h. es wird darauf vertraut, dass ande-re Länder in den Umweltschutz investieren, umSchäden zu mindern. Dadurch werden im eigenenLand die wirtschaftlichen und sozialen Kosten desUmweltschutzes mit den damit möglicherweise ver-bundenen gesellschaftlichen Konflikten vermieden.Jedes Land verhält sich demnach rational, wenn esauf Handlungen anderer wartet. Zugleich kann einLand allein nur wenig zum Schutz der globalen Um-welt beitragen. Die Bedeutung der Bundesrepublikals Emittent von Treibhausgasen ist weltweit zu ge-

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90 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

ring, als dass mit einer Senkung des Kohlendioxid-ausstoßes im Alleingang eine Wirkung für das Welt-klima erzielt werden könnte. Im Extremfall kanneine Konstellation entstehen, in der individuell-ratio-nales Verhalten der Einzelstaaten in eine „Verhand-lungssackgasse“ führt, d. h.– keine internationale Umweltvereinbarung ent-

steht, weil jedes Land fürchtet, von anderen ausge-beutet zu werden und selbst keine wirksamen Ef-fekte für die globale Umwelt zu erzielen,

– eine internationale Umweltvereinbarung auf ei-nem so kleinen gemeinsamen Nenner entsteht,dass sich faktisch nichts an den bestehenden Um-weltgefährdungen ändert, oder

– eine internationale Umweltvereinbarung ent-steht, die faktisch nicht umgesetzt wird, weil Ver-stöße weder zu kontrollieren noch zu sanktionie-ren sind.

Demnach genügt die Erwartung insgesamt positiverImpulse für die weltweite Umwelt durch ein interna-tionales Abkommen nicht für seine Entstehung undUmsetzung. Vielmehr sind in einer Welt mit souver-änen Einzelstaaten Vorteile für jedes einzelne Landerforderlich, damit es einer Vereinbarung beitritt undsie auch befolgt. So wird auch dem Gedanken der Er-wartungssicherheit und der Unabhängigkeit vonethisch-moralischen Verhaltensweisen Rechnung ge-tragen. Dass eine Umweltvereinbarung für jedesLand vorteilhaft ist, bietet demnach eine größere Si-cherheit der Umsetzung und einen zusätzlichenSchutz gegen veränderte politische Machtverhältnis-se und ökonomisch-soziale Krisen (Pies, 1994; Wink,2000).

Die meisten globalen Umweltprobleme sind je-doch nur wenig geeignet, durch eine Vereinbarunggemeinsamen Umweltschutzes zu Konstellationenzu gelangen, die jedem Land Vorteile bieten (Klem-mer et al., 2000). Hindernisse auf diesem Weg sind:– die unterschiedliche Betroffenheit durch Umwelt-

schäden, etwa die räumlichen Unterschiede dererwarteten Folgen einer Erwärmung der Erde,

– die unterschiedliche Bewertung der Umweltschä-den und der Bedeutung des Zeithorizonts bis zuihrer Entstehung, etwa die unterschiedliche Be-wertung des Verlusts zukünftiger Optionen auf dieNutzung der Biosphäre,

– die unterschiedlichen Kosten einer Verhinderungder Umweltschäden, etwa die divergierendenKosten der Umstrukturierung von Kraftwerkenzur Reduktion von Treibhausgasen,

– die unterschiedliche Bewertung des Auftretensvon Vermeidungskosten, etwa während eines wirt-schaftlichen Entwicklungsprozesses in den Ent-wicklungsländern oder einer Phase strukturellerArbeitslosigkeit in westlichen Industrieländern.

Es werden in der Regel zusätzliche Anreize für ein-zelne Länder zur Mitarbeit benötigt, die durch inter-nationale Verhandlungen oder den Inhalt der Um-weltverträge ausgelöst werden können. Die ökono-mische Theorie der Spiele hat Modelle entwickelt,um die Auswirkungen alternativer Designs von Ver-handlungen und der Vertragsinhalte auf die Bereit-schaft zum Beitritt zu Umweltvereinbarungen und zuihrer Einhaltung zu untersuchen. Finus (2000) undBloch (1997) geben einen Überblick über die bislangdominierenden Modellansätze der „reduziertenSpielstufen“ und der „dynamischen Spiele“. Auf-grund ihres theoretischen Ursprungs beziehen sichdie Ergebnisse spieltheoretischer Untersuchungennur in seltenen Fällen auf konkrete Umweltproble-me und Verhandlungen. Trotz ihrer bedingten Eig-nung für eine konkrete Politikberatung lassen sich je-doch einige allgemeine Aussagen herausfiltern, dieauf Defizite bestehender Prozesse hinweisen und zu-gleich Aufschluss über zukunftsweisende Strategienfür das Verhalten von Staatenvertretern in interna-tionalen Verhandlungen bieten.

C 3.6.2Strategische Gestaltung von Verhandlungen

Positive Anreize für Verhandlungen entstehen zumeinen aus wiederholten Verhandlungen und dem da-mit verbundenen Aufbau einer Transaktionsatmo-sphäre sowie der Bildung von Koalitionen. Wieder-holte Verhandlungssituationen werden durch dieVereinbarung wiederkehrender Konferenzen derVertragsstaaten internationaler Abkommen sowiedurch die Abfolge allgemeiner Absichtserklärungenin Konventionen und fortlaufenden Konkretisierun-gen in Folgeprotokollen erzeugt. Aus spieltheoreti-scher Sicht bedingen wiederholte Verhandlungen dieChance für jeden Verhandlungspartner, aus den Er-fahrungen der Vorperiode zu „lernen“ (Camerer etal., 1993; Wink, 2000). Verstöße gegen Vereinbarun-gen oder wenig konstruktives Verhandlungsverhal-ten werden daraufhin durch Sanktionen anderer Ver-handlungspartner bedroht. Da nicht absehbar ist, wiehäufig solche Folgeverhandlungen vorgenommenwerden, wächst insgesamt die Verhandlungsdynamikund die Erwartungssicherheit, zu konkreten Rege-lungen zu gelangen. Durch eine Vernetzung einzel-ner Verhandlungen – beispielsweise zwischen derKlimarahmenkonvention und der Biodiversitätskon-vention oder aber auch zwischen Umweltabkommenund der WTO, des IWF oder der Weltbank – kann zu-dem eine Transaktionsatmosphäre entwickelt wer-den, bei der jeder einzelne Verhandlungspartner beieinem Scheitern von Verhandlungen oder Verstößengegen Vereinbarungen mehr verlieren würde, als er

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91Lehren aus der Spieltheorie für internationale Verhandlungen C 3.6

kurzfristig durch ein „Freifahren“ gewinnen könnte.In diesem Zusammenhang sind vor allem die Repu-tationseffekte solcher Verhandlungen zu betonen(Hoel und Schneider, 1997).

Koalitionen zwischen Einzelstaaten sind vor allembei Umweltproblemen sinnvoll, bei denen weltweiteine starke Heterogenität der Beiträge zu Umwelt-schäden oder zu ihrer Verhinderung sowie der Be-wertung von Umweltschäden vorliegt (Barrett,1997b; Botteon und Carraro, 1997; Finus und Runds-hagen, 1998). Eine solche Heterogenität lässt welt-weite substanzielle Verhandlungslösungen unwahr-scheinlich erscheinen. Wenige, für ein Umweltprob-lem jedoch wichtige Einzelstaaten können durcheine Vereinbarung stärkere Impulse für den globalenUmweltschutz erzielen als eine mühselige universel-le Einigung aller Staaten. So ist für den Klimaschutzdavon auszugehen, dass eine Einigung auf eine Sen-kung von Treibhausgasemissionen zwischen den An-lage-I-Ländern zunächst entscheidend zum Einstiegin die Problemlösung beitragen kann, wenn es ge-lingt, Länder wie China und Indien in eine Koalitioneinzubinden.

Demgegenüber zeigen spieltheoretische Modelleeine geringe Erfolgswirksamkeit der häufig gefor-derten Einnahme einer einzelstaatlichen Vorreiter-position (Hoel, 1991; Endres, 1997; Finus und Runds-hagen, 1998). Einseitige Emissionsreduktionen ent-lasten in der Regel andere Länder und bestärken die-se, die Bereitschaft des Vorreiters zu Vorleistungenauch weiterhin auszunutzen. Im Extremfall kann essein, dass die globale Umwelt weniger entlastet unddas Vorreiterland zusätzlich mit besonderen Anpas-sungslasten konfrontiert wird. Wichtiger ist häufigeine Erhöhung der Anreize für andere wichtigeEmissionsländer, Koalitionen beizutreten und zu ei-ner gemeinsamen Implementation zu gelangen. DerBeirat empfiehlt der Bundesregierung daher, sich beizukünftigen Verhandlungen der internationalen Um-weltpolitik der Bedeutung von Koalitionen wichtigerEmittenten und der Verdeutlichung der Anreize wie-derholter Verhandlungen mit verstärkter Beachtungzu widmen.

C 3.6.3Strategische Gestaltung der Verhandlungsinhalte

Die konkrete Attraktivität einer Verhandlung undeines Abkommens ist untrennbar mit den erwartetenWirkungen des Verhandlungsergebnisses verbun-den. Fünf Optionen stehen grundsätzlich zur Verfü-gung, um die Anreize zum Abschluss eines interna-tionalen Abkommens zu verstärken: Transfer- undAusgleichsvereinbarungen, Sanktionen, die Ver-knüpfung von Verhandlungsinhalten, Verpflichtun-

gen zu einem Monitoring sowie Vereinbarungenüber konkrete Instrumente.

Die Vereinbarung von Transfers und Ausgleichs-maßnahmen empfiehlt sich vor allem in Fällen mit ei-ner starken Heterogenität der beteiligten Länderund internationalen Verteilungseffekten eines Ab-kommens. So können soziale Härten abgefedert so-wie technologische und institutionelle Kapazitätenzur Vertragserfüllung aufgebaut werden. Wichtig istbei einer solchen Vereinbarung die Beachtung derAnreizwirkungen (Mäler, 1990; Heister, 1997). Ausder Sicht der Geberländer sind Vorkehrungen zur Si-cherung der Einhaltung von Umsetzungsvorgabenzu treffen, für die Nehmerländer ist die Zuverlässig-keit des Transfers entscheidend. Disziplinierungsef-fekte sind durch die Vorgabe kurzer Zeiträume fürdie Überprüfung der Zahlung und Verwendung so-wie die in einzelnen Fonds verwirklichte gegenseitigeKontrolle durch doppelte Mehrheitserfordernissebei Entscheidungen (Mehrheit der Geber- und derNehmerländer) zu erzielen.Allerdings ist die Attrak-tivität solcher Regeln vor dem Hintergrund jedeseinzelnen Umweltproblems zu beurteilen. Gegennichtmonetäre Transferleistungen, etwa Technolo-gien oder Anlagen, sprechen die fehlende „Passge-nauigkeit“ der Entscheidungen der Geberländer andie Bedingungen in kapitalarmen Ländern und diegeringe Flexibilität beim Auftreten von Vertragsver-stößen. Der Beirat votiert daher für eine einzelsitua-tive Prüfung der Gestaltung von Transfervereinba-rungen. Insbesondere betont der Beirat die Bedeu-tung einer Verknüpfung mit Maßnahmen zur Stär-kung des Engagements privater Investoren (Kap. D).

Die Intensität von Sanktionsvereinbarungen ist inden spieltheoretischen Modellen ein Gradmesser zurBeurteilung der Sicherheit einer Vertragserfüllung(Barrett, 1992; Finus und Rundshagen, 1998). Ratio-nale Akteure werden Verträge nur befolgen, wenndie erwarteten Kosten einer Anpassung an den Ver-trag nicht die erwarteten Sanktionen bei Vertrags-verstößen – unter Beachtung der Wahrscheinlichkeiteiner Aufdeckung von Verstößen – übersteigen.Idealtypisch müsste eine Sanktion so hart sein, dasssie abschreckend gegenüber Vertragsverstößenwirkt, zugleich weich genug, um Vertragsverletzerauch nach einer Sanktion an den Vertrag zu binden,aber nicht zu weich, um nicht Vertragsverstöße zuveranlassen, und schließlich nicht nachteilig für dieanderen Vertragsstaaten. Angesichts dieser Schwie-rigkeiten verwundert es nicht, dass bislang eine ge-ringe Vertragsdisziplin und wenig harte Sanktionenbeobachtet werden (Kap. C 4.5.1). Allerdings ist imEinzelfall zu prüfen, wie Anreize zur Vertragseinhal-tung entwickelt werden können. Oft erweisen sich„weiche“ Sanktionen wie eine Publizierung von Ver-tragsverstößen und eine Verknüpfung der frühzeiti-

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92 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

gen Signalisierung von Problemen der Umsetzungmit Transfers als wirkungsvoller gegenüber „harten“Maßnahmen. Gerade die im Vergleich zu internatio-nalen Handelsabkommen geringe politische Mobili-sierung der Öffentlichkeit bei bestimmten umwelt-politischen Themenfeldern mindert jede Orientie-rung an „harten“ Maßnahmen.

Mit dem Hinweis auf Handelsabkommen ist zu-gleich eine Form der Einigung auf Vertragsinhalteangesprochen, die auf Verhandlungspaketen (issuelinkages) basiert (Heister, 1997; Botteon und Carra-ro, 1998; Finus, 2000). In diesen Paketen sind für jedesLand Elemente enthalten, die als vorteilhaft angese-hen werden, und zugleich Konzessionen gegenüberanderen Ländern, die Anpassungslasten erfordern.Im Unterschied zu Transferleistungen beziehen sichhier demnach die Gegenleistungen auf andere Poli-tikfelder. So können der Beitritt zu und die Einhal-tung von Vertragsinhalten an einen Zugang zu be-stimmten Technologien oder Märkten gebundenwerden, wie dies beispielsweise im Abkommen zumSchutz der Ozonschicht der Fall war. Schwierigkeitenentstehen allerdings bei bedingter Stabilität, Exklusi-vität oder mangelnder Kompatibilität von Vertrags-bestandteilen mit anderen Regelwerken (etwa derWTO). Diese Strategie eignet sich daher vor allemzur Einbeziehung einzelner besonders bedeutenderEmittenten in Vertragskoalitionen oder zur kurzfris-tigen Durchsetzung eines Abkommens gegen unmit-telbare Umweltgefahren.

Ein Monitoring wurde in den meisten internatio-nalen Umweltabkommen oft erst im Zeitverlauf ver-einbart und aufgebaut (Kap. C 4). Durch ein Monito-ring werden Anreize zur Einhaltung der Abkommengestärkt, vereinzelt setzen internationale „bench-marking“-Prozesse ein, um ein positives Image vorder Weltöffentlichkeit zu entwickeln. Probleme ent-stehen aufgrund geringer Anreize der Einzelstaaten,sich selbst zu kontrollieren oder eigene Vertragsver-stöße aufzudecken. Impulse zu einem verstärktenMonitoring können durch das Engagement vonNichtregierungsorganisationen, aber auch durchLabellingstrategien privater Unternehmen ausgelöstwerden (Karl und Orwat, 1999). Voraussetzung derWirksamkeit eines Monitoring ist jedoch das Interes-se der Weltöffentlichkeit. Erst wenn Vertragsverstö-ße Gegenstand öffentlicher Diskussion und innenpo-litischer Machtprozesse werden, erhalten die Ergeb-nisse eines Monitoring Gewicht und werden Such-prozesse nach innovativen Umweltschutzsystemenausgelöst. Der Beirat empfiehlt der Bundesregierungdaher, den Aufbau unabhängiger Monitoringsystemeund privater Informationsinstrumente zu unterstüt-zen.

Die Attraktivität internationaler Umweltabkom-men kann nicht zuletzt durch die Auswahl von In-

strumenten zur Einhaltung der Vereinbarungen be-einflusst werden. Aus ökonomischer Sicht werdendie Effizienzpotenziale flexibler und an Marktpro-zessen ansetzender Instrumente wie ein internatio-naler Handel mit Emissionszertifikaten oder die Ver-einbarung internationaler Haftungsregeln besondersbetont (WBGU, 1999a). Demgegenüber bedingendie geringe praktische Erfahrung und die erhöhteUnsicherheit über die Verteilungsfolgen und Durch-setzbarkeit ihrer Einführung eine Bevorzugunginternationaler Emissionsquoten (Endres, 1997; Fi-nus und Rundshagen, 1998). Trotzdem zeigt die Kli-mapolitik, wie wichtig eine Verknüpfung von Emis-sionsquoten mit einem internationalen Emissions-handel sein kann. Aus spieltheoretischer Sicht er-scheint ein solcher Weg vor allem sinnvoll, um zuvergleichsweise schnellen und stabilen Verhand-lungsergebnissen zu gelangen. Der Beirat empfiehltder Bundesregierung daher, sich verstärkt am Auf-bau eines internationalen Emissionshandels im Rah-men der Klimarahmenkonvention unter Beachtungder Notwendigkeit einer Präzisierung des Umgangsmit Kohlenstoffsenken zu beteiligen (WBGU,1998b).

C 3.6.4Ausblick

Die spieltheoretische Analyse der Verhandlungen inder internationalen Umweltpolitik befindet sichnoch an ihren Anfängen. Insbesondere fehlen An-wendungen der theoretischen Ergebnisse auf kon-krete Verhandlungen und Annäherungen an reali-tätsnähere Annahmen über den Informationsstandund die Handlungsbedingungen der Beteiligten (Be-cker-Soest, 1998; Endres und Ohl, 2000). In Zukunftwerden Forschungsimpulse vor allem in folgendenBereichen erwartet:– bei der Beachtung polit-ökonomischer Anreize,– bei der Berücksichtigung der Unsicherheit über

Umweltrisiken und beim Ablauf von Anpassungs-prozessen an internationale Vereinbarungen,

– bei der Einbeziehung der Anreizeffekte in institu-tionellen Mehrebenensystemen wie der EU,

– bei der Berücksichtigung der evolutiven Perspek-tive von Verhandlungen entlang institutionellerZeitpfade,

– bei der Analyse von Lernprozessen während derVerhandlungen.

Ungeachtet dessen sieht der Beirat die vorliegendenErgebnisse der Spieltheorie als einen wichtigen Ein-stieg zur Analyse internationaler Verhandlungen an.

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93Handlungs- und Forschungsempfehlungen C 3.7

C 3.7Handlungs- und Forschungsempfehlungen

Das institutionelle Design allein entscheidet nichtüber den Erfolg eines Regimes, auch externe Fakto-ren sind bestimmend. So fällt auf, dass das Problemder Ozonschichtausdünnung weltweit große Auf-merksamkeit nicht nur bei Wissenschaftlern, sondernauch bei der übrigen Bevölkerung erregt hat und ge-meinhin als direkte Bedrohung empfunden wird,nicht aber das Problem der Meeresverschmutzungdurch landseitige Emissionen und der Verlust biolo-gischer Vielfalt, was den relativen Erfolg des Ozonre-gimes wohl mit erklärt. Ähnlich unterschiedlich stelltsich die Komplexität dieser drei Problemfelder dar.Für das Ozonregime gilt: Bestimmte Stoffe sind fürdie Zerstörung der Ozonschicht verantwortlich, dieoffensichtliche Antwort auf das Problem ist daher,Produktion und Verbrauch dieser Substanzen zustoppen. Die Ursachen für die Verschmutzung derWeltmeere und den Verlust biologischer Vielfalt sindvielfältiger. Beides hat für die Entwicklung der dreiRegime eine große Rolle gespielt.

Dennoch ist eine sinnvolle institutionelle Gestal-tung für ein erfolgreiches Regime unverzichtbar.We-sentliche Ziele sind hierbei – neben konkretenPflichten zur Lösung des eigentlichen Problems –eine hohe Akzeptanz der getroffenen Vereinbarun-gen und Mechanismen, die die Umsetzung sowie eineschnelle und problemorientierte Weiterentwicklungdes Regimes ermöglichen. Die Erfahrungen der hieruntersuchten internationalen Institutionen ergebeneine Reihe von Lehren für ein sinnvolles institutio-nelles Design, um Verhandlungen zu fördern:• Rahmenvertrag-/Protokoll-Ansatz ist erfolgreich.

Das Modell allgemeiner, weithin akzeptablerRahmenkonventionen und spezifischer Protokol-le oder Anlagen, die nicht von allen Staaten mitgetragen werden müssen, hat sich bewährt. Fürdas Ozonregime, das MARPOL-Regime und dieBiodiversitätskonvention wurde dieser Ansatz ge-wählt, auch wenn der Grund für die Auswahl einessolchen Ansatzes eher darin zu sehen ist, dass sichdie Signatarstaaten zunächst nicht auf konkretePflichten einigen konnten. Zumindest die beidenerstgenannten Regime haben in der Folgezeit wie-derholt Verschärfungen ihrer Vereinbarungen er-fahren, die auf breiter Basis mitgetragen wurden.Die Vertreter einer idealistischen, aber wenig rea-listischen Maximalposition, die beklagen, dass einRahmenvertrag-/Protokoll-Ansatz eine „Aufwei-chung“ des Umweltschutzes bewirkt, weil einzel-ne Staaten es bei der Zeichnung des Rahmenver-trags bewenden lassen, übersehen, dass diese Staa-ten striktere Vereinbarungen von vornherein

nicht mittragen würden und sich so möglicherwei-se frühzeitig aus allen weiteren Verhandlungenverabschiedet hätten. Ein Rahmenvertrag-/Proto-koll-Ansatz hat den Vorteil, von Anfang an mög-lichst viele Staaten in die weiteren Verhandlungeneinzubinden.

• Verfahren der „schweigenden Zustimmung“ för-dern. Eine weitere Gemeinsamkeit des Montrea-ler Protokolls mit dem MARPOL-Regime ist dieAnwendung eines tacit-acceptance-Verfahrens fürdie Weiterentwicklung der Anlagen. Hier geht dasMontrealer Protokoll für einen wichtigen Bereichsogar noch einen Schritt weiter, indem es für dieVerschärfung von Reduktionszielen für Stoffe, diebereits in den Anlagen aufgelistet sind, qualifizier-te Mehrheitsentscheidungen vorsieht. Durch bei-de Verfahren können Entscheidungen erheblichbeschleunigt werden. Zumindest das tacit-accep-tance-Verfahren eignet sich auch zur Übertragungauf andere Problemfelder.

• Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse derEntwicklungsländer. Der große Erfolg des Mont-realer Protokolls ist u. a. auf die Berücksichtigungder besonderen Bedürfnisse der Entwicklungslän-der, insbesondere die Vereinbarungen über einefinanzielle und technische Unterstützung und dasSystem der „gemeinsamen, aber unterschiedli-chen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten“ zu-rückzuführen. Diesen Vereinbarungen ist es zuverdanken, dass das Montrealer Protokoll unterden Entwicklungsländern eine hohe Akzeptanzgefunden hat. In der Regel haben die Entwick-lungsländer weder die finanziellen noch die tech-nischen Möglichkeiten, Umweltschutzabkommeneffektiv umzusetzen. Zudem befürchten sie, in ih-rer Entwicklung gehindert zu werden, und gehenhäufig davon aus, dass die Probleme in der Ver-gangenheit von den Industriestaaten verursachtwurden. Die Berücksichtigung der besonderen Si-tuation der Entwicklungsländer wird daher auchin zukünftigen Verhandlungen eine entscheidendeRolle spielen. Auch in der (im Vergleich zumMontrealer Protokoll jüngeren) Biodiversitäts-konvention werden die besonderen Bedürfnisseder Entwicklungsländer beachtet, allerdings istder Finanzierungsmechanismus noch nicht ab-schließend geregelt. Mit Blick auf globale und re-gionale Interdependenzen ist auch festzuhalten,dass vordergründig regionale Probleme zu globa-len Problemen werden können, wenn die Akteureeiner bestimmten Region kurzfristig finanziellund technisch überfordert sind und globale Inter-essen, etwa der Schutz der biologischen Vielfalt,gefährdet sind. In solchen Fällen sind globale In-stitutionen und Lösungsstrategien unerlässlich.

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94 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

• Stärkung von Überprüfungsmechanismen in Regi-men. Ein weiteres erfolgreiches Instrument desOzonregimes ist nach Auffassung des Beirats derÜberprüfungsmechanismus, der die Vertragsstaa-ten praktisch dazu zwingt, das Vertragswerk unterBerücksichtigung neuer Erkenntnisse regelmäßigzu überprüfen. Von besonderer Bedeutung ist indiesem Zusammenhang der Einsatz wissenschaft-licher Expertenräte, deren Expertise Grundlageder Verhandlungen ist. Ein solcher Überprüfungs-mechanismus ist besonders geeignet, die Weiter-entwicklung eines Regimes zu fördern, und istauch auf andere Problemstellungen gut anwend-bar. Bei der Auswahl der Experten ist dabei derengeographische Ausgewogenheit zu beachten, umdie Akzeptanz auch in den Entwicklungsländernzu gewährleisten.

• Stärkerer Einbezug der Beratung durch private In-teressengruppen. Wie bereits in vorangegangenenGutachten empfiehlt der Beirat eine weitere Stär-kung der Anhörungsrechte privater Interessen-gruppen in internationalen Institutionen und Or-ganisationen, wobei eine gewisse Parität zwischenden Verbänden des Nordens und des Südens er-strebenswert ist. Eine Möglichkeit zur Erreichungdieses Ziels wäre die finanzielle Förderung derKonferenzteilnahme von Vertretern der Zivilge-sellschaft des Südens. Denkbar wäre auch die stär-kere Förderung von zivilgesellschaftlichen„Denkfabriken“ in Entwicklungsländern.

• Stärkung internationaler Organisationen und Pro-gramme. Internationale Organisationen sindwichtige Akteure in einer Reihe von Problemfel-dern, insbesondere bei der Initiierung, Begleitungund Überprüfung von Regimebildungsprozessen,und sollten deshalb entsprechend gestärkt wer-den.

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C 4Wege zur besseren Kontrolle der Umsetzung internationaler

Vereinbarungen

C 4.1Einleitung

Es reicht nicht aus, ehrgeizige internationale Institu-tionen zum Schutz der Umwelt zu schaffen – diesemüssen auch in die Praxis umgesetzt werden. Wiekann die Politik durch geeignete institutionelle De-signs dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung globa-ler Vereinbarungen ausreichend kontrolliert und ge-gebenenfalls auch sanktioniert wird? Hier sind dreiElemente zu behandeln:– geeignete Verfahren und Mechanismen zur

Sammlung von Informationen über den Stand derUmsetzung,

– geeignete Verfahren zur Bewertung der Berichteund sonstigen Erkenntnisse sowie zur ersten Dis-kussion über die internationale Reaktion auf Um-setzungsdefizite,

– Instrumente zur Reaktion auf festgestellteSchwierigkeiten und Umsetzungsdefizite.

Diese Elemente eines sinnvollen institutionellen De-signs zur besseren Umsetzung internationaler Ver-einbarungen werden an drei Beispielen erörtert: demRegime zum Schutz der Großen Seen in Nordameri-ka als Beispiel für grenzüberschreitende Wasserres-sourcen, dem Regime zur Desertifikationsbekämp-fung sowie dem Klimaregime. Wegen der (erneut)besonders innovativen Rolle des Ozonregimes wirddessen Erfüllungskontrollverfahren in einem Kastenebenfalls dargestellt.

C 4.2Die Kontrolle der Umsetzung in den Institutionenzu grenzüberschreitenden Wasserressourcen inNordamerika

C 4.2.1Ausgangslage

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiten die USAund Kanada an den Großen Seen bei der Überwa-

chung von Wasserverschmutzung eng zusammen(WBGU, 1998a). Beide Länder einigten sich 1909 aufden „Grenzwasservertrag“, der erste Regelungen zurVerhinderung der Wasserverschmutzung wie auchMechanismen zur Schlichtung von Streitigkeiten,insbesondere im Hinblick auf die Wasserqualität,enthielt. Angesichts großer Probleme mit der Phos-phatbelastung und Eutrophierung bei einigen derGroßen Seen vereinbarten beide Staaten 1972 dasAbkommen über die Wasserqualität der Großen Se-en, welches 1978 erweitert wurde. In einem Umset-zungs-Protokoll von 1987 wird zum ersten Mal ver-sucht, einen ökosystemaren Ansatz mit dem Ziel derSicherung der Wasserqualität wirksam umzusetzen.

Die Erfüllung des Abkommens wird einerseits de-zentral organisiert, indem beide Staaten die Haupt-verantwortung auf die bundesstaatlichen bzw. Pro-vinz-Regierungen übertragen haben. Dennoch spieltdie schon im Grenzwasservertrag von 1909 einge-setzte Internationale Gemeinsame Kommission(International Joint Commission, IJC) eine wesentli-che Rolle. Beide Länder entsenden jeweils drei Ver-treter in diese Kommission, welche in den USA vomPräsidenten und in Kanada vom Premierminister er-nannt werden. Die Kommission soll Streitigkeiten inBezug auf Nutzung und Qualität der Gewässer ver-hindern bzw. lösen sowie die Regierungen beiderStaaten beraten. Mittlerweile unterstehen sämtlicheGrenzgewässer zwischen den USA und Kanada derIJC.

C 4.2.2 Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen

Die Kontrolle der Erfüllung der Grenzgewässerab-kommen liegt bei der IJC, die die Umsetzung dervereinbarten Beschlüsse in beiden Ländern kontrol-lieren muss. Dafür hat die Kommission über 20 Aus-schüsse eingesetzt, die bei der Kontrolle der Umset-zung beraten. Hinzu kommen acht Projektgruppenmit spezifischen Zuständigkeiten, um Strategien zurUmsetzung bestimmter Ziele aus den Abkommen zuentwickeln. Alle Gremien werden zu gleichen Teilen

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96 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

von US-amerikanischen und kanadischen Expertenbesetzt. Hervorzuheben ist die zweijährliche Be-richtspflicht der IJC an die beteiligten Zentral- undRegionalregierungen über die Erfüllung der Ziele,deren Grundlage die von den Kontroll- und beraten-den Gremien übermittelten Informationen bilden.Das Budget der Kommission deckt nur die Kostenihrer eigenen Arbeit ab, erlaubt aber keine Finanzie-rung umweltpolitischer Programme. Diese Kluft zwi-schen der Befugnis,Anweisungen für die Umsetzungder in den Abkommen gesetzten Ziele zu geben, unddem Geldmangel, diese zu verwirklichen, ist eineHauptursache für Frustration und Enttäuschung beivielen Interessengruppen in diesem Gebiet (Rennund Finson, 1991).

Für die Großen Seen gibt es insgesamt vier Bera-tungsgremien (Science Advisory Board, Water Qua-lity Board, Council of Great Lakes Research Mana-gers,Annex-II Advisory Committee) sowie das Inter-national Advisory Board on Air Pollution als überre-gionales Beratungsgremium. Diese Gremien habeneine wichtige Kontrollfunktion, da sie die Monito-ringprogramme wissenschaftlich begleiten, bewertenund Probleme identifizieren. Diese Informationenund Empfehlungen werden an die IJC weitergeleitet.

Von diesen Gremien sind das Wasserqualitätsgre-mium und der Wissenschaftliche Beirat am wichtigs-ten. Das Wasserqualitätsgremium ist Hauptberaterder IJC bei allen Aspekten, die von der Erfüllung desAbkommens über die Wasserqualität der Großen Se-en betroffen ist. Die Mitglieder dieses Gremiums re-präsentieren die Bundes- und Länderbehörden, diefür Gestaltung und Durchsetzung der Umweltpolitikverantwortlich sind. Dieses Gremium soll die Emp-fehlungen der Kommission für die Behörden in prak-tische Richtlinien umsetzen und die Wirksamkeitund Angemessenheit der Programme durch Ver-gleich, Bestandsaufnahme und Analyse aller Datenund Informationen bewerten. Der WissenschaftlicheBeirat wurde 1978 geschaffen, um die Kommissionund das Wasserqualitätsgremium bei der Erfüllungihrer Aufgaben wissenschaftlich zu beraten. NachRenn und Finson (1991) ist das Wasserqualitätsgre-mium im Vergleich zur Internationalen Kommissionund dem Wissenschaftlichen Beirat weitaus vorsich-tiger und konservativer mit seinen politischen For-mulierungen, was vermutlich die administrative Vor-liebe für Kontinuität der etablierten Programme undfür Vereinbarungen im Einvernehmen mit den – oftgegnerischen – Interessengruppen widerspiegelt.

Die beiden Vertragsparteien selbst treten jährlichzusammen, um die Arbeitspläne für die Umsetzungder Abkommen zu koordinieren und Fortschritte zubewerten. Das Abkommen von 1978 enthält hierfüreine Berichtspflicht der beiden Länder über ihre Po-litik zur Erfüllung der Verträge, allerdings wird eine

regelmäßige Berichterstattung nur alle sechs Jahregefordert. Für bestimmte Programme (u. a. die Wei-terentwicklung und Implementierung der RemedialAction Plans und der Lakewide Management Plans),die im Anhang des Abkommens aufgeführt werden,besteht seit 1987 eine 2-jährige Berichtspflicht derVertragsparteien an die Kommission. Die erste Serieder Berichte im Jahr 1988 wurde dabei in den USAvom nationalen Programmbüro der Großen Seender Environmental Protection Agency (EPA) zusam-mengestellt, der kanadische Bericht von den Regie-rungen Kanadas und Ontarios. Der Unterschied inder Verantwortlichkeit für die Berichte reflektiertauch die unterschiedlichen Strategien der beiden Re-gierungen für die Umsetzung (Renn und Finson,1991). Durch die Pflicht der Regierungen, einen Be-richt über die Arbeit an den Großen Seen abzuge-ben, findet eine Anpassung der Umweltpolitik beiderLänder statt und die Erfolge und Misserfolge frühe-rer Politik werden ausgewertet. Diese Länderberich-te haben somit die Verantwortlichkeit und Kommu-nikation verstärkt.

C 4.3Die Kontrolle der Umsetzung in der Bekämpfungvon Bodendegradation in Trockengebieten

C 4.3.1Einleitung

Für die Beobachtung und Bewertung der Bodenzer-störung in Trockengebieten (Kap. B 2.5) gibt es keinegenauen Basisdaten und Monitoringsysteme (Olde-man, 1999). Auch für das „Übereinkommen der Ver-einten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbil-dung in den von Dürre und/oder Wüstenbildungschwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afri-ka“ (Desertifikationskonvention – UNCCD) gibt eskeine konkreten, zeitlich festgelegten Reduktions-verpflichtungen etwa für die Bodendegradation.Dennoch sollen die im Folgenden beschriebenenMechanismen dazu beitragen, den Stand der Umset-zung international zu evaluieren, Defizite auszuma-chen und zu beheben.

Die nationalen Aktionsprogramme werden durchdie Vertragsstaatenkonferenz regelmäßig behandelt,indem die Staaten über die erzielten Fortschritte be-richten (Art. 10 Abs. 2 UNCCD). In eigenen regiona-len Anlagen für Afrika, Lateinamerika, Asien undden nördlichen Mittelmeerraum werden teilweisesehr detaillierte Vorgaben für die Durchführung die-ser Aktionsprogramme aufgestellt. Ein innovativesElement ist dabei die Pflicht der Entwicklungsländerzur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Erstel-

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97Die Kontrolle der Umsetzung in der Bekämpfung von Bodendegradation in Trockengebieten C 4.3

lung, Durchführung und Evaluierung nationaler Ak-tionsprogramme (Art. 10 UNCCD).Während für dieNRO beim Ozonregime keine Mitwirkungsrechtebestehen, sind sie bei der Desertifikationskonven-tion Teil des offiziellen Programms und unersetzlicheKatalysatoren bei der Erfüllung der Pflichten. Damitsind die NRO, die bereits bei der Aushandlung derUNCCD mitwirkten, so umfassend wie bei keineranderen Konvention integriert (Danish, 1995a; Rech-kemmer, 1997; Corell, 1999).

Das entscheidende Kontrollinstrument der Deser-tifikationskonvention ist die detaillierte Berichts-pflicht gegenüber der Vertragsstaatenkonferenz, diein unregelmäßigen Abständen auch den Termin derBerichterstattung festlegt (Art. 26 UNCCD). Bei Be-darf unterstützt das Sekretariat die Länder bei derBerichterstellung. Die Berichtspflicht bezieht sichvor allem auf die Erarbeitung und Umsetzung natio-naler Aktionsprogramme, aber auch die Industrie-länder sind in ihrer Geberfunktion eingebunden undberichten ihrerseits über ihre technische und finan-zielle Unterstützung. Dabei sind sie nicht nur Unter-stützer bei der Umsetzung, eine beachtliche Zahl vonIndustrienationen zählt selbst zur Gruppe der „be-troffenen Länder“, wie etwa Australien, die USA,Kanada und die nördlichen Mittelmeeranrainer (au-ßer Frankreich).

Die ersten Nationalberichte über die Umsetzungder Ziele der Desertifikationskonvention wurden1999 auf der dritten Vertragsstaatenkonferenz vorge-legt (Pilardeaux, 2000a). Große Defizite bestehen al-lerdings in der Bewertung dieser Berichte durch dieVertragsstaatenkonferenz, auf der eine eingehendeAnalyse nicht stattfand. Deshalb wurde beschlossen,auf der 4. Vertragsstaatenkonferenz im Dezember2000 eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe einzurichten, diesich mit der Bewertung der Nationalberichte be-schäftigt.

C 4.3.2Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen

Grundlage einer Bewertung aller Umsetzungsmaß-nahmen durch die Vertragsstaatenkonferenz sind ne-ben den Nationalberichten vor allem die Empfehlun-gen des Ausschusses für Wissenschaft und Technolo-gie. Durch die zeitliche Überlappung von Vertrags-staatenkonferenzen und den Sitzungen diesesAusschusses ist es allerdings nicht möglich, die wis-senschaftlichen Ergebnisse effektiv in die Vertrags-staatenkonferenz einzuspeisen. Daher empfiehlt essich, diese Sitzungen zeitlich von den Vertragsstaa-tenkonferenzen abzukoppeln, wie es auch bei derBiodiversitäts- und Klimarahmenkonvention derFall ist (Kap. E 1).

Zudem konnte der Ausschuss für Wissenschaftund Technologie seine Funktion bisher nicht hinrei-chend erfüllen, da er überwiegend mit politischenVerhandlern statt Wissenschaftlern besetzt ist undsich bisher zu wenig auf wissenschaftliche Fragen derUmsetzung konzentriert (Pilardeaux, 2000a). DerAusschuss kann allerdings aus einer Liste von Exper-ten Ad-hoc-Arbeitsgruppen mit maximal zwölf Mit-gliedern zusammenstellen, welche regional ausgewo-gen sein müssen. Themen mit hohem und aktuellemWissensbedarf sind nach Ansicht des Beirats nebender eingehenden Analyse und Bewertung der Natio-nalberichte z. B. die Untersuchung des Mechanismusfür eine umweltverträgliche Entwicklung (CDM) derKlimarahmenkonvention und seine Relevanz für dieDesertifikationskonvention oder die Frage nachLeitplanken für Bodendegradation. Ob der vorhan-dene Wissensbedarf durch den Ausschuss für Wissen-schaft und Technologie gedeckt werden kann, hängtvon seiner zukünftigen Arbeitsweise ab. Alternativkönnte auch darüber nachgedacht werden, ob diewissenschaftliche Expertise nicht besser extern ein-gerichtet werden sollte, etwa in Form eines Inter-governmental Panel on Soils (IPS). Dann hätte derAusschuss für Wissenschaft und Technologie, wie imFall IPCC/SBSTA bei der Klimarahmenkonvention,die Funktion, die wissenschaftlichen Erkenntnissefür die Vertragsstaatenkonferenz politisch aufzube-reiten.

Für die mit der Umsetzung verbundenen finan-ziellen Fragen ist der so genannte „Globale Mecha-nismus“ zuständig. Der Globale Mechanismus, derbeim International Fund for Agricultural Develop-ment (IFAD) angesiedelt ist, wird von UNDP,UNEP, der Weltbank, GEF, FAO, dem Sekretariatder Desertifikationskonvention und den regionalenEntwicklungsbanken unterstützt. Der Globale Me-chanismus ist ein Instrument, das überwiegend zurInformation betroffener Länder über vorhandeneFinanzmittel aus der bi- und multilateralen Zusam-menarbeit dienen soll. Somit stellt die bi- und multi-laterale Entwicklungszusammenarbeit, die bereitsvor der Konvention bestand, die wesentliche finan-zielle Grundlage für die Umsetzung der Desertifika-tionskonvention dar (neben den Eigenleistungenbetroffener Länder). Allerdings wird in den Natio-nalberichten der Geberländer nicht hinreichendtransparent, wie sich das Mittelaufkommen für De-sertifikationsbekämpfung in den letzten Jahren ent-wickelt hat – wohl auch, weil alle Maßnahmen fürländliche Entwicklung, Armutsbekämpfung oderErnährungssicherung auch zur Desertifikationsbe-kämpfung beitragen und eine klare Trennung derMittelverwendung schwierig ist. Fest steht hingegen,dass die Beiträge der OECD-Staaten für die Ent-wicklungszusammenarbeit, gemessen in Prozent des

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98 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

Bruttosozialproduktes, den niedrigsten Stand seitfünfzig Jahren erreicht haben (Kap. E 3).

In der Desertifikationskonvention wurden keineKriterien festgelegt, wie hoch das finanzielle Engage-ment des Nordens ausfallen soll. Daher kann bei ei-ner Unterschreitung des von den Weltkonferenzender vergangenen Jahre wie UNCED, Habitat II, demWeltsozialgipfel oder der Welternährungskonferenzanerkannten 0,7%-Ziels auch nicht von „Nichterfül-lung“ gesprochen werden, obgleich davon die Um-setzung der Desertifikationskonvention direkt be-troffen ist, da sie im Wesentlichen durch die bi- undmultilaterale Zusammenarbeit finanziert wird. Eineneigenen Bereich bei der GEF gibt es für die Deserti-fikationskonvention nämlich nicht, weil die GEF dieEntwicklungsländer nur bei Projekten unterstützt,die im globalen Umweltinteresse liegen. Erstattetwerden nur die dabei entstehenden Mehrkosten.AusSicht der GEF handelt es sich bei der Desertifikationnicht um ein globales Problem (Kürzinger, 1997).Al-lerdings können seit 1996 Mittel für Desertifikations-bekämpfung eingesetzt werden, wenn davon das Kli-ma oder die Biodiversität betroffen sind.

Für die internationale Bodenschutzpolitik fehltes, analog zur Biodiversität (WBGU, 2000), an aus-reichender wissenschaftlicher Beratung. So wurdezwar mit der FAO/UNESCO-Weltbodenkarte, derGlobal Soil Degradation Database (GLASOD) von1990 und mit dem 1992 von UNEP erstellten kom-mentierten Weltatlas der Desertifikation ein ersterwissenschaftlicher Überblick vorgelegt, allerdingswurde diese Arbeit nicht kontinuierlich fortgeführtund verfeinert. Zudem sind die GLASOD-Datenhauptsächlich qualitativ und beruhen auf Experten-meinungen (Oldeman, 1999). Eine interessante Ent-wicklung ist der Aufbau eines Global and NationalSoil and Terrain Digital Database Program (SO-TER). Mit SOTER soll über die nächsten 10–15 Jah-re eine Datenbank über Böden, Bodennutzung undBodendegradation geschaffen werden (Oldeman,1999). Langfristig bedarf es aber einer Struktur, diedie Bodenveränderungen im Anschluss an SOTERüberwacht. Hinzu kommt aktueller Beratungsbedarfzur Rolle biologischer Senken bei der Umsetzunginternationaler Umweltregime, zur Abschätzung glo-baler Leitplanken für Bodendegradation oder derEntwicklung von Indikatoren. Hierzu würde sich be-sonders ein noch einzurichtender „InternationalerAusschuss über Böden“ (International Panel onSoils) eignen. In einem solchen Gremium könntendie weltweit führenden Wissenschaftler zusammen-geführt werden, wie dies in der Klimapolitik bereitserreicht wurde.

C 4.4Die Kontrolle der Umsetzung in der Klimapolitik

C 4.4.1Einleitung

Die erste Verpflichtungsperiode des Kioto-Proto-kolls zur Klimarahmenkonvention soll im Jahr 2008beginnen (Kap. C 2.3). Einer der wichtigsten Ver-handlungspunkte für die Inkraftsetzung ist die Rege-lung der Verpflichtungserfüllung. Dies betrifft diePflicht zur Erstellung nationaler Jahresberichte überQuellen und Senken von Treibhausgasen und überdie eingeleiteten Maßnahmen einschließlich ihrerErfolgsbewertung sowie die Pflicht der Parteien inAnlage B zum Kioto-Protokoll (Industrieländer) zurBegrenzung ihrer Emissionen. In der Konventionund im Kioto-Protokoll wurden zwar schon Rege-lungen vereinbart, die aber weiter ausgestaltet wer-den müssen. Auch über die Mechanismen zur Erfül-lungskontrolle der Klimarahmenkonvention wirdweiter verhandelt.

In den Vereinbarungen ist ein mehrseitiges Bera-tungsverfahren (Multilateral Consultative Process)vorgesehen, in dem Vertragsparteien mit Schwierig-keiten bei der Umsetzung der Konvention beraten,das Verständnis der Konvention gefördert sowie dasEntstehen von Streitigkeiten verhindert werden soll.Dieses Verfahren kann von einer einzelnen Vertrags-partei, einer Gruppe von Vertragsparteien oder vonder Vertragsstaatenkonferenz initiiert werden, nichtjedoch vom Sekretariat. Über Größe und Zusam-mensetzung des Organs wurden bisher keine Be-schlüsse gefasst, vor allem wegen der Uneinigkeit inder Frage, ob die Experten entsprechend einer geo-graphisch ausgeglichenen Verteilung oder je zurHälfte von Industrie- und Entwicklungsländern no-miniert werden sollen (Oberthür und Ott, 1999).

Die Basis für die Feststellung der Einhaltung derim Kioto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungensind die nationalen Mitteilungen der Vertragspartei-en und die Überprüfung dieser Mitteilungen. DieseVerpflichtungen sind in Art. 7 und 8 des Kioto-Proto-kolls geregelt. Für die Überprüfung sind so genannte„sachkundige Überprüfungsgruppen“ (expert reviewteams) vorgesehen (Art. 8). Diese berichten dem Se-kretariat, von dem sie auch koordiniert werden. DasSekretariat leitet die Berichte an die Vertragspartei-en weiter und informiert die Vertragsstaatenkonfe-renz zum Protokoll. Die genauere Ausgestaltung derArbeit der sachkundigen Überprüfungsgruppen istnoch nicht festgelegt. Die Vorschläge reichen von ei-ner Überprüfung der nationalen Emissionsverzeich-nisse über regelmäßige Treffen der Experten bis zu

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99Die Kontrolle der Umsetzung in der Klimapolitik C 4.4

Besuchen der Experten in den Vertragsstaaten. Wei-tergehende Vorstellungen schlagen eine Einbindungzertifizierter Prüfer aus dem privaten Sektor (priva-te sector auditors) vor (Hargrave et al., 1999). Bei-spiele für derartige Überprüfungen sind bei den Rüs-tungskontrollvereinbarungen, der ILO (Internatio-nal Labour Organisation) und beim UN-Menschen-rechtsausschuss zu finden (OECD, 1998). Auch dieEinbeziehung zwischenstaatlicher Organisationen,wie z. B. das National Greenhouse Gas InventoryProgramme von IPCC, OECD und IEA, in die Über-prüfung der nationalen Verzeichnisse und die Erfül-lung der Verpflichtungen stellt eine Option dar, dieeine Prüfung verdient (OECD, 1999).

C 4.4.2Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarungen

Art. 18 autorisiert die Vertragsstaatenkonferenz zumProtokoll, bei Nichteinhaltung aktiv zu werden oderdiese Autorität an ein anderes Organ zu delegieren.Die fundamentale Bedeutung der Erfüllungskon-trolle erfordert die Einrichtung eines dauerhaftenOrgans (Compliance Body), damit die Kontinuitätder Arbeit gewahrt ist sowie Vertrauen wachsenkann (Hargrave et al., 1999). Angestrebt wird einekleine Einrichtung, die aus wissenschaftlichen, tech-nischen und juristischen Experten besteht. Es wirdzur Zeit verhandelt, wie die Zusammensetzung gere-gelt werden soll. Als Alternativen stehen eine geo-graphisch gleichwertige Repräsentation aus den fünfregionalen UN-Gruppen, eine Repräsentation derAnlage-I- und Nicht-Anlage-I-Parteien zu gleichenTeilen oder eine stärkere Repräsentanz von Anlage-I-Staaten, die von den Entscheidungen des Compli-ance Body betroffen sind, zur Diskussion. Die Zuzie-hung externer Experten bleibt umstritten.

Als Argumente für eine Einbindung des privat-wirtschaftlichen Sektors in den Überprüfungspro-zess werden Kosteneffizienz und niedrige Preise auf-grund der Konkurrenz anbietender Firmen ange-führt. Die Entstehung eines bürokratischen Appara-tes würde verhindert und eine größere Präsenz inden zu überprüfenden Ländern realisiert werden,wodurch eine schnellere Reaktion auf potenzielleNichterfüllung ermöglicht werden könnte. Auch derAufbau eines größeren Pools von Prüfern, ihre Re-gierungsunabhängigkeit und die Verantwortlichkeitbei Fehlern werden als Vorteile angesehen. Gegendie Einbeziehung privater Prüfer wird vor allem dieGefährdung der Unabhängigkeit durch eine zu gro-ße finanzielle Abhängigkeit vom Auftraggeber ange-führt. Die Komplexität der Aufgaben könnte mögli-cherweise einen umfangreicheren Apparat erfor-dern, als ihn private Auditoren aufbauen könnten.

Eine Qualitätskontrolle durch die Zertifizierungdurch das Sekretariat oder eine beauftragte Einrich-tung ist unabdingbare Voraussetzung für die Einbin-dung privater Auditoren. Ebenso wichtig ist dieBeschränkung ihrer Funktion auf eine technische„Vorprüfung“, wobei die Details überprüft und dieErgebnisse als übersichtliche Verzeichnisse an dasSekretariat und an die „sachkundigen Überprü-fungsgruppen“ übergeben werden. Bei diesen mussdie Verantwortung für die größtmögliche Genauig-keit der Informationen bleiben. Ob die beiden Kom-ponenten der Erfüllungskontrolle – also die unter-stützenden und die durchsetzenden Maßnahmen – ineinem oder in getrennten Gremien behandelt wer-den sollen und wie der Übergang zwischen beidengeregelt wird, ist ungeklärt. Die EU und viele Um-weltverbände bevorzugen z. B. ein Compliance Com-mittee mit zwei getrennten Zweigen, da Unterstüt-zung und Durchsetzung grundlegend unterschiedli-che Ansätze verlangen.

Welche Informationen genutzt werden dürfen, umAktivitäten des Compliance Body auszulösen, istnoch nicht vereinbart. Die Bandbreite reicht von derBeschränkung auf Informationen der Vertragspartei-en bis zum Vorschlag, dass das Organ selbst entschei-den kann, welche Quellen es für angemessen hält.Dieses würde implizieren, dass auch unabhängigeExperten – also auch Umweltverbände – Informatio-nen an das Organ, das Sekretariat oder eine vorge-schaltete Stelle einreichen könnten. Der Beirat hälteine Beschränkung auf die Vertragsparteien für zueng, die Zulassung unabhängiger Experten sollte da-her geprüft werden.

Um eine Nichteinhaltung der Pflichten am Endeder Verpflichtungsperiode zu verhindern, wurdenModelle vorgeschlagen, die z. B. eine jährliche Über-prüfung der Bilanz zwischen Emissionsrechten undtatsächlichen Emissionen enthalten (Hargrave et al.,1999). Eine Besonderheit des Kioto-Protokolls wirdder Emissionshandel sein. Hier besteht die Gefahrdes voreiligen Verkaufs von Emissionsrechten, dieeine Partei am Ende der Verpflichtungsperiodeselbst benötigt. Eine Gegenmaßnahme könnte dasVerkaufsverbot von Emissionsrechten sein, über dieeine Partei nicht aktuell verfügt, d. h. die sie z. B. erstaus Minderungsmaßnahmen erwartet. Im Zusam-menhang mit dem Emissionshandel ist die Frage derHaftung von Bedeutung, d. h. ob Verkäufer, Käuferoder beide im Falle der Nichteinhaltung der verkau-fenden Vertragspartei haften (Hargrave et al., 1999).Es wurde noch nicht beschlossen, wie das Verfahrenbei einer Feststellung der Nichteinhaltung der Pflich-ten aussehen soll und welche Konsequenzen diesenach sich ziehen kann. Vorherige Informationenüber die Konsequenzen fördern die Vorhersagbar-keit und Anstrengungen für die Erfüllung der Pflich-

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100 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

ten. Besonders wichtig erscheint dem Beirat, dass dieKonsequenzen einer Nichteinhaltung so gestaltetwerden, dass der Schaden, der durch die Nichteinhal-tung entsteht (also die überhöhten Emissionen)durch Maßnahmen korrigiert wird, die zumindest diegleiche Menge an Treibhausgasen ohne großen Zeit-verzug einsparen. Die Einrichtung eines Erfüllungs-Fonds (Compliance Fund; Wiser und Goldberg,1999), in den Parteien einzahlen können, die in Ge-fahr der Nichteinhaltung stehen, stellt hier einen in-teressanten Vorschlag dar.Aus diesem Fonds würdenProjekte finanziert, die verlässliche treibhausgasre-duzierende Wirkung haben. Einen zusätzlichen Nut-zen kann dieser Fonds beim Technologietransfer ent-falten, wenn die Projekte bevorzugt in Entwicklungs-ländern durchgeführt werden. In den Entwürfen derArbeitsgruppe, die auf den nächsten Vertragstaaten-konferenzen zur Klimarahmenkonvention behandeltwerden, findet sich auch das Instrument eines com-pliance action plan, der den Vertragsstaaten die Mög-lichkeit geben soll, innerhalb kurzer Zeit nach Fest-stellung einer Nichterfüllung einen detaillierten Planfür die Wiederherstellung (restoration) aufzustellen.

Als mögliche Formen der Bestrafung bei Nicht-einhaltung werden politische, ökonomische, oderProtokoll-interne Sanktionen diskutiert. Dies könntez. B. den Verlust des Stimmrechts in der Konferenzder Parteien zum Protokoll, die öffentliche Bekannt-machung, Geldstrafen und Handelsbeschränkungen,die Pflicht zum Kauf von Emissionsrechten oder Be-grenzungen des Rechts, Emissionsrechte zu handeln,bedeuten. Für das Erreichen der Ziele der Klimarah-menkonvention und des Kioto-Protokolls ist es vonentscheidender Bedeutung, dass eine sinnvolle undvon breiter Akzeptanz getragene Balance zwischen„weichen“ Management-Maßnahmen und „harten“Bestrafungsmaßnahmen gefunden wird, die starkeAnreize zur Erfüllung der Verpflichtungen setzt undsomit eine Nichterfüllung weitgehend verhindert.

Wegen der besonders wichtigen Rolle des Ozon-regimes nicht zuletzt bei der Konzeption des Klima-regimes werden dessen Erfüllungskontrollverfahrenim Kasten C 4.4-1 dargestellt.

C 4.5Handlungs- und Forschungsempfehlungen

Die Fallstudien zeigen eine Reihe hilfreicher institu-tioneller Ausgestaltungen, die im Rahmen einerinternationalen Erfüllungskontrolle eine erheblicheRolle spielen. Auf fortbestehende Ausgestaltungsde-fizite und mögliche Verbesserungen in den jeweiligenRegimen ist bereits in den einzelnen Unterkapitelnhingewiesen worden. Gerade die institutionelle Ge-staltung der internationalen Erfüllungskontrolle

kann zum Erfolg des gesamten Regimes wesentlichbeitragen und sollte daher entsprechend organisiertsein. Obwohl die spezifische Struktur eines Kernpro-blems Abweichungen erfordern kann, erweisen sichdie im Folgenden zusammengefassten Charakteristi-ka als besonders Erfolg versprechend.

C 4.5.1Verfahren zur Sammlung von Informationen überden Stand der Umsetzung

Die Fallstudien haben gezeigt, dass zur Sammlungrelevanter Informationen über den Stand der Um-setzung vor allem auf das Berichtswesen zurückge-griffen wird. Die zum Teil sehr detaillierte Pflicht derRegierungen, über ihre bisherige nationale Umset-zung zu berichten, ermöglicht eine Auswertung vonErfolgen und Misserfolgen früherer Politik und bil-det somit die Grundlage für verbesserte, weiterfüh-rende Maßnahmen.• Aufgrund der bisherigen Erfahrungen stellt sich

die Berichtspflicht über die Politik der Mitglied-staaten zur Umsetzung ihrer Pflichten als uner-lässliche Voraussetzung für internationale Erfül-lungskontrolle dar. Sie ermöglicht national durchdie Pflicht zur Bestandsaufnahme eine Überprü-fung der jeweiligen Politikmaßnahmen und stärktgleichzeitig die Verantwortlichkeit und Kommuni-kation der nationalen Behörden. Zur Gewährleis-tung der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit derBerichte empfehlen sich detaillierte internationa-le Vorgaben für die zu beantwortenden Fragen.Wie das Beispiel des Desertifikationsbekämp-fungsregimes zeigt, lohnt sich im Rahmen der Be-richterstellung bei Bedarf auch eine Unterstüt-zung der Länder durch das Sekretariat.

• Der Beirat empfiehlt darüber hinaus weiterge-hende Rechte zur Informationsbeschaffung, wiebeispielsweise die im Ozonregime oder auch imWashingtoner Artenschutzabkommen vorgesehe-nen Rückfragen und Ad-hoc-Untersuchungen vorOrt durch internationale Gremien. So müssen beiBedarf durch gezielte Nachfragen ungenaue oderunvollständige Angaben präzisiert werden. SolcheVerfahren können neben der Erhöhung des Infor-mationswerts und damit der Vergleichbarkeit prä-ventiv eine möglichst genaue, wahrheitsgemäßeDarstellung der entsprechenden Informationendurch die Staaten bewirken.

• Das Beispiel des Desertifikationsbekämpfungsre-gimes zeigt, dass neben staatlichen Berichten vorallem im ersten Stadium der Erfüllungskontrolledie Beteiligung und Unterstützung durch Nichtre-gierungsorganisationen wichtig ist. Sie könnenhier bei der Erstellung und ersten Ausführung der

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101Handlungs- und Forschungsempfehlungen C 4.5

Aktionsprogramme und damit unmittelbar beider Umsetzung mitwirken. Die NRO dienen alswertvolle Kontaktstelle zwischen lokaler, nationa-ler und internationaler Ebene und stellen die An-hörung gesellschaftlicher Belange sicher. Der Bei-rat empfiehlt, auch bei Regimen, bei denen dieMitwirkung von NRO nicht unmittelbar integriertist, solche Möglichkeiten der Kommunikation zuschaffen. Zumindest sollte – wie beim Regime derGroßen Seen – die regelmäßige Veranstaltung vonWorkshops eine solche Rückkopplung gewähr-leisten.

• Die Mitwirkung von Umweltverbänden hat sichaber auch bei der Sammlung und Aufbereitungvon Informationen sowie bei der Erstellung von

Leitfäden zur Umsetzung und Trainingsprogram-men bewährt. Ein Beispiel für wertvolle Zusam-menarbeit ist hier das Washingtoner Artenschutz-abkommen (WBGU, 2000). Bei Vorbehalten oderzögerlicher Haltung gegenüber einer institutiona-lisierten Übertragung von Aufgaben im Rahmenanderer Regime gewinnt eine vertrauenschaffen-de Auswahl der NRO an Bedeutung. Auch dieUmsetzung der Ziele der Desertifikationskonven-tion bewirkt für NRO wie für Regierungen einenLernprozess, wodurch die Konvention eine wichti-ge Funktion bei der Förderung „guter Regie-rungsführung“ erfüllt. Weil die Desertifikations-konvention wegen ihrer starken Bezüge zur Ar-mutsbekämpfung als „Entwicklungskonvention“

Kasten C 4.4-1

Erfüllungskontrolle in der Ozonpolitik

Das Ozonregime war auch in Fragen der Erfüllungskon-trolle innovativ und wegweisend für die Entwicklung desKlimaregimes. Auf den ersten Blick bietet sowohl das Wie-ner Übereinkommen über den Schutz der Ozonschicht von1985 als auch dessen Montrealer Protokoll von 1987 die üb-lichen Methoden des Völkerrechts, um mit der Nichterfül-lung eines Vertrags durch einzelne Staaten umzugehen. Sokönnen die Parteien den Internationalen Gerichtshof anru-fen, Schiedsgerichte einrichten oder sich um die „GutenDienste“ Dritter sowie Vermittlung und Schlichtung bemü-hen. Solche bilateralen und etwa mit Blick auf den Interna-tionalen Gerichtshof eher konfrontativen Methoden ver-sprachen jedoch nur wenig Erfolg in der realen Umsetzung.In der Regel bricht ein Staat so wichtige Verträge wie dasMontrealer Protokoll ja nicht aus Vorsatz, sondern eher ausUnvermögen oder aufgrund meist finanzieller Probleme.

Deshalb vereinbarten die Staaten 1987 in Montreal, eingesondertes Nichterfüllungsverfahren zu schaffen, welches1992, als das Montrealer Protokoll in Kraft war, endgültigfestgeschrieben wurde (Ehrmann, 1998; Ott, 1998; Victor,1998). Im Mittelpunkt dieses Verfahrens steht ein eigen-ständiges Organ der Vertragsstaaten, der „Umsetzungsaus-schuss“, in den die Vertragsstaatenkonferenz zehn Staaten-vertreter nach einem regional ausgewählten Schlüssel ent-sendet. Zum einen dient dieser Ausschuss der Informa-tionsbeschaffung: Er soll Erkenntnisse über die möglicheNichterfüllung durch einzelne Parteien sammeln, kann dasSekretariat in Nairobi beauftragen, sich um weiteres Wissenzu bemühen, und darf auch in den betroffenen Staaten mitderen Einwilligung selbst nachforschen.

Daneben ist der Umsetzungsausschuss aber auch einVerhandlungsgremium, nämlich zur Vereinbarung ange-messener Maßnahmen, wenn tatsächlich einem Staat dieNichterfüllung vorgeworfen werden kann. Jede Partei kannsich im Umsetzungsausschuss über andere Parteien be-schweren, auch das Sekretariat darf den Ausschuss auf diemögliche Nichterfüllung einzelner Staaten hinweisen, undnicht zuletzt dürfen Parteien sich selbst anzeigen, wenn siedie Reduktionspflichten des Vertrags oder andere Bestim-mungen nicht einhalten können.

Der Ausschuss soll in solchen Fällen versuchen, eine ein-vernehmliche Lösung zu erreichen. Die letzte Entschei-

dung trifft in jedem Fall die Vertragsstaatenkonferenz, dieselbst bereits eine Liste denkbarer Gegenmaßnahmen be-schlossen hat. So kann die Vertragsstaatenkonferenz positi-ve Anreize setzen, um den nicht erfüllenden Staat zur Ein-haltung des Vertrags zu bringen, etwa durch das Angebotder Unterstützung mit Finanzmitteln und Umweltschutz-technologie. Theoretisch könnte die Vertragsstaatenkonfe-renz auch negative Anreize schaffen, etwa bestimmte Rech-te der Parteien aufheben bis hin zu Handelsbeschränkun-gen nach Art. 4 des Protokolls. Man könnte dem nicht erfül-lenden Staat im Fall eines Entwicklungslands auch dasRecht auf Finanz- und Technologietransfer gleichsam „alsStrafe“ entziehen. Es ist allerdings kaum denkbar, dass diePrivilegien eines Entwicklungslands gemäß Art. 5 des Pro-tokolls aufgehoben werden (zehnjähriges Verzögerungspri-vileg), wenn das Land seine um zehn Jahre verzögertenFristen nicht erfüllt. Zudem wurde in der Londoner Ver-tragsänderung de facto (obgleich nicht de jure) bestimmt,dass Nichterfüllungsverfahren gegen Entwicklungsländerauszusetzen sind, soweit das Entwicklungsland nachweisenkann, dass dies durch die mangelnde Unterstützung der In-dustrieländer verursacht sei (Biermann, 1998a, b).

Bislang standen Russland und andere osteuropäischeStaaten im Mittelpunkt des Nichterfüllungsverfahrens. Die-se Länder hatten sich 1987, als sie noch im Rahmen des„Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ gemeinsam agier-ten, den gleichen Reduktionspflichten unterworfen wie diewestlichen Industrieländer. Nach den Umwälzungen von1989 wurde jedoch offensichtlich, dass der Reduktionszeit-plan bei FCKW und den anderen Stoffen in Osteuropa undder Russischen Föderation nicht mehr einzuhalten war. Diemeisten osteuropäischen Staaten blieben zudem ihre Zah-lungen an den Multilateralen Ozon-Fonds für Entwick-lungsländer schuldig und verlangten stattdessen selbst fi-nanzielle Unterstützung. Der Umsetzungsausschuss ver-folgte hier eher eine kooperative Strategie: Die GEF stelltMittel zur Verfügung, um den FCKW-Verzicht in Osteuro-pa und Russland voranzubringen, und die einschlägigeninternationalen Organisationen und Programme (UNEP,UNDP, UNIDO und die Weltbank) tragen zur Unterstüt-zung Russlands bei (Victor, 1998).

Der große „Test“ des Nichterfüllungsverfahrens stehtindessen noch aus, wenn die Entwicklungsländer als Grup-pe die Herstellung und den Verbrauch von FCKW und an-deren ozonabbauenden Stoffen einstellen müssen. Der Bei-rat empfiehlt, auch hier den kooperativen, nichtkonfronta-tiven Weg des Montrealer Protokolls weiterzuverfolgen.

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102 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

eine Sonderstellung unter den globalen Umwelt-konventionen einnimmt, könnte sie auch von denGeberstaaten genutzt werden, um die soziale Ent-wicklung armer Länder verstärkt zu fördern.

• Interessant ist die im Rahmen der Klimapolitikdiskutierte Möglichkeit, zertifizierte private Prüferin die Informationssammlung einzubinden. Diesemüssten ihrerseits durch entsprechende Berichteeinen Rückbezug zum Sekretariat oder – falls vor-handen – zu einem gesonderten Ausschuss aufwei-sen. Dies verspricht den Vorteil, dass solche Prüferöfter, eventuell ständig in den Vertragsstaaten wä-ren und unabhängig und sorgfältig die Daten derLänder überprüfen könnten.

• Schließlich sollte auch die Rolle (schon bestehen-der) eigenständiger wissenschaftlicher Gremienim Rahmen der Erfüllungskontrolle gestärkt wer-den. Wie beim Desertifikationsbekämpfungsre-gime bedarf es hierfür eine effektivere Erfüllungs-kontrolle der Entwicklung eines „Kernsets“ glo-baler Indikatoren und Leitplanken. Im Gegensatzzur Klimarahmenkonvention und zum Montrea-ler Ozonprotokoll wurden bei der Desertifika-tionskonvention (noch) keine quantitativ definier-und überprüfbaren Reduktions- oder Schutzzielefür einem vorgegebenen Zeitraum festgelegt. Dieswürde voraussetzen, dass z. B. zulässige Obergren-zen der Bodenzerstörung festgelegt werden. Umeine solche Bezugsgröße zu ermitteln, müssenLeitplanken der weltweiten Bodenzerstörung ge-schätzt werden (WBGU, 1998a), also konkreteWerte, deren Überschreitung zu einem irreversib-len und für die Menschen existenzbedrohendenZustand der Umwelt führen würde. Hier bestehtdringender Forschungsbedarf.

• Regelmäßige wissenschaftlich-technische Be-standsaufnahmen der Umweltsituation ermögli-chen durch die Bereitstellung neuester wissen-schaftlicher Erkenntnisse die Konkretisierungvertraglicher Pflichten, etwa durch die Ermittlungvon Leitplanken als Grundlage von Reduktions-oder Schutzzielen. So wird eine verbesserte inter-nationale Reaktion gefördert. Die Besetzung sol-cher Gremien sollte geographisch ausgewogenmit unabhängigen wissenschaftlichen Expertenerfolgen, um nicht ein zweites politisches Neben-organ zu schaffen und die ausschließliche Befas-sung mit wissenschaftlichen Aufgaben zu gewähr-leisten. Insgesamt könnte sich die Organisationund Arbeitsweise am Vorbild des IPCC orientie-ren, der im Rahmen des Klimaregimes diese Auf-gabe übernimmt.

• Aus diesem Grund setzt sich der Beirat für dieEinrichtung eines internationalen unabhängigenwissenschaftlichen Expertengremiums für denglobalen Bodenschutz ein, etwa in Form eines

Internationalen Ausschusses über Böden (Inter-national Panel on Soils). Die Beiträge dieses Gre-miums könnten der Diskussion um den internatio-nalen Bodenschutz mehr Objektivität verleihen.Auch die Wissenschaft würde hiervon durch ver-besserte Koordination und Vernetzung profitie-ren. Der Beirat empfiehlt, bei der Einrichtung ei-nes Boden-Panels auf den Erfahrungen vonUNEP und IPCC aufzubauen, um eventuelleKonstruktionsschwächen von vornherein zu ver-meiden.

C 4.5.2Verfahren zur Bewertung der Berichte sowie zumBeschluss internationaler Reaktionen aufUmsetzungsdefizite

Im Rahmen der Bewertung der zur Verfügung ste-henden Informationen bleiben die Einschätzung undEntscheidung den jeweiligen Hauptorganen der Re-gime (Vertragsstaatenkonferenz, Gemeinsame Kom-mission) vorbehalten, in dem sich die Vertreter derMitgliedstaaten versammeln. Dem vorgeschaltetsind bei Regimen mit einer großen Zahl von Mit-gliedstaaten jedoch oft Prüfungen und Zusammen-fassungen beispielsweise durch das Sekretariat(Ozonregime), sachkundige Überprüfungsgruppenoder einen Umsetzungsausschuss.• Die Entwicklung in den untersuchten Regimen

belegt die Zweckmäßigkeit der Übertragung vonOrganisation und Zusammenfassung der nationa-len Berichte auf das Sekretariat oder ein eigenesGremium. So werden eine faktische und rechtli-che Aufbereitung, Bewertung und Zusammenfas-sung der zahl- und umfangreichen Berichte er-möglicht.

• Bei der Diskussion über Reaktionsmaßnahmenempfiehlt der Beirat die Einrichtung eines geson-derten, legitimierten Gremiums zu prüfen. So wer-den die schnelle Behandlung von Umsetzungs-schwierigkeiten und eine einvernehmliche Lösungauch zwischen Vertragsstaatenkonferenzen mög-lich. Diese Strategie hat sich im Ozonregime imFall Russlands und einiger osteuropäischer Staa-ten bewährt und scheint auch auf andere Regimeübertragbar. Im Rahmen der Sitzungen diesesGremiums sollten u. a. folgende Verfahrensschrit-te möglich sein: Evaluierung der relevanten Infor-mationen, Befragungen des betroffenen Mitglied-staats, Analyse der Gründe für Umsetzungsdefizi-te, Vorüberlegungen und Verhandlungen über er-forderliche Maßnahmen und gegebenenfallsEntscheidung oder Empfehlung einer Maßnahmean die Vertragsstaatenkonferenz mit Darlegungder Gründe für diese Entscheidung. Die Beset-

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103Handlungs- und Forschungsempfehlungen C 4.5

zung des Gremiums sollte angesichts der entschei-dungstragenden Aufgaben mit Staatenvertreternnach einem vorher festgelegten Schlüssel erfol-gen, denen einige Experten und Wissenschaftlerbeigeordnet sind. Feste Verfahrenskriterien kön-nen hier Vertrauen schaffen. Die Kontinuität derArbeit kann am besten durch ein ständiges Gre-mium, das auf Betreiben vorher festzulegenderAkteure oder Organe tätig wird, gewahrt werden.

• Mit Blick auf das Desertifikationsregime zeigtsich das Problem, dass die Umsetzung vielfach aufdie Erstellung nationaler Aktionsprogramme undderen Finanzierung durch die OECD-Länder re-duziert wird. Die Desertifikationskonvention bie-tet jedoch einen weiter reichenden Rahmen, weilsie als Ausgangspunkt für die Entwicklung einerumfassenden Nachhaltigkeitspolitik der betroffe-nen Länder und die Entwicklung demokratischerStrukturen dienen kann. In dieser Funktion alsKatalysator einer umfassenden gesellschaftlichenEntwicklung liegt ihr besonderer Wert. Um ihreZiele weiterhin vorantreiben zu können, ist nachAnsicht des Beirats deshalb ein verstärktes finan-zielles Engagement notwendig. Der Beirat emp-fiehlt, den Abwärtstrend bei den Mitteln für dieöffentliche Entwicklungszusammenarbeit umzu-kehren, um die Umsetzung der Desertifikations-konvention langfristig nicht zu gefährden. Ange-sichts des zunehmenden Problemdrucks im Zeit-alter des Globalen Wandels wäre es, wie der Bei-rat bereits mehrfach empfohlen hat (WBGU,1993, 1998a–2000), angemessen, 1% des Bruttoso-zialproduktes für die öffentliche Entwicklungszu-sammenarbeit anzustreben (WBGU, 1999a). DieRio+10-Konferenz könnte als Ausgangspunkt füreine solche Trendwende genutzt werden.

C 4.5.3Instrumente zur Reaktion auf festgestellteSchwierigkeiten und Umsetzungsdefizite

Hinsichtlich der Reaktionen auf Umsetzungsdefizitezeigen die Fallstudien stark variierende Ausgestal-tungen. Während beim Regime der Großen Seen dieGemeinsame Kommission lediglich Empfehlungenaussprechen kann, ist man sich im Klimaregime wohleinig, auf jeden Fall politische, ökonomische oderProtokoll-interne Sanktionen für die Nichteinhal-tung vorzusehen. Obwohl auch harte Reaktionenhätten ergriffen werden können, verhielt sich derUmsetzungsausschuss im Ozonregime bei Russlandund einigen osteuropäischen Staaten überwiegendkooperativ. Auch im Rahmen der Desertifikations-bekämpfung scheinen harte Maßnahmen keinenSinn zu machen, da eine Nichterfüllung kaum festge-

stellt werden kann. Hierzu fehlt es an konkreten,zeitlich festgelegten Pflichten und hinreichend ge-nauen Basisdaten und Monitoringsystemen für dieBeobachtung und Bewertung der Bodenzerstörungin Trockengebieten.

Diese Erkenntnisse und die Tatsache, dass derGroßteil der Nichterfüllung eher auf Unvermögenals auf Nichtwillen zurückzuführen ist, rücken ko-operative Wege in den Vordergrund. Solche nicht-konfrontativen Maßnahmen stärken die internatio-nalen Beziehungen durch ihre partnerschaftlicheWirkung und versprechen dadurch mehr Transpa-renz und Ehrlichkeit. Garantierte, an keine Voraus-setzungen geknüpfte Instrumente zur Erfüllungshil-fe können allerdings der Motivation, aus eigener Fi-nanzkraft die Pflichten zu erfüllen, auch abträglichsein. Zudem haben in einigen Fällen auch konzertier-te Sanktionen zu einer raschen Behebung der Um-setzungsdefizite beigetragen (Beispiel WashingtonerArtenschutzabkommen, WBGU, 2000). Der Beiratempfiehlt daher, zur Reaktion auf Umsetzungs-schwierigkeiten und Nichterfüllung verschiedeneWege vorzusehen, um flexible, den Gründen für dieUmsetzungsschwierigkeiten angepasste Entschei-dungen im Einzelfall zu ermöglichen. Die hierzu not-wendige sorgfältige Evaluierung aller relevanten In-formationen kann durch den oben beschriebenen ge-sonderten Ausschuss gewährleistet werden. Indemsowohl konfrontative als auch nichtkonfrontativeMaßnahmen ergriffen werden können, sinkt auch dieGefahr, dass durch ein Vertrauen auf auswärtige Hil-fe von vornherein weniger Mittel im Staatshaushaltfür die Erfüllung der Pflichten ausgewiesen werden.

Die konkrete Umsetzung der Entscheidung überReaktionen sollte durch das oben empfohlene Um-setzungsgremium begleitet werden. Nach angemes-sener Zeit empfiehlt sich eine Überprüfung der Fol-gen und der Zweckmäßigkeit der gewählten Maß-nahme.

Gerade mit Blick auf die derzeitigen Diskussio-nen zur Erfüllungskontrolle in der Klimapolitik soll-te unbedingt die Anwendung nichtkonfrontativerMaßnahmen im Vordergrund stehen, um die Länderin die Lage zu versetzen, ihre Pflichten zu erfüllen.Dies würde dem Klima insgesamt mehr nützen alsstrenge Strafen, die noch dazu den Beitritt zum Pro-tokoll und die Übernahme von Pflichten für vieleStaaten unattraktiv machen könnte. Es ist jedocheine Tendenz zu beobachten, dass eine strengere Er-füllungskontrolle von vielen Staaten gewünscht wird,da der rechtsverbindliche Charakter der Pflichtenund die bindenden Ziele des Protokolls auch Mittelerfordern, diese durchzusetzen. Deshalb ist neben ei-ner unterstützenden Politik, u. a. aus Wettbewerbs-gründen, auch eine nicht zu schwache Erfüllungskon-trolle notwendig, um die Vertragsparteien zur Um-

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104 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

setzung der Ziele zu ermuntern und „Trittbrettfah-ren“ zu vermeiden. Daher ist der Beirat auch gegendie Einführung des „borrowing“, also der Nutzungvon Emissionsrechten aus nachfolgenden Verpflich-tungsperioden.

Bei der technischen Überprüfung der Einhaltungder Pflichten ist eine Beteiligung des Privatsektorsüber zertifizierte Auditoren zu empfehlen. Aller-dings müssen Regelungen gefunden werden, die einestrikte Neutralität der Überprüfung gewährleisten.Eine Beteiligung privater Akteure als Informations-quellen (über eine Information des Sekretariats) so-wie als Beobachter in einem Nichterfüllungsverfah-ren ist hierbei wünschenswert.

Bei der Diskussion um einen Automatismus beiGegenmaßnahmen ist abzuwägen, bis zu welchemGrad dieses eingeführt werden sollte. Ein Katalogbestimmter Antworten auf Verfehlungen wird zwarvon Artikel 18 des Kioto-Protokolls gefordert, könn-te langwierige Verhandlungen verkürzen und eineverlässliche Basis von vorauszusehenden Reaktio-nen liefern. Aber sowohl die Aushandlung eines sol-chen Katalogs als auch dessen spätere Anwendungsind problematisch. Eine zu strikte Anwendung auto-matischer Gegenmaßnahmen kann dazu führen, dasssich Staaten ungerecht behandelt fühlen und anderedavon abgehalten werden, das Protokoll zu unter-zeichnen und zu ratifizieren. Daher scheint es demBeirat ratsam, die Reaktionen auf Verletzungen derPflichten in einem gewissen Rahmen flexibel zu ge-stalten und dem Einzelfall anzupassen.

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C 5Lokale und nationale Umsetzung:

Bildungspolitik und Lokale Agenda 21

C 5.1Einleitung

Die Wirkung internationaler Vereinbarungen ist nurso gut, wie ihre globalen Ziele auf nationaler und lo-kaler Ebene umgesetzt und darüber hinaus effektiv,effizient und sozial gerecht erreicht werden. DieKonventionen müssen sich letztlich in Veränderun-gen von Produkten und Produktionsweisen, aberauch in Veränderungen von umweltrelevanten Ein-stellungen, Werthaltungen, Verhaltensmustern, alsoinsgesamt von Lebensstilen manifestieren. DieseUmsetzungen können zum einen durch schnell wirk-same Gesetze oder ökonomische Maßnahmen erfol-gen, zum anderen aber auch durch eher längerfristigangelegte Strategien der Bewusstseinsbildung. Dazugehören z. B. Diskurse in der Öffentlichkeit, „RundeTische“ oder Umweltbildungsangebote für unter-schiedliche Zielgruppen.

Die meisten internationalen Übereinkommen zuglobalen Umweltproblemen verpflichten die Staatenzur Förderung der Bewusstseinsbildung und zur Ver-änderung von Lebensstilen, aber auch zu Wissens-mehrung und Vermittlung von Fertigkeiten zumschonenden Umgang mit den natürlichen Ressour-cen. Dabei werden explizit Bildungsprozesse inSchule und Hochschule genannt und auf die vielfälti-gen außerschulischen Kontexte zum Lernen für einenachhaltige Entwicklung hingewiesen. So enthaltendie Klimarahmenkonvention (Art. 6), die Biodiversi-tätskonvention (Art. 12 und 13), die Desertifika-tionskonvention (Art. 19), die Rio-Deklaration(Grundsatz 10) sowie die AGENDA 21 (Kap. 28 und36) Aufrufe an alle Staaten, solche Bildungsprozessezu unterstützen und umzusetzen. Ein wichtiges Fo-rum für eine integrative Diskussion von Umwelt-und Entwicklungsproblemen ist die CSD (Kap. E1.4).

Die Umsetzung der AGENDA-21- und CSD-Emp-fehlungen erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen. Sosind etwa in der EU zahlreiche Institutionen entstan-den, die mit der nationalen Umsetzung der Lösungvon (globalen) Umwelt- und Entwicklungsproble-

men betraut sind, aus denen Programme wie das 5.Umweltaktionsprogramm als Instrument zur Umset-zung der Ziele nachhaltiger Entwicklung hervorgin-gen. Zwischen den verschiedenen Ausschüssen undArbeitsgruppen der EU und der CSD gibt es einenintensiven Austausch. In der EU stellt EUROSTAT diestatistischen Grundlagen für die Nachhaltigkeitspoli-tik bereit. EUROSTAT ist auch am CSD-Arbeitspro-gramm für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindi-katoren beteiligt. Seit 1993 existiert außerdem mitder European Environment Agency (EEA) eineEinrichtung, die umweltrelevante Informationen an-bietet.

Für die Aktivitäten zu weltweiten Bildungspro-grammen ist die UNESCO zuständig. So sind auchdie CSD-Aktivitäten im Bildungsbereich bei derUNESCO angesiedelt, während die übrigen CSD-Projekte vom CSD-Sekretariat in New York geleitetwerden, was einheitliche bzw. vernetzte Aktivitätenerschwert.

C 5.2Lernen für eine nachhaltige Entwicklung –Kenntnisstand und weitere Aktivitäten

In diesem Kapitel sollen beispielhaft zwei Aktions-felder analysiert werden, die eng zusammenhängen.Zum einen geht es um Ansätze im Bereich formalerBildung (etwa in Schule und Hochschule), zum ande-ren um Programme und Aktivitäten auf kommunalerund regionaler Ebene (vor allem im Sinne einer LO-KALEN AGENDA 21).

C 5.2.1Initiativen der CSD

Prinzipien für den LernprozessIn der 4. und 6. Sitzung der CSD wurde ein Arbeits-programm zur Umsetzung von Kap. 36 der AGENDA

21 zu Bildung, öffentlichem Bewusstsein und Trai-ning beschlossen. Zu diesem Thema fand 1997 inThessaloniki eine internationale Konferenz statt, für

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106 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

die die UNESCO das wegweisende Dokument„Educating for a Sustainable Future:A Transdiscipli-nary Vision for Concerted Action“ erstellt hatte. Da-durch wurden einige Missverständnisse zum Konzept„Lernen für eine nachhaltige Entwicklung“ ausge-räumt:• Angestrebt ist nicht Lernen über eine nachhaltige

Entwicklung sondern Lernen für eine nachhaltigeEntwicklung (einschließlich der Handlungsoptio-nen).

• Lernen für eine nachhaltige Entwicklung be-schränkt sich nicht auf Umweltbildung, sondernmuss soziale und ökonomische Dimensionengleichberechtigt mit einbeziehen.

• Lernen für eine nachhaltige Entwicklung gehtnicht nur die Bildungsministerien an, sondern be-rührt alle Politikfelder (Umwelt, Arbeit, Verkehrusw.) und betrifft alle gesellschaftlichen Gruppen(und nicht etwa nur Schüler und Studenten).

• Lernen für eine nachhaltige Entwicklung darf sichnicht auf Kinder beschränken, sondern muss imSinne nachhaltiger Entwicklung als lebenslangerProzess verstanden werden.

Die UNESCO versucht, durch Aufklärungsarbeitdieses spezifische Verständnis der Konzepte zu ver-breiten.Auf der 6. Sitzung der CSD (1998) wurde Bil-dung für eine nachhaltige Entwicklung weiter kon-kretisiert.

Öffentliches Bewusstsein und VerständnisDamit Menschen wirksam an Aktivitäten zu nach-haltiger Entwicklung teilnehmen können, müssen sieHintergrundwissen besitzen. Lokale Aktivitäten sinddazu besonders Erfolg versprechend, weil hier eherindividuelles Interesse zu erwarten ist und damit eineChance auch für informelle Bildungsprozesse in derKommune und für lokale Umweltprogramme in In-dustrie- und Entwicklungsländern eröffnet wird(UN-CSD, 1998).

Da Umwelt- und Entwicklungsbelange sehr kom-plexe Sachverhalte und somit schwer kommunizier-bar sind, muss in Bildungsansätzen für eine nachhal-tige Entwicklung mit einfachen Beispielen aus demAlltag begonnen werden, ohne jedoch die globaleEinbettung des Problems zu vernachlässigen. Darausfolgt, dass Bildung für eine nachhaltige Entwicklungzielgruppenspezifisch gestaltet sein muss, viele Wis-sensdomänen umfassen und Lernen in alle Lebens-bereiche integrieren muss. Dazu ist eine verstärkteZusammenarbeit zwischen den verschiedenen ge-sellschafts- und naturwissenschaftlichen Disziplinenerforderlich (WBGU, 1996a; UN-CSD, 1998).

Notwendige Veränderungen im formalenBildungswesenVor allem sollten die Wechselbeziehungen zwischenÖkologie, Ökonomie, Kultur und sozialer Entwick-lung in die Lehrpläne aufgenommen werden. Dazugehört auch die Vermittlung ethischer Werte, koope-rativen Verhaltens und solidarischen Handelns. Die-se Veränderungen müssen sich in allen Ebenendurchsetzen (Schule, Aus- und Weiterbildung) (UN-CSD, 1998).

InterdisziplinaritätBildung für nachhaltige Entwicklung erfordert diszi-plinübergreifende Problemanalysen und -lösungen.Disziplinäre Lehre ist zwar Voraussetzung für ein indie Tiefe gehendes Wissen; viele wichtige zukunfts-weisende Entdeckungen werden jedoch an denGrenzen zwischen verschiedenen Disziplinen ge-macht (WBGU, 1993, 1996b). Die noch immer be-stehenden festen Grenzen zwischen den akademi-schen Disziplinen sollten aufgeweicht werden; Kar-riere- und Promotionsmöglichkeiten müssen auch iminterdisziplinären Rahmen ermöglicht werden(WBGU, 1993, UN-CSD, 1998).

C 5.2.2Nationale Aktivitäten zur Bildung für einenachhaltige Entwicklung

Seit der Rio-Konferenz sind in fast allen Nationender Welt Bildungsaktivitäten entstanden, die überden Schutz der Umwelt hinaus den komplexen An-satz einer nachhaltigen Entwicklung thematisieren(WBGU, 1996a). Generell lässt sich heute überalleine Zunahme der Bildungsbemühungen feststellen,allerdings mit sehr großen nationalen Unterschie-den. Nach wie vor ist es schwierig, einen systemati-schen Überblick zu gewinnen und damit eine Bewer-tung der globalen Aktivitäten vorzunehmen. Die fol-genden Beispiele nationaler Initiativen geben jedocheinen guten Einblick in die Variationsbreite der Pro-gramme.

In Deutschland ist Umweltbildung seit über 20Jahren ein Begriff. Seit UNCED werden die ökono-mischen und soziokulturellen Dimensionen im Sinneeiner Bildung zu nachhaltiger Entwicklung verstärktmit einbezogen. Trotzdem ist der Begriff der „nach-haltigen Entwicklung“ erst 13% der deutschen Be-völkerung bekannt (Kuckartz, 2000). Die Bund-Län-der-Kommission für Bildungsplanung und For-schungsförderung hat 1998 in einer zukunftsweisen-den Initiative einen Orientierungsrahmen für eineBildung für nachhaltige Entwicklung verabschiedet(BLK, 1998). Inzwischen wurde unter dem Titel „DasLeben im 21. Jahrhundert gestalten lernen“ ein um-

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107Lernen für eine nachhaltige Entwicklung C 5.2

fangreiches Projekt gestartet, in dem von jedem Bun-desland u. a. das von der CSD vorgegebene Leitbildim Sekundarschulbereich umgesetzt werden soll(BLK, 2000). Das Projekt, an dem 14 Bundesländerbeteiligt sind, umfasst ein Finanzvolumen von 25Mio. DM für fünf Jahre. Auch Konzepte für dieHochschulbildung enthalten ähnliche Zielvorstellun-gen, wie sie in den CSD-Papieren entwickelt werden.So soll den Richtlinien entsprechend vermehrt dieZusammenarbeit zwischen Natur- und Sozialwissen-schaften gefördert werden, Umweltbildung soll sichin Richtung einer „Ökologischen Zukunftsfor-schung“ orientieren und Rückkopplungen zwischenmenschlichem Handeln und natürlichen Systemenmit einbeziehen. Forschung und Lehre sollen auch zulokalen Problemlösungen beitragen. Dazu muss dieDurchlässigkeit zwischen Hochschule, Wirtschaft,Kommune und Bürgern verbessert werden (BLK,1998).

In den Niederlanden gibt es ein dem BLK-Orien-tierungsrahmen vergleichbares Regierungspro-gramm „Extra Impulse to Environmental Educa-tion“, das durch das „National Committee for inter-national co-operation and sustainable development(NCDO)“ verwaltet wird. Außerdem existiert dortdie „Dutch Inter Departmental Steering Group onEnvironmental Education“, ein Zusammenschlussaus sechs Ministerien. Eine solche Bündelung vonNachhaltigkeitsaktivitäten findet sich bisher nur inwenigen anderen Staaten. Sie ist jedoch vor allemdann von großem Vorteil, wenn es um die internatio-nale Konsultation und Kooperation geht. Doppel-arbeit und Parallelentwicklungen können so vermie-den werden.

Wo lassen sich in schulischen und außerschuli-schen Lernkontexten die vielfach geforderten Verän-derungen in Bildungsinstitutionen bereits nachwei-sen?

In Deutschland liegt in der schulischen Bildungder Schwerpunkt häufig noch auf der Umweltdimen-sion. Vereinzelt gibt es aber auch schon Schulen, diesich auf mehreren Ebenen dem Thema nachhaltigeEntwicklung widmen. So existiert z. B. in Duisburgeine Agenda-Schule, in der Unterrichtsinhalte,Schulbau, Ausstattung und Schulleben nach AGEN-DA-21-Aspekten neu gestaltet werden. Das Motto„Global denken, lokal handeln“ zeigt sich z. B. in derRegenwassernutzung für die Toilettenspülung und inder Begrünung der Dächer oder in pädagogischenSchwerpunkten wie soziales Lernen, Umwelt- undMedienerziehung (caf/Agenda-Transfer, 1999). AufHochschulebene ist das Konzept der „NachhaltigenUniversität Lüneburg“ ein äquivalentes Beispiel.Die deutsche UNESCO-Kommission hat im Som-mer 2000 ein Internet-Lernprogramm für Lehrer zur

Weiterbildung für „Nachhaltige Entwicklung“(www.blk21.de) begonnen.

Eine Evaluation außerschulischer Umweltbil-dungsaktivitäten in Deutschland aus den Jahren1998/99 ergab, dass mit ca. 4.600 Einrichtungen weit-aus mehr Aktivitäten im Bereich der Umweltbildungangeboten werden als vermutet wurde (Giesel et al.,2000). Allerdings werden die Themen AGENDA 21,Energiegewinnung und Energiesparen, Konsum undLebensqualität, die im Zusammenhang mit der Dis-kussion um ein nachhaltiges Deutschland zuneh-mend an Bedeutung gewinnen sollten, nur bei einemknappen Drittel der befragten Umweltbildungsein-richtungen behandelt. Daran zeigt sich, dass die öf-fentliche Diskussion über nachhaltige Entwicklungschneller voranschreitet als es den Einrichtungen ge-lingt, darauf zu reagieren. Die Analysen weisen nach,dass es viele Einrichtungen gibt, die sich mit den klas-sischen Umweltthemen der Naturerkundung, -erfah-rung und -sensibilisierung sowie der „klassischen“Aufklärung über Umwelt- und Naturschutz ausein-ander setzen. Für diese Einrichtungen wäre eine Er-weiterung um die Themen der AGENDA 21 mit sozia-len und ökonomischen Aspekten mit einer grundle-genden Identitätsänderung verbunden. Der Beiratempfiehlt, Neugründungen von Einrichtungen, diesich spezieller mit Themen wie Technik, Konsum,Mobilität usw. beschäftigen, durch Kampagnen vor-anzutreiben und finanziell zu unterstützen. In derEvaluation zeigte sich außerdem, dass die meistenEinrichtungen methodisch vor allem „herkömmlich“vorgehen: Innovative und partizipative Methoden,wie Zukunftswerkstätten, interaktive Lernangeboteund Kreativmethoden, werden nur von knapp einemZehntel der Einrichtungen genutzt. Der Beirat emp-fiehlt, diese Methoden durch die Präsentation erfolg-reicher Beispiele bekannter zu machen und Weiter-bildung für solche Ansätze zu unterstützen.

Einer multinationalen Initiative von Großbritan-nien, Deutschland, der Niederlande und Schwedenunter dem Titel „Sustainability Centres in the NorthSea Region“ (SCNR) ist die Förderung der Einrich-tung von so genannten Nachhaltigkeitszentren inEuropa zu verdanken. Ziele, die in den Zentren ver-folgt werden sollen, sind u. a. Indikatoren und Krite-rien für eine nachhaltige Raumplanung aufzustellensowie Beispielprojekte zu sammeln, in denen sichNachhaltigkeitsprinzipien bereits im Handeln mani-festiert haben. In dem Projekt werden Kommunenebenso wie Planer, Universitäten, NRO und privateAkteure mit einbezogen. Ein Unterziel der SCNR istdie Bildung eines universitären Netzwerks für nach-haltige Entwicklung, das Sustainability Centres Uni-versities Network. Solche Netzwerke haben nochgroßen Seltenheitswert und sind als äußerst vorbild-haft und förderungswürdig zu bewerten.

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108 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

In Tschechien sind mehr als 1.000 Schulen an 15Umweltbildungsprojekten beteiligt. Zum Teil han-delt es sich dabei um internationale Projekte (z. B.GLOBE zu Ozon). Die Projekte haben sich von reinwissensorientierten zu eher handlungssorientiertenUnterrichtseinheiten gewandelt. Ein Pilotprojekt fürUmweltbildung existiert in Nord-Böhmen, der Re-gion mit den größten Landschaftsschäden und derstärksten Luftverschmutzung in Tschechien. In Ko-operation mit einer deutschen Partnerorganisationsollen hier Modellprogramme aufgebaut werden.Zur Intensivierung des LOKALE-AGENDA-21-(LA-21-)Prozesses, der in Tschechien noch nicht weit fort-geschritten ist, sollen eine bessere Kommunikationzwischen Organisationen und Einrichtungen, die vorOrt aktiv sind, sowie Bildungsveranstaltungen fürLehrer gefördert werden.

Die Ostsee-Anrainerstaaten haben das „Baltic SeaProject“ als ein schulisches Umweltbildungsprojektins Leben gerufen. Schwerpunkt des Programms istBewusstseinsbildung bei Schülern für Umweltprob-leme, die die Ostsee sowie deren kulturelle, sozialeund ökologische Zusammenhänge betreffen. Das„Baltic Sea Project“ ist ein positives Beispiel für dieländerübergreifende Vernetzung von Bildungsan-strengungen im Schulbereich. Solche Vernetzungensollten in Zukunft dahingehend verstärkt werden,dass die Initiativen, die die verschiedenen Konven-tionen, LA-21-Aktivitäten oder auch einzelnen Or-ganisationen (z. B. UN, UNESCO, OECD) und NROauslösen, zur Vermeidung von Konkurrenz oderDoppelarbeit koordiniert werden.

Internationale Konferenzen, mögen sie auch wis-senschaftlich nicht immer produktiv sein, sind deswe-gen bedeutsam, weil sie Aufmerksamkeit für grenz-überschreitende Probleme und entsprechende Be-wältigungsstrategien erzeugen. Internationale Kon-ferenzen zur Umweltbildung wurden bisher voneinzelnen Staaten organisiert, wie etwa die 7. Konfe-renz zur Umwelterziehung in Italien (2000). EineWeltkonferenz zur Bildung für nachhaltige Entwick-lung könnte das Thema noch besser befördern.

C 5.3Erfolgreiche AGENDA-21-Aktivitäten

Die Ziele der AGENDA 21 und verschiedener Kon-ventionen werden teilweise auch durch LA-21-Pro-zesse umgesetzt (WBGU, 1998a). Diese Aktivitätensind weltweit stark angestiegen. 1996 wurden 1.812LA-21-Prozesse in 64 Ländern gezählt (ICLEI,1997). Ein Großteil dieser Prozesse fand in Europastatt: 1.576 europäische Kommunen (87%) hattendamals mit einem LA-21-Prozess begonnen, 236 LA-21-Prozesse (13%) wurden in Afrika, Asien, Austra-

lien, Mittlerer Osten, Nordamerika, Karibik sowieSüdamerika gezählt. Bei diesen Zahlen ist allerdingszu beachten, dass die Bekanntheit solcher Projektenoch sehr gering ist: So gaben z. B. in Deutschland ineiner repräsentativen Umfrage nur 15% der Befrag-ten an, schon einmal von einer LOKALEN-AGENDA-21-Gruppe in der eigenen Gemeinde gehört zu ha-ben (Kuckartz, 2000). Nach Einschätzung von ICLEIarbeiten inzwischen rund 5.000 Kommunen zum The-ma LA-21. Allerdings hat sich die Tendenz von 1997etwas geändert: Die meisten LA-21-Prozesse werdenzwar immer noch in Europa durchgeführt (ca. 75 %),aber die Anzahl der Kommunen in Afrika, Asien,Südamerika steigt (ICLEI, 2000). In vielen Ländernfinden sich erfolgreiche Beispiele für Bottom-up-Be-wegungen, die z. B. lokale Wasserprojekte durchfüh-ren. Oft sind diese Projekte nicht direkt der LA 21-Initiative zuzurechnen, dennoch wird gerade hier der„Geist von Rio“ verwirklicht (Kasten C 5.3-1).

Eine Unterstützung der deutschen LA-21-Prozes-se ist u. a. auch durch drei wegweisende Schritte derBundesregierung gemäß Beschluss vom 26.7.2000 zuerwarten: So wurde ein Staatssekretärsausschuss fürNachhaltige Entwicklung („Green Cabinet“) einge-richtet, ein Rat für Nachhaltige Entwicklung gegrün-det und die so genannte „Nachhaltigkeitsstrategie“als politische Handlungsmaxime verabschiedet. Die-se drei Elemente sollen dazu beitragen, die 1992 aufder Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Riode Janeiro festgesetzten Beschlüsse umzusetzen.

Erfahrungen aus Projekten zurBewusstseinsbildungProjekterfahrungen mit Jugendlichen zeigen, dass esbei Themen zu nachhaltiger Entwicklung wichtig ist,die „Sprache der Schüler“ zu sprechen, weil sonst dieGefahr besteht, dass sie die Aktivitäten in die „grüneEcke“ abschieben und dafür kein Interesse zeigen.Ein erfolgreicher Ansatz, Jugendliche für Umwelt-und Gesundheitserziehung zu begeistern, war z. B.eine interaktive Radioshow in Kenia, bei der Infor-mation und Unterhaltung in einer wirkungsvollenWeise kombiniert wurden (UN-ECOSOC, 1998).

Bei der lokalen Bildungsarbeit sollten auch dieErfahrungen und das Wissen älterer Menschen ge-nutzt werden, da diese oft auf Fähigkeiten zurück-greifen können, die Helfer von außen nicht aufwei-sen. Wird das Wissen von Indigenen berücksichtigt,kommt es jedoch oft vor, dass verschiedene Personenunterschiedliche Praktiken vorschlagen.Wenn Curri-cula mit Hilfe des Wissens indigener bzw. lang ortsan-sässiger Personen gestaltet werden sollen, solltenBeispiele aus verschiedenen Regionen herangezo-gen werden (UN-ECOSOC, 1998).

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109Handlungs- und Forschungsempfehlungen C 5.4

BewertungSoweit es überhaupt möglich ist, einen verlässlichenÜberblick über die Aktivitäten, ihre Methoden undihre Ergebnisse zu gewinnen, fällt auf, dass es bisherkeine wissenschaftliche Fundierung und insbesonde-re keine systematische Evaluation der Ergebnissebzw. der Effekte gibt. Der Bezug auf eine Nachhaltig-keitsstrategie als globale Aufgabe zur Lösung globa-ler Probleme ist oft nicht erkennbar. Außerdem feh-len weitgehend Vernetzungen zwischen den ver-schiedenen Projekten und auch zwischen verschiede-nen Ländern, so dass es wenig Gelegenheit zumLernen voneinander gibt, zur Steigerung der Motiva-tion zum Mitmachen und Weitermachen, vor allemaber auch zur systematischen Zusammenführungund Weiterentwicklung von Erkenntnissen. Durcheine bessere Koordination von Programmen und densie fördernden bzw. initiierenden Institutionen könn-ten und müssten bei den weltweit verbreiteten Bil-dungs- und kommunalen Aktivitäten für eine nach-haltige Entwicklung schnellere und wirkungsvollereFortschritte gemacht werden. Auch wenn die Vielfaltder unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und In-stitutionen in den einzelnen Ländern und in den län-derübergreifenden Kooperationen scheinbar eineunüberwindbare Barriere bedeutet, plädiert der Bei-rat dafür, das Lernen für eine nachhaltige Entwick-lung als ein wichtiges Politikfeld „nachhaltig“ zu för-dern und vor allem auch internationale Organisatio-

nen, etwa die UNESCO, in die Lage zu versetzen,global wirksamer zu arbeiten.

C 5.4Handlungs- und Forschungsempfehlungen

Handlungsempfehlungen• Lernen für eine nachhaltige Entwicklung (im Sin-

ne formaler Bildungsmaßnahmen und kommuna-ler Nachhaltigkeitsprozesse) muss als wichtigerBestandteil von Umweltpolitik begriffen und mitanderen Strategien (z.B. rechtlichen, ökonomi-schen, technologischen) systematisch verknüpftwerden.

• Der Tendenz zur Zersplitterung und Folgenlosig-keit von Programmen und Projekten muss ent-gegengewirkt werden durch Vernetzung, Koordi-nation und insbesondere Evaluation der Aktio-nen. Dazu sollten nationale und internationaleKonferenzen sowie transnationale Netzwerke ge-fördert werden.

• In allen Folgekonferenzen der Konventionen zuUmwelt- und Entwicklungsproblemen sollten dieThemen Bewusstseinsbildung, Lernen und kom-munale Agendaprozesse ständige Tagesordnungs-punkte sein und damit der Langfristigkeit dieserProzesse Rechnung tragen.

• Maßnahmen im Bildungsbereich, die dem Kon-

Kasten C 5.3-1

Beispielhafte Bottom-up-Projekte zurImplementierung einer nachhaltigenWasserversorgung

Immer wieder wird die Wichtigkeit von Bottom-up-Bewe-gungen betont, wenn Projekte erfolgreich verlaufen sollen.Dies zeigt z. B. das Water Bank Project in Thailand, woDorfbewohner und NRO bei dem Bau eines Regenwasser-auffangbeckens aktiv beteiligt waren und weitere Personenzur Mitarbeit motiviert haben. Oft sind gerade Menschenaus kleineren Volksgruppen oder aus ländlichen Gebietenzunächst sehr misstrauisch, wenn fremde Personen an sieherantreten; die Beachtung der Religion spielt dabei z. T.eine große Rolle, um Zugang zu bestimmten Bevölkerungs-schichten zu erhalten. Günstig ist es, wenn Entwicklungs-helfer mit in dem Dorf leben und den Alltag dort kennen,wo Neuerungen implementiert werden sollen, wie ein Was-serprojekt in Deccan Trap, Indien, gezeigt hat. Dort wurdenden Bewohnern dreier Dörfer neue Bewässerungstechni-ken von Assistenten vorgestellt, die sich im Dorf niederge-lassen hatten und das meist harte Alltagsleben mit derDorfbevölkerung teilten, was die Effektivität des Projektesstark steigerte (UN-ECOSOC, 1998). Schlüsselfaktoren fürerfolgreiche Projekte sind außerdem Öffentlichkeitskam-pagnen und die enge Zusammenarbeit verschiedener Insti-tutionen (wie z. B. die Kooperation zwischen lokaler Ver-

waltung, Gesundheitsamt und Bürgern bei der erfolgrei-chen Umsetzung von Wasser- und Sanitärprojekten). Beider Implementierung neuer Technologien in einem Ent-wicklungsland (z. B. eines Solarkochsystems in Kenia undHonduras) ist es wichtig, den zukünftigen Nutzern ausunterschiedlichen kulturellen Kontexten, mit besonderenGewohnheiten und soziokulturellen Normen, gezielte An-leitungen zu geben und entsprechend Ausbildung bzw.Trai-ning vorzusehen. Außerdem muss für die Instandhaltungund Pflege dieser Geräte z. B. durch freiwillige Helfer ge-sorgt werden, um auch langfristig die Erfolge aufrecht hal-ten zu können. Dies wurde an einem Wasserleitungsprojektin Nepal deutlich, bei dem ein Dorf mit neuen sanitärenLeitungen versehen wurde. Gerade bei Projekten zum Süß-wassermanagement zeigt sich immer wieder, dass Wassernicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein soziales Gutist (WBGU, 1998a): Gemeinsame Aktivitäten der Wasser-verwaltung können zu guter Nachbarschaft und gemeinsa-men Erfolgserlebnissen führen, wie es beim oben genann-ten Water Bank Project in Thailand der Fall war. In Verbin-dung mit einem Belohnungssystem können Instandhal-tungsaktionen, bei denen Bewohner aus verschiedenenNachbarschaften zusammenarbeiten, Volksfestcharakterbekommen, wie etwa ein kommunales Sanitärprojekt inGhana zeigte. Dort führte eine monatlich ausgesetzte Be-lohnung für die sauberste Region zu gemeinschaftlichenAktionen mit Mitgliedern mehrerer Nachbargemeinden,die von der Bevölkerung sehr positiv bewertet wurden(UN-ECOSOC, 1998).

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110 C Institutionelle Defizite und Lösungswege

zept einer nachhaltigen Entwicklung folgen unddie überprüfbaren Kriterien einer erfolgreichenBildung genügen, müssen vorrangig gefördertwerden. Alle Staaten sollten, wie in Deutschlandbereits praktiziert, alle zwei Jahre darüber einenBericht vorlegen.

• Staatliche und nichtstaatliche Projekte müssenstärker untereinander und miteinander vernetztwerden; Bildungsmaßnahmen müssen stärker indie (umfassenderen) kommunalen Lernprozesseintegriert werden.

• Die Kooperation zwischen institutionellen Bil-dungseinrichtungen (Schulen, Hochschulen) undLOKALE-AGENDA-21-Initiativen sollte vermehrtgefördert werden.

• Der organisatorische und strukturelle Wandel vonBildungseinrichtungen im Sinn einer nachhaltigenEntwicklung (z.B. in Form von Ökoaudits, Res-sourcenschonung etc.) muss unterstützt werden.

Forschungsempfehlungen• Nationale und internationale Evaluationsstudien,

die über die bisher geübte Praxis der Sammlungvon „Erfolgsgeschichten“ hinausgehen, müssenverstärkt gefördert werden.

• Untersuchungen zu Erfolg versprechenden Stra-tegien der Bildung für eine nachhaltige Entwick-lung müssen vermehrt unter Berücksichtigungverschiedener Kontexte (ökonomische, techni-sche, soziokulturelle Rahmenbedingungen), ver-schiedener Zielgruppen sowie von differenziellenLernbedingungen erfolgen.

• Interdisziplinäre Forschung über neue Lernkon-zepte, neue Organisationsstrukturen für das Ler-nen und innovative Strategien der Bewusstseins-bildung für Fragen und Strategien der nachhalti-gen Entwicklung muss verstärkt gefördert wer-den.

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Institutionelle Wechselwirkungen D

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D 1Umwelt und Ansätze einer internationalen Handelsordnung

D 1.1Globalisierungsprozesse – die Millenniums-herausforderung internationaler Umweltpolitik

Nicht erst die Bilder von Straßenkämpfen währendder WTO-Konferenz und die eingeworfenen Fens-terscheiben anlässlich des Weltwirtschaftsforums inDavos veranschaulichen, dass die Begriffe Freihan-del und Globalisierung inzwischen zu „Kampfbegrif-fen“ geworden sind, die als Sinnbild für eine Aushöh-lung sozialer Standards, eine Zunahme weltweiterUnterschiede zwischen „Arm und Reich“, eine prob-lematische Angleichung von Konsumstilen und fürviele nicht zuletzt auch als Ursachen für weltweiteUmweltschäden gelten. Beide Tatbestände stehenhierbei in engem Zusammenhang. So ist es nebendem absoluten und relativen Bedeutungsverlust derTransportkosten vor allem der Abbau der Handels-barrieren, der die Globalisierung beschleunigte, denweltweiten Zugriff auf natürliche Ressourcen er-leichterte und über zusätzliche Wachstumsimpulseden Ressourcenverbrauch und damit die Emissionensteigerte. Insofern wird mit den Globalisierungspro-zessen auch das Spannungsfeld von Wachstum undUmwelt berührt.

Der Beirat weiß um die Brisanz des Themas undmöchte sich gegebenenfalls in einem späteren Gut-achten ausführlich mit dem Spannungsfeld von Han-del, Globalisierung, Wirtschaftswachstum und globa-len Umweltproblemen auseinander setzen. Die fol-genden Ausführungen dienen primär einer erstenDifferenzierung der oft ideologielastigen Debatteüber eine Disziplinierung globaler Marktkräfte undvor allem einer Betrachtung der politischen Hand-lungsoptionen aus Sicht der internationalen Umwelt-politik (zu kontroversen Einschätzungen Daly undGoodland, 1994; Klemmer, 1999). Mit Blick auf dasThema dieses Gutachtens erscheint vor allem letzte-res von Bedeutung.

Die Globalisierung von Kapital-, Absatz- undBeschaffungsmärkten zählt ebenso wie die Interna-tionalisierung von Entscheidungen über Unterneh-mensstandorte und Wanderungen qualifizierter

Arbeitskräfte zu den Grundcharakteristika wirt-schaftlicher und sozialer Entwicklung im vergange-nen Jahrzehnt, die zugleich auf die Handlungsbedin-gungen und -optionen internationaler Umweltpolitikausstrahlen (zu den Entwicklungen u. a. Bender,1998; UNCTAD, 1999; WTO, 1999). Für die Umwelt-politik werden ambivalente Konsequenzen disku-tiert:• einerseits eine Zunahme globaler Umweltproble-

me aufgrund vermehrter Transportleistungen,wachstumsinduzierter Ressourcenverbräuche, ei-nes gesteigerten Zugriffs auf Naturräume, einerErweiterung des weltweiten Produktionsvolu-mens mit potenziell umweltgefährdenden Stoffenund Verfahren sowie geringeren Möglichkeitennationaler Kontrollen und Schutzbestimmungengegenüber multinationalen Unternehmen undgrenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten,und

• andererseits eine Erweiterung des weltweitenTransfers von Wissen, verbesserte Entwicklungs-chancen für wirtschaftlich schwache und daher aufden Abbau von Beständen natürlicher Ressour-cen angewiesener Länder sowie ein Export vonStandards zum Schutz der natürlichen Umwelt an-gesichts einer zunehmenden Weltöffentlichkeit.

Der Beirat warnt daher vor einer pauschalen Dämo-nisierung des Freihandels, der durch ihn ausgelöstenGlobalisierungsprozesse und seiner Folgen. UnterForschungsaspekten spricht er sich für eine differen-zierte Untersuchung der Wechselbeziehungen zwi-schen Handel, Globalisierung und Umwelt und unterumweltpolitischen Aspekten für eine Einbeziehungergänzender institutioneller Anreize zur Identifizie-rung und Verminderung globaler Umweltschädenaus. Er sucht nach einem institutionellen Anreizsys-tem, welches die durchaus nicht auszuschließendenproblematischen Folgen für die globale Umwelt min-dert. Neben der Frage, wie solche Anreize auszulösensind, ist vor allem die Frage, wer für solche Anreizezuständig sein soll, Gegenstand vielfältiger Debat-ten. Insbesondere die Rolle der Welthandelsorgani-sation (WTO) und ihr Verhältnis zu weltweiten Um-weltstandards zählen zu den politisch umstrittenen

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114 D Institutionelle Wechselwirkungen

Themen. Glauben doch viele, primär über eine selek-tive Beeinflussung des Welthandels der Umwelt bes-ser Rechnung tragen zu können.

D 1.2Die WTO und ihr Verhältnis zu internationalenUmweltstandards

Die WTO entstand im Rahmen der Uruguay-Rundedes Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens(GATT). Ihr Ziel ist eine weltweite Handelsliberali-sierung durch Prinzipien wie die Meistbegünstigung,die Inländerbehandlung, das Verbot mengenmäßigerBeschränkungen und generell die Verhinderung ei-ner Diskriminierung von Handelspartnern (zurStruktur und Entwicklung des HandelsregimesHelm, 1995; WBGU, 1996a; Leirer, 1998; Moncayovon Hase, 1999). Gerade aus Sicht der Umweltpolitikkann diese Funktion von entscheidender Bedeutungsein. Protektionistische Subventionen umweltgefähr-dender Produkte können eingeschränkt werden, derZugang kapitalarmer Länder zu internationalenMärkten und ausländischen Investitionen wird ver-bessert, Armut und dauerhafte Abhängigkeit werdenauf diese Weise verringert und möglicherweise ar-mutsbedingte Umweltschäden gemildert. Durch denWettbewerb werden zudem Anreize geschaffen,durch einen effizienteren Einsatz vorhandener Res-sourcen Innovationsprozesse auszulösen. Dies istunter Nachhaltigkeitsaspekten in der Regel zu be-grüßen. Sicherlich gilt, dass – allein schon wachs-tumsbedingt – auch Umweltrisiken auftreten kön-nen, die aber eher dem Spannungsfeld Wachstumund Umwelt und weniger dem BeziehungsgeflechtHandel und Umwelt zugeschrieben werden müssen.

Positiv hervorzuheben sind auch die Erfolge desGATT/WTO-Regimes bei der Verringerung protek-tionistischer Bestimmungen und die zunehmendeAkzeptanz der internationalen Streitschlichtunggegenüber einer vormals vornehmlich unilateralenSanktionierung (O’Neal Taylor, 1997; Knorr, 1997).

Sie bieten, wie unten beschieben, möglicherweiseauch eine Chance für mehr Umweltschutz. Aller-dings sind auch weiterhin Benachteiligungen derEntwicklungsländer auf den Agrar- und Textilmärk-ten mit nicht auszuschließenden Negativeffekten fürdie globale Umwelt (etwa Intensivierung der Boden-nutzung in der EU und Behinderung pluraler Boden-nutzungsformen in den Entwicklungsländern) fest-zustellen. Der Beirat hat hierauf bereits in früherenGutachten (WBGU, 1996b) hingewiesen.

Da die WTO u. a. auch nationale Regelungen aufihre Verträglichkeit mit einem diskriminierungs-freien Welthandel prüfen muss, kann sie in Konfliktmit nationalen Regelungen zum Schutz der Umweltgeraten. Hierbei ist aber festzustellen, dass, auchwenn eine erschöpfende rechtliche Klärung des Ver-hältnisses des WTO-Regimes zu nationalen undinternationalen Umweltstandards noch aussteht,schon heute die Berücksichtigung von Umweltbelan-gen durch verschiedene Ausnahmevorschriften desGATT-Abkommens möglich ist. Zu nennen ist hiervor allem Art. XX des GATT-Abkommens (KastenD 1.2-1), der zwar die Umwelt als Ausnahmetatbe-stand für handelsbeschränkende Maßnahmen nichtausdrücklich nennt, wohl aber Maßnahmen für zuläs-sig erklärt, die zum Schutz des Lebens oder der Ge-sundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen erfor-derlich sind (Art. XX lit. b) und die dem Erhalt nicht-erneuerbarer Naturschätze dienen, wenn sie mit Ein-schränkungen für die inländische Produktion bzw.den Verbrauch verbunden sind (Art. XX lit. g). Die-ses gilt allerdings nur, wenn die umweltpolitisch be-gründeten Handelsbeschränkungen weder verdeckteHandelsschranken darstellen noch willkürlich oderungerechtfertigt zwischen Staaten diskriminieren, indenen gleiche Bedingungen herrschen.

Diese Vorschrift wird ergänzt durch Regelungenin den Nebenabkommen zum GATT:• Insbesondere die im Rahmen der WTO angenom-

menen Übereinkommen über die Anwendung ge-sundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtli-cher Maßnahmen und über technische Handels-

Kasten D 1.2-1

Artikel XX des GATT-Abkommens

Article XX

General Exceptions

Subject to the requirement that such measures are not ap-plied in a manner which would constitute a means of ar-bitrary or unjustifiable discrimination between countries

where the same conditions prevail, or a disguised restrictionon international trade, nothing in this Agreement shall beconstrued to prevent the adoption or enforcement by anycontracting party of measures:...(b) necessary to protect human, animal or plant life orhealth;...(g) relating to the conservation of exhaustible natural re-sources if such measures are made effective in conjunctionwith restrictions on domestic production or consumption. ...

Quelle: WTO

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115Die WTO und ihr Verhältnis zu internationalen Umweltstandards D 1.2

schranken lassen ebenfalls Ausnahmen zugunstendes Schutzes von Leben und Gesundheit vonMenschen, Tieren und Pflanzen zu. Das Überein-kommen über technische Handelsschranken er-wähnt darüber hinaus ausdrücklich die Umweltals legitimen Zweck.

• Das Übereinkommen über Landwirtschaft nimmtunter bestimmten Umständen direkte Zahlungen,die unter Umweltprogrammen erfolgen, aus-drücklich von der Verpflichtung der Mitglieds-staaten zur Reduktion nationaler landwirtschaftli-cher Subventionen aus.

• Erwähnenswert ist schließlich, dass das Überein-kommen zur Errichtung der WTO 1994 im Gegen-satz zum GATT 1947 die Notwendigkeit des Um-weltschutzes und das Ziel nachhaltiger Entwick-lung in seiner Präambel ausdrücklich nennt unddamit anerkennt.

Spätestens seit der gescheiterten „Millenniums-Run-de“ von Seattle (Kasten D 1.2-2) hat die Forderung,umweltpolitische Standards stärker im WTO-Rechtzu verankern, vor allem bei den Industrieländern so-wie deren Umweltverbänden Freunde gefunden.Auch die EU tritt für derartige Vorschläge ein. DieBrisanz dieser Forderungen besteht darin, dass sieauf eine Bewertung von Produktions- und Herstel-lungsverfahren anderer Länder zielen können und indiesem Falle von diesen, und zwar bevorzugt vonEntwicklungsländern, als nicht gerechtfertigte Ein-mischung in ihre inneren Angelegenheiten, wennnicht sogar als „Umweltkolonialismus“ des Nordensangesehen werden.

Bekannt geworden sind Fälle wie der Thunfisch-Delphin-Konflikt zwischen Kanada, Mexiko und denUSA sowie der Garnelen-Schildkröten-Fall zwi-schen den USA und einigen asiatischen Ländern. Somüssen nach dem US-Gesetz über bedrohte Tier-arten US-amerikanische Garnelenfischer bestimmteNetze benutzen, welche den Beifang von Meeres-schildkröten verhindern oder zumindest verringern.Seit 1989 verbieten die USA die Einfuhr von Garne-len, die von ausländischen Fischern ohne solche Net-ze gefangen werden, was dazu führte, dass einige be-troffene Länder wie Indien, Malaysia, Pakistan undThailand die Durchführung eines Verfahrens vordem Schiedsgericht der WTO beantragten (WTO,1998; Altemöller, 1998), um sich gegen die kosten-wirksame Oktroyierung von Verfahrensstandardsauf ihre Länder zu wehren.

Die angegriffene US-Gesetzgebung wurde dahin-gehend kritisiert, dass es nicht um die Abwehr vonUmweltschäden im Importland, sondern um dieDurchsetzung von Produktionsstandards und damiteines spezifischen Umweltschutzes gegenüber demHerstellungs- oder Exportland gehe, was als proble-matisch angesehen wurde. Die USA verloren zwar

aufgrund von Unstimmigkeiten in ihrer Gesetzge-bung diesen Prozess – grundsätzlich wurden aber,was mit Blick auf das Thema Handel und Umweltwichtig ist, handelsbeschränkende Maßnahmen zurAbwehr von Produkten mit unter Umweltaspektenproblematischen Herstellungsverfahren als unterArt. XX des GATT-Abkommens zulässige umwelt-politische Ausnahmen anerkannt. Das zeigt, dass esdurchaus möglich wäre, über Entscheidungen desWTO-Gerichts im Rahmen von Schlichtungsverfah-ren bestimmten Umweltaspekten stärkere Geltungzu verschaffen. Damit könnte das Berufungsgre-mium der WTO zu einem interessanten umweltpoli-tischen Impulsgeber werden.

Sollte diese jüngste Entscheidung des WTO-Ge-richts eine umweltpolitische Wende sein, könnte sichjedoch möglicherweise ein Konfliktpotenzial aufbau-en, weil sich viele Entwicklungsländer gegen die uni-laterale Vorgabe von Produktionsstandards entschie-den wehren, hier aber von einem Schiedsgericht (ei-ner Art Expertengremium) im Rahmen eines Streit-schlichtungsverfahrens eine alle Länder betreffendeUmweltpolitik ins Spiel gebracht wird. Noch ist of-fen, wie die Entwicklungsländer auf einen solchenumweltpolitischen Kurswechsel reagieren würden.Das Gremium nahm in diesem Fall eine sehr behut-same Interpretation von Art. XX GATT vor. Die be-troffenen Schildkröten sind zwar im Rahmen desÜbereinkommens über den internationalen Handelmit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflan-zen (CITES) bereits als vom Aussterben bedrohtklassifiziert worden, aber das Regelwerk von CITESgreift hier nicht direkt, weil es nur den unmittelbarenHandel mit gefährdeten Schildkröten verbietet (Art.I-X CITES), nicht jedoch das unbeabsichtigte Tötenvon Schildkröten im Rahmen des Fischfangs oder an-deren menschlichen Handelns wie Meeresver-schmutzung über Flüsse usw. Umgekehrt erkanntendie Parteien jedoch in der CITES-Präambel aus-drücklich an, dass „peoples and States are and shouldbe the best protectors of their own wild fauna andflora“, was wiederum eine gewisse Verpflichtung zurBerücksichtigung von Aspekten des Artenschutzesbeinhaltet.

Einerseits konnten sich die USA nicht darauf be-rufen, durch ihre Handelsgesetzgebung gegen Ver-stöße der Entwicklungsländer gegen CITES vorzu-gehen, weil diese – solange der unbeabsichtigte Bei-fang von Schildkröten nicht international gehandeltwird – beim betriebsüblichen Garnelenfang nichtvorliegen. Andererseits gibt es die „Selbstverpflich-tung“ der CITES-Präambel und wandern die Mee-resschildkröten sowohl in Gebiete der Hohen See alsauch der ausschließlichen Wirtschaftszone, so dasshier die USA ein gewisses Schutzinteresse geltendmachen konnten, das vom Schiedsgericht auch aner-

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116 D Institutionelle Wechselwirkungen

Kasten D 1.2-2

Die WTO-Ministerkonferenz in Seattle – EineBewertung aus umweltpolitischer Sicht

Die dritte WTO-Ministerkonferenz in Seattle im Dezem-ber 1999 ist bei der Einleitung einer neuen multilateralenLiberalisierungsrunde gescheitert. Die Gründe für diesesScheitern sind vielfältig und spiegeln sich in den äußerst he-terogenen Interessen der einzelnen Staaten und Staaten-gruppen wider. Die Absicht der EU bestand darin, eine um-fassende, neue Liberalisierungsrunde im Rahmen der WTO(sog. „Millenniums-Runde“) einzuleiten. Oberstes Ziel ei-ner solchen Runde wäre die weitere Fortsetzung der Libe-ralisierungsbemühungen im internationalen Handel gewe-sen. Des weiteren wären nahezu alle Themen, die derzeit imRahmen der Gestaltung einer internationalen Handelsord-nung diskutiert werden, Gegenstand von WTO-Verhand-lungen geworden, z. B. Erweiterung der Regeln in den Be-reichen Landwirtschaft und Dienstleistungen, Abbau vonZöllen für Nichtagrarerzeugnisse, Schaffung eines multila-teralen Rahmens von Regeln für internationale Investitio-nen, internationale Wettbewerbspolitik und die Behand-lung von umwelt- und sozialpolitischen Aspekten.

Diesen umfassenden Agendawünschen der EU standenwesentlich eingeschränktere Interessen der USA und derEntwicklungsländer gegenüber. Insbesondere bei der Klä-rung vieler offener Fragen im Verhältnis von internationa-lem Handel und Umweltschutz befand sich die EU in einerDefensivposition und besaß in diesem Themengebiet nahe-zu keinen Koalitionspartner.Während die USA eher wenigan umweltpolitischen Fragen interessiert waren und sichmehr auf einen verbesserten Marktzugang – z. B. in der In-formationstechnologie und bei den Dienstleistungen – kon-zentrierten, sprachen sich die Entwicklungsländer vehe-ment gegen die verstärkte Berücksichtigung von Umwelt-und Sozialstandards im WTO-Vertragswerk aus, weil sie inniedrigen Standards einen wichtigen Wettbewerbsvorteilauf dem Weltmarkt sehen. Die Forderungen der Industrie-länder nach einer Angleichung der Umwelt- und Sozial-standards weisen sie mit dem Vorwurf zurück, dass die In-dustrieländer nur daran interessiert seien, unter dem Deck-mantel des Umweltschutzes ihre heimischen Märkte gegenProdukte aus Entwicklungsländern abzuschotten („Öko-protektionismus“). Die Entwicklungsländer betonen ihrennachholenden wirtschaftlichen Entwicklungsbedarf, bevorsie in der Lage seien, die gleichen Standards wie die Indus-trieländer einzuführen.

Diese Interessenkonflikte verdeutlichen, dass der Ab-bau von Handelsschranken in vielen Fällen mit dem Ziel,negative Umweltauswirkungen durch Handelsaktivitätenzu vermeiden, kollidiert. Das Verhältnis von Handel undUmwelt weist zahlreiche Berührungspunkte auf, die bishernur ungenügend im internationalen Handels- und Umwelt-recht geregelt werden. Nur wenige Aspekte sind in Seattlezur Sprache gekommen. Aus umweltpolitischer Sicht wäreinsbesondere die Klärung folgender Fragen wünschenswertgewesen:1. Wie kann das Verhältnis der WTO zu multilateralen

Umweltabkommen geregelt werden?2. Welche Kriterien und Verfahren sollten bei der Bestim-

mung der Zulässigkeit von Handelsbeschränkungenaufgrund von Produktionsstandards und Öko-Labellingangewendet werden?

3. Wie kann das Vorsorgeprinzip im WTO-Vertragswerkverankert werden?

Eine systematische Behandlung dieser essenziellen um-weltpolitischen Aspekte hat in Seattle nicht stattgefunden.Hier besteht demnach weiterhin ein großer Handlungsbe-darf. Neben der Landwirtschaft, die grundsätzlich starkeBezüge zur Umwelt aufweist, stand aus umweltpolitischerSicht insbesondere die Biotechnologie im Mittelpunkt. DieUSA und Kanada drängten darauf, einen besseren Markt-zugang für gentechnisch veränderte Produkte durchzuset-zen. Dazu sollte im Rahmen der WTO eine Arbeitsgruppeeingesetzt werden, um die Verknüpfung von Biosafety-Fra-gen mit Handelsaspekten zu untersuchen. Die EU war be-züglich des Umgangs mit genetisch veränderten Organis-men (GMOs) grundsätzlich anderer Meinung. Es wurdedas Vorsorgeprinzip betont, das den Staaten das Recht ge-ben soll, bei mangelnder wissenschaftlicher Kenntnis überdas Risikopotenzial von GMOs Einfuhrbeschränkungen zuerheben. Zugleich wurde eine Behandlung der Fragen imRahmen des WTO-Vertragswerks abgelehnt und auf die zudiesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Verhandlun-gen zum Biosafety-Protokoll verwiesen.

Im Lauf der Verhandlungen trat die EU von der ur-sprünglich vertretenen Ansicht zurück und unterstütztenunmehr die Behandlung von Biosafety-Fragen durch eineWTO-Arbeitsgruppe. Da man sich letztlich bei der Minis-terkonferenz nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigenkonnte, wurde eine WTO-Arbeitsgruppe zu Biosafety-Fra-gen nicht gegründet. Dies ist aus umweltpolitischer Sichtpositiv zu bewerten. Die Behandlung von Biosafety-Fragensollte bei der Fachkompetenz der Biodiversitätskonventionverbleiben. So ist die Ende Januar 2000 in Montreal erziel-te Einigung auf ein Zusatzprotokoll über die biologische Si-cherheit als großer Erfolg zu werten. Wäre in Seattle be-schlossen worden, eine WTO-Arbeitsgruppe zum ThemaBiosafety einzurichten, dann hätte man dies als eine Höher-wertigkeit der WTO-Regeln interpretieren können. Damitwäre ein bedenklicher Präzedenzfall geschaffen worden,der auch andere multilaterale Umweltvereinbarungen hät-te entscheidend schwächen können.

Die Diskussionen in Seattle über den richtigen Ort zurBehandlung der Fragen der biologischen Sicherheit ver-deutlichen, welch großer Klärungsbedarf beim Verhältniszwischen multilateralen Umweltabkommen und Handels-aspekten besteht. Diese Aspekte werden nach dem Schei-tern der WTO-Ministerkonferenz wie bisher im WTO-Aus-schuss „Handel und Umwelt“ behandelt. Rechtsverbindli-che Beschlüsse können allerdings erst auf der nächsten Mi-nisterkonferenz getroffen werden.

Dennoch dürften die Ereignisse von Seattle einen nach-haltigen Einfluss sowohl auf die weitere institutionelle Ge-staltung der internationalen Handelsordnung als auch aufdie internationale Umweltpolitik haben. Wie nie zuvor hatdie Ministerkonferenz eine außerordentlich hohe öffentli-che Aufmerksamkeit erregt. Die gewalttätigen Proteste inden Straßen von Seattle, die letztlich sogar dazu führten,dass in der Stadt der Notstand ausgerufen, die Nationalgar-de herbeigerufen und eine Ausgangssperre verhängt wurde,werden noch lange in Erinnerung bleiben und den Ablaufzukünftiger WTO-Verhandlungen erheblich beeinflussen.Die Demonstrationen sind ein Ausdruck dafür, dass derWTO zunehmend die politische Verantwortung für die ne-gativen Folgen der Globalisierungsprozesse zugeschriebenwird. Das Verhältnis von Handel und Umwelt wird in Zu-kunft unter Beobachtung einer besonders aufmerksamenZivilgesellschaft diskutiert und verhandelt werden müssen.

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117Die WTO und ihr Verhältnis zu internationalen Umweltstandards D 1.2

kannt wurde. Nach Auffassung des WTO-Gerichtskam eine Rechtfertigung des Einfuhrverbots derUSA nach Art. XX GATT jedoch u. a. deshalb nichtin Betracht, weil es die USA versäumt hatten, zu-nächst mit den betroffenen Staaten in Verhandlun-gen über den Schutz der Meeresschildkröten zu tre-ten. Damit wird deutlich, dass es durchaus berechtigterscheint, Umweltschutzaspekte im Rahmen vonSchlichtungsverfahren zu berücksichtigen. Vertreterder Entwicklungsländer verweisen jedoch darauf,dass man statt einseitiger Importverbote den Schutzvon Schildkröten im Indischen Ozean eher durch di-rekten Technologietransfer, etwa über die GEF, un-terstützen sollte.

Losgelöst davon, dass es hier nicht um ein „entwe-der – oder“ gehen darf, sondern unter Umweltaspek-ten eine ausgewogene Verknüpfung beider Maßnah-men gefunden werden muss, stellt der Beirat fest,dass das Streitschlichtungsverfahren unter Umstän-den zu einer interessanten Option zur Einbringungvon Umweltbelangen in die Welthandelsordnungwerden könnte, wobei aber offen ist, wie stark dasSchlichtungsgremium Handlungsspielräume zumZwecke der Umwelt nutzen wird. Dies gilt vor allemin Bezug auf so genannte unilaterale Vorgaben.

Unilaterale Vorgaben sind, wie die Demonstratio-nen von Seattle gezeigt haben, der Wunsch zahlrei-cher Umweltschutzgruppen. Gerade sie fordern ge-nerelle Umweltstandards auch für Produktionsver-fahren zum Schutz globaler Umweltgüter, wobei derSanktionsmechanismus der WTO mit der Zulassungunilateraler Handelssanktionen als wirksamer Hebelzur Durchsetzung ansonsten „zahnloser“ Umweltab-kommen angesehen wird (WBGU, 1996b; Chittka,1996). Umgekehrt fürchten Entwicklungsländer wei-terhin die Nutzung solcher Umweltschutzstandardsals Mittel zur protektionistischen Abwehr ihrer Wett-bewerbsvorteile, die sich häufig auf vergleichsweisegünstigere Lohnkosten und die reichliche Verfügbar-keit natürlicher Ressourcen stützen. Diese Konstel-lation führt zu einer Koalition zwischen Umwelt-schützern, Gewerkschaften und Unternehmen struk-turell schwacher Wirtschaftssektoren in den Indust-rieländern gegen Vertreter der Entwicklungsländerund „neuer“, auf Handel angewiesener Wirtschafts-sektoren.

Vorwürfe eines „Öko-Dumping“ bergen dabeiaufgrund mangelnder Definitionen und begrifflicherEindeutigkeit die Gefahr, dass den weltweit unter-schiedlichen Bewertungen von Umweltnutzungennur unzureichend Rechnung getragen wird (WBGU,1996b; Karl und Ranné, 1997; Klemmer und Wink,1998; Klemmer, 1999). Der Beirat beobachtet dahermit Sorge das sich zwischen den Ländern des Nord-ens und des Südens aufbauende Konfliktpotenzial.Er sieht das Risiko, dass es anstelle wirksamer Impul-

se für einen Schutz der Umwelt zu einem Rückfall inprotektionistische Zeiten kommen kann, in dem so-wohl Entwicklungsländer als auch die Umwelt Ver-lierer sein können (Klemmer, 1999; Biermann, 2000b;Langhammer, 2000b). Er sieht auch den Einwand,dass unilaterale Standards nicht dem Grundgedan-ken der Rio-Erklärung entsprechen, gemäß deminternationale Umweltpolitik vor allem im Konsenserfolgen soll. Gerade wegen der zu erwartenden Wi-derstände befürchtet er auch, dass der Weg, Umwelt-aspekte über das Streitschlichtungsverfahren in dieWelthandelsordnung einzubringen, nur bedingt dazugeeignet ist, allein verfolgt zu werden. Es geht vor al-lem darum, Länder zum umweltpolitischen Mitwir-ken zu veranlassen.

Die Lösung dieses Problems – angemesseneDurchsetzung von Umweltstandards versus Umwelt-kolonialismus bzw. ökologisch getarnten Protektio-nismus – kann nur darin bestehen, insbesondere sol-che Standards zu akzeptieren, die Ausdruck einesmultilateralen Abstimmungsprozesses sind. Die ent-scheidende Frage lautet somit: Wie kann man imRahmen des WTO-Streitbeilegungsmechanismus zwischen legitimen und nichtlegitimen Handelsbe-schränkungen unterscheiden? Die Antwort bestehtdarin, dass man multilateral abgestützte Beschrän-kungen in der Regel erlaubt, unilaterale hingegen inder Regel verbietet. Wegen des umfangreichen Be-stands an multilateral vereinbarten Umweltstan-dards wäre insofern eine Verknüpfung von Umwelt-und Handelspolitik möglich, was letztlich zu einerumfassenden und international einvernehmlichen„Ergrünung“ der WTO führen könnte.

Deshalb kommt es zukünftig darauf an, die Viel-zahl multilateraler Umweltabkommen mit ihren Vor-gaben für den Umgang mit internationalen Umwelt-gütern und das WTO-Regime zu verzahnen (Baker,1993; Leirer, 1998). Abkommen wie das MontrealerProtokoll über den Schutz der Ozonschicht enthal-ten schon heute die Option von Handelsbeschrän-kungen gegenüber Nichtvertragsstaaten wie auch –im Rahmen eines umfassenden Nichterfüllungsver-fahrens – gegenüber Vertragsparteien, die das Re-gime verletzen (Kap. C 3.2).

Welche grundsätzlichen Möglichkeiten bestehensomit, Umweltaspekte in die Welthandelsordnung zuintegrieren bzw. über Sanktionsmechanismen, wasletztlich angestrebt würde, mehr globalen Umwelt-schutz durchzusetzen? Wie aufgezeigt werden konn-te, gibt es zwei Optionen, die beide relevant erschei-nen. Ein erster Weg besteht darin, keine konkretenReformen im WTO-Regelwerk vorzunehmen unddamit die Auslegung des Handelsrechts dem Streit-schlichtungsmechanismus der WTO zu überlassen,die Entscheidung aus der Politik insofern in dieRechtsprechung zu verlagern. Dafür spricht die im

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118 D Institutionelle Wechselwirkungen

Rahmen der WTO erfolgte Reform und Juridifizie-rung des Streitbeilegungsmechanismus sowie die Tat-sache, dass die im Sinn des allgemeinen Völkerrechtsausgelegten Vorschriften des GATT durchaus Raumdafür lassen, Handelsfreiheit und Umweltschutzunter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsat-zes in Konkordanz zu bringen. Dieser Weg erlaubtgrundsätzlich schnelleres Handeln und schafft mehrFlexibilität. Ob das Schiedsgericht jedoch zu einementscheidenden Impulsgeber werden kann, ist frag-lich. Ganz wird es sich nicht von der Stimmungslageder Mitglieder abkoppeln können und darum, wasseine umweltpolitische Impulsgeberfunktion betrifft,möglicherweise hinter den Erwartungen zurückblei-ben. Problematisch werden könnte auch der Mangelan politischer Kontrolle über die Entscheidungen,und es erscheint zweifelhaft, ob es den Zielen desUmweltschutzes, des Freihandels und einer einver-nehmlichen Weltordnung dient, wenn Grundsatzent-scheidungen über das Verhältnis von Handel undUmwelt nicht am Verhandlungstisch sondern durchRechtsexperten getroffen werden. Langfristig könn-te dies die politische Akzeptanz der WTO gerade inEntwicklungsländern unterminieren.

Ein zweiter Weg, der zumindest mit dem erstenkombiniert werden sollte, besteht darin, das Verhält-nis multilateraler Umweltabkommen mit dem Han-delsrecht explizit auf dem Verhandlungswege zu klä-ren und dem Streitbeilegungsmechanismus von denStaaten genauere Vorgaben im Sinn politisch fixier-ter Leitplanken mit hohem Verbindlichkeitswert zumachen. Hierzu finden sich in der Literatur Vorschlä-ge (Biermann, 2000b), die der Beirat als beachtens-wert ansieht und zumindest als Option diskutiert se-hen möchte. So könnte man1. umweltpolitisch motivierte Handelsbeschränkun-

gen unmittelbar im Rahmen des Welthandelsre-gimes aushandeln und beschließen (WTO Envi-ronment Code / Agreement on Environment),

2. durch multilaterale Umweltabkommen motivier-te Handelsbeschränkungen einzelner Vertrags-parteien mit einer Ausnahmegenehmigung nachArt. IX Abs. 3-4 WTO-Übereinkommen gestatten(waiver),

3. eine Klarstellung des Verhältnisses internationa-ler Umweltabkommen zu Pflichten aufgrund desWelthandelsregimes durch Konkretisieren desArt. XX lit. b und lit. g GATT im Wege einer Ver-tragsänderung erreichen,

4. oder einen Auslegungsbeschluss der Ministerkon-ferenz nach Art. IX Abs. 2 WTO-Übereinkommenanstreben, durch den die Umweltausnahmen desArt. XX GATT verbindlich ausgelegt und be-stimmte multilaterale Umweltübereinkommenexplizit als Ausnahme von den WTO-Kernregelnanerkannt werden.

Die Aushandlung und Ratifikation eines WTO Envi-ronment Code oder eine Vertragsänderung (etwaArt. 104 NAFTA entsprechend) sind politisch sehraufwändig, und es erscheint nicht abzusehen, ob an-gesichts des derzeitigen Widerstands vieler Staatengegenüber Umweltklauseln eine Ratifikation durchzwei Drittel der 136 WTO-Mitglieder erfolgen wür-de. Die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung(waiver) für durch Umweltverträge motivierte Han-delsbeschränkungen wiederum erscheint der Bedeu-tung des Umweltthemas nicht angemessen, weil„waiver“ im WTO-Vertrag für zeitlich beschränkteSonderfälle vorgesehen sind und regelmäßig von derMinisterkonferenz überprüft werden müssen. Dieswiderspricht den Intentionen der Handelsbeschrän-kungen (etwa des CITES-Regimes), die gerade zeit-lich nicht beschränkt, sondern Teil des normativenGesamtrahmens einer auch ökologisch orientiertenWeltordnungspolitik sein sollen. Insofern erscheintder Weg eines Auslegungsbeschlusses der Minister-konferenz am ehesten gangbar.

Wollte sich die Staatengemeinschaft auf einen sol-chen Auslegungsbeschluss einigen, durch den unila-teral verfügte Beschränkungen des Handels mit ex-traterritorialer Wirkung von weithin akzeptiertenHandelsbeschränkungen aufgrund internationalerUmweltverträge konkret abgegrenzt würden, müss-ten hierfür klare Abgrenzungskriterien festgelegtwerden. Zum einen ließe sich ein quantitatives Krite-rium festlegen, nach dem handelsbeschränkende Be-stimmungen eines internationalen Umweltvertragsgegenüber dem WTO-Recht vorrangig sein sollen,etwa wenn x Prozent der WTO-Parteien auch Parteides jeweiligen internationalen Umweltvertrags sind.Eine solche starre Regel wird jedoch dem Einzelfallmöglicherweise nicht gerecht, so dass die Minister-konferenz die Möglichkeit der Schaffung von Einzel-fallgerechtigkeit festlegen muss.Andererseits könntequalitativ bestimmt werden, dass ein internationalerUmweltvertrag bestimmte Eigenschaften unabhän-gig von der Zahl seiner Parteien haben muss, um Vor-rang vor dem GATT zu beanspruchen. Beispielswei-se ließe sich verlangen, dass der internationale Um-weltvertrag unter der Schirmherrschaft der Verein-ten Nationen oder ihrer Sonderorganisationenverhandelt wurde, von dem Umweltprogramm derVereinten Nationen ex ante gebilligt worden ist, wäh-rend seiner Verhandlung Länder aus unterschiedli-chen Weltregionen und mit unterschiedlichem wirt-schaftlichen und sozialen Entwicklungsgrad ein-schloss, tatsächlich nur grenzüberschreitende oderglobale Umweltprobleme erfasst, das Ausmaß derzulässigen Handelsbeschränkungen genau um-schreibt oder Finanz- und Technologietransfer anEntwicklungsländer garantiert.

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119Die WTO und ihr Verhältnis zu internationalen Umweltstandards D 1.2

Eine qualitative Definition ex ante müsste so breitsein, dass alle gegenwärtigen, aber auch die ver-gleichbaren künftigen internationalen Umweltver-träge akzeptiert werden, andererseits eng genug, umMissbrauch einiger weniger Staaten zu vermeiden.Hierfür einen Kompromiss auszuhandeln, dürfteaber erhebliche politische Ressourcen erfordern. Dadie Erfordernisse künftiger Umweltprobleme nichtvorhersehbar sind, müsste der Ministerkonferenz injedem Fall die Möglichkeit verbleiben, künftige inte-rnationale Umweltverträge, die den qualitativen Testverfehlen, aber weithin als legitim angesehen wer-den, dem GATT voranzustellen. Insgesamt würdeeine quantitative Ex-ante-Bestimmung somit demEinzelfall nicht gerecht, während eine qualitative Ex-ante-Bestimmung erhebliche politische Ressourcenerforderte, wenn sie überhaupt gelingt.

Wollte die Staatengemeinschaft sich demnach aufeinen Auslegungsbeschluss der Ministerkonferenzeinigen, wäre anzuraten, die Entscheidung, welcheAbkommen konkret erfasst werden sollen, ebenfallsexplizit in dem Ministerratsbeschluss zu regeln. DieMinisterkonferenz könnte mit einem bestimmtenQuorum eine Liste internationaler Umweltverträgefestlegen, welche die Ausnahmetatbestände des Art.XX GATT erfüllen. Dieses kann regionale und glo-bale Übereinkommen einschließen.Auch könnte dieListe jederzeit erweitert werden, sobald neue Um-weltverträge vereinbart werden. Eine erste Fassungdieser Anlage, also eine Liste bestimmter Umwelt-verträge, wäre integraler Bestandteil der Entschei-dung der Ministerkonferenz.

Im Detail sind verschiedene Ausgestaltungen ei-nes solchen Auslegungsbeschlusses der Ministerkon-ferenz denkbar. Als Beispiel wird in Kasten D 1.2-3ein Entwurf aus der Fachliteratur wiedergegeben.Dieser Diskussionsbeitrag würde unilaterale, um-weltpolitisch begründete Importverbote hinsichtlichder Herstellungsverfahren im Ausland effektiv ein-dämmen und damit eine Ergrünung der WTO aufstrikt multilateralem Wege bewirken.

Auch wenn ein derartiges Vorgehen derzeit dieeinzige Möglichkeit mit Erfolgsaussicht zu seinscheint, bestehen Zweifel an einer aus umweltpoliti-scher Sicht befriedigenden Veränderung des statusquo. Insbesondere sollte auch im Rahmen dieser Op-tion geprüft werden, ob in konkreten, aber an stren-ge Voraussetzungen gebundenen Ausnahmefällennoch unilaterale Maßnahmen zugelassen werden sol-len. Zu diesem Zweck ließe sich der Auslegungsbe-schluss zusätzlich mit einer Öffnungsklausel verse-hen, die dem Streitbeilegungsmechanismus weiter-hin gestattet, unilaterale Importverbote zu erlauben(etwa „The foregoing does not affect in any way thecompetences of the Dispute Settlement Mechanismto decide on further exceptions“). In jedem Fall er-

kennt der Beirat hier einen erheblichen Forschungs-bedarf.

Angesichts der Vollzugsdefizite und geringen Ver-handlungsfortschritte zahlreicher internationalerUmweltabkommen sowie der vergleichsweise margi-nalen Bedeutung einschlägiger UN-Organisationenwird zudem häufig die Einrichtung einer Parallelor-ganisation zur WTO mit Zuständigkeit für denSchutz der Umwelt gefordert (Esty, 1994a; Biermannund Simonis, 2000). Der Beirat wird in Kap. E 2 aus-führlicher auf die Möglichkeiten einer Internationa-len Umweltorganisation eingehen. Bereits hiermacht er aber darauf aufmerksam, dass die interna-tionalen Standortentscheidungen der Unternehmeneinen Anschauungsunterricht darüber geben kön-nen, wie Umwelt- und Sozialstandards als Kostenfak-tor die Attraktivität als Investitionsstandort und dieWettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft beein-trächtigen können. Defizite sieht der Beirat jedochnoch im Bereich der Rohstoffgewinnung. Für dieVereinbarung und Durchsetzung internationalerUmweltstandards kommt es daher auf die Verdeutli-chung der Vorteilhaftigkeit entsprechender Investi-tionen in Umweltschutz und seine Voraussetzungen(Human- und Sozialkapital) an. Der Beirat sieht,sofern in den betroffenen Ländern die institutionel-len Rahmenbedingungen den Umweltschutz ange-messen berücksichtigen, die Mobilisierung privaterAnreize zur Entwicklung und Durchsetzung vonUmweltstandards als einen entscheidenden Hebelzur Erzielung dieser Vorteilhaftigkeit an. Hierzu zäh-len private Vereinbarungen über Umweltschutz-La-bels und Umweltqualitätsnormen, die Stärkung einergrenzüberschreitenden Haftung für Umweltschädenund die Förderung internationaler Investitionen inden Umweltschutz durch Modifikationen des Stif-tungs- und Steuerrechts (Chang, 1997; WBGU,1999b; OECD, 2000). Der Beirat wird sich gegebe-nenfalls in seinem Gutachten über das Verhältniszwischen Handel und Umwelt mit diesen institutio-nellen Ansatzpunkten ausführlicher beschäftigen.

Entgegen vielfältigen Medienberichten und Aus-sagen einiger Umweltschutzgruppen stellt dasGATT/WTO-Regime mit seinen Ansätzen zur Ver-hinderung der Diskriminierung ausländischer Han-delspartner in Verbindung mit den oben erwähntenAusnahmetatbeständen, die eine Berücksichtigungvon Umweltbelangen ermöglichen, auch eine Chan-ce für den weltweiten Umweltschutz dar. Erst durcheinen gleichberechtigten Zugang zu internationalenMärkten und die Schaffung von Rechtssicherheit fürinternationale Investitionen besteht Aussicht aufeine Überwindung häufig beklagter Gefährdungender Umwelt durch Armut, Protektionismus und kon-traproduktive Subventionen insbesondere in den Be-reichen Landwirtschaft und Fischerei. Allerdings

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120 D Institutionelle Wechselwirkungen

sollte auch nicht der Fehler begangen werden, dieWTO als Umweltorganisation mit explizitem Auf-trag zur Entwicklung internationaler Standards fürden Schutz der Umwelt zu verstehen. Diesem Ver-ständnis stehen Interessen und (fehlende) Kapazitä-ten in der WTO sowie die beschränkte Durchsetz-barkeit internationaler Standards in einer globali-sierten Welt gegenüber. Der Beirat sieht hingegeneine große Chance in der Aktivierung der Triebkräf-te des Globalisierungsprozesses zugunsten privaterInitiativen für internationale Umweltstandards undempfiehlt der Bundesregierung,

– auf einen beschleunigten Abbau der Subventio-nen, insbesondere im Agrar- und Fischereibereich,hinzuwirken,

– in der EU darauf hinzuarbeiten, dass handelsbe-schränkende Maßnahmen im GATT/WTO-Re-gime auf mulilateralen Abstimmungsprozessenbzw. multilateralen Umweltschutzabkommen auf-bauen, und

– die Voraussetzungen für eine Stärkung privaterInitiativen (Labels, Normierungen und Stiftun-gen) verbessert werden.

Kasten D 1.2-3

Beispiel aus der Fachliteratur für eine denkbareAusgestaltung eines Auslegungsbeschlusses derWTO-Ministerkonferenz zu Handel und Umwelt

Draft Decision on the Interpretation of Certain ProvisionsRelating to the Protection of Human, Animal or Plant Lifeor Health, or the Environment

The Ministerial Conference,Recalling Principle 12 of the Rio Declaration on Envi-

ronment and Development that trade policy measures forenvironmental purposes should not constitute a means ofarbitrary or unjustifiable discrimination or a disguisedrestriction on international trade, that unilateral actions todeal with environmental challenges outside the jurisdictionof the importing country should be avoided and that envi-ronmental measures addressing transboundary or globalenvironmental problems should, as far as possible, be basedon an international consensus,

Reaffirming that the relations of Parties in the field oftrade and economic endeavour should be conducted with aview to raising standards of living, ensuring full employ-ment and a large and steadily growing volume of real in-come and effective demand, and expanding the productionof and trade in goods and services, while allowing for theoptimal use of the world’s resources in accordance with theobjective of sustainable development, seeking both to pro-tect and preserve the environment and to enhance themeans for doing so in a manner consistent with theirrespective needs and concerns at different levels of eco-nomic development,

Concerned that disputes about the interpretation ofArticle XX lit. b and lit. g of the General Agreement onTariffs and Trade have given rise to conflicts which maythreaten both effective environmental policy and the ex-pansion of world trade,

Hereby decides as follows:1. Article XX lit. g of the General Agreement on Tariffs

and Trade may allow any Member of the WTO to enacttrade policy measures that address transboundary orglobal environmental problems, including suchmeasures that may provide for standards related toprocesses and the production of goods, provided thatthese measures are prescribed by any one of the multi-lateral environmental agreements listed in Annex I tothis decision.

2. Trade policy measures that aim at protecting human,animal or plant life or health, or the environment, and

that are prescribed by any one of the multilateral envi-ronmental agreements listed in Annex I to this decisionshall be deemed to be necessary in the context of ArticleXX lit. b of the General Agreement on Tariffs and Tra-de.

3. The provisions of any one of the multilateral environ-mental agreements listed in Annex I to this decisionshall be deemed, to the extent that they prescribe tech-nical regulations or standards, to be internationalstandards in the context of Article 2, paragraphs 4 and 5,of the Agreement on Technical Barriers to Trade (1994).

4. Sanitary or phytosanitary measures which areprescribed by any one of the multilateral environmentalagreements listed in Annex I to this decision shall bedeemed to be international standards in the context ofArticle 3, paragraphs 1 to 3, and presumed to be in ac-cordance with Article 2, paragraphs 1 to 3, of the Agree-ment on the Application of Sanitary and PhytosanitaryMeasures (1994).

5. Any Member of the WTO may initiate a proposal toamend Annex I to this decision by submitting suchproposal to the Ministerial Conference. The MinisterialConference shall decide, at its next session, whether theAnnex shall be amended accordingly. Such decisionsshall be taken by a three-fourth majority.In its considerations, the Ministerial Conference shalltake into account that lack of full scientific certaintyshall not be used as a reason for postponing cost-effecti-ve measures to prevent environmental degradationwhere there are threats of serious or irreversibledamage.

ANNEX I

Convention on International Trade in Endangered Speciesof Wild Fauna and Flora, done Washington, 3 March 1973.

Convention on the Control of Transboundary Movementsof Hazardous Wastes and Their Disposal, done Basel, 22March 1989.

Protocol (to the Convention on the Protection of the OzoneLayer of 22 March 1985) on Substances that Deplete theOzone Layer, done Montreal, 16 September 1987, asmodified by the Amendment adopted in London, 29 June1990, and the Amendment adopted in Copenhagen, 25 No-vember 1992, according to the rules laid down in theMontreal Protocol.“

Quelle: Biermann, 2000b

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D 2Wechselwirkung mit Finanzinstitutionen

D 2.1Die Bedeutung der Weltbank-Gruppe für dieglobale Umweltpolitik

Zur Struktur der Weltbank-GruppeDie Weltbank-Gruppe (Kap. B 4.5) besteht u. a. ausder Internationalen Bank für Wiederaufbau undEntwicklung (IBRD) und der Internationalen Ent-wicklungsorganisation (IDA) (Hoering, 1999). DieIBRD besitzt zwei Töchter: Die Internationale Fi-nanz-Corporation (IFC), die in private Unterneh-men in Entwicklungsländern investiert, und die Mul-tilaterale Investitionsgarantie-Agentur (MIGA), dieausländische Investoren in Entwicklungsländerngegen nichtmarktliche Risiken absichert. Offiziell istdie Weltbank eine Unterorganisation der UN, die al-lerdings nicht der UN-Kontrolle unterliegt. Die wich-tigste Aufgabe der Weltbank-Gruppe besteht in derUnterstützung ihrer Kreditnehmer bei der Armuts-bekämpfung. Mit Krediten sollen die Voraussetzun-gen für die wirtschaftliche Entwicklung in den Emp-fängerländern und damit die Lebensbedingungenverbessert werden.

IBRD und IDA unterscheiden sich hinsichtlichder Aufgaben und der Mittelbeschaffung: Die IBRDgehört den Regierungen von 181 Staaten (1999), dieentsprechend ihrer wirtschaftlichen und politischenBedeutung Kapitalanteile gezeichnet haben. DieHöhe der gezeichneten Kapitalanteile bestimmt dasGewicht eines Landes bei anstehenden Entscheidun-gen (gewichtetes Stimmrecht). Zur Finanzierungihrer Kredite nimmt die IBRD überwiegend Kreditvon den internationalen Kapitalmärkten auf. DieKreditvergabe erfolgt zu Zinsbedingungen, die sichan den internationalen Finanzmärkten orientieren.Daher wird die IBRD – im Gegensatz zur IDA –auch als „hartes Kreditfenster“ bezeichnet. Vorran-gig werden Kredite für Projekte und Strukturanpas-sungsprogramme vergeben.

Die IDA unterstützt insbesondere ärmere Ent-wicklungsländer mit einem jährlichen Bruttosozial-produkt pro Kopf der Bevölkerung von weniger als925 US-$ (1997). Zur Zeit sind dies 70 Länder. Die

Kreditkonditionen sind wesentlich günstiger als beiden IBRD-Krediten, da die IDA ihre Finanzmittelvorrangig aus Einzahlungen der stärker industriali-sierten bzw. entwickelten Mitgliedsländer bezieht, al-so aus Steuermitteln und aus Überweisungen vonIBRD-Gewinnen. Im Abstand von drei Jahren fin-den „Wiederauffüllungs-Verhandlungen“ statt.

„Ergrünung“ der WeltbankInsbesondere aus umweltpolitischer Sicht wurde dieKreditvergabepolitik der Weltbank kritisiert, weilgrundsätzlich keine Überprüfungen der Auswirkun-gen von finanzierten Projekten auf die Umweltdurchgeführt wurden (Mikesell und Williams, 1992;Rich, 1994; Hoering, 1999). Bekannte Beispiele ausdieser Negativbilanz der Weltbank sind z. B. dasPolonoroeste Programm zur Förderung der regiona-len Entwicklung (Northeastern Brazil IntegrationDevelopment Program) oder die Kohleförderungs-anlage in Singrauli, Indien, die zur Zeit weltweit diegrößte einzelne Emissionsquelle von CO2 ist(Sharma, 1996). Des weiteren stand die Weltbankaufgrund der Finanzierung von Staudammvorhabenoder anderer Großprojekte immer wieder im Mittel-punkt der Kritik. Hier wurden großflächige, umfas-sende Umgestaltungen von naturnahen Bereichenohne ausreichende Folgenabschätzung durchgeführt,die meist mit einer Zwangsumsiedlung einer großenAnzahl von Betroffenen verbunden war.

Ausgehend von zunehmender Kritik hat die Welt-bank in den 90er Jahren bei der Berücksichtigungumweltrelevanter und sozioökonomischer Auswir-kungen ihrer Finanzierungspolitik eine erstaunlicheEntwicklung durchgemacht, so dass diese Kritiknicht mehr so undifferenziert aufrechtzuerhalten ist.Einen besonderen Anstoß zur Integration von um-weltrelevanten und sozioökonomischen Belangen indas Unternehmensmanagement erfuhr die Weltbankdurch die UNCED-Beschlüsse in Rio. Das neue um-welt- und entwicklungspolitische Leitbild der nach-haltigen Entwicklung wurde in den Zielkanon derWeltbank aufgenommen. Dieser Prozess wurde viel-fach als „Ergrünung der Weltbank“ umschrieben und

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122 D Institutionelle Wechselwirkungen

kann in zwei Stufen nachgezeichnet werden (WorldBank, 1999):1. Entwicklung einer Umweltverträglichkeitsprüfung

für finanzierte Projekte. Um potenziell negativeEffekte von Weltbank-Projekten auf die Umweltund verwundbare Bevölkerungsgruppen zu ver-meiden, wurden spezielle Umweltverträglich-keitsprüfungen und Sicherheitsmaßnahmen beiPlanung und Durchführung eingeführt. Weil nichtalle Projekte gleich umweltrelevant sind und so-mit einer fallspezifischen Umweltprüfung bedür-fen, teilt die Weltbank die Projekte in drei Katego-rien ein:• Kategorie A: Volle Bewertung der Umweltein-

wirkungen (für das fiskalische Jahr 1999 wur-den 10% der Projekte dieser Kategorie zuge-ordnet).

• Kategorie B: Begrenzte Bewertung der Um-welteinwirkungen (35%).

• Kategorie C: Keine Bewertung der Umweltein-wirkungen (55%).

2. Gezielte Förderung des Umweltschutzes. Zusätz-lich zur Einführung von Umweltverträglichkeits-prüfungen und Sicherheitsmaßnahmen wurde einProgramm zur gezielten Förderung des Umwelt-schutzes entwickelt. Dieses Programm umfasstnicht nur Maßnahmen zur Finanzierung von Um-weltschutzinvestitionen, sondern ist als Ansatz zurFörderung nachhaltiger Entwicklungsprozesseumfassender geplant. Um dieses Ziel zu erreichen,konzentriert sich die Weltbank auch zunehmendauf die Stärkung umweltpolitischer Kapazitäten,insbesondere in den Entwicklungsländern. Durchden Versuch, Umweltaspekte in die wirtschaftspo-litischen Strategien der betreffenden Länder zuintegrieren, geht die Weltbank weit über den ers-ten Schritt, die Vermeidung negativer Umweltaus-wirkungen, hinaus.

Als federführende Institution der Globalen Umwelt-fazilität (GEF) engagiert sich die Weltbank zuneh-mend auch im Bereich der globalen Umweltfinanzie-rung. So fördert sie meist zusammen mit der GEFProjekte in fünf Schlüsselbereichen:1. Schutz der Biodiversität,2. Einstellung der Produktion ozonschichtzerstören-

der Substanzen,3. Klimaschutz,4. Schutz internationaler Gewässer,5. indirekt Bodenschutz in Trockengebieten, sofern

Klimaschutz oder Schutz der biologischen Vielfaltbetroffen sind.

In ihrer Funktion als ausführende Institution für dasMontrealer Protokoll unterstützt die Weltbank Pro-gramme, die den Einsatz ozonschichtschädigenderSubstanzen in 20 Ländern vermeiden helfen. Auf-grund der Bedeutung Chinas für eine erfolgreiche

Umsetzung des Montrealer Protokolls ist die Unter-stützung des chinesischen Programms zum Ausstiegaus der FCKW-Produktion als besonderer Erfolg zuwerten (World Bank, 1999). Neben den Aktivitätenmit der GEF und dem Montrealer Protokoll enga-giert sich die Weltbank auch in anderen Initiativenmit Bezügen zum globalen Umweltschutz. 1999 wur-de ein Prototyp eines CO2-Fonds eingeführt (PCF –Prototype Carbon Fund). Die Funktion dieses neuenFonds besteht darin, das Ergreifen von technischenMaßnahmen zur CO2-Reduktion innerhalb der imKioto-Protokoll festgeschriebenen flexiblen Mecha-nismen anzuleiten und zu unterstützen (World Bank,1999).

Trotz dieser Entwicklung wird die Weltbank nochvon vielen Umweltgruppen kritisiert. Insbesonderedie Wälderpolitik und die umweltpolitischen Wir-kungen der Strukturanpassungspolitik sind zentraleKritikpunkte. Hierzu legte das World Resources In-stitute (WRI) eine Studie vor, in der die Auswirkun-gen von Strukturanpassungsprogrammen der Welt-bank auf den Schutz der Wälder untersucht wurden(Seymour und Dubash, 2000). Die Vergabe konditio-nierter Kredite zur Unterstützung makroökono-misch orientierter Strukturpolitik in wälderreicheLänder hat demnach vielfach zu unerwarteten Ver-änderungen der Anreizstrukturen bei der Nutzungvon Holzressourcen geführt, insbesondere wurde dieAbholzung tropischer Regenwälder stark gefördert.Die Weltbank war bei der Änderung ihrer Wälder-politik (z. B. in Papua-Neuguinea, Kamerun und In-donesien) unterschiedlich erfolgreich. Um erforder-liche Reformen in der nationalen Wälderpolitik zuunterstützen, sollte die Weltbank – so die Empfeh-lung der erwähnten Studie – verstärkt die politisch-ökonomischen Bedingungen im Entwicklungslandbeachten. Beispielsweise lassen sich die Erfolgschan-cen von Reformen wesentlich erhöhen, wenn diewichtigsten nationalen Akteure in die Planung undImplementation der finanzierten Projekte und An-passungsprogramme eingebunden werden („stake-holder engagement“). Insgesamt ist die Tendenz,Umweltaspekte verstärkt in die Weltbank zu integ-rieren, unverkennbar und sollte weiter vorangetrie-ben werden. Dennoch ist es weiterhin erforderlich,die Beachtung von Umweltstandards durch die Welt-bank kritisch zu prüfen.

Ansätze zum institutionellenReformbedarfDie Weltbank ist zur größten Quelle von Finanzmit-teln zur Förderung von Umweltschutzprojekten ge-worden. Das gesamte Portfolio an Investitionen inden Umweltschutz stieg von 2 Mrd. US-$ (1990) auf11,5 Mrd. US-$ (1996) (Umana, 1997). Aus diesemGrund sind Forderungen nach einer umfassenden

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123Interdependenzen zwischen IWF und globaler Umweltpolitik D 2.2

Reform der Weltbank sehr ausgewogen zu diskutie-ren und zu bewerten. Dabei ist folgendes zu berück-sichtigen:• Es muss beachtet werden, dass die Bedeutung von

Umweltaspekten in Organisation und Strategieder Weltbank kontinuierlich zugenommen hat.Für Projekte, bei denen große Umweltauswirkun-gen zu befürchten sind, werden umfangreicheUmweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt.Zudem ist die Förderung von Umweltschutzmaß-nahmen, zunehmend auch im Bereich der globa-len Umweltprobleme, ein fester Bestandteil derWeltbankpolitik geworden. Auch wenn die um-weltpolitische Strategie noch konsistenter in dieWeltbankaktivitäten integriert werden könnte, istinsgesamt die Entwicklung der Weltbank in denletzten Jahren überwiegend positiv zu bewerten.Dies gilt umso mehr, wenn man sich vor Augenführt, dass ihre primäre Aufgabe in der Förderungproduktiver internationaler Investitionsvorhabenzur Armutsbekämpfung zu sehen ist. Mit diesemZiel ist der Beitrag der Weltbank für den (globa-len) Umweltschutz u. U. größer als bei einer über-mäßigen Berücksichtigung von Umweltaspekten.Mit Blick auf diese wichtigen Funktionen derWeltbank sind Forderungen nach einer noch wei-tergehenden „Ergrünung“ der Weltbank daherkritisch zu beurteilen. Diese Forderungen könnenletztlich zu einer Überfrachtung der Weltbankführen, die deren primären Zweck gefährdenkönnte.

• Von Seiten der Entwicklungsländer und vielerNichtregierungsorganisationen (NRO) wird im-mer wieder der dominante Einfluss der Industrie-länder in der Weltbank kritisiert. Dieser Einflussliegt zwar unbestreitbar vor, dennoch ist zu be-rücksichtigen, dass die meisten Mittel der Welt-bank, insbesondere für die IDA, von den Indust-rieländern zur Verfügung gestellt werden. Somitist ihr Wunsch nach einer gewissen Mitbestim-mung über die Verwendung der Mittel (bzw. überdie Vergabe von Krediten, Bestimmung des Füh-rungspersonals) nicht nur nachvollziehbar, son-dern hinsichtlich der Akquirierung von zusätzli-chen Finanzmitteln sogar vorteilhaft (Kap. E 3).

In Anbetracht dieser Rahmenbedingungen solltensich institutionelle Reformvorschläge nur auf ausge-wählte Bereiche der Weltbank-Gruppe beziehen.Vor allem sollten die von der Weltbank bereits selbstangestoßenen Veränderungen weiter vorangetriebenwerden. Die Gründe für einen (partiellen) Reform-bedarf der Weltbank sind:• Die Funktion der Weltbank-Gruppe im Bereich

der Finanzierung globaler Umweltpolitik (Kap.E 3) ist durch einen ausgeprägten Querschnitts-charakter gekennzeichnet, d. h. bei der Wahrneh-

mung ihrer Aufgabe berührt die Weltbank vieleunterschiedliche umweltpolitische Problemfelder.Ein Beispiel ist der Konflikt, der durch die be-stehenden (angebotsorientierten) Prioritäten derWeltbank im Bereich der Energieversorgung mitden Bemühungen um eine effektive (nachfrage-orientierte) Klimapolitik entsteht (WBGU, 1995).

• Es sollte eine weitere Erhöhung der Transparenzder Weltbankpolitik angestrebt werden. Dies wür-de ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit wesent-lich verbessern.

Um diese beiden Aspekte adäquat zu berücksichti-gen und die Effizienz und Effektivität der Aufgaben-erfüllung zu erhöhen, empfiehlt der Beirat folgendeMaßnahmen:• Die Zusammenarbeit mit wichtigen UN-Program-

men (UNDP, UNEP) und bedeutenden interna-tionalen Umweltübereinkommen sollte ausge-baut werden (Kap. F). Vorteile einer verstärktenZusammenarbeit wären z. B. die Nutzung desSachverstandes der betreffenden Umweltkonven-tionen zur Festlegung von Standards für Umwelt-verträglichkeitsprüfungen und eine beratendeFunktion von UNDP und UNEP bei der Auswahlzu finanzierender Projekte.

• Um die Transparenz und Akzeptanz der Welt-bankaktivitäten zu steigern, sollte die Zusammen-arbeit mit NRO weiter ausgebaut werden. Hierbeiist insbesondere an einen verstärkten Austauschvon Informationen und weniger an eine Beteili-gung von NRO an Bankentscheidungen gedacht.

• Die stärkere Einbeziehung des Privatsektors beider Planung und Durchführung von Projektenverspricht in vielen Fällen Effektivitäts- und Effi-zienzgewinne. Daher sollten solche „Public Priva-te Partnerships“ gefördert werden.

• Die Strukturanpassungsprogramme sind einge-hender auf ihre Umweltwirkungen zu prüfen. DieErgebnisse solcher Studien sollten für operatio-nelle und strategische Änderungen bei der Pla-nung und Implementation dieser Programme ge-nutzt werden.

D 2.2Interdependenzen zwischen IWF und globalerUmweltpolitik

Wie die Weltbank ist auch der Internationale Wäh-rungsfonds (IWF) das Ziel vielfältiger Kritik seitensinternationaler Wissenschaftler und Umweltschutz-gruppen. Bereits im Vorfeld der IWF-Jahrestagung2000 sorgte neben der Frage der zukünftigen Beset-zung des IWF-Direktoriums ein Bericht der Interna-tional Financial Institution Advisory Commission(IFIAC; auch: Meltzer-Kommission) für den US-

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124 D Institutionelle Wechselwirkungen

Kongress für weltweites öffentliches Aufsehen, daneben der Reformierung der IBRD in Richtung ei-ner World Development Agency mit einem aus-schließlichen Auftrag der Aufbauhilfe für dieschwächsten Länder und der Bereitstellung weltwei-ter öffentlicher Güter auch eine radikale Beschnei-dung der Aufgaben, Kompetenzen und finanziellenAusstattung des IWF gefordert wurde (IFIAC, 2000).Zugleich dokumentierten Demonstrationen undAufrufe während der IWF-Jahrestagung die Unzu-friedenheit der Gegner einer fortschreitenden Glo-balisierung mit der Funktion und Aufgabenwahrneh-mung durch den IWF. Für den in diesem Gutachtenrelevanten Bereich der internationalen Umweltpoli-tik konzentriert sich die Kritik dieser Gruppen un-mittelbar auf zwei Felder (French, 1995; Cornia et al.,1989; Oxfam Policy Department, 1995; Chossu-dovsky, 1998):– die mittelbaren Auswirkungen der an die Unter-

stützung des IWF gekoppelten nationalen Maß-nahmen zur Strukturanpassung für die Umwelt inden betroffenen Ländern,

– die einseitige Konzentration der Politik des IWFauf die Erhaltung bzw. Erzielung eines Ausgleichsder Zahlungsbilanzen ohne Beachtung der Folge-wirkungen für das Zustandekommen und die Ein-haltung internationaler Umweltverträge.

Über die unmittelbaren Folgen für die globale Um-welt hinaus stellt der IWF ein wichtiges Beispiel fürdie Entstehung und Funktionsweise internationalerZusammenarbeit in einem Segment dar, das zu denentscheidenden Schwachpunkten zahlreicher Um-weltverträge zählt: die Finanzierung internationalerAufgaben. Seine Erfahrungen sind daher auch beider Entwicklung neuer Finanzierungsmechanismenfür die globale Umwelt- und Entwicklungspolitik zubeachten (Kap. E 3.2). Die folgenden Ausführungensetzen sich dementsprechend mit der Beantwortungvon drei Fragen im Wirkungsgeflecht zwischen IWFund globaler Umweltpolitik auseinander:1. Welche Aufgabe kann und soll der IWF im Rah-

men internationaler Umweltpolitik übernehmen?2. Inwieweit sind die bestehenden institutionellen

Strukturen dazu geeignet, diese Aufgaben zu er-füllen?

3. Welche Reformempfehlungen für den IWF sindaus der Sicht internationaler Umweltpolitik her-zuleiten?

Ausgangspunkt der Beantwortung dieser drei Fragenist die Betrachtung der grundsätzlichen Aufgabendes IWF (zu Struktur und Aufgaben des IWFHoering, 1999; Khan, 1999; Siebert, 1998). Der IWFwurde im Zuge des Abkommens von Bretton Woodsgeschaffen, um Finanzierungsmittel zur Sicherungder Funktionsweise des bereits seit nahezu drei Jahr-zehnten abgelösten Systems stabiler Wechselkurse

zur Verfügung zu stellen. Die Staaten zahlen alsMitglieder des IWF einen Beitrag in Form von Son-derziehungsrechten (SZR), die für zinsgünstige undteilweise nur begrenzt rückzahlbare Kredite undDarlehen zur Überwindung kurzfristiger Liquiditäts-engpässe bzw. zur Unterstützung struktureller Fi-nanzreformen eingesetzt werden. Gerade die jüngs-ten Finanzkrisen in Südostasien zeigen die Bedeu-tung einer solchen internationalen Kriseninterven-tion (Kho und Stulz, 1999; IMF, 1999). Zugleichmachen sie aber auch die Grenzen der Früherken-nung und Disziplinierung der Einzelstaaten deutlich.Nicht zuletzt die Feststellung dieser Grenzen löstedie Kontroversen über den zukünftigen Zuschnittder Aufgaben des IWF und entsprechende institutio-nelle Vorkehrungen aus (IFIAC, 2000; Frenkel, 1999;Vasquez, 1999; Frenkel und Menkhoff, 2000).

Mit dieser Zielsetzung versteht sich der IWF aus-drücklich nicht als unmittelbarer umweltpolitischerAkteur. Ungeachtet dessen hat das Eingreifen desIWF umweltpolitische Folgen. Dazu zählen typi-scherweise die Nebeneffekte der nationalen Struk-turanpassungsprogramme. Diese werden durch denIWF in Verbindung mit Kreditgewährungen gefor-dert, um zu gewährleisten, dass entstandene Zah-lungsbilanzdefizite dauerhaft abgebaut werden kön-nen (Killick, 1995). Wichtige Bestandteile der Struk-turanpassungsprogramme sind der Abbau von Sub-ventionen und Sozialleistungen sowie die Förderungder Warenausfuhr. Auf diese Weise sollen die öffent-lichen Ausgaben gemindert, die Wettbewerbsfähig-keit und Attraktivität für internationale Investorenund Kapitalzuflüsse erhöht und das Vertrauen derinternationalen Kapitalmärkte in die Wirtschafts-kraft des Landes und seine Währung gestärkt wer-den. Wichtig für das Verständnis dieser Maßnahmenist die Trennung zwischen kurz- und mittelfristigenFolgen. Kurzfristig verschärft sich durch den Abbauvon Sozialleistungen und Subventionen der Anpas-sungsdruck in den betroffenen Volkswirtschaften(Abed, 1998). Das offene Auftreten strukturellerArbeitslosigkeit und zunehmende Belastungen fürwirtschaftlich schwächere Bevölkerungsgruppensind die Folgen. Für die Umwelt verbindet sich mitdiesen kurzfristigen Effekten ein erhöhter Nutzungs-druck aufgrund– fehlender finanzieller Mittel betroffener Staaten

zur Einhaltung nationaler und internationalerVerpflichtungen zum Umweltschutz,

– der Abhängigkeit wirtschaftlich schwächererGruppen von der Versorgung mit natürlichen Res-sourcen,

– zunehmender Konzentration von Bevölkerungs-gruppen in Slums mit negativen Folgen für diemenschliche Gesundheit sowie die Boden- undWasserqualität,

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125Interdependenzen zwischen IWF und globaler Umweltpolitik D 2.2

– der Verlagerung der landwirtschaftlichen Res-sourcennutzung auf exportrelevante Pflanzen undTiere mit teilweise umweltgefährdenden Produk-tionsverfahren und -mitteln.

Mittelfristig werden demgegenüber durch Finanz-und Sozialreformen Voraussetzungen geschaffen, da-mit die Effizienz der Umweltnutzung und die Unab-hängigkeit wirtschaftlich schwächerer Gruppen vonder kurzfristigen Nutzung natürlicher Ressourcengesteigert wird. Die Erfahrungen nach der Finanzkri-se in Südostasien zeigen, dass durch die Krise drin-gend erforderliche Anpassungen wirtschaftlicherStrukturen, abgeschotteter Märkte und ineffizienterUnternehmenskonzentrationen angestoßen wurden(Kho und Stulz, 1999; Siebert, 1998; Frenkel 1999;IFIAC, 2000). Mit einer solchen Anpassung gehenChancen zum Aufbau neuer Bildungssysteme, zurSchaffung dezentraler lokaler Institutionen sowiezur Umgestaltung der Produktionsstrukturen undProduktpaletten einher. Die Stärkung internationa-ler Wettbewerbsprozesse verschärft grundsätzlichden Druck, modernere Technologien einzusetzenund erhöht somit Anreize, die Ressourcenintensitätvon Produktionsverfahren und Produkten zu min-dern. Zugleich kann der Zwang, Märkte zu öffnenund öffentliche Ausgaben zu senken, die Attraktivi-tät politischer Maßnahmen schwächen, die auf einekurzfristorientierte Nutzung natürlicher Ressourcenhinauslaufen. Häufig üben gut organisierte, aberMinderheiteninteressen vertretende Gruppen ent-sprechend Druck aus, wie z. B. bei der Tropenwald-nutzung in Südosien (Ariyoshi et al., 2000). Voraus-setzung solcher Reformen ist die Durchsetzung lang-fristiger Strukturanpassungen und die Etablierungneuer institutioneller Systeme auf lokaler Ebene, diein einen internationalen Kontext eingebunden wer-den.

Der Beirat sieht in dieser Initiierung langfristigerReformimpulse eine entscheidende Aufgabe desIWF im Kontext internationaler Umweltpolitik. Eskann nicht Aufgabe des IWF sein, selbst umweltpoli-tische Standards zu definieren und in Strukturanpas-sungsprogramme zu integrieren, da weder entspre-chende Kapazitäten verfügbar sind noch der Bedarfan einer weiteren internationalen Körperschaft füreine solche Aufgabe gegeben ist. Dabei sind die poli-tischen Aussichten auf eine Bereitstellung von Fi-nanzmitteln des IWF für Umweltzwecke eher gering(Jakobeit, 2000). Wichtig ist es jedoch, den IWF zunutzen, um– kurzfristigen Ausschlägen auf den internationalen

Kapitalmärkten durch ein effektives Frühwarn-system und Anreize zur Strukturanpassung vorzu-beugen, da solche Ausschläge den Nutzungsdruckauf natürliche Ressourcen erhöhen,

– private Finanz- und Kapitalmärkte durch interna-

tionale Regeln und Standards zu unterstützen(Frenkel und Menkhoff, 2000), damit z. B. auch dieprivate Finanzierung internationaler Umwelt-schutzprojekte und -strukturen erleichtert wird(Kap. E 3) und

– die Transparenz der Wirkungen nationaler Institu-tionen durch Verpflichtungen zu einer Dokumen-tation wirtschaftlicher, sozialer und ggf. auch öko-logischer Folgen mit der Folge eines erhöhtenDrucks durch die Weltöffentlichkeit zu fördern(Siebert, 1998).

Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung, entspre-chende Initiativen zu einer Stärkung der Kernkom-petenzen des IWF intensiver und im Hinblick aufkurzfristige Entscheidungen zu verfolgen. Dies bein-haltet auch eine deutliche Abgrenzung gegenüberden Aufgabenstellungen der Weltbank, die nicht nuröffentlichkeitswirksam von der Meltzer-Kommissiongefordert, sondern auch bereits innerhalb des IWFals strategisches Ziel diskutiert wird (IFIAC, 2000;Fischer, 2000; Langhammer, 2000a). Darüber hinausspricht sich der Beirat dafür aus zu prüfen, inwieweitinnerhalb der Strukturanpassungsprogramme Ver-pflichtungen aus nationalen und internationalenUmweltabkommen von der Minderung öffentlicherAusgaben ausgenommen werden können. Es kannwiederum nicht Ziel des IWF sein, selbst Projekte imBereich der globalen Umwelt- und Entwicklungspo-litik zu fördern, allerdings erleichtert eine Koordina-tion mit längerfristig und strukturell ausgerichtetenAktivitäten anderer Organisationen die Akzeptanzund Wirksamkeit der Strukturanpassungsprogram-me.

Die Zukunft der Wechselwirkungen zwischenIWF und globaler Umweltpolitik trägt jedoch nichtnur inhaltliche Züge. Organisatorisch steht der IWFvor allem aus zwei Gründen in der Kritik:– zum einen aufgrund einer einseitigen Dominanz

kapitalgebender Länder in der Entscheidungsfin-dung, und

– zum anderen aufgrund der begrenzten Wirksam-keit von IWF-Maßnahmen.

Die Dominanz der Entscheidungsmacht beruht aufder Verteilung von Stimmrechten (Chossudovsky,1998; French, 1995). Die Stimmrechte orientierensich ausschließlich an den eingezahlten Beiträgen,was zugleich sicherstellt, dass die Kapitalgeber überdie Sicherheit verfügen, die Verwendung der Geldersteuern zu können. Da die Kreditvergabe an teilwei-se einschneidende Eingriffe in nationale Souveräni-tätsrechte der Finanzpolitik gekoppelt ist, richtet sichder Widerstand der Kapitalnehmer gegen eine „mo-derne Form des Kolonialismus“. Allerdings zeigenbspw. spieltheoretische Analysen, dass ohne eine sol-che Sicherheit der Kapitalgeber Anreize der Kapital-nehmer zunehmen, den Fonds als „billige“ Finanzie-

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126 D Institutionelle Wechselwirkungen

rungsquelle ohne eigene Disziplin zu beanspruchen(Kap. E 3). Die Kapitalgeber würden sich daraufhinweigern, Gelder bereitzustellen. Gerade aus umwelt-politischer Sicht ergibt sich in diesem Zusammen-hang die Chance einer Entwicklung von „Paket-Lö-sungen“, d. h. in der Verknüpfung von Vereinbarun-gen innerhalb internationaler Umweltabkommenmit Einigungen über die Zuweisung von Mitteln in-nerhalb des IWF. Um diesen Zweck zu erzielen, be-darf es einer eindeutigen Trennung der Aufgabenund Organisation des IWF und internationaler Um-weltabkommen, damit die einzelnen „Paketbestand-teile“ auch tatsächlich zu erkennen sind und ihreEinhaltung separat bzw. transparent zu kontrollierenist.

Die Entstehung der Finanzkrise in Südostasienwie auch Krisenerscheinungen in Mexiko und La-teinamerika in den vergangenen Jahren legten dieSchlussfolgerung nahe, dass der IWF seinem eigent-lichen Ziel, der Stabilisierung der Weltfinanzmärkte,nur unzureichend nachkommen kann. Als besondersproblematisch wird in diesem Zusammenhang dieFunktion des IWF als einem „lender of the last res-ort“ und die damit verbundenen Anreize angesehen(Siebert, 1998; Fischer, 1999). Damit ist die Funktiondes IWF umschrieben, als Kreditgeber einzugreifen,wenn aufgrund eines Liquiditätsengpasses kein an-derer Kapitalgeber zu finden ist. Probleme wirft die-ses Vorgehen neben fehlenden Anreizen für staatli-che Entscheidungsträger zur Bewahrung fiskalischerDisziplin auch bei den Risikoentscheidungen priva-ter Banken auf. Private Investoren werden durch dieAbsicherung des IWF veranlasst, höhere Risiken beiKreditgewährungen in finanziell schwachen Länderneinzugehen als ökonomisch gerechtfertigt (IFIAC,2000; Frenkel, 1999). Die damit verbundene Gefahrzunehmender Finanzkrisen in wirtschaftlich schwa-chen Ländern betrifft mittelbar die Verfügbarkeitvon Umweltressourcen, da gravierende ökonomi-sche Krisen tendenziell den Nutzungsdruck erhöhen.Der Beirat unterstreicht daher den auch von der„Meltzer-Kommission“ hervorgehobenen Hand-lungsbedarf hinsichtlich der Formulierung und Ein-haltung von Eingreif- und Kreditvergabekriteriendes IWF. Die dort vorgeschlagenen Kriterien sind je-doch so restriktiv, dass sie die Aktivitäten des IWFauf ein Minimum beschränken würden. Der Beiratplädiert daher für ein Fortschreiten des mit dem Fi-nancial Stability Forum in Basel beschrittenen Wegeshin zu einem Ordnungsrahmen für die Finanzmärktebei zugleich eindeutiger und frühzeitiger Ankündi-gung des Vorgehens seitens des IWF im Krisenfall,dem Ausbau von Frühwarnsystemen und notfalls derEinführung von Strafzahlungen gegenüber Ländernund Akteuren bei Vorliegen eindeutiger Verursa-chungen ökonomischer Krisen (Siebert, 1998). Zu-

sammenfassend sieht der Beirat in einem konse-quenten Aufbau der Stabilisierungsfunktion desIWF, einer Beseitigung von Fehlanreizen, einerÜberwindung innerorganisatorischer Koordina-tionsprobleme und einer verbesserten Abstimmungmit nationalen und internationalen Umweltverein-barungen entscheidende Beiträge für eine Verbesse-rung der Effektivität globaler Umweltpolitik. DieChance liegt weniger in einem „greening the IMF“als vielmehr in einem „enabling for green activitiesby the IMF“.

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D 3Wechselwirkungen mit Entwicklungsinstitutionen:

Bezüge des UNDP zur Umweltpolitik

D 3.1Aktivitäten des UNDP zum Umweltschutz

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen(UNDP) ist das zentrale Finanzierungs-, Koordinie-rungs- und Steuerungsgremium für die operativenentwicklungspolitischen Aufgaben der Vereinten Na-tionen. In 132 Ländern ist UNDP mit einem Regio-nalbüro vertreten. Die thematischen Schwerpunktedes Programms liegen in den Bereichen Armutsbe-kämpfung, Geschlechterfragen, gute Regierungsfüh-rung und Umweltschutz.

Insgesamt flossen von 1994–1997 24% der Finanz-mittel in Umweltprojekte, allerdings ist der Beitragvon UNDP für eine nachhaltige Entwicklung sehrviel umfassender, da z. B. auch die Ausgaben für guteRegierungsführung oder Armutsbekämpfung diesesZiel unterstützen. Die meisten Projekte werden vonTrägerorganisationen (der UN und ihrer Nebenor-gane bzw. neuerdings auch NRO und private Consul-ting-Firmen) durchgeführt, die Auswahl und Koordi-nation der Projekte wird von UNDP-Repräsen-tanten vor Ort geregelt. Die Politik des Programmswird von einem Vorstand festgelegt, dem 36 Mit-gliedsstaaten angehören.

Im Bereich Umweltschutz führt UNDP eine Rei-he von Projekten durch. So hilft die SustainableEnergy and Environment Division (SEED) seit 1994Entwicklungsländern bei der Umsetzung von Pro-grammen, die Umweltschutz und Nutzung natürli-cher Ressourcen zur Armutsbekämpfung integrie-ren. SEED ist auch für die programmatische Weiter-entwicklung der UNDP-Strategien im Umweltbe-reich verantwortlich und besteht aus einer Reihe vonUnterprogrammen, wie z. B. dem Programm Capaci-ty 21, das Entwicklungsländer bei der Integration derPrinzipien und Ziele der AGENDA 21 in nationale Po-litiken unterstützt, oder dem Energy and AtmosphereProgramme, das eine nachhaltige Energiepolitik inden Entwicklungsländern fördert.Auch zu Forstpoli-tik und Süßwasser- sowie Meeresschutzpolitik gibt esProjekte.

Das UNDP ist einer der Träger der GEF und einesder vier Organe, die den multilateralen Ozonfondsverwalten, an der Umsetzung der Ziele des Montrea-ler Protokolls beteiligt ist und zahlreiche Entwick-lungsländer bei der Umstellung auf nichtozonschä-digende Stoffe unterstützt. Bei UNDP ist auch dasOffice to Combat Desertification and Drought(UNSO, vormals UN Sahelian Office) angesiedelt,das betroffene Länder bei der Umsetzung der Zieleder Desertifikationskonvention unterstützt.

D 3.2Reformansätze bei UNDP

In den vergangenen Jahren war UNDP in die Kritikgeraten, weil es ihm nicht gelang, die gestellten Auf-gaben hinreichend zu erfüllen. Es gilt vielmehr alsschwache entwicklungspolitische Einrichtung, wasunter anderem an einer geringen und zudem sinken-den Mittelausstattung liegt (1991: 1,022 Mrd. US-$Jahresetat, 1997: 0,778 Mrd. US-$). Dennoch zähltdas UNDP immer noch zu den größten Gebern imUN-System. Die Finanzierung erfolgt über freiwilli-ge Beiträge, wobei durch die erheblichen Schwan-kungen zwischen den einzelnen Jahren Planungsun-sicherheiten bestehen. Vor allem die Geberländerbeklagen eine aus ihrer Sicht schlechte Aufgabener-füllung, zu geringe Leistungsstandards und eineschwache Rechenschaftsstruktur. Diese Kritik derGeberländer ist einer der Gründe für die nachlassen-de Beitragsbereitschaft (Kap. E 3). Nachteilig auf dasUNDP hat sich auch das Ende des Kalten Kriegesausgewirkt, da seither ein abnehmendes politischesInteresse an der Entwicklungszusammenarbeit derVereinten Nationen zu beobachten ist. Ein bedeuten-der Strukturfehler ist die Übertragung vielfältigerAufgaben an das UNDP, ohne das Programm mitentsprechenden Durchsetzungsinstrumenten auszu-statten und politisch zu stärken. Dabei bietet dasUNDP konzeptionell und bei der operativen Arbeitwichtige Potenziale, wie z. B. den Koordinierungsme-chanismus für runde Tische, einen hohen Identifika-tionsgrad der Programmländer mit UNDP-Maßnah-

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128 D Institutionelle Wechselwirkungen

men und langjährige Erfahrung (Klingebiel, 1999).Die Regierungen der Entwicklungsländer schätzenam UNDP die wenig konditionierte Mittelvergabeund die vergleichsweise umfassenden politischenMitspracherechte.

Ausdruck der Reformbemühungen bei UNDP istdie Tatsache, dass sich das Programm in den vergan-genen zehn Jahren stark verändert hat. Inzwischen istein bedeutender Teil der Durchführungsverantwor-tung an die Länder übergegangen, so dass das UNDPseine eigene operative Einheit verloren hat. Stattdes-sen gibt es ein eigenständiges Büro für UN-Projekt-dienste (UN Office for Project Services, UNOPS).Zwischen 1992 und 1997 sanken die Verwaltungskos-ten um 19%, die Mitarbeiterzahl um 15% (in derZentrale gar um 31%).Von den rund 5.300 Mitarbei-tern arbeiten über 80% in Regionalbüros. Zudem hatsich die Finanzierungsstruktur durch die Verlagerungvon den Eigenmitteln (core sources) zu neuen Quel-len (non-core sources) verlagert. Schließlich prägtder seit 1990 erscheinende und weltweit geschätzteBericht über die menschliche Entwicklung inzwi-schen ein neues Bild von UNDP in der Öffentlich-keit.

In jüngerer Zeit macht die Weltbankgruppe imBereich der technischen Zusammenarbeit demUNDP Konkurrenz (Rudischhauser, 1997). Seitensder USA, Japans und Deutschlands scheint es einenTrend zur Verlagerung der politischen Prioritäten zu-gunsten der finanziell besser ausgestatteten Welt-bankgruppe zu geben, mit der Folge, dass nicht mehrreine Zuschüsse, sondern vermehrt (mehr oder weni-ger subventionierte) Kredite vergeben werden (Hüf-ner, 1997). Hinzu kommen stagnierende Beiträgeund Zuwendungen. Hält dieser Trend an, ist die tra-ditionelle Rolle des UNDP als Koordinator der tech-nischen Zusammenarbeit innerhalb des UN-Systemsgefährdet, zumal der Jahresetat der Weltbank schonheute etwa das zehnfache des UNDP-Etats beträgt(1996). Insbesondere die Entwicklungsländer be-fürchten eine weitere Verstärkung des Ungleichge-wichts zwischen den Vereinten Nationen („ein Land,eine Stimme“-System) und den Bretton Woods Insti-tutionen („ein Dollar, eine Stimme“-System) (Agar-wal et al. 1999). Daher spricht sich der Beirat für eineklare und ausgewogene Aufgabenteilung sowie einerkoordinierten Zusammenarbeit zwischen einem zustärkenden UNDP und der Weltbankgruppe aus.

Nach Ansicht von Klingebiel (1999) könnteUNDP eine zentrale Rolle bei der Schaffung günsti-ger Rahmenbedingungen in den Entwicklungslän-dern übernehmen, ohne die eine erfolgreiche Umset-zung der Ziele globaler Umweltregime nicht möglichist. Erstens könnte der Themenbereich gute Regie-rungsführung, Krisenprävention und Friedenskonso-lidierung ausgebaut werden. Hier hat UNDP eine be-

sondere Legitimation, weil von der allgemeinen Er-klärung der Menschenrechte bis zum Pakt über wirt-schaftliche soziale und kulturelle Rechte die wich-tigsten Vereinbarungen hierzu von der UN getroffenwurden. Zweitens könnte UNDP durch den Aufbaueines systematischen Folgeprozesses dazu beitragen,dass die auf den Weltgipfeln der 90er Jahre getroffe-nen Vereinbarungen effektiv und effizient umgesetztwerden, insbesondere durch die gezielte Förderungund Einbindung der örtlichen Institutionen. Drittens,so Klingebiel (1999), sollte UNDP durch den Aufbaugeeigneter Kapazitäten den Entwicklungsländernhelfen, ihre Entwicklungszusammenarbeit zukünftigweitgehend selbst zu koordinieren und damit einStück zur Kapazitätenbildung beitragen. Solche Vor-schläge gehen nach Ansicht des Beirats in die richti-ge Richtung, allerdings bedarf die Stärkung desUNDP als Finanzierungs- und Koordinierungsorganfür die operativen Tätigkeiten der Vereinten Natio-nen einer breiter gefassten Ausrichtung, die im Sinnder AGENDA 21 Entwicklungs- und Umweltfragengleichermaßen berücksichtigt.

D 3.3Stärkung des UNDP als Finanzierungs- undKoordinierungsorgan

Das UNDP verliert als Finanzierungs- und Koordi-nierungsorgan für die operativen Tätigkeiten der UNzunehmend Gewicht gegenüber der finanziell sehrviel besser ausgestatteten Weltbankgruppe. Um dasVertrauen der Geber in das Entwicklungsprogrammzu stärken, empfiehlt der Beirat die Verwendungsef-fizienz des UNDP effektiver zu überwachen (Kap. E3). Zudem sollte das UNDP im UN-System in seinerZuständigkeit für Entwicklungsfragen gestärkt wer-den. Insbesondere sollte geprüft werden, welcheMöglichkeiten bestehen, das UNDP mit einem ex-klusiven Mandat und mit Entscheidungsbefugnissenaußerhalb der eigenen Programme auszustatten.

Die Akzeptanz des UNDP beruht in erster Linieauf der Sachkompetenz und der Mittelausstattung(die in den letzten Jahren stark gelitten hat). Der Bei-rat betont, dass die Mittelausstattung des UNDP beiweitem nicht ausreicht, um die anstehenden globalenProbleme angemessen zu behandeln. Eine Stärkungdes UNDP ist aus der Sicht des Beirats auch wün-schenswert, weil das Programm unter den Entwick-lungsländern ein besonderes Vertrauen genießt. Die-ser Vertrauensvorschuss ist insbesondere bei Projek-ten wichtig, die gute Regierungsführung, Krisenprä-vention und Friedenskonsolidierung fördern.

Das UNDP koordiniert neben zahlreichen Ent-wicklungsprojekten auch Projekte zum Schutz natür-licher Ressourcen. Der Beirat empfiehlt zu prüfen,

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129Stärkung des UNDP als Finanzierungs- und Koordinierungsorgan D 3.3

inwiefern Umwelt- und Entwicklungsziele im Rah-men der Projektarbeit des UNDP besser zusammen-geführt werden könnten. In diese Richtung geht auchdie Umwelt- und Armutsinitiative von UNDP undder Europäischen Union (das erste Ministerforumhierzu fand im September 1999 statt), die Umwelt-schutz und Armutsbekämpfung nicht als Gegensatzverstanden wissen will und nach Möglichkeitensucht, beide Ziele zu erreichen.

Das in seiner Kooperations- bzw. Koordinations-funktion gestärkte Umweltprogramm der VereintenNationen (UNEP) (Kap. E 2) sollte eine umweltpoli-tische Einflussmöglichkeit auf UNDP erhalten undkönnte unter Berücksichtigung bestehender multila-teraler Vereinbarungen Umweltstandards für UNDPerarbeiten. Der von UNDP herausgegebene Jahres-bericht zur menschlichen Entwicklung könnte zu-künftig auch Umweltaspekte berücksichtigen, insbe-sondere bei der Erarbeitung neuer Indizes. Hierkönnte UNDP nach Ansicht des Beirats einen wich-tigen Beitrag zu einem integrierten Berichtswesenüber globale Umwelt- und Entwicklungsproblemeleisten. Der Beirat betont zudem wie wichtig es ist,die Erfahrungen aus der operativen Tätigkeit vonUNDP auch an UNEP zu vermitteln, um sicherzu-stellen, dass diese Projekterfahrungen auf die strate-gische Weiterentwicklung des Programms rückwir-ken können.

Ohne eine verlässliche Finanzierung in Verbin-dung mit einer verbesserten Effizienzkontrolle wirdUNDP die skizzierten Ziele nicht erreichen können.Zur Motivation der Geber ist es daher wichtig, nichtnur die beschriebenen konzeptionellen Neuerungenvoranzutreiben und Entscheidungsbefugnisse zustärken, sondern auch eine effiziente Kontrolle derMittelverwendung sicherzustellen. Von entscheiden-der Bedeutung wird letztlich sein, dass über die anzu-strebenden weiteren Reformen ein intensiver Dialogzwischen Geber- und Programmländern geführtwird.

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Globale Umweltpolitik: Bewertung,Organisation und Finanzierung

E

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E 1Bewertung von Umweltproblemen

E 1.1 Einleitung

Der Beirat konzentriert sich in diesem Kapitel vor al-lem auf die Rolle der wissenschaftlichen Politikbera-tung bei der Bewertung globaler Umweltverände-rungen und schlägt insbesondere die Schaffung einerunabhängigen Instanz vor, die die internationale Ge-meinschaft auf besonders risikoreiche Entwicklun-gen aufmerksam machen kann. In diese Überlegun-gen wird auch die Kommission für nachhaltige Ent-wicklung einbezogen. Darüber hinaus wird die Ein-richtung unabhängiger wissenschaftlicher Panelsnach dem Beispiel des zwischenstaatlichen Aus-schusses über Klimaänderungen (IntergovernmentalPanel on Climate Change, IPCC) vorgeschlagen. ZurRolle der internationalen Forschung sowie zu denglobalen Monitoring- und Frühwarnsystemen hatder Beirat bereits in früheren Gutachten ausführlichStellung genommen (WBGU, 1996b, 1999a).

E 1.2Unabhängige Instanz für Bewertung undFrühwarnung

In seiner Vision einer strukturellen Neuordnung derglobalen Umwelt- und Entwicklungspolitik sieht derBeirat die Notwendigkeit für eine unabhängige In-stanz mit überragender ethischer und intellektuellerAutorität zur Erkennung und Bewertung von Risi-ken des Globalen Wandels. Er empfiehlt der Bundes-regierung, die Gründung einer Earth Commission zuprüfen und den Vereinten Nationen einen entspre-chenden Vorschlag zu unterbreiten (Abb. F 1.1). Die-se aus 10–15 Persönlichkeiten bestehende EarthCommission soll das für den Umweltschutz und dieWahrung der Rechte und Interessen zukünftiger Ge-nerationen nötige Langfristdenken gewährleisten so-wie Impulse für Forschung und politisches Handelngeben. Insbesondere solche Themen, die trotz ihrerexistenziellen Bedeutung vernachlässigt werden,könnten von der Earth Commission öffentlichkeits-

wirksam auf die internationale Agenda gebrachtwerden.

Die durch die UN-Generalversammlung zu beru-fende Earth Commission sollte mit Persönlichkeitenvon höchster moralischer Autorität besetzt sein, diein der Weltöffentlichkeit Gehör finden, etwa nachdem Modell der Brandt- oder der Brundtland-Kommissionen. Eine solche Kommission würde ge-wissermaßen die globalisierte Form des deutschen„Rates für nachhaltige Entwicklung“ darstellen.Unterstützt werden könnte die Earth Commissionbei Bedarf durch die Zuarbeit wissenschaftlicher Pa-nels (Kap. E 1.3), deren Hauptaufgabe allerdings dieBeratung der Vertragsstaatenkonferenzen der Rio-Konventionen sein sollte.

Der Earth Commission könnten Vorschlagsrechtefür zu behandelnde wissenschaftliche Fragen durchdie Panels eingeräumt werden. Diese Umweltanaly-sen würden von der Earth Commission aufbereitetund dahingehend bewertet, ob eine „Warnung“ andie Weltöffentlichkeit und die Vereinten Nationenüber drohende, möglicherweise irreversible Umwelt-veränderungen ausgesprochen werden sollte. Wis-senschaftliche Panels und Earth Commission solltennicht eigenständig forschen, sondern Forschung an-regen, deren Ergebnisse auf Politikrelevanz prüfen,um die politischen Entscheidungsträger über beson-deres bedenkliche Entwicklungen des GlobalenWandels zu unterrichten.

Damit die Funktion der Frühwarnung ausrei-chend Gewicht und politisches Mandat besitzt, sollteder Earth Commission bei der Generalversammlungder Vereinten Nationen ein Recht zur Anhörung ein-geräumt werden bzw. zum Anstoß von Initiativen zurBewältigung von Problemen bzw. Fehlentwicklungendes Globalen Wandels. Sie sollte zu regelmäßigenBerichten an den UN-Generalsekretär verpflichtetwerden, in denen die globale Umweltsituation be-wertet wird. Dabei könnte die CSD ein Diskussions-form für diese Berichte darstellen. Die EarthCommission sollte zusammen mit den wissenschaftli-chen Panels insbesondere vier Aufgabenschwer-punkte wahrnehmen:

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134 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

• Zusammenschau: Sie sollte den bestmöglichenNutzen aus den bestehenden Monitoringsystemenziehen, um den jeweiligen Zustand des SystemsErde zu charakterisieren. Ebenso sollte bei Be-darf Monitoring aufgebaut werden.

• Früherkennung und Frühwarnung: Sie sollte aufder Basis wissenschaftlicher Daten und Erkennt-nisse die Weltöffentlichkeit und insbesondere dieVereinten Nationen vor drohenden und potenziellirreversiblen globalen Umweltschädigungen war-nen.

• Identifizierung von Leitplanken: Sie sollte „Leit-planken“ für die internationale Umweltpolitikidentifizieren, um die noch akzeptablen Über-gangsbereiche und die inakzeptablen Zuständeaufzuzeigen.

• Rechenschaftspflicht: Sie sollte dem Generalsekre-tär der Vereinten Nationen einen jährlichen Re-chenschaftsbericht vorlegen, in dem die wichtigs-ten Umweltprobleme und -entwicklungen nachdem neuesten Stand der Kenntnisse bewertet wer-den.

E 1.3Die Rolle wissenschaftlicher Politikberatung

Der Beirat hat in seinen Gutachten vielfach auf dieBedeutung einer unabhängigen wissenschaftlichenPolitikberatung für die Prozesse der Problemidentifi-zierung und -lösung hingewiesen (WBGU, 1996b,1999a, 2000). Wegen der Komplexität globaler Prob-leme ist die systematische Vermittlung wissenschaft-licher Erkenntnisse und Früherkennungsstrategienunerlässlich für die politischen Steuerungsorgane.Zur Unterstützung regime-interner wissenschaftli-cher Organe, die häufig nur konkrete Aufträge derVertragsstaatenkonferenzen bearbeiten, fehlt es inder globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik anGremien zur wissenschaftlichen Beratung nach demBeispiel des Zwischenstaatlichen Ausschusses überKlimaänderungen (IPCC), die ihre Empfehlungender internationalen Gemeinschaft, den Vertragsstaa-ten und allen interessierten Akteuren zugänglich ma-chen. Dazu gilt es die vorhandenen wissenschaftli-chen Netzwerke besser zu bündeln und in Form vonthemenspezifisch einzurichtenden Panels der Nut-zung durch die internationale Politik zuzuführen.Diese Panels sollten sich aus den weltweit führendenWissenschaftlern zusammensetzen.

Wie der Beirat bereits in früheren Gutachten dar-gelegt hat, ist Wissen der Schlüssel zur Bewältigungder Herausforderungen des Globalen Wandels, deraber bislang nur unzureichend genutzt wird (WBGU,1999a). Die Ursachen reichen von einer mangelndenIntegration partikulären Wissens über den asymmet-

rischen Zugang zu Wissen bis zu ineffektiven Struk-turen der Wissensvermittlung. Um dieses Wissenbesser zusammenzuführen, hat der Beirat bereitsmehrfach die Einrichtung verschiedener wissen-schaftlicher Panels empfohlen (WBGU, 1999a, 2000).Im aktuellen Gutachten greift der Beirat diese ein-zelnen Empfehlungen wieder auf und entwickelt sieweiter zu einem Verbund wissenschaftlicher Panelsim Rahmen des Earth Assessment, einem der dreiBausteine einer übergeordneten Struktur zur Stär-kung der internationalen Umweltpolitik (Earth Alli-ance, Kap. F).

E 1.3.1Erfahrungen mit dem IPCC

Die Erfahrungen aus den Verhandlungsprozessender internationalen Umwelt- und Entwicklungspoli-tik verdeutlichen einen wachsenden Bedarf an fun-dierter und unabhängiger wissenschaftlicher Bera-tung (Kap. B, Kap. C). Dabei ist zu beachten, dass derEinfluss der Wissenschaft auf die Politik jedoch we-sentlich davon abhängt, wie diese Erkenntnisse ge-wonnen wurden und wer sie vorbringt. Dies war ei-nes der Motive für die Einrichtung des IPCC im Jahr1988 durch die WMO und UNEP. Inzwischen wurdendie Einschätzungen des IPCC, das nicht an die Be-schlüsse der Vertragsstaatenkonferenz gebunden ist,die weithin anerkannte wissenschaftliche Grundlageder internationalen Klimapolitik. Das Fundamentder Arbeit des IPCC ist eine breite, internationaleBeteiligung von Wissenschaftlern und ein differen-ziertes mehrstufiges Peer-Review-Verfahren. DieZusammenfassungen für Entscheidungsträger beimIPCC werden allerdings Zeile für Zeile von Regie-rungsvertretern redigiert, während der Hauptteil desBerichts und der drei Arbeitsgruppen nicht einemsolchen politischen Einfluss unterliegt (Agrawala,1997). Hinzu kommt, dass – mit dem Ziel politikrele-vanter zu arbeiten – zumindest in Teilbereichen derwissenschaftliche Charakter des IPCC dadurch auf-zuweichen droht, dass interessengeleiteten AkteurenEinflussmöglichkeiten gegeben wird (Jung, 1999b).Derzeit ist dies nach den Erfahrungen des Beirats al-lerdings nicht feststellbar.

Da die Entwicklungsländer nicht über ausreichen-de Forschungskapazitäten verfügen, sind sie häufigim IPCC unterrepräsentiert (Enquete-Kommission,1990; Agrawala, 1997). Allerdings hat sich durch diefinanzielle Unterstützung des IPCC die Zahl derTeilnehmer aus Entwicklungsländern seit 1988 konti-nuierlich gesteigert. Dabei kann es nach Ansicht desBeirats nicht darum gehen, eine allzu starre Erfül-lung regionaler Repräsentanzen zu fordern, da diesdie wissenschaftliche Glaubwürdigkeit des IPCC ge-

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135Die Rolle wissenschaftlicher Politikberatung E 1.3

fährden würde. Es kommt vielmehr darauf an, diewissenschaftliche Kompetenz in den Entwicklungs-ländern zu fördern, um langfristig einen Ausgleich zuschaffen.

E 1.3.2Unterstützung globaler Umweltpolitik durchwissenschaftliche Panels

Die Unschärfe der wissenschaftlichen Grundlagen,Begriffe und Konzepte, die in den Verhandlungender internationalen Umweltpolitik verwendet wer-den, ist in den vergangenen Jahren immer deutlichergeworden und bildet ein Hindernis bei der Ausarbei-tung bzw. Umsetzung von Entscheidungen der Ver-tragsstaaten. Im Hinblick auf den UNCED-Folgeprozess besteht Handlungsbedarf in folgendenBereichen:• Es fehlt ein abgestimmter Beitrag der wissen-

schaftlichen Gemeinschaft zu den Problemen desGlobalen Wandels. Für einzelne Umweltbereichesind die Erkenntnisse über Zustand, Degrada-tionsdynamik und mögliche Folgewirkungen nochsehr lückenhaft bzw. fehlen vollständig (Kap. B).Dies gilt beispielsweise für den Verlust biologi-scher Vielfalt und die Zerstörung der Böden. Erstregelmäßige wissenschaftliche Bestandsaufnah-men können die konkrete Ausgestaltung vertrag-licher Pflichten ermöglichen, etwa durch den Ein-satz eines zu entwicklenden Basiskatalogs globa-ler Indikatoren (Kap. C).

• Es fehlt eine Instanz, die sich übergreifend mit denzentralen Themen des Globalen Wandels und derBestimmung von „Sicherheitsstreifen“ oder Leit-planken befasst, um die internationale Gemein-schaft möglichst früh über bedrohliche Entwick-lungen der Umwelt zu informieren. Leitplanken,die die Grenzen absoluter Nichtnachhaltigkeitaufzeigen, würden eine wissenschaftlich begrün-dete Grundlage für die Ermittlung von Reduk-tions- oder Schutzzielen einzelner Umweltregimebilden. Hierzu hat der Beirat in seinem Jahresgut-achten 1998 einen Ausschuss für Risikobewertung(Risk Assessment Panel, RAP) vorgeschlagen, deru.a. ein internationales Verfahren zur Risikoeva-luierung initiiert (WBGU, 1999a).

• Für die Umsetzung wissenschaftlicher For-schungsergebnisse in politikrelevante Handlungs-optionen fehlt häufig die Integration disziplinärerAnsätze und Sichtweisen.

• Für die Information der Öffentlichkeit bedarf eseiner Struktur, die vorhandenes „Risikowissen“bündelt und zugänglich macht.

Mit der vorhandenen Struktur, bei der lediglich dieKlimarahmenkonvention über ein unabhängiges

wissenschaftliches Beratungsgremium verfügt, lassensich die skizzierten Aufgaben nicht bewältigen. Zwargibt es z. B. für die wissenschaftlich-technische Bera-tung zum Biodiversitäts- und Desertifikationsregimezwei zuständige Organe: SBSTTA (Nebenorgan fürwissenschaftliche, technische und technologischeBeratung der Biodiversitätskonvention) und CST(Ausschuss für Wissenschaft und Technologie derDesertifikationskonvention). Deren Funktion ist es,auf spezifische Anfrage der Vertragsstaatenkonfe-renz wissenschaftliche Expertisen anzuregen undauszuwerten. Die Ergebnisse dieser Expertisen müs-sen daraufhin in Beschlussvorlagen für die Vertrags-staatenkonferenz gebündelt werden. SBSTTA undCST sind als nachgeordnete, weisungsgebundeneGremien der Vertragsstaatenkonferenz eng in derenArbeitsprogramm eingebunden. In der Klimarah-menkonvention gibt es den ZwischenstaatlichenAusschuss über Klimaänderungen (IPCC), dessenBerichte vom Nebenorgan für wissenschaftliche undtechnologische Beratung (SBSTA) für die Vertrags-staatenkonferenz aufbereitet werden. Eine solcheBeratungsstruktur fehlt aber für die Biodiversitäts-und die Desertifikationskonvention, bei denen dienotwendige unabhängige wissenschaftliche Arbeitim Kräftefeld der politischen Interessen nicht zu rea-lisieren ist. Häufig sind bei den SBSTTA- bzw. CST-Sitzungen anstelle unabhängiger Wissenschaftler Re-gierungsvertreter anwesend und führen die Beratun-gen eher unter einem politischen Blickwinkel.

Aus den Erfahrungen von IPCC empfiehlt derBeirat, für die Beratung und Begleitung, etwa derinternationalen Boden- und Biodiversitätspolitik,vergleichbare wissenschaftliche Gremien oder Pa-nels einzurichten. In einem ZwischenstaatlichenAusschuss über biologische Vielfalt (Intergovern-mental Panel on Biological Diversity – IPBD)(WBGU, 2000) oder einem ZwischenstaatlichenAusschuss über Böden (Intergovernmental Panel onSoils – IPS) ließen sich anerkannte Wissenschaftlerzusammenführen, die kontinuierlich und unabhängigarbeiten und wissenschaftliche Politikberatung leis-ten könnten. Der Beratungsbedarf ist umfassend: Beider Konvention zur Bekämpfung der Bodendegrada-tion in Trockengebieten bedarf es z. B. für eine effek-tivere Umsetzung der Beschlüsse eines „Kernsets“globaler Indikatoren (Beobachtung und Berichtswe-sen) und Leitplanken (Schutz- bzw. Reduktionszie-le). Die hier bestehenden Ansätze, über die nächsten10–15 Jahre eine Datenbank über Böden, Bodennut-zung und Bodendegradation zu schaffen, sind viel-versprechend. Langfristig ist aber eine Struktur not-wendig, die die Bodenveränderungen kontinuierlichüberwacht und bewertet (Kap. C 4.3).

Ebenso essenziell ist die Zusammenführung derinternationalen Biosphärenforschung in einem wis-

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136 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

senschaftlichen Expertenausschuss, da auch in derBiosphärenpolitik ein Mangel an fundierter und un-abhängiger wissenschaftlicher Politikberatung fest-zustellen ist. Hierzu hat der Beirat bereits ausführlichStellung genommen (WBGU, 2000). Darüber hinauskönnte ein Ausschuss für Risikobewertung (Risk As-sessment Panel) dazu dienen, als Netzwerkknoten dieverschiedenen nationalen Risikoerfassungen und-bewertungen systematisch zusammenzubringen undaufeinander abzustimmen. Dieses Panel sollte weni-ger auf eine Analyse einmal erkannter Umweltprob-leme als vielmehr auf die frühzeitige Identifikationvon neuartigen, erst ansatzweise identifizierbarer Ri-siken des Globalen Wandels ausgerichtet sein. Zuden Aufgaben des Panels hat der Beirat bereits aus-führlich Stellung genommen (WBGU, 1999a).

Die Beiträge dieser Panels könnten der Diskus-sion um den internationalen Umweltschutz mehrGewicht verleihen. Schließlich würden die empfohle-nen unabhängigen Panels den Vertragsstaaten sowieallen interessierten Akteuren wissenschaftliche Poli-tikberatung zu aktuellen Fragen und Problemen ausdem politischen Prozess bieten und darüber hinausauf von der Politik vernachlässigte Themen hinwei-sen können. Die wissenschaftlichen Ergebnisse die-ser Panels würden auch von der vom Beirat vorge-schlagenen Earth Commission genutzt. Zu prüfenwäre, ob statt „zwischenstaatlich“ die Bezeichnung„international“ gewählt werden sollte, um die politi-sche Unabhängigkeit der einzurichtenden Panels zuunterstreichen.

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass durcheine Verlagerung der wissenschaftlichen Aufgabenan unabhängige Gremien den bestehenden nachge-ordneten wissenschaftlichen Ausschüssen zuneh-mend eine Vorbereitungsrolle für die Vertragsstaa-tenkonferenzen zukommt. Bereits heute ist eine sol-che Entwicklung bei der Klimarahmenkonventionund der Biodiversitätskonvention zu beobachten, wodie Sitzungen dieser Nebenorgane (SBSTTA bzw.SBSTA und SBI) sich mittlerweile zu „Mini-Ver-tragsstaatenkonferenzen“ entwickelt haben, diezahlreiche Beschlüsse der Vertragsstaatenkonferen-zen vorbereiten. Eine solche Entwicklung findet beider Desertifikationskonvention derzeit nicht statt, dadie Sitzungen des Ausschusses für Wissenschaft undTechnologie zeitlich an die Vertragsstaatenkonferen-zen gekoppelt sind und eine Vorbereitung der Ver-tragsstaatenkonferenz daher kaum möglich ist. EineWeiterentwicklung der bestehenden wissenschaftli-chen Nebenorgane bzw. Ausschüsse in die beschrie-bene Richtung erscheint dem Beirat sehr sinnvoll, dasomit wissenschaftliche Erkenntnisse eingespeistund für die Vertragsstaatenkonferenzen aufbereitetwerden können. Die wissenschaftlichen Nebenorga-ne bzw. Ausschüsse würden damit eine wichtige

Scharnierfunktion zwischen Wissenschaft und Politikübernehmen, wie es bereits bei der Klimarahmen-konvention der Fall ist.

Auch auf der Ebene der Europäischen Unionfehlt es an einer koordinierten wissenschaftlichenPolitikberatung. Daher sollte den bestehenden natio-nalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsräten in der Eu-ropäischen Union die Möglichkeit gegeben werden,mit gemeinsamen Gutachten die Umwelt- und Ent-wicklungspolitik Brüssels beratend zu begleiten. Ins-besondere die Vorbereitungen zur Rio+10-Konfe-renz würden sich aus der Sicht des Beirats hierzu an-bieten. In der Verhandlungspraxis des UNCED-Folgeprozesses spricht die Europäische Union schonlange mit gemeinsamer Stimme. Daher ist es an derZeit eine Struktur zu schaffen, die eine EU-weite Ko-operation der nationalen Gremien zur wissenschaft-lichen Politikberatung ermöglicht bzw. einen wissen-schaftlichen Rat auf EU-Ebene, in dem Mitgliedernationaler Beratungsgremien vertreten sind. Die re-gelmäßigen Treffen der europäischen Umwelt- undNachhaltigkeitsräte, die sich zum Verbund der Euro-pean Environmental Advisory Councils (EEAC) zu-sammengeschlossen haben und gemeinsam einenFocal Point finanzieren, sind ein erster Schritt in die-se Richtung.

E 1.4Die Rolle der CSD

In der vom Beirat vorgeschlagenen Struktur einesEarth Assessment würde der Kommission für nach-haltige Entwicklung (CSD) eine wichtige Binde-glied- und Dialogfunktion im Meinungsbildungspro-zess zwischen Earth Commission sowie den Staaten,der Wissenschaft, den Nichtregierungsorganisatio-nen und der internationalen Umweltorganisationeinnehmen. In dieser Neupositionierung könntenach Ansicht des Beirats eines der zukünftigen Auf-gabenfelder der CSD liegen, die 2001 ihre vonUNCED festgelegte Rolle der Abarbeitung einzel-ner Themen der AGENDA 21 erfüllt haben wird. Alsfunktionale Kommission des ECOSOC ist die CSDohne zeitliche Limitierung eingeführt worden. Aufder Rio+10-Konferenz wird daher neu über die zubehandelnden Themen entschieden. Der EarthCommission könnte auch gegenüber der CSD einVorschlagsrecht für die zu behandelnden Themeneingeräumt werden, die aus wissenschaftlicher Sichtbesonders wichtig sind, die bisher aber nicht die nöti-ge politische Aufmerksamkeit erlangt haben. Zudemkönnte die CSD das Diskussionsforum für die Be-richte der Earth Commission werden.

Hierfür wäre die CSD besonders geeignet, da siedas zwischenstaatliche Forum im UN-Verbund ist,

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137Handlungsempfehlungen zur Bewertung globaler Umweltprobleme E 1.5

auf dem Fragen zur Nachhaltigkeit über alle Sekto-ren hinweg angesprochen werden. Die CSD ist daszentrale Forum für Fragen von Umwelt und Ent-wicklung. Neben dieser integrativen Rolle erfüllt dieCSD eine wichtige Unterstützungsfunktion in derinternationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik,da sie den für die politischen Entscheidungen nöti-gen konsens- und normbildenden Verarbeitungspro-zess innerhalb der Staatengemeinschaft initiiert. Die-se sehr wichtige Funktion gilt es auch zukünftig bei-zubehalten und in dem vom Beirat vorgeschlagenenSystem der Bewertung von Risiken des GlobalenWandels zu integrieren. Schließlich ist die Wissen-schaft in der CSD bisher eher unterrepräsentiert. Da-her schlägt der Beirat vor zu prüfen, ob die Wissen-schaft im CSD-Prozess eine prominentere Rolle ein-nehmen könnte, etwa indem Vertreter der wissen-schaftlichen Panels auf den zweitägigen „multistakeholder dialogues“, die am Anfang einer jedenCSD-Sitzung stehen, über neueste Erkenntnisse be-richten.

E 1.5Handlungsempfehlungen zur Bewertung globalerUmweltprobleme

Insgesamt sollte die Bewertung von Umweltproble-men in Form einer Integration von Erd-Rat, wissen-schaftlicher Politikberatung und der CSD gestaltetwerden. Nach Ansicht des Beirats ist ein solches Zu-sammenspiel von ethischer Autorität, neuester wis-senschaftlicher Expertise und offener Diskussion ineiner UN-Institution unabdingbar, um die komple-xen Probleme des Globalen Wandels angemessenund nach dem Vorsorgeprinzip bewerten zu können.Dabei kommt es vor allem darauf an, diesen Bewer-tungsprozess dynamisch zu gestalten und stets densich ändernden Rahmenbedingungen und Erkennt-nissen anzupassen. Der Erd-Rat sollte nicht nur eineumweltpolitische „gelbe Karte“ zeigen, sondern beigünstiger Entwicklung auch eine Entwarnung aus-sprechen können.

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Reform des Organisationengefüges globaler UmweltpolitikE 2

E 2.1Einleitung

Während der Beirat in Kap. C vorrangig Erfahrun-gen mit einzelnen Umweltregimen aufzeigt, sich inKap. D mit der Politikverflechtung und in Kap. E 1mit der wissenschaftlichen Bewertung des GlobalenWandels auseinander gesetzt hat, beschäftigt er sichnun gezielt mit der Frage der geeigneten organisato-rischen Fundierung globaler Umweltpolitik. An-schließend wird er sich in Kap. E 3 mit dem übergrei-fenden Problem der Finanzierung befassen. Dabeiverstehen sich diese Ausführungen als ein aktions-orientierter Beitrag zu den Vorbereitungen für dieRio+10-Konferenz im Jahr 2002, bei der die Institut-ionenfrage eines der Schwerpunktthemen sein wird.

Wie in den bisherigen Abschnitten ausgeführt, er-kennt der Beirat in der gegenwärtigen globalen Um-weltpolitik eine Reihe von Fortschritten, doch ohneZweifel bleiben erfolgreiche internationale Ver-handlungen mühsam und langwierig. Wegen desstrukturbestimmenden Souveränitätsprinzips beruhtdie Entscheidungsfindung in internationalen Um-weltverhandlungen weiterhin im Grunde auf demKonsensprinzip, auch wenn die Staaten sich in man-chen Regimen inzwischen auf das Instrument derMehrheitsentscheidung für bestimmte Fragen geei-nigt haben. Wie in Kap. C gezeigt, konnten Mehr-heitsentscheidungen beispielsweise im Rahmen desMontrealer Protokolls von 1987 über Stoffe, die dieOzonschicht schädigen eingeführt werden, sowie in-nerhalb der Globalen Umweltfazilität (WBGU,1996b). Diese Durchbrüche blieben indes Ausnah-men, und in anderen Bereichen globaler Umweltpo-litik hat das Konsensprinzip geradezu eine Renais-sance erlebt. Die Folge der grundsätzlichen Konsens-orientierung, gerade beim Vertragsschluss, bewirkt,dass umweltpolitische „Bremser“ oft nur durch Zu-geständnisse zum Mitmachen bewegt werden kön-nen oder wirksame Maßnahmen gänzlich verhindern(Sand, 1990). Ebenso bleibt die Umsetzung undDurchsetzung internationaler Umweltpolitik in wei-ten Bereichen defizitär.

Wegen des häufig konstatierten Mangels an Koor-dination und Wirkungskraft der globalen Umweltpo-litik wurde deshalb in den letzten Jahren der Rufnach einer umfassenden Umgestaltung des interna-tionalen Institutionen- und Organisationengefügeslaut, wobei bislang in der wissenschaftlichen Diskus-sion kein Konsens über die notwendigen Schritte er-zielt werden konnte (Esty, 1994a, b, 1996; Runge,1994; Biermann und Simonis, 2000). Der aktuellsteVorstoß in diese Richtung stammt vom französischenPremierminister Lionel Jospin und der französischenUmweltministerin Dominique Voynet, die im Juni2000 ankündigten, die französische EU-Präsident-schaft zur Beförderung der Diskussion um eine inter-nationale Umweltorganisation zu nutzen. Bereits1999 sprach sich der ehemalige WTO-Exekutivdirek-tor Renato Ruggiero dafür aus, als Gegengewicht zurWTO eine „Internationale Umweltorganisation“ zugründen, ohne jedoch konkreter zu werden. Ein Jahrzuvor schlug der französische Präsident Jacques Chi-rac die Einrichtung einer internationalen Umweltor-ganisation vor.

International gilt auch Deutschland als Befürwor-ter der Gründung einer UN-Sonderorganisation fürUmweltfragen, nachdem der damalige Bundeskanz-ler Helmut Kohl 1997 offiziell auf der UN-Sonderge-neralversammlung zu Umwelt und Entwicklung ge-fordert hatte, „[...] global environmental protectionand sustainable development need a clearly-audiblevoice at the United Nations. Therefore, in the shortterm, I think it is important that cooperation amongthe various environmental organisations besignificantly improved. In the medium term thisshould lead to the creation of a global umbrella orga-nization for environmental issues, with the UnitedNations Environment Programme as a major pillar“(Kohl, 1997). Dies war im Ergebnis deckungsgleichmit der gemeinsamen Erklärung von Brasilien,Deutschland, Singapur und Südafrika vom Juni 1997,ebenfalls auf der Sondergeneralversammlung derVereinten Nationen.Wie diese von Deutschland vor-geschlagene „global umbrella organization for envi-ronmental issues“ im Detail ausgestaltet werden soll-te, wurde nicht genauer ausgeführt.

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139Funktionen einer Neustrukturierung E 2.2

Auch nach dem Regierungswechsel von 1998 stehtdie Bundesregierung weiterhin hinter dieser Initiati-ve. Beispielsweise erklärte die umweltpolitischeSprecherin der SPD-Bundestagsfraktion am 25. Ja-nuar 1999: „Wir brauchen […] eine Bündelung derunübersichtlichen und zersplitterten internationalenInstitutionen und Programme. UNEP, CSD undUNDP sollten in einer Organisation für nachhaltigeEntwicklung zusammengeführt werden. Eine engeVerbindung zu Weltbank, Weltwährungsfonds, Welt-handelsorganisation und UNCTAD [UN Confe-rence on Trade and Development] sind anzustreben,um Umweltdumping zu verhindern und insgesamteine der AGENDA 21 entsprechende nachhaltige um-weltverträgliche Entwicklung zu erreichen“ (zitiertnach: epd-Entwicklungspolitik 5/99).

Der Beirat hat sich bereits in früheren Gutachtenfür die Gründung einer Internationalen Umweltor-ganisation ausgesprochen (WBGU, 1996a, 1999a). Indiesem Gutachten wird dieser Vorschlag erneut auf-gegriffen und umfassend erläutert. Zunächst wirddargelegt, was eine organisatorische Reform globa-ler Umweltpolitik leisten und nicht leisten sollte(Kap. E 2.2). Daran anschließend wird ein Modell ei-nes organisatorischen Umbaus des internationalenOrganisationensystems in drei Stufen vorgestellt(Kap. E 2.3). Dabei empfiehlt der Beirat nicht a prio-ri, dass langfristig sämtliche Stufen durchlaufen undStufe 3 am Ende unbedingt erreicht werden sollte.Vielmehr rät er der Bundesregierung, zunächst nurden ersten Schritt anzustreben, dessen Wirksamkeitzu prüfen und weitere Schritte erst in Erwägung zuziehen, wenn der vorhergehende Schritt nicht den ge-wünschten Erfolg erbrachte.

E 2.2Funktionen einer Neustrukturierung

KoordinierungsbedarfWelches sind die Probleme, die den Ruf nach derGründung einer internationalen Umweltorganisa-tion laut werden ließen? Zunächst ist festzustellen,dass mit der starken Zunahme der Zahl internatio-naler Umweltvereinbarungen in den letzten dreiJahrzehnten der Koordinierungsbedarf der Umwelt-politik beträchtlich gewachsen ist. Es drohen Dop-pelarbeit, Kompetenzüberschneidungen und Ziel-konflikte, etwa zwischen den einzelnen Vertragsstaa-tenkonferenzen, aber auch den jeweiligen Konven-tionssekretariaten und den UN-Programmen und-Abteilungen. Schwierigkeiten bestehen dabei so-wohl zwischen einzelnen Umweltabkommen alsauch zwischen Institutionen innerhalb und außer-halb des Umweltbereichs. So werden z. B. internatio-nale Regeln zum Schutz der Wälder zurzeit von fünf

verschiedenen Institutionen beraten, dem Interna-tional Tropical Timber Agreement, der Landwirt-schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO),der Klimarahmenkonvention, der Biodiversitätskon-vention sowie dem Zwischenstaatlichen Forum fürWälder.

Es gibt kaum einen Bereich der internationalenUmweltpolitik, in dem derartige Probleme nicht zu-nehmend deutlich werden. Beispielsweise ist die Kli-mapolitik nur wenig mit der Biodiversitäts- und Bo-denpolitik abgestimmt. Für diese wurden jeweilseigenständige Sekretariate eingerichtet, welche sichde facto zu kleinen Sonderorganisationen mit eige-ner Agenda entwickelten. Das Anrechnen von Treib-hausgassenken im Kioto-Protokoll zur Klimarah-menkonvention könnte etwa Anreize in der Wälder-politik setzen, die den Zielen der Biodiversitätspoli-tik zuwiderlaufen, weil in diesem Protokoll dasAbholzen von (artenreichen) Urwäldern und das an-schließende Aufforsten mit (artenarmen, aberschnellwachsenden) Plantagen als klimapolitischeMaßnahme prämiert wird (WBGU, 1998b; allgemeinzu diesen Problemen Chambers, 1998; Oberthür,1997; Oberthür und Ott, 1999; Young, 1997; Young etal., 1999).

Nicht zuletzt zur Koordination der entstehendeninternationalen Umweltpolitik war 1972 das UN-Umweltprogramm gegründet worden, ein zunächstvergleichsweise eigenständiger Akteur mit klar abge-grenzten Aufgaben. Die Zunahme internationalerUmweltverträge führte indessen zu einer erhebli-chen Zergliederung des Systems, da neu geschaffeneKonventionssekretariate, teils aus politischen Grün-den, dem UNEP nicht oder nur lose eingegliedertwurden und sich dadurch starke Partikularinteressenentwickeln konnten, was insgesamt einer koordinier-ten und effizienten globalen Umweltpolitik wenigzuträglich war. Zusätzlich sind verschiedene UN-Sonderorganisationen im Umweltschutz aktiv ge-worden, ohne dass das relativ kleine UNEP einenormsetzende und programmbildende Kraft hätteaufbauen können. Die Finanzierung der zentralenUmweltverträge mit Nord-Süd-Relevanz wiederumwurde teils der Weltbank in Form der Globalen Um-weltfazilität (GEF) institutionell eingegliedert, teilseigenständigen sektoralen Fonds übertragen (Kap.E 3; Ehrmann, 1997; Biermann, 1997).

Das Problem der Zergliederung ist seit längerembekannt. Die Vernetzung einzelner Organisationen,Programme und Büros wird seit 1972 versucht. Es ge-lang jedoch nicht, das Partikularinteresse einzelnerAbteilungen, Programme und Konventionssekreta-riate zu überwinden, so dass die vergleichsweise inef-fektive und ineffiziente Zersplitterung des interna-tionalen Institutionen- und Organisationengefügesin der Umweltpolitik eher zugenommen hat. Die

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140 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Rio-Konferenz von 1992 gebar aus der damaligenDebatte um eine institutionelle Reform nur eine wei-tere Unterkommission des Wirtschafts- und Sozial-rats, die Kommission für nachhaltige Entwicklung(CSD) (Kap. B 4.3). Aufgrund ihrer spezifischen in-stitutionellen Verankerung, die ihr kaum mehr zubil-ligt als das Recht, Empfehlungen an den ECOSOCweiterzuleiten, konnte sich die CSD neben UNEP,den Konventionssekretariaten und den UN-Sonder-organisationen sicher als Forum für Debatten, aberkaum für Entscheidungen entwickeln.

Capacity BuildingAuch mit Blick auf den dringend erforderlichen Auf-bau von Handlungskapazitäten in den Entwicklungs-ländern leidet das internationale System an einemAd-hoc-Ansatz, der den Erfordernissen der Transpa-renz, Effektivität und Beteiligung der Betroffenenschon jetzt nicht gerecht wird – und der Bedarf an Fi-nanz- und Technologietransfer von Nord und Südwird weiter wachsen. So haben die Industrieländerzugesagt, die Mehrkosten der Entwicklungsländerwie schon in der Ozonpolitik, so auch in der Klima-politik zu erstatten, wenn diese sich in den nächstenJahrzehnten zu quantitativen Emissionsminderungs-zielen bei Treibhausgasen verpflichten. Vergleichba-res gilt für die künftigen Kosten der Bodenschutz-und Biodiversitätspolitik im Süden. Hinzu kommenbald wohl Transferpflichten zur Begrenzung der Frei-setzung persistenter organischer Schadstoffe. Über-dies erfordert ein künftiger internationaler Emissi-onszertifikatehandel im Klimaschutz etwa in Formdes Mechanismus für eine umweltverträgliche Ent-wicklung (Clean Development Mechanism, CDM),der 1997 in Kioto beschlossen wurde, einen beträcht-lichen institutionellen Unterbau.

Befürworter der Gründung einer UN-Sonderor-ganisation für Umweltfragen führen hier an, dasseine solche Organisation – etwa der Weltgesund-heitsorganisation entsprechend – stärker das Prob-lembewusstsein fördern und den weltweiten Infor-mationsstand als Entscheidungsgrundlage verbes-sern könnte, wobei dieses sowohl die Informationüber das Erdsystem und die gegenwärtigen Umwelt-und Entwicklungsprobleme wie auch die Informa-tion über den Stand der Umsetzung der internationa-len und nationalen Politik zur Steuerung des Globa-len Wandels einschließen sollte. Natürlich muss dabeidas Rad nicht neu erfunden werden: Sämtliche Um-weltverträge verpflichten schon heute ihre Parteienzu regelmäßiger Berichterstattung. Sonderorganisa-tionen wie die Weltorganisation für Meteorologie(WMO), die Internationale Seeschifffahrtsorganisa-tion (IMO) oder die WHO sammeln und verbreitenwertvolles Wissen und fördern weitergehende For-schung; die CSD leistet wichtige Beiträge beim Aus-

arbeiten von Indikatoren für nachhaltige Entwick-lung. Nicht zuletzt ist UNEP auf vielen dieser Gebie-te aktiv.

Doch weiterhin fehlt das umfassende Koordinie-ren, Bündeln und entscheidungsorientierte Aufberei-ten und Weiterleiten dieses Wissens (Kap. E 1). Wasgegenwärtig von den verschiedenen internationalenAkteuren erarbeitet wird, benötigt einen zentralenFixpunkt im internationalen Institutionensystem.UNEP könnte dieser Fixpunkt sein, doch reichen dieRessourcen und derzeitigen Kompetenzen dieses derUN-Vollversammlung beigeordneten Programmsnicht. Hier wäre eine Alternative, das UNEP aufzu-werten hin zu einer vertraglich abgesicherten, finan-ziell mit zusätzlichen Mitteln ausreichend gestütztenund institutionell eigenständigen InternationalenUmweltorganisation. Wie schwach UNEP ausgestat-tet ist, wird an einem Vergleich der Mitarbeiterzah-len deutlich: Das weltweit agierende UNEP verfügtnur über rund 530 Mitarbeiter (2000), während dasdeutsche Umweltbundesamt (UBA) 1.032 (1999)und die US-amerikanische Umweltagentur (EPA) sogar auf 18.807 Mitarbeiter (1999) zurückgreifenkönnen.

Durch eine Aufwertung von UNEP könnten auchRegimebildungsprozesse besser unterstützt werden,beispielsweise durch das Initiieren und Vorbereitenvon Verträgen. Ein Vorbild könnte auch die ILOsein, die nach einem festgelegten Verfahren einenumfassenden Corpus von „ILO-Konventionen“ aus-gearbeitet hat, die eine Art globales Arbeitsgesetz-buch darstellen.Verglichen mit der ILO ist die globa-le Umweltpolitik in der Regimebildung bislang weitdisparater und von Kompetenzstreitigkeiten zwi-schen verschiedenen UN-Sonderorganisationen ge-kennzeichnet, in denen das kleine UNEP die Um-weltinteressen nicht genügend wahren konnte.

Pro und Kontra einer UN-Sonderorganisation für UmweltfragenAngesichts der auch von Deutschland angestoßenenDebatte um die Gründung einer UN-Sonderorgani-sation für Umweltfragen ist jedoch zu betonen, dassdiese kein Allheilmittel sein kann. Viele Probleme,die bei den derzeit bestehenden kleinen Abteilungenvor allem bei UNEP und CSD bestehen, werdennicht von einem Tag auf den anderen verschwinden.Übergreifend ist zudem zu berücksichtigen, dassinternationale Organisationen selten als Beispielefür hohe Effizienz gelten. In ihnen kommt es leicht zuinstitutionellen Verfestigungen, die eine mangelndeAnpassungsfähigkeit und folglich Bürokratismusnach sich ziehen. So gelten die Vereinten Nationeninsgesamt bei manchen Beobachtern als Beispiel fürIneffizienz. Aber dies spricht auch nicht unbedingtfür eine Aufrechterhaltung des Status quo, denn

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141Neustrukturierung des Organisationengefüges E 2.3

schon heute sind die Sekretariate internationaler Re-gime oft an globale Einrichtungen angegliedert undhaben dementsprechend mit Bürokratisierungsten-denzen zu kämpfen. Jedes Sekretariat, jedes kleineUmweltprogramm benötigt seinen eigenen adminis-trativen Apparat, von der Personalkostenabrech-nung bis hin zu EDV-Dienstleistungen. Die Grün-dung einer neuen internationalen Umweltorganisa-tion, die etwa die Konventionssekretariate und dasUNEP verschmelzen würde, würde insofern zwareine neue Bürokratie schaffen – aber zugleich meh-rere kleinere überflüssig machen.

Dennoch muss deutlich gemacht werden, was eineneue internationale Umweltorganisation nicht leis-ten sollte, beziehungsweise was unbedingt zu vermei-den ist. So sollte sichergestellt werden, dass eine sol-che Organisation nicht eigenständig Projekte durch-führt. Projektkoordination vor Ort sollte weiterhin,je nach Fachkompetenz, von UNDP (Kap. D 3.3), derWeltbank (Kap. D 2), der FAO oder der UNIDO ge-leistet werden, wobei die neue internationale Um-weltorganisation lediglich als Auftraggeber und in-haltlicher Betreuer auftreten würde. Es würde die In-effizienz des Gesamtsystems deutlich erhöhen, wennneben den projektorientierten Einrichtungen imUN-System noch eine weitere projektdurchführendeOrganisation geschaffen würde.

Auch sollte durch eine organisatorische Neustruk-turierung keine Finanzierungsorganisation nebenUNDP (Kap. D 3.3), der Weltbank oder der Globa-len Umweltfazilität (Kap. B 4.5) geschaffen werden.Allerdings müsste eine internationale Umweltorga-nisation ausreichend mit Finanzmitteln ausgestattetsein, um ihre Mitarbeiter angemessen zu entlohnenund ihre inhaltliche Arbeit durchführen zu können –die derzeitigen finanziellen Engpässe im UN-Systemhaben teils ein Ausmaß erreicht, das dessen effekti-ver Arbeit entgegen steht.

Letztlich haben die bisherigen Debatten deutlichgemacht, dass Vorbehalte gegenüber der Gründungeiner Internationalen Umweltorganisation insbeson-dere in den Entwicklungsländern existieren. Die Er-fahrung mit der Initiative der Bundesregierung von1997 zeigt, dass derartige politische Vorstöße inschwieriges Fahrwasser geraten, soweit Deutschlandsich nicht auf den Konsens und die Unterstützungder europäischen Partnerländer stützen kann. Des-halb scheint empfehlenswert, zunächst innerhalb derEuropäischen Union eine gemeinsame Position zurReform der UN im Umweltbereich zu erarbeiten, zu-mal offensichtlich nun Frankreich verstärkt für eineInternationale Umweltorganisation eintreten will.

In einem weiteren Schritt ist unbedingt sicherzu-stellen, dass alle Initiativen in diesem Themenfeld ge-meinsam von Industrie- und Entwicklungsländerngetragen werden. Der Beirat empfiehlt der Bundes-

regierung deshalb nachdrücklich, sich gezielt um Ko-alitionen mit wichtigen Entwicklungsländern zu be-mühen, um die Akzeptanz einer politischen Initiativevon vornherein sicherzustellen. Der Beirat begrüßtdaher die Vier-Länder-Initiative der Bundesregie-rung von 1997, gemeinsam mit Südafrika, Brasilienund Singapur vorzugehen, und empfiehlt, weitere po-litische Schritte in diese Richtung zu unternehmen.

Um die Akzeptanz von Reformvorschlägen durchdie Entwicklungsländer zu erhöhen, empfiehlt derBeirat zudem, Entscheidungsverfahren in Erwägungzu ziehen, die Nord und Süd eine gleichberechtigteStellung einräumen – etwa nach dem Muster dernord-süd-paritätischen Entscheidungsverfahren desMontrealer Protokolls, des Ozonfonds oder der GEF(Kap. B 4.5). Dies könnte gewährleisten, dass dieEntscheidungen der neuen Organisation zu Strategieund Programm den Interessen weder der Entwick-lungsländer noch der Industrieländer widersprechen.Ohne Zustimmung der Mehrheit der Entwicklungs-länder und ohne Einwilligung der Mehrheit der In-dustrieländer ist eine globale Umwelt- und Entwick-lungspolitik nicht möglich. Nord-süd-paritätischeEntscheidungsverfahren sind im Ergebnis ein „drit-ter Weg“ zwischen dem süd-orientierten Entschei-dungsverfahren der UN-Vollversammlung (einLand, eine Stimme) und der nord-orientierten Proze-dur der Bretton-Woods-Organisationen (ein Dollar,eine Stimme) – sie könnten möglicherweise auch alsGrundlage einer internationalen Umweltorganisa-tion dienen (Biermann und Simonis, 2000).

E 2.3Neustrukturierung des Organisationengefüges

Im folgenden entwickelt der Beirat drei Stufen einerorganisatorischen Reform des UN-Systems im Um-weltbereich, welche auf dem Status quo aufbauen. Je-de Stufe sollte dabei gesondert geprüft werden. Kei-neswegs möchte der Beirat dieses Modell als einezwangsläufige Abfolge von Schritten verstanden wis-sen, die mit Notwendigkeit auf die letzte Stufe hinstreben. Vielmehr ist zu erwarten, dass schon derÜbergang von einer Stufe auf die nächste erheblicheVerbesserungen in der globalen Umweltpolitik er-bringt. Erst wenn dieses nicht der Fall sein sollte, soll-te der Übergang auf die nächsthöhere Stufe geprüftwerden.

E 2.3.1Stufe 1: Kooperation verbessern

Das bestehende Organisationengefüge wurde in denvorhergehenden Kapiteln ausführlich erörtert und in

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142 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

seinen Defiziten dargestellt. Deshalb scheint es demBeirat notwendig, weitere Schritte in Richtung einerverbesserten Kooperation der verschiedenen Orga-nisationen und Programme zu unternehmen. DieseKooperation sollte in Stufe 1 weiterhin eine Zusam-menarbeit gleichberechtigter Partner bleiben. Auchwerden die Funktionen der CSD, der GEF, der ver-schiedenen Konventionssekretariate und Vertrags-staatenkonferenzen sowie die umweltpolitischenAbteilungen und Programme der einzelnen Sonder-organisationen nicht berührt. Dies entspricht auchdem Grundgedanken einer sog. Segmentierungsstra-tegie globaler Umweltpolitik, bei der die Kernkom-petenz zur Behandlung einzelner Umweltproblemebei den spezialisierten Konventionen liegt. Dies för-dert eine klare und bereichsbezogene Verantwort-lichkeit.

Zentral scheint dem Beirat in dieser Phase zu-nächst die Einrichtung einer hochrangigen Umwelt-Management-Gruppe zu sein, welche aus dem Lei-tungspersonal der umweltpolitisch orientierten UN-Sonderorganisationen und -Programme bestehensollte, wie es von der sog.Töpfer-Task-Force empfoh-len wurde (Kasten E 2.3-1). Der Umweltschutzkönnte innerhalb dieser Gruppe durch eine entspre-chende Aufwertung des UNEP gefördert werden.Diese Aufwertung könnte durch eine finanzielle undadministrative Stärkung des UNEP erfolgen, um des-sen Aufgaben im Bereich der wissenschaftlichen Ko-ordination, der Öffentlichkeitsarbeit, des Technolo-gietransfers und der Beratung von staatlichen undprivaten Akteuren in Entwicklungsländern bessererfüllen zu können.

Gegebenenfalls könnte diese Stärkung durch dieAufwertung des UNEP zu einer Organisation inner-halb des Systems der Vereinten Nationen geschehen.Eine solche Aufwertung würde die Rechte der Kon-ventionssekretariate, der Vertragsstaatenkonferen-zen und der übrigen UN-Sonderorganisationen nichtbeeinträchtigen, sondern neben einer entsprechen-den finanziellen und personellen Stärkung vor allemdie Aufwertung des Umweltthemas innerhalb der„Familie“ der UN-Sonderorganisationen bedeuten.

Die Aufwertung des UNEP könnte sich entwederorientieren am Beispiel der Weltgesundheitsorgani-sation, also einer UN-Sonderorganisation mit eige-nem Budget und eigener Mitgliedschaft, oder amBeispiel der UN-Konferenz über Handel und Ent-wicklung (UNCTAD), einer UN-internen Körper-schaft, die von der UN-Generalversammlung zur Zu-sammenarbeit bei der internationalen Handelspoli-tik eingerichtet worden ist.

Die Gruppe der UN-Sonderorganisationen ist dasErgebnis der funktionalen Spezialisierung innerhalbdes UN-Systems, mit der „Organisation der Verein-ten Nationen“ (UNO) als Zentrum inmitten einer

Gruppe von unabhängigen UN-Sonderorganisatio-nen für besondere Politikbereiche, wie etwa für Er-nährung und Landwirtschaft (FAO, seit 1945), Bil-dung,Wissenschaft und Kultur (UNESCO, seit 1945),Gesundheit (WHO, 1946), Luftverkehr (ICAO, 1944)oder Meteorologie (WMO, 1947). Manche der Son-derorganisationen sind weit älter als die UNO selbst,so etwa die Weltpostunion, die bis ins Jahr 1874 zu-rückreicht. Die meisten Sonderorganisationen sindjedoch nahezu zeitgleich mit der UNO gegründetworden, weil die Regierungen damals befürchteten,dass die Überfülle von Aufgaben die UNO überfor-dern würde. Gleichwohl sind alle UN-Sonderorgani-sationen eng mit der UN verbunden, insbesonderemit dessen ECOSOC.

Umweltprobleme waren 1945 jedoch noch keinThema, so dass der Begriff Umwelt nicht einmal inder UN-Satzung genannt wird. Erst 1972 wurde einUN-Umweltprogramm innerhalb der UNO gegrün-det, ohne Rechtspersönlichkeit, ohne eigenes Budgetund laut Gründungsdokument mit nur einem „klei-nen Sekretariat“. Dieses UNEP ist mit den UN-Son-derorganisationen für die anderen Politikfelder nichtzu vergleichen. Sollte nun die Internationale Um-weltorganisation als eine weitere UN-Sonderorgani-sation eingerichtet werden, würde diese auf einemGründungsvertrag aufbauen, der von einer bestimm-ten Zahl von Staaten ratifiziert werden müsste, um inKraft treten zu können. Eine solche Organisationkönnte ihr eigenes Budget haben, etwa auf Beiträgender Mitgliedstaaten basierend, und sie könnte auchtreuhänderisch die Mittel innovativer Finanzinstitut-ionen verwalten (Kap. E 3).

Eine UN-Sonderorganisation für Umweltfragenkönnte zudem gegebenenfalls mit Mehrheitsent-scheidungen auch bestimmte Standards beschließen,die alle Mitglieder binden würden. Die Vollversamm-lung der Internationalen Umweltorganisation könn-te ferner Verträge aushandeln und beschließen, diedann innerhalb der Organisation zur Zeichnung auf-gelegt werden könnten. Die ILO verlangt beispiels-weise von ihren Mitgliedstaaten, dass sie innerhalbeines Jahres nach Annahme einer ILO-Konventiondiese den entsprechenden staatlichen Einrichtungenzur Erörterung und gegebenenfalls Ratifikation wei-tergeleitet haben. Dieses geht weit über die Voll-machten etwa des UNEP-Verwaltungsrates hinaus.Auf der anderen Seite würde eine neue Organisationnicht notwendigerweise sofort zur Auflösung vonUNEP führen, vor allem wenn nicht alle UN-Mitglie-der dieser beitreten wollen. Im Übergang, vielleichtauch später, könnte eine neue UN-Sonderorganisa-tion insofern die Gefahr der Doppelarbeit und Inef-fizienz fördern statt vermindern.Auf lange Sicht soll-te aber nach der Gründung und Implementation ei-

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143Neustrukturierung des Organisationengefüges E 2.3

ner Internationalen Umweltorganisation das beste-hende UN-Umweltprogramm auslaufen.

Das UNCTAD-Modell, also eine UN-interneKörperschaft, scheint zur Zeit die wohl realistischsteLösung zu sein. UNCTAD wurde 1964 durch eineEntschließung der UN-Vollversammlung eingerich-tet. Ihr Status als halb-autonome Sonderkörper-schaft innerhalb der UN bleibt weitgehend einzigar-tig. In gewisser Weise hat UNCTAD einen höherenStatus als das UNEP. Dennoch erscheint die Aufwer-tung des UNEP zu einer halb autonomen UN-inter-

nen Körperschaft nicht als ausreichend ehrgeizigerSchritt.

Die Schaffung einer Internationalen Umweltorga-nisation vom Typ I, entweder nach dem WHO/ILO-Modell oder nach dem UNCTAD-Modell, würde eoipso nicht den Status der verschiedenen Umweltver-träge berühren. Es ist allerdings wahrscheinlich, dassein stärkerer umweltpolitischer Akteur innerhalbdes UN-Systems letztlich zu einer gewissen Verschie-bung von Machtgewichten zwischen den Organisa-tionen und insbesondere zu einer Verlagerung von

Kasten E 2.3-1

Die „Töpfer Task Force“

UN-Generalsekretär Kofi Annan richtete 1998 die „UnitedNations Task Force on Environment and Human Settle-ments“ ein, um Vorschläge für eine Stärkung von UNEPund Habitat (United Nations Centre on Human Settle-ments) zu erarbeiten. Vorsitzender wurde der Direktor desUNEP, Klaus Töpfer. Motiv für die Einrichtung der TaskForce war die allgemein geteilte Überzeugung, dass durchdie institutionelle Fragmentierung in zahlreiche separateumweltbezogene Prozesse ein Verlust an Effektivität ent-standen ist. Aufgabe der Task Force war es, die Strukturenumweltbezogener Aktivitäten im Rahmen der UN zu über-prüfen, deren Effizienz und Effektivität zu bewerten undVorschläge zur Verbesserung der Umweltarbeit der UN aufglobaler Ebene sowie der Rolle des UNEP als führenderUmweltorganisation vorzulegen. Auch sollten Empfehlun-gen für eine Stärkung der Rolle des UNEP als Hauptquel-le für umweltbezogene Informationen der CSD gemachtwerden.

Die Task Force bestand aus 21 namhaften Experten, trafvier Mal zusammen und übergab ihren Bericht 1998 an denGeneralsekretär. Sie fasste ihren Befund in 24 Empfehlun-gen zusammen. Deren Umsetzung soll die Koordinationzwischen den verschiedenen Organisationen, Programmenund Konventionen verstärken und die allgemeine politi-sche Kohärenz verbessern, um die Arbeit der UN im Um-welt- und Siedlungsbereich wiederzubeleben. Die Empfeh-lungen verlangen Entscheidungen und Maßnahmen sowohlauf der zwischenstaatlichen als auch auf der Sekretariats-ebene.

Einrichtung einer Environmental ManagementGroupDer wichtigste Vorschlag der Task Force war die Einrich-tung einer Environmental Management Group unter Lei-tung des UNEP-Direktors, um Informationsaustausch,neue Initiativen und den Planungsrahmen besser zu koor-dinieren und dadurch einen rationellen und effektiven Ein-satz der Ressourcen zu gewährleisten. Diese Gruppe sollein Forum für den Austausch zwischen den analytischenund normsetzenden Aktivitäten des UNEP und der opera-tiven Rolle des UNDP bieten.

Es werden regelmäßige Konsultationen zwischenUNEP und den Vertretern der Konventionen (Präsidentender Vertragsstaatenkonferenzen, Leiter der Sekretariate)vorgeschlagen, um übergreifende Themen zu bearbeiten.Die Abstimmung zwischen den einzelnen Programmen derKonventionen und denen des UNEP soll verbessert undSynergien genutzt werden. Der Generalsekretär, die Regie-

rungen und Vertragsstaatenkonferenzen werden aufgeru-fen, Lösungen für die durch die geographische Zersplitte-rung der Sekretariate verursachte Ineffizienz und erhöhtenKosten zu suchen. Die Task Force betont die Wichtigkeit,Nairobi als UN-Standort zu stabilisieren und zu stärken.Unter anderem sollen die Themen Sicherheit, Ausnutzungvon Synergien zwischen UNEP und Habitat und die Ent-wicklung einer gemeinsamen Finanzstrategie sowie einerZusammenlegung der Verwaltungen angesprochen wer-den.

FrühwarnfunktionUNEP und Habitat sollten nach Meinung der Task Forceeine Informations- und Frühwarnfunktion übernehmen. Siesollen in die Lage versetzt werden, bereits in einem frühenStadium die Regierungen über negative Entwicklungen, diepräventive oder Hilfsmaßnahmen der internationalen Ge-meinschaft erfordern, zu informieren. Dazu ist eine Verstär-kung der Rolle als Informationsdienstleister notwendig, umeinen besseren Informationsaustausch für einen „gutenUmgang“ mit der globalen Umwelt durch die internationa-le Gemeinschaft zu ermöglichen. Daher sollte das Earth-watch-System überprüft und zu einem effektiven, wissen-schaftlich fundierten System weiterentwickelt werden.Ebenso sollen Indikatoren für nachhaltige Entwicklung er-stellt sowie die Kapazitäten für Daten- und Informations-austausch ausgebaut werden. Diese sollen ausdrücklich In-formationen von Nichtregierungsorganisationen einschlie-ßen.

Die Task Force betont zudem die Notwendigkeit einereffizienten Nutzung der GEF. Dazu soll die Zusammen-arbeit zwischen UNEP, UNDP und Weltbank intensiviertwerden.

Die Task Force gab auch eine Reihe von Anregungen,wie die Einbeziehung von Privatwirtschaft, Nichtregie-rungsorganisationen (besonders aus dem Süden) und ande-ren Gruppen der Zivilgesellschaft in die Arbeit der UN ge-stärkt werden kann.

Zur Verbesserung der Koordination und Kohärenz zwi-schenstaatlicher Einrichtungen im Umweltbereich schlägtdie Task Force u.a. ein globales Umweltforum auf Minister-ebene vor, das sich jährlich im Rahmen der Sitzung desUNEP Governing Council treffen und mit der Überprü-fung der Umweltagenda der UN und ihrer Umsetzung be-schäftigen soll. Die Treffen sollen an unterschiedlichen Or-ten stattfinden, regionale Themen aufgreifen und durch De-batten mit aktuellem Inhalt Medienaufmerksamkeit erre-gen. Für eine verbesserte Abstimmung mit der CSD undden Vertragsstaatenkonferenzen sollte dieses Forum auchBeiträge zu den CSD-Sitzungen erarbeiten. Das erste glo-bale Umweltministerforum fand im Mai 2000 in Malmöstatt.

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144 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Kompetenzen zur neuen Organisation auf Kostenvon FAO, UNESCO und UNIDO führen könnte.

Die Zustimmung der Entwicklungsländer ließesich dadurch fördern, dass diese Internationale Um-weltorganisation vom Typ I eine Stärkung der für dieEntwicklungsländer zentralen Funktionen desUNEP implizieren würde, etwa Informations-beschaffung und -verbreitung sowie Technologie-transfer. Mit Blick auf die Zustimmung der Entwick-lungsländer ist zudem sicherzustellen, dass die Inter-nationale Umweltorganisation vom Typ I nicht aufunmittelbar globale Umweltprobleme wie den Kli-mawandel oder die Verdünnung der Ozonschicht be-schränkt bleibt, sondern auch die Bewältigung vonUmweltproblemen mit umfasst, die sich global ku-mulieren, wie Bodendegradation, Biodiversitätsver-lust, Dezimierung von Wäldern oder Süßwasserver-knappung. Solche Umweltprobleme gefährden inden Entwicklungsländern zurzeit weitaus mehr Men-schenleben als unmittelbar globale Umweltproble-me (WBGU, 1999a). Im Mittelpunkt der Internatio-nalen Umweltorganisation vom Typ I sollten deshalbSchutz von Süßwasserressourcen, Böden, biologi-scher Vielfalt und Wäldern, Sicherheit und Umgangmit Chemikalien sowie Luftreinhaltung (auch inner-halb von Wohnräumen) stehen. Unmittelbar globaleUmweltprobleme, wie die Gefährdung der strato-sphärischen Ozonschicht oder des Klimas, müssenauch von dieser Organisation erfasst werden, solltenjedoch nicht im Zentrum stehen, auch weil hierzu –jedenfalls in den Augen der Entwicklungsländer –die Hauptverantwortung weiterhin bei den Indust-rieländern liegt und deshalb andere Organisationen,etwa die OECD, entsprechende Aufgaben überneh-men könnten.

Eine solche Internationale Umweltorganisationmuss keine „scharfen Zähne“ besitzen, sondernkönnte durchaus mit „weichen“ Durchsetzungsme-chanismen Erfolg haben. Die Organisation sollte bei-spielsweise das Recht haben, Informationen überden Stand der Umwelt und der Umweltpolitik in deneinzelnen Ländern zu sammeln, auszuwerten und ingeeigneter Form zu veröffentlichen, insbesondere imVergleich zu den internationalen Verpflichtungen,die die jeweiligen Staaten eingegangen sind. WieLevy (1993) am Beispiel des europäischen Luftrein-halteregimes gezeigt hat, kann die rein vergleichendeInformation über verschiedene Länder wesentlichepolitische Initiativen in weniger umweltbewusstenStaaten auslösen.

E 2.3.2Stufe 2: Koordinierende Dachorganisation miteigenständigen Ausschüssen einrichten

Sollte verbesserte Kooperation der internationalenOrganisationen und Programme, einschließlich gege-benenfalls der Gründung einer neuen Organisationnach dem Muster der WHO bzw. UNCTAD, nichtreichen, die erkannten Defizite zu begrenzen, wäredie Stärkung des Umweltschutzes durch eine verbes-serte Koordination der einzelnen Akteure in Erwä-gung zu ziehen. Eine solche Koordination würde ingewisser Weise eine begrenzte Hierarchisierung imOrganisationengefüge erforderlich machen. Sollteeine solche Stufe mittelfristig notwendig werden, bö-te sich das Modell der Welthandelsorganisation(WTO) an. Dort wurde das Sekretariat des Allgemei-nen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) zu einereigenständigen internationalen Organisation aufge-wertet und zugleich wurden diverse multilateraleund plurilaterale Handelsabkommen unter das„Dach“ des Rahmenvertrags zur Gründung derWTO gebracht. Dadurch haben sämtliche Handels-abkommen dasselbe Sekretariat, eben die WTO, waseine ineffiziente Zersplitterung in viele administrati-ve Einheiten verhindert. Ferner unterliegen die Han-delsabkommen dem gleichen Streitschlichtungssys-tem. Dennoch bleibt ein gewisser Dezentralismus imEntscheidungssystem gewahrt, weil die spezifischenBeschlüsse für die zentralen Handelsabkommen ingesonderten Konferenzen erfolgen, welche als „Aus-schüsse“ der WTO-Ministerkonferenz angegliedertsind. Analog ließe sich mittelfristig überlegen, auchdie verschiedenen Vertragsstaatenkonferenzen imUmweltschutz einem gemeinsamen Rahmenüber-einkommen zur Gründung einer InternationalenUmweltorganisation zu unterwerfen und sie dannwie bei der WTO als gesonderte und in hohem Maßeselbständige Ausschüsse der Ministerkonferenz fort-bestehen zu lassen. Die Gründung einer solchen Or-ganisation vom Typ II wird von Entwicklungs- undIndustrieländern wohl nur dann akzeptiert werden,wenn beide Seiten über die Fortentwicklung der Or-ganisation effektive Vetorechte erhalten. Geradehierfür böte sich die Übernahme des nord-süd-pari-tätischen Entscheidungsverfahrens des MontrealerProtokolls an.

Für Entwicklungsländer bestünde durch dieGründung einer Internationalen Umweltorganisa-tion vom Typ II ein besonderer Vorteil in der räumli-chen Zentralisierung von Verhandlungen. Bislangwaren sehr viele der kleineren Entwicklungsländervon der Menge weltweit tagender internationalerVerhandlungsausschüsse, Vertragsstaatenkonferen-zen, Unterausschüsse und Expertengremien perso-

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145Neustrukturierung des Organisationengefüges E 2.3

nell überfordert und kaum in der Lage, die wissen-schaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Impli-kationen der komplexen Verhandlungsmaterie,beispielsweise eines globalen Emissionszertifikate-handels im Klimaschutz oder des sicheren internatio-nalen Umgangs mit gentechnisch veränderten Orga-nismen, angemessen zu verfolgen. Viele Entwick-lungsländer orientieren sich deshalb politisch an dengroßen Akteuren des Südens. Selbst den Wortfüh-rern der G-77, wie beispielsweise Indien oder China,stehen oft nicht genügend Sachverständige zur Ver-fügung, um die „globale Verhandlungskarawane“ zuverfolgen. So wurden beispielsweise die indischen In-teressen auf internationalen Verhandlungen häufigvon den Botschaftsvertretern vor Ort wahrgenom-men, so dass Indiens Botschafter in Finnland sub-stanziell an Verhandlungen über ein globales Verbotder vielfältigen ozonabbauende Stoffe teilnehmenmusste (Rajan, 1997). Deshalb wird es häufig als Vor-teil einer Internationalen Umweltorganisation ange-sehen, dass die umweltpolitischen Verhandlungenzentral an ihrem Sitzort organisiert werden könnten,was fast allen Entwicklungsländern den Aufbau einesprofessionellen Diplomatenteams von Umweltex-perten an diesem Organisationssitz ermöglichenwürde. Dasselbe gilt für Vertreter der Umweltschutz-verbände und anderer Nichtregierungsorganisatio-nen des Südens, die sich das bisherige Verhandlungs-system wechselnder Konferenzen in fast allenHauptstädten der Welt kaum leisten können, wohlaber eine ständige Vertretung in einer einzigen „glo-balen Umwelthauptstadt“. Selbst Industrieländerkönnten durch eine solche Zentralisierung erhebli-che Reise- und Personalkosten sparen.

Klärungsbedarf gäbe es allerdings in Stufe 2 mitBlick auf die Entwicklungsaspekte des globalen Pro-jekts einer „nachhaltigen Entwicklung“. Global kannUmweltschutz nicht vom übrigen Politikgeschehenisoliert gesehen werden. Bei politischen Vereinba-rungen und Programmen, beispielsweise zum Schutzvon Tropenwäldern oder zur Regulation des Ver-brauchs fossiler Brennstoffe, sind unweigerlich wirt-schafts- und entwicklungspolitische Kernbereichebetroffen. Eine Internationale Umweltorganisationdes Typs II muss dies berücksichtigen. Sie sollte nachAnsicht des Beirats nicht Entwicklung als solche för-dern, wie es etwa das UN-Entwicklungsprogramm(UNDP) oder die Weltbank versuchen (Kap. D 2 undKap. D 3), aber die neue Organisation sollte gleich-wohl in ihrer Politik gewährleisten, dass Armutsbe-kämpfung und wirtschaftliche Entwicklung im Südennicht gefährdet werden und die globale Umweltpoli-tik dem Kriterium einer global gerechten Lastenver-teilung genügt. Deshalb ist es wichtig, dass sich diesim Statut der Organisation – analog etwa zur Erklä-rung über Umwelt und Entwicklung von Rio de Ja-

neiro 1992 – widerspiegelt.Weiter geht der Vorschlagvon Biermann und Simonis (2000), diese Ausrichtungauch in den Titel einer neuen Organisation aufzuneh-men und diese als „Weltorganisation für Umwelt undEntwicklung“ zu bezeichnen.

Manche streben eine weit größere Integration anund plädieren für eine Verschmelzung von UNEPund UNDP (so beispielsweise die umweltpolitischeSprecherin der SPD-Bundestagsfraktion in einer Er-klärung vom 25. Januar 1999). Angesichts desUNDP-Kernbudgets von etwa 700 Mio. US-$ wäredies eine „Elefantenhochzeit“ in der internationalenInstitutionenfamilie. Industrieländer haben sich seitlangem einer internationalen Organisation für Ent-wicklungsfragen widersetzt, so dass das Aufwertenvon UNDP und UNEP zu einer „Weltorganisationfür nachhaltige Entwicklung“ kaum umsetzbar er-scheint. Andererseits könnten manche Industrielän-der vielleicht Gefallen an der UNDP-UNEP-Syn-these finden, wenn sich hierdurch das entwicklungs-politische UN-Budget insgesamt reduzieren ließe, esalso zu vereinigungsbedingten Einsparungen käme.Der frühere UNDP-Chef Gustave Speth hat sichgrundsätzlich für eine Internationale Umweltorgani-sation, aber gegen deren Verschmelzen mit seiner ei-genen Institution ausgesprochen (Speth, 1998). Ähn-licher Widerstand ist von seinem Nachfolger zu er-warten und angesichts des Gewichts des UNDP nichtzu unterschätzen. Ein Hauptproblem ist der Projekt-charakter der Arbeit des UNDP, den UNEP nicht be-sitzt und der auch für die hier diskutierte Internatio-nale Umweltorganisation nicht sinnvoll ist, wie auchdie erhebliche Größendifferenz zwischen UNEP undUNDP. Beides würde möglicherweise die hier ange-strebten politikstimulierenden und kooperationsför-dernden Wirkungen einer Internationalen Umwelt-organisation vor dem Hintergrund der entwicklungs-politischen Projektarbeit des UNDP erheblich insHintertreffen geraten lassen.

E 2.3.3Stufe 3: Zentralisierung und Zusammenführungunter einer Organisation?

Es ist zu früh zu urteilen, ob die Stufen 1 oder 2 ge-nügen werden, der wachsenden globalen Umwelt-und Entwicklungskrise zu begegnen. Dennochmöchte der Beirat mit Blick auf langfristige Entwick-lungen auch Hinweise geben, wie auf das Scheiternder Stufen 1 und 2 gegebenenfalls mit weiteren Insti-tutionalisierungsschritten reagiert werden könnte.

In Stufe 3 würde das institutionelle Gefüge derglobalen Umweltpolitik grundsätzlich umstruktu-riert werden, insbesondere durch die Einrichtung ei-ner neuen, allem übergeordneten Organisation. Das

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146 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Ziel wäre, die internationale Umweltpolitik stärkerzu zentralisieren und zu hierarchisieren sowie Ent-scheidungsprozesse zu beschleunigen, indem dasKonsensprinzip überwunden bzw. repräsentativ be-setzte, kleinere Entscheidungsgremien, etwa ein Um-weltsicherheitsrat, eingeführt werden und Minder-heiten so ihre Blockademacht verlieren. Die Einhal-tung internationaler Umweltstandards wäre in derFolge einer derartigen Hierarchisierung mit Hilfevon Zwangsmaßnahmen, aber auch erhöhter finan-zieller und technischer Hilfestellung zu gewährleis-ten. Die Vielzahl sich unabhängig voneinander de-zentral entwickelnder Institutionen, deren wechsel-seitiges Verhältnis bisher kaum bewusst gestaltetwurde, könnte so gebündelt werden, um Koordina-tionsprobleme leichter lösen zu können. Der Vor-schlag zur Einrichtung einer Globalen Umweltorga-nisation von Daniel Esty (1994b) läuft beispielsweiseauf eine solche Zentralisierung und Hierarchisierunghinaus.

Solche Vorschläge geben dem Aspekt der globa-len Regierung (government) den Vorzug gegenüberhorizontalen, nichthierarchischen Organisations-mustern (governance). In der bisherigen Theoriede-batte wurde dies allerdings oft als wenig realistischoder wenig wünschenswert gekennzeichnet, sowohlvon Seiten des Neorealismus, der jegliche Form derInstitutionalisierung des internationalen Systems fürunrealistisch und unwahrscheinlich hält (Waltz, 1959,1979), als auch von Seiten des neoliberalen Institu-tionalismus, der die Möglichkeit des Regierens iminternationalen System auf Grund von vernetztenproblemfeldspezifischen Regimen und nicht durchSouveränität einschränkende Organisationen betont(Haas et al., 1993; Victor et al., 1998; Young, 1997;Zürn, 1997).

Mittelfristig wird eine Souveränität einschränken-de Hierarchisierung sicherlich auf erheblichen Wi-derstand stoßen, in Nord wie in Süd. Dies gilt bei-spielsweise für solche Vorschläge, die auf die Grün-dung eines Umweltsicherheitsrates (Palmer, 1992)oder eines Internationalen Umweltgerichtshofs mitbindender Rechtsprechung hinzielen (Zaelke undCameron, 1990; Fues, 1997). Zumindest ersteres er-forderte zudem eine Änderung der Charta der Ver-einten Nationen, welche die Ratifikation durch zweiDrittel der UN-Mitglieder sowie von China, Frank-reich, Großbritannien, Russland und den VereinigtenStaaten erfordert. Weitreichende Souveränitätsein-schränkungen scheinen bei einem solchen Quorumzurzeit ausgeschlossen.

Scharfe Durchsetzungsmechanismen einer Inter-nationalen Umweltorganisation würden am Endezudem nur gegenüber denjenigen Staaten praktika-bel sein, die sich schon heute vom „Ökoimperialis-mus“ bedroht sehen: den Entwicklungsländern

(Agarwal und Narain, 1991;Agarwal et al., 1999). Ge-rade gegenüber diesen Staaten wirkte eine Interna-tionale Umweltorganisation mit „scharfen Zähnen“deshalb möglicherweise kontraproduktiv (Biermannund Simonis, 2000): Um sich nicht dem ökologischenDurchsetzungswillen reicher Industrieländer auszu-liefern, blieben sie eventuell der Organisation entwe-der fern oder würden für ein Aufweichen der Stan-dards der Umweltverträge kämpfen und striktereverweigern.

Eine Zentralisierung, bei der mehrere Problem-felder zusammengefasst würden, böte zwar besonde-re Möglichkeiten von Koppelgeschäften über dieGrenzen der vorher getrennten Bereiche hinweg. Beieiner solchen Ausweitung des Verhandlungsbereichsbesteht jedoch die Gefahr vermehrter Verhandlungs-blockaden, da möglicherweise zu viele Sachaspekteverquickt werden (Sebenius, 1983). Zudem bestehtbei einer Zentralisierung das Risiko, dass institutio-nelle Innovationen, die sich in Nischen bilden undanschließend Schule machen, erschwert werden. Ineiner zentralisierten Struktur haben selbst Neuerun-gen in Randbereichen tendenziell immer sehr vielweitere Implikationen, da der unmittelbar geregelteBereich institutionell mit vielen anderen verbundenist. So ist zum Beispiel vorstellbar, dass die Möglich-keit für Mehrheitsentscheidungen, die im Montrea-ler Protokoll niedergelegt sind, in einer zentralisier-ten Struktur nicht durchsetzbar gewesen wäre, weilviele Akteure den Präzedenzfall gefürchtet hätten.

Zur Lösung des Problems der Koordination zwi-schen verschiedenen Umweltorganisationen bieteteine institutionelle Zentralisierung in Form einerSouveränität einschränkenden Weltorganisation of-fensichtliche Potenziale. Die erforderlichen Koordi-nationsleistungen könnten aber grundsätzlich auchim Rahmen der bestehenden Strukturen und imRahmen einer bescheideneren organisatorischenLösung erreicht werden, etwa im Wege der Einrich-tung einer nicht Souveränität einschränkendenInternationalen Umweltorganisation mit beschränk-tem Mandat (Typ I oder II).

E 2.4Handlungs- und Forschungsempfehlungen zurOrganisation globaler Umweltpolitik

Das Institutionen- und Organisationengefüge inter-nationaler Umweltpolitik ist bisher durch seine de-zentrale Struktur gekennzeichnet: In meist problem-feldspezifischen Institutionen wurden verschiedeneinstitutionelle Elemente miteinander kombiniert.Dadurch wird bisher auf der Grundlage des herr-schenden Konsensprinzips die Annahme verbindli-cher Entscheidungen zum Schutz der Umwelt und

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147Handlungs- und Forschungsempfehlungen E 2.4

eine wirksame Durchsetzung getroffener Beschlüsseerschwert. Zudem hat das System internationaler In-stitutionen im Umweltbereich (und darüber hinaus)vermehrt mit Koordinationsdefiziten zu kämpfen.

Hier Abhilfe zu schaffen stellt die Herausforde-rung für Bestrebungen zur institutionellen Reforminternationaler Umweltpolitik dar. Die Bandbreiteentsprechender Vorschläge reicht von der Einrich-tung einer allmächtigen Weltorganisation mit Zu-ständigkeit für den Umweltbereich bis zur alleinigenEinführung neuer Verfahrenselemente im Rahmenbestimmter Umweltvereinbarungen („inkrementel-ler Wandel“) (Oberthür, 1999b). Eine hierarchischeUmstrukturierung internationaler Umweltpolitikscheidet nach Ansicht des Beirats derzeit aus, weil sieangesichts des in den internationalen Beziehungenstrukturbildenden Souveränitätsprinzips nicht reali-sierbar ist.

Insgesamt hält der Beirat jedoch die Gründung ei-ner hier als Stufe 1 bezeichneten Aufwertung desUNEP hin zu einer nicht Souveränität einschränken-den Internationalen Umweltorganisation als zusätz-liches Element einer horizontal organisierten globa-len Governance-Struktur in der internationalen Um-weltpolitik für einen Erfolg versprechenden Weg.Ein organisatorisches Zentrum für eine dezentraleinternationale Nachhaltigkeitsstrategie, das in seinerForm den Interessen der meisten Staaten gerechtwird, erscheint geboten. Wie das Politikfeld „Um-weltschutz“ innerhalb der Nationalstaaten in den70er und 80er Jahren durch die Einführung eigen-ständiger Umweltministerien institutionell gestärktwurde, so sollte auch jetzt das globale Politikfeld„Umweltschutz“ durch eine eigenständige Sonderor-ganisation gestärkt werden, um Partikularinteresseneinzelner Programme und Organisationen zu mini-mieren und Doppelarbeit, Überschneidungen undInkonsistenzen zu begrenzen.

Im Wesentlichen sollte die neue Organisation dieinternationale Umweltpolitik wieder zusammenfüh-ren, Kapazitäten in Entwicklungsländern durch denTransfer von Wissen und Technologie aufbauen, zurbesseren Umsetzung beitragen sowie das Umfeld zurAushandlung neuer Institutionen kooperationsför-dernder gestalten. Ob mittelfristig weitere Schritte –also die hier genannten Stufen 2 und 3 – erforderlichwerden, lässt sich zurzeit kaum abschätzen. Im Sinneder Präferenz des Beirats für das Subsidiaritätsprin-zip sollte zunächst Stufe 1 angestrebt werden, bevorauf der Basis einer sorgfältigen Effektivitätsanalyseweitere Schritte erwogen werden sollten. Nur so istzudem das Vertrauen der Entwicklungsländer füreine Reform des UN-Systems im Umweltbereich zuerlangen.

Denn trotz aller Diskussion um die Gründung ei-ner Internationalen Umweltorganisation darf nicht

vergessen werden, dass die globale Umweltkrisemehr ist als ein Problem des Umweltschutzes – eshandelt sich um eine globale Umwelt- und Entwick-lungskrise, die Anstrengungen und neue globale Po-litikansätze auch im Bereich der „traditionellen“Entwicklungszusammenarbeit erfordert. Eine Rück-nahme der drastischen Kürzungen der Bundesregie-rung im Bereich der öffentlichen Entwicklungsfinan-zierung wäre ein zentraler Beitrag auch für die För-derung einer effektiven und global akzeptablen Um-weltpolitik.

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Aufbringung und Verwendung von Finanzmitteln in der globalen Um-

weltpolitik

E 3

E 3.1Der Stellenwert des Finanzaspekts

Die Lösung der Frage, wie der globale Umweltschutzfinanziert werden soll, spielt eine entscheidende Rol-le in nahezu allen Phasen der globalen Umweltpoli-tik (Kap. C). Während die nationale Umweltpolitikganz überwiegend durch die staatliche Hoheitsge-walt durchgesetzt wird, ist die globale Umweltpolitikdurch das Konsensprinzip gekennzeichnet, d. h. dieImplementation globaler Umweltpolitik ist überwie-gend von der Zustimmung aller Länder abhängig.Weil viele Maßnahmen zum Schutz globaler Um-weltgüter in Entwicklungsländern effizienter sind(z. B. geringere Kosten einer Erhöhung der Energie-effizienz zur Vermeidung von Treibhausgasemissio-nen) bzw. nur dort möglich sind (z. B. Schutz des tro-pischen Regenwaldes), ist die Zustimmung der Ent-wicklungsländer zu internationalen Umweltverein-barungen häufig von der Bedingung abhängig, dassdie reicheren Industrienationen die Kosten für dieUmsetzung von internationalen Umweltkonventio-nen zumindest teilweise übernehmen. Den Entwick-lungsländern kommt somit eine wachsende Verhand-lungsmacht zu, die sich im besonderen Maß in derMitsprache über die Verwendung der Finanzmittelzeigt (Biermann, 1998b).

Dieser grundlegenden Ausgangssituation bei derGestaltung globaler Umweltpolitik trägt die AGEN-DA 21 Rechnung. Die Finanzierung des globalen Um-weltschutzes sollte nach dem Grundsatz der „ge-meinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlich-keit“ erfolgen. In den Konventionen zum Schutz derOzonschicht, des Klimas und der biologischen Viel-falt haben sich die Industrieländer dann auch ver-pflichtet, die „vollen vereinbarten Mehrkosten“ derEntwicklungsländer zu übernehmen, die diesendurch die Umsetzung der Verträge entstehen. DerBegriff der „vollen vereinbarten Mehrkosten“ ist einweicher, interpretationsbedürftiger Terminus, derzwischen den Vertragsparteien konträr diskutiertwird. In der AGENDA 21 wird der jährliche Finanzbe-darf für ihre Umsetzung auf 600 Mrd. US-$ für den

Zeitraum 1993–2000 geschätzt, von denen die inter-nationale Gemeinschaft 125 Mrd. US-$ aufbringensollte. Der Beirat wies bereits in einem früheren Gut-achten darauf hin, dass damals auf Deutschland an-gesichts seiner Beitragsquote zu den Vereinten Na-tionen von 8,93% für 1993 ein Betrag von etwa 11,16Mrd. US-$ entfallen würde. Bezogen auf das deut-sche Bruttosozialprodukt von 1993 – dem ersten Jahrdes Planungszeitraums der AGENDA 21 – hätte dies0,59% des deutschen Bruttosozialprodukts entspro-chen. Die Übernahme derartiger Verpflichtungenwäre dem international vereinbarten und auf denWeltkonferenzen im UNCED-Folgeprozess erneutbestätigten Ziel eines BSP-Anteils für Entwicklungs-zusammenarbeit von 0,7% schon sehr nahe gekom-men. Da die wirtschaftliche Zusammenarbeit mitden Entwicklungsländern mehr umfasst als die „rei-nen Rio-Folgekosten“, ergibt sich eine über die 0,7%deutlich hinausgehende Verpflichtung (WBGU,1998a). Vor diesem Hintergrund ist die auch hiermitwieder bekräftigte Empfehlung des Beirats zu sehen,langfristig eine Erhöhung auf 1% des BSP anzustre-ben.Vorweg sollte das Ziel, 0,7% des BSP für die glo-bale Umwelt- und Entwicklungspolitik aufzuwen-den, wieder ins Auge gefasst werden. Trotz derschwierigen Haushaltslage sollte die Bundesregie-rung versuchen, dieses Ziel – zumindest in einer mit-telfristigen Perspektive – umzusetzen.

Die Forderung muss umso anspruchsvoller er-scheinen, als die öffentlichen Leistungen Deutsch-lands in der Entwicklungszusammenarbeit in denletzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen sind.Auch in den meisten anderen Industrieländern – ins-besondere in denjenigen Staaten, die die größten ab-soluten finanziellen Beiträge in der Entwicklungszu-sammenarbeit leisten – hat die Bereitschaft, weitereFinanzmittel aus öffentlichen Haushalten bereitzu-stellen, deutlich nachgelassen (Tab. E 3.1-1).

Diese Ausführungen verdeutlichen, dass die Be-handlung des Finanzierungsaspekts der globalenUmweltpolitik insbesondere die beiden folgendenRahmenbedingungen beachten muss:• Der Bedarf an Finanzmitteln für den globalen

Umweltschutz scheint enorm hoch zu sein. Nicht

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149Der Stellenwert des Finanzaspekts E 3.1

zuletzt verdeutlichen dies die verschiedenen Jah-resgutachten des Beirats (WBGU, 1993–2000)und die Ausführungen zu den sechs großen globa-len Umweltproblemen in Kapitel B.

• Aufgrund des bei der Mehrheit der Geberländerverfolgten Konsolidierungskurses, wegen abneh-mender Prioritäten für den globalen Umwelt-schutz vor dem Hintergrund nationaler wirt-schaftlicher Probleme (z. B.Arbeitslosigkeit), aberauch wegen des abnehmenden Vertrauens in dieEffizienz der Mittelverwendung, nimmt der Um-fang der von den Industrieländern bereitgestell-ten Mittel kontinuierlich ab.

Im UN-System werden diese grundlegenden Finan-zierungsprobleme unter dem Begriff der „globalenEntwicklungspartnerschaft“ schon seit längerer Zeitdiskutiert. 1997 verabschiedete die UN-Generalver-sammlung eine Resolution mit dem Auftrag, im Jahr2001 eine hochrangige zwischenstaatliche Veranstal-tung zum Thema der Entwicklungsfinanzierungdurchzuführen. Zentrale Themen dieser Konferenzwerden die internationale Entwicklungszusammen-arbeit, einschließlich des Schuldenerlasses, aber auchAspekte des internationalen Geld-, Finanz- undHandelssystems zur Unterstützung wirtschaftlicherEntwicklung sein. Der Beirat begrüßt die Bemühun-gen der UN, dieses wichtige Thema auf einer hoch-rangigen internationalen Veranstaltung zu behan-deln. Daher befasst er sich in diesem Abschnitt mit

zentralen Fragen der Finanzierung der globalen Um-welt- und Entwicklungspolitik.

Der Beirat hat einen beachtlichen Handlungsbe-darf an globaler Umweltpolitik aufgezeigt. Dabeiwurde deutlich, dass auch ein großer Handlungs-spielraum für eine Umweltpolitik ohne Geld besteht.Eine solche Politik konzentriert sich vor allem aufMaßnahmen, die der Formulierung globaler Regel-systeme, der besseren Organisation vorhandenerEinrichtungen, der Politikabstimmung oder dem Ab-bau von Vollzugsdefiziten dienen. Solche Schrittesind wichtig, sie werden aber nicht ausreichen. Inso-fern kommt der Frage der Mittelbeschaffung großeBedeutung zu. Bedauerlicherweise wird diese Fragehäufig sehr vordergründig beantwortet und Geld füralle möglichen Zwecke angefordert. Manchmal kannman sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob Geld-beschaffung alles sei.

Gerade die neuere Diskussion um die Reforminternationaler Organisationen zeigt, dass man sol-chen Forderungen nach mehr Geld immer skepti-scher gegenübersteht. Insbesondere die neuere öko-nomische Theorie der Politik bzw. der Bürokratie hatdarauf aufmerksam gemacht, dass nationale, vor al-lem aber auch internationale Behörden bzw. Einrich-tungen, eine Neigung zur Expansion und Ineffizienzhaben und durch hohe Irreversibilität gekennzeich-net sind (Roppel, 1979; Jackson, 1982; Frey undKirchgässner, 1994; Kolan, 1996; Richter undFurubotn, 1996; Kuhlmann, 1998).Wichtige Erkennt-

Tabelle E 3.1-1ÖffentlicheEntwicklungshilfezahlungenvon OECD-Ländern 1993und 1998 (OfficialDevelopment Assistance,ODA; abzüglichSchuldenrückzahlungen;sortiert nach der absolutenHöhe der Entwicklungs-hilfezahlungen, 1998).Quelle:World Bank (2000c)

ODA ODA mittlere[Mio. US-$] [% BSP] jährliche

Veränderung[%]

1993 1998 1993 1998 1992–93bis1997–98

Japan 11.259 10.640 0,27 0,28 -0,8USA 10.123 8.786 0,15 0,10 -8,3Frankreich 7.915 5.742 0,63 0,40 -5,7Deutschland 6.954 5.581 0,35 0,26 -4,7UK 2.920 3.864 0,31 0,27 0,6Niederlande 2.525 3.042 0,82 0,80 2,3Italien 3.043 2.278 0,31 0,20 -12,7Dänemark 1.340 1.704 1,03 0,99 3,8Kanada 2.400 1.691 0,45 0,29 -3,9Schweden 1.769 1.573 0,99 0,72 -3,7Spanien 1.304 1.376 0,28 0,24 0,3Norwegen 1.014 1.321 1,01 0,91 2,7Australien 953 960 0,35 0,27 -0,3Schweiz 793 898 0,33 0,32 -2,1Belgien 810 883 0,39 0,35 -0,8Österreich 544 456 0,30 0,22 -2,6Finnland 355 396 0,45 0,32 -5,6Portugal 235 259 0,28 0,24 -1,2Irland 81 199 0,20 0,30 19,8Neuseeland 98 130 0,25 0,27 3,9Luxemburg 50 112 0,35 0,65 18,2

Total 56.486 51.888 0,30 0,24 -3,6

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150 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

nisse lieferte hierbei auch die Betrachtung der Büro-kratie im Rahmen einer Principal-Agent-Beziehung.Eine solche Beziehung liegt vor, wenn ein Auftragge-ber (etwa eine Staatengemeinschaft) – der sog.Principal – im Rahmen einer vertraglichen Vereinba-rung einen Agenten – Behörde – beauftragt, eineLeistung zu erbringen, die dem Principal einen Nut-zen stiftet. Stets besteht das Risiko, dass die Übertra-gung eines Handlungsspielraums vom Agenten füreigene Interessen genutzt wird. Dieses Risiko ist grö-ßer, je eher Behörden (Agenten) sich einer regelmä-ßigen (demokratischen) Kontrolle entziehen. Auchbei bestimmten Mittelzuweisungen können sie einebeachtliche Unabhängigkeit erreichen. Dies ist derFall, wenn die Mittelaufbringung über zweckgebun-dene Abgaben erfolgt, die an Bemessungsgrundla-gen (etwa Verkehrsbewegungen oder Massenströ-me) gebunden sind, die expandieren. Dann könnenBehörden bzw. Bürokratien „Eigenarten“ entwi-ckeln, die bei internationalen Bürokratien besondersausgeprägt sind (Kuhlmann, 1998). Verwaltungsbe-amte können hier ihren persönlichen Interessen stär-ker nachgehen als in nationalen Bürokratien. Dieserklärt, warum man Wünschen nach mehr Geld im-mer zurückhaltender begegnet und nach Möglichkei-ten einer Effizienzsteigerung bzw. nach differenzier-ten Lösungen sucht.

Parallel zu den ernsthaften Anstrengungen, vor-weg das 0,7%-Ziel zu erreichen, sind innovative Fi-nanzierungsmechanismen zu entwickeln. Soweit essich um öffentliche Mittel handelt (Kap. E 3.2), sindzunächst Lösungen zu entwickeln, die nicht – offenoder verdeckt – eine neue Steuer beinhalten, son-dern beispielsweise als Gebühren für konkrete Um-weltnutzung ausgestaltet sind. Darüber hinaus wer-den, um eine kontinuierliche Finanzierung globalerUmweltpolitik zu ermöglichen und um zugleich einegewisse Unabhängigkeit von der Finanzierungsbe-reitschaft der Industrieländer zu schaffen, immerwieder Vorschläge zur Einführung sog. „innovativerFinanzierungsmechanismen“ unterbreitet. Hierzuwird in Kap. E 3.2 eine Übersicht über derartigeGeldquellen gegeben. Der Beirat konzentriert sichbei seinen Empfehlungen bzw. Prüfaufträgen darauf,Systeme zu entwickeln, die unter Umweltaspektengute Anreize entfalten. In Kap. E 3.3 wird grundsätz-lich diskutiert, welche Vorteile sich mit einer stärke-ren Einbeziehung des Privatsektors in die Finanzie-rung des globalen Umweltschutzes erzielen lassen,und es werden Möglichkeiten aufgezeigt, durch dieEinbindung privater Akteure zusätzliche finanzielleMittel zu akquirieren. Gegenstand von Kap. E 3.4 istdie Effizienz der Mittelverwendung. Diese sog. Ver-wendungseffizienz von Finanzierungsinstitutionenbei der Vergabe öffentlicher Mittel ist zu analysieren,denn durch erhöhte Effizienz kann bei gegebenem

Mittelvolumen der Zielerreichungsgrad erhöht wer-den. Damit kann auch die Bereitschaft gestärkt wer-den, zusätzliche Mittel bereitzustellen. Den Ab-schluss bilden Handlungs- und Forschungsempfeh-lungen im Bereich der Finanzierung der globalenUmweltpolitik (Kap. E 3.5).

E 3.2Innovative Finanzierungsansätze

E 3.2.1Einleitung

In Kap. E 3.1 hat der Beirat gezeigt, dass die Bewäl-tigung der globalen Umweltkrise erhebliche finan-zielle Ressourcen erfordert, die mit der wachsendenBedeutung bestehender Probleme (Kap. B), aberauch mit dem Auftreten neuer Handlungsfelder wei-ter steigen wird.Trotz der Bemühungen um eine effi-zientere Nutzung der bereits fließenden Gelder(Kap. E 3.4) wird die internationale Gemeinschaftnicht umhin kommen, in den nächsten Dekaden wei-tere innovative Ansätze zu entwickeln, die auf dieAufbringung von Geldern für ein Umsteuern desglobalen Entwicklungspfades hin zu mehr Nachhal-tigkeit und Zukunftsfähigkeit abzielen.

Bereits die Brundtland-Kommission hat in ihremReport „Our Common Future“ Vorschläge für inno-vative, sog. „automatische Finanzierungsquellen“ er-arbeitet. Der Beirat hat sich im folgenden Abschnittdie Aufgabe gestellt, einige Vorschläge zur Finanzie-rung des globalen Umweltschutzes zu prüfen und miteigenen Vorstellungen anzureichern. Viele mögendie hier diskutierten Vorschläge als weit reichendempfinden. In der Tat wird die internationale Politik,welche weiterhin mit den Gegebenheiten eines Sys-tems dezentraler staatlicher Akteure zu arbeiten hat,einen langen Atem brauchen, um diese Vorschläge zukonkretisieren und umzusetzen. Gleichwohl sieht esder Beirat als seine Aufgabe an, hier konzeptionellweiter voranzuschreiten und der Politik erste Kon-zepte und Anregungen zur Erarbeitung innovativerFinanzierungsinstrumente zur Verfügung zu stellen.

Die direkte Zuweisung von Finanzmitteln ausdem nationalen Steueraufkommen stellt den domi-nierenden Finanzierungsmechanismus in der globa-len Umweltpolitik dar (Kap. E 3.2.2). Bei der Diskus-sion und der Ableitung von Empfehlungen besitztdas Konzept der Nutzungsentgelte eine zentrale Rol-le für den Beirat. Daher werden in Kap. E 3.3 einigeVorschläge für die Erhebung von Entgelten für dieNutzung globaler Gemeinschaftsgüter diskutiert.Anschließend wird noch die Möglichkeit vorgestelltund bewertet, Entgelte für Nutzungsverzichtserklä-

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151Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

rungen (Kap. E 3.2.4) sowie Versicherungs- undKompensationslösungen für regionale Schäden in-folge globaler Umweltveränderungen einzuführen(Kap. E 3.2.5). Zum Abschluss werden noch einigeviel diskutierte Abgabenlösungen analysiert (Kap. E3.2.6). Für das gesamte folgende Kapitel ist insofernzu betonen, dass weiterhin erheblicher Forschungs-und Diskussionsbedarf besteht. Der Beirat empfiehltder Bundesregierung, die wissenschaftliche und poli-tische Debatte entsprechend zu fördern und zu in-tensivieren.

E 3.2.2Direkte Zuweisung von Finanzmitteln aus demnationalen Steueraufkommen

Der Status quo der internationalen Umwelt- undEntwicklungsfinanzierung wurde in der wissen-schaftlichen Literatur ausführlich beschrieben undauch vom Beirat in seinen bisherigen Gutachten be-reits ausgewertet. Dabei wurde deutlich, dass die Fi-nanzierung globaler Umweltpolitik in der Regeldurch die direkte Zuweisung von Finanzmitteln ausdem nationalen Steueraufkommen erfolgt, wobei dieStaaten die Kosten ihrer eigenen Umweltpolitik vor-wiegend direkt aus ihrem eigenen Budget finanzie-ren. Grundsätzlich gilt dies für Industrie- wie für Ent-wicklungsländer. Zusätzlich erhalten die meistenEntwicklungsländer finanzielle Unterstützung fürihre Umweltpolitik durch die internationale Ge-meinschaft, entweder im Weg der bilateralen Hilfeoder durch multilaterale Geber wie die Weltbankoder das UN-Entwicklungsprogramm (Kap. D 2 undKap. D 3.3).

Der Schutz des Klimas, der Ozonschicht und derbiologischen Vielfalt sind drei Sonderfälle: Hier ha-ben sich die Industrieländer sowie (mit Blick auf dieOzonpolitik) auch einige Schwellenländer zur Über-nahme der „vollen vereinbarten Mehrkosten“ derEntwicklungsländer in diesen Politikbereichen ver-pflichtet. Dies bedeutet, dass die Kosten für Umwelt-schutzmaßnahmen, die Entwicklungsländer in diesenHandlungsfeldern planen und umsetzen, von derinternationalen Gemeinschaft erstattet werden, ab-züglich der Kosten, die für andere, rein nationale In-teressen der Entwicklungsländer von Nutzen sind(beispielsweise abzüglich der Einnahmen aus demTourismus in Naturschutzgebieten). Die Definitionder „Mehrkosten“ in einem konkreten Umwelt-schutzprojekt ist jedoch nicht einfach und oft Gegen-stand langwieriger politischer Verhandlungen. Au-ßerdem besteht das Risiko, dass diese vertraglicheFestlegung zur Durchsetzung einer Umlagefinanzie-rung schwer zu bewertender „Mehrkosten“ zu einer

„Kostensteigerung“ anreizt und damit Ineffizienzproduziert, die nicht im Sinn der Geldgeber ist.

Institutionell transferiert werden die Gelder indiesen drei Problemfeldern durch den MultilateralenFonds zur Umsetzung des Montrealer Protokolls(Biermann, 1997) sowie durch die Globale Umwelt-fazilität der Weltbank, welche die Bank gemeinsammit UNEP und UNDP verwaltet und die Umwelt-schutzprojekte zum Schutz internationaler Gewäs-ser, der Ozonschicht (in Bezug auf osteuropäischeStaaten und Russland) sowie des Bodens in Trocken-gebieten (soweit hierbei ein Bezug zu Klima undBiodiversität besteht) finanziert (Ehrmann, 1997;Fairman und Ross, 1996). In allen diesen Fällen er-folgt die Finanzierung direkt über die Staatshaushal-te der jeweils verpflichteten Industrieländer, entwe-der entsprechend einem angepassten UN-Beitrags-schlüssel (also vor allem abhängig von der jeweiligenFinanzkraft) oder auf der Basis von freiwilligen Zu-weisungen (so vor allem bei der GEF).

Eine solche direkte Finanzierung über die Staats-haushalte hat eine Reihe wichtiger Vorteile. Hier-durch wird beispielsweise sichergestellt, dass die Fi-nanzierung regelmäßiger Gegenstand der parlamen-tarischen Debatte bleibt und sich nicht in ineffizien-ter Weise verfestigt. Auch bewirkt die ständigeÜberprüfung des Finanzmechanismus durch die na-tionalen Parlamente der OECD-Staaten, dass diegeldverteilende Behörde sich fortwährend derUnterstützung dieser Parlamente versichern muss.Dies hat sicher einen erheblichen Einfluss auf die Ef-fizienz der Mittelvergabe.

Andererseits sind auch einige offenkundige Nach-teile festzustellen: Besonders finanzstarke Geberlän-der gewinnen einen entscheidenden Einfluss auf dieMittelvergabe und die allgemeine Politik der geld-verteilenden Behörde, was sich in der Personalpoli-tik, aber auch in bestimmten Grundsatzentscheidun-gen widerspiegeln kann. Gerade die Vereinten Na-tionen leiden z. B. an der mangelnden Beitragstreueeiniger ihrer größten Mitgliedsländer und sind da-durch in besonderer Weise von diesen abhängig, wasden Statuten der Organisation und vor allem ihrenorganisationsinternen Abstimmungsmechanismenwenig zuträglich ist. Ein weiteres Problem der fak-tisch freiwilligen Finanzierung der globalen Umwelt-politik sind die Anreize zum Trittbrettfahrerverhal-ten der Geberstaaten, die möglicherweise – gerade inZeiten von Haushaltsengpässen – ihre Beiträge zu-rückhalten oder kürzen, im Vertrauen darauf, dassdie globalen Aufgaben dennoch durch die Beiträgeder anderen Staaten ausreichend finanziert werden.Die Theorie des kollektiven Handelns (Olson, 1965)zeigt, dass dieses individuell rationale Verhalten ineinem dezentralen System zu einem kollektiv subop-timalen politischen Ergebnis führen kann. Ein weite-

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152 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

rer Nachteil der Finanzierung über nationale Haus-halte und Steuern ist zudem, dass deren Erbringungkeinerlei Lenkungswirkungen für eine effizientereund schonendere Nutzung der natürlichen Umwelthat.

Gleichwohl bleibt die direkte Finanzierung globa-ler Aufgaben über Zuweisungen aus den Staatshaus-halten zurzeit das Mittel der ersten Wahl, und ihreVorteile – insbesondere die regelmäßige Kontrolledurch die Parlamente und der Legitimierungsdruckfür die geldverteilende Behörde – dürfen nicht unter-bewertet werden. Deshalb empfiehlt der Beirat, die-sen Weg grundsätzlich beizubehalten. Parallel hierzumuss aber – für bestimmte Aufgaben globaler Um-weltpolitik, bei denen sich ein solches Vorgehen an-bietet – verstärkt die Entwicklung und Einführungvon neuartigen Finanzierungsmechanismen voran-getrieben werden. Es ist aber erneut darauf hinzu-weisen, dass hier noch ein erheblicher Forschungs-und Prüfungsbedarf besteht. Nachfolgend sollen ei-nige Vorschläge unterbreitet werden, die einer sol-chen Vertiefung bedürfen.

E 3.2.3Konzepte zur Erhebung von Entgelten für dieNutzung globaler Gemeinschaftsgüter

E 3.2.3.1Der Grundgedanke der Nutzungsentgelte

Der Beirat hat immer wieder hervorgehoben, welchpositiven Beitrag eine Zuweisung von Eigentums-rechten an Umweltgütern – in Verbindung mit einemHaftungsrecht – für den Umweltschutz haben kann(WBGU, 1999a). In manchen Fällen jedoch ist einsolcher Weg kaum oder nur begrenzt gangbar.Ange-sprochen sind hier vor allem die globalen Gemein-schaftsgüter Meere und Erdatmosphäre. Es handeltsich um sog. Open-Access-Güter, bei denen, fallsman nicht zu gemeinsam getragenen Regeln des „gu-ten Umgangs“ mit ihnen kommt, stets die Gefahr derÜbernutzung besteht. Eine Zuteilung von Eigen-tumsrechten für Umweltzwecke scheidet schon allei-ne aufgrund der Diffusions- und Strömungsvorgängezumeist aus. Diese Güter müssen von der internatio-nalen Gemeinschaft quasi treuhänderisch verwaltetwerden. Es handelt sich um globale Gemeinschafts-güter, deren eigentumsrechtliche Implikationen ge-klärt werden müssen.

Bei Gütern mit klarer Zuordnung von Eigentums-rechten ist der Sachverhalt eindeutig. Dort muss fürdie Nutzung durch andere in der Regel ein Nutzungs-entgelt entrichtet werden. Dies hat, wenn die Eigen-tümer langfristig denken, unter Umweltaspekten

Vorteile. Insbesondere weckt dies das Interesse desEigentümers am Erhalt der Funktionsfähigkeit sei-ner Ressourcenbestände. Dies führt zu Schutz- undSanierungsaktivitäten beim Eigentümer zwecks Er-halt und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeiteiner Ressource und zeigt den Nutzern gleichzeitigdie Knappheit eines Gutes oder einer Ressource an.Wichtig ist vor allem, dass es zu Entgelten kommt,die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen demNutzen der Umweltgüter und den nutzungsbeding-ten Beeinträchtigungen erkennen lassen. Gehen dieBelastungseffekte zurück oder ist die Leistungsfähig-keit der Ressource durch andere Maßnahmen sicher-gestellt, müssen auch die Entgelte zurückgehen.Nicht die „zwecklose“ oder über allgemeine Um-weltbelange definierte Einnahmeerzielung steht so-mit im Vordergrund, sondern eine klare Zweckbin-dung mit spezifischen Anreizwirkungen.

Aus der Sicht des Beirats erscheint es nahe lie-gend zu prüfen, inwieweit man das Instrument derNutzungsentgelte auch auf die Weltmeere und dieErdatmosphäre einschließlich dem geostationärenOrbit übertragen kann. Hierbei handelt es sich umallgemein zugängliche Güter, die trotz Schutzrege-lungen zunehmend geschädigt werden. In die Erdat-mosphäre werden Stoffe (etwa Treibhausgase) einge-tragen, der Orbit wird für Satelliten oder Weltraum-stationen bzw. als Deponie genutzt, Fischbeständewerden überfischt und Wasser bzw. Luft werdendurch Schiffs- und Flugverkehr verschmutzt. DerBeirat verweist dabei auch auf neuere Entwicklun-gen im Bereich der Infrastrukturfinanzierung. Auchin diesen Fällen handelt es sich um Güter, etwa Stra-ßen, die gemeinschaftlich genutzt werden. Hier lässtsich zunehmend die Neigung erkennen, den Erhaltund Ausbau von Kapitalgütern, die unter dem As-pekt der Nachhaltigkeit von Bedeutung sind, ausdem politischen Tagesgeschäft auszugliedern und ei-ner Finanzierung zuzuführen, die sich mit interessan-ten Aufkommens- und Anreizwirkungen bzw. einerLangfristigkeit des Denkens verbindet. Ein typischesBeispiel sind die Bundesfernstraßen. Immer mehrWissenschaftler empfehlen hier den Weg in eine ju-ristische Verselbstständigung – etwa eine Bundes-autobahngesellschaft – bei gleichzeitiger Erhebungvon Nutzungsentgelten durch diesen neuen Eigentü-mer. Solche Nutzungsentgelte lassen sich auch hin-sichtlich der Nutzungs- und Belastungsintensität so-wie zeitlich und räumlich differenzieren. Damitmöchte man eine stärkere Nutzungs- und Langfrist-orientierung durchsetzen.

Technisch sind die Möglichkeiten der Erfassungaller Transportbewegungen bzw. der Zurechnungvon Kosten der Nutzung (Road Pricing) möglich.Lenkungs- und Finanzierungsaspekte lassen sich aufdiese Weise verknüpfen. Durch die enge Anbindung

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153Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

der Nutzungsentgelte an bestimmte Verwendungen –den Erhalt der Funktionsfähigkeit dieser Gemein-schaftsgüter – werden zudem Kontrollprobleme ge-senkt, da anstelle einer internationalen Behörde mitmöglicherweise diffusem Handlungsauftrag eineEinrichtung mit fest umrissenen und durch fortwäh-rende Rechnungslegungen überprüfbaren Aufträgenentsteht, die etwa durch Regionalisierungen auch ei-ner wettbewerblichen Kontrolle zuzuführen ist. Die-ser Gedanke der Erhebung von Nutzungsentgeltenlässt sich durchaus auch auf globale Gemeinschafts-güter übertragen.

Der Beirat betont hierbei mit Nachdruck, dass essich bei solchen Entgelten nicht um eine Spielformder fast inflationär wachsenden Zahl von Vorschlä-gen für immer neue Umweltabgaben handelt. Viel-mehr geht es um ein Konzept, das Elemente einerZuweisung von „Eigentumsrechten“ kennt, sich aberbei der Festlegung der Entgelte am Äquivalenzprin-zip orientiert. Durch die Zuweisung von Eigentums-rechten werden aus Open-Access-Gütern Allmende-güter. Die auch bei letzteren vielfach anzutreffendeÜbernutzung bzw. Belastung (Verschmutzung)sollen verhindert werden. Gleichzeitig wird derNutznießerkreis auch zum Kostenträgerkreis, wo-durch die Effizienz der Ressourcenallokation deut-lich erhöht werden kann. Mittels der erzielten Ein-nahmen sollen primär die Funktions- und Leistungs-fähigkeit der globalen Gemeinschaftsgüter erhaltenoder vielleicht auch verbessert werden. Die Einnah-men dienen somit nicht der Quersubventionierunganderer Aufgaben und dürfen nicht in den allgemei-nen Haushalt fließen. Die Entgelte müssen Knapp-heitsphänomene verdeutlichen und sollen der Auf-rechterhaltung der Leistungsfähigkeit eines spezifi-schen globalen Umweltgutes dienen. Sie müssen,falls diese Aufgabe erfüllt ist, auch wieder sinkenkönnen. Nachfolgend sollen einige Vorschläge, die indiese Richtung zielen, in Bezug auf den Luftraum,die Weltmeere und den Orbit diskutiert werden.

E 3.2.3.2Nutzung des Luftraums

Der Luftraum ist völkerrechtlich zwar der Rechtsho-heit der jeweiligen Staaten unterworfen, kann aberunter Wirkungsaspekten sowie teilweise politischenÜberlegungen durchaus als eine gemeinsame Res-source aufgefasst werden. Über der Hohen See –welche ja einen Großteil der Erdoberfläche umfasst– ist der Luftraum auf alle Fälle keiner staatlichenRechtshoheit unterworfen. Insofern ist es berechtigt,in Bezug auf dieses Medium von einem weitgehendglobalen Gemeinschaftsgut zu sprechen. Zumindestwird die Weltgemeinschaft, wie der Treibhauseffekt

zeigt, von spezifischen Belastungssituationen derErdatmosphäre gemeinschaftlich getroffen. DerLuftraum bzw. die Erdatmosphäre stehen für Depo-nierungszwecke sowie als Medium für Transportzwe-cke zur Verfügung, deren zunehmende KnappheitFragen nach einem effizienten Umgang mit dieserKnappheit und der Finanzierung erforderlicherEmissionsminderungsmaßnahmen aufwerfen.

Ausgangspunkt eines effizienten Umgangs mitden knappen Funktionen ist die Definition von Nut-zungsrechten an der Erdatmosphäre. Die Erdatmos-phäre kann als globales Gemeinschaftsgut verstan-den werden, das treuhänderisch zu verwalten ist. Einsolcher treuhänderischer Verwalter kann Nutzungs-rechte an Interessenten verkaufen. Das bekanntesteBeispiel hierfür ist die intensiv diskutierte Zuwei-sung von Emissionsrechten in der Klimapolitik. Hierwerden privat nutzbare Emissionsrechte erworbenund wie Eigentumstitel behandelt. Grundsätzlichkönnten diese in ihrem Gesamtumfang politisch vor-her festgelegten Rechte per Versteigerung erworbenwerden. In diesem Fall ist angesichts der Vielzahl in-teressierter Nutzer von einem hohen Finanzvolumenbei der Treuhandstelle auszugehen. Zudem bieteteine solche Versteigerung aus ökonomischer Sichtdie Gewähr, dass ausschließlich Effizienzkriterienüber die Verteilung der verfügbaren Nutzungsrechteentscheiden, da nur die Meistbietenden zum Zug kä-men. Der Beirat würde daher eine solche Versteige-rung grundsätzlich begrüßen.

Da man jedoch von einer ausgeprägten bisherigenNutzung ausgehen muss, würde ein solcher Weg beiden bisherigen Nutzern gewaltige Anpassungsprob-leme auslösen. Zudem würden angesichts der wirt-schaftlichen Disparitäten weltweit gravierende Ver-teilungseffekte ausgelöst. Der Beirat sieht daher eineVersteigerung von Nutzungsrechten an der Erdat-mosphäre als politisch kaum durchsetzbar an. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass jedem Land ineiner ersten Runde eine bestimmte Menge von De-ponierungsrechten zugestanden werden muss, wobeies jedem Land freigestellt ist, entweder überzähligeEmissionsrechte zu verkaufen oder fehlende Emis-sionsrechte aufzukaufen. Ein solche Vorgehensweisehat den ökologischen Vorteil, dass angestrebte Men-genreduktionsziele sofort verwirklicht werden unddie Knappheit des Deponierungsspielraums der Erd-atmosphäre sofort preiswirksam wird. Die bislangquasi „kostenfreie“ Nutzung der Atmosphäre alsSenke für Treibhausgase wird damit umfassender indie einzelwirtschaftliche Kostenkalkulation einge-hen und erwünschte Anpassungsreaktionen (ein-schließlich Innovationseffekte) auslösen. Zudemwerden voraussichtlich angesichts der weltweitenUnterschiede bei den Emittentenstrukturen und denEmissionsminderungspotenzialen erhebliche Gelder

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154 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

in die kapitalarmen Regionen fließen, die in der Re-gel nur geringe Emissionen pro Kopf aufweisen.

Das politische Kernproblem eines solchen Emis-sionsrechtehandels bleibt mithin – neben den auchbei anderen Instrumenten relevanten technischenFragen der Überprüfbarkeit und Umsetzung – die je-weilige Erstzuteilung von Emissionsrechten. Würdeeine Zuteilung auf der Basis der Emissionen einesLandes pro Einwohner erfolgen, blieben sämtlicheEntwicklungsländer auf lange Sicht Anbieter aufdem Markt mit der Folge eines nennenswerten Nord-Süd-Finanztransfers. Bei einer Zuteilung von Emis-sionsrechten auf der Basis der bestehenden Emissio-nen („grand-fathering“) würden hingegen die Indus-trieländer von ihrem bereits erheblichen Emissions-niveau profitieren. Andererseits ist eine Zuweisungvon Rechten nur aufgrund des Pro-Kopf-Kriteriumswegen der voraussichtlich großen finanziellen undwirtschaftlichen Implikationen wohl in den meistenIndustrieländern nicht durchsetzbar. Des weiterenbrächte ein solcher Zuteilungsmodus beachtlicheKonsequenzen für den Welthandel mit sich und wür-de Widerstände gegen die Klimapolitik hervorrufen.

Zu beachten ist, dass dem internationalen Organi-sationssystem bei einem Verzicht auf eine Versteige-rung der Nutzungsrechte bei der Erstzuteilung keinezusätzlichen Finanzmittel zufließen. Finanzströmewerden in diesem Fall ausschließlich zwischen denhandelnden Emittenten transferiert und gemäß derökonomischen Rentabilität Emissionsminderungs-maßnahmen angeregt. Dieser Verzicht auf zusätzli-che Finanzmittel ist für die Funktionsweise des Emis-sionsrechtehandels unschädlich, da lediglich ein„Clearing House“ benötigt wird, um die Transaktio-nen durchzuführen und zu überwachen, was grund-sätzlich auch von einer privaten Einrichtung desBanken- und Börsensystems übernommen werdenkann. Die hierzu erforderlichen Finanzmittel sindausgehend von US-amerikanischen Erfahrungen mitZertifikatelösungen in der Luftreinhaltepolitik zuvernachlässigen (Hansjürgens, 1998). Die Definitionund Erstzuteilung der Emissionsrechte würde in ei-nem solchen System durch eine Vertragsstaatenkon-ferenz erfolgen.

Grundsätzlich ist es auch möglich, den erwünsch-ten Reduktionseffekt über Steuern zu erreichen.Hierbei hofft man auf die Anreizwirkung steigenderPreise. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass dieserWeg mit beachtlichen Problemen verbunden ist. An-gesichts unsicherer und sich wandelnder Preiselasti-zitäten sind die Reduktionseffekte schwer prognosti-zierbar, die Integration in vorhandene Steuersystemebereitet Probleme, zumeist setzt sich kurzfristig dasInteresse an den fiskalischen Effekten durch, und dieeinzelnen Regierungen sind geneigt, ökologisch kon-traproduktive Ausnahmen zu gewähren. Deshalb

plädiert der Beirat in Anlehnung an frühere Stel-lungnahmen vor allem für die Einführung eines Sys-tems handelbarer Emissionsrechte. Der Forschungs-stand ist dort inzwischen soweit vorangeschritten,dass man in die Pilotphase eintreten sollte.

Wissenschaftlich und politisch umstritten ist dieBeantwortung der Frage, inwieweit sich bezüglichder Nutzung der Erdatmosphäre als Transportwegdie Erhebung eines Nutzungsentgelts anbietet. DerFlugverkehr trägt zwar bisher nur rund 3–4% zumTreibhauseffekt bei, dieser Wert kann sich jedoch we-gen des großen Wachstumspotenzials der Branchebis 2050 vervierfachen. Die Emissionen sind zudemin 10.000 m Flughöhe vier Mal schädlicher als amErdboden. Ein weiteres Problem besteht darin, dassdie Emissionen internationaler Flüge bisher in kei-ner Emissionsbilanz der Staaten auftauchen. Es ließesich aus diesen Gründen durchaus überlegen, dieseNutzung der Atmosphäre und des Luftraums mit ei-nem Entgelt zu belegen.

Nach den aktuellen Daten der International AirTransport Association (IATA), deren Mitglieder beiPersonenflügen rund 90% und bei den Frachtflügenrund 95% aller Flüge abdecken, wurden 1998 rund 20Mrd. Flugkilometer zurückgelegt. Ein globales Nut-zungsentgelt in Höhe von 10 Pfennig pro geflogenemKilometer könnte daher Einnahmen in Höhe vonrund 2 Mrd. DM erbringen. Ähnliche Berechnungenfinden sich in der „Agenda for Peace“ des ehemali-gen UN-Generalsekretärs Boutros-Ghali.

Damit wird aber bereits deutlich, dass vielfach Be-steuerungsvorschläge im Vordergrund stehen, dieprimär nur am Einnahme- und weniger am Len-kungseffekt interessiert sind. Der Beirat betont da-her, dass Nutzungsentgelte für den Luftraum dreiVoraussetzungen erfüllen müssen, um zu verhindern,dass eine ausschließliche Orientierung an der Maxi-mierung verfügbarer Finanzmittel für eine interna-tionale Organisation erfolgt:– eine strikte Orientierung der Bemessungsgrundla-

ge an den globalen Umweltfolgen des Luftver-kehrs und eine Zweckbindung zu Gunsten derVerhinderung und Verringerung dieser Umwelt-schäden,

– eine internationale Koordination bei der Erhe-bung und Verwendung eines solchen Entgelts, umUmgehungsstrategien einzudämmen,

– die Beachtung der politischen Durchsetzbarkeiteines solchen Entgelts angesichts der gesellschaft-lichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung desLuftverkehrs.

Am besten werden diese Anforderungen noch bei ei-nem System handelbarer Emissionsrechte erfüllt. Soist denkbar, dass Fluggesellschaften in Abhängigkeitvon den spezifischen Emissionen ihrer Flugzeugeund den zurückgelegten Kilometern Emissionsrech-

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155Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

te erwerben müssen bzw. diese Rechte auf der Basiseines Erstzuteilungssystems untereinander handeln.

Ein weiterer Vorschlag geht in Richtung einerweltweit abgestimmten Sonderabgabe auf den Kero-sinverbrauch, was zunächst einen Wegfall der be-stehenden Subventionierungen der Flugtreibstoff-nutzung voraussetzt. Die so erzielbaren Finanzmittelerscheinen vor dem Hintergrund des drängendenumweltpolitischen Handlungsbedarfs besonders at-traktiv, zumal die Wirkung auf die Flugpreise be-grenzt werden kann. So müsste ein auf dem Flugben-zin und damit auf der CO2-Emissionshöhe basieren-des Nutzungsentgelt nicht automatisch zu höherenFlugpreisen führen, da der Anteil des Treibstoffs anden Betriebskosten einer Fluggesellschaft nur10–25% ausmacht. Erwartet würde daraufhin eineBeschleunigung der technischen Entwicklung beitreibstoffsparenden Triebwerken, nicht jedoch not-wendigerweise ein Rückgang der zurückgelegtenFlugstrecken. Gerade der Grundstein für den inter-nationalen Erfolg der Airbusindustrie wurde mit ver-brauchsärmeren Maschinen gelegt, so dass diesemtechnischen Entwicklungssegment eine hohe Wett-bewerbsbedeutung beizumessen ist. Allerdings mussauch hier verhindert werden, dass die Erhöhung derTreibstoffkosten zu einem „Selbstläufer“ wird. DieBemessungsgrundlage eines solchen Instrumentsmüsste sich an der Entwicklung der CO2-Emissionen des Flugverkehrs orientieren. Zugleich sollte das ge-samte System in ein internationales Arrangementüber die flexible Umsetzung des globalen Klima-schutzziels integriert werden. Die Sonderabgabe istzweckgebunden in den einzelnen Ländern zu erhe-ben und (zum Kauf von Emissionsrechten bzw. derFinanzierung von Emissionsminderungsmaßnah-men) zu verwenden, um auszuschließen, dass sicheine internationale Organisation mit einer solchenAbgabe eine (stetig wachsende) Einnahmequelleschafft.

Eine solche internationale Koordination scheiter-te bislang vornehmlich am Widerstand einzelnerLänder gegen ein solches, am Treibstoffverbrauch ge-koppeltes Nutzungsentgelt. Innerhalb der internatio-nalen Lufttransportgesellschaft IATA kommt derWiderstand vor allem von Entwicklungsländern, dieum ihre Einnahmen aus dem Fremdenverkehr fürch-ten und auf ihre vergleichsweise veralteten Flugzeu-ge verweisen, die aufgrund des höheren Kerosinver-brauchs überproportional „bestraft“ würden. Aberauch die USA, Japan, Kanada und andere Industrie-länder (nicht jedoch Norwegen und die Schweiz) ha-ben sich auf der UN-Sondergeneralversammlungfünf Jahre nach Rio 1997 gegen die weltweite Einfüh-rung von Nutzungsentgelten für den Luftverkehrausgesprochen, die von der EU vorgeschlagen wor-den war.

Der Beirat warnt außerdem vor einem ausschließ-lich deutschen „Alleingang“, da angesichts der zent-ralen Lage Deutschlands und der hierdurch entste-henden zusätzlichen finanziellen Belastung ein Aus-weichen auf die Flughäfen im benachbarten Auslandzu erwarten wäre (Kap. C 3.6). Grenzen eines natio-nalen Vorgehens werden durch norwegische Erfah-rungen bestätigt. Norwegen hatte im Januar 1999eine annähernd aufkommensneutrale Kerosinabga-be in Höhe von 26% für internationale wie nationaleFlüge eingeführt, um die wachsenden Emissionendes Flugverkehrs zu begrenzen. Im Gegenzug wardie bereits bestehende Umweltabgabe für alle Flug-passagiere reduziert worden. Daraufhin hatte sichdie British Airways unter Verweis auf bestehende bi-und multilaterale Vereinbarungen, die den Flugge-sellschaften weltweit den Bezug von abgaben- undsteuerfreiem Kerosin erlauben, geweigert, die neueSteuer zu zahlen. Auch andere Fluggesellschaftenkündigten rechtliche Schritte an. Schon im März 1999wurden die Kerosinabgabe rückwirkend ausgesetzt,die bisher erhobenen Gelder – mit Zinsen – an dieFluggesellschaften zurückgezahlt und die Abgabe füralle Flugpassagiere im Gegenzug wieder erhöht.Vondieser Rücknahme blieben lediglich innerstaatlicheFlüge ausgenommen. Dieses Beispiel zeigt, dass na-tionale Alleingänge zwar möglich sind, dass die Be-mühungen für die Einführung der Nutzungsentgeltejedoch auf der europäischen und internationalenEbene gleichzeitig verstärkt werden müssen.Vielver-sprechender ist daher eine Vereinbarung auf der eu-ropäischen Ebene, um internationale Verkehrsverla-gerungen zu verhindern und zugleich die wirtschaft-liche und umweltpolitische Verträglichkeit eines anüberprüfbare Bemessungsgrundlagen gekoppeltenNutzungsentgelts zu erproben.

Der Beirat empfiehlt deshalb der Bundesregie-rung, in einem ersten Schritt national bestehendesteuerliche Begünstigungen des Flugverkehrs zuüberprüfen. Mittelfristig sollte sie sich daraufhin füreine EU-weite Erhebung von Nutzungsentgelten fürden Luftraum, wobei diese letztlich nichts anderes alsder Erwerb von Emissionsrechten sein dürfen, ein-setzen und im Rahmen der Vereinten Nationen aufderen Einführung drängen. Die enge Anbindung aneinen Emissionsrechtehandel sieht der Beirat alseine conditio sine qua non an, um sich gegen die po-litischen Anreize zur Einführung einer (besondersergiebigen) Umweltabgabe abzusichern.

E 3.2.3.3Nutzung der Meere

Die Weltmeere sind ein Gemeinschaftsgut par excel-lence, selbst wenn durch das neuartige Regime der

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156 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Ausschließlichen Wirtschaftszonen seit den 70er Jah-ren in gewisser Weise Eigentumsrechte an Res-sourcen zugewiesen bzw. angeeignet worden sind.Noch immer bleibt Handlungsbedarf. Folgende Nut-zungen bedürfen hier einer Regelung (Kap. B 2.6):– Nutzung der Ressourcen auf bzw. im Meeresbo-

den,– Nutzung der Fischbestände,– Nutzung der Meere für Transporte bzw. die Ein-

bringung von Stationen (etwa Bohrinseln),– Nutzung für Deponierungszwecke.In allen Fällen entsteht ein Finanzierungsproblem.Besonders relevant erscheint es bei der Bewältigungdes Verschmutzungsproblems, welches zu einemüberwiegenden Teil durch den Flusstransport vonStoffen in die Weltmeere verursacht wird. DiesesProblem kann nur über den Bau von Kläranlagen inden Einzugsgebieten der großen Flüsse und eine An-passung von Produktionsverfahren und Produkt-strukturen bewältigt werden. Dort, wo Industriena-tionen die Flussemissionen zu verantworten haben,ist davon auszugehen, dass die Anrainerstaaten überdas notwendige technische Wissen verfügen undauch in der Lage sind, die Problemlösungen selbst zufinanzieren. Anders sieht es hingegen in den Ent-wicklungsländern aus, wo ein Technologie- und Fi-nanztransfer notwendig ist. In diesen Fällen stelltsich einerseits die Frage, wie die erforderlichen Mit-tel zur Finanzierung der Maßnahmen zur Emissions-reduktion in den Entwicklungsländern aufzubringensind. Andererseits geht es um die effiziente Verwen-dung der Mittel in den betreffenden Ländern.

Der Beirat plädiert im Hinblick auf die Finanzie-rung der angesprochenen Maßnahmen zu prüfen, beiwelchen Formen der Meeresnutzung durch die Ein-führung von Nutzungsentgelten ein positiver Beitragzur Verdeutlichung der zunehmenden Knappheitvon Meeresfunktionen zu erzielen ist. Dies betrifft inbesonderer Weise den Tiefseebergbau, dessen Be-deutung gegenwärtig zwar als gering einzuschätzenist, allerdings zukünftig zunehmen wird (Kap. B 2.3).Er findet überwiegend innerhalb der Hohen Seestatt, für die keine nationalen Eigentumsrechte defi-niert sind (Kasten E 3.2-1). Im Rahmen der Verhand-lungen über die Seerechtskonvention der VereintenNationen (UNCLOS) wurde seit Anfang der 70er-Jahre erwogen, Finanzmittel für internationale Zieleaus den Nutzungsentgelten beim Tiefseebergbau zumobilisieren (Wolf, 1991), wobei auch an eine Mittel-beschaffung für die UN gedacht wurde. Die 1994 inKraft getretene UN-Seerechtskonvention hat zwarmit der Internationalen Meeresbodenbehörde eineneue Institution geschaffen, die den Tiefseebergbauüberwachen soll. Von den anfänglichen Hoffnungenauf neue Finanzmittel für die UN blieb aber wenigübrig. Die Meeresbodenbehörde koordiniert die Ak-

tivitäten privater Firmenkonsortien und erhebt le-diglich geringe Nutzungsentgelte. Da aufgrund desrelativen oder auch absoluten Preisverfalls bei vielenmineralischen Rohstoffen und der ungelösten tech-nischen Probleme im Tiefseebergbau gegenwärtigohnehin kaum Aktivitäten in diesem Bereich zu ver-zeichnen sind, haben sich die Hoffnungen auf neueund zusätzliche Finanzressourcen aus dieser Quellevorerst zerschlagen. Problematisch ist bei diesenÜberlegungen vor allem, dass sie als eine Steuer oderAbgabe zur Finanzierung der UN geplant waren. Da-mit trat das vom Beirat betonte Prinzip, Nutzen undKosten des Erhalts eines globalen Umweltgutes inden Vordergrund zu stellen, in den Hintergrund.

Gäbe es Eigentum an Meeresböden, wären Kaufund Verkauf bzw. Verpachtung unter Gemeinwohl-auflagen denkbar. Eine Einrichtung, die die Meereund damit auch ihre Bodenschätze treuhänderisch zuverwalten hat, könnte Areale unter Umweltauflagenverpachten. Angesichts des bisherigen Fehlens ent-sprechender Eigentumsrechte wären hier auch – imGegensatz zur Nutzung der Erdatmosphäre – eineErhebung von Pachtzinsen und damit Einnahmenfür eine Treuhandstelle zu legitimieren. Um die An-gemessenheit der Pachtzinsen zu gewährleisten, wä-re eine Regulierungsbehörde sinnvoll, die Preisan-träge der Meeresbehörde zu genehmigen und hierbeiauch Umweltaspekte zu berücksichtigen hat. DieEinnahmen könnten für finanzielle Hilfestellungenbei Emissionsminderungsmaßnahmen (Stoffeinträgein Flüsse) von Entwicklungsländern, andere meeres-bezogene Schutzmaßnahmen sowie für die Unter-stützung der Meeresforschung verwendet werden.Entscheidend ist, dass der Zusammenhang zwischenEntgelthöhe und Meeres- bzw. Ressourcenschutz ge-wahrt bleibt und regelmäßig eine Art Kosten-Leis-tungs-Rechnung vorgelegt werden muss.

Ein sich verschärfendes Knappheitsproblem ist imBereich des Fischfangs festzustellen (Kap. B 2.3).Hierbei handelt es sich um eine spezifische Nutzungder Meere, die eine erneuerbare Ressource betrifft.Neben der bereits an zahlreichen Orten gegebenenÜberlastung der Regenerationskapazität der Fisch-bestände ist angesichts des fortwährenden Bevölke-rungsdrucks und der Intensivierung der Nahrungs-mittelerzeugung auf der Basis von Meeresproduktenvon einem sich zukünftig noch verschärfenden Nut-zungsdruck auszugehen. Hinzu tritt vielfach die Sub-ventionierung der Fischerei, die eine Anpassung derFangflotten verhindert.

Um dieser Gefahr der Übernutzung und Zerstö-rung entgegenzuwirken, schlägt der Beirat vor, Nut-zungsrechte an den Fischbeständen zu definieren.Diese Nutzungsrechte – definiert über einzelneFischarten und angepasst an ökosystemare Zusam-menhänge – sind jährlich zu versteigern, wobei der

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157Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

Kasten E 3.2-1

Die Nutzung genetischer Ressourcen der HohenSee

Der Zugang zu genetischen Ressourcen wird von derBiodiversitätskonvention international geregelt. Die gene-tischen Ressourcen sind demnach kein globales Gemein-schaftsgut, sondern unterliegen im Wesentlichen der Souve-ränität der Staaten, die sich auch auf den Bereich der 12-Seemeilenzone erstreckt. Die wissenschaftliche Meeresfor-schung in der 200-Seemeilenzone (der sog. ausschließlichenWirtschaftszone) ist von der Seerechtskonvention interna-tional geregelt. Der Küstenstaat hat in der Praxis souveräneRechte auf Erforschung und Ausbeutung natürlicher Res-sourcen in diesem Bereich, was auch den Zugang zu geneti-schen Ressourcen einschließt. Die nationalen Gesetzge-bungen beschränken sich aber meist auf terrestrische Öko-systeme und gehen oft nicht auf die rechtlichen Besonder-heiten des Zugangs zu Küstengewässern ein.

Den Charakter eines globalen Gemeinschaftsgutes ha-ben genetische Ressourcen demnach nur außerhalb der200-Seemeilenzone. Hierbei sind die Bereiche der Wasser-säule und des Tiefseebodens zu unterscheiden. Die Rege-lungen zur Wassersäule beziehen sich im Wesentlichen aufdie Verhinderung von Übernutzung und Verschmutzung.Sie haben somit für den Zugang zu genetischen Ressourcenkeine Bedeutung, da dies in der Regel nicht mit Umwelt-verschmutzung verbunden ist, keinen konsumierendenCharakter hat und es somit auch nicht zu Übernutzungkommen kann. Die Regeln zur Ausbeutung des Meeresbo-dens jenseits der Grenzen des Bereichs nationaler Hoheits-befugnisse gelten nur für mineralische Ressourcen, die fürden Tiefseebergbau von Bedeutung sein können. Die le-benden Ressourcen gehören nicht dazu und damit auchnicht ihre Nutzung als genetische Ressource.

Genetische Ressourcen auf hoher See sind demnach einrechtlich ungeregeltes „global common good“, somit freizugänglich und können von jedem angeeignet werden. Die-se Regelungslücke ist allerdings eine unwillentliche Auslas-sung, da der potenzielle Wert mariner genetischer Ressour-cen während der 70er Jahre noch nicht offensichtlich war.Der Erhebung von Nutzungsentgelten für den Zugang zugenetischen Ressourcen der Hohen See steht somit imPrinzip nichts im Wege. Es gilt hier das gleiche Argumentwie bei den anderen globalen Gütern:Wer aus der NutzungVorteile zieht, hier etwa in Form von Rechten an geistigemEigentum, der sollte auch zum Erhalt der Ressourcen bzw.des Ökosystems beitragen. Die Seerechtskonvention solllaut Präambel zu einer gerechten und ausgewogenen inter-nationalen Wirtschaftsordnung beitragen, die vor allem diebesonderen Interessen und Bedürfnisse der Entwicklungs-länder berücksichtigt. Zudem fordert sie, dass wissenschaft-liche Meeresforschung in der Tiefsee dem „Wohl der ge-samten Menschheit“ dienen soll (Art. 143[1]), ohne dies al-lerdings genauer zu definieren.Auch die Biodiversitätskon-vention fordert in Art. 5 ausdrücklich zur Zusammenarbeit„in Bezug auf Gebiete außerhalb der nationalen Hoheits-bereiche“ auf.

Eine Zugangsordnung für hochseegenetische Ressour-cen könnte also von der Staatengemeinschaft als Änderungder Seerechtskonvention oder als Protokoll zur Biodiversi-tätskonvention beschlossen werden. Die Änderung derSeerechtskonvention hätte den Vorteil, dass mit der Inter-nationalen Meeresbodenbehörde bereits eine Institutionexistiert, die mit Organisation von Ressourcennutzung undErhebung von Nutzungsentgelten betraut ist. Die Biodiver-

sitätskonvention hingegen hat die größere fachliche Kom-petenz, da sie den Zugang zu genetischen Ressourcen in-nerhalb der nationalen Hoheitsbereiche regelt und es hier-für bereits einen anerkannten Rechtsrahmen gibt.

Der Beirat warnt in diesem Zusammenhang allerdingsvor überzogenen Erwartungen. Die Nutzung genetischerRessourcen der Tiefsee ist nur mit einem enormen Auf-wand an Technik und Know-how möglich, der derzeit nurwenigen Industrieländern bzw. multinationalen Unterneh-men zur Verfügung steht und u. a. erhebliche Problemebeim Ursprungsnachweis der Ressourcen birgt. Der Auf-wand für die Erschließung genetischer Ressourcen an Landoder in Küstengebieten ist erheblich geringer und gleichzei-tig die biologische Vielfalt dieser Gebiete unvergleichlichgrößer. Allerdings ist die Tiefsee ein Habitat mit extremenLebensbedingungen und ihre Organismen weisen daherungewöhnliche und seltene Anpassungen sowie biochemi-sche bzw. genetische Ausstattungen auf (extremophile Or-ganismen, z. B in „Schwarzen Rauchern“ oder Meereis). Sokönnen Enzyme, die an tiefseetypische extreme Tempera-turen, Drücke oder chemische Bedingungen angepasstsind, für Forschung und Industrie von großer Bedeutungsein. Glücksgriffe in diesem Bereich – etwa ein Patent mitbreiter industrieller Anwendung – können durchaus einenerheblichen wirtschaftlichen Wert darstellen. Ob die geziel-te Suche nach extremophilen Tiefseeorganismen allerdingszu kommerziellen Erfolgen führt, ist unsicher. Daher ist dieökonomische Bedeutung dieses Marktes noch spekulativerNatur und letztlich nicht einschätzbar, zumal sich extre-mophile Organismen durchaus auch an leichter zugängli-chen Orten finden (z. B. heiße vulkanische Quellen).

Die möglichen Erträge über Nutzungsentgelte, die der-zeit noch visionären Charakter haben, müssen mit dem ad-ministrativen und finanziellen Aufwand abgewogen wer-den, der mit der Aushandlung eines internationalen Rechts-instruments für hochseegenetische Ressourcen und den un-überschaubaren Problemen der Umsetzungskontrolleverbunden ist. Dieser Bereich sollte dennoch nicht aus denAugen verloren werden, denn die wissenschaftlichen undtechnologischen Rahmenbedingungen ändern sich schnell.Heute noch unlösbar scheinende Probleme können morgenbereits beherrschbar sein, so dass die o. a. Abwägung dannzu einem anderen Ergebnis kommen könnte. Daher kanndie rechtzeitige Schaffung eines international anerkanntenRechtsstatus für diese Ressourcen, der die Erhaltung, nach-haltige Nutzung und Teilhabe dieses gemeinsamen Erbesder Menschheit zum Wohle der globalen Umwelt fest-schreibt, im – derzeit noch spekulativen – Fall eines „gene-tischen Goldrauschs“ von großem Vorteil sein. Die Fortfüh-rung des ungeregelten Zustandes würde dann in der Praxisbedeuten, dass die Nutzung dieser Ressourcen nur finanz-und technologiekräftigen Industrieländern vorbehaltenbliebe, was weder mit dem Geist der Biodiversitäts- nochder Seerechtskonvention vereinbar wäre. Eine „nachsor-gende“ Regelung nach erfolgter Manifestation konkreterwirtschaftlicher Interessen wäre sicherlich erheblich prob-lematischer als eine „vorbeugende“. Der Beirat empfiehltdaher, die verschiedenen Optionen der rechtlichen Rege-lung des Zugangs zu den genetischen Ressourcen der Ho-hen See zu prüfen und darauf aufbauend international dieInitiative zu ergreifen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisseüber die genetischen Ressourcen der Hohen See und ihreBewertung sind derzeit unzureichend, so dass der Beiratgleichzeitig zu einer Verstärkung der Forschungsanstren-gungen auf diesem Gebiet rät.

Quellen: Glowka, 1995; CBD, 1996; Henne, 1998; ten Kateund Laird, 2000

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158 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Meistbietende den Zuschlag erhält. Auf diese Weisewird die Knappheit der Fischbestände auch in denPreisen sichtbar. Die zu erwartende Preiserhöhunghat eine nachfragedämpfende Wirkung. Ein Marktfür Nutzungsrechte zeigt zugleich, dass die bisherigeSubventionierung der nationalen Fischereiwirtschafteinen wettbewerbsverzerrenden Eingriff darstellt,der letztlich den Handel beeinflusst und von derWTO als diskriminierend zu unterbinden ist. Die De-finition der Nutzungsrechte und Durchführung derVersteigerung verlangt den Aufbau einer speziell fürden Schutz der Fischbestände zuständigen treuhän-derischen Einrichtung. Sie sollte getrennt vom übri-gen Meeresschutz arbeiten. Der Beirat empfiehlt derBundesregierung, über die EU für die Durchsetzungeines solchen Konzepts einzutreten.

Die Einnahmen könnten dazu verwendet werden,die strukturellen Anpassungsprozesse der nationalenFischfangkapazitäten an die neuen Preis- und Men-genkonstellationen zu flankieren, die notwendigenKontrollsysteme zur Überwachung der Einhaltungder erworbenen Fangrechte aufzubauen und die For-schung zur beschleunigten Erneuerung gefährdeterBestände zu unterstützen. Um Entwicklungsländernbei der Anpassung zu helfen, ist es auch denkbar,dass die Treuhandeinrichtung aus den eingenomme-nen Mitteln selbst Bestände (Fangrechte) erwirbtund diese zu Sonderkonditionen an bestimmteLänder weitergibt. Es muss nur gewährleistet sein,dass das maximal zulässige Fangkontingent nichtüberschritten und die Bildung der Versteigerungs-preise nicht manipuliert wird. Die Einnahmen müs-sen zweckgebunden bleiben und dürfen nicht für diefinanzielle Unterstützung anderer Institutionen ein-gesetzt werden. Steuerlösungen scheiden aus, da hierder Manipulationsspielraum zu groß ist und wegender dürftigen Kenntnisse über die Preiselastizitätendas angestrebte Schutzanliegen kaum oder nur sehrzeitverzögert durchgesetzt werden kann. Allerdingswird der zu erwartende politische Widerstand vonLändern mit großen Überseefischfangflotten (Japan,Russland, Spanien) ein nicht zu unterschätzendesHindernis gegen jegliche Form der Erhebung vonNutzungsentgelten darstellen.

Meere trennen nicht nur, sie verbinden auch. Diemenschliche Geschichte zeigt, dass Meere vor allemden zwischenstaatlichen Handel erleichterten unddamit auch die wirtschaftliche Entwicklung von An-rainerstaaten und Hafenstädten begünstigten. DieserSeetransport erfolgt aber, was die Nutzung des Trans-portweges betrifft, weitgehend kostenlos. Währenddie Nutzung anderer Transportwege (Straßen,Stromleitungen) in der Regel mit einer Wegegebührverbunden ist bzw. dort die Erhebung eines strecken-bezogenen Nutzungsentgelts (z. B. Road Pricing) im-mer mehr als Lösungsvorschlag zur Überwindung ei-

nes Erhaltungs-, Sanierungs-, Ausbau- und Überfül-lungsproblems in der Vordergrund tritt, findet mankaum Vorschläge, ein solches Konzept auch auf dietransportbezogene Nutzung der Weltmeere zu über-tragen. Da ein Zusammenhang zwischen Nutzungund Verschmutzung besteht (Kap. B 2.3), betrachtetder Beirat Nutzungsentgelte, die Beanspruchungbzw. Belastung der Meere berücksichtigen, als verfol-genswerte Idee. Es muss aber ein Zusammenhangzwischen Nutzung und Belastung bzw. Sanierung ge-wahrt bleiben. Die Einnahmen aus solchen Entgel-ten sollten nicht für verschmutzungsunabhängigeZwecke eingesetzt werden.

Technisch wäre ein solches Nutzungsentgelt rela-tiv leicht durchsetzbar, weil die Satellitentechnikheute weltweit die Identifizierung von Fahrzeugenund die Erfassung der von ihnen zurückgelegtenStrecken erlaubt. Die Entgelte könnten weltweit de-zentral über die Hafengebühren erhoben werden.Auch eine Differenzierung wäre möglich, die das Ri-siko- oder Belastungspotenzial einzelner Schiffeoder stationärer Anlagen berücksichtigt. Auf dieseWeise werden zugleich Anreize geschaffen, die Ver-wendung veralteter Motoren und besonders gefähr-dender Schweröle einzugrenzen. Insgesamt stündensomit Finanzmittel durch Nutzungsentgelte aus einerVerpachtung von Meeresböden, einer jährlichenVersteigerung von Nutzungsrechten an Fischbestän-den und einer strecken- und risikobezogenen Wege-gebühr für den Seetransport zur Verfügung. Die Ein-nahmen aus der Versteigerung von Nutzungsrechtenan Fischbeständen sind institutionell durch eine treu-händerische Verwaltung gesondert zu erheben undim Hinblick auf die Förderung des Strukturwandelsim Fischereisektor und die Kontrolle der Einhaltungder Nutzungsrechte zu verwenden, um eine Vermi-schung mit anderen Aufträgen zu verhindern.

Demgegenüber sollten die sonstigen Einnahmeneiner spezifischen Verwendung zugunsten der Was-serqualität der Meere dienen, nämlich der Finanzie-rung von Maßnahmen zur Minderung landgestützterEmissionen in die Meere in den Ländern, die hierzuweder wirtschaftlich noch institutionell in der Lagesind. Angesichts der derzeit geringen ökonomischenAttraktivität des Tiefseebergbaus betrifft dies vor-nehmlich das Nutzungsentgelt für den Seetransport.Die erhobenen Entgelte sind strikt als Sonderabgabezweckgebunden einem zeitlich befristeten Fonds zu-zuführen, der von der Weltbank verwaltet werdenkönnte. Der zeitlich begrenzte Auftrag bezieht sichausschließlich auf die Durchführung von Emissions-minderungsprojekten in wirtschaftlich schwachenLändern. Um Mitnahmeeffekte seitens der Entwick-lungsländer zu verhindern, die aufgrund der zu er-wartenden finanziellen Förderung ihre eigenen In-vestitionen in die Beseitigung landgestützter Emis-

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159Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

sionen verringern könnten, ist hier – wie bereits imBereich des Klima-, Ozonschicht- und Biodiversi-tätsschutzes – eine Begrenzung der Förderung aufdie „vollen vereinbarten Mehrkosten“ durch das ge-meinschaftliche Ziel des Meeresschutzes einzufüh-ren. Angesichts der maximal jährlich realisierbarenSanierungsinvestitionen in den bezuschussungswür-digen Ländern und der großen Anzahl jährlicherSchiffsbewegungen ist durchschnittlich von einer ge-ringen Höhe der streckenbezogenen Nutzungsent-gelte auszugehen, was daher die wirtschaftliche Be-lastung dieses Transportzweigs in Grenzen hält. DerBeirat sieht es bei der Verwendung der Finanzmittelals entscheidend an, dass– die Erhebung der Nutzungsentgelte für den See-

transport und die Finanzierung von Emissions-minderungsmaßnahmen von vornherein zeitlichbefristet werden,

– die Nutzungsentgelte ausschließlich zweckgebun-den zugunsten der genannten Emissionsminde-rungsmaßnahmen eingesetzt werden,

– die Fondsverwaltung institutionell von der Ent-gelterhebung getrennt wird und gemäß der inKap. E 3.4 genannten Voraussetzungen einer effi-zienten Mittelverwendung erfolgt.

Der Schutz der Meeresböden und der Schutz derWasserqualität sind als gemeinsame Aufgaben zuverstehen, die von einer Treuhandstelle wahrgenom-men werden können. Über die Berechnung der Ent-gelte ebenso wie über die Beendigung der Umvertei-lung von Nutzungsentgelten zugunsten von Emis-sionsminderungsprojekten sollte jedoch ausschließ-lich die Staatengemeinschaft entscheiden, um einedemokratische Kontrolle zu gewährleisten.

E 3.2.3.4Nutzung des geostationären Orbits

Ein großes Interesse findet in der neueren Zeit dieNutzung des geostationären Orbits. Diese Nutzungnimmt rapide zu, die Zahl der Satelliten expandiert,aber auch der dort deponierte Schrott macht sich stö-rend bemerkbar. Aus ökonomischer Sicht wird alsoein Knappheitsphänomen sichtbar. Es wundert da-her nicht, dass es zu einer Debatte über Nutzungsent-gelte für die Stationierung von Telekommunikations-satelliten im geostationären Orbit, einem völker-rechtlichen Gemeinschaftsraum, kommen musste.Der Beirat ist der Auffassung, dass sich hier ein glo-baler Handlungsbedarf aufbaut, dem durchaus mit-tels des Instruments des Nutzungsentgelts Rechnunggetragen werden kann.

Der Erdorbit wird vor allem als Laufbahn oderStandort bzw. Parkraum für Satelliten und Raumsta-tionen genutzt. Zunehmend erhält er auch den Cha-

rakter einer Deponie, in der sich die Reste von Rake-ten, Satelliten oder Weltraumstationen tummelnbzw. in den auch sonstige Stoffe eingetragen werden.Erste Anzeichen einer Überfüllung werden sichtbar,vor allem die Deponierung von „Schrott“ vielfältigs-ter Art erweist sich als störend. Wäre der Orbit imPrivatbesitz, würde der (fiktive) Eigentümer für die-se eben skizzierten Nutzungsformen (steigende)Nutzungsentgelte verlangen, die die anwachsendeKnappheit bzw. die Kosten der Bewältigung desSchrottproblems verdeutlichen würden. Da dieseökonomischen Signale fehlen, besteht die Gefahr derÜbernutzung.

Entweder einigt man sich dann, wie dies bei klas-sischen Allmendegütern vielfach der Fall ist, auf Re-geln einer angemessenen gemeinschaftlichen Nut-zung, oder man übernimmt das Konzept der Nut-zungsentgelte. Der erstgenannte Vorschlag ist mitdem Problem verbunden, dass die Ableitung solchervon der Staatengemeinschaft getragener Regelnschwierig und mit großem Zeitaufwand verbundensein wird. Das Konzept eines Nutzungsentgelts über-lässt den einzelnen Akteuren hingegen mehr Hand-lungsspielraum, auch eine raschere Anpassung derEntgelte an immer neue Problemstellungen ist mög-lich. Notwendig ist in diesem Fall die Einrichtung ei-ner von der Staatengemeinschaft getragenen Orbit-behörde, die die Entgelte – begleitet von einer Regu-lierungsbehörde – festlegt. Kritische Werte, wie etwamaximal zulässige Immissionsstandards oder die De-finition des maximalen „Orbit-Parkraumumfangs“,sind durch die Staatengemeinschaft vorzugeben(Kap. E 1). Die Einnahmen stehen für die Finanzie-rung dieser Institutionen, die Beseitigung des Orbit-schrotts oder auch die Orbitforschung zur Verfü-gung. Auf alle Fälle muss verhindert werden, dasssich ein Automatismus steigender Einnahmen ein-stellt und eingenommene Mittel anderen Zweckenzugeführt werden. Der Beirat plädiert daher für einefortwährende Kontrolle der Entgeltfestsetzungdurch die Einzelstaaten.

Überlegungen zur Einnahmeerzielung sind nichtneu. Typisch hierfür ist die Diskussion um die sog.Startsteuer, die die europäische Arianespace 1996vorstellte. Damals ging man davon aus, dass bis 2003weltweit etwa 20–25 größere zivile Erdbeobach-tungs- und Telekommunikationssatelliten pro Jahrins All transportiert werden (The Economist,1.6.1996). Bei Kosten pro Start, die sich zwischen 50Mio. US-$ für eine chinesische Rakete und 150 Mio.US-$ für die Ariane-5 bewegen, wäre bei einer Start-steuer in Höhe von 1% jährlich mit Einnahmen inHöhe von rund 20 Mio. US-$ zu rechnen gewesen.Vage sprach man auch von einem ökologischen Len-kungseffekt. Es blieb aber offen, was mit diesem ge-meint war. Wollte man die Zahl der Raketenstarts

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160 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

mindern oder mittels der Gelder den Weltraum-schrott beseitigen? Vieles deutet darauf hin, dass derVorschlag eher auf eine Abgabe abzielte und primäran der Erzielung einer Einnahme interessiert war,die aber zunächst einmal viel zu gering gewesen wä-re, um nur die wichtigsten Anliegen zu erfüllen.

Damit werden die Probleme dieses Vorschlagsdeutlich. Zwar wäre die Erhebung technisch ver-gleichsweise einfach durchzuführen, es fehlen jedochAntworten auf Fragen nach der Aufbringung einesnennenswerten Finanzierungsvolumens und vor al-lem nach dem Nutzungszusammenhang der Entgelt-erhebung. Zur möglichen Belastung der Stratosphä-re durch die Raketenemissionen lagen und liegen im-mer noch keine hinreichenden Forschungsergebnissevor. Hinzu kommt, dass einige Satelliten gezielt fürdie Erdbeobachtung und die Ermittlung von Um-weltdaten eingesetzt werden. Hier hätte eine solcheAbgabe eine kontraproduktive Lenkungswirkung.Darüber hinaus ist die politische Durchsetzbarkeitgegenüber den Betreiberländern der Raketensyste-me unsicher, da die Raumfahrttechnologie hier als„Zukunftsindustrie“ mit großer wirtschaftlicher,technologischer und sicherheitsstrategischer Bedeu-tung gilt.

Diese Bedenken ließen sich mindern, wenn eineeindeutige Verknüpfung der Nutzungsentgelte anbestimmten Immissionsbelastungen oder dem ver-fügbaren Deponieraum im Orbit stattfindet. In die-sen Fällen könnte ein System handelbarer Zertifika-te aufgebaut werden, das drei wichtige Vorteile bie-tet. Erstens weist es durch seine enge Anbindung andie Knappheit des Orbits einen deutlicheren Len-kungseffekt auf. Zweitens lässt eine Versteigerungder Nutzungsrechte ein hohes Aufkommen finanziel-ler Mittel erwarten.Allerdings ist eine solche Verstei-gerung angesichts fehlender Akzeptanz seitens derLänder, die Raketensysteme betreiben, kaum durch-zusetzen. Drittens könnte jedoch der Verzicht aufeine solche finanzielle Belastung dieser Länder beigleichzeitiger Gewährleistung einer effizienten Ver-teilung des bestehenden Orbitraums die politischenWiderstände mindern. Der Beirat befürwortet dahereine Prüfung der Möglichkeiten, ein solches Systemmittelfristig aufzubauen.

E 3.2.4Entgelte für Nutzungsverzichtserklärungen

Im Gegensatz zu den Weltmeeren, dem Orbit oderdem Luftraum sind die meisten Boden- und Süßwas-serflächen eigentumsrechtlich privaten Akteurenoder Staaten zugeordnet. Den Eigentümern stehendiese Ressourcen zur vielfältigen Nutzung zur Verfü-gung, wobei sich in der Regel mehrere Nutzungs-

möglichkeiten anbieten. Das Problem der Umwelt-politik besteht darin, dass ökologische Funktioneneine zu geringe Bewertung erfahren bzw. die Nutz-nießer und Kostenträger einer Schutzmaßnahmezeitlich und räumlich auseinander fallen.

Der Schutz der biologischen Vielfalt erfordertvielfach den Verzicht auf die Nutzung bestimmterGebiete der Erdoberfläche, eine Frage, mit der sichder Beirat intensiv beschäftigt hat (WBGU, 2000).Problematisch ist hierbei jedoch, dass einige Staaten,die besonders viele Anteile an der weltweit schüt-zenswerten biologischen Vielfalt haben, durch einewirksame globale Umweltpolitik benachteiligt wer-den. Zudem sind die besonders biodiversitätsreichenStaaten häufig auch die ärmsten, so dass sie zumSchutz der biologischen Vielfalt nicht ohne Unter-stützung beitragen können. Die Biodiversitätskon-vention versucht, diesem Problem gerecht zu wer-den, indem den Entwicklungsländern die Übernah-me der „vollen vereinbarten Mehrkosten“ für sämt-liche Maßnahmen zum Schutz der biologischenVielfalt zugesichert werden, also derjenigen Kosten,die nach Abzug des globalen Nutzens für das Landselbst verbleiben. Auf die mit dieser Vereinbarungverbundenen Probleme und Risiken hat der Beiratbereits weiter oben hingewiesen. Trotzdem liegt die-ser Kostenbeteiligung ein ökonomisch gerechtfertig-ter Gedanke zugrunde, lässt sie sich doch als interna-tionale Entschädigung für einen entgangenen Nut-zungsgewinn verstehen, welcher im globalen Ge-meinschaftsinteresse ist.

Dieser Gedanke lässt sich weiter ausbauen, wobeidas den Verschmutzungszertifikaten zugrunde lie-gende Prinzip aufgegriffen wird. Dort wird ein spezi-fisches Nutzungsrecht gekauft, in gleicher Weise lässtsich auch eine Nichtnutzungsverpflichtung kaufen.Das Problem des Schutzes erneuerbarer Ressourcenbesteht nämlich darin, dass der Besitzer aufgrund derlangen Regenerationszeiten, z. B. eines Waldbe-stands, häufig nicht mehr in den Genuss einer „Ern-te“ kommt und demzufolge vorhandene Beständestärker nutzt als nachwachsen kann. Kosten und Nut-zen einer Bestandserhaltung fallen zeitlich auseinan-der. Noch gravierender wird der Konflikt, wenn dieKosten und der Nutzen eines Bestandsschutzesräumlich divergieren. Hier liegt es nahe, dass die zeit-lich und räumlich Begünstigten den Ressourcen-eigentümer für seine (heutige) Nichtnutzung hono-rieren. Sie erwerben sog. Verpflichtungsscheine, mitdenen sich Eigentümer zur Nichtnutzung verpflich-ten. Im Grunde handelt es sich um ein Nichtnut-zungsentgelt mit entsprechender Anreizwirkung.

Die Mittel können privat, aber auch staatlich auf-gebracht werden. Hier besteht aber noch For-schungsbedarf. Zu klären wäre z. B., wie die Einhal-tung der Verpflichtung gewährleistet werden kann,

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161Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

inwieweit sich erpresserische Verpflichtungsentgelteverhindern lassen, in welchen Bereichen ein Tauschvon Verpflichtungsscheinen möglich ist, inwieweitsich eine Zersplitterung verhindern lässt usw.Wichtigist aber auf alle Fälle, dass der „Kostenträger“, hierdefiniert als Nichtnutzer eines Eigentumsrechts, dieEntgelte erhält. Nur so entfaltet sich eine echte An-reizwirkung. Wenn die Entgelte bzw. die oben ge-nannten „Mehrkosten“ an Regierungen ausgezahltwerden, besteht die Gefahr, dass sie zur Begleichunganderer Anliegen verwendet werden.

Langfristig wäre zu überlegen, dieses Konzeptauszubauen zu einem weltweiten System von Nut-zungsverzichtsverpflichtungen (etwa für Regenwäl-der), die von Staaten oder regionalen Akteuren ge-zeichnet werden und von der internationalen Ge-meinschaft entsprechend finanziell entgolten wür-den.

E 3.2.5Versicherungen und Kompensationslösungen fürregionale Schäden aufgrund globalerUmweltveränderungen

Viele Umweltprobleme haben Altlastencharakter.Sie entstanden zu einer Zeit, als die rechtlichen Rah-menbedingungen unangemessene Emissionen oderNutzungsformen von Ressourcen noch erlaubtenoder Informationen über bestimmte Emissions- oderNutzungsrisiken fehlten. Des weiteren lassen sichnicht immer alle Umweltprobleme rechtzeitig erken-nen bzw. beheben, und auch global ist zu befürchten,dass manche Umweltveränderungen nicht mehr auf-gehalten, sondern durch entschlossenes Handeln le-diglich gemindert und verlangsamt werden können.Der beginnende Klimawandel ist das bekanntesteBeispiel dafür, dass künftig nicht nur Vermeidungs-,sondern auch Anpassungskosten eine Rolle spielenwerden. In der innerstaatlichen Debatte wird diesemProblem mit Blick auf künftige Risiken in der Regelüber das Instrument der Haftung (mit der dann re-gelmäßigen erforderlichen Versicherung) begegnet.Eine solche Regelung gestattet nicht nur einen Scha-densausgleich, sondern entfaltet auch Vorsorge- bzw.Innovationseffekte. Um hohen Prämien zu entgehen,werden Substitutionsprozesse in die Wege geleitetoder möglicherweise sogar die Produktion einge-stellt.

Wenn ein wirksames System von Haftungsansprü-chen besteht, erhalten die Akteure einen Anreiz, dasRisiko von Umweltschädigungen soweit wie möglichzu begrenzen, was in der Regel effizient und auf-grund des größeren Wissens der Akteure vor Ortüber Gefahren auch besonders effektiv ist. Nach Ri-siko gestaffelte Versicherungsprämien üben entspre-

chende Lenkungswirkungen auf die dezentralen Ak-teure aus. In den Versicherungen wird zudem dasWissen über potenzielle Risiken, Vorsorgemaßnah-men und Strategien zur Anpassung an unvermeidba-re Umweltveränderungen gebündelt (WBGU,1999a).

Wie geht man aber mit jenen Problemen um, dieechten Altlastencharakter haben? Die Verursachersolcher Altlasten sind häufig nicht identifizierbaroder juristisch greifbar. Aus internationaler Sichtfehlt außerdem bislang eine klare haftungsrechtlicheRegelung. Folgt man den klassischen Prinzipien derUmweltpolitik, muss hier an die Stelle des Verursa-cherprinzips das Gemeinlastprinzip treten bzw. die-ses Prinzip subsidiäre Anwendung finden. In gewis-ser Hinsicht käme auch ein internationales Solidar-prinzip zur Geltung. Finanziert werden müssten dieSanierungs- bzw. Anpassungskosten (etwa Umsied-lung der von einem Anstieg des Meeresspiegels ge-fährdeten Bevölkerung) aus einem aus staatlichenZuschüssen gespeisten Fonds. Da es vor allem die In-dustrienationen sind, die wohlstandsmäßig in derVergangenheit von einem problematischen Umgangmit natürlichen Ressourcen profitierten, könnten dieEinzahlungen sich an Wohlstandsindikatoren, aminternationalen Handelsvolumen bzw. am speziellenHandelsvolumen mit den betroffenen Staaten orien-tieren. In manchen Fällen müsste auch eine spezifi-sche Branchenverantwortung geprüft werden. Aberauch hier muss gewährleistet sein, dass die Mittelzweckgebunden bleiben.

Mittelfristig erscheint auch der Gedanke der Ein-richtung eines allgemeinen Schadensfonds prüfens-wert. Dahinter steht der Gedanke, dass es wahr-scheinlich nie gelingen wird, Anpassungskosten glo-baler Aktivitäten zu vermeiden. Theoretisch kannman sich darum eine Art globale Zwangsversiche-rung für einen Restschadensausgleich global verur-sachter Umweltprobleme vorstellen. Es ist zu überle-gen, hierfür ein Solidarmodell analog der Sozialver-sicherung aufzubauen. Bestandteil eines solchen Mo-dells ist die Verpflichtung der Kollektivmitglieder(hier: der Staatengemeinschaft) zur gemeinsamenEinzahlung in einen Fonds, aus dessen Mittel be-stimmte entstehende Schäden – etwa durch Klima-veränderungen und erforderliche Anpassungsmaß-nahmen (z. B. Deichbauten, Aufräumarbeiten) – zudecken sind. Zur Staffelung der Beitragslast stehenverschiedene Verteilungsindikatoren – Emissionen,wirtschaftliche Leistungsfähigkeit usw. – zur Verfü-gung. Im Gegensatz zu einer ausschließlichen Umla-gefinanzierung, wie sie die meisten europäischenSozialversicherungen kennen, ist angesichts der Un-sicherheit und Kalkulierbarkeit der Risiken durchKlimafolgen ein privatwirtschaftliches Risikoma-nagement dieses Fonds mit Kapitalanlagen in lang-

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162 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

fristigen Real- und Humankapitalinvestitionen zuGunsten des Klimaschutzes sowie moderner Rück-versicherungsstrategien durch Hedging-Portfoliosdenkbar (Hommel, 1998).

In diesem Zusammenhang ist das Instrument derKatastrophenbonds (catastrophe bonds; cat bonds)besonders hervorzuheben. Die durch Naturkatastro-phen verursachten Schäden sind in den letzten Jahr-zehnten stark angestiegen. So hat z. B. das Erdbebenvon Kobe 1995 einen volkswirtschaftlichen Schadenvon 100 Mrd. US-$ verursacht. Nur etwa 2–3% derSchäden waren versichert. Schäden dieser Größen-ordnung können nahezu nicht mehr über das tradi-tionelle Versicherungs- und Rückversicherungsge-schäft abgesichert werden. Den geschätzten Eigen-mitteln des weltweiten Versicherungsmarktes von500 Mrd. US-$ steht allerdings eine Kapitalisierungder internationalen Finanzmärkte von ca. 40.000Mrd. US-$ gegenüber. Die Grundidee von Katastro-phenbonds besteht darin, Risiken in Gestalt von Na-turkatastrophen vom klassischen Versicherungsbe-reich vermehrt auf die Finanzmärkte und derenMarktteilnehmer zu verteilen (Adler, 1999; Kunreu-ther und Linnerooth-Bayer, 1999).

Katastrophenbonds werden von Versicherungs-und Rückversicherungsunternehmen oder auch vonStaaten auf den Kapitalmärkten emittiert und bezie-hen sich auf ein genau definiertes Umweltereignis.Beispielsweise bezieht sich der Katastrophen-Bondder Schweizerischen Versicherungsgesellschaft Win-terthur auf den Schadensfall, dass mehr als 6.000 kas-koversicherte Motorfahrzeuge durch Hagel undSturm beschädigt werden. Die Käufer von Katastro-phenbonds erhalten eine über dem Marktniveau lie-gende Verzinsung. Dafür müssen sie auf Zinsen undu. U. auf Kapital verzichten, wenn ein Schaden ein-tritt. Auf diese Weise übernehmen sie einen Teil desGesamtrisikos. Katastrophenbonds bewirken somitdurch den Zufluss von neuem Risikokapital einenpositiven Liquiditätseffekt für den Versicherungs-sektor, der mit einer Ausweitung der Deckungskapa-zität einhergeht. Es liegen bereits wissenschaftlicheUntersuchungen vor, dieses Instrument für die Re-duzierung von Überflutungsrisiken einzusetzen. Ne-ben der Liquiditätswirkung ist es bei einer entspre-chenden Ausgestaltung auch möglich, Katastro-phenbonds mit anderen dezentralen Anreizinstru-menten zu koppeln, um z. B. Vorbeugungs- undAnpassungsmaßnahmen zu finanzieren (Kunreutherund Linnerooth-Bayer, 1999).

Der Beirat sieht in diesem Bereich ein wichtigeszukünftiges Forschungsfeld und empfiehlt der Bun-desregierung, den Aufbau entsprechender Modelleauch für die Vorsorge und kurzfristige Bekämpfunganderer Katastrophenrisiken (z. B. die Flutkatastro-phe in Mosambik) zu prüfen.

E 3.2.6Weitere Finanzierungsmechanismen

In der internationalen Debatte werden eine Reiheweiterer Vorschläge diskutiert. Einige kann der Bei-rat hier nur kurz nennen, etwa den Vorschlag, denDatentransfer im Internet zu besteuern („Bit-Steuer“), der UN die Kreditaufnahme zu gewährenoder eine Zuteilung neuer Sonderzahlungsrechtedurch den IWF für Ziele der Umwelt- und Entwick-lungspolitik in Entwicklungsländern vorzunehmen(Jakobeit, 1999; hierzu auch E 2). Einige weitere Vor-schläge rechtfertigen jedoch eine längere Analyse.

E 3.2.6.1Devisen-Umsatzsteuer („Tobin-Steuer“)

Sehr viel Raum in der Debatte gewinnt der Vor-schlag einer Steuer auf Devisentransaktionen, dienach dem späteren US-amerikanischen Ökonomie-Nobelpreisträger James Tobin als „Tobin-Steuer“ be-kannt wurde (Tobin, 1974, 1978). Die Befürworterdieser Steuer wollen damit den spekulativen, grenz-überschreitenden Kapitalverkehr unattraktiver ma-chen, die wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeitder Staaten erweitern sowie neue und zusätzliche Fi-nanzinstrumente für den globalen Ausgleich zwi-schen Nord und Süd sowie für die Finanzierung derglobalen Umweltaufgaben mobilisieren (Ul Haq etal., 1996; Michalos, 1997; Felix, 1995, 1996; Kulessa,1996; Menkhoff und Michaelis, 1995; Spahn, 1996;Stotsky, 1996; Tanzi, 1997; Jakobeit, 1997; Bündnis90/Die Grünen, 1998; Huffschmid, 1999).

Wegen des in den letzten Jahren explosionsartigauf börsentäglich weltweit inzwischen rund 1.500Mrd. US-$ (Stand:April 1998) gestiegenen Volumensdieser Devisentransaktionen erbrächte selbst eineminimale Steuer von nur 0,1% nach vorsichtigerSchätzung bereits über 170 Mrd. US-$ pro Jahr fürnationale und/oder globale Zwecke. Da die Tobin-Steuer national erhoben würde, bliebe es der Ent-scheidung der nationalen Parlamente überlassen,welchen Teil dieser Einnahmen sie für internationaleZiele zur Verfügung stellen würden. Die tatsächlicheErreichung des 0,7%-Ziels wäre für die Industrielän-der keine Utopie mehr.

Ginge es nur nach der Finanzierungsfunktion, wä-re die Tobin-Steuer positiv zu bewerten. Die zu er-wartenden Einnahmen würden – entsprechendenpolitischen Willen in den Industrieländern vorausge-setzt – reichen, den neuen und zusätzlichen Finanzie-rungsbedarf der AGENDA 21 zu decken. Da die öko-logische Lenkungsfunktion sowie die politische Rea-lisierbarkeit dieser Steuer jedoch kaum vorhanden

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163Innovative Finanzierungsansätze E 3.2

sind und ihre technische Durchsetzbarkeit umstrit-ten bleibt, dürfte die Einführung der Tobin-Steuerzwar auch in den nächsten Jahren weiter diskutiert,aber dennoch kaum realisiert werden.

So ist die Steuer politisch gegen den Widerstandwichtiger Industrieländer nicht durchzusetzen, weilbei ihrer Teileinführung die Devisentransaktionsge-schäfte an diejenigen Börsenplätze verlagert wür-den, an denen die Tobin-Steuer nicht erhoben wird(Trittbrettfahrer). Insbesondere die USA lehnen jeg-liche Form einer neuen Besteuerung dieser Art alsunzulässigen regulativen Eingriff in das freie Spielder Marktkräfte ab. Auch die Verfechter der Steuergestehen ein, dass ohne die Einbeziehung der achtwichtigsten Börsenplätze der Welt keine Aussicht aufErfolg bestünde. Doch die technische Durchsetzbar-keit bliebe fraglich, selbst wenn die Tobin-Steuer anden acht wichtigsten Börsenplätzen erhoben würde.An den internationalen Finanzmärkten hat es in denletzten Jahren ein extrem hohes Innovationstempogegeben, das zudem von den neuen globalen Infor-mations- und Kommunikationsmöglichkeiten profi-tiert hat. Börsengeschäfte lassen sich heute weltweitim Internet 24 Stunden am Tag abwickeln. Damitwürde sich die Abwicklung von Kapitalmarktge-schäften, die durch eine Tobin-Steuer verteuert wür-den, auf Finanzoasen oder Offshore-Finanzplätzeverlagern. Selbst wenn eine neue Steuer auf be-stimmte Arten von Devisentransaktionsgeschäftenglobal erhoben würde (und die Art der Transaktionmüsste in allen Staaten gesetzlich genau festgeschrie-ben werden), hat die Finanzwirtschaft in den letztenJahren gezeigt, dass sie in der Lage ist, rasch neue In-strumente zu entwickeln, die nicht unter die Tobin-Steuer fallen würden und dennoch die Absicherungs-und Spekulationsfunktion für den Devisenhandelübernehmen könnten. Die Gesetzgeber könnten ei-nem solchen Innovationstempo vermutlich kaum er-folgreich nachkommen.

Darüber hinaus bietet die Tobin-Steuer keine un-mittelbare Anknüpfung an bestimmte umweltge-fährdende Handlungen, sondern betont mit ihrerpauschalen Besteuerung aller Devisentransaktionendie Maximierung eines Finanzaufkommens. Der Bei-rat wendet sich aus den bereits genannten Gründengegen eine solche Vorgehensweise im Bereich der Fi-nanzierung und sieht eine Verengung der Debatteauf solche Finanzierungsinstrumente als eine Gefahrfür die Erreichung des Ziels an, zu international kon-sensfähigen Vereinbarungen zu gelangen.

E 3.2.6.2Umweltlotterien

Nachdem Umweltlotterien bereits regional und na-tional (Niederlande) eingeführt wurden, bestündefür die Bundesregierung die Möglichkeit, zusätzlichzu anderen Finanzierungsmechanismen auch einepolitische Initiative für die Einführung einer euro-päischen Umweltlotterie zu starten. Dabei stündenicht die Finanzierungsfunktion im Vordergrund.Vielmehr könnte mit Hilfe einer solchen Umweltlot-terie das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Um-weltprobleme in den Entwicklungsländern gesteigertwerden.

Die Erfahrungen mit Umweltlotterien in Nieder-sachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg („Bingo-Lotterie“) belegen, dass auf diesem Weg zumindestfür die landesspezifischen Umweltprobleme zweck-gebundene zusätzliche Finanzressourcen mobilisiertwerden können. Im nationalen (ARGE-Lotterie-Arbeitsgemeinschaft Neue Bundeslotterie für Um-welt und Entwicklung) oder europäischen Rahmen(Eurovision oder nach dem Vorbild der niederländi-schen „Nationale Postcode Loterij“) könnte eine sol-che Lotterie in Verbindung mit einer Fernsehsen-dung, die gezielt die Öffentlichkeit auf die gravieren-den Umweltprobleme in den Entwicklungsländernhinweist, zusätzliche Ressourcen erschließen. Als in-novatives Instrument der politischen Bildungsarbeit,die auf ein Massenpublikum ausgerichtet ist, gibt esin diesem Bereich zweifellos Spielraum für die Initia-tiven von Ministerien oder der Bundesregierung.Wenngleich das finanzielle Aufkommen solcher Lot-terien schwer zu schätzen ist (zumal diese neue Lot-terie mit einer Vielzahl bereits etablierter Landeslot-terien konkurrieren würde), läge der Haupteffektwahrscheinlich in der Steigerung des Bewusstseinsund Aufmerksamkeit für die Thematik. Das wieder-um böte Anknüpfungspunkte für die lokale undkommunale Arbeit zur Durchsetzung der AGENDA

21, wenn solche lokalen Initiativen in festen Partner-schaften mit Kommunen in den Entwicklungslän-dern zusammenarbeiten würden. Der Aufbau kon-kurrierender Lotterien mit alternativen Umwelt-und Entwicklungsprojekten sowie privaten und loka-len Partnern eröffnet zudem die Chance eines insti-tutionellen Wettbewerbs, bei dem der Erfolg einerLotterie zugleich einen Indikator für die Erfolgs-wahrscheinlichkeit der Projektarbeit bilden kann(Kap. E 3.4).

Aber es bleibt das Problem, dass das Mittelauf-kommen zur Lösung globaler Umweltprobleme ge-ring bleiben wird, die ökologischen Anreizeffektesehr allgemeiner Natur sind und vor allem die stetsgeforderte Zweckbindung unterbleibt. Es geht letzt-

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164 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

lich nur um die Erschließung einer Finanzierungs-quelle für sehr allgemein definierte Umweltzwecke.

E 3.3Einbeziehung privater Akteure in die Finanzierung

Grundsätzlich erscheint eine Einbeziehung privaterAkteure sinnvoll. Vieles spricht sogar für eine höhe-re Effizienz solcher Einrichtungen, wie auch aus denAusführungen zu der Verwendungseffizienz finan-zieller Mittel in Kap. E 3.4 erkennbar wird. Eine Pri-vatisierung birgt grundsätzlich folgende Potenziale:– mehr Kapazitäten zur Wissensverarbeitung durch

eine größere Dezentralität, die damit auch klein-räumig bedeutsamen Chancen eines Wissens-transfers Rechnung tragen können (WBGU,1996b),

– eine größere Vielfalt global relevanter Problemlö-sungen, da konkurrierende Lösungsansätze zu-nächst im Wettbewerb erprobt und im Hinblickauf ihren Lösungsbeitrag bewertet werden kön-nen,

– eine bessere Kontrolle der Mittelverwendungdurch wettbewerbliche Strukturen und ein erhöh-tes Eigeninteresse der Betroffenen,

– positive Motivationseffekte, da die Anonymitätund eingeschränkte direkte Kontrolle staatlicherFinanzierungsprogramme verringert werden kön-nen.

Der Beirat sieht in der Aktivierung privater Initiati-ven die Chance, den Globalisierungsprozess und diedamit ausgelösten Effizienzeffekte zu Gunsten derglobalen Umwelt einzusetzen. Neue technische Mög-lichkeiten über moderne Informations- und Kommu-nikationstechnologien, aber auch das Zusammen-wachsen globaler Märkte eröffnen neue Wege, überRegierungshandeln hinaus die „Zivilgesellschaft“ alsweltweit relevanten Akteur globaler Umweltpolitikwahrzunehmen. Zwei Wege stehen hierbei im Mittel-punkt. Erstens können private Akteure durch dieSchaffung von Eigentums- und Haftungsrechten so-wohl als Zahler von Nutzungsgebühren als auch alsBetreiber weltweiter Umweltschutz- und Entwick-lungsaufgaben verstärkt in die globale Umweltpoli-tik integriert werden. In Kap. E 3.2 wurden hierzuausführlich Ansätze diskutiert. Zweitens geht es dar-um, die ohnehin vorhandene Zahlungs- und Hand-lungsbereitschaft privater Akteure auch ohne einzel-staatliche oder multilaterale Vereinbarungen zu mo-bilisieren. Der Beirat wendet sich in diesem Zusam-menhang insbesondere gegen zwei populäreMissverständnisse, die gegen eine Stärkung privaterInitiativen hervorgebracht werden:– fehlende Bereitschaft und finanzielle Mittel,– fehlende Durchsetzbarkeit gegen einen Globali-

sierungsprozess, der zu einer Erosion sozialer undökologischer Standards führt.

Der Beirat hat bereits in seinem Biodiversitätsgut-achten privaten Initiativen besondere Aufmerksam-keit geschenkt und hierbei, was die Mittelbeschaf-fung betrifft, die Bedeutung von Stiftungen hervor-gehoben (WBGU, 2000). Bei solchen privaten Initia-tiven handelt sich um eine Art „governance withoutgovernment“ (Rosenau und Czempiel, 1992). Unter-stützt werden kann dieser Ansatz über ein koopera-tionsförderndes Umfeld (Contractual environment)sowie das Wecken von Interesse (Concern building).In früheren Gutachten sprach der Beirat auch von ei-nem sog. Motivationsansatz (WBGU, 1999a).

Dieser Motivationsansatz baut auf der Überle-gung auf, dass es für viele Anliegen im Rahmen glo-baler Umweltpolitik durchaus eine individuelle Zah-lungsbereitschaft gibt, die mobilisiert und genutztwerden kann. Es ist hierbei darauf hinzuweisen, dassmit diesem Ansatz nicht eine Politik der selektivenSetzung ökonomischer Anreize – etwa über die Eta-blierung von staatlichen Finanzierungsfonds, ausdenen Subventionen, Bürgschaften oder sonstigeZuschüsse gewährt werden – gemeint ist. Vielmehrwird auf die Schaffung von Voraussetzungen für dieEtablierung vielfältiger und „spontaner“ Lösungs-konzepte auf privater Basis abgestellt. Gesucht wirdeine institutionelle Vielfalt, die nicht Ausdruck be-wusster staatlicher Intervention zur Verfolgung einesinternational abgestimmten Leitbildes einer globa-len Umweltpolitik, sondern Ergebnis individueller,lokaler oder regionaler Schutzvorstellungen ist.

Letztlich handelt es sich hier um eine Art Club-oder Mäzenlösung, die eine immanent vorhandeneZahlungsbereitschaft privater Akteure für Umwelt-belange zu mobilisieren vermag. Ähnliche Aktivitä-ten findet man auch im Bereich der Entwicklungszu-sammenarbeit (etwa Misereor oder Brot für dieWelt). Sie sind wichtig, da sich Geld hier vielfach miteinem persönlichen Einsatz verbindet und zumeistauch sparsamer Mitteleinsatz garantiert ist. Außer-dem dienen sie der Bewusstseinsbildung, da im geld-gebenden Land Interesse am globalen Umweltschutzgeweckt wird.

Ein besonderer Anreiz für solche privaten Initiati-ven entsteht, wenn die Finanzierung von Maßnah-men der Umwelt- und Entwicklungspolitik durch dieZahlungsbereitschaft privater Konsumenten erfol-gen kann. Orientierungen zur Beurteilung entspre-chender Produkte können durch Labelling- und Au-diting-Informationen bereitgestellt werden. DieKonsumenten stimmen dann mit ihren Konsument-scheidungen über alternative institutionelle Systemedes Umweltschutzes in den Einzelstaaten ab. Um-weltschutz ist Bestandteil eines Wettbewerbs institu-tioneller Systeme der Einzelstaaten (Streit, 1995;

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165Die Effizienz der Mittelverwendung E 3.4

Karl, 1998; Becker-Soest, 1998). Es ist somit durchausauch ein „race to the top“-Wettbewerb denkbar, derunter bestimmten Voraussetzungen Beiträge zur Lö-sung globaler Umweltprobleme beisteuern kann.Die Grundüberlegung dieser Argumentation beruhtauf der Feststellung, dass sich die Einhaltung vonSchutzauflagen bzw. bestimmter (nicht unbedingtpolitisch gesetzter) Standards beim Umweltschutzfür Produzenten nicht nur als Kostenfaktor erweist,sondern sich offensiv auch als Zusatznutzen betrach-ten lässt (Kap. E 2.2). Dieser Zusatznutzen kann Ge-winn bringend vermarktet werden und vermag da-rum, umweltinnovative Prozesse zu entfalten. DieseStandards treten als Produkt- oder Standortmerkma-le in Konkurrenz zu Produkten oder Standorten mitanderen Standards. Wettbewerb findet daher nichtnur zwischen Produkten, sondern auch zwischenStandards statt. Diese müssen keineswegs staatlichgesetzt werden, sondern können sich analog zu vielenISO-Normen „spontan“ herausbilden. Konsumentenoder Standortsuchende entscheiden bei ihrem Kaufdamit zugleich über die Akzeptanz von Standards(Wegner, 1998; zu den Potenzialen von Labellingstra-tegien im Umweltschutz auch IWÖ und IFÖK, 1998;Karl und Orwat, 1999). Produzenten, die sich solchenStandards nicht unterwerfen, setzen sich der Gefahraus, vom weltweiten Wettbewerb sanktioniert zuwerden und wirtschaftliche Nachteile in Kauf neh-men zu müssen. Fällt dann noch das Risiko aus, durchEntscheidungen einer globalen Regulierungsinstanzeinem problematischen Anpassungsdruck ausgesetztzu sein, erhöht sich der Anreiz, auf globaler Ebenestets neue Standards als Wettbewerbselemente insSpiel zu bringen bzw. eine ökologische Dynamikfreier Märkte zur Entfaltung zu bringen (Knill,1998). Es geht also nicht primär darum, über den Re-gulierungsweg zu verhindern, dass arme Länder rei-che und umweltsensible Länder nach unten ziehen,sondern es gilt umgekehrt, Mechanismen ins Spiel zubringen, die andere Länder veranlassen, sich den an-spruchsvolleren Standards anzupassen (Vogel, 1997).

Der Beirat hat in seinen vorangegangenen Gut-achten auf notwendige Reformen hingewiesen, umdiesen Prozess der Aktivierung privater Akteure zufördern (WBGU, 2000). Zu diesen Maßnahmen zäh-len Reformen des Stiftungsrechts über die in diesemJahr beschlossene Reform hinaus, die Förderung vonUmweltlabelling- und -auditingsystemen durch Öf-fentlichkeitsarbeit und eine kritische Prüfung derWettbewerbswirkungen etablierter Labels und derNachfragemacht großer Handelsunternehmen sowieUnterstützung durch Information und Öffentlich-keitsarbeit beim Aufbau internationaler Unterneh-mensnetzwerke und Vereinbarungen zum privatenKapazitätsaufbau und Wissenstransfer.

Die Erfahrung zeigt aber, dass solchen privatenEngagements häufig nur eine Anstoßfunktion odereine komplementäre Rolle zukommt.Angesichts derGrößenordnung der zu bewältigenden Probleme be-nötigt man ein größeres Mittelaufkommen sowieeine konzentrierte Verwendung dieser Gelder. Diesverlangt zwangsläufig die Erschließung stärker flie-ßender Geldquellen, wie sie in Kap. E 3.2 diskutiertwurden.

E 3.4Die Effizienz der Mittelverwendung

E 3.4.1Die Fragestellung

Das internationale Finanzierungssystem des globa-len Umweltschutzes ist durch eine Vielzahl an Insti-tutionen und Organisationen gekennzeichnet (Tab. E3.4-1). Die einzelnen Institutionen weisen in ihrerprimären Funktion einen unterschiedlichen Bezugzur globalen Umweltpolitik auf. Die Global Environ-ment Facility (GEF) stellt Finanzmittel ausschließ-lich für den globalen Umweltschutz zur Verfügung.Beim UNDP und der Weltbank ist der Bezug zur glo-balen Umwelt vielfach indirekter, denn es steht dieFinanzierung von Entwicklungsprojekten und -pro-grammen im Vordergrund und nur ein Teil der Fi-nanzmittel geht direkt in den Umweltschutz.Auch istzu berücksichtigen, dass Ausgaben, die z. B. der Ar-mutsbekämpfung dienen, ebenfalls einen wichtigenBeitrag zum globalen Umweltschutz leisten. Bei sol-chen multifunktionalen Finanzierungsinstitutionenkann der exakte Betrag an Finanzmitteln, der für denglobalen Umweltschutz verteilt wird, nur durch eineAnalyse der Einzelprojekte und -programme be-stimmt werden. Eine solche Analyse ist allerdingssehr aufwändig. Daher sind hier nur Schätzgrößenangegeben. Noch schwieriger stellt sich eine Ermitt-lung des Finanzierungsvolumens dar, das von priva-ten Stiftungen für die globale Umwelt zur Verfügunggestellt wird. Deshalb wird in Tab. E 3.4-1 nur zu Ver-gleichszwecken das Stiftungsvolumen des Turner-Fonds (United Nations Foundation; UNF), der Fi-nanzmittel für die Bereiche „Umwelt“, „Frauen undBevölkerung“, „Gesundheit von Kindern“ zur Verfü-gung stellt, und eines nationalen Umweltfonds ausKolumbien („Corporacion Ecofondo“) aufgeführt.Die Gesamtheit dieser Finanzierungsinstitutionenbilden das Spektrum an Institutionen, die hinsicht-lich der Effizienz der Mittelverwendung zu überprü-fen sind.

In der AGENDA 21 sind für die institutionelle Aus-gestaltung globaler Umweltpolitik die Grundsätze

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166 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

der „Universalität, Demokratie und Transparenz“formuliert. Unter dem Blickwinkel der Effizienz er-scheint die undifferenzierte Übertragung dieserGrundsätze auf Finanzierungsfragen der globalenUmweltpolitik nicht empfehlenswert. Die universel-le Beteiligung aller Staaten, dies zeigt die Erfahrungin vielen Gremien der UN, erschwert die Entschei-dungsfindung. Aus Effizienzgründen ist es daher invielen Fällen vorteilhaft, kleinere Entscheidungsgre-mien anzustreben (Ehrmann, 1997).Weiterhin ist einprofessionelles Management der Vergabe von Fi-nanzmitteln anzustreben, das nicht unnötig durch in-effiziente Verteilungskämpfe behindert wird. Ande-rerseits ist allerdings auch der berechtigte Anspruchder Entwicklungsländer auf Mitspracherechte beider Aufbringung und Verwendung von Finanzmittelnadäquat zu berücksichtigen.

Die Entwicklung eines Finanzierungssystems derglobalen Umweltpolitik ist demnach durch einengrundlegenden Konflikt zwischen Gerechtigkeits-und Effizienzzielen gekennzeichnet. Dieser Konfliktkann durch institutionelle Reformen nicht völlig be-seitigt werden. Es sind immer Kompromisse zu su-chen, die beide Ziele angemessen berücksichtigen.Die Untersuchung des Konfliktes zwischen Vertei-lung und Effizienz hat zwar in der wissenschaftlichenLiteratur durchaus einen festen Stellenwert (z. B.Okun, 1975; Zimmermann, 1996). SystematischeÜbertragungen von Gerechtigkeitstheorien (Rawls,

1975) auf die globale Umweltpolitik, verbunden miteiner Prüfung der Effizienzwirkungen, fehlen hin-gegen weitgehend (eine Ausnahme ist z. B. Helm undSimonis, 2000).An dieser Stelle können diese äußerstkomplexen Probleme nicht umfassend diskutiertwerden. Vielmehr ist in diesem Bereich ein erhebli-ches Forschungsdefizit festzustellen. Daher werdenan dieser Stelle zwei Aspekte herausgegriffen, dieeine zentrale Bedeutung für die Entwicklung einesFinanzierungssystems globaler Umweltpolitik, dassowohl Gerechtigkeits- als auch Effizienzziele ausge-wogen berücksichtigt, besitzen:1. Wie sehen die Abstimmungs- und Entscheidungs-

verfahren der internationalen Finanzinstitutionenaus, und welche Effizienz- und Verteilungswirkun-gen gehen mit ihnen einher? Dies soll am Beispielder GEF diskutiert werden (Kap. E 3.4.2).

2. Über welche institutionelle Form wird eine ver-fügbare Milliarde DM mit dem höchsten Zielbei-trag (bezogen auf ein globales Umweltproblem)verteilt? Anders gewendet:Wie sollte die Bundes-regierung, wenn es allein um diese Verwendungs-effizienz ginge, die bereitgestellten Finanzmittelauf die verschiedenen Institutionen im Bereichder Finanzierung des globalen Umweltschutzesverteilen? Hierzu wird ein Determinantensystemvorgestellt, das Anhaltspunkte für die Entwick-lung eines effizienten und verteilungsgerechtenFinanzierungssystems liefert (Kap. E 3.4.3).

Personal Budget Verwaltete[Anzahl und MittelBezugsjahr] [Mio. US-$ Jahr-1 und Bezugsjahr]

Einrichtungen mit FinanzierungsfunktionWeltbank 11.310 ’00 719 ’99 29.000 ’99GEF 65 ’00 22,2 ’00 500-700 ’99UNDP 5.300 ’98 58,6 ’00 2.000 ’98FAO 3.500 ’00 367 ’00 615 ’00UNESCO 1.076 ’96 272,2 ’00 405 ’00Ozonfonds 8 ’00 3,9 ’00 147 ’00UNCTAD 394 ’00 50 ’00 24 ’00UNEP 529 ’00 4,7 ’00 96,1 ’00

Einrichtungen ohne FinanzierungsfunktionIMO 300 ’00 29,5 ’00WMO 246 ’00 39,4 ’00CSD ca. 40 ’00 k. A.CBD 47 ’99 8,3 ’99CITES 27 ’00 5,15 ’00UNCCD 39 ’00 8,6 ’00UNFCCC 79 ’00 11,04 ’00

Zum VergleichTurner-Fonds 1.000 1)

(United Nations Foundation)Corporación Ecofondo 58,5(nationaler Umwelt- und Entwicklungsfonds, Kolumbien)

1) Für verschiedene globale Politikziele (Umwelt, Frauen und Bevölkerung,Gesundheit von Kindern).

Tabelle E 3.4-1Überblick überinternationaleFinanzierungsinstitutionenmit Bezug zur globalenUmweltpolitik. k. A. = keineAngaben.Quelle: WBGU

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167Die Effizienz der Mittelverwendung E 3.4

E 3.4.2 Die Rolle der Abstimmungs- undEntscheidungsverfahren am Beispiel der GEF

Äußerst lehrreich für die Ausgestaltung eines effi-zienten und verteilungsgerechten Finanzierungssys-tems der globalen Umweltpolitik ist die Betrachtungder Entwicklung der 1991 gegründeten GEF, die alsdie zentrale Institution für die Finanzierung des glo-balen Umweltschutzes anzusehen ist (WBGU, 1994).Die GEF ist seit ihrer Gründung Gegenstand zahl-reicher Auseinandersetzungen zwischen Industrie-und Entwicklungsländern gewesen. Der Kern diesesKonfliktes dreht sich dabei um die Frage der Ausge-staltung der Abstimmungs- und Entscheidungsver-fahren. Weil die GEF in gemeinsamer Trägerschaftvon Weltbank, UNEP und UNDP geführt wird, istein entscheidender Grund für diesen Konflikt bereitsim institutionellen Design der GEF angelegt. Sollendie Entscheidungen nach der Regel der UN-Organi-sationen getroffen werden („ein Land, eine Stim-me“) oder nach den Entscheidungsverfahren derWeltbankgruppe, bei denen die Länderstimmen nachHöhe der eingezahlten Finanzmittel gewichtet wer-den („ein Dollar, eine Stimme“)?

Die Vorteile beider Verfahren liegen dabei auf derHand: Während die Entscheidungsregel der UN-Or-ganisationen den Mitgliedsländern eine gleichbe-rechtigte Stellung garantiert und Verteilungsaspekteeine stärkere Rolle spielen, dominiert bei den Ent-scheidungsverfahren der Weltbankgruppe der Ein-fluss der finanzstarken Industrienationen. Aufgrunddes dominanten Einflusses der Gebernationen istvon einer vergleichsweisen hohen Effizienz der Welt-bankgruppe auszugehen. Forderungen der Entwick-lungsländer nach einer stärkeren Berücksichtigungvon Verteilungszielen, die in vielen Fällen zu Lastender Effizienz gehen könnten, werden durch die Stim-menmehrheit der Industrieländer abgewehrt bzw.abgeschwächt.

Naturgemäß ist eine solche Kurzcharakterisierungder beiden unterschiedlichen Entscheidungsverfah-ren noch undifferenziert. Nicht alle UN-Entschei-dungen sind automatisch ineffizient und nicht alleWeltbankentscheidungen verteilungsungerecht.Vielmehr handelt es sich hier um Tendenzaussagen.Die jeweiligen Wirkungen der Entscheidungsverfah-ren sind in dieser Form zu vermuten.

Im Lauf der Gründungs- und Restrukturierungs-phase der GEF wurde dieser grundlegende Konfliktdurch die Entwicklung einer innovativen Lösungweitgehend aufgelöst. Dem Abstimmungsmodus derGEF liegt das System der „doppelten, gewichtetenMehrheit“ (double weighted majority) zugrunde.Grundsätzlich müssen Entscheidungen im Rat der

GEF im Konsens angenommen werden. Sind alle Be-mühungen um einen Konsens erschöpft, besitzt jedesMitglied des Rates das Recht, eine formale Abstim-mung zu verlangen. Die weitere Abstimmung voll-zieht sich dabei in zwei Stufen: In der ersten Rundehat jedes Mitglied eine Stimme („ein Land, eineStimme“), und in der zweiten Runde wird die Stim-me nach der Höhe des finanziellen Beitrags gewich-tet („ein Dollar, eine Stimme“). Eine Entscheidungkommt zustande, wenn 60% der Länder zustimmenund diese Mehrheit zugleich 60% der Beiträge zumGEF-Fonds repräsentieren. Industrieländer undEntwicklungsländer können sich also gegenseitignicht überstimmen (WBGU, 1996a; Ehrmann, 1997).Im Gegensatz dazu wird in den UN-Institutionen,wie erwähnt, nach der Mehrheit der Mitgliedstaatenentschieden, so dass Geberländer leicht überstimmtwerden können. Aus diesem Grund wären, wenn dieGEF nicht außerhalb des engeren UN-Systems ge-schaffen worden wäre, die Finanzmittel vermutlichnicht in dieser Höhe geflossen.

Eine ähnliche Flexibilisierung der Abstimmungs-verfahren wurde auch im Rahmen der Entscheidun-gen über die Verwendung der Mittel aus dem sog.Ozonfonds eingeführt. Der Ozonfonds hat die Auf-gabe, die Entwicklungsländer für die erhöhten Kos-ten zu entschädigen, die ihnen aus der Umstellungihrer Industrien auf nicht ozonschichtzerstörendeStoffe und Verfahren infolge der Bestimmungen desMontrealer Protokolls entstehen. Das Managementdieses Fonds obliegt einer Gruppe von Geber- undNehmerländern in gleicher Anzahl. Eine Majorisie-rung einer Staatengruppe wird dadurch ausgeschlos-sen, dass, wenn eine Konsenslösung scheitert, mit ei-ner Zwei-Drittel-Mehrheit entschieden wird, die zu-sätzlich die Mehrheit der Vertreter jeder der beidenStaatengruppen umfassen muss (Gehring 1990; Bier-mann, 1997).

Sowohl der Abstimmungsmodus der GEF alsauch der des Ozonfonds stellen das Ergebnis einespragmatischen Kompromisses dar. Die bisherigenErfahrungen erlauben die Vermutung, dass es sichum erfolgreiche institutionelle Innovationen im Be-reich der globalen Umweltpolitik handelt, die Vor-bildfunktion für andere internationale Umweltver-einbarungen übernehmen können. Der Erfolg zeigtsich nicht zuletzt darin, dass die tatsächliche Abstim-mung – jedenfalls bei der GEF – den Ausnahmefalldarstellt und dass allein die Existenz dieses Abstim-mungsverfahrens die wünschenswerte Konsenslö-sung fördert.

Bei einigen Konventionen konnte bis heute keinevollständige Geschäftsordnung verabschiedet wer-den, da es Konflikte um die Abstimmungsregeln fürEntscheidungen über finanzielle Fragen gibt. So sindsowohl bei der UNCCD (Regel 47) als auch bei der

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168 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

CBD (Regel 40) die Abstimmungsregeln für finan-zielle Fragen bis heute nicht geregelt. Während dieEntwicklungsländer für eine Zwei-Drittel-Mehr-heitsregelung plädieren, fordern die OECD-Länderbei finanziellen Fragen einstimmige Entscheidun-gen. Um diesen seit Jahren andauernden Streit bald-möglichst zu beenden, empfiehlt der Beirat, an denAbstimmungsregeln der GEF und des Ozonfondsangelehnte Entscheidungsverfahren einzuführen.

Die Bewertung der GEF als bedeutendste Finanz-institution globaler Umweltpolitik fällt zwar positivaus. Die Gründe für diese Einschätzung liegen zumeinen an der Nähe zur Weltbank, was eine professio-nelle Mittelverwendung erwarten lässt, und zum an-deren in dem innovativen Entscheidungsverfahren.Dennoch kann nicht empfohlen werden, alle finan-ziellen Mittel, die im deutschen Bundeshaushalt fürden globalen Umweltschutz vorgesehen sind, an dieGEF zu vergeben. Hiergegen können einige Gründeangeführt werden.Von besonderer Bedeutung ist da-bei, dass die konzentrierte Verfügbarkeit großerGeldmittel an einer Stelle immer leicht die Begehr-lichkeit nach weiteren Mitteln fördert, ohne dass die-se zusätzlichen Mittel für den Hauptzweck der Auf-gabenerfüllung erforderlich wären. Im Vordergrundsteht dabei die Gefahr, dass große Institutionen inbesonderem Maß Bürokratisierungstendenzen un-terliegen. Bei abnehmender Konkurrenz verschiede-ner Institutionen um öffentliche Mittel sind zudemnachlassende Effizienzbemühungen zu vermuten. Soist beispielsweise mitunter NRO in Entwicklungslän-dern der Vorzug zu geben, weil sie sich aufgrund derKenntnisse über die lokalen Besonderheiten durcheine besondere Problemnähe auszeichnen. Ein sol-ches Netzwerk an NRO ließe sich beispielsweisedurch die Institutionen der deutschen Entwicklungs-zusammenarbeit (BMZ, GTZ, KfW) oder auchdurch einen neu geschaffenen nationalen Umwelt-und Entwicklungsfonds (Kap. E 3.4.5) mit Finanz-mitteln versorgen.

Vor diesem Hintergrund ist grundsätzlich zu über-legen, wie das zur Verfügung stehende Volumen anFinanzmitteln so aufgeteilt werden kann, dass derBeitrag zum globalen Umweltschutzziel möglichstgroß ist. Das im Folgenden vorgestellte Determinan-tensystem soll Ansatzpunkte sowohl für die Auftei-lung der Mittel als auch für mögliche institutionelleVeränderungen im Bereich des internationalen Fi-nanzierungssystems liefern.

E 3.4.3 Ein Determinantensystem zur Beurteilung derEffizienz der Mittelverwendung

E 3.4.3.1 Zur Bedeutung einer Analyse derVerwendungseffizienz öffentlicher Mittel

Besitzt eine Organisation eine hohe Verwendungsef-fizienz, so bedeutet dies, dass sie mit den ihr zur Ver-fügung stehenden Mitteln einen hohen Beitrag zurErreichung des globalen Umweltschutzziels leistet.Es geht hier nicht primär um eine möglichst effizien-te Planung einzelner Umweltschutzprojekte. MitBlick auf Finanzinstitutionen soll vielmehr analysiertwerden, inwieweit eine Institution in der Lage ist, beider Auswahl der zu finanzierenden Projekte diejeni-gen Vorhaben auszuwählen, die den höchsten Ziel-beitrag leisten. Um dieses primäre Ziel einer Finanz-institution zu erreichen, ist es notwendig, dass die fürdie Projektauswahl erforderlichen Mittel selbst mög-lichst effizient eingesetzt werden. Dazu gehört vorab,dass aus dem Budget einer Organisation möglichstwenig Mittel für Verwaltungskosten und möglichstviele Mittel für Projekte zur Verfügung stehen. Ge-lingt es einer Institution, eine hohe Verwendungseffi-zienz zu realisieren, dann gehen damit zwei Wirkun-gen einher:1. Der Beitrag zum globalen Umweltschutzziel er-

höht sich. Dies ergibt sich definitionsgemäß aus ei-ner höheren Effizienz, die besagt, dass ein Ziel mitden geringstmöglichen Kosten erreicht wird. Dieaufgrund der höheren Effizienz zusätzlich zur Ver-fügung stehenden Mittel können dann für weitereProjekte ausgegeben werden. Durch diese zusätz-lich finanzierbaren Projekte wird insgesamt einhöherer Beitrag zum globalen Umweltschutzzielgeleistet.

2. Neben diesem unmittelbaren Zusammenhang istauch die indirekte Wirkung einer hohen Verwen-dungseffizienz auf die Geberländer von Bedeu-tung. So kann das Wissen um eine hohe Effizienzder aufgebrachten Mittel wesentlich deren Nei-gung erhöhen, mehr Finanzmittel zur Verfügungzu stellen. Angesichts der nachlassenden Neigungder Industrieländer, Finanzmittel für die globaleUmwelt- und Entwicklungspolitik bereitzustellen,gewinnt dieser Zusammenhang zunehmend anBedeutung.

Eng mit der Effizienz ist der Effektivitätsbegriff ver-bunden. Eine Institution arbeitet dann effektiv, wennsie das vorgegebene umweltpolitische Ziel erreicht.Kostenbetrachtungen finden bei einem engen Effek-tivitätsverständnis keine Berücksichtigung. Im Vor-

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169Die Effizienz der Mittelverwendung E 3.4

dergrund der folgenden Überlegungen steht die Ver-wendungseffizienz, auch wenn an einigen Stellen aufdie Effektivität Bezug genommen wird. Die Effizienzder Verwendung von Finanzmitteln durch die inter-nationalen Finanzinstitutionen wird in der Literaturnahezu überhaupt nicht systematisch behandelt.Auf-grund der Neuartigkeit der Fragestellung könnenkeine empirisch überprüften Aussagen gemacht wer-den. Ziel ist es vielmehr, eine erste grobe Strukturie-rung von Determinanten zu entwickeln, die als Basisfür die Ableitung von Hypothesen über die Verwen-dungseffizienz von Finanzierungsinstitutionen imglobalen Umweltschutz dienen können. Eine empiri-sche Überprüfung müsste dann Gegenstand spätererForschung sein (Zimmermann und Pahl, 2000).

E 3.4.3.2Die Determinanten im einzelnen

Der Grundgedanke eines Determinantensystems zurBestimmung der Verwendungseffizienz internatio-naler Finanzinstitutionen liegt darin, dass die Effi-zienz einer solchen Finanzierungsinstitution von ei-ner größeren Zahl sehr unterschiedlicher Einflüssegeprägt wird. Unter „Effizienz“ werden zwei Ansät-ze parallel betrachtet:• Nur begrenzt wird der enge Effizienzbegriff etwa

der Kosten-Nutzen-Analyse zugrunde gelegt,demzufolge die ermittelten Kosten dem gemesse-nen bzw. abgeschätzten Nutzen (Vorteile, Zieler-reichungsgrade usw.) gegenübergestellt werden.Dieser Ansatz hat enge Grenzen, weil zwar dieKosten meist relativ leicht erfasst werden können.Der Bestimmung von Nutzengrößen auf der Nut-zen- oder Leistungsseite sind jedoch enge Gren-zen gezogen.

• Der zweite Ansatz ist prozeduraler Art. Es wirdnach einer Organisation gesucht, die – mit Anrei-zen, klaren Vorgaben, Entscheidungsspielräumenusw. – so ausgestaltet ist, dass effiziente Ergebnis-se zu erwarten sind. Dieser Ansatz steht im Fol-genden im Vordergrund.

Die denkbaren Determinanten, die auf eine so um-rissene Effizienz vermutlich einwirken, sind sehrzahlreich. Sie werden hier zu einer begrenzten Zahlvon Determinanten zusammengefasst. Von diesensind einige auf jede Art von Finanzinstitution an-wendbar und daher vorweg zu prüfen. Sie sind in be-sonderer Weise geeignet, Finanzinstitutionen mitein-ander zu vergleichen.

Eine zweite Gruppe ist spezifisch für den jeweili-gen Aufgabenbereich und die dort zu lösenden Prob-leme; folglich stehen hier die globalen Umweltprob-leme im Vordergrund. Schließlich scheint auch dieArt der Maßnahmen, die in den Planungs- und Ent-

scheidungsbereich der Institution fallen, einen Ein-fluss auf die Effizienz auszuüben.

Die erarbeiteten Determinanten werden hier zu-nächst einzeln kurz erläutert. Dabei wird die Argu-mentation nicht jeweils bis zur Effizienzprüfung fort-geführt. Vielmehr werden anschließend (Kap. E3.4.4) beispielhaft Hypothesen zu diesen Determi-nanten in ihrem Bezug zur Effizienz abgeleitet. Wei-terführende Überlegungen, die insbesondere in einerErgänzung dieser Liste und einer tieferen Unterglie-derung der vorgestellten Determinanten münden,und eine empirische Überprüfung wären dannGegenstand späterer Forschungsaktivitäten. Insbe-sondere bietet es sich an, die langjährigen Erfahrun-gen aus dem Bereich der Effizienz- und Effektivitäts-analyse von Entwicklungshilfezahlungen für die ent-sprechende Analyse der finanziellen Unterstüt-zungszahlungen in der globalen Umweltpolitik zunutzen (Fairman und Ross, 1996).

Merkmale von Finanzinstitutionen alsDeterminantenDeterminante 1: Öffentliche versus private Institutio-

nen. In der globalen Umweltpolitik können öf-fentliche und private Institutionen als Akteureunterschieden werden. Großen öffentlichen Orga-nisationen wie denen des UN-Systems wird viel-fach eine höhere Ineffizienz zugeschrieben. Natio-nale Umwelt- und Entwicklungsfonds könntenhierzu ein Gegengewicht bilden (Kap. E 3.4.5).Diese Fonds unterstützen insbesondere – meistauf lokaler Ebene tätige – private Gruppen, NROusw., die oft effizienter und effektiver arbeiten alsvon staatlichen Organisationen initiierte Projekte.

Determinante 2: Multifunktionale versus monofunk-tionale Institutionen. Finanzierungsinstitutionenkönnen auf ein einzelnes Umweltproblem zuge-schnitten sein (Ozonfonds) oder für mehrere glo-bale Umweltprobleme verantwortlich sein(GEF). Die Konzentration auf ein eng abgegrenz-tes Umweltproblem (z. B. Ozonverdünnung in derStratosphäre; siehe auch Determinante 6) ermög-licht einem konventionsspezifischen Fonds denschnellen Aufbau eines auf das Umweltproblembezogenen Wissenspotenzials. MultifunktionaleFinanzinstitutionen wie die GEF zeichnen sich ih-rerseits durch einen guten Überblick über dasSpektrum an globalen Umweltproblemen aus undkönnen intern Querverbindungen zwischen Kon-ventionen herstellen (siehe auch Determinante 6).Eine Finanzierungsinstitution für das Klimaprob-lem muss also mehr Querschnittswissen und -poli-tik einsetzen als ein Ozonfonds. Ein dem Umwelt-problem nicht angepasstes Design der Institution,beispielsweise eine unzureichende Verknüpfungder Finanzinstitution mit den betreffenden Um-

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170 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

weltkonventionen, ist der Effizienz dann sehr ab-träglich.

Ein Rückschluss von einer dieser beiden Determi-nanten, die sich auf den Typ einer Finanzierungsinsti-tution beziehen, auf die Effizienz ist meist nicht di-rekt möglich. Vielmehr ist bei konkreten Anwen-dungsfällen der jeweilige Einzelfall zu prüfen. In je-dem Fall muss ein Abgleich mit den nachfolgendenDeterminanten erfolgen.Determinante 3: Interne Organisation. Hinsichtlich

der internen Organisation ist zwischen einer pro-fessionellen Aufgabenwahrnehmung, die den An-forderungen der „Klienten“ entspricht und die einauf die richtige Aufgabenerfüllung ausgerichtetesEthos entwickelt, einerseits und einer bürokrati-schen Organisation, die durch langwierige undumständliche Entscheidungsprozesse gekenn-zeichnet ist, andererseits zu unterscheiden(Mayntz, 1997). Ältere Institutionen sind ceterisparibus oft bürokratischer und müssen daher gele-gentlich reorganisiert werden. Anhaltspunkte füreine Effizienzprüfung von Finanzierungsinstitut-ionen lassen sich aus der Prüfung der internen Or-ganisationsstrukturen gewinnen. Beispielsweisekann untersucht werden, ob interne Revisionspro-zeduren zur Prüfung einer effizienten Aufgaben-erfüllung durchgeführt werden. Die Existenz ei-ner internen Revision dürfte die angesprocheneEffizienz prozeduraler Art erheblich vergrößern.Des weiteren übt die Art des Budgetverfahrens ei-nen erheblichen Einfluss auf die Effizienz der Mit-telverwendung aus. Die UN-Organisationen ha-ben zwar bereits das am Ausgabeobjekt anknüp-fende Budget („object-of-expenditure budget“)weitgehend durch ein Programmbudget („pro-gramme budgeting“) ersetzt. Ein ergebnisorien-tiertes Haushaltsverfahren, das den Blick ver-stärkt auf die Erzielung von Resultaten richtetund hierbei Leistungsindikatoren einsetzt, ver-spricht jedoch eine verbesserte interne und exter-ne Effizienzkontrolle (siehe auch Determinante4). Die Bemühungen zur Einführung des sog.„results-based budgeting“, das auch ein wichtigerBestandteil der Reformpläne des UN-Generalse-kretärs Kofi Annan ist, sollten daher aus Effizienz-gründen fortgesetzt werden (Mizutani et al.,2000).

Determinante 4: Externe Steuerung der Institutionen.Unter diese Determinante fallen viele Einzelas-pekte, die die Verwendungseffizienz beeinflussenkönnen.Von besonderer Bedeutung ist die institu-tionalisierte Effizienzkontrolle, die intern vorge-schrieben sein sollte (siehe auch Determinante 3)oder extern durchzuführen ist. Die interne sollteentsprechend einer strengen internen Revision imPrivatunternehmen erfolgen. Für die externe

Kontrolle könnte eine dem US-amerikanischen„Office of Inspector General“ angelehnte Organi-sation eingerichtet werden, die die entsprechen-den Finanzierungsinstitutionen überprüft. Desweiteren sind die Art der Abstimmungsverfahren(z. B. Einstimmigkeitsregel, doppelt gewichteteMehrheitsentscheidungen wie bei der GEF unddem Ozonfonds; Kap. E 3.4.3) und die Vergabekri-terien („terms of reference“) von Bedeutung. Beiden Vergabekriterien wiederum ist wichtig, ob siein der Konvention festgelegt sind oder ob sie er-heblichen Interpretationsspielräumen seitens derFinanzierungsinstitution unterliegen.Weiterhin istzu prüfen, inwieweit die einer Institution zur Ver-fügung stehenden Mittel zweckgebunden verteiltwerden oder ob die Verteilung der Mittel überwie-gend dem eigenen Ermessensspielraum unter-liegt. Beide Formen haben Vor- und Nachteile, dieam jeweiligen Einzelfall zu ermitteln sind.

Determinante 5: Möglichkeit zur Einflussnahme aufdie Governance-Strukturen im Empfängerland. Esist ein allgemein bekannter Tatbestand aus demBereich der Entwicklungszusammenarbeit, dassviele finanzielle Mittel aufgrund schlechterGovernance-Strukturen im Empfängerland (z. B.Korruption, Bau von Prestigeobjekten) nur einengeringen oder keinen Beitrag zur Erreichung deszugrunde liegenden Ziels geleistet haben (WorldBank, 1998). Institutionen wie der IWF und dieWeltbank weisen mit Blick auf diese Determinan-te Vorzüge auf, weil sie auf die Herstellung einerguten institutionellen Infrastruktur hinwirkenkönnen. Neuere Studien zeigen allerdings, dassder Erfolg einer Einflussnahme auf dieGovernance-Strukturen von den jeweiligen insti-tutionellen Rahmenbedingungen abhängig sind(Seymour und Dubash, 2000). Daher ist immer derEinzelfall zu prüfen.Vielfach bieten sich dezentra-le Ansätze unter direkter Beteiligung lokaler Ak-teure als Alternative zur Weltbank und zum IWFan, um entsprechende Governance-Strukturenaufzubauen und als wichtige Voraussetzung für in-stitutionelle Reformen das Interesse der lokalenBevölkerung am (globalen) Umweltschutz zustärken (Keohane, 1996).

Merkmale von globalen Umweltproblemenals DeterminantenDeterminante 6: Der Querschnittscharakter eines glo-

balen Umweltproblems. Mit dem Querschnitts-charakter ist gemeint, dass ein globales Umwelt-problem lediglich einen eng zugeschnittenen Um-weltbereich tangieren oder aber mehrere Um-weltbereiche betreffen kann. Ersteres trifftbeispielsweise auf das Problem des stratosphäri-schen Ozonabbaus oder auf den Schutz der Mee-

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171Die Effizienz der Mittelverwendung E 3.4

re vor Tankerunfällen zu. Das Treibhausproblemund der Schutz der biologischen Vielfalt hingegenberühren viele Umweltbereiche gleichzeitig; so istdie Problematik der Anrechnung von Senken alsCO2-Speicher und die Verknüpfung mit demSchutz biologischer Vielfalt vom Beirat ausführ-lich in einem Sondergutachten diskutiert worden(WBGU, 1998b).

Determinante 7: Umfang der Vermeidungsbetroffen-heit. Ein globales Umweltproblem besitzt defini-tionsgemäß einen globalen Betroffenen- bzw.Nutzenkreis. Dennoch kann unterschieden wer-den zwischen globalen Umweltproblemen, beidenen die Vermeidungsaktivitäten nur einen klei-nen Kreis an betroffenen Akteuren tangieren, undsolchen, bei denen der Kreis der Vermeidungsbe-troffenen sehr breit ist.Während z. B. eine Boden-schutzpolitik Landnutzungsmöglichkeiten ent-scheidend mitbestimmt und somit beträchtlicheAuswirkungen für die lokale Bevölkerung hat, istder Kreis der von Vermeidungsaktivitäten Betrof-fenen beim Schutz der stratosphärischen Ozon-schicht in Gestalt der FCKW-produzierendenUnternehmen wesentlich enger. Auch hier ist derrichtige Zuschnitt der Institution eine Vorausset-zung für eine effiziente Aufgabenerfüllung. Dievon der GEF finanzierten Projekte werden z. B. indiesem Zusammenhang gelegentlich dahingehendkritisiert, dass sie nur unzureichend mit den Insti-tutionen und gesellschaftlichen Gruppen vor Ort,also mit den von der umweltpolitischen Maßnah-me Betroffenen, zusammenarbeiten (Horta,1998).

Art der UmweltschutzmaßnahmeDeterminante 8: Art der Umweltschutzmaßnahme.

Als achte Determinante ist schließlich die Art dervorgesehenen bzw. erforderlichen Umweltschutz-maßnahme anzusehen, denn sie spielt eine wichti-ge Rolle dabei, welche Institution hinsichtlich ei-ner effizienten Aufgabenerfüllung besser geeignetist als andere. So ist es ein bedeutender Unter-schied, ob es sich um die Finanzierung von kon-kreten Projekten, die Entwicklung einer langfristi-gen Umweltschutzstrategie (z. B. die Umstellungdes Energiemixes einer Volkswirtschaft) oder dieVerteilung von Informationen handelt.

E 3.4.4 Beispielhafte Ableitung von Hypothesen undEmpfehlungen zu den Determinanten

Aufgrund der Vielzahl der aufgeführten Determi-nanten und der dadurch möglichen Kombinationenvon Einflüssen kann an dieser Stelle nicht eine voll-

ständige Auswertung der einzelnen Determinantenerfolgen. Diese stellen einen ersten Versuch dar,Ver-mutungen über die Verwendungseffizienz von Finan-zierungsinstitutionen und empirisch überprüfbareHypothesen aufzustellen. An dieser Stelle kann nurexemplarisch ausgeführt werden, welche politischbedeutsamen Aussagen sich aus einer solchen umfas-senden Konzeption ableiten lassen.

Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Beurteilungder Effizienz einer Finanzierungsinstitution ist dieinterne Organisation (Determinante 3). Die Existenzvon internen Revisionsprozeduren und das Budget-verfahren üben einen starken Einfluss auf die Effi-zienz der Aktivitäten einer Institution aus. Des wei-teren ist hier auch die Transparenz der Mittelverwen-dung anzuführen. Die mangelnde Transparenz derMittelverwendung durch die Sekretariate einzelnerKonventionen ist ein Problem, das bei vielen Geber-staaten zunehmend auf Unmut stößt. Beispielsweisewurden die Generalsekretäre der CBD und derUNCCD wiederholt dazu aufgefordert, den Ver-tragsstaaten mehr und präzisere Informationen überdie Mittelverwendung zukommen zu lassen, anstatteine nur wenige Seiten umfassende bzw. nur schwerdurchschaubare Gesamtbilanz vorzulegen. Dahersollte nach Ansicht des Beirats Teil der Reforman-strengungen der UN eine Verbesserung des Finanz-Berichtswesens der Sekretariate sein. Unterstütztwerden könnte diese Reform durch das 1995 einge-richtete Office of Internal Oversight Services(OIOS), das dem UN-Generalsekretär bei internenRevisionen zuarbeitet.

Bei der Betrachtung der Determinante der Multi-funktionalität einer Institution (Determinante 2) istzunächst zu vermuten, dass eine Institution, die mitvielen Aufgaben betraut ist, eine geringe Effizienzaufweist. Es sind eine Vielzahl von unterschiedlichenUmweltschutzmaßnahmen zu finanzieren. Das hier-für erforderliche Wissen lässt sich zwar über entspre-chende Fachabteilungen aufbauen. Dies kann jedochzu sehr großen Institutionen führen, denen aufgrundder Bürokratisierungstendenzen vielfach eine gerin-gere Effizienz zugesprochen wird als kleineren Insti-tutionen (Determinante 1). Das Gegenteil zu einersolchen multifunktionalen Institution sind konven-tionsspezifische Fonds wie der Ozonfonds (Determi-nante 2). Bei konventionsspezifischen Fonds ist zuvermuten, dass durch die Konzentration auf ein ex-akt zugeschnittenes Umweltproblem sich ein großesWissenspotenzial schneller und effektiver aufbauenlässt (Determinanten 2 und 6). Die Problemnähe ei-nes solchen konventionsspezifischen Fonds dürftesich als sehr günstig für eine möglichst hohe Effizienzerweisen.

Dennoch wäre es verfehlt, grundsätzlich konven-tionsspezifische Fondslösungen zu bevorzugen. Zum

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172 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

einen müssen alle Determinanten berücksichtigtwerden, und zum anderen ist insbesondere eineGegenüberstellung mit dem zugrunde liegendenUmweltproblem vorzunehmen. Dies soll in einigenwenigen Punkten am Beispiel der GEF erläutertwerden:1. Die Arbeit der GEF als multifunktionale Institu-

tion ist insgesamt durchaus als effizient zu bewer-ten. Ein wesentlicher Grund liegt in der Anbin-dung an die Weltbank, die über ein gut ausgebilde-tes Evaluations- und Monitoringsystem verfügt(Determinanten 3 und 4). Die daraus resultieren-de Professionalität stellt wiederum eine wichtigeVoraussetzung für die Geberländer dar, Mittel be-reitzustellen, da sie aufgrund ihres Einflusses aufdie Verwendung der Mittel zumindest innerhalbeines gewissen Rahmens mitbestimmen können(Sharma, 1996).

2. Des weiteren ist die GEF auch die richtige Adres-se für die Entwicklung von Strategien für globaleUmweltprobleme wie das Klimaproblem, die eineinternationale Kooperation voraussetzen (Deter-minante 8). Dies gilt auch für den Schutz der Bio-diversität. Viele Maßnahmen in der Biodiversi-tätspolitik sind allerdings in enger Kooperationmit den betroffenen Bevölkerungsteilen vor Ortzu entwickeln und zu implementieren. Demnachsollten in die Planung und – was hier im Vorder-grund steht – bei der Finanzierung stärker kleine-re, lokal arbeitende Institutionen, u.a. auch NRO,einbezogen werden.

3. Die GEF ist insbesondere für den Klimaschutzund die biologische Vielfalt zuständig. Diese glo-balen Umweltprobleme besitzen einen hohenQuerschnittscharakter, und der Kreis der Vermei-dungsbetroffenen ist sehr breit (Determinanten 6und 7). Somit ist ein Gesamtüberblick über dieVerbindung der zugrunde liegenden Umweltpro-bleme erforderlich. Dies spricht für eine Finanzie-rungszuständigkeit der GEF für beide Konventio-nen.

Trotz der durchaus positiven Bewertung sollte dieGEF nicht die einzige Institution zur Verteilung vonFinanzmitteln sein. So zeigen einige Studien(Keohane, 1996), dass es der GEF – und auch demOzonfonds – bisher nicht umfassend gelungen ist, auflokaler Ebene das Interesse am (globalen) Umwelt-schutz zu wecken (Determinante 5).

Erfahrungen in der Entwicklungspolitik zeigen indiesem Zusammenhang, dass durch innovative Wegeder Leistungsbereitstellung, wie Partizipation der lo-kalen Bevölkerung und Dezentralisierung der Ent-scheidungsfindung, die Effizienz der Entwicklungs-hilfezahlungen wesentlich gesteigert werden kann(OECD/DAC, 1997; Umana, 1997; World Bank,1998). Solche Wege sollten auch vermehrt in der Fi-

nanzierung der globalen Umweltpolitik beschrittenwerden. Hierzu bieten sich u. a. nationale Umwelt-und Entwicklungsfonds an. Daher sollen im folgen-den Kapitel diese Fonds kurz vorgestellt werden und– auch unter Rückgriff auf das vorgestellte Determi-nantensystem – geprüft werden, inwieweit sich dieseFonds als zweite bedeutende Säule für die Finanzie-rung des (globalen) Umweltschutzes neben der GEFeignen.

E 3.4.5Effizienzanalyse nichtkommerzieller nationalerUmwelt- und Entwicklungsfonds

Nationale Umwelt- und Entwicklungsfonds (TrustFunds for the Environment) sind als Weiterentwick-lung der Debt-for-Nature Swaps zu Beginn der 90erJahre entstanden (Resor und Spergel, 1992; Sand,1994; Rubin et al., 1994; Danish, 1995a, 1996; CSD,1996; Meyer, 1997). Diese Fonds werden im betref-fenden Entwicklungsland verwaltet und überneh-men die Funktion einer Finanzierungsquelle vor Ort.Sie stellen Finanzmittel für Organisationen oder In-dividuen bereit, die die Durchführung von Umwelt-oder Entwicklungsprojekten planen. Eine Besonder-heit stellt die Integration der zivilgesellschaftlichenStrukturen in den betreffenden Entwicklungslän-dern in die Entscheidungsmechanismen der Fondsdar.

Bisher gibt es diese innovativen Finanzinstrumen-te in mehr als 30 Ländern. Knapp 1 Mrd. US-$ sindinsgesamt in diese Fonds geflossen. Umwelt- undEntwicklungsfonds sind nicht zuletzt daraus entstan-den, dass die Erfahrungen aus den letzten fünf Jahr-zehnten der Entwicklungszusammenarbeit nicht un-bedingt ein Fortschreiben der bisherigen Instrumen-te nahe legen. Wenn Finanzressourcen von den poli-tischen Machteliten in den noch nicht hinreichenddemokratisch konsolidierten bzw. den weiterhin dik-tatorischen Regierungssystemen des Südens usur-piert und fehlgeleitet werden können (z. B. für Waf-fenkäufe), dann würden neue und zusätzliche Mitteldie Grundprobleme nicht nur nicht lösen, sondernweiter verschärfen.

Als die ersten Rentenpapiere, die im Rahmen derDebt-for-Nature Swaps von nationalen Regierungenim Schuldentausch aufgelegt worden waren, ihremEndfälligkeitsdatum Ende der 80er bzw. Anfang der90er Jahre immer näher kamen, stellte sich die Frage,was sinnvollerweise mit dem Grundkapital dieserPapiere zu geschehen hätte. Statt nur an eine einzel-ne NRO zu fallen, die von dem plötzlichen Mittelzu-fluss leicht überfordert werden könnte, bot es sich an,eine neue nationale Institution bzw. Stiftung zuschaffen, die, unabhängig von der Regierung unter

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173Die Effizienz der Mittelverwendung E 3.4

Einschluss einer möglichst breiten zivilgesellschaftli-chen Beteiligung und mit der Möglichkeit, auch dieGeber an der Entscheidungsfindung über die Mittel-vergabe zu beteiligen, diese Mittel verwalten sollte.Für die internationalen Umwelt-NRO stand dabeivor allem das Ziel im Vordergrund, eine unabhängi-ge, langfristige und gesicherte Finanzierung von Na-turschutzmaßnahmen zu erreichen, um das Problemder laufenden Kosten der bisherigen Projektpolitikzu minimieren. Gerade im Bereich von Projektenzum Erhalt der Artenvielfalt übersteigt der laufendzu sichernde Bedarf an Finanzmitteln häufig die be-grenzte Dauer von Projektzyklen der traditionellenEntwicklungszusammenarbeit.

Zudem konnten mit den Fonds über eine entspre-chende Ausgestaltung der Verfügungsgewalt über dieneuen Finanzmittel die zivilgesellschaftlichen Struk-turen im Empfängerland gestärkt werden (Determi-nante 5). Die Fonds erwiesen sich vielfach als weni-ger korruptionsanfällig und setzten daher die Mitteleffizienter und zielgenauer ein als die staatlichenStellen der Empfängerländer bei der traditionellenProjektarbeit. Um Repräsentativität zu gewährleis-ten, sprachen sich die Umwelt-NRO dafür aus, dassin den Entscheidungsgremien nationaler Umwelt-fonds möglichst alle repräsentativen nationalen undlokalen Umwelt-NRO, die nationalen Regierungensowie Regierungsvertreter der Gebernationen undinternationale NRO Sitz und Stimme haben.

Inzwischen unterstützen auch die Weltbank, dasUNDP sowie die Regierungen der USA, derSchweiz, Kanadas, Norwegens und der Niederlandedie Einrichtung von nationalen Umwelt- und Ent-wicklungsfonds, indem sie technische Unterstützungleisten oder laufende Budgetmittel gewähren (Wahl,1997).

Abhängig von der gewählten Rechtsform derFonds, die nach angelsächsischem Recht als „TrustFunds“ oder nach deutschem Recht als „Stiftungen“firmieren, gehen die Mittel der Geber bzw. die Mittelaus nationalen Umweltsteuern und -abgaben an ei-nen zentralen Vermögensfonds, in dem sie entwederlangfristig gebunden bleiben und die Projektfinan-zierung nur aus den laufenden Erträgen erfolgt (re-volving fund), oder sie werden sofort bzw. über be-stimmte Zeiträume für bestimmte Maßnahmen zumSchutz der Umwelt investiert (depleting fund). DieFonds zum Erhalt der Artenvielfalt werden dabeimeist als revolvierende Fonds geführt, deren Stif-tungsvermögen von professionellen Managern aufdem internationalen Kapitalmarkt nach vorab be-stimmten Kriterien angelegt wird. Ziel ist die Bereit-stellung von laufenden Erträgen für eine möglichstlangfristig angelegte Projektarbeit. Dabei mögen aufden ersten Blick die hohen Opportunitätskosten ei-nes revolvierenden Fonds verwundern. Da es aber

auch in anderen Bereichen zahlreiche Beispiele füreine zu geringe Absorptionsfähigkeit für neue Pro-jektmittel gibt, kann diese rechtliche Konstruktionder Fonds durchaus überzeugen. Wo ein starker Mit-telzufluss mehr zerstört als damit aufgebaut und ent-wickelt wird, ist ein revolvierender Fonds vermutlichdie richtige Lösung. Diese Flexibilität, die sich nachden Bedingungen vor Ort richtet, ist sicher eine derzentralen Stärken des Instruments.

Die bisherigen nationalen Umwelt- und Entwick-lungsfonds weisen kein einheitliches Design auf. Sielassen eine große Bandbreite in der Rechtsform, derMittelaufbringung und -verwendung, den Entschei-dungsstrukturen, der Aufgabenstellung und derArbeitsweise erkennen. Gleichzeitig lassen sich je-doch drei zentrale Gemeinsamkeiten benennen (Da-nish, 1996). Erstens können die Fonds aus einer Viel-zahl von nationalen und internationalen Finanzquel-len gespeist werden, und zwar sowohl öffentlichenwie privaten. Zweitens sind in ihren Entscheidungs-instanzen in der Regel die zivilgesellschaftlichenKräfte des Empfängerlandes in großer Breite vertre-ten, und drittens zeichnen sie sich dadurch aus, dasssie ihre Zuschüsse auch in kleinem Umfang an eineVielzahl von lokalen Empfängern vergeben können.

Umfassende vergleichende Studien über die bis-herige Arbeit der nationalen Umwelt- und Entwick-lungsfonds liegen noch nicht vor. Gleichwohl lässtsich bereits jetzt das Potenzial der Fonds evaluieren.Diese weisen vielfach eine höhere ökonomische Ef-fizienz auf, weil sie Transaktionskosten sparen undopportunistische Strukturen, wie sie häufiger bei um-weltrelevanten Nord-Süd-Transfers anzutreffen sind,umgehen (Meyer, 1997). Zudem können Umwelt-fonds auf das zugrunde liegende Umweltproblem zu-geschnitten werden, was die umweltpolitische Effek-tivität erhöht (Determinanten 6 und 7). Mit solchenFonds lassen sich Formen der „Good Governance“einüben und zivilgesellschaftliche Strukturen stär-ken (Determinante 5; Jakobeit, 2000). Dies dürftedurch das damit einhergehende „capacity building“die Verwendungseffizienz insbesondere in einerlangfristigen Perspektive stärken.

Allerdings sind Fonds und NRO auch keine Wun-dermittel. Auch sie müssen mit Blick auf die vorge-stellten Determinanten bewertet werden. Beispiels-weise sind die Transparenz der Entscheidungsstruk-turen eines Umweltfonds und die Einbindung in einexternes Monitoringsystem zu prüfen (Determinan-ten 3 und 4; Meyer, 1997). Man darf nicht übersehen,dass solche Fonds als Non-Profit-Organisationenkeinem der beiden großen Kontrollmechanismen„Markt“ (mit dem Konkurs als Sanktion) und„Staat“ (mit der Abwahl als Sanktion) unterliegenund daher besonders guter interner oder externer

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174 E Globale Umweltpolitik: Bewertung, Organisation und Finanzierung

Kontrollmechanismen bedürfen, nicht zuletzt auch,um innovativ zu bleiben (Zimmermann, 1999).

Studien haben zudem gezeigt, dass eine Abhän-gigkeit von einer einzigen Finanzierungsquelle dieEffizienz eines Fonds beträchtlich vermindern kann(Edwards und Hulme, 1996). Zu prüfen ist weiterhin,inwieweit sich die Mitwirkungsrechte für lokaleNRO auf die traditionelle bilaterale Entwicklungs-zusammenarbeit auswirkt, die sich auf die Regie-rungszusammenarbeit stützt. Die größere Flexibili-tät, geringere Bürokratisierung, die Förderung klei-nerer Projekte auf lokaler Ebene und die Partizipa-tion der zivilgesellschaftlichen Strukturen sindjedoch bedeutende Vorteile von Umweltfonds. DesWeiteren ist positiv hervorzuheben, dass die Bildungdes Fondskapitals durch eine Vielzahl von Quellenerfolgen kann. So können international vereinbarteZuschüsse von Mitgliedsländern wie bei der GEF, di-rekte bilaterale Entwicklungszusammenarbeit,Debt-for-Nature-Swaps, private Stiftungen (Kap. E3.3) oder der Erlös aus spezifischen Umweltnut-zungsrechten das Fondskapital bilden (WBGU,2000).

Aufgrund der angeführten Vorteile empfiehlt derBeirat, die Effizienz und Effektivität nationaler Um-welt- und Entwicklungsfonds anhand des vorgestell-ten Determinantensystems zu prüfen. Bei einer posi-tiven Prüfung bietet es sich z. B. an, Finanzmittel, diebei einer umfassenden Entschuldungsinitiative fürdie ärmsten Entwicklungsländer, wie sie auf demWeltwirtschaftsgipfel in Köln im Juni 1999 diskutiertwurde, frei werden, zumindest in Teilen an ausge-wählte Umwelt- und Entwicklungsfonds zu verge-ben. Dies könnte z. B. bei einem Teilverzicht aufSchuldentilgung in der Form geschehen, dass dieRestschuldverpflichtung in solche Fonds einfließt.Hiermit geht zum einen der Vorteil einher, dass dieSchuldentilgung in der Landeswährung vorgenom-men werden kann, und zum anderen kann aus um-weltpolitischer Sicht eine größere Wirkung erzieltwerden als bei einer unkonditionierten Erlassungvon Schulden.

E 3.5Fazit

Die Herstellung eines effizienten und effektiven Fi-nanzierungssystems der globalen Umwelt- und Ent-wicklungspolitik zählt zu den notwendigsten und zu-gleich schwierigsten Aufgaben einer Reform desinternationalen Institutionengefüges. Der Beirat hatin diesem Kapitel eine Vielzahl an institutionellenReformvorschlägen auf der Einnahme- und der Aus-gabenseite vorgestellt und diskutiert. Bei einer iso-lierten Betrachtung der Empfehlungen des Beirats

zur Finanzierung der globalen Umweltpolitik mutenviele Vorschläge auf den ersten Blick utopisch an.Die Empfehlungen sollten darum unbedingt im Kon-text einer umfassenden Reform des Institutionenge-füges der globalen Umweltpolitik gesehen werden.Die institutionellen und organisatorischen Defiziteder derzeitigen Strukturen lassen es beispielsweisefraglich erscheinen, ob sich selbst bei einer Erhöhungder finanziellen Mittel auf 1% des BSP die ge-wünschten – und bei einer optimierten institutionel-len Struktur auch erzielbaren – Effektivitätsgewinnein der globalen Umweltpolitik einstellen. Der Beiratentwickelt in Kap. F eine umfassende Vision zur Neu-gestaltung der institutionellen und organisatorischenStruktur der globalen Umweltpolitik in Form einerEarth Alliance. Eingebettet in die Erläuterung derStrukturvision des Beirats werden die wesentlichenHandlungsempfehlungen zur Finanzierung in Kap.F 4.3 wiedergegeben.

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Reformansätze und Vision einerNeustrukturierung: Die Earth Alliance

F

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F 1Ein Beitrag für die Rio+10-Konferenz

Zwei Jahre vor der Folgekonferenz zum Weltgipfelder Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung(UNCED) von 1992 („Rio+10-Konferenz“) legt derBeirat seine Vorschläge zur Neustrukturierung derInstitutionen globaler Umweltpolitik vor. Dabei ste-hen handlungsorientierte Vorschläge im Vorder-grund. Die Analyse der drängendsten globalen Um-weltprobleme acht Jahre nach der Rio-Konferenz hatgezeigt, dass trotz der großen Zahl von etwa 900 bi-oder multilateralen Umweltverträgen im globalenUmweltschutz weiter erheblicher Handlungsbedarfbesteht (Kap. B). Kernstück der Empfehlungen istdie Strukturvision des Beirats für die globale Um-weltpolitik in Form einer Earth Alliance. Diese er-scheint zwar nicht kurzfristig realisierbar, langfristigwird jedoch empfohlen, diese Strukturvision als Leit-bild für die Reform der globalen Umweltpolitik zunutzen. Erste Schritte sind in Richtung dieser Visioneinzuleiten und sollten einer ständigen Prüfung ihrerEffizienz und Effektivität unterliegen.

Die Vision des Beirats zur Reform des internatio-nalen Institutionen- und Organisationengerüsts imUmweltbereich in Form einer Earth Alliance (Abb. F1-1) baut auf den bestehenden Strukturen auf undentwickelt diese, wo es nötig erscheint, weiter. DieEarth Alliance gliedert sich in drei übergreifende Be-reiche, die informative, kommunikative, koordinie-rende und finanzielle Vernetzungen aufweisen. Ers-tens schlägt der Beirat zur besseren Bewertung vonUmweltproblemen die Einrichtung einer unabhängi-gen Instanz vor, die auf besonders risikoreiche Ent-wicklungen (früh-)warnend hinweisen soll. Dieseklein zu haltende Instanz (10–15 Mitglieder plus Se-kretariat) sollte gegenüber den teilweise noch einzu-richtenden wissenschaftlichen Beratungsgremien derVertragsstaatenkonferenzen ein Vorschlagsrecht ha-ben und bei Bedarf an die Öffentlichkeit gehen kön-nen (Earth Assessment). Ausführlich begründet wur-de diese Empfehlung in Kap. E 1.

Zweitens empfiehlt der Beirat Änderungen desorganisatorischen Kerns der internationalen Um-weltpolitik (Earth Organization). Im Zentrum stehtdabei die stufenweise Einrichtung einer Internatio-nalen Umweltorganisation, die im Vorfeld der

Rio+10-Konferenz in der Diskussion steht. Hier-unter ist die Koordinations- und Kooperationsfunk-tion eines gestärkten UNEP zu verstehen, bei demdie Sekretariate der internationalen Umweltkonven-tionen und deren (teilweise noch einzurichtende)wissenschaftliche Beratungsgremien enger vernetztwerden sollen. Deren mögliche Struktur wurde de-tailliert in Kap. E 2 skizziert.

Neben Rechtssicherheit und guter Regierungs-führung sind ausreichende finanzielle Ressourcennotwendig, um den wachsenden globalen Herausfor-derungen gerecht zu werden. Den notwendigen Fi-nanzmitteln für den Schutz globaler Umweltgütersteht allerdings eine seit Jahren nachlassende Bereit-schaft der Industrieländer, entsprechende Finanzmit-tel bereitzustellen, gegenüber. So sind die öffentli-chen Leistungen Deutschlands in der Entwicklungs-zusammenarbeit im Zeitraum von 1990–1998 von0,42% auf 0,26% des BSP zurückgegangen (Kap. E3). Neben einer Umkehr dieser Trends empfiehlt derBeirat, vermehrt innovative Wege in der Finanzie-rung globaler Umweltpolitik zu beschreiten. Daherschließen sich in einem dritten Teil Empfehlungenzur Finanzierung dieser Politik an. Solche neuenMöglichkeiten des Earth Funding wurden in Kap. E 3dargestellt.

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178 F Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance

EARTH ALLIANCE

EARTH FUNDINGEARTH ORGANIZATION

Projektumsetzung durch UN-Einrichtungen

Internationale

ex-UNEP

EARTH ASSESSMENT

Erd-Rat

Umweltorganisation

Informations-bedarf

Informations-bedarf

KontrolleFrühwarnung

Information

FinanzierungEntschuldung

FinanzierungEntschuldung

Nutzungs-entgelte

IPCC(Klimawandel)

IPR(Risiko)

IPS(Böden)

IPBD(Biodiversität)

WissenschaftlicheAusschüsse

WissenschaftlicherAusschuss

Wissenschaftliche Beratung

Wissensch. Beratung CSD

Übereinkommen

Übereinkommen

weitereÜbereinkommen

Treuhänder-schaft

UNFCCC

UNCCD

CBD

Weltbank

GEF

UNDP

Stiftungen

Sponsoren

Spenden

Hohe See

InternationalerLuftraum

Weltraum

Treuhänderschaft für globale Gemeinschaftsgüter

Öffentliche Mittel

Öffentliche Mittel

Private Mittel

Private Mittel

Projektumsetzung durch UN-Einrichtungen

UNEP

IPCC(Klimawandel)

CSD

UNFCCC

UNCCD

CBD

Weltbank

GEF

UNDP

Stiftungen

Sponsoren

Spenden

Tiefseeboden(UNCLOS)

Informations-bedarf

Wissenschaftliche Beratung

a

b

Umwelt- undEntwicklungsfonds

Abbildung F 1-1Vision des Beirats zur Reform des internationalen Institutionen- und Organisationengerüsts im Umweltbereich.Quelle: WBGU

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F 2Earth Assessment: Ethische Autorität und wissenschaftliche

Kompetenz bei der Bewertung von Umweltproblemen

F 2.1Einrichtung eines Erd-Rates

In seiner Vision einer strukturellen Neuordnung derglobalen Umwelt- und Entwicklungspolitik sieht derBeirat die Notwendigkeit für eine unabhängige In-stanz mit überragender ethischer und intellektuellerAutorität zur Erkennung und Bewertung von Risi-ken des Globalen Wandels. Er empfiehlt der Bundes-regierung, die Gründung einer Earth Commission zuprüfen und den Vereinten Nationen einen entspre-chenden Vorschlag zu unterbreiten. Die Earth Com-mission sollte das für den Umweltschutz und dieWahrung der Rechte und Interessen zukünftiger Ge-nerationen notwendige Langfristdenken gewährleis-ten sowie Impulse für Forschung und politischesHandeln geben. Insbesondere solche Themen, dietrotz ihrer existenziellen Bedeutung vernachlässigtwerden, könnten von ihr öffentlichkeitswirksam aufdie internationale Agenda gebracht werden.

Die durch die UN-Generalversammlung zu beru-fende Earth Commission sollte mit 10–15 Persönlich-keiten von höchster moralischer Autorität besetztsein, die in der Weltöffentlichkeit Gehör finden, etwanach dem Modell der Brandt- oder der Brundtland-Kommissionen. Eine solche Kommission würde ge-wissermaßen die globalisierte Form des deutschen„Rates für nachhaltige Entwicklung“ darstellen.Unterstützt werden könnte die Earth Commissionbei Bedarf durch die Zuarbeit wissenschaftlicher Pa-nels (Kap. E 1.3). Der Earth Commission könntenVorschlagsrechte für zu behandelnde wissenschaftli-che Fragen durch die Panels eingeräumt werden.Diese Umweltanalysen würden von der Earth Com-mission aufbereitet und dahingehend bewertet, obeine „Warnung“ an die Weltöffentlichkeit und dieVereinten Nationen über drohende, möglicherweiseirreversible Umweltveränderungen ausgesprochenwerden sollte.

Damit die Funktion der Frühwarnung ausrei-chend Gewicht und politisches Mandat besitzt, sollteder Earth Commission bei der Generalversammlungder Vereinten Nationen ein Recht zur Anhörung ein-

geräumt werden bzw. zum Anstoß von Initiativen zurBewältigung von Problemen bzw. Fehlentwicklungendes Globalen Wandels. Sie sollte zu regelmäßigenBerichten an den UN-Generalsekretär verpflichtetwerden, in denen die globale Umweltsituation be-wertet wird.

F 2.2Stärkung wissenschaftlicher Politikberatung

Die Earth Commission sollte zusammen mit den wis-senschaftlichen Panels insbesondere vier Aufgaben-schwerpunkte wahrnehmen:• Zusammenschau: Sie sollte den bestmöglichen

Nutzen aus den bestehenden Monitoringsystemenziehen, um den jeweiligen Zustand des SystemsErde zu charakterisieren. Ebenso sollte bei Be-darf Monitoring aufgebaut werden.

• Früherkennung und Frühwarnung: Sie sollte aufder Basis wissenschaftlicher Daten und Erkennt-nisse die Weltöffentlichkeit und insbesondere dieVereinten Nationen vor drohenden und potenziellirreversiblen globalen Umweltschädigungen war-nen.

• Identifizierung von Leitplanken: Sie sollte „Leit-planken“ für die internationale Umweltpolitikidentifizieren, um die noch akzeptablen Über-gangsbereiche und die inakzeptablen Zuständeaufzeigen.

• Rechenschaftspflicht: Sie sollte dem Generalsekre-tär der Vereinten Nationen einen jährlichen Re-chenschaftsbericht vorlegen, in dem die wichtigs-ten Umweltprobleme und -entwicklungen nachdem neuesten Stand der Kenntnisse bewertet wer-den.

Im Hinblick auf den UNCED-Folgeprozess bestehtHandlungsbedarf in folgenden Bereichen:• Es fehlt ein abgestimmter Beitrag der wissen-

schaftlichen Gemeinschaft zu den Problemen desGlobalen Wandels. Für einzelne Umweltbereiche(z. B. biologische Vielfalt und Böden) sind die Er-kenntnisse über Zustand, Degradationsdynamikund mögliche Folgewirkungen noch sehr lücken-

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180 F Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance

haft bzw. fehlen vollständig (Kap. B).• Es fehlt eine Instanz, die sich übergreifend mit den

zentralen Themen des Globalen Wandels und derBestimmung von „Sicherheitsstreifen“ oder Leit-planken befasst, um die internationale Gemein-schaft möglichst früh über bedrohliche Entwick-lungen der Umwelt zu informieren. Leitplanken,die die Grenzen absoluter Nichtnachhaltigkeitaufzeigen, würden eine wissenschaftlich begrün-dete Grundlage für die Ermittlung von Reduk-tions- oder Schutzzielen einzelner Umweltregimebilden.

• Für die Umsetzung wissenschaftlicher For-schungsergebnisse in politikrelevante Handlungs-optionen fehlt häufig die Integration disziplinärerAnsätze und Sichtweisen.

• Für die Information der Öffentlichkeit bedarf eseiner Struktur, die vorhandenes „Risikowissen“bündelt und zugänglich macht.

Mit der vorhandenen Struktur, bei der lediglich dieKlimarahmenkonvention über ein unabhängigeswissenschaftliches Beratungsgremium verfügt, lassensich die skizzierten Aufgaben nicht bewältigen. Ausden Erfahrungen des IPCC empfiehlt der Beirat, fürdie Beratung und Begleitung, etwa der internationa-len Boden- und Biodiversitätspolitik, vergleichbarewissenschaftliche Gremien oder Panels einzurichten.In einem Zwischenstaatlichen Ausschuss über biolo-gische Vielfalt (Intergovernmental Panel on Biologi-cal Diversity – IPBD) (WBGU, 2000) oder einemZwischenstaatlichen Ausschuss über Böden (Intergo-vernmental Panel on Soils – IPS) ließen sich aner-kannte Wissenschaftler zusammenführen, die konti-nuierlich und unabhängig arbeiten und wissenschaft-liche Politikberatung leisten könnten. Darüber hin-aus könnte ein Ausschuss für Risikobewertung (RiskAssessment Panel – RAP) dazu dienen, als Netz-werkknoten die verschiedenen nationalen Risikoer-fassungen und -bewertungen systematisch zusam-menzutragen und globale Risiken zu identifizieren.Dieser Ausschuss sollte weniger auf eine Analyseeinmal erkannter Umweltprobleme als vielmehr aufdie frühzeitige Identifikation von neuartigen, erst an-satzweise identifizierbarer Risiken des GlobalenWandels ausgerichtet sein (WBGU, 1999a). Die Bei-träge dieser Ausschüsse würden den Vertragsstaatensowie allen interessierten Akteuren wissenschaftli-che Politikberatung zu aktuellen Fragen und Proble-men aus dem politischen Prozess bieten. Die wissen-schaftlichen Ergebnisse dieser Ausschüsse würdenauch von der vom Beirat vorgeschlagenen EarthCommission genutzt.

Auch auf der Ebene der Europäischen Unionfehlt es an einer koordinierten wissenschaftlichenPolitikberatung. Daher sollte den bestehenden natio-nalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsräten in der Eu-

ropäischen Union die Möglichkeit gegeben werden,mit gemeinsamen Gutachten die Umwelt- und Ent-wicklungspolitik Brüssels beratend zu begleiten. Ins-besondere die Vorbereitungen zur Rio+10-Konfe-renz würden sich aus der Sicht des Beirats hierzu an-bieten. In der Verhandlungspraxis des UNCED-Fol-geprozesses spricht die Europäische Union schonlange mit gemeinsamer Stimme. Daher ist es an derZeit, eine Struktur zu schaffen, die eine EU-weiteKooperation der nationalen Gremien zur wissen-schaftlichen Politikberatung ermöglicht bzw. einenwissenschaftlichen Rat auf EU-Ebene, in dem Mit-glieder nationaler Beratungsgremien vertreten sind.

F 2.3CSD als Diskussionsforum

Im Earth Assessment würde der Kommission fürnachhaltige Entwicklung (CSD) eine wichtige Bin-deglied- und Dialogfunktion im Meinungsbildungs-prozess zwischen Earth Commission sowie den Staa-ten, den UN-Organen, der Wissenschaft und denNichtregierungsorganisationen einnehmen. In dieserNeupositionierung könnte nach Ansicht des Beiratseines der zukünftigen Aufgabenfelder der CSD lie-gen. Der Earth Commission könnte auch gegenüberder CSD ein Vorschlagsrecht für die zu behandeln-den Themen eingeräumt werden, die aus wissen-schaftlicher Sicht besonders prekär sind, bisher abernicht die nötige politische Aufmerksamkeit erlangthaben. Zudem könnte die CSD das Diskussionsfo-rum für die Berichte der Earth Commission werden.Hierfür wäre die CSD besonders geeignet, da sie daszwischenstaatliche Forum im UN-Verbund ist, aufdem Fragen zur Nachhaltigkeit über alle Sektorenhinweg angesprochen werden. Die CSD ist das zent-rale Forum für Fragen von Umwelt und Entwicklung.Neben dieser integrativen Rolle erfüllt die CSD einewichtige Unterstützungsfunktion in der internatio-nalen Umwelt- und Entwicklungspolitik, da sie denfür die politischen Entscheidungen nötigen konsens-und normbildenden Verarbeitungsprozess innerhalbder Staatengemeinschaft initiiert. Diese sehr wichti-ge Funktion gilt es auch zukünftig beizubehalten undin dem vom Beirat vorgeschlagenen System der Be-wertung von Risiken des Globalen Wandels zu integ-rieren.

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F 3Earth Organization: Integration globaler Umweltpolitik

F 3.1Wege zur Schaffung einer InternationalenUmweltorganisation

F 3.1.1Einleitung

Wegen des häufig konstatierten Mangels an Koordi-nation und Wirkungskraft globaler Umweltpolitikwurde in den letzten Jahren der Ruf nach einer um-fassenden Umgestaltung des internationalen Institu-tionen- und Organisationengefüges laut. Diese De-batte wurde durch den Vorschlag der Regierungs-chefs Brasiliens, Singapurs, Südafrikas und Deutsch-lands von 1997 verstärkt, eine internationaleUmweltorganisation zu gründen, die als Unterorga-nisation der UN aus UNEP heraus entwickelt wer-den sollte. Im Jahr 2000 haben sich auch FrankreichsPremierminister Lionel Jospin und die französischeUmweltministerin Dominique Voynet für einen sol-chen Vorschlag ausgesprochen. Ebenso sah das 1.internationale Umweltministerforum in Malmö or-ganisatorischen Reformbedarf.

Deshalb wird das Thema auf der Rio+10-Konfe-renz im Jahr 2002 zweifellos eine wichtige Rolle spie-len (Kap. E 2). Wie dringend nicht nur eine Reform,sondern auch eine Stärkung des UNEP notwendigsind, verdeutlicht ein vergleichender Blick auf dieMitarbeiterzahlen: Das weltweit agierende UNEPverfügt nur über rund 530 Mitarbeiter. Dagegen istdie Mitarbeiterzahl des deutschen Umweltbundes-amtes (UBA) knapp doppelt so hoch (1999: 1.032),während die Mitarbeiterzahl der US-amerikanischenUmweltagentur (EPA) gar das 35fache (1999:18.807) des UNEP beträgt. Der Handlungsbedarf istnach Ansicht des Beirats offensichtlich.

Allerdings muss deutlich gemacht werden, was beieiner Neustrukturierung globaler Umweltinstitutio-nen unbedingt beachtet werden sollte:• Die Bedenken der Entwicklungsländer sollten be-

rücksichtigt werden. Letztlich haben die bisheri-gen Debatten gezeigt, dass insbesondere diese

Länder Vorbehalte gegenüber der Gründung ei-ner Internationalen Umweltorganisation haben.Es ist sicherzustellen, dass alle Initiativen in die-sem Themenfeld multilateral, gemeinsam von In-dustrie- und Entwicklungsländern, getragen wer-den. Der Beirat empfiehlt der Bundesregierungdeshalb nachdrücklich, sich hierfür gezielt um Ko-alitionen mit wichtigen Entwicklungsländern zubemühen, um die Akzeptanz einer politischen In-itiative von vornherein sicherzustellen.

• Um die Akzeptanz von Reformvorschlägen fürdie Entwicklungsländer zu erhöhen, sollten Ent-scheidungsverfahren erwogen werden, die Nordund Süd eine gleichberechtigte Stellung einräu-men – etwa nach dem Muster der nord-süd-paritä-tischen Entscheidungsverfahren des MontrealerProtokolls, des Ozonfonds oder der GEF (Kap.C). Dies könnte sicherstellen, dass Entscheidun-gen zu Strategie und Programm möglichst allenInteressen gerecht werden.

• Es sollte sichergestellt werden, dass eine Reformnicht zur Gründung einer neuen Behörde miteigener Projektdurchführungskompetenz führt.Projektarbeit vor Ort sollte weiterhin vom UNDP(Kap. D 3.3), der Weltbank (Kap. D 2), der FAO,der UNIDO und vergleichbaren Akteuren vorge-nommen werden.

• Durch eine organisatorische Neustrukturierungsollten keine weiteren Finanzierungsorganisatio-nen neben UNDP, der Weltbank oder der GEF ge-schaffen werden.

Diese Rahmenbedingungen sollten bei der Diskus-sion um eine Reform des internationalen Organisa-tionensystems der globalen Umweltpolitik im Vor-feld der Rio+10-Konferenz berücksichtigt werden.Dazu sind die Initiative der Bundesregierung von1997 wie auch die Erklärung der umweltpolitischenSprecherin der SPD-Bundestagsfraktion von 1999eine gute Grundlage.

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182 F Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance

F 3.1.2Drei Stufen zur Reform

Aufbauend auf dieser Problemanalyse empfiehlt derBeirat drei Stufen einer organisatorischen Reformdes UN-Systems (Kap. E 2). Jede Stufe sollte dabeigesondert geprüft werden. Dieses Modell soll keinezwangsläufige Abfolge von Stufen sein, die mit Not-wendigkeit auf die letzte Stufe hin streben. Vielmehrist zu erwarten, dass schon der Übergang von einerStufe in die nächste erhebliche Verbesserungen inder globalen Umweltpolitik erbringt. Erst wenn die-ses nicht der Fall sein sollte, ist der Übergang auf dienächsthöhere Stufe zu prüfen.

Stufe 1: Kooperation verbessernIn der ersten Stufe geht es um eine verbesserte Ko-operation der verschiedenen Organisationen undProgramme, die weiterhin eine Zusammenarbeitgleichberechtigter Partner sein sollte. Dabei werdendie Funktionen der CSD, der GEF, der verschiede-nen Konventionssekretariate und Vertragsstaaten-konferenzen sowie die umweltpolitischen Abteilun-gen und Programme der einzelnen Sonderorganisa-tionen nicht berührt. Gegebenenfalls könnte dieseStärkung durch die Aufwertung des UNEP zu einerinternationalen Organisation innerhalb des Systemsder Vereinten Nationen erfolgen. Eine solche Auf-wertung würde auf dieser Stufe neben einer entspre-chenden finanziellen und personellen Stärkung vorallem die Aufwertung des Umweltthemas innerhalbder „Familie“ der UN-Sonderorganisationen bedeu-ten. Diese Aufwertung von UNEP zu einer Interna-tionalen Umweltorganisation könnte sich entwederorientieren am Beispiel der Weltgesundheitsorgani-sation – also einer UN-Sonderorganisation mit eige-nem Budget und eigener Mitgliedschaft – oder amBeispiel der UN-Konferenz über Handel und Ent-wicklung (UNCTAD), einer UN-internen Körper-schaft, die von der UN-Generalversammlung zur Zu-sammenarbeit bei der internationalen Handelspoli-tik eingerichtet worden ist.

Einer UN-Sonderorganisation für Umweltfragenkönnte die Kompetenz zugestanden werden, mitMehrheitsentscheidungen bestimmte Standards zubeschließen, die alle Mitglieder binden würden. DieVollversammlung einer solchen Internationalen Um-weltorganisation könnte ferner Verträge aushandelnund beschließen, die dann innerhalb der Organisa-tion zur Zeichnung aufgelegt werden könnten. Die-ses ginge deutlich über die Vollmachten etwa desUNEP-Verwaltungsrates hinaus.

Stufe 2: Dachorganisation miteigenständigen Ausschüssen einrichtenSollte die beschriebene verbesserte Kooperation derinternationalen Organisationen und Programmenicht reichen, die erkannten Defizite zu beheben, wä-re die Stärkung des Umweltschutzes durch eine ver-besserte Koordination der einzelnen Akteure anzu-streben. Eine solche Koordination würde in gewisserWeise eine begrenzte Hierarchisierung im Organisa-tionengefüge erforderlich machen. Sollte eine solcheStufe mittelfristig notwendig werden, könnte nachdem Modell der Welthandelsorganisation (WTO)verfahren werden. Dort wurden das Sekretariat desAllgemeinen Zoll- und Handelsabkommens(GATT) zu einer eigenständigen internationalen Or-ganisation aufgewertet und zugleich zahlreiche mul-tilaterale und plurilaterale Handelsabkommen unterdas „Dach“ des Rahmenvertrags zur Gründung derWTO gebracht. Dadurch haben alle Handelsabkom-men dasselbe Sekretariat (nämlich die WTO), waseine ineffiziente Zersplitterung in viele administrati-ve Einheiten verhindert. Ferner unterliegen die Han-delsabkommen dem gleichen Streitschlichtungssys-tem. Dennoch bleibt ein gewisser Dezentralismus imEntscheidungssystem gewahrt, weil die spezifischenBeschlüsse für die zentralen Handelsabkommen ingesonderten Konferenzen erfolgen, welche als „Aus-schüsse“ der WTO-Ministerkonferenz angegliedertsind. Analog ließe sich mittelfristig überlegen, auchdie verschiedenen Vertragsstaatenkonferenzen imUmweltschutz einem gemeinsamen Rahmenüber-einkommen zur Gründung einer InternationalenUmweltorganisation zu unterwerfen und sie dann,wie in der WTO, als gesonderte und in hohem Maßeselbständige Ausschüsse der Ministerkonferenz fort-bestehen zu lassen. Die Gründung einer solchen Or-ganisation wird von den Entwicklungs- und Indust-rieländern wohl nur dann akzeptiert werden, wennbeide Seiten für die Weiterentwicklung der Organi-sation effektive Mitspracherechte erhalten. Hierfürböte sich die Übernahme des nord-süd-paritätischenEntscheidungsverfahrens des Montrealer Protokollsan.

Stufe 3: Zentralisierung und Unterordnungunter eine Organisation?Es ist zu früh zu urteilen, ob die Stufen 1 oder 2 ge-nügen werden, der wachsenden globalen Umwelt-und Entwicklungskrise zu begegnen. Dennochmöchte der Beirat auch langfristig Hinweise geben,wie auf das Scheitern der Stufen 1 und 2 mit weiterenInstitutionalisierungsschritten reagiert werden könn-te.Vorliegenden Vorschlägen ist das Ziel gemeinsam,die internationale Umweltpolitik stärker zu zentrali-sieren und zu hierarchisieren. Entscheidungsprozes-se sollen beschleunigt werden, indem das Konsens-

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183Sektoraler Handlungsbedarf bei Umweltregimen F 3.2

prinzip überwunden bzw. repräsentativ besetzte, klei-nere Entscheidungsgremien – etwa ein Umweltsi-cherheitsrat – eingeführt werden und Minderheitenso ihre Blockademacht verlieren. Die Einhaltunginternationaler Umweltstandards wäre als Folge ei-ner solchen Hierarchisierung mit Hilfe von Zwangs-maßnahmen, aber möglicherweise auch erhöhter fi-nanzieller und technischer Hilfestellung zu gewähr-leisten.

Mittelfristig wird eine Souveränität einschränken-de Hierarchisierung sicherlich auf erheblichen Wi-derstand stoßen, in Nord wie in Süd. Dies gilt bei-spielsweise für solche Vorschläge, die auf die Grün-dung eines Umweltsicherheitsrates oder eines Inter-nationalen Umweltgerichtshofs mit bindenderRechtsprechung hinzielen. Zumindest ersteres erfor-derte zudem eine Änderung der Charta der Verein-ten Nationen, welche die Ratifikation durch zweiDrittel der UN-Mitglieder sowie von China, Frank-reich, Großbritannien, Russland und den VereinigtenStaaten erfordert. Weitreichende Souveränitätsein-schränkungen scheinen bei einem solchen Quorumzurzeit ausgeschlossen.

Über diese Stufen hinaus empfiehlt der Beirat fürdie Neustrukturierung der Earth Organization denlangfristigen Aufbau von Treuhandbehörden für dieglobalen Gemeinschaftsgüter Luft, Meere, geostatio-närer Orbit und Antarktis (Kap. E 3) sowie die Stär-kung der bestehenden projektdurchführenden Orga-nisationen, wie etwa des UNDP (Kap. D 3.3).

F 3.1.3Konkrete Umsetzung einer Strukturreform

Insgesamt hält der Beirat die Aufwertung des UNEPhin zu einer nicht Souveränität einschränkendenInternationalen Umweltorganisation als zusätzlichesElement einer horizontal organisierten globalen Go-vernance-Struktur für einen derzeit Erfolg verspre-chenden Weg. Ein organisatorisches Zentrum füreine dezentrale internationale Nachhaltigkeitsstrate-gie, das in seiner Form den Interessen der meistenStaaten gerecht wird, erscheint notwendig. Wie dasPolitikfeld „Umweltschutz“ innerhalb der National-staaten in den 70er und 80er Jahren durch die Ein-führung eigenständiger Umweltministerien institu-tionell gestärkt wurde, so sollte es jetzt auch aufglobaler Ebene durch eine eigenständige Sonderor-ganisation bzw. eine UN-interne Körperschaft orga-nisatorisch gestärkt werden, um Partikularinteresseneinzelner Programme und Organisationen zu mini-mieren und Doppelarbeit, Überschneidungen undInkonsistenzen zu begrenzen. Im Wesentlichen solltedie neue Organisation die internationale Umweltpo-litik wieder zusammenführen, Kapazitäten in den

Entwicklungsländern durch den Transfer von Wissenund Technologie aufbauen, zur besseren Umsetzungder Übereinkünfte beitragen sowie das Umfeld zurAushandlung neuer Institutionen kooperationsför-dernder gestalten. Gerade letzteres ist bei dem der-zeit feststellbaren Vertrauensverlust der Entwick-lungsländer in die Handlungsbereitschaft der Indu-strieländer besonders wichtig.

Ob mittelfristig weitere Schritte erforderlich wer-den, lässt sich zurzeit kaum abschätzen. Sollte eineverbesserte Kooperation der internationalen Orga-nisationen und Programme einschließlich der Grün-dung einer neuen UN-Sonderorganisation für Um-weltfragen nach dem Muster der WHO bzw. der UN-CTAD nicht ausreichen, die erkannten Defizite zubeheben, wäre die Stärkung des Umweltschutzesnach dem Modell der Welthandelsorganisation(WTO) zu erwägen, also die Integration der spezifi-schen Umweltabkommen und deren Vertragsstaa-tenkonferenzen unter ein gemeinsames Rahmen-übereinkommen zur Gründung einer Internationa-len Umweltorganisation. Dabei würden die Umwelt-abkommen und deren Vertragsstaatenkonferenzendann wie in der WTO als gesonderte und in erhebli-chem Maße selbständige Ausschüsse der Minister-konferenz fortbestehen.

Im Sinne der Präferenz des Beirats für das Subsi-diaritätsprinzip sollte jedoch zunächst der ersteSchritt angestrebt werden, bevor auf der Basis einersorgfältigen Effektivitätsanalyse weitere Schritteunternommen werden sollten. Nur so ist das Ver-trauen der Entwicklungsländer hinsichtlich einer Re-form des UN-Systems im Umweltbereich zu erlan-gen. Denn trotz aller Diskussion um die Gründungeiner Internationalen Umweltorganisation darf nichtvergessen werden, dass die globale Umweltkrisemehr ist als ein Problem des Umweltschutzes – eshandelt sich um eine globale Umwelt- und Entwick-lungskrise, die Anstrengungen und neue globale Po-litikansätze auch im Bereich der „traditionellen“Entwicklungszusammenarbeit erfordern (Kap. D).Eine Rücknahme der drastischen Kürzungen derBundesregierung im Bereich der öffentlichen Ent-wicklungsfinanzierung wäre ein wichtiger Beitragauch für die Förderung einer effektiven und globalakzeptablen Umweltpolitik.

F 3.2Sektoraler Handlungsbedarf bei Umweltregimen

Die Analyse der institutionellen Regelungen derdrängendsten globalen Umweltprobleme hat ge-zeigt, dass die Staatengemeinschaft sich auch sekto-ral einem erheblichen Handlungsbedarf gegenüber-sieht (Kap. C). Dazu hat der Beirat einige „Gebote

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184 F Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance

guten Regimedesigns“ ermittelt, die auch auf andereRegime und neue Konfliktfelder übertragen werdenkönnten (Kap. C).

Anliegen der Rahmenverträge durchProtokolle vorantreibenIn der Praxis hat sich verstärkt der Ansatz durchge-setzt, zunächst nur eher allgemeine Rahmenverträgezu vereinbaren und die konkrete Ausgestaltung wei-teren Verhandlungsrunden zu überlassen, deren Er-gebnisse dann als Protokoll die Konvention weiterausgestalten und verschärfen (Kap. C 3). Der Beiratbefürwortet diesen Ansatz, da es so gelingen kann, ei-nen Großteil der Staatengemeinschaft, einschließlichder eher zögerlichen Staaten, in den weiteren Ver-handlungsprozess einzubinden. Er weist jedoch an-gesichts der Verschärfung globaler Umweltproblemenachdrücklich darauf hin, dass vom Abschluss einerKonvention bis hin zur lokalen Bewältigung der Pro-bleme eine sehr große Zeitspanne liegt und deshalbdie einer Rahmenkonvention folgenden Protokoll-verhandlungen zügig abgeschlossen werden müssen.

Abstimmungsverfahren bei BedarfflexibilisierenEin entscheidender Faktor für die flexible Weiterent-wicklung von Regimen sind die Abstimmungsverfah-ren. Eine Verzögerung dringend notwendiger Ver-einbarungen findet immer wieder dadurch statt, dassdie Änderungen oder Bereicherungen von Protokol-len oder Anhängen von allen beteiligten Staaten ex-plizit angenommen werden müssen. Die Beispieledes Ozon- und des MARPOL-Regimes zeigen aberauch, dass die Einigung auf flexiblere Abstimmungs-verfahren möglich ist (Kap. C 3). Der Beirat regt da-her an, auf eine Relativierung des Konsensprinzips ininternationalen Verhandlungen hinzuwirken, beson-ders wenn es um den Schutz unwiederbringlicherUmweltgüter oder um die Abwehr von Gefahrengeht. Dies betrifft vor allem das Verfahren derschweigenden Zustimmung (Kap. C 3). Bei der Mo-difikation von Protokollen oder Anhängen, die nichtdie Aushandlung völlig neuer Felder betrifft, solltegenerell die Einführung von qualifizierten, nord-süd-paritätischen Mehrheitsentscheidungen gefördertwerden, da sie wegen des geringen Souveränitätsver-lusts am ehesten konsensfähig sind.

Darüber hinaus sollte, etwa bei Entscheidungenüber das Erbe der Menschheit, eine Relativierungdes formalen Prinzips „Ein Land, eine Stimme“ zu-gunsten einer Stimmverteilung in Anlehnung an ei-nen Grundsatz „Ein Mensch, eine Stimme“ geprüftwerden.Ansätze für die Berücksichtigung der Bevöl-kerungszahl bei der Zuteilung von Stimmrechtengibt es beispielsweise im Europäischen Gemein-schaftsrecht und bei parlamentarischen Versamm-

lungen internationaler Organisationen, die allerdingskeine Entscheidungsmacht haben. Eine Berücksich-tigung auch der Bevölkerungszahl bei Abstimmun-gen innerhalb von internationalen Organisationenoder Konferenzen trüge – neben dem herkömmli-chen Prinzip „Ein Land, eine Stimme“ und dem Ab-stellen auf finanzielle Beiträge (wie im Rahmen derBretton-Woods-Institutionen „Ein Dollar, eine Stim-me“) – der zunehmenden Integration des Einzelnenin die Völkerrechtsordnung und der Relativierungder staatlichen Souveränität Rechnung.

Rechte zur Informationsbeschaffungstärken und mit Berichtswesen koppelnNeben der Einführung flexiblerer Abstimmungsver-fahren kann auch die institutionelle Ausgestaltungder internationalen Erfüllungskontrolle für den Er-folg eines Regimes einen wesentlichen Beitrag leis-ten und sollte daher entsprechend konsequent orga-nisiert sein. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dassdie Berichtspflicht über die Aktivitäten der Mitglied-staaten zur Umsetzung ihrer Pflichten eine unerläss-liche Voraussetzung für eine internationale Erfül-lungskontrolle darstellt (Kap. C 4). Der Beirat rätjedoch zu einer faktischen und rechtlichen Aufberei-tung, eingehenden Bewertung und Zusammenfas-sung der zahl- und umfangreichen Berichte durch dieSekretariate, um ihre Verwertbarkeit auf denVertragsstaatenkonferenzen zu fördern. Bei Bedarfsollten auch weitergehende Rechte zur Informa-tionsbeschaffung geschaffen werden, wie z. B. die imOzonregime oder auch im Washingtoner Arten-schutzabkommen vorgesehenen Rückfragen undAd-hoc-Untersuchungen vor Ort durch internatio-nale Gremien.

Flexible Reaktionsmöglichkeiten beiUmsetzungsschwierigkeitenDie Erkenntnisse aus Fallstudien zeigen, dass koope-rative Lösungen bei Umsetzungsschwierigkeiten ein-zelner Umweltregime sehr wirksam sein können, dadurch die partnerschaftliche Wirkung die internatio-nalen Beziehungen und damit auch die Transparenzgestärkt werden (Kap. C 4). Garantierte, an keine Vo-raussetzungen geknüpfte Instrumente zur Erfül-lungshilfe können allerdings die Motivation, auseigener Kraft die Pflichten zu erfüllen, auch unter-graben. Zudem haben in einigen Fällen konzertierteSanktionen zu einer raschen Behebung der Umset-zungsdefizite beigetragen (Beispiel WashingtonerArtenschutzabkommen; WBGU, 2000). Der Beiratlehnt aus diesen Gründen eine einseitige Ausrich-tung auf konfrontative oder nichtkonfrontative Maß-nahmen ab und empfiehlt, zur Reaktion auf Umset-zungsschwierigkeiten und Nichterfüllung flexibleMöglichkeiten vorzusehen, um im Einzelfall den

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185Sektoraler Handlungsbedarf bei Umweltregimen F 3.2

Gründen für die Umsetzungsschwierigkeiten ange-passte Entscheidungen zu ermöglichen.

Nichtregierungsorganisationen als Partnerim Umweltschutz einbindenNichtregierungsorganisationen (NRO) dienen alswertvolle Kontaktstelle von der lokalen bis zur inter-nationalen Ebene und stellen die Anhörung gesell-schaftlicher Belange sicher. Insbesondere hat sich dieMitwirkung von Umweltverbänden bei der Aufbe-reitung von Informationen und bei der Umsetzungvon Übereinkünften bewährt (Kap. C 4). Der Beiratunterstützt daher Ansätze, NRO über Anhörungs-und Mitwirkungsrechte verstärkt bei der Entschei-dungsfindung sowie der Umsetzung von Umweltre-gimen zu berücksichtigen. Durch Beteiligungsrechtezivilgesellschaftlicher Akteure, wie z. B. bei der De-sertifikationskonvention, kann ein Lernprozess fürdemokratisches Handeln angestoßen werden, dereine wichtige Funktion bei der Förderung „guter Re-gierungsführung“ erfüllt (Kap. C 4.3). Bei der Aus-handlung zukünftiger Umweltregime sollten solchepartizipatorischen Elemente mit gesellschaftlicherHebelwirkung integriert bzw. bestehende Regimeentsprechend nachgebessert werden. Direkte Mit-spracherechte und Entscheidungskompetenzen vonNRO sind allerdings wegen der fehlenden demokra-tischen Legitimation kritisch zu prüfen. In den meis-ten Fällen ist ihre Mitwirkung auf die Anhörung undImplementierung zu beschränken.

Nichtstaatliche Zusammenarbeit: FaireSysteme der UmweltkennzeichnungsicherstellenEine zusätzliche Aktivität internationaler nichtstaat-licher Zusammenarbeit zum Umweltschutz stellendie weltweiten Initiativen zur Zertifizierung von Pro-dukten dar. Ob die internationale unternehmerischeZusammenarbeit oder Initiativen der Zertifizierungzu einer langfristigen und nachhaltigen Nutzung glo-baler Ressourcen einen Beitrag leisten können,bleibt offen. Der Beirat sieht darin aber auf jedenFall ein Anreizsystem, das neben der internationalenZusammenarbeit der Staaten nicht vernachlässigtwerden darf. Eine Möglichkeit der Steuerung vonUmweltkennzeichen wäre eine Akkreditierungdurch die Earth Commission (Kap. E 1), die hierfürgegebenenfalls Kriterien entwickeln könnte.

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Earth Funding: Finanzierung globaler UmweltpolitikF 4

Die Finanzierung globaler Umweltpolitik stellt so-wohl aufgrund der Größenordnung der erforderli-chen Mittel als auch angesichts der damit verbunde-nen weltweiten Verteilungskonflikte zwischen Netto-zahlern und Nettoempfängern zu den schwierigsten,aber notwendigsten Aufgaben einer Reform desinternationalen Institutionengefüges. Die Brisanzdieser Thematik wird angesichts des in den OECD-Ländern stetig sinkenden BSP-Anteils für Leistun-gen zur Entwicklungszusammenarbeit bei zuneh-mendem Finanzbedarf und fortwährender Kritikdieser Länder an ineffizienten und wenig effektivenStrukturen internationaler Organisationen beimEinsatz finanzieller Mittel deutlich. An zahlreichenStellen dieses Gutachtens wird gezeigt, dass sich derFinanzbedarf einer globalen Umwelt- und Entwick-lungspolitik angesichts der Zusammenhänge zwi-schen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ent-wicklung und den Veränderungen der globalen Um-welt nicht nur auf die international vereinbarte undim UNCED-Folgeprozess bestätigte Zielsetzung ei-nes BSP-Anteils für Entwicklungszusammenarbeitvon 0,7% beschränkt, sondern deutlich darüber hin-ausgeht. Der Beirat bekräftigt daher seine Empfeh-lung, langfristig eine Erhöhung dieses Anteils auf 1%des BSP anzustreben.

Der Beirat warnt jedoch davor, diese Empfehlunglosgelöst von der Frage der Finanzierungsquellenund der Mittelverwendung zu betrachten. Geradedie neueste Diskussion um die Reform internationa-ler Organisationen zeigt, dass man solchen Forderun-gen nach mehr Geld immer skeptischer gegenüber-steht. Ökonomische Analysen politischer und büro-kratischer Verfahren weisen nach, dass in internatio-nalen Einrichtungen Ineffizienz, Neigung zurfortwährenden Expansion des Budgets und ein ho-hes Beharrungsvermögen trotz Wegfalls ursprüngli-cher Aufgaben existieren. Für die Finanzierung derglobalen Umwelt- und Entwicklungspolitik bedeutetdies, dass– Geberländer wenig Anreize erhalten, ihre Ausga-

ben für globale Umwelt- und Entwicklungspro-jekte zu erhöhen,

– selbst wenn es zu einer Erhöhung des verfügbaren

Mittelvolumens käme, fraglich ist, ob die zusätzli-chen Mittel auch die erwünschten Impulse zuGunsten der globalen Umwelt- und Entwick-lungspolitik auslösen.

In der im Folgenden dargestellten Strukturvision zurFinanzierung der globalen Umweltpolitik werdendrei Reformansätze dargestellt, die neben einer mög-lichen Erhöhung der verfügbaren Mittel vor allemeine Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzes er-warten lassen (Kap. E 3). Diese drei Ansätze bezie-hen sich auf eine Reorganisation der internen undexternen Kontrollstrukturen in multilateralen Ein-richtungen, die Erhebung von Nutzungsentgelten fürglobale Gemeinschaftsgüter und die Intensivierungder Einbindung einzelstaatlicher und privater Finan-zierungsmechanismen in den Gesamtkontext der Fi-nanzierung globaler Aufgaben.

F 4.1Steigerung der Effizienz multilateralerOrganisationen

Grundsätzlich geht der Beirat davon aus, dass auchzukünftig die direkte Finanzierung globaler Aufga-ben durch Zuweisungen aus den Staatshaushaltendas vorrangige Instrument im Bereich globaler Um-welt- und Entwicklungspolitik bilden wird. DiesesVorgehen bietet nicht zuletzt die Vorteile einer un-mittelbaren und regelmäßigen Kontrolle durch de-mokratische Einrichtungen auf nationaler Ebeneund eines fortwährenden Zwangs der geldverteilen-den Behörde, sich gegenüber diesen Einrichtungenzu rechtfertigen. Zahlreiche internationale Organisa-tionen sind angesichts eines intransparenten und we-nig effizienten Umgangs mit finanziellen Mitteln indas Blickfeld nationaler Parlamente in den OECD-Ländern geraten, die Bereitschaft zur finanziellenUnterstützung gerade der UN-Organisationennimmt ab. Umgekehrt weisen UN-Organisationen inden meisten Entwicklungsländern infolge der positi-ven Erfahrungen mit dem Leistungen der UN zumKapazitätsaufbau und den Abstimmungsverfahren,die jedem Land ungeachtet seiner wirtschaftlichen

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187Entgelte für die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter F 4.2

Stärke eine Stimme zuweisen, eine hohe Akzeptanzauf.

Der Beirat hat sich in Kap. E 3 ausführlich mit Be-stimmungsfaktoren und Voraussetzungen eines effi-zienten Mitteleinsatzes in multilateralen Organisa-tionen auseinander gesetzt (Kap. E 3.4.3). Die Dar-stellung zeigte, dass es kein idealtypisches institutio-nelles Design für einen effizienten Einsatz gibt, dasbei allen Umweltproblemen in gleicher Weise anzu-wenden wäre. Allerdings findet sich bei bestehendenmultilateralen Organisationen Reformbedarf, dereine Prüfung im Einzelfall erfordert, inwieweit– der Mitteleinsatz auf ein eng abgegrenztes Um-

weltproblem konzentriert werden kann oder viel-fältigen Wirkungsverflechtungen mit anderenUmweltproblemen Rechnung zu tragen ist,

– innerhalb der Organisation durch Revisionsvor-gänge Anreize zur Steigerung der Effizienz beider Aufgabenerfüllung ausgelöst werden,

– die externe Steuerung durch zusätzliche Kontroll-instanzen und veränderte Abstimmungsverfahrenverbessert werden kann,

– Effizienzdefizite im Empfängerland durch einenKapazitätsaufbau unter Einbindung lokaler Ini-tiativen überwunden werden können,

– der zeitlichen, strukturellen und räumlichen Di-mension des erforderlichen Anpassungsprozesseszur Bewältigung des jeweiligen globalen Umwelt-problems Rechnung getragen wird und

– die Organisation der Mittelverwendung an die Artder erforderlichen Umweltschutzmaßnahmen(von konkreten Projekten bis hin zu umfassendenvolkswirtschaftlichen Strukturreformen) ange-passt wird.

Die Vision eines Earth Funding enthält daher eineFortführung der Finanzierung globaler Umwelt-schutz- und Entwicklungsprojekte durch die beste-hende Vielfalt multilateraler Organisationen. Insbe-sondere gilt es, auf den positiven Erfahrungen mitReformen innerhalb der Weltbank und der GEF auf-zubauen. Allerdings empfiehlt der Beirat, den aufge-zeigten Reformbedarf in den einzelnen Organisatio-nen aufzugreifen, um sowohl die Bereitschaft zur Er-höhung der nationalen Zuweisungen zu steigern alsauch die Wirkungen der eingesetzten Finanzmittel zuerhöhen.

F 4.2Entgelte für die Nutzung globalerGemeinschaftsgüter

Entscheidend für einen sorgsamen Umgang mit na-türlichen Ressourcen ist vielfach die Verkopplungmit den Preismechanismen privater Märkte. DurchPreise wird Knappheit signalisiert, die die Bereit-

schaft zum sorgsamen Umgang mit den – auf dieseWeise „wert“vollen – Ressourcen erhöht. Dieser Me-chanismus stößt bei fehlenden Eigentumsrechten anGrenzen. Zahlreiche Umweltgüter wie z. B. der inter-nationale Luftraum, die Hohe See oder der Orbitstellen aufgrund des unbeschränkten Zugangs zu ih-rer Nutzung (open access) weltweite Gemeinschafts-güter dar, d. h. ohne eine gemeinschaftliche, welt-weite treuhänderische Verwaltung dieser Güter wür-den sie angesichts fehlender Möglichkeiten zur Er-hebung von Preisen für die exklusive Nutzungüberbeansprucht.

Für die Finanzierung globaler Umwelt- und Ent-wicklungspolitik bietet eine solche treuhänderischeVerwaltung die Chance, durch ein System von Nut-zungsentgelten einerseits die Knappheit der verfüg-baren Umweltressourcen zu verdeutlichen und da-mit Anreize zu schaffen, die Effizienz von Umwelt-nutzungen zu erhöhen, und andererseits finanzielleMittel zu erhalten, die gezielt dem Schutz globalerGemeinschaftsgüter zufließen (Kap. E 3.2.3). Im Sys-tem des Earth Funding bildet die Erhebung von Nut-zungsentgelten für globale Gemeinschaftsgüter einwichtiges Element, um unabhängiger von Zuweisun-gen durch Staatshaushalte Aufgaben der globalenUmwelt- und Entwicklungspolitik finanzieren zukönnen. Der Beirat weist in diesem Zusammenhangauf drei Aspekte hin, die für das Verständnis und dieAusgestaltung solcher Entgelte unabdingbar sind:• Die Entgelte dienen einem eindeutigen Zweck,

der unmittelbar an die Verfügbarkeit der globalenGemeinschaftsgüter anknüpft. Es handelt sich da-her um keine allgemeine Umweltabgabe.

• Die Entscheidung über Art, Höhe und Verwen-dung der Nutzungsentgelte ist an den Besonder-heiten jedes einzelnen globalen Gemeinschafts-guts zu orientieren. Vielfach kann auf bereits be-stehende (multilaterale oder private) Organisatio-nen zurückgegriffen werden. Zudem kann sich beibestimmten Gemeinschaftsgütern die Erzielungzusätzlicher Einnahmen auch als nicht realisierbarerweisen, jedoch können auch in diesen Fällendurch die Verteilung und den Handel einzelnerNutzungs- bzw. Emissionsrechte Effizienzimpulseerzielt werden.

• Die Treuhandeinrichtung ist einer fortwährendenKontrolle und Sanktionierung durch die Einzel-staaten bzw. von ihnen eingesetzter Regulierungs-instanzen zu unterwerfen.

Der Beirat sieht das Instrument der Nutzungsentgel-te daher als sinnvollen Schritt zur Ergänzung desbestehenden multilateralen Finanzierungsinstru-mentariums an, der durch seine Zweckbindung undunmittelbare Nutzungsorientierung vor allem die In-transparenz der bisherigen Mittelerhebung und -ver-wendung vermeidet.

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188 F Reformansätze und Vision einer Neustrukturierung: Die Earth Alliance

F 4.3Vernetzung mit nationalen und privatenFinanzierungsinstrumenten

In diesem Gutachten wurde bereits mehrfach auf diewachsende Bedeutung des privaten Sektors und in-novativer Finanzierungsinstrumente auf lokaler undnationaler Ebene hingewiesen sowie Effizienzpoten-ziale und Voraussetzungen einer verstärkten Akti-vierung privater Akteure und eines Ausbaus nicht-kommerzieller nationaler Umwelt- und Entwick-lungsfonds diskutiert (Kap. E 3.4.5). In seiner Visioneines Earth Funding (Kap. E 3) sieht der Beirat die-ses dezentrale Element als einen wichtigen Faktoran, um– den Kenntnissen von Akteuren über die Verhält-

nisse vor Ort und über die entsprechenden Hand-lungserfordernisse und -möglichkeiten im Einzel-fall Rechnung tragen zu können,

– die Effizienzvorteile einer dezentraleren und da-mit überschaubareren Struktur und eines erhöh-ten Drucks durch Wettbewerbsprozesse auf priva-ter Ebene und zwischen Standorten zu Gunstender globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik zunutzen,

– intrinsische Motivationen durch einen direkterenZugang zu Projekten der globalen Umwelt- undEntwicklungspolitik zu erhöhen.

Der Beirat empfiehlt die Schaffung geeigneter insti-tutioneller Rahmenbedingungen zur Aktivierungdes privaten Sektors und einer Stärkung nationalernichtkommerzieller Fonds, z. B. in Verbindung mitder weltweiten Entschuldungsinitiative, die im Rah-men des Weltwirtschaftsgipfels 1999 diskutiert wurde(Kap. E 3.2 und E 3.4.5). Im Gegensatz zu den erstenbeiden Reformbereichen – Reorganisation multila-teraler Einrichtungen und Einführung von Nut-zungsentgelten für globale Gemeinschaftsgüter –handelt es sich bei diesen Elementen nicht um Maß-nahmen, die weltweit konzertiert zu ergreifen sind,sondern als Folge der Veränderungen institutionellerRahmenbedingungen auf nationaler (ggf. bilateraler)Ebene entstehen. Das System des Earth Funding er-fordert in diesem Bereich geradezu den Wettbewerbvielfältiger einzelner innovativer Finanzierungslö-sungen, deren jeweiliger Effizienzbeitrag auch darü-ber entscheidet, inwieweit es zu Nachahmungen inanderen Ländern, Sektoren oder Problemfeldernkommt. Der Beirat empfiehlt daher zu prüfen, inwie-weit über die genannten Handlungsempfehlungenhinaus institutionelle Anreize entwickelt werdenkönnen, um auch international den Wettbewerb uminnovative Beiträge zur Finanzierung globaler Um-welt- und Entwicklungsprojekte zu forcieren.

Insgesamt setzt sich die Vision eines Earth Fun-ding zusammen aus der Weiterentwicklung beste-hender Organisationsformen und der Entwicklunginnovativer Finanzierungsinstrumente (vor allemNutzungsentgelte für globale Gemeinschaftsgüter).Der Beirat sieht dieses Zusammenwirken zugleichals Chance, um durch erste Reformschritte auch dieBereitschaft zu den heute noch vergleichsweise uto-pisch erscheinenden Finanzierungsvereinbarungenbei einzelnen globalen Gemeinschaftsgütern zu ge-langen. Allerdings betont er hierbei die Notwendig-keit, weniger den Aspekt der Einnahmenerzielungim Auge zu haben als vielmehr des effizienten Um-gangs mit verfügbaren finanziellen Mitteln.

F 4.4Momentum der Rio+10-Konferenz nutzen

Nach Ansicht des Beirats sollte diese Vision als Leit-bild für die dringend notwendige Reform der globa-len Umweltpolitik genutzt werden. Insbesonderesollte die Folgekonferenz des Erdgipfels von Rio deJaneiro (Rio+10-Konferenz) im Jahr 2002 zum An-lass genommen werden, Elemente dieser Strukturre-form auf den Weg zu bringen. Bereits 1997 hat sichdie deutsche Bundesregierung für die Einrichtung ei-ner internationalen Umweltorganisation ausgespro-chen, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chiraqfolgte ein Jahr später diesem Vorschlag. Im Juni 2000kündigte der französische Premierminister LionelJospin an, während der EU-Präsidentschaft Frank-reichs die Debatte um eine internationale Umwelt-organisation wieder aufzugreifen. Auch die interna-tionale Umweltministerkonferenz in Malmö hob denorganisatorischen Reformbedarf der globalen Um-weltpolitik hervor. Dieses günstige politische Klimasollte nach Ansicht des Beirats für eine Initiative,z. B. der EU, genutzt werden. Das vorliegende Gut-achten versteht sich als Anregung hierzu.

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Literatur G

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Glossar H

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AGENDA 21 ist das rechtlich nicht bindende Aktions-programm für eine nachhaltige Entwicklung, das1992 auf der ➥ Konferenz der Vereinten Nationenzu Umwelt und Entwicklung beschlossen wurde.Die AGENDA 21 umfasst 40 Kapitel.

Agenda setting bezeichnet das Hineinbringen einesThemas in die öffentliche oder politische Debatte.

Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT)wurde 1947 abgeschlossen. Ziel ist die Förderungdes freien Welthandels unter Nutzung komparati-ver Kostenvorteile. Die GATT-Regeln verlangenMeistbegünstigung gegenüber allen Vertragspart-nern, die rechtliche Gleichbehandlung von in- undausländischen Gütern, das Verbot von Mengenbe-schränkungen, Dumping und Exporthemmnissensowie das Prinzip der Gegenseitigkeit beim Ab-bau von Handelsbeschränkungen. Aus demGATT ging 1986 die ➥ Welthandelsorganisation(WTO) hervor.

Brundtland-Bericht wurde 1987 von der World Com-mission on Environment and Development unterLeitung der norwegischen MinisterpräsidentinGro Harlem Brundtland vorgelegt. Der Bericht„Our Common Future“ betonte die wechselseiti-ge Abhängigkeit von Umwelt und Entwicklungund führte den Begriff der ➥ nachhaltigen Ent-wicklung (sustainable development) ein.

Biodiversitätskonvention (CBD) (oder „Überein-kommen über die biologische Vielfalt“) ist daszentrale und maßgebliche internationale Regel-werk für die Biosphäre. Sie wurde 1992 auf der➥ UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklunggezeichnet und trat 1993 in Kraft. Die Vertrags-staaten der CBD verpflichten sich zur Erhaltungder biologischen Vielfalt, zu einer nachhaltigenNutzung ihrer Bestandteile und zu einem ausge-wogenen Ausgleich für die sich aus der Nutzunggenetischer Ressourcen ergebenden Vorteile. ImJanuar 2000 wurde das „Protokoll von Cartagenaüber biologische Sicherheit“ verabschiedet.

Debt swaps bezeichnen den „Tausch“ von Schulden-titeln (in der Regel der Entwicklungsländer) ge-gen Leistungen, etwa einer bestimmten Umwelt-politik (debt for nature swaps) oder einer be-stimmten Ernährungssicherungspolitik (debt forfood security swaps). In welcher Form die Trans-aktionen erfolgen, hängt von der Art der Schuldenab. Bei Schulden gegenüber ausländischen Ban-ken eröffnen beispielsweise die debt for natureswaps Möglichkeiten, gleichzeitig Erfolge gegendie Schuldenkrise und für den Umweltschutz zuerzielen.

Desertifikationskonvention (UNCCD) (oder „Über-einkommen der Vereinten Nationen zur Bekämp-fung der Wüstenbildung in den von Dürreund/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Län-

dern, insbesondere in Afrika“) dient dem Schutzder Böden in Trockengebieten und der Bekämp-fung von Dürrefolgen. Die UNCCD wurde 1992auf der ➥ UNCED-Konferenz beschlossen undtrat 1996 in Kraft. Die UNCCD deckt, da sie sichauf aride, semiaride und subhumide Gebiete be-schränkt, nur einen Teil der globalen Bodenzer-störung ab. Sie entstand unter dem Eindruck dergroßen Dürren im Sahel und dem gescheitertenAktionsplan zur Desertifikationsbekämpfung von1977. Dadurch hat die UNCCD einen ausdrückli-chen Armutsbezug und setzt sich in dieser Hin-sicht von den beiden anderen Rio-Konventionenzu Klima und biologischer Vielfalt ab.

ECOSOC ➥ Wirtschafts- und Sozialrat der UNEntwicklungsprogramm der Vereinten Nationen

(UNDP) wurde 1965 gegründet und ist das zentra-le Finanzierungs-, Koordinierungs- und Steue-rungsgremium für die operativen entwicklungspo-litischen Aufgaben der Vereinten Nationen. In 132Ländern ist UNDP mit einem Regionalbüro ver-treten. Die thematischen Schwerpunkte des Pro-gramms liegen in den Bereichen Armutsbekämp-fung, Geschlechterfragen, gute Regierungsfüh-rung und Umweltschutz.

Global governance ist ein in Politik wie Politikwis-senschaft zunehmend gebrauchter Begriff, für denes gleichwohl noch keine abschließende und ein-vernehmliche Definition gibt; teils wird der Be-griff normativ, teils analytisch gebraucht. Oft wirdmit global governance die These umschrieben,dass die starke Zunahme internationaler Institu-tionen in den letzten Jahrzehnten zu einer neuenQualität geführt hat, die über das traditionelleVerständnis einer Politik zwischen Staaten hinaus-geht. Global governance ist jedenfalls nicht gleich-zusetzen mit einer Form von Weltregierung. Esgibt – mit jeweils anderer Konnotation – mehreredeutsche Entsprechungen des Begriffs: Weltord-nungspolitik oder globale Strukturpolitik.

Globale Gemeinschaftsgüter sind Umweltgüter wiedie Hohe See, die Erdatmosphäre oder der Orbit,die allgemein zugänglich sind und für die keineEigentums- oder besonderen Souveränitätsrechtebestehen.

Globale Umweltfazilität (GEF) ist ein multilateralerFinanzierungsmechanismus, der 1991 gegründetwurde. Die GEF wird gemeinsam betrieben von➥ UNDP, ➥ UNEP und der ➥ Weltbank. Sie stelltEntwicklungsländern und den Transformations-ländern Osteuropas Gelder in Form von Zuschüs-sen oder stark verbilligten Krediten für Projekteund Maßnahmen zur Verfügung, die dem globalenUmweltschutz dienen. Schwerpunkte sind Klima-schutz, Erhalt der Artenvielfalt, Schutz der Ozon-schicht und Schutz internationaler Gewässer.

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206 H Glossar

Maßnahmen zum Schutz der Böden in Trockenge-bieten und der Wälder werden ebenfalls unter-stützt, wenn sie Bezug zu einem der vier Schwer-punkte haben.

Globaler Wandel bezeichnet die Verschränkung vonglobalen Umweltveränderungen, ökonomischerGlobalisierung, kultureller Transformation und ei-nem wachsenden Nord-Süd-Gefälle.

Globales Beziehungsgeflecht bezeichnet im ➥ Syn-dromkonzept ein qualitatives Netzwerk aus den➥ Trends des Globalen Wandels und ihren Wech-selwirkungen. Das ➥ Globale Beziehungsgeflechtbietet eine hochaggregierte, auf einzelne Phäno-mene bezogene Systembeschreibung des ➥ Glo-balen Wandels.

Gruppe der 77 und China (G-77 and China) ist ein1964 gegründeter lockerer Zusammenschluss voninzwischen 132 Entwicklungsländern (1999). DieG-77 und China treten auf internationalen Ver-handlungen oft als gemeinsame Interessengruppeauf.

Institutionen sind gemeinschaftliche Einrichtungen,mit denen gesellschaftliche Akteure ihre Bezie-hungen regeln. Sie reichen von dem Gewaltverbotder Vereinten Nationen bis zur Institution derEhe. In der internationalen Politik werden diezentralen Institutionen dabei als „internationaleRegime“ bezeichnet, womit Regelwerke von ge-meinsamen Grundsätzen, Normen und Entschei-dungsverfahren zwischen internationalen Akteu-ren (meist: Staaten) gefasst werden. Beispielswei-se ist das Klimaregime eine Institution, die dasVerhalten seiner Parteien mit Blick auf den Kli-maschutz regelt und ihnen gewisse Pflichten auf-erlegt.

Internationale Regime sind Regelwerke von implizi-ten oder expliziten Prinzipien, Normen und Ent-scheidungsprozessen, in denen die Erwartungenvon Akteuren – meist von Staaten – in einem Be-reich der internationalen Beziehungen zusam-menlaufen. Die ➥ Klimarahmenkonvention ist z.B. ein solches Regime.

Internationaler Währungsfonds (IWF) wurde 1945im Gefolge des Abkommens von Bretton Woods(1944) geschaffen, um Finanzierungsmittel zur Si-cherung der Funktionsweise des bereits seit nahe-zu drei Jahrzehnten abgelösten Systems stabilerWechselkurse zur Verfügung zu stellen. Die Staa-ten zahlen als Mitglieder des IWF einen Beitrag inForm von Sonderziehungsrechten, die für zins-günstige und teilweise nur begrenzt rückzahlbareKredite und Darlehen zur Überwindung kurzfris-tiger Liquiditätsengpässe bzw. zur Unterstützungstruktureller Finanzreformen eingesetzt werden.

Kernprobleme des Globalen Wandels sind im ➥ Syn-dromkonzept die zentralen Phänomene des➥ Globalen Wandels. Sie erscheinen dort entwe-der als besonders herausragende Trends des Glo-balen Wandels, wie etwa der anthropogene Klima-wandel, oder sie bestehen aus mehreren zusam-menhängenden Trends. Ein solcher „Megatrend“ist beispielsweise das Kernproblem „Bodendegra-dation“, das sich aus mehreren Trends wie Ero-sion, Versalzung, Kontamination usw. zusammen-setzt.

Klimarahmenkonvention (UNFCCC) (oder „Rah-menübereinkommen über Klimaänderungen“)wurde 1992 beschlossen und trat 1994 in Kraft.Das Hauptziel der Konvention ist die Stabilisie-rung der Treibhausgaskonzentrationen in der At-mosphäre auf einem Niveau, das eine gefährlicheanthropogene Störung des Klimasystems verhin-dert. Ein solches Niveau sollte innerhalb einesZeitraums erreicht werden, in dem sich die Öko-systeme auf natürliche Weise den Klimaänderun-gen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeu-gung nicht bedroht wird und die wirtschaftlicheEntwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführtwerden kann. Im 1997 verabschiedeten Kioto-Protokoll wurden verbindliche Reduzierungender Treibhausgasemissionen vereinbart.

Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) isteine Kommission des ➥ ECOSOC und wurde1992 als zentrales Forum für den Rio-Folgepro-zess eingesetzt. Sie überwacht und unterstützt dieUmsetzung der ➥ AGENDA 21. An der jährlich ta-genden CSD nehmen neben Regierungen undinternationalen Organisationen auch mehr als1.000 Nichtregierungsorganisationen teil.

Konferenz der UN zu Handel und Entwicklung(„Welthandelskonferenz“, UNCTAD) ist seit1964 ein ständiges Organ der Generalversamm-lung und dieser unmittelbar verantwortlich. Zieleund Aufgaben der UNCTAD sind die Förderungdes internationalen Handels, die Festlegung vonGrundsätzen für die internationalen Handelsbe-ziehungen und der Abschluss rechtsverbindlicherHandelsvereinbarungen. Im Mittelpunkt stehendie Beziehungen zwischen Handel, wirtschaftli-cher Entwicklung und internationaler Wirt-schaftshilfe. UNCTAD wirkte maßgeblich bei derDiskussion um einer neue Weltwirtschaftsord-nung in den 70er Jahren mit.

Konvention bezeichnet im nichtjuristischen Sprach-gebrauch oft einen völkerrechtlichen Vertrag vonbesonderer Bedeutung oder Reichweite. Das Wie-ner Übereinkommen über das Recht der Verträgeunterscheidet jedoch nicht zwischen verschiede-nen Formen von Verträgen und gewährt „Konven-tionen“ keinen Sonderstatus. In der deutschen ju-

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207Glossar H

ristischen Fachsprache wird der englische Begriff„convention“ in der Regel mit dem Begriff „Über-einkommen“ übersetzt.

Leitplanken grenzen im ➥ Syndromkonzept denEntwicklungsraum des Mensch-Umwelt-Systemsvon den Bereichen ab, die unerwünschte oder garkatastrophale Entwicklungen repräsentieren unddie daher vermieden werden müssen. NachhaltigeEntwicklungspfade verlaufen innerhalb des durchdiese Leitplanken definierten Gebiets.

Mehrkosten oder Zusatzkosten (incremental costs)sind Kosten, die Staaten bei der Umsetzung vonUmweltschutzmaßnahmen zusätzlich zu ihren re-gulären Ausgaben ausschließlich im globalen Inte-resse entstehen (z. B. Klimaschutz). Die Industrie-länder haben sich in den Verträgen zu Ozon, Kli-ma und Biodiversität zur Erstattung der vollenvereinbarten Mehrkosten der Entwicklungslän-der bei der Umsetzung dieser Verträge verpflich-tet. Zur Umsetzung dienen der Montrealer Ozon-fonds und die ➥ GEF.

Nachhaltige Entwicklung (oder „zukunftsfähigeEntwicklung“, „dauerhaft-umweltverträglicheEntwicklung“, „sustainable development“) wirdmeist als ein umwelt- und entwicklungspolitischesKonzept verstanden, das durch den ➥ Brundt-land-Bericht formuliert und auf der ➥ UN-Konfe-renz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Riode Janeiro weiterentwickelt wurde. Demokrati-sche Entscheidungs- und Umsetzungsprozessesollen dabei eine ökologisch, ökonomisch und so-zial dauerhafte Entwicklung fördern und die Be-dürfnisse zukünftiger Generationen berücksichti-gen.

Official Development Assistance (ODA) umfasst al-le Mittelzuflüsse von staatlichen Stellen an Ent-wicklungsländer und multilaterale Organisatio-nen für die Verbesserung von Lebensbedingun-gen.

Organisationen sind administrative Einheiten mit ei-genem Budget, Personalbestand und Briefkopf.Das Klimasekretariat in Bonn gleicht einer klei-nen internationalen Organisation, während dasKlimaregime eine ➥ Institution ist.

Rio+10-Konferenz ist die Folgekonferenz zehn Jahrenach der ➥ UNCED im Jahr 2002. Hier wird eineerste Bilanz über die bisherigen Wirkungen derVereinbarungen gezogen werden. Auch institutio-nelle Reformen globaler Umwelt- und Entwick-lungspolitik stehen auf der Tagesordnung.

Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sinddas Ergebnis der funktionalen Spezialisierung in-nerhalb des UN-Systems, mit der „Organisationder Vereinten Nationen“ (UNO) als Zentrum in-mitten einer Gruppe von unabhängigen UN-Son-derorganisationen für besondere Politikbereiche,

wie etwa für Ernährung und Landwirtschaft(FAO, seit 1945), Bildung, Wissenschaft und Kul-tur (UNESCO, seit 1945), Gesundheit (WHO,1946), Luftverkehr (ICAO, 1944) oder Meteorolo-gie (WMO, 1947). Die meisten Sonderorganisatio-nen sind nahezu zeitgleich mit der UNO gegrün-det worden, weil die Regierungen damals befürch-teten, dass die Überfülle von Aufgaben die UNOüberfordern würde. Gleichwohl sind alle UN-Son-derorganisationen eng mit der UN verbunden,insbesondere mit dessen ➥ ECOSOC.

Syndrome des Globalen Wandels bezeichnen Mustervon krisenhaften Beziehungen zwischen Menschund Umwelt in einem abgesteckten Raum. Es sindcharakteristische, global relevante Konstellatio-nen natürlicher und anthropogener Trends desGlobalen Wandels sowie der Wechselwirkungenzwischen ihnen. Jedes Syndrom ist, in Analogiezur Medizin, ein „globales Krankheitsbild“; esstellt einen anthropogenen Ursache-Wirkungs-Komplex mit spezifischen Umweltbelastungendar und bildet somit ein eigenständiges Musterder Umweltdegradation. Syndrome greifen übereinzelne Sektoren wie Wirtschaft, Biosphäre oderBevölkerung hinaus, aber auch über einzelne Um-weltmedien wie Boden,Wasser oder Luft. Syndro-me haben immer einen direkten oder indirektenräumlichen Bezug zu Naturressourcen. Ein Syn-drom lässt sich in der Regel in mehreren Regio-nen der Welt unterschiedlich stark ausgeprägtidentifizieren. In einer Region können mehrereSyndrome gleichzeitig auftreten.

Syndromkonzept ist ein vom Beirat entwickeltes wis-senschaftliches Konzept zur transdisziplinärenBeschreibung und Analyse des ➥ Globalen Wan-dels.Wesentliche Elemente des Syndromkonzeptssind neben den Syndromen das ➥ Globale Bezie-hungsgeflecht, bestehend aus ➥ Trends und ihrenWechselwirkungen, und die ➥ Leitplanken.

Trends des Globalen Wandels sind im Syndromkon-zept Phänomene in Gesellschaft und Natur, diefür den ➥ Globalen Wandel relevant sind und ihncharakterisieren. Es handelt sich dabei um verän-derliche oder prozesshafte Größen, die qualitativbestimmbar sind, wie etwa die Trends „Bevölke-rungswachstum“, „verstärkter Treibhauseffekt“,„wachsendes Umweltbewusstsein“ oder „medizi-nischer Fortschritt“.

Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP)wurde 1972 durch einen Beschluss der UN-Um-weltkonferenz in Stockholm gegründet. Ziele sinddie Unterstützung nationaler Aktivitäten und re-gionaler Zusammenarbeit im Umwelt- und Natur-schutz sowie die Entwicklung, Bewertung undÜberwachung des internationalen Umwelt- undNaturschutzrechts.Aktivitäten des UNEP sind die

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208 H Glossar

Beherbergung und Koordination verschiedenerKonventionssekretariate, die Erstellung von Da-tenbanken und Umweltlageberichten (Global En-vironment Outlook – GEO), die Beratung vonRegierungen sowie die Finanzierung von Weiter-bildungs- und Regionalprogrammen.

UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung oder„Erdgipfel“ (UNCED) fand 1992 in Rio de Janei-ro statt und war nach Stockholm 1972 die 2. Welt-umweltkonferenz. Auf der UNCED wurde die➥ AGENDA 21 verabschiedet.

Verfahren der „schweigenden Zustimmung“ werdenals Abstimmungsverfahren z. B. beim MontrealerProtokoll für Anlagen zum Protokoll oder derenÄnderung angewendet. Sie erlangen durch Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschluss auch für Staaten, dienicht zugestimmt haben, Bindungswirkung. Letz-tere haben allerdings die Möglichkeit der aus-drücklichen, schriftlichen Ablehnung innerhalbeiner Frist (tacit-acceptance-Verfahren). Ände-rungen des Protokolls insgesamt bedürfen jeweilsder Ratifikation, um Bindungswirkung zu entfal-ten.

Weltbank-Gruppe ist eine internationale Organisa-tion, die mit den Vereinten Nationen durch Son-derabkommen lose verknüpft ist. Die Weltbankwurde 1944 gegründet und ist heute die größte Fi-nanzquelle der Entwicklungsunterstützung. DieBank hat zum Ziel, in den Entwicklungsländerndie Armut zu verringern. Sie gewährt Darlehenund leistet politische Beratung, technische Unter-stützung sowie zunehmend Dienste für den Wis-sensaustausch. Die Weltbankgruppe besteht ausfünf eng miteinander verbundenen Institutionen.Die Mittelvergabe konzentriert sich auf Gesund-heit und Ausbildung, Umweltschutz, Unterstüt-zung privater Wirtschaftsentwicklung, Verstär-kung der Fähigkeit von Regierungen zu effizien-ten und transparenten Dienstleistungen, Unter-stützung von Reformen zur Erreichung stabilerWirtschaftsverhältnisse sowie soziale Entwick-lung und Armutsbekämpfung.

Welthandelsorganisation (WTO) entstand 1986 imRahmen der Uruguay-Runde des ➥ AllgemeinenZoll- und Handelsabkommens (GATT). Ihr Zielist eine weltweite Handelsliberalisierung durchPrinzipien wie die Meistbegünstigung, die Inlän-derbehandlung, das Verbot mengenmäßiger Be-schränkungen und generell die Verhinderung ei-ner Diskriminierung von Handelspartnern. Seitdem gescheiterten Versuch der EuropäischenUnion in Seattle 1999, eine „Millenniumsrunde“ins Leben zu rufen, wird verstärkt die Beachtungumweltpolitischer Standards durch die WTO ge-fordert.

Wissenschaftliche Ausschüsse und Nebenorgane derVertragsstaatenkonferenzen haben die Aufgabe,auf spezifische Anfragen der Vertragsstaatenkon-ferenz wissenschaftliche Expertisen anzuregenund auszuwerten. Die Ergebnisse dieser Experti-sen müssen daraufhin in Beschlussvorlagen ge-bündelt werden. Für die ➥ Klimarahmenkonven-tion gibt es das Nebenorgan für wissenschaftlicheund technologische Beratung (SBSTA), für die ➥ Desertifikationskonvention den Ausschuss fürWissenschaft und Technologie (CST) und für die➥ Biodiversitätskonvention das Nebenorgan fürwissenschaftliche, technische und technologischeBeratung (SBSTTA). Diese sind als nachgeordne-te, weisungsgebundene Gremien der Vertragsstaa-tenkonferenz eng in deren Arbeitsprogramm ein-gebunden.

Wirtschafts- und Sozialrat der UN (ECOSOC) ist ei-nes der sechs Hauptorgane der UN mit der Aufga-be, die wirtschafts- und sozialpolitischen UN-Ak-tivitäten zu koordinieren und Berichte über diesoziale Lage der Welt vorzulegen.

Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderun-gen (IPCC) wurde 1988 gegründet und ist einerder einflussreichsten internationalen Wissen-schaftsinstitutionen für die Klimapolitik. DasIPCC legte 1990 einen Konventionsentwurf alsGrundlage der Verhandlungen zum Klimaschutzvor und veröffentlicht in regelmäßigen AbständenStatusberichte zum globalen Klimawandel.

Zwischenstaatliches Wälderforum (IFF) wurde 1997von der Sondergeneralversammlung der Verein-ten Nationen eingesetzt, um die Elemente für ei-nen völkerrechtsverbindlichen Wälderschutz zuerarbeiten.

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Der Wissenschaftliche Beirat derBundesregierung GlobaleUmweltveränderungen

I

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211Der Beirat I

Der BeiratDer Wissenschaftliche Beirat der BundesregierungGlobale Umweltveränderungen (WBGU) wurde1992 von der Bundesregierung als unabhängiges Be-ratergremium eingerichtet und verfügt über eine Ge-schäftsstelle am Alfred-Wegener-Institut für Polar-und Meeresforschung in Bremerhaven*. Der Beiratist direkt der Bundesregierung zugeordnet und wirdim 2-Jahres-Rhythmus abwechselnd vom Bundesmi-nisterium für Bildung, Wissenschaft, Forschung undTechnologie (BMBF) und vom Bundesministeriumfür Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit(BMU) federführend betreut. Außerdem begleitetein Interministerieller Ausschuss (IMA) aus allenMinisterien und dem Bundeskanzleramt die Arbeitdes Beirats.

Einmal jährlich übergibt das Expertengremiumdem Bundeskabinett ein Gutachten mit Handlungs-und Forschungsempfehlungen zur Bewältigung glo-baler Umwelt- und Entwicklungsprobleme. In Son-dergutachten nimmt der Beirat auch zu aktuellenAnlässen Stellung, wie beispielsweise den Klimakon-ferenzen in Berlin 1995 oder Kioto 1997.

Die Hauptaufgabe des interdisziplinär besetztenBeirats ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse aus al-len Bereichen des Globalen Wandels auszuwertenund daraus politische Handlungsempfehlungen füreine nachhaltige Entwicklung abzuleiten. Aufgabedes Beirats ist es,• globale Umwelt- und Entwicklungsprobleme zu

analysieren und darüber zu berichten,• nationale und internationale Forschungen auf

dem Gebiet des Globalen Wandels auszuwerten,• auf neue Problemfelder frühzeitig hinzuweisen,• Forschungsdefizite aufzuzeigen,• Impulse für die interdisziplinäre und anwen-

dungsorientierte Forschung zum Globalen Wan-del zu geben,

• nationale und internationale Politik zur Umset-zung einer nachhaltigen Entwicklung zu beobach-ten und zu bewerten sowie

• Handlungs- und Forschungsempfehlungen für Po-litik und Öffentlichkeit zu erarbeiten und zu ver-breiten.

BeiratsmitgliederProf. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber, Potsdam (Vorsitzender)Prof. Dr. Dr. Juliane Kokott, St. Gallen(Stellvertretende Vorsitzende)Prof. Dr. Friedrich O. Beese, GöttingenProf. Dr. Klaus Fraedrich, HamburgProf. Dr. Paul Klemmer, EssenProf. Dr. Lenelis Kruse-Graumann, HagenProf. Dr. Christine Neumann, GöttingenProf. Dr. Ortwin Renn, StuttgartProf. Dr. Ernst-Detlef Schulze, JenaProf. Dr. Max Tilzer, KonstanzProf. Dr. Paul Velsinger, DortmundProf. Dr. Horst Zimmermann, Marburg

Assistentinnen und Assistenten der BeiratsmitgliederDr. Arthur Block, PotsdamDr. Astrid Bracher, BremerhavenDipl.-Geogr. Gerald Busch, GöttingenDipl.-Psych. Swantje Eigner, HagenReferendar-jur. Cosima Erben, HeidelbergDipl.-Ing. Mark Fleischhauer, DortmundDr. Dirk Hilmes, GöttingenAndreas Klinke, M.A., StuttgartDipl.-Geogr. Jacques Léonardi, HamburgDipl.-Volksw. Thilo Pahl, MarburgDipl.-Geoökol. Christiane Ploetz, BayreuthReferendar-jur. Kaija Seiler, Heidelberg Dr. Rüdiger Wink, Bochum

Geschäftsstelle des Wissenschaftlichen Beirats, Bremerhaven* Prof. Dr. Meinhard Schulz-Baldes(Geschäftsführer)Dr. Carsten Loose(Stellvertretender Geschäftsführer)Dr. Frank Biermann, LL.M.Dr. Georg HeissVesna Karic-FazlicUrsula LiebertDr. Benno PilardeauxMartina Schneider-Kremer, M.A.

* Geschäftsstelle WBGU Alfred-Wegener-Institut für Polar- und MeeresforschungPostfach 12 01 61D-27515 BremerhavenTel. 0471-4831-1723Fax: 0471-4831-1218Email: [email protected]: http://www.WBGU.de/

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212 I Der Beirat

Gemeinsamer Erlaß zur Errichtung desWissenschaftlichen Beirats GlobaleUmweltveränderungen (8. April 1992)

§ 1Zur periodischen Begutachtung der globalen Um-

weltveränderungen und ihrer Folgen und zur Er-leichterung der Urteilsbildung bei allen umweltpoli-tisch verantwortlichen Instanzen sowie in derÖffentlichkeit wird ein wissenschaftlicher Beirat„Globale Umweltveränderungen“ bei der Bundesre-gierung gebildet.

§ 2(1) Der Beirat legt der Bundesregierung jährlich

zum 1. Juni ein Gutachten vor, in dem zur Lage derglobalen Umweltveränderungen und ihrer Folgeneine aktualisierte Situationsbeschreibung gegeben,Art und Umfang möglicher Veränderungen darge-stellt und eine Analyse der neuesten Forschungser-gebnisse vorgenommen werden. Darüberhinaus sol-len Hinweise zur Vermeidung von Fehlentwicklun-gen und deren Beseitigung gegeben werden. DasGutachten wird vom Beirat veröffentlicht.

(2) Der Beirat gibt während der Abfassung seinerGutachten der Bundesregierung Gelegenheit, zu we-sentlichen sich aus diesem Auftrag ergebenden Fra-gen Stellung zu nehmen.

(3) Die Bundesregierung kann den Beirat mit derErstattung von Sondergutachten und Stellungnah-men beauftragen.

§ 3(1) Der Beirat besteht aus bis zu zwölf Mitglie-

dern, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungim Hinblick auf die Aufgaben des Beirats verfügenmüssen.

(2) Die Mitglieder des Beirats werden gemein-sam von den federführenden Bundesminister fürForschung und Technologie und Bundesminister fürUmwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Ein-vernehmen mit den beteiligten Ressorts für die Dau-er von vier Jahren berufen. Wiederberufung ist mög-lich.

(3) Die Mitglieder können jederzeit schriftlich ihrAusscheiden aus dem Beirat erklären.

(4) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so wird einneues Mitglied für die Dauer der Amtszeit des aus-geschiedenen Mitglieds berufen.

§ 4(1) Der Beirat ist nur an den durch diesen Erlaß

begründeten Auftrag gebunden und in seiner Tätig-keit unabhängig.

(2) Die Mitglieder des Beirats dürfen weder derRegierung noch einer gesetzgebenden Körperschaftdes Bundes oder eines Landes noch dem öffentlichenDienst des Bundes, eines Landes oder einer sonsti-gen juristischen Person des Öffentlichen Rechts, essei denn als Hochschullehrer oder als Mitarbeiter ei-nes wissenschaftlichen Instituts, angehören. Sie dür-fen ferner nicht Repräsentant eines Wirtschaftsver-bandes oder einer Organisation der Arbeitgeberoder Arbeitnehmer sein, oder zu diesen in einemständigen Dienst- oder Geschäftbesorgungsverhält-nis stehen. Sie dürfen auch nicht während des letztenJahres vor der Berufung zum Mitglied des Beiratseine derartige Stellung innegehabt haben.

§ 5(1) Der Beirat wählt in geheimer Wahl aus seiner

Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertreten-den Vorsitzenden für die Dauer von vier Jahren.Wie-derwahl ist möglich.

(2) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.Sie bedarf der Genehmigung der beiden feder-führenden Bundesministerien.

(3) Vertritt eine Minderheit bei der Abfassungder Gutachten zu einzelnen Fragen eine abweichen-de Auffassung, so hat sie die Möglichkeit, diese in denGutachten zum Ausdruck zu bringen.

§ 6Der Beirat wird bei der Durchführung seiner Ar-

beit von einer Geschäftsstelle unterstützt, die zu-nächst bei dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) inBremerhaven angesiedelt wird.

§ 7Die Mitglieder des Beirats und die Angehörigen

der Geschäftsstelle sind zur Verschwiegenheit überdie Beratung und die vom Beirat als vertraulich be-zeichneten Beratungsunterlagen verpflichtet. DiePflicht zur Verschwiegenheit bezieht sich auch aufInformationen, die dem Beirat gegeben und als ver-traulich bezeichnet werden.

§ 8(1) Die Mitglieder des Beirats erhalten eine pau-

schale Entschädigung sowie Ersatz ihrer Reiseko-sten. Die Höhe der Entschädigung wird von den bei-den federführenden Bundesministerien im Einver-nehmen mit dem Bundesminister der Finanzen fest-gesetzt.

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213Der Beirat I

(2) Die Kosten des Beirats und seiner Geschäfts-stelle tragen die beiden federführenden Bundesmini-sterien anteilig je zur Hälfte.

Dr. Heinz RiesenhuberBundesminister für Forschung und Technologie

Prof. Dr. Klaus TöpferBundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reak-torsicherheit

Anlage zum Mandat des Beirats

Erläuterung zur Aufgabenstellung des Beiratsgemäß § 2 Abs. 1

Zu den Aufgaben des Beirats gehören:1. Zusammenfassende, kontinuierliche Berichter-

stattung von aktuellen und akuten Problemen imBereich der globalen Umweltveränderungen undihrer Folgen, z.B. auf den Gebieten Klimaverän-derungen, Ozonabbau,Tropenwälder und sensibleterrestrische Ökosysteme, aquatische Ökosyste-me und Kryosphäre, Artenvielfalt, sozioökonomi-sche Folgen globaler Umweltveränderungen.In die Betrachtung sind die natürlichen und dieanthropogenen Ursachen (Industrialisierung,Landwirtschaft, Übervölkerung, Verstädterungetc.) einzubeziehen, wobei insbesondere dieRückkopplungseffekte zu berücksichtigen sind(zur Vermeidung von unerwünschten Reaktionenauf durchgeführte Maßnahmen).

2. Beobachtung und Bewertung der nationalen undinternationalen Forschungsaktivitäten auf demGebiet der globalen Umweltveränderungen (ins-besondere Meßprogramme, Datennutzung und -management etc.).

3. Aufzeigen von Forschungsdefiziten und Koordi-nierungsbedarf.

4. Hinweise zur Vermeidung von Fehlentwicklungenund deren Beseitigung.

Bei der Berichterstattung des Beirats sind auchethische Aspekte der globalen Umweltveränderun-gen zu berücksichtigen.

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Index J

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217Index J

AAbstimmungsverfahren 73, 83, 87, 141, 167, 170, 181, 184Afrika 24, 54, 59, 80, 84, 108AGENDA 21 65, 79, 107, 108, 127-128, 148, 163, 166

– LOKALE AGENDA 21 73, 105Agenda setting 73, 75, 89Akteure 21, 40, 50, 73, 78, 83, 88, 91, 140, 144, 145, 150, 161,

164, 169, 185Aktionsplan; s. AktionsprogrammeAktionsprogramme 42, 45, 66, 79, 85, 96, 101, 103Allgemeines Zoll- und Handelsabkommens (GATT) 114,

118, 144Alliance of Small Island States (AOSIS); s. Allianz kleiner

InselstaatenAllianz kleiner Inselstaaten (AOSIS) 78Anreizsysteme; s. Ökonomische AnreizeARGE-Arbeitsgemeinschaft Neue Bundeslotterie für

Umwelt und Entwicklung 163Armut 43, 46, 55, 60, 67, 114Armutsbekämpfung 65, 101, 127Asien 42, 44, 54, 124, 126Association of South East Asian Nations (ASEAN); s.

Bündnis südostasiatischer StaatenAusgleichszahlungen 41Ausschließliche Wirtschaftszonen (EEZ) 86, 115, 156, 157Ausschuss für Risikobewertung (RAP) 135, 180Ausschuss für Wissenschaft und Technologie der Desertifi-

kationskonvention (CST) 66, 135

BBeratung; s. PolitikberatungBerichtsverfahren; s. auch Erfüllungskontrolle 36Bevölkerungswachstum 55, 61Bildung 50, 105-108

– Bewusstseinsbildung 105-109, 164Bildungspolitik 73, 105Biodiversität; s. biologische VielfaltBiodiversitätskonvention; s. Übereinkommen über die

biologische Vielfalt (CBD)Biodiversitätsverlust 37-38, 51, 56, 87, 93Biologische Vielfalt 37-38, 41-42, 58, 86, 157Biosphärenschutzpolitik 73, 136Böden 42, 44, 46, 78, 79, 80, 98

– Degradation 42, 59, 79Bodenkonvention; s. Übereinkommen der Vereinten Na-

tionen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den vonDürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Län-dern, insbesondere in Afrika (UNCCD)

Bodenschutz 59, 69, 78, 102Bodenschutzpolitik 73, 79, 98Brundtland-Kommission 76, 133, 150, 179Bruttoinlandsprodukt (BIP) 13Bruttosozialprodukt (BSP) 98Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak-

torsicherheit (BMU) 79

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung (BMZ) 168

Bündnis südostasiatischer Staaten (ASEAN) 7Büro der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Wüs-

tenbildung und Dürre (UNSO) 127Büro der Vereinten Nationen für Projektdienste

(UNOPS) 128

CCenters for Disease Control and Prevention (CDC) 50Chemikalien 28-30Clean Development Mechanism (CDM); s. Mechanismus

für eine umweltverträgliche EntwicklungClearing House Mechanism (CHM); s. Clearing-House-

MechanismusClearing-House-Mechanismus (CHM) 42, 65Co-ordinating Committee on the Ozone Layer (CCOL); s.

Koordinierungsausschuss für die OzonschichtCommission on Sustainable Development (CSD); s. Kom-

mission für nachhaltige EntwicklungCommittee on Science and Technology (CST); s. Aus-

schuss für Wissenschaft und Technologie der Desertifika-tionskonvention

Conference of the Parties (COP); s. Vertragsstaatenkonfe-renzen

Convention on Biological Diversity (CBD); s. Überein-kommen über die biologische Vielfalt

Convention on International Trade in Endangered Speciesof Wild Fauna and Flora (CITES); s. Washingtoner Ar-tenschutzübereinkommen

DDesertifikation; s. auch Böden 24, 42, 59, 66Desertifikationskonvention; s. Übereinkommen der Ver-

einten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung inden von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betrof-fenen Ländern, insbesondere in Afrika (UNCCD)

Determinantensystem 167-169, 174Disparitäten 46, 51, 153Dürren; s. auch Desertifikation 42, 58-59, 79-80

EEarth Alliance 18, 174, 177

– Earth Assessment 18, 134, 136, 177– Earth Funding 18, 177, 187– Earth Organization 18, 177, 183

Earth Commission; s. Erd-RatEconomic and Social Council (ECOSOC); s. Wirtschafts-

und Sozialrat der Vereinten NationenEconomic Commission of Europe (ECE); s. Wirtschafts-

kommission für EuropaEmissionen 24-25, 51, 84, 154

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218 J Index

– CO2-Emissionen 76, 155– Emissionsminderung 25– Emissionsrechte; s. Nutzungsrechte

Entscheidungsverfahren; s. AbstimmungsverfahrenEntwaldung 37, 43, 56Entwicklungsländer 24, 27, 32, 43, 45, 49, 55, 61, 67, 70, 74-

80, 83, 85, 87, 89, 93, 101, 115-116, 121, 123, 127-128, 134,140-141, 144-145, 148, 151, 156, 167, 183

Entwicklungspolitik 134, 136, 141, 148, 172, 179, 186-187Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)

65, 123, 127-128, 145Entwicklungszusammenarbeit 27, 44, 49, 97, 127, 147-148,

168, 173, 177, 186Environmental Protection Agency (EPA); s. US-amerika-

nische UmweltagenturErd-Rat 133, 136-137, 179-180, 185Erdgipfel; s. Konferenz über Umwelt und Entwicklung der

Vereinten Nationen (UNCED)Erdpolitik 16Erdsystemanalyse 57Erdsystemmanagement 63Erfüllungskontrolle 26, 42, 49, 65, 83, 93-94, 96, 98-103, 117,

119, 124, 150, 162, 165, 173, 184, 187– Umsetzung 42, 45, 61, 73, 86-91, 95-97, 100, 105, 140,

148Ernährung; s. auch Hunger 32, 36, 40, 43, 47Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Verein-

ten Nationen (FAO) 35, 63, 86Europa 42, 79, 107, 108Europäische Gesellschaft für Bodenschutz (ESSC) 79Europäische Umwelträte (EEAC)136Europäische Union 86, 99, 115-116, 136, 180European Environmental Advisory Councils (EEAC); s.

Europäische UmwelträteEuropean Society for Soil Conservation (ESSC) 79European Union (EU); s. Europäische UnionExclusive Economic Zones (EEZ); s. Ausschließliche

WirtschaftszonenExperten; s. auch Panels 22, 35, 65, 83, 94-99, 102-103, 143

FFinanzierung; s. auch Earth Alliance - Earth Funding 50,

65, 96, 121, 127-128, 138, 148, 152, 156, 186– Finanzierungsmechanismen 49, 65, 93, 124, 150, 162– Finanzierungsorgane 64, 67, 165, 169, 171, 181– Finanzierungspolitik 121– Mittelausstattung 121, 124, 127-128, 150– Transparenz 171– Verwendungseffizienz 128, 150, 164, 166, 169, 173– Volle vereinbarte Mehrkosten 41, 87, 148, 151, 158

Fischfang 15, 32-33, 156, 157Flugverkehr 152-155Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW); s. auch Treibhaus-

gase 28-29, 51, 66, 74-75, 101Fonds 91, 125, 161, 169, 171, 173, 188

– CO2-Fonds; s. Prototype Carbon Fund (PCF)– Entwicklungsfonds 168, 172, 174– Erfüllungs-Fonds 100– Multilaterale Fonds 69-70, 83, 151– Ozonfonds 127, 167, 169– Prototype Carbon Fund (PCF) 122– Schadensfonds 161– Turner-Fonds 165– Umweltfonds 165, 173-174– Vermögensfonds 173– Versicherungsfonds 27– Wasserfonds 49

Food and Agriculture Organization (FAO); s. Ernährungs-und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Natio-nen

Forest Stewardship Council (FSC); s. Waldbewirtschaf-tungsrat

Forschung 51, 53, 61, 75, 82, 88, 92, 107, 110, 133-134Forstpolitik; s. WälderpolitikFrüherkennung 124, 134, 179Frühwarnung 49, 133, 179

GGeneral Agreement on Tariffs and Trade (GATT); s. All-

gemeines Zoll- und HandelsabkommenGenetisch veränderte Organismen (GMOs) 116Genetische Ressourcen; s. auch Ressourcen 37, 40, 86, 159Geostationärer Orbit 152, 158Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) 168Global and National Soil and Terrain Digital Database

Program (SOTER) 44, 98Global Environment Facility (GEF); s. Globale Umweltfa-

zilitätGlobal governance 16, 147, 183Global Soil Degradation Database (GLASOD); s. Globa-

le Datenbank zur BodendegradationGlobale Datenbank zur Bodendegradation (GLASOD)

44, 78, 80, 98Globale Strategie 49Globale Umweltfazilität (GEF) 65, 69, 98, 122, 139, 165,

167, 172Globale Umweltpolitik; s. UmweltpolitikGlobaler Mechanismus 97Globalisierung; s. auch Partikularisierung 15, 21, 88, 113,

124G-77, s. auch Entwicklungsländer 26, 145Gute Regierungsführung (good governance) 127, 173Güter 29, 75, 117, 148, 152, 157, 187

– Allmendegüter 153, 158– Gemeinschaftsgüter (Common-Access-Güter) 51, 53-

54, 86, 152, 183

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219Index J

HHaftung 99, 119, 161Handel 41, 65-66, 92, 113, 116-117

– Freihandel 113, 118– Handelsbeschränkungen 118– Handelsliberalisierung 114– Handelsschranken 114, 116

Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Na-tionen (UNCTAD) 65, 139, 142

Hunger; s. auch Ernährung 80

IIndikatoren 42, 44, 51, 87, 102, 105, 135, 143Industrieländer 25, 29, 44, 47, 61, 74, 76, 79, 87, 97, 116, 123,

140, 144, 148, 154, 163, 168, 186Institutionelle Regelungen 25-26, 29, 35, 40, 49, 53, 61, 73,

84, 183– Nichteinhaltung 99-100, 103– Regelungsbedarf 33, 35, 78, 87– Regelverletzungen 36, 104, 117

Institutionelles Design 38, 75, 79, 82, 84, 87, 93, 95, 187Institutionen 17, 68, 73-74, 78, 89, 105, 109, 146, 165, 168,

169-171– Hierarchisierung 144, 146, 182– Reform 17, 174, 177, 186– Zentralisierung 146, 182

Intergovernmental Forum on Forests (IFF); s. Zwischen-staatliches Wälderforum der Vereinten Nationen

Intergovernmental Organisations (IGO); s. Zwischen-staatliche Organisationen

Intergovernmental Panel on Biological Diversity (IPBD);s. Zwischenstaatlicher Ausschuss über Biologische Viel-falt

Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC); s.Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderungen

Intergovernmental Panel on Soils (IPS); s. Zwischenstaat-licher Ausschuss über Böden

International Air Transport Association (IATA); s. Inter-nationale Lufttransportgesellschaft

International Bank for Reconstruction and Development(IBRD); s. Internationale Bank für Wiederaufbau undEntwicklung

International Centre for Settlement of Investment Dispu-tes (ICSID); s. Internationales Zentrum zur Beilegungvon Investitionsstreitigkeiten

International Convention for the Prevention if Pollutionof the Sea by Oil (OILPOL); s. Internationales Überein-kommen zur Verhütung der Verschmutzung der Seedurch Öl

International Convention for the Prevention of Pollutionfrom Ships (MARPOL); s. Internationales Übereinkom-men zur Verhütung der Meeresverschmutzung durchSchiffe

International Council of Scientific Unions (ICSU); s.Internationaler Rat wissenschaftlicher Vereinigungen

International Development Association (IDA); s. Interna-tionale Entwicklungsorganisation

International Finance Corporation (IFC); s. InternationaleFinanzkorporation

International Financial Institution Advisory Commission(IFIAC); 123, 125-126

International Fund for Agricultural Development(IFAD); s. Internationaler Fonds für landwirtschaftlicheEntwicklung

International Joint Commission (IJC); s. InternationaleGemeinsame Kommission

International Labour Organization (ILO); s. Internationa-le Arbeitsorganisation

International Maritime Organization (IMO); s. Internatio-nale Seeschifffahrtsorganisation

International Soil Conservation Organization (ISCO) 79-80

International Soil Science and Reference Centre (ISRIC);s. Internationales Bodenreferenz- und Informationszent-rum

International Strategy for Disaster Reduction (ISDR); s.Internationale Strategie zur Katastrophenvorbeugung

International Undertaking on PlantInformationszen-trum(IUPGR); s. Internationale Verpflichtung überpflanzengenetische Ressourcen für die Ernährung undLandwirtschaft

International Union on Soil Sciences (IUSS); s. Internatio-nale Bodenkundliche Union

Internationale Arbeitsorganisation (ILO) 99, 140, 142Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung

(IBRD) 68, 121, 124Internationale Beziehungen 65, 76, 88, 103, 147, 184Internationale Bodenkundliche Union (IUSS) 80Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) 68, 121Internationale Finanzkorporation (IFC) 68, 121Internationale Gemeinsame Kommission (IJC) 96Internationale Lufttransportgesellschaft (IATA) 154-155Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) 63, 85-

86, 140Internationale Strategie zur Katastropenvorbeugung

(ISDR) 27Internationale Umweltorganisation; s. auch Earth Organi-

zation 138, 141-142, 144, 181, 188Internationale VerpfliKatastrophenvorbeugungngeneti-

sche Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft(IUPGR) 40

Internationale Zusammenarbeit; s. Internationale Bezie-hungen

Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung(IFAD) 97

Internationaler Rat wissenschaftlicher Vereinigungen(ICSU) 63, 78-79

Internationaler Währungsfonds (IWF) 123-126, 170Internationales Bodenreferenz- und Informationszentrum

(ISRIC) 44, 79-80

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220 J Index

Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Mee-resverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) 36, 84

Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Ver-schmutzung der See durch Öl (OILPOL) 85

Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitions-streitigkeiten (ICSID) 68

KKapazitätsaufbau 165, 186-187Katastrophenbonds; s. auch Versicherungen 162Klimapolitik 25, 76-78, 80, 92, 103, 139, 154Klimarahmenkonvention; s. Rahmenübereinkommen der

Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC)Klimawandel 24, 28, 38, 43, 46, 56-60, 161Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) 65, 105,

136-137, 140, 143, 180Konferenz über Umwelt und Entwicklung der Vereinten

Nationen (UNCED) 65, 76, 79-80, 86, 106, 136, 140, 177,188

Konsensprinzip; s. auch Abstimmungsverfahren 138, 146,148, 182, 184

Kontrollmechanismen; s. ErfüllungskontrolleKonventionen; s. ÜbereinkommenKonventionssekretariate 65, 139-140, 142, 182Koordinierungsausschuss für die Ozonschicht (CCOL) 75Kritikalitätsanalyse 58

LLabelling 36, 40, 92, 116, 164-165Landnutzung 27, 40, 54, 171Landnutzungsänderungen 37, 54, 57Landwirtschaft 24, 33, 38, 40, 43, 46-47, 50, 116Lebensstile 25, 38, 47, 55, 105Leitplanken 44, 49, 51, 98, 102, 118, 134Lenkungseffekt 154, 160Luftraum 153, 154-155, 187

MMan and the Biosphere Programme (MAB); s. UNESCO-

Programm „Der Mensch und die Biosphäre“Mechanismus für eine umweltverträgliche Entwicklung

(CDM) 77, 97, 140Meeresspiegelanstieg 56, 78, 161Meeresumweltpolitik 84-85Mehrheitsbeschlüsse; s. auch Abstimmungsverfahren 83Mehrkosten (incremental costs); s. Volle vereinbarte

MehrkostenMeltzer-Kommission; s. International Financial Institution

Advisory Commission (IFIAC)Mitspracherechte 128, 148, 166, 182, 185Mittelausstattung; s. FinanzierungModelle 24, 51, 56, 90-91, 162Monitoring; s. auch Erfüllungskontrolle 35, 49, 61, 92, 134

Montrealer Protokoll 30, 60, 66, 69-70, 75, 82-83, 93, 101,122

Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA); s.Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur

Multilaterale Investitionsgarantie-Agentur (MIGA) 68,121

Multinationale Unternehmen 88

NNachhaltige Entwicklung 55, 65, 88, 105-107, 127, 143Nachhaltigkeitspolitik 103, 105Nachhaltigkeitsrat; s. Rat für nachhaltige EntwicklungNachhaltigkeitsstrategie 108, 147, 183National Aeronautics and Space Administration (NASA)

28, 74Nationalberichte; s. auch Erfüllungskontrolle 42, 87, 97Naturschutz 41, 65, 87, 173Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Be-

ratung (SBSTA) 135-136Nebenorgan für wissenschaftliche, technische und techno-

logische Beratung (SBSTTA) 65, 135Nebenorgan zur Umsetzung (SBI) 65, 136Netzwerke 88, 107, 109, 134Nichtregierungsorganisationen (NRO) 85, 88, 100, 123,

143, 145, 185Nord-Süd-Problem 75Nordamerikanisches Freihandelsabkommen (NAFTA)

118North American Free Trade Agreement (NAFTA); s.

Nordamerikanisches FreihandelsabkommenNutzungsentgelte; s. auch Finanzierung 150, 152, 154-158,

159, 187Nutzungsrechte 27, 99, 153-154, 156

OOffice of Internal Oversight Services (OIOS) 171Official Development Assistance (ODA); s. Offizielle Ent-

wicklungshilfezahlungenOffizielle Entwicklungshilfezahlungen (ODA) 149, 169,

172Ökoimperialismus 146Ökonomische Anreize 27, 40, 50, 61, 101, 125, 151, 164Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wis-

senschaft und Kultur (UNESCO) 63, 105-106Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Ent-

wicklung (UNIDO) 70, 101, 141, 144Organisationen 63, 73-76, 79-80, 85, 89, 139-140, 149, 165,

173, 184, 186, 187Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) 77Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung (OECD) 46, 99, 144, 191– OECD-Länder; s. Industrieländer

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221Index J

Organization for Economic Co-operation and Develop-ment (OECD); s. Organisation für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung

Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC);s. Organisation Erdöl exportierender Länder

Ozeane; s. WeltmeereOzonkonvention; s. Montrealer ProtokollOzonloch; s. Klimawandel

PPanels; s. auch Experten 133-136, 179-180Partikularisierung; s. auch Globalisierung 16Persistent organic pollutants (POPs); s. Persistente organi-

sche SchadstoffePersistente organische Schadstoffe (POPs) 28-29, 84, 140

– "Schmutziges Dutzend“ (dirty dozen) 29– POP-Konvention 29

Politikberatung 42, 53, 58, 65, 73, 90, 94, 133-136, 179-180– Beratungsbedarf 44, 98, 135

Programme 63, 96, 109, 127, 139, 182Protokolle; s. auch Übereinkommen 82, 93, 184

RRahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über

Klimaänderungen (UNFCCC) 26, 58, 66, 76, 98, 135Rat für Nachhaltige Entwicklung 108, 136Rechenschaftspflicht; s. auch Erfüllungskontrolle 134Regime; s. auch Übereinkommen 17, 44, 51, 53, 61, 73, 82,

85, 93-94, 102-103, 138, 146, 184– GATT/WTO-Regime 114, 119– MARPOL-Regime 85, 93, 184– OILPOL-Regime 84– Saurer-Regen-Regime 35– Umsetzung 44, 93, 98, 103, 128, 184

Regionalmeerprogramm 33, 84-85Rio-Konferenz; s. Konferenz über Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED)

– Rio+10-Konferenz 103, 136, 138, 177, 181, 188Risiken des globalen Wandels 29, 31, 38, 50, 133, 137, 162,

179-180Risk Assessment Panel (RAP); s. Ausschuss für Risikobe-

wertung

SSanktionen; s. auch Erfüllungskontrolle 36, 90-91, 100, 103,

184Schlichtungsverfahren 115Schulden 38, 49, 174

– Debt-for-Nature Swaps 172, 174– Entschuldungsinitiative 174, 188– Schuldenerlass 149– Schuldentausch 172

Schutzgebiete 35, 37, 41

Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCLOS)156-157

Selbsthilfekapazität; s. auch Entwicklungszuammenarbeit27, 35, 50

Sondergeneralversammlung; s. Vereinte NationenSonderziehungsrechte (SZR) 124Souveränitätsprinzip 138, 147Sozialstandards 116, 119Spezialorgane; s. Vereinte NationenSpieltheorie 73, 89-90, 92Staatengemeinschaft 65, 80, 118, 137, 159, 183-184Steuern 152, 154Stiftungen 164-165, 173Strukturanpassungsprogramme; s. auch Entwicklungszu-

sammenarbeit 121-125Subsidiary Body on Implementation (SBI); s. Nebenorgan

zur UmsetzungSubsidiary Body on Scientific and Technological Advice

(SBSTA); s. Nebenorgan für wissenschaftliche und tech-nologische Beratung

Subsidiary Body on Scientific Technical and TechnologicalAdvice (SBSTTA); s. Nebenorgan für wissenschaftliche,technische und technologische Beratung

Subventionen; s. auch Ökonomische Anreize 41, 114, 119,124

Süßwasser 46-47, 50, 53, 109Süßwasserverknappung 46, 56, 144Sustainable Development; s. Nachhaltige EntwicklungSyndrome des globalen Wandels 21-22, 33, 47, 54Syndromkonzept des WBGU 21

TTechnologietransfer; s. auch Wissenstransfer 35, 65, 87, 100,

117The World Conservation Union (IUCN) 80Tiefseebergbau 32, 156-157Tobin-Steuer; s. auch Steuern 162-163„Töpfer Task Force“ 143Tourismus 22, 41, 151Treibhausgase 24, 28, 51, 57, 60, 77, 89, 98, 153Trends des globalen Wandels 21, 49, 177Trittbrettfahrer 151, 163

UÜbereinkommen 25, 65, 85, 88, 91, 93, 101, 105, 142-143,

148, 168Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämp-

fung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oderWüstenbildung betroffenen Ländern, insbesondere inAfrika (UNCCD) 44, 66, 79-80, 96-98, 102, 136

Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) 40-41, 65, 86, 88, 116, 157, 160

Umsetzung; s. ErfüllungskontrolleUmweltabgaben 150, 153, 173

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222 J Index

Umweltbildung; s. BildungUmweltbundesamt (UBA) 140, 181Umweltlotterien 163Umweltministerforum 143, 181Umweltpolitik 55, 73, 84, 88, 115, 121, 124, 135, 138-139,

145, 148, 166, 174, 182, 188– Koordinierungsbedarf 139

Umweltprobleme 21, 32, 42, 50, 53-54, 60-61, 80, 89-90, 136-137, 142, 144, 161, 170, 172

Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) 65,75, 78, 84-85, 123, 129, 140, 142-143, 181

Umweltqualitätsnormen 119Umweltregime; s. RegimeUmweltsicherheitsrat 146, 183Umweltstandards 88, 113-114, 117, 120, 129, 146, 183Umweltverbände 83, 86, 88, 99, 101, 185Umweltverträglichkeitsprüfung 122-123Umweltvölkerrecht 74-75, 79, 101UN Commission on Sustainable Development (CSD); s.

Kommission für nachhaltige EntwicklungUNESCO-Programm „Der Mensch und Biosphäre“

(MAB) 63, 40United Nations (UN); s. Vereinte NationenUnited Nations Conference on Environment and De-

velopment (UNCED); s. Konferenz über Umwelt undEntwicklung der Vereinten Nationen

United Nations Conference on Trade and Development(UNCTAD); s. Handels- und Entwicklungskonferenzder Vereinten Nationen

United Nations Convention on the Law of the Sea(UNCLOS); s. Seerechtskonvention der Vereinten Na-tionen

United Nations Convention to Combat Desertification inCountries Experiencing Serious Drought and/orDesertification, Particularly in Africa (UNCCD); s.Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämp-fung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oderWüstenbildung betroffenen Ländern, insbesondere inAfrika

United Nations Development Programme (UNDP); s.Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen

United Nations Educational, Scientific and Cultural Orga-nization (UNESCO); s. Organisation der Vereinten Na-tionen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur

United Nations Environment Programme (UNEP); s. Um-weltprogramm der Vereinten Nationen

United Nations Framework Convention on ClimateChange (UNFCCC); s. Rahmenübereinkommen derVereinten Nationen über Klimaänderungen

United Nations Industrial Development Organization(UNIDO); s. Organisation der Vereinten Nationen fürindustrielle Entwicklung

United Nations Office for Project Services (UNOPS); s.Büro der Vereinten Nationen für Projektdienste

United Nations Office to Combat Desertification andDrought (UNSO); s. Büro der Vereinten Nationen zurBekämpfung von Wüstenbildung und Dürre

US-amerikanische Umweltagentur (EPA) 96, 140, 181USA 68, 74, 76, 95, 115, 163

VVereinte Nationen (UN) 63

– Generalversammlung 63, 133– Sondergeneralversammlung 138, 155– Sonderorganisationen 63, 138-140, 182– Spezialorgane 63-64– Vollversammlung 76, 78, 140-143

Verhandlungen 27, 58, 61, 75, 77, 87-92, 116, 135, 138, 144-145, 184

Vernetzung; s. auch Netzwerke 58, 90, 109, 139, 177, 188Verpflichtungsperiode 98-99, 104Versicherungen 27, 161-162Verträge; s. ÜbereinkommenVertragsstaaten 26, 76, 82-83, 86-87, 91, 100-101, 135, 171Vertragsstaatenkonferenzen 79, 87, 97, 136, 142-144, 182Vetorecht; s. auch Abstimmungsverfahren 42, 144Volle vereinbarte Mehrkosten; s. FinanzierungVollversammlung; s. Vereinte NationenVollzugskontrolle; s. auch Erfüllungskontrolle 61Vorverhandlungen; s. auch Agenda setting 74

WWaldbewirtschaftungsrat (FSC) 88-89Wälder 24-25, 37, 41, 56, 77, 139Wälderpolitik 122, 127, 139

– Wälderprotokoll 27, 41, 86Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) 41, 66, 115Weltbank 67-69, 121-123, 128, 167

– „Ergrünung“ 121, 123Weltbodencharta 79Weltgesundheitsorganisation (WHO) 49-50, 140Welthandelsorganisation (WTO) 113-118, 144Weltkommission für Umwelt und Entwicklung; s.

Brundtland-KommissionWeltmeere 24, 31-33, 46, 84, 152, 155, 156

– Degradation 33Weltnaturschutzvereinigung (IUCN) 79-80Weltorganisation für Meteorologie (WMO) 60, 63, 76, 78,

140Weltwassercharta 49Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen

(ECOSOC) 63, 136, 140Wirtschaftskommission für Europa (ECE) 30Wissenstransfer; s. auch Technologietransfer 28, 134, 164-

165Wissensvermittlung; s. WissenstransferWorld Business Council for Sustainable Development

(WBCSD) 88

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223Index J

World Health Organization (WHO); s. Weltgesundheitsor-ganisation

World Meteorological Organization (WMO); s. Weltorga-nisation für Meteorologie

World Trade Organization (WTO); s. Welthandelsorgani-sation

World Wide Fund for Nature (WWF) 79

ZZentrum für Umweltrecht 80Zertifikate 85, 89, 145, 154, 160Zivilgesellschaft; s. auch Akteure 66, 88, 94, 143, 164, 173Zwischenstaatliche Organisationen (IGO) 65, 99Zwischenstaatlicher Ausschuss über biologische Vielfalt

(IPBD) 58, 87, 135, 180Zwischenstaatlicher Ausschuss über Böden (IPS) 44, 97,

135, 180Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderungen

(IPCC) 58-59, 63, 76, 78, 133-135Zwischenstaatliches Wälderforum der Vereinten Nationen

(IFF) 79

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