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Weltordnung und Frieden: Trends und Perspektiven · Weltordnung und Frieden: Trends und Perspektiven. 40. der offene Streit zwischen westlichen Ländern im Kontext des Irakkrieges

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39 Weltordnung und Frieden: Trends und Perspektiven

Weltordnung und Frieden:Trends und Perspektiven

Weltpolitik ereignet sich im Zusammen-spiel unterschiedlicher Politikebenen.Die Machtstruktur des internationalenSystems, weltwirtschaftliche und kultu-relle Faktoren, regionale Dynamiken undNationalstaaten spielen wichtige Rollen,aber auch internationale Organisationenund nichtstaatliche Akteure sind vonzunehmender Bedeutung. Auf allen die-sen Ebenen kommt es zu fortwährendenVeränderungen und Verschiebungen,auch wenn diese häufig langsam und fürzeitgenössische Beobachter geradezu un-merklich erfolgen. Sie führen dazu, dassdas »internationale System« eher einenProzess denn einen Zustand bezeichnet.»Stabilität« ist daher ein leicht misszuver-stehender Begriff: Er kann nicht denFortbestand des Status quo bedeuten,sondern dessen geregelte, konfliktarmeund eher kontinuierliche Weiterentwick-lung. Diese wiederum wird von derMachtstruktur und der Konfiguration derAkteure und ihrer Interessen, von sozio-ökonomischen Veränderungen und denPolitiken der Akteure geprägt – wobeideren Absichten zwar durchaus relevant,aber selten ausschlaggebend sind. DieStruktur des internationalen Systems undseine Veränderung wird zwar von Men-schen bewirkt, aber von so vielen objekti-ven und subjektiven Faktoren beein-flusst, dass in ihrem Zusammenwirkender Wille einzelner Akteure zwar er-kennbar ist, aber kaum je das Ergebnisbestimmt.

Die Weltordnung, also die Makro-struktur des internationalen Systems,war während des Kalten Krieges vor al-

lem von Bipolarität geprägt, also demGegenüberstehen zweier intern komple-xer Machtblöcke, die um die Vorherr-schaft rangen. Mit dem Fortfall eines derbeiden Blöcke musste sich diese Grund-struktur ändern. Es kam zu einem »uni-polaren Augenblick«. Allerdings warenund sind die Perioden während undnach dem Kalten Krieg nicht allein bi-bzw. unipolar, sondern unterhalb derMakroebene von zusätzlichen, z.T.auch gegenläufigen Tendenzen gekenn-zeichnet bzw. gekennzeichnet gewesen.In beiden Fällen gab bzw. gibt es Regio-nen am Rande oder außerhalb der glo-balen Ordnung: Nicht alle Länder undRegionen waren früher im gleichenMaße in die beiden Blöcke integriert,nicht alle sind heute im gleichen Gradder Unipolarität unterworfen. Margina-lisierte Länder von geringer strategi-scher Bedeutung oder die »Bewegungder Blockfreien« waren früher Beispieledafür, dass das bipolare System nichtüberall gleichmäßig dominierte. Es ge-lang manchen Ländern durchaus, diebeiden Blöcke in gewissem Maße ge-geneinander auszuspielen und so einMaß an Bewegungsspielraum zu erhal-ten oder zu gewinnen. Auch die Volksre-publik China war nach dem Bruch mitMoskau, spätestens aber seit dem BesuchUS-Präsident Nixons nicht einfacheinem der beiden Lager zuzurechnen.Auch heute ist die Unipolarität nichtungebrochen: der Begriff der »Schurken-staaten« beispielsweise soll gerade sol-che Länder bezeichnen, die sich einerEinordnung entziehen wollen. Auch

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Weltordnung und Frieden: Trends und Perspektiven 40

der offene Streit zwischen westlichenLändern im Kontext des Irakkrieges(»Altes Europa«) deutet darauf hin, dassUnipolarität nicht Homogenität undunbestrittene Unterordnung unter denHegemon bedeutet, sondern stets weitwidersprüchlicher und komplexer orga-nisiert ist.

So entstanden während und nachdem Kalten Krieg unterhalb der Ebenedes zwei- bzw. einpoligen Systems Ten-denzen, die diese Strukturen dadurchunterhöhlten, dass zusätzliche Akteurean politischem und ökonomischem Ge-wicht gewannen. Der wirtschaftlicheund – in geringerem Maße – politischeWiederaufstieg der Verlierer des ZweitenWeltkriegs (Japan und Deutsch-land/BRD und DDR), die Bildung derEWG/EG/EU oder die wachsende Be-

deutung der »Schwellenländer« oder»Tigerstaaten« Asiens sind dafür wich-tige Beispiele. Heute liegt das Augen-merk in dieser Hinsicht vor allem beiden dynamischen WirtschaftsmächtenChina und Indien.

Insgesamt kann festgestellt werden,dass die durch nur einen oder zweiMachtpole gekennzeichneten Grund-muster des internationalen Systemszwar tatsächlich die Weltpolitik prägtenbzw. prägen, zugleich aber nie vollstän-dig durchgesetzt waren und in sich im-mer die Gegentendenz einer stärkerenMultipolarität trugen. Je stärker die Dis-ziplin des globalen Hegemons oder derHegemone durchgesetzt werden sollte,desto mehr Anreize bestanden, denHandlungsspielraum dritter Akteure zuverteidigen oder auszubauen.

Die ambivalente Rolle der einzigen Supermacht

Damit gerät der Zusammenhang der sehrbeschränkten Anzahl globaler Haupt-mächte mit ihrer Politik in den Blick. Dieheute noch unipolare Grundstrukturdes Weltsystems bedeutet nicht automa-tisch, dass die Weltmacht USA deshalbauch eine unilateralistische Politik verfol-gen müsste. Während die Grundstruk-tur des Weltsystems auf den wirtschaftli-chen, militärischen und politischenMachtverhältnissen basiert und damitvom Willen der Akteure nur sehr mittel-bar geprägt wird, bleibt die Frage einereher unilateralen oder kooperativen Po-litik bei Großmächten im Bereich dereigenen Entscheidungsfähigkeit (Hipp-ler 2003). Auch ein globaler Hegemonkann, wenn er dies für angebracht hält,sich vor allem auf integrative, koopera-tive und »weiche« Formen der Domi-

nanz stützen – oder aber, mit geringerRücksichtnahme auf Andere und die Er-fordernisse des internationalen Systemseinen Politikstil der hemdsärmeligenDurchsetzung der Eigeninteressen wäh-len. In beiden Fällen mag die Verfolgungder Eigeninteressen die treibende Kraftsein, die Auswirkungen auf die Weltpo-litik und der Grad des Widerstandes ge-gen den Hegemon werden sich aller-dings beträchtlich unterscheiden.

Die derzeitige Ordnung des internatio-nalen Systems wird angesichts der nochbestehenden Unipolarität in erster Linievon den USA geprägt, ohne dass diese al-lerdings in der Lage wären, sie selbst undeinseitig zu bestimmen. Und deren Poli-tik erfolgt – zumindest unter der Präsi-dentschaft George W. Bushs – in einemSpannungsfeld eines »realistischen« und

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robusten Unilateralismus, der aus prag-matischen Gründen gelegentlich vonmultilateralen Zugeständnissen gemil-dert wird, und einem »idealistischen«Projekt des »Demokratieexports«, daswiederum als Mittel eigener Interessen-durchsetzung begriffen wird. BeideAspekte der Politik tragen offensive Züge.Und wenn auch beide der Ausdehnungder eigenen Macht dienen, so tun sie diesauf höchst unterschiedliche Weise: ein-mal offen machtbezogen und pragma-tisch, im zweiten Fall mit dem ideologi-schen Anspruch, Freiheit und Demokra-tie zu fördern und fremde Länder vonDiktatur zu befreien – wobei bemerkens-wert ist, dass der Begriff der Menschen-rechte häufig ausgespart bleibt (Hippler2005). Beide Grundlinien der US-Au-ßenpolitik, die zum großen Teil dempolitischen Kompromiss zwischen»Realisten« und Neokonservativen in derRegierung entsprechen, scheinen kon-zeptionell in einem Gegensatz (pragmati-sche Machtmaximierung vs. ideologi-scher Kreuzzug) zu stehen, ergänzen sichaber tatsächlich, indem die Demokra-tierhetorik einerseits zum Ansatzpunktfür direkte oder indirekte Interventio-nen in anderen Staaten wird und sie zu-gleich zur innenpolitischen und inter-nationalen Legitimation pragmatischerMachtausdehnung genutzt wird. Des-

halb ist es wenig überraschend, dass an-dere Länder und Akteure einen solchenPolitikmix häufig beunruhigend finden:entweder, weil sie sich von Demokrati-sierungsvorstellungen oder von US-Do-minanzansprüchen bedroht fühlen,oder von beidem.

Während das US-Projekt des »Demo-kratieexports« umstritten bleibt, stelltsich immer klarer heraus, dass der »Krieggegen den Terrorismus« als zentralesElement der Globalstrategie der USA de-ren Stellung in der Welt eher untergräbtals festigt. Inwieweit diese Politik tatsäch-lich primär dem Kampf gegen den Ter-rorismus dient oder ihn vor allem in denDienst anderer imperialer Interessenstellt (Beispiel Irak), ist Gegenstand in-tensiver Debatten. Zumindest kann fest-gehalten werden, dass die Solidarisierungder Weltgemeinschaft mit den USA nachdem 11. September 2001 durch den Irak-krieg, die Bilder von Abu Ghraib undaus Guantánamo aufgebrochen wurde.Die massiven militärischen Maßnah-men konnten den Terrorismus bishernicht in die Knie zwingen. Der »Krieggegen den Terror« scheint vielmehr nochÖl ins Feuer gegossen zu haben, vor al-lem im Nahen und Mittleren Osten [vgl.Kapitel Internationaler Terrorismus undseine Folgen für die internationalen Bezie-hungen und Hippler 2006].

Zukünftige Herausforderungen

Die gegenwärtig noch relativ stabile uni-polare Ordnung des internationalenSystems bedeutet nicht, dass regionaloder lokal nicht beträchtliche Instabili-tät, Gewaltkonflikte und Fragmentie-rung von nationalen oder regionalenSubsystemen herrschen könnten. Eine

der großen Herausforderungen für dieinternationale Politik besteht darin, dasses in Teilen der Dritten Welt zu Ausein-andersetzungen um die politischeMacht sowie um die Kontrolle des Staa-tes oder wichtiger Ressourcen kommt,die die Funktionsfähigkeit und Existenz

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von Staatlichkeit insgesamt bedrohen[vgl. Kapitel Fragile Staaten und globaleFriedenssicherung]. Dies führt in Zeitender Globalisierung nicht allein zu loka-len Problemen, sondern strahlt auf ganzeRegionen oder die Weltpolitik aus. »Ge-scheiterte« oder scheiternde Staatlichkeitbringen deshalb nicht allein die politi-sche und wirtschaftliche Entwicklungvor Ort in Gefahr, sondern könnendurch Migration, regionale Gewalt-märkte oder globalen Gewaltexport dieweltweite Stabilität untergraben. Zwarwird das Problem scheiternder Staat-lichkeit und die mögliche Destabilisie-rung ganzer Weltregionen intensiv dis-kutiert, doch der politische Wille inter-ner wie externer Akteure, sich in diesenKrisenregionen nachhaltig zu engagie-ren, ist begrenzt.

Darüber hinaus wird die Zukunft derWeltpolitik entscheidend davon abhän-gen, ob sich in den kommenden zweiJahrzehnten der ökonomische AufstiegChinas und Indiens fortsetzt und diesebeiden Giganten dazu in der Lage seinwerden, ihre neu gewonnene ökonomi-sche Macht in politische Gestaltungs-kraft umzusetzen. Ansätze dazu gibt esbereits: In Lateinamerika und Afrika istimmer häufiger vom »Beijing Konsen-sus« (autoritäre Herrschaft, pragmati-sche Marktwirtschaft, Achtung desPrinzips der Nicht-Einmischung in dieAngelegenheiten anderer Staaten) alsAlternative zum westlichen (Post-)Wa-shingtoner Konsensus die Rede. Chinaund zunehmend auch Indien sind zu-dem aufgrund ihrer enormen Devisen-reserven sowie ihrer ökonomischenDynamik in Afrika, Lateinamerika undZentralasien, also den Regionen, in de-

nen sich der Wettbewerb um Energieres-sourcen und Rohstoffe verschärft, zurelevanten Akteuren geworden. Die öko-nomischen und politischen Macht-potenziale scheinen sich von West nachOst zu verschieben (Kaplinsky 2006).

Dieser Trend könnte die Tiefenstruk-turen der internationalen Politik verän-dern und einen Umbruch von der heutenoch quasi-unilateralen zu einer multi-polaren Weltordnung einleiten (Humph-rey/Messner 2006). Viel wird von denzukünftigen Beziehungen zwischen denUSA, China und Indien abhängen. Ent-steht hier eine konfliktive Machtrivalitätzwischen den alten und den neuenGroßmächten, die sich in weltpolitischeTurbulenzen und Instabilitäten über-setzt, oder erhöhen der Aufstieg der asia-tischen Akteure sowie die ökonomi-schen Interdependenzen zwischen denwichtigsten Spielern der internationalenPolitik den Druck, die multilateralenStrukturen an die neuen Herausforde-rungen anzupassen?

Auch Europa steht in diesem Prozessvor wesentlichen Weichenstellungen.Erstens müssen die europäischen Akteureihre Beziehungen zu den USA sowieChina und Indien unter den Bedingun-gen sich global verschiebender Macht-konstellationen neu austarieren. Zwei-tens sind die europäischen National-staaten gegenüber den USA, China undIndien nur kleine und mittlere Akteuremit sehr begrenzten Machtressourcen.Ob Europa Mitte des 21. Jahrhundertsam Rand oder im Zentrum der Weltpoli-tik steht, entscheidet sich an der Fähig-keit der europäischen Regierungen, einegemeinsame Außenpolitik tatsächlichdurchzusetzen.

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43 Zukünftige Herausforderungen

Literatur

Hippler, Jochen 2006: Der Irak zwischenDauerkrise, Bürgerkrieg und Stabilisie-rung, in: Reinhard Mutz/Bruno Schoch/Corinna Hauswedell/Jochen Hippler/Ulrich Ratsch (Hg.): Friedensgutachten2006, Institut für Friedensforschung undSicherheitspolitik an der Universität Ham-burg (IFSH), Hessische Stiftung Frie-dens- und Konfliktforschung (HSFK),Bonn International Center for Conver-sion (BICC), Institut für Entwicklungund Frieden (INEF), u. a. Münster,S. 121 – 130.

Hippler, Jochen 2005: Freiheitsbegriff, »Krieggegen den Terror« und Menschenrechtein der Außenpolitik der Bush-Administra-tion, in: Jahrbuch Menschenrechte 2006,Frankfurt/M. S. 130 – 137.

Hippler, Jochen 2003: US-Dominanz undUnilateralismus im internationalen Sys-tem – Strategische Probleme und Grenzenvon Global Governance, in: Jochen Hipp-ler/Jeanette Schade, US-Unilateralismusals Problem von internationaler Politikund Global Governance, INEF-Report 70,Institut für Entwicklung und Frieden(INEF), Duisburg.

Humphrey, John/Dirk Messner 2006: Chinaand India as emerging global governanceactors, in: IDS Bulletin, Vol. 37, Nr. 1,S. 107 – 115.

Kaplinsky, Raphael (Hg.) 2006: Asian Drivers:Opportunities & Threats, IDS Bulletin,special issue, Vol. 37, Nr. 1, S. 1–114.

Jochen Hippler, Dirk Messner