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Goldener Schnitt Weltformel der Ästhetik oder doch nur ein Mythos? Jennifer Schroth (Matrikelnummer: 70360332) Eingereichte Abschlussarbeit zur Erlangung des Grades Bachelor of Arts im Studiengang Mediendesign an der Karl-Scharfenberg-Fakultät der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Erster Prüfer: Prof. Bernd Wolk Zweiter Prüfer: Dipl.-Des. /M.Sc. Berit Andronis Eingereicht am: 31.01.2017

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Goldener Schnitt

Weltformel der Ästhetik oder doch nur ein Mythos?

Jennifer Schroth

(Matrikelnummer: 70360332)

Eingereichte Abschlussarbeit

zur Erlangung des Grades

Bachelor of Arts

im Studiengang

Mediendesign

an der

Karl-Scharfenberg-Fakultät

der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften

Erster Prüfer: Prof. Bernd Wolk

Zweiter Prüfer: Dipl.-Des. /M.Sc. Berit Andronis

Eingereicht am: 31.01.2017

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... IV

Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... V

Tabellenverzeichnis ......................................................................................................... VI

Diagrammverzeichnis...................................................................................................... VII

Symbolverzeichnis ......................................................................................................... VIII

1. Abgrenzung meiner Arbeit ............................................................................................ 1

2. Grundlagen ................................................................................................................... 2

2.1. Was ist der goldene Schnitt? ........................................................................................... 2

2.2. Konstruktionen des goldenen Verhältnisses einer Strecke ............................................. 3

2.3. Das Pentagramm ............................................................................................................. 5

2.4. Der Ikosaeder ................................................................................................................... 9

2.5. Der goldene Winkel ....................................................................................................... 10

2.6. Die Fibonacci-Folge ........................................................................................................ 11

2.7. Die Fibonacci-Spirale ..................................................................................................... 14

3. Mathematik ................................................................................................................ 15

3.1. Die Mathematik des goldenen Schnittes....................................................................... 15

4. Geschichte .................................................................................................................. 22

5. Vorkommen des goldenen Schnittes............................................................................ 25

5.1. Vorkommen in der Natur .............................................................................................. 25

5.2. Vorkommen in der Architektur ..................................................................................... 28

5.3. Vorkommen in der Kunst ............................................................................................... 29

6. Die Harmonie des goldenen Schnittes ......................................................................... 29

7. Die Psychologie dahinter ............................................................................................. 39

Quellenverzeichnis ......................................................................................................... 40

Eidesstattliche Erklärung ................................................................................................. 43

Anhang ........................................................................................................................... 44

Anhang 1 ........................................................................................................................ 45

Die pq-Formel ....................................................................................................................... 45

Anhang 2 ........................................................................................................................ 50

Die Fibonacci-Folge und ihre Beweisführung ....................................................................... 50

Anhang 3 ........................................................................................................................ 52

Ångström (Einheit) ................................................................................................................ 52

IV

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

DIN Deutsches Institut für Normung

M Mayor

m Minor

mm Millimeter

nm Newtonmeter

pm Pikometer

v. Chr. Vor Christi Geburt

μm Mikrometer

V

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Teilung einer Strecke im goldenen Schnitt .................................................................. 2

Abb. 2: Das Pentagramm ........................................................................................................... 7

Abb. 3: Außenhülle des Ikosaeders ........................................................................................... 9

Abb. 4: Innerer Aufbau des Ikosaeders ................................................................................... 10

Abb. 5: Kaninchenaufgabe in lateinischer Übersetzung von 1857 ......................................... 11

Abb. 6: Original Ergebnis der Kaninchenaufgabe .................................................................... 12

Abb. 7: Fibonacci-Spirale ......................................................................................................... 14

Abb. 8: Quadrate der Fibonacci-Spirale .................................................................................. 14

Abb. 9: Teilung einer Strecke im goldenen Schnitt ................................................................. 15

Abb. 10: Goldenes Rechteck ................................................................................................... 18

Abb. 11: Goldenes Rechteck mit Quadrat ............................................................................... 19

Abb. 12: Goldenes Rechteck mit mehreren Quadraten .......................................................... 20

Abb. 13: Diagramm der Kaninchenaufgabe ............................................................................ 20

Abb. 14: Phyllotaxis im goldenen Winkel ................................................................................ 25

Abb. 15: Blütenkorb einer Sonnenblume mit Spiralzügen ...................................................... 25

Abb. 16: Blütenkorb der Sonnenblume mit goldenem Winkel ............................................... 26

Abb. 17: Akelei mit Pentagramm ............................................................................................ 26

Abb. 18: Fossil eines Ammoniten ............................................................................................ 27

Abb. 19: Grafik zu Frage 3 der Online-Umfrage ...................................................................... 31

Abb. 20: Grafik zu Frage 6 der Online-Umfrage ...................................................................... 33

Abb. 21: Grafik zu Frage 6 der Online-Umfrage ...................................................................... 33

Abb. 22: Grafik zu Frage 4 der Online-Umfrage ...................................................................... 36

Abb. 23: Grafik zu Frage 5 der Online-Umfrage ...................................................................... 37

VI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Verfahren der inneren Teilung .................................................................................. 3

Tabelle 2: Verfahren der äußeren Teilung ................................................................................. 4

Tabelle 3: Eigenschaften des Pentagramms .............................................................................. 6

Tabelle 4: Pentagramm-Strecken die im Verhältnis des goldenen Schnittes zueinanderstehen

.................................................................................................................................................... 7

Tabelle 5: Konstruktionen des Pentagramms ............................................................................ 8

Tabelle 6: Übersetzung des Ergebnisses der Kaninchenaufgabe ............................................ 12

Tabelle 7: Quotienten der Fibonacci-Folge .............................................................................. 13

Tabelle 8: Ergebnisse der Kaninchenaufgabe (Mathematik) ................................................... 21

Tabelle 9: Ergebnis von Frage 3 der Online-Umfrage .............................................................. 31

Tabelle 10: Ergebnis von Frage 6 der Online-Umfrage ............................................................ 34

Tabelle 11: Ergebnis von Frage 7 der Online-Umfrage ............................................................ 34

Tabelle 12: Ergebnis von Frage 4 der Online-Umfrage ............................................................ 36

Tabelle 13: Ergebnis von Frage 5 der Online-Umfrage ............................................................ 37

VII

Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Annäherung der Quotienten der Fibonacci-Folge an den goldenen Schnitt ..... 13

Diagramm 2: Fechners Ergebnisse zum Schönheitsempfinden von Rechtecken .................... 30

Diagramm 3:Die Ergebnisse der Online-Umfrage im Vergleich mit Fechners Ergebnissen .... 32

Diagramm 4: Ergebnisse der Fragen 6 und 7 der Online-Umfrage .......................................... 34

Diagramm 5: Die Ergebnisse der Online-Umfragen 3, 6 und 7 im Vergleich ........................... 35

Diagramm 6: Ergebnisse der Frage 4 der Online-Umfrage ...................................................... 36

VIII

Symbolverzeichnis

Symbol Beispiel Interpretation Bezeichnung

𝐴𝐵̅̅ ̅̅ Streckenangabe Strecke von Punkt A nach Punkt B Strecke AB

∆𝐴𝐵𝐶 Dreieck Dreieck mit den Eckpunkten A, B und C Dreieck ABC

α α = 30° Der Winkel α beträgt 30 Grad Alpha

β β = 30° Der Winkel β beträgt 30 Grad Beta

γ γ = 30° Der Winkel γ beträgt 30 Grad Gamma

φ , ϕ Goldener Schnitt Teilungsverhältnis vom goldenen Schnitt (1,618…)

Phi

° 180° Der Winkel beträgt 180 Grad (Winkelangabe in Grad)

Grad

% 50% 50 Prozent (Prozentangabe) Prozent

𝑥 𝑥 + 3 Unbekannter Wert x

+ 𝑎 + 𝑏 a und b werden addiert Plus

− 𝑎 − 𝑏 b wird von a subtrahiert Minus

= 𝑎 = 𝑏 a ist gleich b Gleich

∙ 𝑎 ∙ 𝑏 a wird mit b multipliziert Mal

÷ , ∶ 𝑎 ÷ 𝑏 a wird durch b dividiert Geteilt

√ √5 Wurzel aus 5 Wurzel aus

< 𝑎 < 𝑏 a ist kleiner als b Kleiner als

> 𝑎 > 𝑏 a ist größer als b Größer als

≥ 𝑎 ≥ 𝑏 a ist größer als b oder gleich b Größer als oder gleich

=̂ 𝑎 =̂ 𝑏 a entspricht b Entspricht

≈ 𝑎 ≈ 𝑏 a ist ungefähr gleich b Ungefähr gleich

𝕃 𝕃 ≤ 𝑎 Die Lösungsmenge ist kleiner oder gleich a

Lösungsmenge

∈ 𝑎 ∈ 𝐴 Das Element a ist in der Menge A enthalten

ℕ Natürliche Zahlen

Å Ångström

⋮ Und so weiter

1

1. Abgrenzung meiner Arbeit

Ist der goldene Schnitt die Weltformel der Ästhetik? Wenn dem so wäre, müsste man dann

nicht ganz genau berechnen können was schön ist und was nicht? Wäre dann wirklich all das

was dem goldenen Schnitt entspricht schön und alles andere nicht? Oder liegt das

Schönheitsempfinden doch nur im Auge des Betrachters?

Unter dem Thema „Goldener Schnitt – Weltformel der Ästhetik oder doch nur ein Mythos?“

beschäftigt sich diese wissenschaftliche Arbeit mit genau diesen Fragen.

Um einen umfangreichen Überblick über das Thema „Goldener Schnitt“ zu bieten, beginnt

diese Arbeit mit ein paar grundlegenden Aspekten. Dazu gehört zunächst die ursprüngliche

Definition des goldenen Schnittes. Daran schließen dann verschiedene Konstruktionsarten an.

Anschließend werden die Zusammenhänge zwischen dem goldenen Schnitt und dem

Pentagramm sowie dem Ikosaeder behandelt. Die Erläuterungen der Fibonacci-Folge und der

Fibonacci-Spirale schließen die Grundlagen ab.

Im nächsten Abschnitt geht es näher in die Mathematik die hinter den Grundlagen steckt.

Denn auch aus mathematischer Sicht ist das Teilungsverhältnis des goldenen Schnittes ein

beeindruckendes Phänomen. Unter dem Kapitel „Geschichte“ gibt eine Timeline eine zeitliche

Übersicht über die Entdeckung dieses Teilungsverhältnis.

Die anschließenden Vorkommen des goldenen Schnittes in Natur, Architektur und der Kunst

leitet die kritische Auseinandersetzung gegenüber dem goldenen Schnitt als Weltformel für

Ästhetik ein. Eine psychologische Sicht auf die Meinung der Befürworter schließt diese Arbeit

ab.

2

2. Grundlagen

2.1. Was ist der goldene Schnitt?

Als goldenen Schnitt bezeichnet man ein Teilungsverhältnis, bei dem sich eine kleinere Größe

zu einer größeren Größe zueinander so verhält, wie die größere Größe zur Summe aus beiden

Größen. Diese beiden Größen werden oft mit den Begriffen Major (M) und Minor (m) betitelt,

wobei Major für die größere Größe und Minor für die kleinere Größe steht. Das Ergebnis eines

solchen Verhältnisses ist immer eine irrationale Zahl, welche überwiegend mit dem

griechischen Buchstaben Phi (φ, ϕ), gekennzeichnet wird. Zum besseren Verständnis folgt

eine Erklärung der Definition am Beispiel einer Strecke (Abb. 1) mit mathematischer Formel.

Abb. 1: Teilung einer Strecke im goldenen Schnitt 1

Eine Strecke von A nach B wird durch den Schnittpunkt S geteilt, wodurch die beiden Strecken

a und b entstehen. Laut der Definition müssen sich nun a und b zueinander so verhalten wie

a+b zu a. Mathematisch entsteht folgende Formel:

𝑎

𝑏 =

𝑎 + 𝑏

𝑎

Oder:

𝑏

𝑎 =

𝑎

𝑎 + 𝑏

In beiden Fällen ist das Ergebnis der goldene Schnitt. Fügt man Phi (φ) mit in die Formel ein,

erhält man folgende:

𝑎

𝑏 =

𝑎 + 𝑏

𝑎= ф

Oder:

𝑏

𝑎 =

𝑎

𝑎 + 𝑏= ф

Gibt man nun einer dieser Strecken die Länge von 1 erhält man durch umformen die

irrationale Zahl Phi (hier auf drei Stellen nach dem Komma gekürzt): 1,618 oder 0,618

Die näheren mathematischen Vorgänge werden später im Kapitel „Mathematik“ erläutert.

1 Quelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an Beutelspacher, Albrecht, 1996, S. 15

3

2.2. Konstruktionen des goldenen Verhältnisses einer Strecke

Es gibt verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten um eine Strecke im goldenen Schnitt zu

teilen ohne das Verhältnis ausrechnen zu müssen. Diese Verfahren sind in zwei Kategorien

unterteilt: der äußeren Teilung und der inneren Teilung. Letzteres teilt die Strecke im

Verhältnis des goldenen Schnittes, wohingegen die äußere Teilung die Grundstrecke um eine

Strecke im Verhältnis des goldenen Schnittes erweitert.

Tabelle 1: Verfahren der inneren Teilung

Klassische innere Teilung:

1. Zuerst wird von Punkt B ausgehend eine Senkrechte mit der halben Länge der Grundstrecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ gezeichnet. Das Ende dieser Strecke wird mit C gekennzeichnet.

2. Nun wird der Punkt C mit Punkt A durch eine Gerade verbunden.

3. An Punkt C wird danach ein Kreisbogen mit der Länge 𝐶𝐵̅̅ ̅̅ geschlagen. Dieser Kreisbogen schneidet die Strecke 𝐴𝐶̅̅ ̅̅ in Punkt D.

4. Zum Schluss wird ein neuer Kreisbogen ausgehend von Punkt A mit dem Radius 𝐴𝐷̅̅ ̅̅ gezeichnet, der die Grundstrecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ im Schnittpunkt S im goldenen Verhältnis teilt.

Innere Teilung nach Euklid:

1. Zuerst wird von Punkt A ausgehend eine Senkrechte mit der halben Länge der Grundstrecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ gezeichnet. Das Ende dieser Strecke wird mit C gekennzeichnet.

2. Von Punkt C ausgehend wird nun ein Kreisbogen mit dem Radius 𝐶𝐵̅̅ ̅̅ geschlagen. Dieser schneidet die Verlängerung der Strecke 𝐴𝐶̅̅ ̅̅ in Punkt D.

3. Ein weiterer Kreisbogen von Punkt A ausgehend mit dem Radius 𝐴𝐷̅̅ ̅̅ teilt die Grundstrecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ im Punkt S im goldenen Verhältnis.

4

Innere Teilung nach Kurt Hoffstetter:

1. Schlage zwei Kreisbögen mit dem Radius 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ ausgehend von Punkt A und Punkt B. Diese Kreisbögen schneiden einander an zwei stellen: C und C‘

2. Die Verbindungslinie von C und C‘ teilt die Grundlinie 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ durch ihren Mittelpunkt M.

3. Konstruiere Zwischen den Punkten A, B und C ein gleichseitiges Dreieck mit der Seitenlänge von 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ .

4. Zeichne von Punkt M ausgehend einen Kreisbogen mit dem Radius 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ . Dieser Kreisbogen schneidet den am Anfang gezeichneten Kreisbogen in Punkt D. Durch Geraden zwischen Punkt D, B und M wird ein gleichschenkliges Dreieck konstruiert.

5. Zum Schluss werden noch die Punkte D und C durch eine Gerade verbunden, die die Grundstrecke im Punkt S im goldenen Verhältnis teilt.

2

Tabelle 2: Verfahren der äußeren Teilung

Klassische äußere Teilung:

1. Zuerst wird von Punkt S ausgehend eine Senkrechte mit der

halben Länge der Grundstrecke 𝐴𝑆̅̅̅̅ gezeichnet. Das Ende dieser Strecke wird mit C gekennzeichnet.

2. Schlage zwei Kreisbögen mit dem Radius 𝐴𝑆̅̅̅̅ um die Punkte A und S. Konstruiere durch die Verbindung der beiden Schnittpunkte der Kreisbögen mittels einer Geraden den Mittelpunkt M.

3. Zeichne einen Kreisbogen von Punkt M ausgehend mit dem Radius 𝑀𝐶̅̅̅̅̅. Dieser Kreisbogen schneidet die Verlängerung der Strecke 𝐴𝑆̅̅̅̅ in Punkt B, wodurch die Strecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ durch den Punkt S im goldenen Verhältnis geteilt wird.

2 Quelle 2: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V. https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Geometrische_Aussagen, 02.11.2016

5

Äußere Teilung nach George Odom:

Bei diesem Verfahren wird, anders als bei den anderen Verfahren, die Grundstrecke mit konstruiert. Die Grundstrecke ist also nicht gegeben, sondern wird durch das Verfahren ermittelt.

1. Konstruktion eines gleichseitigen Dreiecks.

2. Als nächstes wird ein Kreis um das Dreieck gezeichnet, welches alle Ecken des Dreiecks berührt.

3. Das Halbieren zweier Seiten des Dreiecks bringt die Punkte A und S hervor. Die Gerade zwischen diesen Punkten stellt unsere Grundstrecke für die äußere Teilung dar.

4. Die Verlängerung der Strecke 𝐴𝑆̅̅̅̅ schneidet den Kreis in Punkt B. Die Strecke 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ wird nun durch den Punkt S im goldenen Verhältnis geteilt.

3

2.3. Das Pentagramm

Das Pentagramm ist das Paradebeispiel der geometrischen Formen, wenn es um den

goldenen Schnitt geht. Es weist gleich in mehrfacher Hinsicht das goldene Verhältnis auf.

Bei einem regelmäßigen Pentagramm sind alle Seiten gleich lang und damit auch die

Dreiecke, welche die Spitzen des Pentagramms bilden. Durch diese regelmäßige Anordnung

ist auch das Pentagon in der Mitte regelmäßig.4 Verbindet man alle Spitzen im

Uhrzeigersinn, oder auch entgegen dessen, erhält man ein weiteres regelmäßiges Fünfeck. In

der folgenden Tabelle sind alle weiteren Eigenschaften des Pentagramms kurz

zusammengefasst.

3 Quelle 3: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V. https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Geometrische_Aussagen, 02.11.2016

4 Vgl. Baravalle, Hermann v. , 5. Auflage 2014, S. 7f.

6

Tabelle 3: Eigenschaften des Pentagramms

Parallelogramm:

Die Seiten 𝐸𝐴̅̅ ̅̅ und 𝐹𝐵̅̅ ̅̅ sowie 𝐸𝐹̅̅ ̅̅ und 𝐴𝐵̅̅ ̅̅ stehen parallel zueinander und bilden so ein Parallelogramm.

Konstruiert man in das kleine Pentagon noch ein

Pentagramm, bilden die Seiten 𝐴𝐻̅̅ ̅̅ und 𝐼𝐹̅̅ ̅ sowie 𝐴𝐼̅̅ ̅ und 𝐻𝐹̅̅ ̅̅ ein weiteres Parallelogramm

Dreiecke:

Das Pentagramm besteht aus zwei unterschiedlichen Dreieckstypen, die in mehreren Größen in das Pentagramm konstruiert werden können. Nachfolgend werden beispielhaft die verschiedenen Größen mit der Anzahl ihrer Vorkommen aufgelistet:

Spitze Dreiecke (grau dargestellt) - ∆𝐵𝐶𝐸 = 5 Mal - ∆𝐸𝐼𝐹 = 15 Mal - ∆𝐻𝐺𝐸 = 10 Mal

Stumpfe Dreiecke (gelb dargestellt) - ∆𝐴𝐾𝐷 = 10 Mal - ∆𝐴𝐾𝐻 = 15 Mal - ∆𝐻𝐼𝐺 = 5 Mal

Winkel:

Das Pentagramm beinhaltet drei verschiedene Winkel:

𝛼 = 36° 𝛽 = 72° 𝛾 = 108°

Die Besonderheit dabei ist:

𝛽 = 2𝛼 𝛾 = 3𝛼 = 𝛽 + 𝛼

5

Ausgehend von der Gleichheit der Dreiecke ist zu schlussfolgern, dass auch die Seitenlängen

der Dreiecke sich gleichen. Daraus ist wiederum zu schließen, dass die Verhältnisse dieser

Seiten sich gleichen.

5 Quelle 4: Eigene Darstellung in Anlehnung an Baravalle, Hermann v., 2014, S. 7-11

7

Durch diese Erkenntnisse lassen sich nun die

herausragenden goldenen Eigenschaften des Pentagramms

besser nachvollziehen. Denn die Strecke 𝐸𝐵̅̅ ̅̅ wird von der

Strecke 𝐴𝐶̅̅ ̅̅ im Verhältnis des goldenen Schnittes geteilt.

Dadurch ist die Strecke 𝐸𝐼̅̅ ̅ der Major (M) und die Strecke 𝐼𝐵̅̅ ̅

der Minor (m). Die Strecke 𝐸𝐵̅̅ ̅̅ wird aber auch von der

Strecke 𝐴𝐷̅̅ ̅̅ im goldenen Verhältnis geteilt. Dadurch wird die

Strecke 𝐴𝐻̅̅ ̅̅ zum Minor (m) und die Strecke 𝐻𝐵̅̅ ̅̅ zum Major

(M) (Abb. 2). Die folgende Tabelle zeigt alle Major-Strecken

mit dazugehörigen Minor-Strecke.

Tabelle 4: Pentagramm-Strecken die im Verhältnis des goldenen Schnittes zueinanderstehen

Major Minor

𝐸𝐻̅̅ ̅̅ 𝐼𝐵̅̅ ̅

𝐴𝐾̅̅ ̅̅ 𝐾𝐶̅̅ ̅̅

𝐵𝐹̅̅ ̅̅ 𝐹𝐷̅̅ ̅̅

𝐷𝐻̅̅ ̅̅ 𝐻𝐴̅̅ ̅̅

𝐶𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐸̅̅ ̅̅

𝐻𝐵̅̅ ̅̅ 𝐸𝐻̅̅ ̅̅

𝐼𝐶̅̅ ̅ 𝐴𝐼̅̅ ̅

𝐾𝐷̅̅ ̅̅ 𝐾𝐵̅̅ ̅̅

𝐸𝐹̅̅ ̅̅ 𝐹𝐶̅̅̅̅

𝐴𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐷̅̅ ̅̅

𝐼𝐵̅̅ ̅ 𝐻𝐼̅̅̅̅

𝐾𝐵̅̅ ̅̅ 𝐹𝐾̅̅ ̅̅

𝐾𝐶̅̅ ̅̅ 𝐼𝐾̅̅ ̅

𝐶𝐹̅̅̅̅ 𝐺𝐹̅̅ ̅̅

𝐷𝐹̅̅ ̅̅ 𝐹𝐾̅̅ ̅̅

Major Minor

𝐷𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐻̅̅ ̅̅

𝐸𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐹̅̅ ̅̅

𝐸𝐻̅̅ ̅̅ 𝐻𝐼̅̅̅̅

𝐴𝐻̅̅ ̅̅ 𝐻𝐺̅̅ ̅̅

𝐴𝐼̅̅ ̅ 𝐼𝐾̅̅ ̅

𝐴𝐻̅̅ ̅̅ 𝐼𝐻̅̅̅̅

𝐵𝐼̅̅ ̅ 𝐼𝐾̅̅ ̅

𝐶𝐾̅̅ ̅̅ 𝐾𝐹̅̅ ̅̅

𝐷𝐹̅̅ ̅̅ 𝐹𝐺̅̅ ̅̅

𝐸𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐻̅̅ ̅̅

𝐴𝐼̅̅ ̅ 𝐼𝐻̅̅̅̅

𝐵𝐾̅̅ ̅̅ 𝐾𝐼̅̅ ̅

𝐶𝐹̅̅̅̅ 𝐹𝐾̅̅ ̅̅

𝐷𝐺̅̅ ̅̅ 𝐺𝐹̅̅ ̅̅

𝐸𝐻̅̅ ̅̅ 𝐻𝐺̅̅ ̅̅

Major Minor

𝐴𝐵̅̅ ̅̅ 𝐵𝐼̅̅ ̅

𝐴𝐵̅̅ ̅̅ 𝐴𝐼̅̅ ̅

𝐴𝐵̅̅ ̅̅ 𝐵𝐾̅̅ ̅̅

𝐵𝐶̅̅ ̅̅ 𝐶𝐾̅̅ ̅̅

𝐵𝐶̅̅ ̅̅ 𝐵𝐾̅̅ ̅̅

𝐵𝐶̅̅ ̅̅ 𝐶𝐹̅̅̅̅

𝐶𝐷̅̅ ̅̅ 𝐶𝐾̅̅ ̅̅

𝐶𝐷̅̅ ̅̅ 𝐶𝐹̅̅̅̅

𝐶𝐷̅̅ ̅̅ 𝐷𝐹̅̅ ̅̅

𝐷𝐸̅̅ ̅̅ 𝐷𝐹̅̅ ̅̅

𝐷𝐸̅̅ ̅̅ 𝐷𝐺̅̅ ̅̅

𝐷𝐸̅̅ ̅̅ 𝐸𝐺̅̅ ̅̅

𝐸𝐴̅̅ ̅̅ 𝐸𝐺̅̅ ̅̅

𝐸𝐴̅̅ ̅̅ 𝐸𝐻̅̅ ̅̅

𝐸𝐴̅̅ ̅̅ 𝐴𝐻̅̅ ̅̅

Wie der Tabelle zu entnehmen ist, gibt es zu jeder Strecke des Pentagramms eine

dazugehörige Strecke im Verhältnis des goldenen Schnittes.

Abb. 2: Das Pentagramm

8

Das Pentagramm wird auch oft als „Fenster ins Unendliche“ bezeichnet. In das innere

Pentagon eines Pentagramms kann ein weiteres Pentagramm reinkonstruiert werden. Diese

Konstriktion kann rein theoretisch betrachtet unendlich lang wiederholt werden und aus

dieser Eigenschaft wird auch die Bezeichnung, des Fensters ins Unendliche, hergeleitet.

Abschließend folgt noch eine Tabelle, welche zwei verschiedene Konstruktionsarten des

Pentagramms beschreiben.

Tabelle 5: Konstruktionen des Pentagramms

Konstruktion des Pentagramms in einem Kreis:

1. Die Grundlage dieser Konstruktion bildet ein Kreis.

2. Zunächst werden zwei Kreisdurchmesser (a und b)

gezeichnet, die im rechten Winkel zueinanderstehen.

3. Durch das Halbieren des Radius von Durchmesser a,

entsteht Punkt A.

4. Von Punkt A aus wird nun ein Kreisbogen mit dem

Durchmesser 𝐴𝐶̅̅ ̅̅ ausgehend von Punkt A geschlagen, der

den Durchmesser a an Punkt B schneidet.

5. Anschließend wird ein Kreisbogen mit dem Durchmesser

𝐶𝐵̅̅ ̅̅ von ausgehend von Punkt C gezeichnet, der den Kreis

in Punkt D schneidet.

6. Mit dem selben Durchmesser wird nun ein Kreisbogen um

Punkt D geschlagen, woraus sich Schnittpunkt E ergibt.

Dieser Schritt wird von Punkt E und F aus wiederholt.

7. Die Schnittpunkte C, D, E, F und G bilden die Grundlage

des Pentagramms. Die Punkte C und E, sowie E und G, G

und D, D und F, und F und C werden Abschließend mit

Geraden verbunden, wodurch das Pentagramm entsteht.

9

Konstruktion des Pentagramms aus der Fünfeckseite:

1. Zuerst wird eine Strecke, mittels der klassischen inneren

Teilung, im Verhältnis des goldenen Schnittes geteilt.

2. Nun wird ein erster Kreisbogen mit dem Radus AB um den

Punkt A geschlagen und ein zweiter mit dem Radius AC.

Dieser Schritt wird um Punkt B mit den gleichen Radien

wiederholt. So entstehen die Schnittpunkte D und E.

3. Nun wird eine Gerade gezogen, die von Punkt A über

Punkt E hinausgeht, bis sie den großen Kreisbogen um

Punkt B schneidet (Schnittpunkt H).

4. Eine weitere Gerade wird wieder von Punkt A ausgehend

über den Punkt D hinaus gezeichnet. Diese Gerad wird sich

später mit einer anderen Geraden schneiden.

5. Anschließend werden die letzten beiden Schritte

spiegelverkehrt, ausgehend von Punkt B wiederholt. Jetzt

ergibt sich auch der Schnittpunkt F aus den beiden

Geraden.

6. Zum Schluss werden noch die Punkte G und H mit einer

Geraden verbunden und das Pentagramm ist vollendet.

6

2.4. Der Ikosaeder

Ein Beispiel für den goldenen Schnitt in der dreidimensionalen

Geometrie ist das Ikosaeder. Es gehört neben den Tetraeder,

Oktaeder, Hexaeder und Dodekaeder zu den platonischen Körpern,

welche sich durch ihren besonders gleichmäßigen Aufbau

auszeichnen. Äußerlich betrachtet besteht der Ikosaeder aus 20

gleichseitigen Dreiecken, von denen immer fünf an einer Ecke des

platonischen Körpers aufeinandertreffen (Abb. 3).

6 Quelle 5: Eigene Darstellung in Anlehnung an Baravalle, Hermann v., 2014, S. 6f. u. 17

Abb. 3: Außenhülle des Ikosaeders

10

Der goldene Schnitt ist erst bei genauerer Betrachtung des inneren

Aufbaus zu erkennen. Er besteht aus drei Rechtecken, welche das

Seitenverhältnis des goldenen Schnittes aufweisen. Diese Rechtecke

haben alle denselben Mittelpunkt und stehen senkrecht zueinander.

Die Ecken, der sich durchdringenden goldenen Rechtecke, bilden die

Eckpunkte des Ikosaeders (Abb. 4 7).8

2.5. Der goldene Winkel

Den goldenen Schnitt kann man auch auf einen Winkel übertragen, welcher dann als goldener

Winkel bezeichnet wird. Um den goldenen Winkel zu erhalten, muss der Vollwinkel im

Verhältnis des goldenen Schnittes geteilt werden. Im Folgenden wird die Rechnung für den

goldenen Winkel anhand des Dreisatzes erklärt. Die Zahl Phi wird hierfür auf drei Stellen nach

dem Komma, auf 1,618 gekürzt. Wie am Anfang schon erwähnt beträgt das Verhältnis vom

goldenen Schnitt 1 zu 1,618. Der Major beträgt also 1,618 und der Minor 1. Beide zusammen

ergeben 2,618 und bilden somit das Ganze (100%).

Ein Vollwinkel (100%) hat einen Wert von 360°. Es ergibt sich also folgendes:

2,618 =̂ 100% =̂ 360°

2,618 =̂ 360°

Wir suchen nun Major (1,618) und Minor (1) von 360°.

2,618 = 360°

1 ≈ 137,5°

1,618 ≈ 222,5°

Der Major beträgt also ≈ 222,5° und der Minor ≈ 137,5°. Vor allem der Minor-Winkel spielt in

der Phyllotaxis eine besondere Rolle, worauf im Kapitel „Vorkommen in der Natur“ noch näher

eingegangen wird.

7 Quelle 6: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., 2006, https://de.wikipedia.org/wiki/Ikosaeder#/media/File:Icosahedron-golden-rectangles.svg, 01.12.2016 8 Vgl. Peter, Bernhard, 2005, http://www.dr-bernhard-peter.de/Goldsch/seite590.htm, 02.11.2016

Abb. 4: Innerer Aufbau des Ikosaeders

÷ 2,618 ÷ 2,618

∙ 1,618 ∙ 1,618

11

2.6. Die Fibonacci-Folge

Die Fibonacci-Folge ist eine Zahlenfolge, die aus ganzen Zahlen besteht. Benannt wurde sie

nach Leonardo da Pisa, auch Fibonacci genannt, der diese Zahlenfolge als erster in seinem

Buch „Liber abbaci“ beschrieb.

Zunächst zu der mathematischen Herleitung der Fibonacci-Folge. In seinem Buch „Liber

abbaci“ verfasste er eine Aufgabenstellung zum Fortpflanzungsverhalten von Kaninchen,

heute auch bekannt als „Kaninchen-Aufgabe“. Baldassarre Boncompagni übersetzte

Leonardos Buch ins Lateinische und veröffentlichte dies 1857 unter dem Titel „Scritti di

Leonardo Pisano, matematico del secolo decimoterzo / pubbl. da Baldassarre Boncompagni“.

Der folgende Text ist ein Originalauszug und beschreibt in Latein die Aufgabenstellung der

Kaninchenaufgabe (Abb. 5):

9

Abb. 5: Kaninchenaufgabe in lateinischer Übersetzung von 1857

„Quot Paria coniculorum in uno anno ex uno pario germinentur

Qvidam posuit unum par cuniculorum in quodam loco, qui erat undique pariete circundatus,

ut sciret, quot ex eo paria germinarentur in uno anno: cum natura eorum sit per singulum

mensem aliud par germinare; et in secundo mense ab eorum natiuitate germinant. Quia

suprascriptum par in primo mense germinat, duplicabis ipsum, erunt paria duo in uno mense.

Ex quibus unum, scilicet primum, in secundo mense“ 10

Auf Deutsch:

9 Quelle 7: Boncompagni, Baldassarre, 1857, S. 283 10 Boncompagni, Baldassarre, 1857, S. 283f.

12

Wie viele Kaninchenpaare entstehen innerhalb eines Jahres durch ein Paar im Frühjahr?

Qvidam hat ein Kaninchenpaar an einem Ort platziert, der ringsum von Mauern umgeben war,

um herauszufinden, wie viele Paare innerhalb eines Jahres aus diesen einem Kaninchenpaar

entstehen. Dabei lag es in ihrer Natur immer ein weiteres Paar zu gebären und erst im zweiten

Monat nach ihrer Geburt zeugungsfähig zu sein. Das erste Paar bringt schon nach dem ersten

Monat ein neues Paar zur Welt, so sind es im zweiten Monat zwei Paare.

Weitere Eigenschaften dieser Aufgabe sind, dass die Kaninchen weder versterben noch

entwischen können oder zeugungsunfähig werden. Die folgenden Tabellen zeigt die

Ergebnisse der Kaninchenaufgabe, einmal im Original und in übersetzter Form (Abb. 6).

Tabelle 6: Übersetzung des Ergebnisses der Kaninchenaufgabe 11

Die Anzahl der Kaninchenpaare eines Monats lässt sich

mit der Summe der Kaninchenpaare aus den beiden

vorherigen Monaten berechnen. Zum Beispiel:

2 + 3 = 5

13 + 21 = 34

89 + 144 = 377

Welche mathematische Formel sich daraus ergibt, wird

später näher erklärt.

Der Bezug zum goldenen Schnitt verbirgt sich hinter der

Division zweier aufeinanderfolgenden Zahlen der

Fibonacci Reihe. Dabei gilt: Je höher der Dividend und

der Divisor, desto näher liegt der Quotient am

goldenen Schnitt. Dabei verhält sich der Quotient

alternierend zum goldenen Schnitt. Das heißt er ist

abwechselnd größer und kleiner als der goldene

Schnitt.

11 Quelle 8: Boncompagni, Baldassarre, 1857, S. 284

Monat Paare

1 1

2 2

3 3

4 5

5 8

6 13

7 21

8 34

9 55

10 89

11 144

12 377

Abb. 6: Original Ergebnis der Kaninchenaufgabe

13

Das folgende Diagramm und die Tabelle veranschaulicht dies nochmal:

Tabelle 7: Quotienten der Fibonacci-Folge

Dividend ÷ Divisor Quotient

1:1 1

2:1 2

3:2 1,5

5:3 1,6666666667

8:5 1,6

13:8 1,625

21:13 1,6153846154

34:21 1,619047619

Diagramm 1: Annäherung der Quotienten der Fibonacci-Folge an den goldenen Schnitt

0,9

1,1

1,3

1,5

1,7

1,9

2,1

1:1 2:1 3:2 5:3 8:5 13:8 21:13 34:21

Annäherung der Quotienten an den goldenen Schnitt

Goldener Schnitt Quotienten

14

2.7. Die Fibonacci-Spirale

Die Fibonacci-Spirale baut sich aus Quadraten auf, dessen Seitenlänge sich aus den

Seitenlängen der beiden vorherigen Quadrate ergibt. Hier ist auch schon der inhaltliche

Zusammenhang zur Fibonacci-Folge zu erkennen. Im Grunde genommen bestimmen die

Zahlen der Fibonacci-Folge die Seitenlängen der spiralförmig angeordneten Quadrate (Abb. 8).

Zeichnet man nun in jedes dieser Quadrate einen Viertelkreis mit dem Radius gleich der

Seitenlänge des jeweiligen Quadrates, so erhält man die Fibonacci-Spirale (Abb. 7).

Einen besonderen Stellenwert hat die Fibonacci-Spirale in der Pflanzenwelt, worauf im Kapitel

„Vorkommen in der Natur“ näher drauf eingegangen wird.

Abb. 8: Quadrate der Fibonacci-Spirale Abb. 7: Fibonacci-Spirale

15

3. Mathematik

Von den Grundlagen geht es nun etwas tiefer in die Mathematik. Hierbei wird die inhaltliche

Reihenfolge der Grundlagen wiederholt.

3.1. Die Mathematik des goldenen Schnittes

Wie oben bereits erklärt, wird zum besseren mathematischen Verständnis das Beispiel der

Strecke verwendet, die im goldenen Schnitt geteilt ist.

12

𝑎

𝑏 =

𝑎 + 𝑏

𝑎

Da wir den goldenen Schnitt, besser gesagt ф berechnen wollen, wird dies nun in die Formel

eingesetzt. Die oben beschriebene Formel lautet nun:

𝑎

𝑏=

𝑎 + 𝑏

𝑎= ф

Im Umkehrschluss gilt also auch:

ф · 𝑏 = 𝑎

Um nun ф zu berechnen, ändern wird die Vorgaben wie folgt:

Setzt man diese Angaben nun in die letzte Gleichung ein, erhält man:

ф · 1 = 𝑥

ф = 𝑥

12 Quelle 9: Eigene Darstellung in Anlehnung an Beutelspacher, Albrecht, 1996, S. 15

x 1

Abb. 9: Teilung einer Strecke im goldenen Schnitt

16

Nun werden die Angaben in die erste Gleichung eingesetzt und umgeformt:

𝑥

1=

𝑥 + 1

𝑥

Über Kreuz multiplizieren um die Brüche aufzuheben:

𝑥 · 𝑥 = 1 · (𝑥 + 1)

𝑥2 = (𝑥 + 1)

Äquivalenzumformung durch −(𝑥 + 1)

𝑥2 − 𝑥 − 1 = 0

Nun kommt die p-q-Formel zum Einsatz:

𝑥1 =1

2+ √(

1

2)

2

+ 1

𝑥1 = 0,5 + √1

4+ 1

𝑥1 =1

2+

√5

2

𝑥1 =1 + √5

2

𝑥1 ≈ 1,618

𝑥2 =1

2− √(

1

2)

2

+ 1

𝑥2 = 0,5 − √1

4+ 1

𝑥2 =1

2−

√5

2

𝑥2 =1 − √5

2

𝑥2 ≈ −0,618

Da hier das Verhältnis zweier positiven Seiten ermittelt werden soll, muss das Ergebnis auch

positiv sein. 𝑥1 ≈ 1,618 ist also die Lösung, die nun in die zweite Gleichung vom Anfang

einsetzt werden kann:

ф = 𝑥

ф ≈ 1,618

p-q-Formel:

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

Im Anhang 1 befindet sich die

Definition der p-q-Formel mit

Anwendungsbeispielen.

17

Der goldene Schnitt hat außer seiner Irrationalität noch weitere beeindruckende

mathematische Eigenschaften, die nachfolgend anhand abstrakter Gleichungen erläutert

werden.

Die grundlegende Gleichung:

ф =𝑎

𝑏=

𝑎 + 𝑏

𝑎

ф =𝑎 + 𝑏

𝑎

a geteilt durch a ergibt 1.

ф = 1 +𝑏

𝑎

Wenn nun 𝑎

𝑏= ф ist, ist

𝑏

𝑎=

1

ф . Es ergibt sich also folgendes:

ф = 1 +1

ф

Womit die erste erstaunliche Eigenschaft von ф aufgedeckt ist. Ф ist genau so groß wie 1 plus

1 durch sich selbst. Sie definiert sich also aus sich selbst, was mathematisch gesehen sehr

beeindruckend ist. Diese Gleichung kann man allerdings noch weiterführen, indem man 1

abzieht:

ф − 1 =1

ф

Das heißt also, wenn man von Phi 1 abzieht bekommt man das gleiche Ergebnis, wie wenn 1

durch Phi geteilt wird.

Phi kann auch als unendlicher Kettenbruch definiert werden. Hierfür wird die vorletzte

Gleichung verwendet:

ф = 1 +1

ф

18

Das ist nun die Ausgangsgleichung. Dadurch, dass sich Phi durch sich selbst definiert, kann das

Phi auf der rechten Seite der Gleichung durch die rechte Seite der Gleichung ersetzt werden:

ф = 1 +1

1 +1ф

Das Phi, welches auf der rechten Seite steht, kann nun wieder durch den rechten Teil der

Ausgangsgleichung ersetzt werden. Und das daraus entstehende Phi kann wiederum ersetzt

werden und das darauffolgende wieder:

ф = 1 +1

1 +1

1 +1

1 +1

1 +1⁞

Eine weitere erstaunliche Eigenschaft entsteht, wenn man die Gleichung ф = 1 +1

ф quadriert,

also mal Phi nimmt:

ф2 = ф + 1

Phi addiert mit 1 ist also genau so viel wie Phi zum Quadrat. Zusammenhängend gesehen heißt

das also:

Zieht man 1 von Phi ab, dann erhält man das multiplikativ inverse von Phi (ф − 1 =1

ф).

Addiert man aber 1 mit Phi, dann erhält man die Quadratzahl von Phi (ф2 = ф + 1).

Wendet man nun das Verhältnis von Phi an den

Seitenlängen eines Rechteckes an, entsteht ein

so genanntes goldenes Rechteck (Abb. 10). Die

Seitenlängen a und b stehen also im Verhältnis

des goldenen Schnittes zueinander.

a

b

Abb. 10: Goldenes Rechteck

19

Jetzt wird eine senkrechte Gerade eingezeichnet,

die das goldene Rechteck so teilt, dass eine Seite der

Länge b entspricht (Abb. 11). Die Länge a wird nun

durch die Teile b und 𝑎 − 𝑏 definiert. Das durch die

Teilung entstandene Quadrat b² hat ein

Seitenverhältnis von 1. Welches Seitenverhältnis

sich hinter 𝑎 − 𝑏 und b versteckt wird nachfolgend

mathematisch entschlüsselt:

𝑏

𝑎 − 𝑏=

1

𝑎 − 𝑏𝑏

Im Grunde genommen steht bislang auf der linken Seite der Gleichung das Gleiche wie auf der

rechten Seite nur in anderer Schreibweise. Durch diese Schreibweise lässt sich nun aber das

Verhältnis entschlüsseln:

𝑏

𝑎 − 𝑏=

1

𝑎 − 𝑏𝑏

=1

𝑎𝑏

− 1

𝑎

𝑏 wurde weiter oben schon mit ф definiert. Also ersetzten wir diesen Teil nun durch ф:

𝑏

𝑎 − 𝑏=

1

𝑎 − 𝑏𝑏

=1

𝑎𝑏

− 1=

1

ф − 1

Auch für ф − 1 besteht bereits eine Definition (ф − 1 =1

ф ) die nun in die Gleichung eingesetzt

und ausgerechnet werden kann:

𝑏

𝑎 − 𝑏=

1

𝑎 − 𝑏𝑏

=1

𝑎𝑏

− 1=

1

ф − 1=

1

= ф

Das heißt also das Seitenverhältnis des Rechteckes 𝑎 − 𝑏 und b entspricht ebenfalls dem

goldenen Schnitt. Das heißt auch, die Gerade teilt das goldene Rechteck im goldenen Schnitt.

Nun könnte man eine weitere Gerade einzeichnen, die das kleinere goldene Rechteck auf

dieselbe Art und Weise teilt, wie es die erste Gerade mit dem großen goldenen Rechteck getan

a

b

b a - b

b b²

Abb. 11: Goldenes Rechteck mit Quadrat

20

hat. Dadurch entstünden dann wieder ein Quadrat und

ein weiteres goldenes Rechteck. So könnte man das

immer weiterführen und es entstünden immer neue

Quadrate und goldene Rechtecke (Abb. 12). Diese

Konstruktion kennen wir bereits durch die Fibonacci-

Folge, auf dessen mathematischen Hintergründe

nachfolgend eingegangen wird.13

3.2. Die Mathematik der Fibonacci-Folge

Die Fibonacci-Folge entstand, wie oben bereits erwähnt, durch die so genannte

Kaninchenaufgabe. Zur Erinnerung hier nochmal die Eigenschaften und Regeln der Aufgabe:

Ein Kaninchenpaar am Anfang

Jedes Paar gebärt pro Monat ein weiteres Paar

Jedes neugeborene Paar braucht einen Monat um geschlechtsreif zu werden

Kein Kaninchen stirbt oder erkrankt

Kein Kaninchen entwischt

Kein Kaninchen wird zeugungsunfähig oder in seiner Zeugungsfähigkeit eingeschränkt

Daraus ergibt sich folgende Grafik:

Abb. 13: Diagramm der Kaninchenaufgabe

13 Vgl. Petsch, Andy [Übersetzter], 2013, https://www.youtube.com/watch?v=dmhmmXPr1us, 10.01.2017

Abb. 12: Goldenes Rechteck mit mehreren Quadraten

= Neugeborenes

Kaninchenpaar

= Zeugungsfähiges

Kaninchenpaar

21

Auf ein Jahr gesehen ergeben sich daraus folgende Werte:

Tabelle 8: Ergebnisse der Kaninchenaufgabe (Mathematik)

Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Paare 1 1 2 3 5 8 13 21 34 55 89 144

Um die Paare eines Monats zu berechnen, muss ich die Paare der beiden vorherigen Monate

zusammenrechnen. Die Begründung dafür zeigt folgendes Beispiel:

Wir kennen die Anzahl der Paare in Monat 4 und 5, und wollen nun die Anzahl für Monat 6

ermitteln. Der Monat 4 zeigt die Anzahl der Kaninchenpaare, die im Monat 5 geschlechtsreif

sind und sich im Monat 6 dann reproduzieren, in diesem Fall werden 3 neue Paare geboren.

Monat 5 zeigen alle Kaninchenpaare, die bis dahin existieren. Also müssen auf die 5 Paare in

Monat 5, die 3 neuen Paare drauf gerechnet werden, die die 3 geschlechtsreifen Paare in

Monat 5 gezeugt haben.

Die Mathematik dahinter besteht aus einer rekursiven Definition mit zwei Anfangswerten. Es

gibt zwei Anfangswerte, weil ich um den dritten Monat zu berechnen, den ersten und zweiten

Monat brauche. Diese wiederum können sich von keinen vorherigen Werten ableiten,

weshalb sie bestimmt werden müssen. Die Rekursion lautet also wie folgt:

𝑓𝑛 = 𝑓𝑛−1 + 𝑓𝑛−2 Mit der Bedingung: 𝑛 ≥ 2

Hierbei Steht das f für die Anzahl der Kaninchenpaare und n für den Monat. Die Beiden

Anfangswerte lauten:14

𝑓1 = 1

𝑓2 = 1

Die Beweisführung dieser Definition ist im Anhang 2 zu finden.

14 Spannagel, Christian, 2012, https://www.youtube.com/watch?v=DMJzJFN5SSw, 15.01.2017

22

4. Geschichte

Um die Entdeckung des goldenen Schnittes zeitlich besser einordnen zu können, folgt nun eine

kurze Erläuterung seiner Geschichte.

300 v. Chr. Der griechische Mathematiker Euklid von Alexandria verfasste eine

Abhandlung über geometrische Algebra (Pythagoreer). In seinem

zweiten Buch der Elemente schrieb er von einer Teilung im inneren und

äußeren Verhältnis („proportio habens medium et duo extrema“

lateinische Übersetzung seiner Bezeichnung). Mathematiker und

Historiker vermuten allerdings, dass dieses Teilungsverhältnis bereits

vor Euklid in Mesopotamien, China und Indien bekannt gewesen sein

dürfte.15

1202 Der italienische Mathematiker Leonardo da Pisa (genannt „Fibonacci“)

brachte sein Buch „Liber abbaci“ raus, indem er unter anderem auch die

Kaninchenaufgabe beschrieb, welche zur Fibonacci-Folge führte. Er

selbst jedoch hat den Zusammenhang seiner Zahlenfolge und dem

goldenen Schnitt nicht entdeckt, obwohl ihm das besondere

Teilungsverhältnis bekannt gewesen sei.16

1509 Luca Pacioli, seiner Zeit Mathematiker und Franziskanerapter17,

befasste sich in seiner Euklid-Ausgabe „De divina proportione“ intensiv

mit dem besonderen Teilungsverhältnis, welches er als „göttliche

Teilung“ bezeichnete. Ein Leser dieser Ausgabe vermerkte

handschriftlich folgendes: 18

„Sit linea ab 233 pedum, divisa ut docet 11 huius in duo inaequalia in

puncto h et sit bh portio eius maior 144 et ha portio eius minor 89.

ducatur ab in ha et perveniunt 20737 et bh in se et perveniunt 20736.

15 Vgl. Beinert, Wolfgang, 2016, http://www.typolexikon.de/goldener-schnitt/(Ursprung), 02.11.2016 16 Vgl. o.V., https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Mittelalter, 02.11.2016 17 Vgl. Beinert, Wolfgang, 2016, http://www.typolexikon.de/goldener-schnitt/ (Philosophischer Kontext), 02.11.2016 18 Vgl. o.V., https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Renaissance, 02.11.2016

23

et sic cognosces quod in mutationibus non est laborandum quid

impossibile est numerum ita dividi ut ista 11 proponit. similiter accidit si

linea 13 pedum dividatur in lineam 8 pedum, et lineam 5.“19

„Eine Gerade ab von 233 Fuß sei so, wie es Theorem 11 hier vorführt,

an einem Punkt h in zwei ungleiche Teile geteilt, und dabei sei bh sein

größerer Teil mit 144 und ha sein kleinerer Teil mit 89. ab sei

multipliziert mit ha, und es ergeben sich 20737, und bh multipliziert mit

sich selbst, so ergeben sich 20736. Und daran magst du erkennen, dass

man sich nicht mit Ersetzungen abzumühen braucht, um zu zeigen, dass

es unmöglich ist, die Zahl so zu teilen, wie es hier Theorem 11 vorführt.

Das gleiche ergibt sich, wenn eine Gerade von 13 Fuß in eine Gerade von

8 und eine von 5 Fuß geteilt wird.“20

1597 Johannes Kepler schrieb einen Brief an seinen früheren Professor in dem

er in fragte, warum es nur eine einzige Lösung gebe, um ein

rechtwinkliges Dreieck zu konstruieren, dessen Verhältnis der kürzeren

zur längeren Seite dem der längeren zur Hypotenuse entspricht. Auf das

Original dieses Briefes notierte Maestlin eine Berechnung, die die

Hypotenuse einmal mit 10 und einmal mit 10.000.000, und für den

letzteren Fall dann die längere Seite mit 7.861.514 und die kürzeste

Seite mit 6.180.340 beziffert. Das entspricht einer bis auf die sechste

Nachkommastelle genauen (und bis zur fünften korrekten) Angabe des

Goldenen Schnittes und ist nach den älteren sexagesimalen

Berechnungen der Antike die erste bekannte dezimale Angabe dieser

Art. 21

1608 Johannes Kepler beschrieb erstmals den Zusammenhang zwischen den

Fibonacci-Zahlen und „sectio divina“ (dem göttlichen Verhältnis) und

19 Curchin, Leonard /Herz-Fischler Roger, 1985, S. 130 20 Vgl. o.V., https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Renaissance, 02.11.2016 21 Vgl. Herz-Fischler, Roger, 1998, S. 158

24

erwähnte das häufige Vorkommen der Zahl 5 in Blüten- und

Blattordnungen.

1754 – 1800 Bonnet, Schimper und Braun erforschen die Blattstellungen und führen

dies teilweise auf die Fibonacci-Folge zurück. 22

1835 Der deutsche Mathematiker Martin Ohm dokumentierte erstmals in

einer Fußnote seines Lehrbuches „Die reine Elementar Mathematik“ die

Bezeichnung „Goldener Schnitt“.23

1854 Für sein Buch „Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen

Körpers“ vermaß Adolf Zeising erstmals allumfassend antike Bauwerke,

Renaissancegemälde, Himmelskonstellationen und organische Körper

und gilt damit als Wegbereiter des goldenen Schnittes.24

1876 Gustav Theodor Fechner, seiner Zeit Pionier der

Wahrnehmungspsychologie, führte ein Experiment zur Wahrnehmung

von Schönheit und Proportionen durch. Er ließ 390 Probanden aus zehn

flächengleichen Vierecken jenes aussuchen, dass sie am schönsten und

wohlproportioniertesten finden. Das Ergebnis lies eine klare

Bevorzugung des goldenen Rechteckes erkennen.25

1893 „Albert Goeringer entwickelt 1893 den Goldenen Schnitt-Zirkel, aus drei

Gliedern bestehend, wobei der mittlere Schenkel die eingestellte

Strecke im Goldenen Schnitt teilt.“26

22 Vgl. Götze, Oliver /Schillinger, Katharina, 2016, S. 23f. 23 Vgl. Beinert, Wolfgang, 2016, http://www.typolexikon.de/goldener-schnitt/ (Ursprung), 02.11.2016 24 Vgl. Götze, Oliver /Schillinger, Katharina, 2016, S. 17 25 Vgl. Götze, Oliver /Schillinger, Katharina, 2016, S. 15 26 Götze, Oliver /Schillinger, Katharina, 2016, S. 28

25

5. Vorkommen des goldenen Schnittes

5.1. Vorkommen in der Natur

Über viele Jahre hinweg haben sich einige Mathematiker und Wissenschaftler mit dem

natürlichen Vorkommen des goldenen Schnittes befasst. Ihre Erkenntnisse und Vermutungen

über die Zusammenhänge zwischen der Natur und dem goldenen Schnitt werden in diesem

Kapitel erläutert.

In der Natur lassen sich viele Phänomene beobachten, die einen

Zusammenhang mit dem goldenen Schnitt nahelegen. So auch

bei der Phyllotaxis von einigen Pflanzenarten. Ihre Blätter

wachsen an einem Ast im Verhältnis des goldenen Winkels

zueinander. Beginnend vom ersten Blatt am Ast, wächst das

zweite Blatt in einem Winkel von ca. 137,5° zum ersten. Das

dritte Blatt wächst wiederum zum zweiten Blatt im goldenen

Winkel (Abb. 14 27). Da der goldene Winkel auf einer

irrationalen Zahl beruht, können sich zwei Blätter niemals zu 100% überschneiden. Das

wiederum kommt der Photosynthese zugute und ermöglicht der Pflanze eine maximale

Lichtausbeute. Dieses Phänomen kommt nicht nur an den Blättern eines Astes vor, sondern

auch bei der Anordnung von Blütenblättern. Zu dieser Form des goldenen Schnittes werden

verschiedene Kohlsorten, vielblättrige Rosen, die Sonnenblume, Agaven und einige

Palmenarten gezählt.

Eine besondere Form des goldenen Winkels stellt die

Sonnenblume dar. Sie verbindet in ihrem Blütenkorb den

goldenen Winkel mit der Fibonacci-Folge. Die Kerne der

Sonnenblume liegen nämlich auf spiralförmigen Linien, welche

ihren Ursprung in der Mitte haben und sich bis an den Rand

winden. Dabei sind sowohl rechtsdrehende als auch

27 Quelle 10: Eigene Darstellung in Anlehnung an Beyer, Wolfgang, 2004, https://de.wikipedia.org/wiki/Phyllotaxis#/media/File:Goldener_Schnitt_Blattstand.png, 02.11.2016

Abb. 14: Phyllotaxis im goldenen Winkel

Abb. 15: Blütenkorb einer Sonnenblume mit Spiralzügen

26

linksdrehende Spiralarme zu entdecken (Abb. 15 28). Die

Anzahl der Kerne eines Spiralarmes, egal ob links- oder

rechtsdrehend entsprechen häufig einer Fibonacci-Zahl. Hinzu

kommt, dass die Anzahl der Kerne beider Spiralarme zwei

benachbarter Fibonacci-Zahlen entsprechen und somit im

Verhältnis des goldenen Schnittes zueinanderstehen. 29 Bei

genauerer Betrachtung sind die Kerne, genau wie die oben

genannten Blätter, im goldenen Winkel zueinander

angeordnet.30 Eine vergrößerte Darstellung, wie in Abb. 16 31 lässt den goldenen Winkel

erkennen. Diese Form des goldenen Schnittes taucht auch bei Zapfen, der Ananas und einigen

Kaktusarten auf.

Der goldene Schnitt taucht in der Natur auch oft in Form des

Pentagramms auf. Viele Blumen besitzen fünf Blütenblätter,

die wie die Spitzen eines Pentagramms angeordnet sind. Ein

sehr gutes Beispiel stellt die Akelei dar. Sie besitzt durch ihren

doppelten Aufbau gleich zwei Pentagramme (Abb. 17 32). Es

gibt eine Vielzahl dieser fünfblättrigen Blüten, wie zum

Beispiel die der Glockenblume, der Heckenrose oder des

Hibiskus. Bei einem Apfel oder einer Birne kann man das

Pentagramm in der Anordnung ihrer Kerne erkennen. Nicht

nur viele Pflanzen weisen diese Form des goldenen Schnittes

auf, sondern auch der Seestern oder der Seeigel. 33

28 Quelle 11: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., http://healthyhomegardening.com/View_Image.php?pid=1425&ptype=plan&im=gardengeek/sunflower_pattern.jpg, 01.12.2016 29 Vgl. o. V., 2004, http://www.mathematik.de/ger/information/landkarte/zahlen/dergoldeneschnitt.html (Biologie), 02.11.2016 30 Vgl. Bochsler, Katharina /Wick, Hanna, 2014, http://www.srf.ch/sendungen/einstein/big-data-das-grosse-vermessen/die-mathematik-der-pflanzen (6/12 Der goldene Winkel im Blütenkorb), 01.12.2016 31 Quelle 12: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bochsler, Katharina /Wick, Hanna, 2014, http://www.srf.ch/sendungen/einstein/big-data-das-grosse-vermessen/die-mathematik-der-pflanzen (6/12 Der goldene Winkel im Blütenkorb), 01.12.2016 32 Quelle 13: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., 2016, http://tobwild.de/akelei-aquilegia-vulgaris/, 16.11.2016 33 Vgl. o. V., http://www.asamnet.de/~hollwecm/section/anwendung3.htm#sch%F6n, 02.11.2016

Abb. 16: Blütenkorb der Sonnenblume mit goldenem Winkel

Abb. 17: Akelei mit Pentagramm

27

Auch die Fibonacci-Spirale als solche ist in der Natur zu

finden. Die Eigenschaften ihrer Proportionen machen sich

viele Schnecken und Muscheln zu Eigen. Dabei kann die

Spirale in verschiedenen Anmutungen auftauchen: Als

Eselsohr-förmige Seeohrmuschel, als kreisrunde

Sonnenuhrmuschel oder als Muschel deren Tiefendimension

stärker ausgeprägt ist, wie bei der Wellhornmuschel. Diese Spiralen gibt es in der Natur schon

seit vielen tausenden von Jahren, wie das Fossil eines Ammoniten (Abb. 18) beweist.34

Der goldene Schnitt soll sogar ganz tief in unserem Erbgut, in unserer DNA, verankert sein.

Schaut man sich die Doppelhelix der B-DNA genauer an, kann man erkennen, dass die

ineinander gedrehten Rinnen in einem leichten Versatz zueinanderstehen. Dadurch entsteht

zwischen den Spiralbögen zwei unterschiedliche Abstände, die ca. 13 und 21 Ångström (siehe

Anhang 3) lang sind. 21 und 13 sind Zahlen der Fibonacci-Reihe, womit die B-DNA im

approximierten Verhältnis zum goldenen Schnitt steht.35

Die Maße unseres Körpers stehen ebenfalls im goldenen Verhältnis zueinander. Nimmt man

die gesamte Körpergröße als Major, dann ist die Strecke von den Füßen bis zum Bauchnabel

die dazugehörige Minor-Strecke. Diese Längenverhältnisse tauchen ebenfalls an den Armen,

Beinen und sogar an den einzelnen Segmenten der Hand und der Finger auf.36 Auch die Breiten

unserer Zähne sollen im goldenen Verhältnis zueinanderstehen.37 Wenn ein Gesicht

besonders harmonisch auf uns wirkt, dann liegt das häufig vor allem daran, dass es im

Verhältnis des goldenen Schnittes aufgebaut ist.38 Doch nicht nur bei der menschlichen

Anatomie ist dieses Verhältnis anzutreffen. Auch die Anatomie vieler Tiere beruht auf dem

goldenen Verhältnis. Bei einem Pferd beispielsweise, bildet die Länge des Kopfes den Minor

zum Hals, dem Major. Dieser wiederum ist der Minor zum Major des Rückens. Auch die

Beinsegmente weisen solche Verhältnisse auf. Weitere Beispiele aus der Tierwelt ist der

Frosch, der Delphin, viele Rochenarten, die Forelle oder auch der weiße Hai. Der Pfau stellt

34 Vgl. Doczi, Gyorgy, 1996, S. 71-74 35 Vgl. Marlow, Stan, http://www.stan-marlow.de/phi-und-die-dna/, 19.01.2017 36 Vgl. Doczi, Gyorgy, 1996, S. 111-120 37 Vgl. Stelzner, Ruben, 2003, http://www.golden-section.eu/kapitel5.html, 02.11.2016 38 Vgl. Spranger, Christine, http://www.helpster.de/goldener-schnitt-ein-gesicht-nach-schoenheit-beurteilen-geht-so_152830, 19.01.2017

Abb. 18: Fossil eines Ammoniten

28

mit seinem beeindruckenden Gefieder eine besondere Form des goldenen Schnittes dar. Wie

bei dem Blütenkorb der Sonnenblume lassen sich auch bei dem Pfau Spiralzüge erkennen, die

der Fibonacci-Spirale gleichen. 39

Die Natur hält sich sogar im größeren Maßstab an den goldenen Schnitt. In der Struktur vieler

Galaxien und schwarzer Löcher ist die Fibonacci-Spirale zu erkennen. Doch auch das

Pentagramm taucht im Weltraum auf. Die Erde tanzt 6 Jahre lang mit der Venus ein

Pentagramm um die Sonne. Die Pentagramm-Spitzen werden definiert, indem man die

Position markiert, auf der die Venus mit der Erde und der Sonne in einer Linie stehen.

Der goldene Schnitt der Erde liegt innerhalb der Grenzen von Mekka. Denn die Entfernungen

von Mekka zum Nordpol und Mekka zum Südpol stehen im goldenen Verhältnis zueinander,

genau wie die Entfernung von Mekka zur westlichen Dehnung und Mekka zur östlichen

Dehnung. 40

5.2. Vorkommen in der Architektur

Auch anderen Bauwerken wird eine Planung, beruhend auf dem goldenen Schnitt,

zugesprochen. Das älteste Bauwerk dieser Behauptungen ist Stonehenge bei Salisbury in

England. Der äußere Steinkreis steht im Verhältnis des goldenen Schnittes zum inneren

Hufeisens. Bei der Cheops-Pyramide steht die Höhe der Pyramide im goldenen Verhältnis zur

Hälfte der Grundseite, wo sich auch die Königskammer befindet. Analog zur Cheops-Pyramide

verhalten sich auch Zahlreiche andere Pyramiden, die über die ganze Welt verteilt sind. 41 Die

Griechen perfektionierten den goldenen Schnitt in ihren prunkvollen Tempelanlagen. Ein

Paradebeispiel ist dabei der Parthenon von Athen, der sowohl in seiner Vorderansicht als auch

in der Draufsicht den goldenen Schnitt beinhaltet. Doch auch in den folgenden Jahrhunderten

findet man immer wieder Bauten, die den goldenen Schnitt vorweisen. Hierzu gehören der

Triumphbogen des Konstantin in Rom, das Kolosseum in Rom, der Borobudur-Stupa in Java,

die Yakushiji-Pagode in Nara,42 der Dom in Florenz, der Dom zu Limburg,43 das Taj Mahal in

39 Vgl. Doczi, Gyorgy, 1996, S. 90f. 40 Vgl. o. V., 2016, https://www.youtube.com/watch?v=MyVaGOEt6MQ, 01.12.2016 41 Vgl. Doczi, Gyorgy, 1996, S. 56-65 42 Vgl. Doczi, Gyorgy, 1996, S. 126-137 43 Vgl. Beutelspacher, Albrecht, 1996, S. 142-145

29

Agra, der Eifelturm in Paris,44 die Walhalla in Regensburg,45 Unité d‘ Habitation in Marseille,46

Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp47 und viele weitere. Bei vielen Bauten ist nicht überliefert

ob sie wirklich nach dem Verhältnis des goldenen Schnittes gebaut wurden oder ob ihnen das

goldene Verhältnis nur angedichtet wurde.

5.3. Vorkommen in der Kunst

Genau wie in der Architektur wurde auch in vielen Kunstwerken der goldene Schnitt gefunden,

jedoch meist ohne eindeutige Beweise, dass dieses Verhältnis vom Künstler auch gewollt war.

Bei vielen Statuen der Griechen, wie der Speerträger von Doryphoros, lassen sich die goldenen

Proportionen erkennen. Aber auch bei der Analyse vieler Gemälde, darunter Werke von

Leonardo Da Vinci, Albrecht Dürer, Raffael und Michelangelo, wurden oft

Grundkonstruktionen vermutet die dem goldenen Schnitt entsprechen sollen.

6. Die Harmonie des goldenen Schnittes

Der goldene Schnitt hat bis heute vor allem im Design, in der Fotografie und im AV-Bereich

noch immer einen hohen Stellenwert. Doch warum finden wir die Vorkommen des goldenen

Schnittes besonders schön? Und finden wir wirklich nur die Sachen schön die das goldene

Verhältnis aufweisen?

Genau diese Fragen stellte sich 1876 auch der deutsche Psychologe, Physiker und Natur-

Philosoph Gustav Theodor Fechner. Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, führte er ein

Experiment durch. Er zeigte, über mehrere Jahre hinweg, fast 400 Probanden zehn

verschiedene Rechtecke mit identischer Flächengrößen aber unterschiedlichen

44 Vgl. McGraw, Sally, 2012, http://www.alreadypretty.com/a-crash-course-in-the-golden-ratio/, 01.12.2016 45 Holzapfel, Michael, http://www.michael-holzapfel.de/themen/goldenerschnitt/gs-arch-kunst/gs-arch-kunst.htm, 02.11.2016 46 Vgl. o. V., http://www.asamnet.de/~hollwecm/section/anwendung3.htm#sch%F6n, 02.11.2016 47 Holzapfel, Michael, http://www.michael-holzapfel.de/themen/goldenerschnitt/gs-arch-kunst/gs-arch-kunst.htm, 02.11.2016

30

Seitenverhältnissen. Er bat die Leute dann das Rechteck auszuwählen, welches sie am

wohlgefälligsten fanden. Eindeutiger Sieger dieser Umfrage war das goldene Rechteck.

Diagramm 2: Fechners Ergebnisse zum Schönheitsempfinden von Rechtecken

48

Gäbe es wirklich eine Weltformel für Schönheit und Ästhetik, die im Verhältnis des goldenen

Schnittes zu finden sein soll, so müsste man davon ausgehen, dass die Formel bis heute gilt.

Das heißt bei einer Wiederholung Fechners Experimentes, müsste wieder das goldene

Rechteck gewinnen. Genau aus diesem Grund hat Holger Höge das Experiment von Fechner,

ebenfalls über mehrere Jahre durchgeführt aber andere Ergebnisse erzielt. Das beliebteste

Rechteck seiner Studie ist das Quadrat. Da solch ein unterschiedliches Ergebnis die Vermutung

eines Fehlers nahelegt, wurde das Experiment mehrfach wiederholt. Die Ergebnisse blieben

aber die gleichen.49

Inspiriert von diesen Ergebnissen führte auch ich eine Umfrage, ähnlich dem Fechner-

Experiment, durch. Die Umfrage erstellte ich mit Hilfe der Internetplattform survio.com. Sie

bestand aus fünf Fragen die alle auf die Wahrnehmung von Schönheit abzielten. Eineinhalb

Wochen lang konnten die Leute abstimmen. Die ersten beiden Fragen zielten auf das Alter

und das Geschlecht der Befragten ab. Bei der dritten Frage sollten die Probanden, wie bei

48 Quelle 14: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., http://www.asamnet.de/~hollwecm/section/meinmess.htm, 19.01.2017 49 Vgl. Höge, Holger, 2016, S. 147-151

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

1:1 5:6 4:5 3:4 20:29 2:3 21:34 13:23 1:2 2:5

Fechners Ergebnisse zum Schönheitsempfinden von Rechtecken

Männliche Probanden Weibliche Probanden

31

Fechners Experiment entscheiden, welches der zehn abgebildeten Rechtecke sie am

schönsten finden.

Die Seitenverhältnisse der Rechtecke waren folgende:

A = 1:1

B = 5:6

C = 4:5

D = 3:4

E = 7:10

F = 2:3

G = 5:8

H = 13:23

I = 1:2

K = 2:5

50

Abb. 19: Grafik zu Frage 3 der Online-Umfrage

Und so haben die 63 Probanden abgestimmt:

Tabelle 9: Ergebnis von Frage 3 der Online-Umfrage

Rechteck A B C D E F G H I K

Stimmen in % 30,2 4,8 0 3,2 7,9 15,9 15,9 11,1 7,9 3,2

Antworten 19 3 0 2 5 10 10 7 5 2

Das folgende Diagramm zeigt die Ergebnisse meiner Online-Umfrage im Vergleich mit den

Ergebnissen von Gustav Theodor Fechner:

50 Quelle 15: Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., http://www.asamnet.de/~hollwecm/section/meinmess.htm, 08.01.2017

32

Diagramm 3:Die Ergebnisse der Online-Umfrage im Vergleich mit Fechners Ergebnissen

Es ist klar erkennbar, dass sich die Ergebnisse der Online-Umfrage stark von Fechners

unterscheiden. Die Probanden der Online-Umfrage haben eindeutig das Quadrat auf den

ersten Platz gewählt. Jedoch lässt sich ein Anstieg der Kurve bei F (2:3) und G (5:8) erkennen,

welche annähernd dem goldenen Schnitt entsprechen. Ist damit also der Mythos von der

Weltformel: goldener Schnitt wiederlegt? Um dies herauszufinden, habe ich ein paar

Vergleichsfragen erstellt, die allerding nur halb so viele Auswahlmöglichkeiten beinhalten.

Dazu gehören Frage sechs und sieben. Die Grafiken dieser Fragen beruhen aber nicht auf

verschieden proportionierten Rechtecken, sondern auf verschieden proportionierten Blättern

und Häusern. Die geringere Auswahlmöglichkeit soll dem Probanden eine bessere Übersicht

über die unterschiedlichen Proportionen geben. Die Darstellung anderer Formen sollen den

Probanden nicht auf Anhieb erkennen lassen, dass es sich um die gleichen Proportionen

handelt, wie sie schon bei Frage drei verwendet wurden. Die Formen beider Grafiken beruhen

auf folgenden Seitenverhältnissen:

A = 1:1 B = 3:4 C = 5:8 D = 1:2 E = 2:5

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

A B C D E F G H I K

Die Ergebnisse der Online-Umfrage im Vergleich mit Fechners Ergebnissen

Männliche Probanden Weibliche Probanden Online-Umfrage

33

Das Blatt ist im Prinzip jedes Mal das gleiche, mit der Bedingung, dass die Breite und die Höhe

den oben genannten Seitenverhältnissen entsprechen.

Abb. 20: Grafik zu Frage 6 der Online-Umfrage

Die Häuser von Frage sieben verhalten sich ähnlich wie die Blätter. Die Seitenverhältnisse sind

hierbei folgende:

A = 5:6 B = 3:4 C = 5:8 D = 1:2 E = 2:5

Der untere Teil des Hauses besteht immer aus einem Quadrat. Das Dach ist so hoch, dass es

mit dem entsprechenden Seitenverhältnis abschließt. So bleiben Breite mal Höhe im

gewünschten Verhältnis.

Abb. 21: Grafik zu Frage 6 der Online-Umfrage

Die Ergebnisse dieser beiden Fragen folgen sowohl in Form einer Tabelle, als auch eines Diagramms:

34

Tabelle 10: Ergebnis von Frage 6 der Online-Umfrage

Blatt A B C D E

Stimmen in % 1,6 4,8 55,6 31,7 6,3

Antworten 1 3 35 20 4

Tabelle 11: Ergebnis von Frage 7 der Online-Umfrage

Haus A B C D E

Stimmen in % 1,6 17,5 71,4 7,9 1,6

Antworten 1 11 45 5 1

Diagramm 4: Ergebnisse der Fragen 6 und 7 der Online-Umfrage

Hier ist zu beobachten, dass sich die Probanden ganz klar für die Formen im Verhältnis des

goldenen Schnittes entschieden haben. Eine mögliche Ursache dieses Unterschiedes zur Frage

drei könnte die zu große Auswahl der Rechtecke sein. Die proportionalen Unterschiede sind

zwischen manchen Rechtecken kaum zu erkennen. Hinzu kommt, dass vermutlich einige der

Probanden die Online-Umfrage mit ihrem Smartphone beantwortet haben. Die kleineren

Bildschirme der Smartphones erschweren zusätzlich das Erkennen minimaler Unterschiede,

wie sie die Rechtecke aufweisen. Hätte ich jedoch bei der dritten Frage die Auswahl verringert,

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

A B C D E

Ergebnisse der Fragen 6 und 7 der Online-Umfrage

Frage 6 Frage 7

35

könnte man es nicht mehr mit den Ergebnissen Fechners vergleichen. Dennoch möchte ich

mit folgenden Diagramm veranschaulichen, wie extrem die Unterschiede zwischen Frage drei,

sechs und sieben sind. Hierbei wurde natürlich darauf geachtet, dass die Werte nicht nach

Buchstaben, sondern nach Seitenverhältnissen eingeteilt sind.

Diagramm 5: Die Ergebnisse der Online-Umfragen 3, 6 und 7 im Vergleich

Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob der goldene Schnitt eine Weltformel für Ästhetik

und Schönheit ist lässt sich durch diese Experimente nicht geben. Meine Vermutung ist

allerdings, auch hinsichtlich der Ergebnisse von Holger Höge, dass sich unsere Sehgewohnheit

einfach verändert hat. Wir werden regelmäßig mit Formaten konfrontiert, die nicht dem

goldenen Schnitt entsprechen. Mit den DIN-Formaten zum Beispiel, kommen die meisten

bereits in ihrer frühen Kindheit in Kontakt, welcher sich durch das ganze Leben zieht. Und auch

die ganzen Bildschirmformate von Fernseher, Computer, Smartphone und Co. begleiten

meine Generation mehr denn je. Wir werden also von Kindesbeinen an auf Formate geprägt

die nicht dem Verhältnis des goldenen Schnittes entsprechen, wodurch sich meiner Meinung

nach auch das Schönheitsempfinden gewisser Proportionen verändert hat.

Die vierte und fünfte Frage der Online-Umfrage zielen nur indirekt auf den goldenen Schnitt

ab. In Frage vier sind sechs verschiedene Sterne aufgeführt mit unterschiedlicher

Zackenanzahl. Darunter auch das Pentagramm, welches den goldenen Schnitt verkörpert.

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

A B C D E F G H I K

Die Ergebnisse der Online-Umfragen 3, 6 und 7 im Vergleich

Frage 6 Frage 7 Frage 3

36

Abb. 22: Grafik zu Frage 4 der Online-Umfrage

Nachfolgend werden wieder eine Tabelle und ein Diagramm dargestellt, die die Ergebnisse

dieser Frage veranschaulichen:

Tabelle 12: Ergebnis von Frage 4 der Online-Umfrage

Stern A B C D E F

Stimmen in % 4,8 28,6 12,7 23,8 19,0 11,1

Antworten 3 18 8 15 12 7

Diagramm 6: Ergebnisse der Frage 4 der Online-Umfrage

Auch bei dieser Frage setzt sich der goldene Schnitt durch. Das Pentagramm steht mit 28,6%

auf dem ersten Platz, ganz knapp vor dem sieben-zackigen Stern mit 23,8%.

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

A B C D E F

Ergebnisse der Frage 4 der Online-Umfrage

Stimmen in %

37

Die fünfte Frage beinhaltet ausschließlich Dreiecke, unter ihnen sowohl das stumpfe als auch

das spitze goldene Dreieck. Die anderen Dreiecke zeichnen sich wie folgt aus:

A = Stumpfes goldenes Dreieck

B = Unregelmäßiges Dreieck

C = Gleichseitiges Dreieck

D = Spitzes goldenes Dreieck

E = Spitzes gleichschenkliges Dreieck

Abb. 23: Grafik zu Frage 5 der Online-Umfrage

Auch hier folgen nun noch die Ergebnisse in Form einer Tabelle und eines Diagramms:

Tabelle 13: Ergebnis von Frage 5 der Online-Umfrage

Dreieck A B C D E

Stimmen in % 11,1 11,1 63,5 9,5 4,8

Antworten 7 7 40 6 3

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

A B C D E

Ergebnisse der Frage 5 der Online-Umfrage

Stimmen in %

38

Bei der Frage fünf geht weder das spitze noch das stumpfe goldene Dreieck als Liebling hervor.

Das beliebteste Dreieck ist das gleichseitige. Betrachtet man dieses Ergebnis und das Ergebnis

der dritten Frage, liegt die Annahme nah, dass die Probanden vollkommen gleichmäßige

Formen bevorzugen. Jedoch unterstützen die Ergebnisse der anderen Fragen diese These

nicht.

Alles in allem denke ich, dass sich das Schönheitsempfinden im Laufe der letzten 130 Jahre

definitiv gewandelt hat. Denn wir werden heutzutage von ganz anderen Einflüssen geprägt als

die Leute zur damaligen Zeit.

Doch warum sind trotzdem so viele Menschen vom goldenen Schnitt fasziniert? Natürlich

haben die vielen „Beweise“ für das Vorkommen des goldenen Schnittes einen beachtlichen

Umfang, aber die meisten von ihnen halten einer genauen Betrachtung nicht stand. Zum

Beispiel bei den Proportionen des Menschen: Das Bein wird durch das Knie im goldenen

Schnitt geteilt. Betrachtet man diese Aussage genauer, muss man feststellen, dass der Punkt

„Knie“ eine sehr große Fläche hat, die es den Befürwortern erlaubt das Maß so anzulegen,

dass der Schnittpunkt schon irgendwie ins Knie passt. Es sind die Ungenauen Angaben, die

viele Leute zweifeln lassen. Wie viel Spielraum darf dem goldenen Schnitt zugesprochen

werden damit er noch als solcher bezeichnet werden kann? Ist 1,59 oder 1,64 immer noch im

Verhältnis des goldenen Schnittes? Und wenn Ja, wo wird die Grenze gezogen? Es sind solche

Fragen, die die Diskussion um den goldenen Schnitt immer wieder entfachen lässt. Wenn man

nun auf Grund ungenauer Maßangaben die natürlichen Vorkommen des goldenen Schnittes

außer Acht lässt und sich den gewollten Vorkommen widmet, muss man auch hier feststellen,

es ist viel Spekulation dabei. Bis heute kann die Forschung bei vielen Werken nicht sagen, ob

der Künstler das goldene Verhältnis kannte und ob er dies überhaupt für sein Werk eingesetzt

hat.

Ebenso sollte man sehr vorsichtig mit Werken sein, die aus Epochen stammen, aus denen es

keine Überlieferung gibt, das goldene Teilungsverhältnis in irgendeiner Form gekannt zu

haben. So zum Beispiel die Cheops-Pyramide.51

51 Vgl. Busch, Werner, 2016, S. 73

39

Zusammengefasst trifft folgendes Sprichwort den Nagel auf den Kopf:

„Es ist nicht alles Gold was glänzt.“

Trotz vieler Schöner Beispiele für den goldenen Schnitt sollte man doch einen genaueren Blick

riskieren und sich überlegen ob der goldene Schnitt nicht vielleicht doch nur ein besonderes

Teilungsverhältnis aus der Mathematik ist.

7. Die Psychologie dahinter

Warum versuchen wir Menschen für alles ein System zu finden? Warum müssen wir alles in

ein Raster pressen?

Weil es einfach ist!

Die Welt lässt sich leichter erklären, wenn sie einem klaren System oder Schema folgt. Aus

psychologischer Sicht ist es dem Glauben an Gott gleichzusetzten. Denn die Befürworter des

goldenen Schnittes glauben ebenfalls an ein höheres System, was alles regelt. Früher glaubten

die Menschen an Gott, weil sie auf viele Fragen, wie: „Wie entstand die Erde?“, „Woher

kommt der Mensch?“ oder „Wie entstanden die Tiere?“, noch keine Antwort wussten. So

wurde einfach gesagt es muss eine höhere Kraft geben, die dies alles erschaffen hat.

Heutzutage erklären uns die modernen Naturwissenschaften wie all diese Dinge

vonstattengingen. Und dennoch glauben viele Menschen an Gott, denn es wirkt beruhigend.

Viele offene Fragen, die trotz der modernen Naturwissenschaften geblieben sind,

beschäftigen und beunruhigen die Menschen. Fragen wie: „Warum hat es ihn getroffen und

nicht mich?“ oder „Was passiert mit unserer Seele nach dem Tod?“ können durch den Glauben

an einen Gott einfach beantwortet werden und man hat den Kopf wieder frei für andere

Dinge. Genau so funktioniert es auch mit der Weltformel. Es ist macht vieles was unglaublich

schien greifbarer und beruhigt so die Gemüter. 52

52 Vgl. Niggehoff, Matthias, https://www.youtube.com/watch?v=HEQE47PXabM, 06.01.2017

40

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so_152830, 19.01.2017

Stelzner, Ruben (2003): Der goldene Schnitt, http://www.golden-section.eu/kapitel5.html,

02.11.2016

43

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne

unerlaubte Hilfe angefertigt, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den

benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich

gemacht habe.

Ort, Datum

(Unterschrift)

44

Anhang

45

Anhang 1

Die pq-Formel

In diesem Artikel lernst du, wie man quadratische Gleichungen mit Hilfe der pq-Formel löst.

Bevor wir uns anschauen, wie das funktioniert, fragen wir uns, was man unter quadratischen

Gleichungen überhaupt versteht.

Eine quadratische Gleichung ist eine Gleichung zweiten Grades, d.h. die Variable 𝑥

kommt in keiner höheren als der zweiten Potenz vor.

Die allgemeine Form einer quadratischen Gleichung lautet

𝑎𝑥2 + 𝑏𝑥 + 𝑐 = 0

Um die pq-Formel anwenden zu können, muss die quadratische Gleichung in der sog.

"Normalform" vorliegen:

𝑥2 + 𝑝𝑥 + 𝑞 = 0

Normalform bedeutet, dass der Koeffizient vor 𝑥² gleich 1 ist. Die Normalform erhält man,

indem man die Gleichung durch den Koeffizienten vor dem 𝑥² (also durch 𝑎) teilt.

Die pq-Formel zum Lösen einer quadratischen Gleichung in Normalform lautet

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

46

pq-Formel - Beispiel

Gegeben ist die quadratische Gleichung

2𝑥2 − 4𝑥 − 16 = 0

Bevor wir die pq-Formel auf unser Beispiel anwenden können, müssen wir die Gleichung

normieren, d.h. in die Normalform bringen. Dazu teilen wir die Gleichung durch den

Koeffizienten, der vor 𝑥² steht - in diesem Fall also durch 2.

2𝑥2 − 4𝑥 − 16 = 0 | ÷ 2

𝑥2 − 2𝑥 − 8 = 0

Nun liegt die Gleichung in Normalform vor und wir können die pq-Formel anwenden.

Allgemein

𝑥2 + 𝑝𝑥 + 𝑞 = 0

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

Beispiel

𝑥2 − 2𝑥 − 8 = 0

𝑥1,2 = −−2

2± √(

−2

2)

2

− −8 = 1 ± 3

Jetzt lösen wir noch das ±-Zeichen (Plus-Minus-Zeichen) auf.

Demzufolge gibt es zwei Lösungen:

𝑥1 = 1 − 3 = −2

𝑥2 = 1 + 3 = 4

Wusstest du schon, dass du mit deinem Casio Taschenrechner auch quadratische

Gleichungen lösen kannst?

47

Diskriminante einer quadratischen Gleichung

Der Ausdruck unter der Wurzel in der pq-Formel (gelb markiert) heißt "Diskriminante der quadratischen Gleichung" und macht eine Aussage über die Lösbarkeit der Gleichung.

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

Die Diskriminante D ist

𝐷 = (𝑝

2)

2

− 𝑞

gilt 𝐷 > 0, gibt es zwei verschiedene reelle Lösungen 𝑥1 und 𝑥2

gilt 𝐷 = 0, gibt es eine reelle Lösung (der Vielfachheit 2)

gilt 𝐷 < 0, existiert keine reelle Lösung

Zu jedem dieser drei Lösungsfälle schauen wir uns im nächsten Abschnitt ein Beispiel an.

pq-Formel: Mögliche Lösungen

1. Zwei verschiedene reelle Lösungen

2𝑥2 − 8𝑥 + 6 = 0 | ÷ 2

𝑥2 − 4𝑥 + 3 = 0

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

= −−4

2± √(

−4

2)

2

− 3

= 2 ± √(−2)2 − 3

= 2 ± √4 − 3

48

= 2 ± √1 Für die Diskriminante gilt: 𝐷 > 0

= 2 ± 1

𝑥1 = 2 − 1 = 1

𝑥2 = 2 + 1 = 3

Es gibt zwei Lösungen:

𝑥1 = 1 und 𝑥2 = 3

2. Eine reelle Lösung

2𝑥2 − 8𝑥 + 8 = 0 | ÷ 2

𝑥2 − 4𝑥 + 4 = 0

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

= −−4

2± √(

−4

2)

2

− 4

= 2 ± √(−2)2 − 4

= 2 ± √4 − 4

= 2 ± √0 Für die Diskriminante gilt: 𝐷 = 0

= 2 ± 0

𝑥1 = 2 − 0 = 2

𝑥2 = 2 + 0 = 2

Es gibt eine Lösungen (sic!):

𝑥 = 2

49

3. Keine Lösung

2𝑥2 − 8𝑥 + 14 = 0 | ÷ 2

𝑥2 − 4𝑥 + 7 = 0

𝑥1,2 = −𝑝

2± √(

𝑝

2)

2

− 𝑞

= −−4

2± √(

−4

2)

2

− 7

= 2 ± √(−2)2 − 7

= 2 ± √4 − 7

= 2 ± √−3 Für die Diskriminante gilt: 𝐷 < 0

Die Wurzel einer negativen Zahl ist nicht definiert!

Daraus folgt: 𝕃 = { }

Die Lösungsmenge 𝕃 ist in diesem Fall leer.53

53 Schneider, Andreas, http://www.mathebibel.de/pq-formel, 10.01.2017

50

Anhang 2

Die Fibonacci-Folge und ihre Beweisführung

Mathematisch lässt sich das Problem folgendermaßen darstellen (𝑓𝑛 gibt die Anzahl der Paare

zu Beginn des n-ten Monats an):

Am Anfang waren noch keine Kaninchen vorhanden und zu Beginn des ersten Monats

besagtes erste Paar. Es gilt also:

𝑓0 = 0

𝑓1 = 1

Die Anzahl der Kaninchen zu Beginn eines Monats lässt sich berechnen aus der Summe der

Kaninchen, die im Monat davor schon vorhanden waren 𝑓𝑛−1 und den neu hinzugekommenen

Kaninchen. Diese entspricht der Anzahl der geschlechtsreifen Kaninchen, welche wiederum

der Anzahl der Kaninchen zwei Monate vorher 𝑓𝑛−2 entspricht, da die neugeborenen

Kaninchen einen Monat brauchen um Junge bekommen zu können. Es folgt:

𝑓𝑛 = 𝑓𝑛−1 + 𝑓𝑛−2 𝑚𝑖𝑡 𝑛 ≥ 2; 𝑛 𝜖 ℕ (1a)

Diese rekursive Folge nennt man Fibonacci-Folge.

Durch Substitution von 𝑛 durch 𝑛 + 1 beziehungsweise 𝑛 + 2 erhält man alternativ auch

𝑓𝑛+1 = 𝑓𝑛 + 𝑓𝑛−1 𝑚𝑖𝑡 𝑛 ≥ 1; 𝑛 𝜖 ℕ (1b)

𝑓𝑛+2 = 𝑓𝑛+1 + 𝑓𝑛 𝑚𝑖𝑡 𝑛 ≥ 0; 𝑛 𝜖 ℕ (1c)

Für die Fibonacci-Folge (1) ergibt sich folgende Wertetabelle: (𝑓𝑛: Anzahl der Paare nach 𝑛

Monaten)

𝑓0 𝑓1 𝑓2 𝑓3 𝑓4 𝑓5 𝑓6 𝑓7 𝑓8 𝑓9 𝑓10 𝑓11 𝑓12 𝑓13 𝑓14 𝑓15 𝑓16 …

0 1 1 2 3 5 8 13 21 34 55 89 144 233 377 610 987 …

Die Lösung der Kaninchenaufgabe ist 𝑓13 = 233, da genau mit Beginn des 13ten Monats ein

volles Jahr verstrichen ist.

51

4. Eigenschaften der Fibonacci-Folge

4.1. Satz 1

Eine sehr interessante Beziehung zwischen Fibonaccizahlen, die sich durch die vollständige

Induktion leicht beweisen lässt, zeigt folgender Satz:

𝑓𝑛+𝑚 = 𝑓𝑛−1𝑓𝑚 + 𝐹𝑛𝐹𝑚+1

Beweis:

durch vollständige Induktion nach m.

Induktionsanfang:

Der Induktionsanfang wird für 𝑚 = 1 und 𝑚 = 2 gezeigt. Dass er für 𝑚 = 0 (𝑓0 = 0 und 𝑓1 =

1) gilt, ist offensichtlich.

𝑚 = 1 → 𝑓𝑛+1 = 𝑓𝑛−1𝑓1 + 𝑓𝑛𝑓2 = 𝑓𝑛−1 ∗ 1 + 𝑓𝑛 ∗ 1 = 𝑓𝑛−1 + 𝑓𝑛

𝑚 = 2 → 𝑓𝑛+2 = 𝑓𝑛−1𝑓2 + 𝑓𝑛𝑓3 = 𝑓𝑛−1 ∗ 1 + 𝑓𝑛 ∗ 2 = (𝑓𝑛−1 + 𝑓𝑛) + 𝑓𝑛 = 𝑓𝑛+1 + 𝑓𝑛

was beides laut Rekursionsformel (1a) und (1b) der Fibonacci-Folge für alle 𝑛𝜖ℕ gilt.

Induktionsvoraussetzung:

Es gilt für ein 𝑚𝜖ℕ und für 𝑚 + 1:

𝑓𝑛+𝑚 = 𝑓𝑛−1𝑓𝑚 + 𝑓𝑛𝑓𝑚+1

𝑓𝑛+𝑚+1 = 𝑓𝑛−1𝑓𝑚+1 + 𝑓𝑛𝑓𝑚+2

Induktionsschritt:

Durch Addition ergibt sich:

𝑓𝑛+𝑚 + 𝑓𝑛+𝑚+1 = 𝑓𝑛+𝑚+2 = 𝑓𝑛−1(𝑓𝑚 + 𝑓𝑚+1) + 𝑓𝑛(𝑓𝑚+1 + 𝑓𝑚+2) = 𝑓𝑛−1𝑓𝑚+2 + 𝑓𝑛𝑓𝑚+3

Damit ist die Behauptung für 𝑓𝑛+𝑚+2 und somit für alle 𝑚𝜖ℕ bewiesen.54

54 May, Karl Henrik, 2011, S. 4f.

52

Anhang 3

Ångström (Einheit)

Das Ångström [ˈɔŋstrø:m] ist eine nach dem schwedischen Physiker Anders Jonas Ångström

benannte Einheit der Länge. Das Einheitenzeichen ist Å (A mit Ring).

1 Å = 100 pm = 0,1 nm = 10−4 μm = 10−7 mm = 10−10 m

Das Ångström ist keine SI-Einheit. Da sie nicht in der Einheitenrichtlinie aufgeführt wird, ist sie

auch keine gesetzliche Einheit in der EU, nach der schweizerischen Einheitenverordnung auch

nicht in der Schweiz. In DIN 1301-3 ist sie ausdrücklich als nicht mehr zugelassene Einheit

aufgelistet.

Sie wird aber in manchen Bereichen benutzt, um mit „einfachen“ Zahlenwerten arbeiten zu

können. Insbesondere in der Kristallographie und der Chemie ist das Ångström weit verbreitet.

So ist 1 Å die typische Größenordnung für Atomradien, Abstände von Atomen in

Kristallstrukturen und Bindungslängen in Molekülen. Der Radius isolierter neutraler Atome

beträgt zwischen 0,3 und 3 Å. Aus diesem Grund wird das Ångström oft als Einheit für

Abstände in atomaren Größenordnungen verwendet, z. B. sehr dünne Schichtdicken, sowie

für die Angabe der verwendeten Wellenlänge der Röntgenstrahlung bei ihrer Ermittlung in

Röntgenbeugungsexperimenten wie der Kristallstrukturanalyse.

In der Thermodynamik wird die mittlere

freie Weglänge der sich bewegenden

Moleküle häufig in Ångström angegeben.

Auch in der Optik und der Astronomie wird

es zur Angabe einer Wellenlänge genutzt

(allerdings weniger in deutschsprachigen,

sondern eher in englischsprachigen

Fachpublikationen).55

Physikalische Einheit

Einheitenname Ångström

Einheitenzeichen Å

Physikalische Größe(n) Länge

Formelzeichen λ, a, b, c

Dimension L

In SI-Einheiten 1Å = 10−10𝑚 = 100 𝑝𝑚

Benannt nach Anders Jonas Ångström

Abgeleitet von Atomradius

55 O. V., https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%85ngstr%C3%B6m_(Einheit), 21.01.2017