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welt zeit Ticket für ein Wiedersehen Das Alumni-Netz der DW Akademie Das Magazin der Deutschen Welle AUSGABE 1 | 2013

Weltzeit 1 | 2013: Ticket für ein Wiedersehen – Das Alumni-Netz der DW Akademie

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Jährlich nehmen Tausende Medienschaffende aus aller Welt an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der DW Akademie teil. Mehrheitlich geht es um Kurse der Medienentwicklungszusammenarbeit. Hinzu kommen der zweijährige Masterstudiengang „International Media Studies“ in Bonn und die Ausbildung von Nachwuchsjournalisten – unter anderem für die Sprachredaktionen der DW. Schwerpunkt der neuen Weltzeit ist das Alumni-Netz der DW Akademie. Wie bleiben die Teilnehmer nach Abschluss der Maßnahmen in Kontakt – zur DW Akademie und untereinander? Wie haben sie die erworbenen Kenntnisse einbringen können? Lesen Sie außerdem ein Essay des Schriftstellers Mahmud Doulatabadi in der Reihe „Deutschlandbild“, eine Reportage über Ölkocher und Ölmultis in Nigeria und einen Bericht über die wachsende Wirkung des arabischen Fernsehprogramms der DW.

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  • weltzeit

    Ticket fr ein Wiedersehen Das Alumni-Netz der DW Akademie

    Das Magazin der Deutschen Welle AusgAbe 1 | 2013

  • AFRICA POSITIVEDie Brcke zum bunten Kontinent

    Der andere Blick auf Afrika seine Menschen und Kulturenseine Potentiale und Chancen

    Das andere Afrika-Magazin: objektiv informativ vielfltig

    15 Jahre Africa PositiveJubilum und Programm in 2013

    Feiern Sie mit und blicken Sie 2013 gemeinsam

    mit uns zurck auf 15 Jahre Magazin und Verein

    Africa Positive. Das sind 15 Jahre engagierte

    Informations- und Integrationsarbeit fr ein

    anderes Afrika-Bild in den Medien sowie ein

    besseres Miteinander der Vielfalt der Menschen

    und ihrer Kulturen in unserer Gesellschaft.

    Anlsslich des fnzehnjhrigen Jubilums laden wir

    Sie herzlich ein zu unserem Jubilumsprogramm:

    20.21. Juni 2013 Fachtagung Afrika 3.0

    28.30. Juni 2013 Afro-Ruhr-Festival im Dortmunder Fredenbaumpark

    Wir freuen uns auf Sie!Kontakt/Information:

    [email protected]: +49 (0)231 - 79 78 590

    www.africa-positive.de

    www.afro-ruhr-festival.de

    Das vierteljhrliche Magazin Africa Positive:

    Im Abonnement und im Zeitschriftenhandel erhltlich

  • Wenn wir heute bekunden wollen, dass uns etwas gefallen hat, dann drcken wir den Like-Button. Und wenn wir ein Netzwerk aufbauen wollen, knnen wir in krzester Zeit Hunderte Freunde finden. So luft Kommunikation in Sozialen Net-zen. Neue Mglichkeiten nicht zuletzt fr jene Menschen, die weltweit in Verbindung bleiben mchten.

    Selbstverstndlich gibt es auch jenseits des Web 2.0 weiterhin Wege, eine qualifi-zierte Rckmeldung zu geben oder nach-haltige Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen. Zum Beispiel nach einer Aus- oder Fortbildung in der DW Akademie. In die-ser Ausgabe der Weltzeit stellen wir Ih-nen unser Alumni-Netzwerk vor. Es geht um Menschen, die vor Ort an Kursen der Medienentwicklungszusammenarbeit teil-genommen haben. Um Absolventen des zweijhrigen Masterstudiengangs Inter-national Media Studies in Bonn und um ehemalige Volontre der Deutschen Welle. Was ist aus ihnen geworden? Wie haben sie die erworbenen Kenntnisse einbringen kn-nen? Wie halten sie Kontakt zur DW Akade-mie und untereinander?

    Die DW Akademie ist ihrerseits gut ver-netzt. Nur ein Beispiel: Seit vergangenem

    Herbst ist sie im Hauptausschuss des Glo-bal Forum for Media Development (GFMD) vertreten es ist das weltweit grte Forum fr Medienentwicklungszusammenarbeit. Die DW-Vertreter koordinieren dort die EU-Arbeitsgruppe.

    Dass unsere Akademie hierzulande gro-es Vertrauen geniet, hat das Bundesminis-terium fr wirtschaftliche Zusammenarbeit

    und Entwicklung (BMZ), wichtigster Mittel-geber, einmal mehr unterstrichen: Zum 1. Januar wurde das Internationale Institut fr Journalismus (IIJ) bisher bei der Gesell-schaft fr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angesiedelt in die DW Akademie in-tegriert. Eine erfreuliche Rckmeldung gab es auch vom Land Nordrhein-Westfalen, das dem Masterstudiengang das Prdikat Best-leistung verliehen hat. Die International Media Studies fhrt die DW in Zusammen-arbeit mit der Universitt Bonn und der Hochschule onn-Rhein-Sieg durch.

    Lesen Sie in dieser Weltzeit auch eine Rckmeldung aus Iran: Der in seiner Hei-mat sehr bekannte Schriftsteller Mahmud Doulatabadi schickte uns ein Essay fr die Reihe Deutschlandbild. Darin erklrt er, wie unser Land fr ihn inzwischen zur zweiten Heimat seines schriftstellerischen Schaffens geworden ist.

    Auerdem blicken wir in dieser Ausga-be auf die Entwicklung unseres arabischen Fernsehprogramms. Seit zehn Jahren ist es auf Sendung und verzeichnet im Zielgebiet eine wachsende Resonanz nicht zuletzt aufgrund von Talkformaten und der Zusam-menarbeit mit Partnern vor Ort.

    Ihnen wnsche ich einen guten Start ins neue Jahr. Mge es fr Sie ein erfolgreiches werden! Bleiben Sie der Deutschen Welle, die 2013 ihren 60. Geburtstag feiern kann, gewogen.

    Erik BettermannIntendant

    Editorial

    Die DW Akademie ist gut vernetzt.

    DW/J. s

    chulzki

    3Deutsche Welle

  • Robin Merrill und Lifestyle das passt! Des-halb war der gebrtige Brite lange Zeit das Gesicht und die Stimme der englischen Ausgabe des Maga-zins Euromaxx. Dort geht es um Leben und Kultur in Europa. Seit zehn Jahren produziert und moderiert er fr das Fernsehen der Deutschen Welle. Jetzt pr-sentiert er das neue Format Insight Germany ein interkultureller Talk mit Menschen aus aller Welt, die in Deutschland ihre zweite Heimat gefunden haben.

    Robin Merrill verschafft sich seit Jahrzehnten vor allem singend und swingend Gehr mit groem Erfolg. Er sang 1978 in der Welturauffhrung des

    Musicals Evita, er prgte den Sound des Pasadena Roof Orchestra. Professionelle Schulung erfuhr sein samtener Bariton an der Guildhall School of Music and Drama in London. Gemeinsam mit Stefan War-muth grndete er 1994 das Savoy Dance Orchestra.

    Seit 1989 lebt er an der Spree, hatte seine eigene Show bei BFBS Radio Berlin. Im DW-Fernsehen hat der En-tertainer und Moderator ein weltweites Publikum.

    2013 wird Robin Merrill 60. Die Deutsche Welle auch. Wie wrs mit einem neuen Hit als Geburtstagsstnd-chen, Mr. Merrill?

    DW/M

    . Altmann [M]

    4 Weltzeit 1 | 2013

    Welt AnschAuen

  • Aktuelles erfAhren

    6 Auslandssender besorgt Anwalt der Meinungsfreiheit

    7 Global Media Forum 2013 Werte fr eine globalisierte Welt

    7 Learning by Ear Bildungsprogramm fr Pakistan

    titeltheMA

    8 Weltweit in Verbindung bleiben Das Alumni-Netz der DW Akademie

    13 Mein Tor zur Welt Ein Gastbeitrag aus Rabat, Marokko

    14 Perspektive erweitert Rckmeldungen aus Nairobi, Kenia

    16 Die groe DW-Familie Direktorin Gerda Meuer im Interview

    17 Kolumne: Kulturtransfer Zur Rolle der Alumni in den USA

    AnDere Verstehen

    18 Akzente setzen im Ost-West-Dialog Das arabische TV-Programm

    20 Hard Talk und Arabellion The New Arab Debates

    21 Kolumne: Wir sprechen Haussa Barka da zuwa!

    heiMAt erleben

    23 Kolumne: Deutschlandbild Iran Mahmud Doulatabadi

    25 Kolumne: Das luft So geht Deutschland

    unterWegs sein

    26 Dilemma im Delta Das Schwarze Gold in Nigeria

    27 Kolumne: Das luft Rohstoff zwischen Fluch und Segen

    MeDienWelt einOrDnen

    28 Auf der virtuellen Couch Der Second Screen

    29 Kolumne: Lesetipp Wir Zukunftssucher

    30 Nahezu frei von Kritik Medienmarkt Russland

    gestern reflektieren

    32 Vor 50 Jahren Erste Filmkopie geht in die Welt

    POsitiOn beZiehen

    33 Honduras Mord statt Medienfreiheit

    Menschen begegnen

    34 Zurck zu den Wurzeln Journal-Moderator Brian Thomas

    Inhalt

    18

    8

    26

    5Deutsche Welle

  • An dem Meinungsaustausch nah-men Vertreter der Auslandsrundfunkan-stalten AEF (Frankreichs neuem Zusam-menschluss Audiovisuel Extrieur de la France), BBC, BBG (Broadcasting Board of Governors, USA), RNW (Radio Netherlands Worldwide) und der Deutschen Welle (DW) teil. Erstmals mit dabei waren ABC (Austra-lian Broadcasting Corporation) und NHK (Nippon Hoso Kyokai, Japan).

    In ihrer gemeinsamen Erklrung heit es, dass der internationale Journalismus in einem bisher nicht gekannten Ausma He-rausforderungen erlebt durch Lnder, die ihren Brgern den Zugang zu alternativen, externen Informationsquellen verwehren. Dies stehe im Widerspruch zur Allgemeinen Erklrung der Menschenrechte. Deshalb ap-pellierten die Teilnehmer an alle Nationen, das in Artikel 19 festgeschriebene Grund-recht auf Meinungsfreiheit zu strken und den Informationsfluss mit digitaler und mobiler Technologie ber Landesgrenzen hinweg zu untersttzen.

    Die Sender verweisen darauf, dass be-stimmte Regierungen den freien Infor-mationsfluss fortgesetzt kontrollieren. So blockiert China routinemig die Internet- und Social-Media-Angebote unserer Sender

    und strt die Kurzwellensignale, ber die wir unsere Programme verbreiten. Iran und Syrien stren die Satellitensignale, die unse-re Programme transportieren. Auch andere Regierungen in Eurasien, Afrika, dem Mitt-leren Osten und Lateinamerika versuchten zu kontrollieren, was ihre Brger sehen, hren oder lesen knnen. Dies verstoe gegen internationale Bestimmungen. Wir verurteilen diese Aktionen ohne Vorbehalt, heit es weiter.

    Die Vertreter der Auslandssender sehen zudem neue Gefahren fr die Meinungs-freiheit etwa durch Bestrebungen einiger Regierungen, weitreichende Regulierun-gen der Telekommunikation einzufhren,

    die das Recht auf freie Meinungsuerung einschrnken wrden. Man betrachte die Anstrengungen, das Internet zu kontrollie-ren, mit Sorge und verurteile jeglichen Versuch, Internetnutzer zu identifizieren oder zu lokalisieren, um Meinungsfreiheit, Recherchemglichkeiten und politische Ak-tivitt zu unterdrcken, so die Erklrung.

    Die Teilnehmer vereinbarten, knftig in wachsendem Mae Bemhungen zu untersttzen, die Internetzensur durch den Einsatz neuer, innovativer Hard- und Soft-ware zu umgehen. Zudem sei man sich ei-nig darin, verstrkt als Anwalt der Freiheit des Internets aufzutreten.

    Fhrende Vertreter von sieben groen Auslandssendern haben bei ihrem jngs-ten Treffen Mitte Dezember in Berlin ihrer Sorge um das Grundrecht auf Informa-tionsfreiheit Ausdruck verliehen.

    Anwalt der Freiheit des Internets

    Webdoku: Namatis Welt

    Die Webdokumentation Namatis Welt Trume und ngs-te einer kleinen Koralle im Sdpazifik zeigt die Bedrohung der Unterwasserwelt durch den Klimawandel. Sie nimmt Nut-zer spielerisch mit in die grafisch animierte Korallenwelt von Namati. Die interaktive Doku von Joachim Eggers liefert beein-druckende Unterwasseraufnahmen und Hintergrundtexte. Sie stellt Menschen vor, die helfen, das berleben des Riffs vor der Kste der Insel Pele im Pazifikstaat Vanuatu zu sichern.

    Mit der Webdoku spricht die DW vor allem junge Menschen an, das Thema Klimaschutz zu entdecken. Sie erleben einen Wettstreit um den besten Riffschtzer, mssen Rtsel lsen und knnen ihre Fortschritte auf Facebook mit Freunden teilen. Die Webdoku ist Teil des multimedialen Klimaprojekts Global Ideas.

    webdocs.dw.de/vanuatu

    www.dw.de/globalideas

    Weltkulturerbe: Auf acht Routen

    Die UNESCO hat 37 Sttten in Deutschland mit dem Prdikat Welterbe versehen und fr besonders schtzenswert erklrt vom Wattenmeer bis zur Klosterinsel Reichenau, vom Klner Dom bis zum Schloss Sanssouci. Auch Naturlandschaften wie das Obere Mittelrheintal und Industriedenkmler wie die Zeche Zoll-verein in Essen finden sich auf der Liste. Im Multimediaprojekt Wege zum Welterbe stellt die Deutsche Welle diese Orte einem weltweiten Publikum vor auf acht Reiserouten. Texte und Bil-dergalerien informieren und jeder Ort wird in einem Video vor-gestellt. Menschen wie der Kellermeister des Bremer Rathauses oder ein Naturschtzer vom Wattenmeer berichten, was sie mit dem jeweiligen Welterbe verbindet, und geben Tipps, was man als Besucher auf keinen Fall verpassen sollte. Die DW hat Wege zum Welterbe in 18 Sprachen produziert, darunter Deutsch und Eng-lisch, Brasilianisch und Russisch, Spanisch, Hindi und Chinesisch.

    www.dw.de/wegezumwelterbe

    Gedankenaustausch in Berlin:

    die Vertreter der Auslandssender

    6 Weltzeit 1 | 2013

    Aktuelles erfAhren

  • Der Fokus des Programms liegt auf der interkulturellen Be-gegnung. Die Menschen in Pakistan sollen mit der deutschen und europischen Perspektive vertraut gemacht werden. Dabei setzen wir vor allem auf Hintergrund und Analysen, erlutert Redaktions-leiter Altaf Khan.

    Derzeit hat die Urdu-Redaktion im Zielgebiet rund 80 Partner-sender, die landesweit Weltnachrichten und Hintergrundberichte der DW ausstrahlen. Das Bildungsprogramm Learning by Ear, das seit 2011 auch auf Urdu und Paschtu produziert wird, hat die Reich-weite der DW wesentlich erhht. Im vergangenen Herbst hatte die DW das Angebot vor pakistanischen Medienvertretern vorgestellt es stie auf ein durchweg positives Echo, verbunden mit dem Wunsch nach einer Ausweitung des edukativen Programms. Auf Grund der groen Nachfrage plant die DW, das Erfolgsmodell Lear-ning by Ear fr Pakistan 2013 weiter auszubauen.

    Redaktionsleiter Altaf Khan (47) kommt von der Universitt im pakistanischen Peshawar, wo er die Abteilung fr Jour-nalismus und Massenkommu-nikation geleitet hat. Zuvor hatte er unter anderem fr die Vereinten Nationen, die Gesell-schaft fr Internationale Zu-

    sammenarbeit (GIZ) und diverse Nichtregierungsorganisationen gearbeitet. Kahn studierte Medien- und Kommunikationswissen-schaften in Leipzig. Von 2008 bis 2009 lehrte er als Gastprofessor in Ohio, USA.

    www.dw.de/urdu

    An die lieben Landsleute in aller Welt mit dieser Gruadresse des dama-ligen Bundesprsidenten Theodor Heuss ging der deutsche Auslandsrundfunk am 3. Mai 1953 zum ersten Mal auf Sendung. In den 60 Jahren seither hat sich die Deutsche Welle als mediale Stimme Deutschlands, als glaubwrdige und verlssliche Informa-tionsquelle weltweit etabliert. Zum Festakt am 17. Juni 2013 im Plenarsaal des World Conference Center Bonn im Rahmen des Global Media Forum hat die DW prominen-te Vertreter aus allen Bereichen der Gesell-schaft eingeladen.

    Zu Beginn des Kongresses wird es nicht nur um eine Rckschau gehen. Experten aus Politik, Wirtschaft und Medien tau-schen sich in einer Diskussionsrunde ber die Perspektiven fr international prsente Medien aus. Die Zukunft des Auslands-

    rundfunks: Werte fr eine globalisierte Welt, so der Titel der Auftaktveranstaltung.

    Auf der dreitgigen internationalen Me-dienkonferenz geht es in ihrem sechsten Jahr um Die Zukunft des Wachstums Wirtschaft, Werte und die Medien.

    Die DW erwartet zum Global Media Forum vom 17. bis 19. Juni rund 2.000 Teil-

    nehmer aus aller Welt, darunter wieder rund 500 Journalisten aus mehr als 75 Nationen. In 50 Einzelveranstaltungen wird ber Wirt-schaft und Global Governance, Chancen der Green Economy, Ethik und Wertewandel so-wie die Rolle der Medien diskutiert.

    www.dw-gmf.de

    Die Deutsche Welle strkt das Profil des Urdu-Angebots. Hinter-grund ist die wachsende strategische und politische Bedeutung Pakistans. Der neue Redaktionsleiter, Altaf Khan, kommt von der Universitt Peshawar.

    Die Deutsche Welle feiert 2013 ihren 60. Geburtstag mit einem Festakt im Rah-men des Global Media Forum Mitte Juni in Bonn. Thema der diesjhrigen Konfe-renz: Die Zukunft des Wachstums Wirtschaft, Werte und die Medien.

    Mehr Engagement in Pakistan

    Werte fr eine globalisierte Welt

    erfolgsmodell learning by ear: Produktion

    des bildungsprogramms der DW in Pakistan

    Die Zukunft des Wachstums: Rund 2.000

    Experten aus aller Welt diskutieren in Bonn

    7Deutsche Welle

  • Zum Alumni-Netzwerk der DW Akademie gehren Ehemalige aus allen Teilen der Welt. Sie haben an Trainings vor Ort teil-genommen, bei der DW volontiert oder das Masterstudium International Media Studies in Bonn absolviert. Sie alle verbindet eine Lernerfahrung mit der Deutschen Welle. Sechs Beispiele aus sechs Lndern.

    M ehrere Tausend Medien-schaffende bildet die DW Akademie pro Jahr fort, zu-meist in Trainings vor Ort. So ist in den ver-gangenen bald fnf Jahrzehnten der Medien-frderung durch die Deutsche Welle ein groes Alumni-Netzwerk entstanden. Ehemalige bleiben in Kon-takt untereinander und mit den Dozenten. Das Netz aus Partnern in aller Welt schafft Freundschaften und verbindet unterschied-liche Lebenswege. Und fr so manchen Alumni war die Zeit mit der DW Akademie im Rckblick wegweisend fr die berufliche Karriere.

    Kolumbien: Stimme der indigenen Gemeinden

    Walter Enrique Arias Ariza kommt aus Atanquez, einer lndlichen Gegend im

    Norden Kolumbiens mit berwiegend indigener Bevlkerung. Bis zu seinem 34. Lebensjahr arbeitete er als Bauer und verkaufte Obst und Gemse in umliegenden Drfern. Heute reist er als Reporter, Fotograf und Dokumentarfilmer durch die Region und hat bereits Preise fr seine Beitrge gewonnen. Walter Ariza hat an mehreren Trainings der DW Akademie teilgenommen und arbeitet unter an-derem als Produktionschef fr Kankuama TV, den ersten Kanal der indigenen Gemeinden Kolumbiens.

    Weltweit in Verbindung bleiben

    MeDienentWicklung in lAteinAMerikA

    393 teilnehmer aus 9 lndern

    text Charlotte hauswedell unD donata ritter, DW AkADeMie

    8 Weltzeit 1 | 2013

    titeltheMA

  • Die DW Akademie ist Deutschlands fh-rende Organisation fr internationale Me-dienentwicklung. Sie frdert die Entwick-lung freier, transparenter Mediensysteme, journalistische Qualitt und Medienkom-petenz. Sie hilft beim Wiederaufbau von Medien nach Krisen und Konflikten und trgt international zur professionellen Ausbildung Medienschaffender bei.

    Ziel der Medienentwicklung ist die Strkung von unabhngigen und freien Medien, insbesondere in Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationslndern. Experten der DW Akademie beraten Inten-danten, bilden Nachwuchsjournalisten aus, professionalisieren Medientechniker. In Afrika, Asien, Latein amerika, Nah-/Mit-telost sowie Europa und Zentralasien setzt die DW Akademie auf langfristige Koope-rationen mit lokalen Partnern.

    In Bonn und Berlin bietet die DW Aka-demie ihren Kunden aus Unternehmen,

    Organisationen und Institutionen, da-runter beispielsweise die Vereinten Na-tionen, das Auswrtige Amt und die Welt-hungerhilfe, ein Medien training an. In modernen Hrfunk- und TV-Studios wer-den In terviewsituationen simuliert und ein professioneller Umgang mit Medien-vertretern gebt.

    Die Journalistische Ausbildung in der DW Akademie betreut die Nachwuchs-journalisten, darunter die internationalen Volontre, die in der Regel speziell fr den Einsatz in einer der Sprachredaktionen der DW geschult werden. Die Ausbildung dauert 18 Monate.

    Der bilinguale, zweijhrige Masterstu-diengang International Media Studies in Bonn verknpft auf einzigartige Weise die Disziplinen Medien und Entwicklung, Journalismus, Kommunikationswissen-schaften und Medienmanagement.

    dw akademie

    VOlOntAriAt

    21 Volontre aus 10 lndern

    internAtiOnAl MeDiA stuDies

    22 studierende aus 14 lndern

    MeDienentWicklung in eurOPA/ZentrAlAsien

    736 teilnehmer aus 16 lndern

    MeDientrAining

    746 teilnehmer in bonn und berlin

    MeDienentWicklung in nAh-/MittelOst

    850 teilnehmer aus 11 lndern

    MeDienentWicklung in AfrikA

    2.014 teilnehmer aus 31 lndern

    MeDienentWicklung in Asien

    531 teilnehmer aus 15 lndern

    Die Alumni von morgenRund 5.500 Menschen haben 2012 Angebote der DW Akademie wahrgenommen.

    9Deutsche Welle

  • Zum Journalismus kam er eher durch Zufall: Er lernte den Be-sitzer des ersten Ladens fr Telekommunikation in seinem Dorf kennen. Der fragte ihn, ob er beim Aufbau eines Lokalsenders hel-fen wrde. Pltzlich arbeitete ich als Sprecher und Redakteur bei diesem Sender ganz ohne Vorkenntnisse. Die erarbeitete er sich spter in Kursen der DW Akademie in der Hafenstadt Barranquilla. Dort habe ich viel ber lokale Berichterstattung und Kommuni-kationsmglichkeiten im Internet gelernt. So kann ich meine Ge-meinde besser vertreten.

    Ariza steht jeden Morgen um vier Uhr auf und legt hufig meh-rere Stunden Fumarsch zurck, um in abgelegenen Drfern Inter-views zu fhren. Auch online ist er aktiv, er bloggt, postet Fotos auf Facebook und Flickr und stellt Interviews auf Soundcloud ein. So kann er sich auf nationaler Ebene fr die Interessen der indigenen Bevlkerung einsetzen.

    Tansania: Teil einer rasanten Entwicklung

    Einen routinierten Alltag gibt es fr Lilian Urio nicht: Sie arbeitet in der Fortbildung

    von Journalisten, als Produzentin und als Beraterin fr verschie-dene Medienunternehmen in Tansania. Sie kommt viel herum, ist immer auf dem Sprung. Momentan bert sie das Management des UNICEF-Programms Young Reporters Network, das Workshops fr junge Lokaljournalisten in neun Regionen des Landes durchfhrt.

    Urio hat 2004 das Internationale Volontariat an der DW Akade-mie absolviert es war damals der erste Jahrgang dieser bis heute einzigartigen Journalisten-Ausbildung. Zuvor hatte sie bereits in Deutschland, den USA und Tansania gelebt und beim Fernsehen ge-arbeitet. Sie wollte ihre Fhigkeiten ausbauen: Bei der DW gefiel mir vor allem das intensive Radiotraining. In Tansania spielt das Radio immer noch eine sehr wichtige Rolle als Informationsquelle. Das ist einer der Grnde, warum Urio nach Ende des Volontariats in Tansa-nia arbeiten wollte. Die Entwicklung ist enorm, es tun sich sehr viele Mglichkeiten auf. Ich wollte Teil der wachsenden Medienlandschaft in meiner Heimat sein. Der einzige Nachteil: Es sind sehr gute Freundschaften innerhalb der Gruppe und mit den Mitarbeitern der DW Akademie entstanden. Diese Freunde vermisse ich sehr, auch wenn wir weiter online in Kontakt sind.

    Philippinen: Crossmedialer Journalismus

    Studiert hat Leo Gatdula Ingenieurwesen, bis er sein Interesse am Journalismus ent-deckte. Heute kann ich mir gar nicht mehr

    vorstellen, etwas zu machen, das nichts mit Medien zu tun hat, sagt der 33-jhrige Philippine. Mittlerweile arbeitet Gatdula als Nachrich-tenredakteur beim Peoples Television Network in Quezon City. Keine einfache Aufgabe, wie er findet. Das Mediensystem der Philippinen ist hochgradig kommerzialisiert, der Fokus liegt auf Sensationsjour-nalismus. Dazu lagen die Philippinen auf dem Index unaufgeklrter

    Berichterstattung ber regionale Sicher-

    heit am Horn von Afrika: Radiojournalisten

    bei einer Umfrage in Dschibuti

    10 Weltzeit 1 | 2013

    titeltheMA

  • Journalistenmorde des internationalen Committee To Protect Jour-nalists noch 2011 auf dem dritten Platz hinter Irak und Somalia.

    2009 nahm Leo Gatdula an zwei Trainings der DW Akademie in Deutschland und in Macao teil. Fr ihn eine wichtige Erfahrung. Die Trainings haben mich in dem Selbstbewusstsein gestrkt, mich nicht auf ein Medium zu beschrnken, sondern mit Fernse-hen, Radio, Print und Online zu arbeiten. Neben journalistischem Handwerkszeug hat er hierbei viel Neues im Bereich Web 2.0 ge-lernt. Auf Twitter ist Gatdula seitdem fast tglich aktiv, das Online-Training inspirierte ihn zur Einrichtung seines Blogs LPG Trips. Tech. Thoughts. Es war mein erster Versuch, meine Gedanken und Interessen ffentlich zu machen. Den Blog betreibt er bis heute.

    Deutschland: Unnachgiebige Recherche

    Nina Plonka hat 2010 das Volontariat ab-geschlossen. Nach ein paar Monaten als freie Journalistin bei der DW wechselte

    sie in die Investigativ-Redaktion des Stern. Entscheidend fr die-sen Karriereschritt war das Rechercheseminar im Volontariat: Ich lernte einen Journalisten des Stern kennen, der mir aufzeigte, wie in Deutschland investigativ gearbeitet wird. Den Wunsch, spter in diesem Bereich zu arbeiten, hatte Plonka schon whrend ihres Jour-nalismusstudiums in Gelsenkirchen und Wales gehegt.

    Ihr Job ist kein leichter viele Reisen, akribische Aktenauswer-tung und Themen, ber die keiner sprechen mchte. Zum Beispiel

    hat Plonka ber Wettmanipulationen im Fuball recherchiert. Auch Steuerhinterziehern und Kunstflschern sprt sie nach. Un-nachgiebigkeit und Grndlichkeit sind das A und O. Ich treffe Leu-te sowohl in Deutschland als auch anderen europischen Lndern, manchmal sehr spontan. Ich versuche, an die Informationen zu kommen, die andere nicht preisgeben wollen.

    Journalistisch arbeiten unter erschwerten Bedingungen das hat Plonka schon in der Journalistischen Ausbildung der DW Akademie am besten gefallen: Auch wenn es das stressigste Projekt im Volon-tariat war: Den ,Weltempfnger wrde ich gern noch einmal wieder-holen. Komplette Live-Sendungen zu gestalten war toll. Mit einigen ihrer Volo-Kollegen ist Plonka noch immer in engem Kontakt.

    Pakistan: Lehren und Lernen

    Die Journalisten in Ali Bangashs Heimat Pakistan befnden sich in der Schuss-linie zwischen militanten Islamisten und

    dem Militr. Was er und seine Kollegen brauchen, beschreibt er so: Mehr Sicherheit, etwas Glck und vor allem professionelles Trai-ning. Seit 2008 hat Bangash an mehreren Trainings der DW Aka-demie in Deutschland und Pakistan teilgenommen. Die Semina-re haben mir den Blick auf die Welt geffnet, sagt der 32-Jhrige. 2012 war er im Rahmen eines Langzeitprojekts Teilnehmer eines Trainings zum Thema Kinder- und Jugendfernsehen in Pakistan und Afghanistan. Wir haben gelernt, Kinderfernsehen aus einem

    A. W

    eych

    ardt

    Medien im Wandel: In-House-Training

    beim tunesischen Staatsfernsehen Tl-

    vision Tunisienne

    Umweltberichterstattung: gemein-

    same Manahme der DW Akademie und

    der Universitt Managua, Nicaragua

    11Deutsche Welle

  • professionellen Blickwinkel zu beurteilen und Kultur auf eine faszi-nierende und moderne Art darzustellen.

    Bangash wollte schon immer eine Fhrungsposition im Me-diensektor. Seit 2009 ist er Leiter und Dozent beim Campus-Radio der Universitt Peshawar. Bangash gibt hier Seminare zum Thema Rundfunk und journalistisches Schreiben und beaufsichtigt die Sendungen, die die Studenten produzieren. Dank des Trainings der DW Akademie knne der Sender bald selbst Fortbildungen im Be-reich Kinderprogramme anbieten. Die Trainings haben mich in vielen Aspekten weitergebracht und befhigt, Produzent, Dozent und Journalist zugleich zu sein.

    Weirussland: Fr freie Medien

    Als Volha Danishevich im August 2012 ihr Abschlusszeugnis in den Hnden hielt, hatte sie ihre Koffer schon gepackt.

    Noch whrend des Masterstudiengangs International Media Stu-dies hatte die 30-Jhrige ein Angebot aus Minsk erreicht. Obwohl sie ursprnglich weiterhin als Journalistin arbeiten wollte, begann

    sie im September als Koordinatorin in einem EU-Projekt zur Unter-sttzung von unabhngigen Medien in Weirussland. Danishevich sieht in dem Projekt ein wichtiges Zeichen, um grundstzlich etwas an der Mediensituation in ihrem Land zu ndern: Belarus belegte aktuell Platz 168 in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen unter 179 Staaten. Verlage und Sender werden ge-schlossen, Medienmacher vor Gericht gebracht und Auflagen vom Staat limitiert. Weirussland zhlt zudem zu den Feinden des Internets, ein Titel, den Reporter ohne Grenzen an Staaten mit massiver Online-berwachung vergibt.

    Volha Danishevich ist berzeugt, dass ihr Studium in Deutsch-land ein ausschlaggebendes Kriterium dafr war, dass man ihr die Mitarbeit im EU-Projekt angeboten hat. Das Masterstudium hat meinen Horizont erweitert, die Ausbildung erleichtert die Kom-munikation mit auslndischen Projektpartnern. Zu ihren interna-tionalen Kommilitonen hlt sie nach wie vor Kontakt. Viele haben versprochen, mich in Minsk zu besuchen. Und auch ich habe noch einige Reisen vor.

    www.dw-akademie.de

    www.facebook.com/DWAkademie

    International Media Studies

    Das Bewerbungsverfahren fr den Masterstudiengang International Media Studies der DW Akademie luft. Bis zum 31. Mrz 2013 knnen sich Interessierte fr den fnften Jahrgang des Programms bewerben. Informationen zum Studiengang, den Zugangsvoraussetzungen und zum Onlinebewerbungsverfahren finden Sie unter:

    www.dw.de/bewerbung-ims

    Miteinander und voneinander lernen: Absolventen

    des Masterstudiengangs in Bonn

    12 Weltzeit 1 | 2013

    titeltheMA

  • Sein Interesse und seine ganze Aufmerksamkeit gilt Afrika seit vielen Jahren. Seine journalistischen Wurzeln hat er bei der Deutschen Welle. Daran erinnert sich ARD-Kor-respondent Alexander Gbel gern, wie er in einem Gast-beitrag schildert.

    Mein Tor zur Welt

    So viel Begeisterung und Lebenswillen habe ich selten

    erlebt: Alexander Gbel mit Fuballern, die im Brger-

    krieg ihre Beine verloren haben, in Freetown, Sierra Leone

    S chweigebadet sitze ich in Accra, auf der Veranda von guten Freun-den Kollegen von Reuters, AP und France 24. Der rostige alte Ventilator kann gegen die groe Hitze nicht viel aus-richten, aber die nehmen wir ohnehin kaum wahr. Wir sind konzentriert, die Zeit luft, wir sitzen vor unseren Laptops und bereiten Beitrge vor wir berichten ber die Prsidentschaftswahl in Ghana. Sie ist spannend, gerade weil sie anders ist als an-derswo in Afrika. Der Wahlkampf war hart. Aber es bleibt friedlich. Ghana beweist ein-mal mehr, dass es den Ruf eines demokra-tischen Musterlandes verdient. Und das ist das Besondere, das Berichtenswerte. End-lich mal keine Afrika- Ks: keine Krisen, Krie-ge, Katastrophen keine Klischees.

    In Afrika habe ich viele Wahlen aus der Nhe beobachtet, immer waren sie ein Er-lebnis: Democracy in the making oder eben auch das genaue Gegenteil. Eine Ab-stimmung war fr mich besonders wichtig: die Prsidentschaftswahl in der Demokrati-schen Republik Kongo 2006, die erste freie Wahl seit 40 Jahren. Ich war fr die Deutsche Welle unterwegs. Die Bundeswehr nahm an der EUFOR-Mission in Kinshasa teil. Das In-teresse der DW-Programme war gro und meine Erfahrung noch gering. Kinshasa damals kein schlechter Ort fr eine journa-listische Feuertaufe. Alles musste sitzen: die Nachrichtenminute, der Beitrag, das Live-

    Gesprch, die Verbindung ber die mitge-schleppte Satelliten-Antenne.

    Es geht immer um Menschen

    Kaum zu glauben, aber vor ziemlich genau zehn Jahren habe ich das Volontariat bei der DW begonnen. Stationen waren Kln, Bonn, Berlin, Brssel und immer wieder Afrika.

    Was schon in der Ausbildung offensichtlich war: Das Vertrauen in den DW-Nachwuchs war da, auf allen Ebenen. Wir hatten Frei-raum fr Ideen, durften Verantwortung bernehmen, uns engagieren fr das Pro-gramm, durften uns frh ans Rotlicht im Studio gewhnen. Ich durfte hineinsprin-gen in die Welt-Themen im Funkhaus und da drauen. Ich konnte mit Kollegen im Niger ber Wstenbildung recherchieren,

    privat

    text alexander Gbel ArD-kOrresPOnDent, rAbAt, MArOkkO

    13Deutsche Welle

  • Ich habe meine Perspektive erweitert Die DW Akademie ldt regelmig zu regionalen Alumni-Treffen ein wie jngst in Nairobi, Kenia. Hier einige Rckmeldungen von Teilnehmern:

    Ich nutze das Wissen und die Fertigkeiten, die mir die DW Akademie vermittelt hat, tg-lich fr meine Storys mit dem Ergebnis, dass ich inzwischen Gewinner eines CNN-Awards bin. Obendrein habe ich damals einiges ber Deutschland er-fahren. Sylvia Chebet, Senior Producer, Royal Media Services, Citizen TV. Sie hatte 2008 in Berlin am Workshop Partner Africa: Challenges Aids and Environment teilgenommen.

    Das Training hat mir in meiner persnlichen Ent-wicklung sehr geholfen. Ich betreibe heute eine unab-hngige Produktionsfirma mit 35 Beschftigten. Da nutze ich natrlich alles zum Thema Budget, was ich bei

    der DW Akademie gelernt habe. Kimaita Magiri, Direktor KEN TV. Er nahm 2005 am Workshop Production Planning and Ma-nagement for TV Drama Producers in Berlin teil.

    Das Training hat meinen Ho-rizont erweitert. Ich arbeite jetzt als Gastlektorin an der Univer-sitt und Beraterin beim Kenya Institute of Educational TV. Zu-dem habe ich mein Know-how weitergegeben und konnte teil-haben am Einzug von 3-D-Ani-mation in Kenias Fernsehen. Jane Nyakoa Opuka, Designerin, Kenya Broadcasting Corporation (KBC). Sie nahm 1999 am Work-shop 3-D Computer Graphics for TV in Berlin teil.

    Das Training hat mich in die Lage versetzt, Program-me zu produzieren, die ge-nau auf den kenianischen TV-Markt und unsere Zu-schauer dort zugeschnitten sind. Ich habe meine Pers-pektive erweitert und schaue

    kritischer auf die TV-Produktion. Iolanthe Chepkemboi, Techni-sche Direktorin, China Central Television (CCTV). Sie nahm 2005 am Workshop Consumer Journalism in Berlin teil.

    gemeinsam mit indischen Kollegen ber die Gefahr der Wirbelstrme berichten. Und ich durfte Wissen weitergeben und dabei selbst von den Kollegen vor Ort lernen: ber Wahlberichterstattung zum Beispiel, in Ni-geria, Kenia oder Sdafrika.

    Ich habe in all den Jahren viele neue Freunde gefunden. Freunde nicht nur Kontakte oder Trffner fr Themen. Es geht immer um Menschen, nicht nur um O-Ton-Geber. Klingt banal ist aber wichtig, wenn man Reportagen macht ber Marathonlufer in thiopien, EU-Flcht-linge aus Mali, Diamantenschrfer in Sierra Leone oder ber Opfer des Brgerkriegs in Liberia. Diese Erfahrungen kommen mir bis heute zugute, im ARD-Studio in Rabat. Ab-geklrt bin ich noch immer nicht und will es auch nie werden. Die Sensibilitt fr die Welt: ein Code of Conduct, der zur DW-Philosophie gehrt wie die Verpflichtung zu journalistischer Sorgfalt zumindest habe ich das immer so wahrgenommen.

    Alles war pltzlich vernetzt

    Kleine UNO so charakterisiert sich die DW selbst. Das ist einer der Begriffe, der mir aus der Bewerbungsphase im Kopf geblie-ben ist. Ich konnte mich davon berzeugen, der Bereich Journalistische Ausbildung der DW hatte nicht zu viel versprochen.

    Whrend der Ausbildung und danach ist die Welt fr mich immer kleiner geworden, besser gesagt: Sie ist in der tglichen Arbeit mit den DW-Kollegen aus allen Teilen dieses Erdballs zusammengerckt. Alles war pltz-lich vernetzt. Es war, als htte mir jemand eine neue Brille aufgesetzt, mit der ich kla-rer sehen konnte, immer neugieriger wurde auf das, was da drauen auf mich wartete. Auf das Schne, das Hssliche, das Unge-rechte, das Dramatische, das Brutale, das Bunte. ber all das darf ich seitdem als Jour-nalist berichten. Das DW-Volontariat war ber das Handwerkliche hinaus mein Tor zur Welt. Mein Sprungbrett ber den Tellerrand, auf dem ich es ohnehin niemals ausgehalten htte.

    14 Weltzeit 1 | 2013

    titeltheMA

  • Das zweiwchige Training der DW Akademie war so traumhaft, dass ich einige be-freundete Teilnehmer dafr gewinnen konnte, diesem Workshop einen eigens kre-ierten Song zu widmen. Kenneth Kissy Nocho, Tonin-

    genieur und Musikproduzent. Er nahm 2012 am Workshop One Fine Day Film in Nairobi teil.

    Ich habe heute ein besse-res Zeitmanagement und bin besser vorbereitet. Das Seminar der DW Akademie hat mir neue Fhigkeiten in Management und Koordi-nation vermittelt. So kann ich heute grere Projekte umsetzen. Mbatia David, Senior TV Producer, Royal Media Services, Citizen TV. Er nahm 2010 in Arusha, Tansania, am Multi-mediaworkshop HIV/AIDS Reporting for EAC teil.

    Das Hintergrundstck und seine Bedeutung das ist der Kern dessen, was ich aus dem Workshop der DW Akademie fr meine Arbeit und fr mein Leben allgemein mitgenom-men habe. Ich suche immer nach der tieferen Bedeutung

    der Dinge. Kibwana Onguso, Produzent. Er nahm 1992 in Ber-lin am Training TV Drama Production teil.

    Das Training hat mir aufgezeigt, wie man die Wnsche der Kinder bes-ser einbeziehen und die Perspektive von Drei- bis Sechsjhrigen einnehmen kann. Silvia Ingado, Vi-deo Editor, Kenya Broad-casting Corporation (KBC). Sie nahm 2011 in Nairobi am Training TV Drama Production teil.

    Ich habe dank des Trai-nings der DW Akademie einen besseren Einblick in die wirtschaftliche Ent-wicklung der Ostafrikani-schen Gemeinschaft (EAC) erhalten. Der Workshop hat mich auch persnlich weitergebracht: Ich bilde nun meinerseits Kollegen weiter, vor allem in der Wirtschaftsberichterstattung. Luke Amani, Wirt-schaftsreporter. Er nahm 2011 am Workshop Advanced training on regional integration reporting in Bujumbura, Burundi, teil.

    Die Berichterstattung ber HIV/AIDS in Ostafrika hat meine Perspektive fr Geschichten ber dieses Thema kontinuierlich ver-ndert. Ich habe bei der DW Akademie gelernt, wie man auf ebenso attraktive

    wie einfache Art Videos erstellt, Skripte anfertigt und Geschich-ten erzhlt. Collins Okoth, Kameramann, Royal Media Services, Citizen TV. Er nahm 2010 in Arusha, Tansania, am Multimedia-workshop HIV/AIDS Reporting for EAC teil.

    Ein Schlsselerlebnis fr mich war, als unser Trai-ner Charles sagte: Wir be-ginnen um 7.29 Uhr. Und nicht etwa um 7.30 Uhr. Wir hatten schnell ver-standen, dass die blichen Zeiten dazu einladen, sich lahme Ausreden bei Versptungen zu suchen. So bin ich heute ein Verfechter absoluter Termintreue. Stella Oigo, Produzentin, Kenya Broadcasting Corporation (KBC). Sie nahm 2011 am Work-shop Reporting on Regional Integration The East African Com-munity Experience in Arusha, Tansania, teil.

    15Deutsche Welle

  • Sie selbst haben bei der DW volontiert. Haben Sie noch Kontakt zu Mitvolontren?Ja natrlich. Wir veranstalten mittlerweile ein Mal im Jahr ein Alumni-Treffen in der DW Akademie. Dort trifft man dann ehema-lige Kollegen, die jetzt an unterschiedlichen Orten arbeiten: bei ARD oder ZDF, bei Zei-tungen, bei der UNO, in Pressestellen, man-che auch im Ausland. Diese Treffen sind im-mer sehr locker und schn. Ein bisschen so wie Klassentreffen. Wir wollen mit diesen Veranstaltungen den Zusammenhalt str-ken, die Idee der groen DW-Familie.

    Neben Volos und Absolventen der International Media Studies gibt es Tau-sende Journalisten und Medienmacher, die an Projekten der DW Akademie teilgenom-men haben. Welchen Stellenwert haben die fr Ihre Arbeit?Wir haben mittlerweile eine sehr hohe Zahl von Alumni berall auf der Welt. Dies ist fr uns eine wichtige Quelle fr Rckmeldun-gen. Die Vernetzung vor Ort ob von uns initiiert oder von den Alumni selbst kann fr unsere Arbeit einen sehr hohen Stellen-wert haben. Angesichts der vielen verschie-denen Sprachen und der unterschiedlichen Kulturen ist es zwar eher eine Ausnahme, wenn sich beispielsweise Ehemalige aus Kolumbien mit Ehemaligen aus Togo ver-netzen. Besser klappt es regional oder lokal.

    Was bekommt die DW Akademie von ihren Alumni zurck? Sehr viel. Vor allem konstruktive Anregun-gen, wie wir in unseren Projekten noch nachhaltiger und den Verhltnissen vor Ort angepasster agieren knnen. Ich habe zum Beispiel im vergangenen Jahr an einem Alumni-Treffen in Tadschikistan teilgenom-men und dort wertvolle Anregungen dafr bekommen, was sich diese Ehemaligen an Ausbildung wnschen und wo sie Probleme haben. Darauf knnen wir reagieren. Natr-lich bieten wir via Facebook auch Alumni-Portale auf Spanisch, Russisch, Arabisch und Englisch an, aber der direkte Kontakt im Rahmen von Alumni-Konferenzen ist deutlich effektiver. Da wir unsere Projekte nicht mit vorgefertigten Konzepten begin-nen, hilft die Rckmeldung dabei, dass auch wir uns weiterentwickeln knnen.

    Welchen Beitrag knnen Alumni-Netz-werke in Sachen Pressefreiheit und Demo-kratieentwicklung leisten?In den Lndern, in denen wir ttig sind, in-vestieren die Sender so gut wie keinen Cent in die Ausbildung ihrer Leute. In diesen Lndern gibt es kaum institutionalisierte Selbstregulierungsorgane fr die Medien, wie bei uns zum Beispiel den Presserat. Unsere Trainings und unsere Angebote zur Vernetzung spielen dementsprechend eine sehr wichtige Rolle. Die Alumni aus den

    Trainings der DW Akademie legen oftmals den Grundstein zur Vernetzung von Jour-nalisten und zum Aufbau von institutio-nalisierten Strukturen. Ein herausragendes Beispiel ist Kenia. Dort haben sich in diesem Jahr 60 Alumni aus dem Land getroffen und das DW Akademie Kenya Chapter gegrn-det. Wir als Akademie waren zwar vor Ort, initiiert und organisiert haben das aber die Kenianer selbst.

    Was, glauben Sie, behalten die Alumni von Deutschland und der DW am ehesten in Erinnerung?Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind von Deutschland und der DW total begeis-tert. Klar, fr die meisten ist die Zeit hier eine Auszeit von schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen zu Hause. Trainieren wir die Kolleginnen und Kollegen in ihren Strukturen vor Ort, dann bekommen wir als Feedback oft, dass wir sehr partnerschaftlich und uneigenntzig arbeiten und dass wir die Menschen ernst nehmen. Das ist, denke ich, wohl das Wichtigste berhaupt.

    Sie knnen schlicht Ehemalige sein oder Alumni. Die einen sind schnell vergessen, die anderen Teil eines gut ausgebauten Netzwerks. Gerda Meuer, Direktorin der DW Akademie, spricht im Interview ber den Nutzen und die Schwierigkeiten der Alumni-Arbeit und ber persnliche Erfahrungen.

    Die Idee der groen DW-Familie

    frAgen VOn Gunnar reChenburGfreier MitArbeiter

    Alumni sind eine wichtige Quelle fr Rckmeldungen.

    16 Weltzeit 1 | 2013

    titeltheMA

  • Totenkpfe und Knochen. Ansons-ten hatten George W. Bush und John Kerry, die beiden Prsidentschaftskandidaten von 2004, nicht viel gemeinsam. Aber es war eine Gemeinsamkeit von Gewicht: Beide sind Bonesmen, Alumni der Skulls & Bo-nes, einer geradezu sagenumwobenen, ge-heimen Studentenverbindung in den USA. Bis in hchste Kreise in Wirtschaft und Politik soll der Einfluss der Organisation rei-chen. Ihr Logo: ein Totenschdel und zwei bereinander gekreuzte Knochen.

    Einfluss, Networking und Geld. Das sind die Grundlagen, die die Alumni-Verbnde in der amerikanischen Gesellschaft verankern. Dahinter steckt ein einfacher Gedanke: Wer eine Leistung erbracht hat, zum Beispiel ein Studium abgeschlossen, will von seinen Kontakten anschlieend profitieren und vernetzt sich. Man bleibt in Kontakt, trifft sich, verschafft sich neue Kontakte, Jobs und Einfluss. Das gilt nicht nur fr Eliten. Fast jede Universitt und viele Highschools haben Alumni-Vereinigungen, und seien sie noch so klein. Auch private Unternehmen grnden Netzwerke, um mit ehemaligen Angestellten in Kontakt zu bleiben. Online haben sich Seiten wie Alumni Central da-rauf spezialisiert, Ehemalige und Unterneh-men in Kontakt zu bringen.

    Wenn ich einen Brief von meiner Alum-ni-Vereinigung bekomme, denke ich immer, die wollen mein Geld, sagt mein Freund

    William nach dem zweiten Bier. Ich hatte ihn nach seinen Erfahrungen mit der entspre-chenden Organisation an seiner Uni gefragt. In der Tat sind Alumni-Verbnde in den USA nicht nur Netzwerk, sondern vor allem Geld-geber. Wer etwas bekommen hat, soll auch etwas zurckgeben so der amerikanische Gedanke, sagt William. Den Namen seiner Uni solle ich aber besser nicht nennen. Be-sonders geholfen habe ihm seine Alumni-Vereinigung nmlich nicht, sagt er. Dann berlegt er kurz. Auer beim Job, in dem er jetzt arbeitet. Den habe ihm sein Alumni-Netz vermittelt.

    So selbstverstndlich ist der Einfluss von Alumni-Vereinigungen fr viele US-Ameri-kaner. Es ist eine Win-win-Situation. Beide Seiten, Alumni und ihre frhere Bildungs-einrichtung, profitieren. Das gilt fr die Ehemaligen einer 200-Schler-Highschool in Wyoming genauso wie fr die mchtigen Bonesmen der Skulls & Bones. ber letztge-nannte ist wenig verbrgt. Umso mehr Le-genden gibt es: Eine Insel soll die Organisa-tion besitzen, eine eigene Zeitrechnung soll sie haben, und auch der Schdel eines India-nerhuptlings soll in Besitz der Gesellschaft sein. Wie viel davon wahr ist, wissen nur die Skulls & Bones selbst. Sicher scheint, dass die Mitglieder der Organisation ein Leben lang treu bleiben. Das ist ein sehr amerika-nischer Gedanke.

    text JanosCh delCker, VOlOntr ZurZeit WAshingtOn

    In den USA spielen Alumni-Verbnde eine wichtige Rolle fr die Ehemaligen wie fr die Hochschule oder Organisation, der sie vormals angehrten. Ihr Einfluss basiert auf einem sehr amerikanischen Gedanken.

    Ein amerikanischer Gedanke

    kulturtransfer

    Zehn Volos aus neun LndernDie internationalen Volontre des neuen Jahrgangs haben in der DW Akademie ihre Ausbildung begonnen.

    Nach ersten Seminaren im November es ging um Grundlagen journalistischer Recherche und den Umgang mit O-T-nen ging es in den journalistischen Alltag der DW. In den kommenden Mo-naten werden sie verschiedene Multi-mediaredaktionen in Bonn und Berlin kennenlernen.

    Die zehn Nachwuchskrfte aus neun Lndern: (vorn v. l.) Carolina Machhaus aus Chile, Yalda Zarbakhch aus Iran, Tarek Elias-Hasse aus Israel, Luisa Frey aus Brasilien, Ariana Galindo Gonzlez aus Mexiko, Iryna Shpakouskaya aus Weirussland, (hinten v. l.) Philip Jan Ver-minnen aus Brasilien, Sella Oneko aus Kenia, Elizabeth Shoo aus Tansania und Mu Cui aus China.

    Journalistische Erfahrung und sehr gute Deutschkenntnisse waren Voraus-setzungen fr eine erfolgreiche Bewer-bung. Hochmotiviert sind sie ohnehin. So zeigt sich Elizabeth Shoo beein-druckt von der Sprach- und Kulturen-vielfalt in der DW und sieht im Volonta-riat eine einmalige Chance, mit jungen Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenarbeiten zu knnen. Und Ariana Galindo findet: Die DW passt perfekt zu mir.

    Charlotte Hauswedell

    17Deutsche Welle

  • AnDere Verstehen

    W enn der Studiogast jetzt nicht langsam kommt, macht uns das die Schalte nach Paris ka-putt! Der Regisseur wird unruhig. Die Auf-zeichnung der politischen Talkshow Am Puls der Ereignisse wird heute mit 15-mi-ntiger Versptung beginnen, doch Mo-deratorin Dima Tarhini wirkt gelassen. Der Zusptkmmling, ein syrischer Politologe, ist frisch aus Aleppo eingetroffen. Es ist sehr wichtig, ihn in der Sendung gehabt zu haben, wird sie spter sagen. Das kann ihr kein noch so langsamer Berliner Taxifahrer kaputt machen.

    Vor gut einem Jahr entwickelte die Deutsche Welle gleich zwei Talkshows fr das arabische TV-Programm die zweite ist Shababtalk, in der junge Leute in Berlin und Kairo miteinander diskutieren. Bei-de Sendungen beschftigen sich mit den politischen Vernderungen seit dem Ara-bischen Frhling. Ein strmischer Winter ist mittlerweile eingezogen, sagt Redak-tionsleiter Mustafa Isaid, ein Mann der ersten Stunde. In Syrien fliet Blut und in den anderen Lndern der Arabellion wird um die Etablierung der Demokratie hart gerungen. Es ist eine Herausforderung,

    Seit zehn Jahren sendet die Deutsche Welle ein TV-Pro-gramm auf Arabisch mit markantem Profil: Die DW bringt eine deutsche und europ ische Perspektive ein und fllt den Dialog der Kulturen tglich mit Leben.

    Akzente setzen im Ost-West-Dialog

    In seiner Sendung Shababtalk kann sich das

    vornehmlich junge Publikum via Facebook

    einbringen: Moderator Jafaar Abdul-Karim

    text Jasmin khatami, freie MitArbeiterin

    DW/J. r

    hl

    18 Weltzeit 1 | 2013

  • die unterschiedlichen Zielgruppen in 22 Lndern zwischen Marokko und Oman zu bedienen.

    Umso wichtiger seien die Talkshows, wie die Moderatoren Dima Tarhini und Jafaar Abdul-Karim erklren. Bei uns wird der Dialog grogeschrieben, sagt Abdul-Karim. In seiner Sendung Shababtalk kann sich das vornehmlich junge Publikum via Facebook einbringen. Allein in gypten verfolgen re-gelmig bis zu fnf Millionen Zuschauer die Sendung, in der es keine Berhrungs-ngste gibt weder bei der Themenaus-wahl noch bei der Auswahl der Gste. Ein Bespiel: Ich habe einen jungen Vertreter von den Moslembrdern, jemanden von der Jungen Union oder von den Jungen Li-beralen oder auch von den Jusos wo sonst wrden sie in dieser Zusammensetzung

    miteinander diskutieren? Diese Art von Dialog gebe es sonst nirgends weder im deutschen noch im arabischen Fernsehen.

    Dima Tarhini pflichtet ihm bei. Sie hat ebenfalls stets deutsche und arabische Gste in ihrer Sendung Politiker, Wissenschaft-ler, Journalisten und erst heute hat sie wieder einmal festgestellt, welch eklatante Missverstndnisse es teilweise zwischen ih-nen gibt. In einer halbstndigen Sendung kann man natrlich keine Lsungen fr so etwas finden, aber immerhin reden die Leute miteinander, sagt sie. Es ist auch die Diskussionskultur, fr die beide Sendungen immer wieder positives Feedback von den Zuschauern bekommen. Fr die Moderato-ren ist dies Anerkennung dafr, dass die DW Neutralitt wahrt, keine eigenen Interessen verfolgt. Es ist die gebotene journalistische Distanz, die uns bei den Zuschauern glaub-wrdig macht, sagt Abdul-Karim.

    Magazine und Projekte

    ber Nachrichten und Talkshows hinaus produziert die DW Magazinsendungen fr das arabische Publikum. Auerdem gibt es Sonderprojekte ein aktuelles Bei-spiel ist Business Arabia, eine Rubrik im Wirtschaftsmagazin Made in Germany.

    Hier werden Jungunternehmer aus der arabischen Welt vorgestellt, die mit neuen Ideen an ihrem persnlichen Wirtschafts-wunder arbeiten. Wir berichten aus dem ganzen Sendegebiet, soweit es die Sicher-heitslage zulsst, sagt Projektkoordinato-rin Najat Abdulhaq. In Syrien und Libyen hat es nicht geklappt. Noch nicht.

    Diskussion und Dialog

    Gleichwohl sind DW-Reporter vor Ort auch in Libyen. Khalid El Kaoutit berichtete mehrfach aus dem Land. Er hat Erscht-terndes erlebt, tragische Schicksale mitbe-kommen. Aber ich bin froh, dass ich den Menschen ein kleines Informationsfenster bieten konnte. Da habe ich meinen Job sehr

    geliebt. Auch das gehrt zu einer authen-tischen, regionalisierten Berichterstattung ein wichtiger Aspekt im journalistischen Profil des DW-Angebots.

    Dieses Profil sei im Laufe der vergan-genen zehn Jahre schrfer geworden, sagt Redaktionsleiter Mustafa Isaid. Er und sein Team setzen eigene Akzente. Wir wollen deutsche, europische und arabische Sicht-weisen dialogisch miteinander verbinden, so Isaid. Ein Beispiel: das Thema Frauen-rolle. Natrlich ist die Ausgangslage in der arabischen Welt eine vllig andere, hier kmpfen Frauen um ihre Anerkennung und die Verankerung ihrer Gleichberechtigung in der Verfassung. Wenn wir dann ber das Fr und Wider bei der festen Frauenquote hierzulande sprechen, zeigen wir, dass es auch in Deutschland und Europa durchaus noch Diskussionsbedarf gibt.

    Da sind sie wieder, die zentralen Be-griffe: Diskussion, Dialog beides will die Arabisch-Redaktion anregen und gestalten, in der virtuellen wie in der realen Welt. Fr heute scheint es gelungen. Die Aufzeich-nung des Polit-Talks ist vorbei, Moderatorin Dima Tarhini hat das Studio bereits verlas-sen. Das Gesprch zwischen ihrem deut-schen und syrischen Talkgast im Studio indes ist noch nicht zu Ende.

    Auf einen Blick

    Das arabische TV-Programm der DW startete im November 2002 als ers-tes derartiges Angebot eines europi-schen Senders. Tglich werden zehn Stunden Programm produziert, ber-wiegend in Berlin.

    Vertiefende Analysen, Hintergrnde und Nachrichten aus Deutschland und Europa bietet der berwiegend in Bonn produzierte arabische Multi-media-Auftritt der DW im Internet.www.dw.de/arabic

    Auf ihrer Facebook-Seite steht die Arabisch-Redaktion im Dialog mit ihren Nutzern. Zudem sind Angebote auf Twitter und YouTube verfgbar. www.facebook.com/dw.arabic

    Im Bereich Radio produziert die DW arabisch-europische Talkshows und Jugendformate mit ausgewhlten Partnersendern in der Region.

    Das Redaktionsteam an den beiden DW-Standorten Berlin und Bonn ist panarabisch: Die rund 130 Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern stammen unter anderem aus gypten, Marok-ko, den palstinensischen Gebieten, Syrien, dem Libanon, Tunesien, Su-dan, Algerien, Irak und Jemen.

    In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, dem Institut fr Auslands-beziehungen und der Bundeszentrale fr politische Bildung betreibt die DW das Portal Quantara.de. Ziel des Webangebots, das nicht nur auf Ara-bisch, sondern auch auf Englisch und Deutsch angeboten wird, ist es, zum Dialog mit der islamischen Welt bei-zutragen.

    Es ist die gebotene Distanz, die uns glaubwr-

    dig macht.

    Moderatorin Dima Tarhini Redaktionsleiter Mustafa Isaid

    19Deutsche Welle

  • AnDere Verstehen

    Die rund einstndigen Diskussionen mit Publikumsbetei-ligung sind alle sechs Wochen im Programm des deutschen Aus-landsfernsehens zu sehen. Sie richten sich an das Publikum in den arabischen Lndern. Moderator Tim Sebastian, Begrnder des BBC-Formats Hard Talk und in Grobritannien zweimal Interviewer of the Year, hat das Konzept der Sendung entwickelt. Er moderiert die englische Ausgabe und betreut auch die arabische Fassung, die von der gyptischen Fernsehjournalistin Mai Elsherbiny moderiert wird.

    Im Mittelpunkt jeder Sendung steht ein aktuelles Thema aus der arabischen Welt. So ging es in der ersten Ausgabe der neuen Staffel aus Kairo um den holprigen Start der Demokratie, in der Folgesen-dung aus Amman um die Frage, ob Jordanien politische Unruhen bevorstehen. Die nchste Folge Ende Januar kommt wieder aus gypten; sie wird in Alexandria aufgezeichnet.

    Jeweils zwei Gste legen ihre unterschiedlichen Positionen dar, bevor sie sich den Fragen von Tim Sebastian beziehungsweise Mai Elsherbiny stellen. Anschlieend kommt das Publikum in einer moderierten Diskussion zu Wort. Die Sendung endet mit einer Abstimmung ber das Thema. Die DW geniet in der arabischen Welt eine hohe Glaubwrdigkeit, so Tim Sebastian, dessen Firma

    International Talk Network Limited die Talksendung produziert. Die Deutsche Welle begleitet die Produktion technisch und redaktionell.

    Christoph Lanz, Multimediadirektor Global der DW, sieht The New Arab Debates als ein Format, das politische Beteiligung mo-tiviert und demokratische Diskussionsprozesse in der arabischen Welt frdern kann. Andererseits ermglicht die Sendung es Zu-schauern in der westlichen Welt, diese Debatten nachzuvollziehen und mitzuerleben, wie intensiv um Werte wie Freiheit und Demo-kratie, auch um Glaubensfragen gerungen wird.

    Steffen Heinze

    Messbarer Erfolg

    ber 600 Satellitensender werben um die Gunst der Zuschauer in der arabischen Welt, Tendenz steigend. In diesem stark umkmpften Markt hat es das arabische TV-Programm aus Berlin nicht leicht, sei-ne Zielgruppe zu erreichen. Davon zeu-gen auch von der Markt- und Medienfor-schung der DW erhobene Reichweiten.

    So kam die DW 2008 in gypten auf eine wchentliche Reichweite von 0,1 Prozent. Das seither weiterentwickel-te und zum Februar 2012 vllig neu gestaltete TV-Programm zeigt jedoch Wirkung: Im Jahr 2012 sind es drei Pro-zent der gypter und fnf Prozent der Zielgruppe, das heit der an Deutsch-land und Europa interessierten Infor-mationssuchenden, die wchentlich das TV-Angebot der DW auf Arabisch nutzen. In Marokko erreicht das Programm w-chentlich zwei Prozent der Menschen. Nach Experteneinschtzungen wird das Angebot der DW vor allem als vertrau-enswrdig und professionell gestaltet

    beurteilt. Das Bestreben, den Dialog mit der arabischen Welt zu frdern, wird hoch anerkannt.

    Die Erfolgssendung schlechthin ist Shababtalk Jugend diskutiert. Sie weist seit Beginn der Kooperation mit dem gyptischen Al Hayah TV eine stabil hohe Reichweite auf: bis zu fnf Millionen gypter pro Sendung.

    Auch im Netz wchst die Resonanz: Mittlerweile wird das arabische Online-angebot bis zu 1,8 Millionen Mal im Mo-nat abgerufen. Das Zusammenspiel aus Bildern, Videos und Text wird als sehr ge-lungen empfunden. Auf Facebook ist die arabische Seite eine der erfolgreichsten Prsenzen der DW: Die Zahl der Fans hat sich seit der jngsten Programmreform auf ber 160.000 verachtfacht.

    Rosina Bliznakova, Markt- und Medienforschung

    Die Deutsche Welle hat eine neue Staffel der TV-Talkshow The New Arab Debates gestartet auf Englisch und Arabisch. Produziert wird in Alexandria, Kairo, Amman und Tunis. Mit Star moderator Tim Sebastian und der gyptischen Fernseh-journalistin Mai Elsherbiny.

    Hard Talk und Arabellion

    DW/c

    . Wiens

    20 Weltzeit 1 | 2013

  • Barka da zuwa! Herzlich will-kommen! Mit diesem einfachen Gru kommt man allerdings bei den Haussa nicht weit. Sie kennen eine schier unbegrenzte Zahl an Gruformeln. Man fragt nach dem Befinden der Familie, der Arbeit, der Gesund-heit, dem Wetter und nach vielem mehr. Fr viele Fragen gibt es feste Antwortfloskeln, oft lautet die Antwort aber einfach nur gut oder sehr gut. Nie wrde ein Haussa mit geht so oder gar schlecht antworten. Eine Begrungszeremonie kann mehrere Minuten dauern, bevor die Gesprchspart-ner zum eigentlichen Thema kommen.

    Haussa ist die Muttersprache von rund 30 Millionen Menschen. Der grte Teil da-von lebt im Norden Nigerias, im Sden der

    Republik Niger und in angrenzenden Teilen Westafrikas. Hndler und Korangelehrte ha-ben die Sprache weit ber das Kernland hin-aus verbreitet. So ist Haussa zur wichtigsten Verkehrs- und Handelssprache in Nigeria und weiten Teilen Westafrikas geworden.

    Lange Zeit wurde Haussa in leicht abge-wandelter arabischer Schrift, dem Ajami, ge-schrieben. Korangelehrte verwenden Ajami noch heute. In der Kolonialzeit ab Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich immer mehr die lateinische Schrift durch. In Belgisch-Kongo (heute: Demokratische Republik Kongo) und an der Goldkste (Ghana) fhrten die Kolo-nialisten Haussa als militrische Komman-dosprache ein. Haussa weist zahlreiche Ein-flsse aus dem Arabischen und Englischen, im franzsisch kolonialisierten Niger auch aus dem Franzsischen auf.

    Haussa ist zwar nirgendwo Amtssprache. In Nordnigeria verwenden die Menschen es jedoch in vielen Bereichen des gesellschaft-lichen Lebens, zum Beispiel auf lokaler Ebene in der Verwaltung und im Gerichts-wesen, im Handel, als Unterrichtssprache in den ersten Jahren der Grundschule, in

    Radio und Fernsehen und in der heutigen multimedialen Welt auch im Internet. Inter-nationale Sender wie BBC, Deutsche Welle, Voice of America, Radio France Internatio-nale und Radio Beijing strahlen tglich ein mehrstndiges Programm auf Haussa aus.

    Haussa ist eine Tonsprache, das heit die Tonhhen (insgesamt drei) sind fr die Bedeutung eines Wortes wichtig. Fr das heute vorwiegend verwendete lateinische Alphabet gibt es im Haussa einige Sonder-zeichen: , , . Die Redaktion der DW nutzt diese als einziger internationaler Anbieter auf ihren Online-Seiten.

    Die modernen Kommunikationstechni-ken zwingen auch die Haussa zu mehr Zu-rckhaltung bei den Begrungsfloskeln. Wer teure Telefonminuten zahlen muss, lsst die Tradition schnell beiseite. Wenn Sie das Begrungszeremoniell in aller Ruhe erle-ben mchten, dann sind Sie barka da zuwa a sashen Hausa herzlich willkommen in der Haussa-Redaktion!

    www.dw.de/hausa

    Haussa

    wir spreChen

    text mohammad nasiru awal hAussA-reDAktiOn

    picture-alliance/frank May barka da zuwa!

    Da kann die Begrungszeremonie schon mal

    lnger dauern: Straenszene bei Abuja in Nigeria

    21Deutsche Welle

  • Wir geben unterschiedlichen Stimmen eine Bhne. Halimatu Abbas, Haussa-Redaktion

    Vielfalt in 30 Sprachen. Unser Schwerpunkt in der nchsten Weltzeit.

  • A ls Jugendlicher sa ich einmal in einem Reisebus nach Tehe-ran neben einem Kaufmann, der davon erzhlte, mit Deutschland Geschfte machen zu wollen. Ich meinerseits soll von mir als einem versierten Frisr gesprochen haben, der in der groen, chancenreiche-ren Stadt Teheran nach Arbeit suche. Von meiner Absicht, mir in der Metropole einen Weg zum Theater zu bahnen, verlor ich na-trlich kein Wort. Was htte auch ein Ge-schftsmann mit meiner Lieblingskunst zu schaffen, dachte ich.

    Tatschlich sagte er lediglich: Deutsch-land ist Arbeitsland und mit der Geschick-lichkeit deiner Hnde wrdest du dort bestimmt Karriere machen knnen. Beson-ders jetzt, da Deutschland Arbeitskrfte be-ntigt. Ich erinnere mich noch gut, meine Familie ins Spiel gebracht zu haben, doch dafr wahrscheinlich nicht gesagt zu ha-ben, dass ich sie so vermisste, dass mir das Arbeiten in Deutschland unmglich sein wrde.

    Der aufrechte Frieden

    In Teheran lernte ich durch Zeitungen, Ra-dio, Fernsehen und spter durch Bcher eine Persnlichkeit kennen, die jedem jun-gen Menschen Achtung abverlangte: Willy Brandt. Er war einem riesigen Konflikt- und Kriegsprozess entwachsen, der beinahe die gesamte Welt in Schutt und Asche gelegt htte. Er verkrperte fr mich Besonnen-heit, Realismus und Patriotismus zugleich. Vor allem den Frieden. Einen Frieden aus einer groen Niederlage in einem groen

    Krieg. Aber keinen erniedrigten, sondern einen aufrechten Frieden.

    Und das deutsche Volk, so erschien es mir, hatte seine beste, nmlich eine demo-kratisch bewusste Wahl getroffen ein Volk, das die eigene Geschichte auf immer reuig und nachdenklich stimmt.

    Eben dieses Deutschland liebte ich. Und ich liebte es noch mehr, als ich die deut-sche Literatur kennenlernte mit all den

    Schriftstellern, die gegen Krieg, Vlkermord und Holocaust schrieben und die gewollt oder ungewollt meist im Exil leben muss-ten. Schriftsteller wie Bert Brecht, Thomas Mann, Heinrich Bll und Gnter Grass, der uns erhalten geblieben ist und lang leben mge. Brechts wichtigste Werke wurden in Iran aufgefhrt und ich wirkte in einigen dieser Werke als Schauspieler mit. Spter schrieb ich Beitrge ber ihn, die nun in

    Ein Essay ber die Erkenntnis, dass ein Schriftsteller auch auer-halb seines Lebensumfelds seinem Beruf nachgehen kann. In diesem Fall nicht nur in Teheran, sondern auch in Berlin.

    In wenigen Worten deutsChlandbild

    text mahmud doulatabadischriftsteller, irAn

    Mahmud Doulatabadi

    gilt als einer der bedeutendsten Vertreter zeitgenssischer Prosa in Iran und dar-ber hinaus. Er ist Verfasser zahlreicher Erzhlungen, Romane, Drehbcher und Theaterstcke sowie literaturkritischer und politischer Essays. Doulatabadi lebt in Teheran, wo er auch als Universitts-dozent fr Literatur ttig ist.

    Doulatabadi wurde 1940 im Nord-osten des Landes geboren. Er war unter anderem in der Landwirtschaft, als Handwerker und Frisr ttig, um sei-nen Lebensunterhalt zu verdienen. Mit 20 bestand er die Aufnahmeprfung an einer Schauspielschule in Teheran. Er arbeitete in einem Theaterensemble und als Filmdarsteller.

    1975 wurde er whrend einer Auffh-rung aus politischen Grnden verhaftet. Zwei Jahre verbrachte er im Gefngnis. Seit den 1960er-Jahren widmet sich Doulatabadi verstrkt dem Schreiben. Er verknpft die poetischen Traditionen

    seiner Kultur mit der Alltagssprache auf den Drfern.

    In den 1990-Jahren wurde auch der deutschsprachige Buchmarkt auf ihn aufmerksam. Die Romane Kelidar, Der Colonel und weitere Werke liegen in deutscher bersetzung (erschienen im Unionsverlag) vor.

    hpschaefer, reserv-art

    23Deutsche Welle

    heiMAt erleben

  • meinen gesammelten Aufstzen verffent-licht sind.

    Deutsche sind erwartungsgem nicht anders als Menschen anderswo: Sie nehmen sich nicht die Zeit, andere Menschen inner-lich einzuschtzen. Um den Deutschen na-hezukommen und mit ihnen zu kommuni-zieren, musst du mit ihnen in ihrer Sprache sprechen knnen. Aber wie sollte einer wie ich, der seines Berufes wegen seiner Mutter-sprache verhaftet ist und stndig mit kom-plexen Alltags- und sozialen Problemen zu kmpfen hat, eine Fremdsprache lernen? Also bin ich, von Dolmetscherprsenz oder meinem Alltagsenglisch abgesehen, immer ein stummer und muffeliger Gesprchspart-ner gewesen.

    Dem nicht-persischsprachigen Publikum sind meine Werke erst durch den deutsch-sprachigen Unionsverlag in der Schweiz be-

    kannt geworden. Dafr bin ich diesem Verlag verbunden. Darber hinaus bin ich wieder-holt von Kultur- und Bildungseinrichtun-gen in Deutschland eingeladen worden, was meine groe Anerkennung verdient. Dies alles verwandelte das Land in meine zweite Heimat. Wohin ich auch reise, ich mache zu-erst bei meinem Sohn in Deutschland halt.

    Im Hochgefhl des Schreibens

    Es ist bemerkenswert, dass ich nach 20 Jah-ren wiederholter Besuche hier in diesem Land zu schreiben fhig bin. Und dies, ob-wohl man wei, wie schwierig das Schrei-ben an sich sein kann. Obwohl, wie ich mei-ne, ein Schriftsteller im Grunde unmglich auerhalb seines Lebensumfelds seinem Beruf nachgehen kann. Es war also ein neu-

    es Gefhl in mir, denn auf meinen Reisen um die Welt hatte ich bis dahin kein Wort zu Papier gebracht.

    Aber dann sa ich in Berlin in einem ruhigen Caf und notierte die Rohfassung einer ersten Geschichte auf kleine Spickzet-tel, erweiterte sie mit Notizen im Osten Ber-lins und vervollstndigte all das in Teheran zu meinem mhevollen Roman Soluk.

    Als ich 2010 nach Berlin eingeladen wur-de, war ich im Hochgefhl des Schreibens. Vereint mit dem neuen Umfeld fing ich an, ein Romankonzept unter dem Titel Auf-zeichnungen meiner Jugendzeit zu erstel-len. In mir erklang die Musik der Sprache und aus mir wuchsen Worte und Vokabeln heraus. In ruhigen und angenehmen Nch-ten wuchs die Arbeit heran. Aber dann?

    Es ging doch nicht weiter. Ich war im Be-griff, die flinke Frau, die in meinem Berliner

    Auf meinen Reisen um die Welt hatte ich kein Wort zu

    Papier gebracht.

    Das ruhige Caf und die flinke Kellnerin:

    Inspirationsquelle fr die Rohfassung

    einer ersten Geschichte

    24 Weltzeit 1 | 2013

    heiMAt erleben

  • Wenn es um das Ansehen der Deutschen im Ausland geht, kommt die Sprache schnell auf das legendre Sommermr-chen 2006. Mit der Fuballweltmeisterschaft im eigenen Land gelang es, ein freundliches, heiteres, auf jeden Fall weltoffenes Deutschlandbild zu zeichnen.

    Und doch sind die Vorstellungen ber das Leben der Deut-schen und ihre Mentalitt weiter von Vorurteilen und Klischees geprgt. Dies haben auch Reaktionen von Facebook-Nutzern be-sttigt. Die Deutsche Welle hatte sie im vergangenen Sommer eingeladen, mitzuteilen, was ihnen zu Deutschland und zur deutschen Mentalitt einfllt. Ergebnis: Wir gelten weiterhin als pnktlich, ordentlich und zuverlssig, aber auch als schlecht ge-kleidet und nur selten locker oder gar humorvoll. Auto, Bier und Wurst bleiben Synonyme fr Deutschland.

    An diesen Klischees setzt das Multimediaprojekt So geht Deutschland an. Videoreportagen, Kolumnen, Artikel und Bil-dergalerien greifen die Stereotype auf, um sie auf informative und unterhaltsame Weise zu hinterfragen. Ziel ist es, ein differen-ziertes Bild vom Leben im modernen Deutschland zu zeichnen.

    Der Journalist Peter Zudeick fragt in seiner Kolumne zum Beispiel, warum der Deutsche so sparsam ist oder warum er an-geblich nicht flirten kann. Bei seiner von subjektiven Ansichten nicht freien Suche nach Antworten hilft ihm neben allgemeinen Errterungen und einem Blick in die Geschichte stets auch ein gutes Stck Selbstironie.

    Demgegenber hilft Gabriela Gleinig bei ihren Erkundungen vor der Kamera stets ihre Neugier. Als in Deutschland geborene Tochter einer Argentinierin und eines Paraguayers ist es ihr selbst oft ein Rtsel, worin die Liebe der Deutschen zu Fuball, Wurst und Bier begrndet liegt. Ihre Erkundungsreisen fhren sie durch das ganze Land und sind im DW-Fernsehen im Magazin Deutsch-land heute sowie in dessen englischer und spanischer Ausgabe Germany Today beziehungsweise Alemania hoy zu sehen.

    Zum Multimediaprojekt So geht Deutschland gehrt auch eine Artikelserie, die bekannte Zitate in ihren historischen Kontext setzt beispielsweise: Jetzt wchst zusammen, was zusammen-gehrt von Willy Brandt zur deutschen Einheit. Den DW-Nutzern wird auf diese Weise verdeutlicht, warum sich solche Aussagen ins kollektive Gedchtnis der Deutschen eingebrannt haben.

    Schlielich kann jeder Interessierte am Wie deutsch bist Du?-Test teilnehmen auch Sie! Eine Michel-Puppe prsentiert einen interaktiven Test, in dem Sie selbst herausfinden knnen, wie viel deutsche Mentalitt in Ihnen steckt.

    Christian Hoffmann www.dw.de/sogehtdeutschland

    So geht Deutschland

    das luft

    Caf kellnerte, mit der mhseligen stillen Frauenfigur meines Werkes, die auf der Su-che nach ihrem verlorenen Partner selbst im Gewhl der Stadt Mashhad verlorenge-gangen war, zu verschmelzen.

    Ich knnte die fertig geschriebene Ge-schichte als Zeichen meiner Verbundenheit mit der Stiftung, die mich nach Berlin ein-geladen hatte, dort als Andenken zurcklas-sen, dachte ich. Doch es klappte nicht.

    Trotz allem widmet dieser muffelige Schriftsteller dieses Werk der Kellnerin, de-ren wohlklingende Stimme immer noch in seinen Ohren musiziert und ihn fasziniert.

    Adaptiert ins Deutsche von

    eskandar Abadi, farsi-redaktion

    graham Monro/gm photographics

    25Deutsche Welle

  • D ie dunkelgrnen Gummistiefel sind zehn Nummern zu gro, riechen nach Schwei und er-innern an von Fupilz zerfressene Zehen. Doch ohne die hohen Stiefel ist ein Besuch in einer der lokalen lraffinerien unmg-lich. Der grau-schwarze Boden ist schlam-mig und schmatzt bei jeder Bewegung. Wer hier nicht zgig luft, sackt sofort bis zum

    Knchel ein und muss den Stiefel mhsam wieder aus dem Schlamm herausziehen. Wenn die Sonne ab und zu durch die dich-ten Mangrovenwlder scheint, schimmert der Boden manchmal in Regenbogenfar-ben. Das l das Schwarze Gold des Niger-deltas ist berall und sickert vllig unkon-trolliert in die Erde. Doch das interessiert niemanden.

    Auch die lkocher nicht, die auf einer Lichtung am Ufer des Nigerdeltas arbeiten. Hier produzieren sie selbst Diesel, Benzin und Kerosin. Egal, wie hei es wird, egal, wie gro die gesundheitlichen Risiken sind und wie beiend der Rauch ist, der bei dem Erhitzen des Rohls aufsteigt. Joshua, der weit oben in der Hierarchie steht, ein sauberes grn-wei gestreiftes Polo-Shirt trgt und auf Englisch mit Journalisten spricht, rechtfertigt sich: Wovon sollten wir denn sonst leben? Fr uns gibt es doch keine Arbeit. Shell und die anderen stellen uns nicht ein.

    Von lkochern und lmultis

    Im Nigerdelta sind es immer die anderen, die fr schlechte Lebens- und Arbeitsbedin-gungen verantwortlich sind. Juliette, die re-gelmig bei den lkochern Kerosin kauft, lchelt anfangs noch ein wenig verlegen. Mit Journalisten spricht sie nicht oft und sie wechselt immer wieder ins Pidgin-Englisch. Doch dann beginnt sie, auf die Politiker zu schimpfen. Besonders auf Prsident Good-luck Jonathan, erstes Staatsoberhaupt aus dem Nigerdelta. Obwohl der Bundesstaat Bayelsa seine Heimat sei, tue er nichts fr die Bewohner.

    Politiker wiederum verfluchen die l-multis. In der Verantwortung fr rechtliche Rahmenbedingungen sehen sie sich nicht. Und fr die multinationalen lunterneh-men sind es meist die Einheimischen, die das Dilemma im Delta selbst verursacht haben: Wenn sie nicht so gierig wren und nicht stndig die Pipelines anzapfen

    Nigerias Reichtum stammt aus dem Nigerdelta im uers-ten Sdosten des Landes. Aber vor Ort profitiert niemand von den Einnahmen aus dem l. Wenn das Schwarze Gold zur Pest wird ein Thema im Mul-timediaprojekt ber Afrikas Rohstoffe.

    Was bringt es uns, unser Gesicht in

    die Kamera zu halten?: lkocher im

    kncheltiefen Schlamm

    Dilemma im Delta

    text unD bilDer katrin Gnsler, rePOrterin

    26 Weltzeit 1 | 2013

    unterWegs sein

  • wrden, wrde lngst nicht so viel des kost-baren Rohstoffes in den Boden sickern und das Leben unmglich machen. Nach ein paar Tagen werden die Vorwrfe zu einer Endlosschleife. Es sind immer die anderen. Hoffnung darauf, dass alle Beteiligten sich irgendwann einmal gemeinsam fr bessere Lebens- und Produktionsbedingungen ein-setzen, gibt es nicht.

    Auch Joshua hat sie lngt aufgegeben. Er und seine Leute nehmen sich lieber selbst etwas von Nigerias Reichtum, der nicht un-gleicher verteilt sein knnte. Der Riesen-staat mit den 160 Millionen Einwohnern ist zwar Afrikas llieferant Nummer eins. Trotzdem leben rund 70 Prozent der Men-schen unterhalb der Armutsgrenze und ha-ben pro Tag nur etwa einen Euro. Deswegen ist ein Wort beim Besuch seines Arbeits-platzes streng verboten: illegal. Aus seiner Sicht sind die selbst zusammengezimmer-ten Holzgestelle nur lokale oder private Raffinerien. Nennt sie blo nicht illegale Raffinerien, sagt Kentebe Ebiaridor von der nigerianischen Umweltschutzorganisa-tion Environmental Rights Action (ERA) vor unserer Abfahrt in Yenagoa, der Hauptstadt des Bundesstaates Bayelsa, das macht die Leute hier verdammt rgerlich.

    Informationen nur gegen Geld

    Ein falsches Wort htte die ganze mhseli-ge Vorarbeit fr den Besuch schnell wieder zerstren knnen. Tagelang hat es unzhli-ge Telefonate, viel berredungskunst und einige Gesprche mit ERA-Vertretern be-ntigt, um berhaupt die Mglichkeit zu bekommen, diese kleine Raffinerie zu be-suchen. Das Misstrauen war gro hufig verbunden mit der Frage: Was haben wir von dem Besuch? Was bringt es uns, unser Gesicht in die Kamera zu halten? Die Stan-dard-Antwort, Journalisten wrden schlie-lich auf Probleme aufmerksam machen und den Menschen im Nigerdelta eine Stimme verschaffen, zhlt fr viele Gesprchspart-ner nicht. Sie haben sie schon zu oft gehrt.

    Stattdessen wollen alle ihren eigenen privaten Vorteil von unserem Besuch ha-ben. Egal, ob lkocher, Brgermeister oder Marktfrau. Interviews, Informationen und Gesprche gibt es nur gegen Geld. Diskus-sionen sind zwecklos. Denn wenn das l, das in Nigeria seit 1958 gefrdert wird und aus dem heute 80 Prozent der Staatsein-nahmen stammen, ihnen schon keinerlei Nutzen bringt, sollen es wenigstens all jene Menschen tun, die sich fr das l interes-sieren.

    Wo die Menschen frher vom Fischen leb-

    ten: Rauchschwaden verraten die illegalen

    lraffinerien an den Ufern des Nigerdeltas

    Nach Asiens Tigerstaaten kommen Afrikas Lwenstaaten. Getrieben wird das Wachstum Afrikas vor allem von Roh-stoff-Exporten. Manche Lnder wie der l-Staat Angola brachten es in den ver-gangenen Jahren auf mehr als 20 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr. Zu den traditionell rohstoffreichen Volkswirt-schaften wie Angola und Nigeria gesellen sich derzeit neue Lnder dazu. So schickt sich das portugiesischsprachige Mosam-bik an, einer der grten Kohle- und Gas-produzenten der Welt zu werden.

    Fr die Afrika-Redaktionen der DW ein idealer Zeitpunkt, um zu sehen, was vor Ort vom Rohstoff-Boom bleibt. Was haben die Menschen davon, wenn l, Gas oder Gold das Bruttoinlands-produkt nach oben schnellen lassen? Denn die wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbcher sind schlielich voller Bei-spiele dafr, wie der Boom der Rohstoff-Industrie andere Branchen an die Seite gedrngt und so fr mehr und nicht fr weniger Armut gesorgt hat bekannt ist das als hollndische Krankheit oder auch als Rohstoff-Fluch. Hufig bleibt auch nach dem Abbau der Bodenschtze die Umwelt zerstrt zurck.

    Was bleibt vom Rohstoff-Boom? Dieser Frage sind DW-Reporter in sechs Lndern des Kontinents nachgegangen. In der Regel waren sie als Tandem unter-wegs: ein VJ (Video-Reporter) und ein Radio-Online-Reporter. Zu kmpfen hat-ten sie mit willkrlicher Visum-Vergabe, schwerem Zugang zu entlegenen Ge-bieten und mit kooperationsunwilligen Rohstoff-Konzernen.

    Es sind eindrucksvolle Geschichten entstanden, die auf vielfltige Weise pr-sentiert werden: Fr die Afrika-Radiopro-gramme der DW, die ber Partnersender und Kurzwelle ein breites Publikum erreichen, wurden zehnmintige Hr-funkfeatures produziert. Hinzu kommen Text-Reportagen, Bildergalerien und Vi-deos fr die Online-Sonderseiten. Und das Fernsehen der DW strahlt die Reihe im Magazin Global 3000 aus.

    So knnen sich Hrer, Nutzer und Zu-schauer der DW ein Bild davon machen, was vor Ort in Afrika vom Rohstoff-Boom bleibt.

    Johannes Beck

    www.dw.de/rohstoff-boom

    das luft

    Rohstoff zwischen Fluch und Segen

    27Deutsche Welle

  • text dominik ahrens PrOJektleiter MArketing

    Frher war die Welt in deutschen Wohnzimmern noch in Ordnung: Wenn sich in den 1980er-Jahren die Kernfamilie mit Chips und Limonade vor Wetten, dass ..? zusammenfand, dann wetteten Vater, Mut-ter und 2,3 Durchschnittskinder frhlich mit und die ganze Aufmerksamkeit gehrte Frank Elstner, spter Thomas Gottschalk und der Flimmerkiste. So zumindest die Legende.

    Die Fernsehverantwortlichen haben allen Grund, dieser Vergangenheit hinter-herzutrauern, schlielich zeigen aktuelle Untersuchungen, dass sich die Rezeption radikal gendert hat. Zwar ist der Fernseh-

    konsum bis 2011 auf durchschnittlich 225 Minuten pro Tag angestiegen, doch muss der Fernsehschirm inzwischen mit den Bildschirmen von Laptops, Tablets und Smartphones um die Aufmerksamkeit der Zuschauer konkurrieren.

    Mehr als die Hlfte der Deutschen nutzt bereits diesen Second Screen, den zweiten Bildschirm, um whrend der Sendung Zu-satzinfos abzurufen oder sich in Netzwer-ken auszutauschen, wei Julia Hildebrand, Social-Media-Expertin der DW. Whrend der groen TV-Events und Live-Shows wird vor allem getwittert. Die Sozialen Netze sind zu einer Art virtueller Fernsehcouch geworden, auf der sich die Zuschauer ber das Programm unterhalten.

    In welchem Mae das Fernseherlebnis zum Sozialen TV wird, zeigte sich zum Beispiel beim Finale der Fuball-EM: Wh-rend des Spiels wurden weltweit 16,5 Mil-lionen Nachrichten mit dem Kennzeichen #Euro2012 abgesetzt. Beim Eurovision Song Contest zhlte allein die deutsche

    Social-TV-App Couchfunk rund 37.000 Kommentare.

    Fr die Sender ist diese Entwicklung Fluch und Segen zugleich. Zum einen ver-liert das Fernsehen die wertvolle Aufmerk-samkeit der Zuschauer an Smartphone und Co. Wer gerade Tweets liest oder im Netz surft, verpasst die Sendung und vor allem Product Placements und Werbespots. Gleichzeitig setzen immer mehr Sender auf Soziale Medien, um die Nutzer an ihre For-mate zu binden, sagt Julia Hildebrand. Der Buzz die Diskussion in den Netzwerken verstrkt den Drang, ebenfalls einzuschal-ten und mitzureden. Deshalb blenden viele Sender gleich die passenden Hashtags die Twitter-Schlagwrter ins Programm ein, um die Diskussion anzuregen. Darber hi-naus machen Tablets und Smartphones die Interaktion mit Live-Programmen mglich. Talkshow-Moderatoren verlesen whrend der Sendung Kommentare der Zuschauer und machen aus der Diskussion ber das Format eine Diskussion mit den Machern.

    Zwischenrufe von der virtuellen Couch

    Wer vor dem Fernseher sitzt, hat dabei immer hufiger auch sein Smartphone zur Hand. Fr die Medienmacher ist die-ser Second Screen Risiko und Chance zugleich.

    Dmitry koksharov/fo

    tolia.com

    bluehand/fotolia.com

    28 Weltzeit 1 | 2013

    MeDienWelt einOrDnen

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  • Fiktionale Formate haben darber hin-aus noch andere Mglichkeiten. Die Pseudo- Reality-Serie Berlin Tag und Nacht ist nicht nur im Programm von RTL2, sondern auch bei Facebook sehr beliebt. Dort knnen die Nutzer auch auerhalb der Sendezeiten am Leben der Figuren teilnehmen, was wie-derum den Reiz der Sendung erhht. Diese Strategie setzt auch die Redaktion Deutsch-kurse der DW fr ihre Telenovela Jojo sucht das Glck erfolgreich ein.

    Die Herausforderung fr Fernsehmacher wird in Zukunft noch strker darin be-stehen, Ereignisse zu schaffen, ber die ihre Zuschauer sprechen, twittern oder posten mchten. Denn das gemeinsame, soziale Fernseherlebnis ist auch im Jahr 2013 nicht tot. Und auch die immer zahlreicher wer-denden Singles sind dank Sozialer Medien keineswegs einsam vor dem Fernseher.

    Nur die Chips reicht auf der virtuellen Couch niemand rber.

    Wir sind politisch, nur anders Er lebt in Berlin und im Internet: Wolfgang Grndinger, 28-jhriger Politik- und Sozialwissenschaftler und Autor von Wir Zukunftssu-cher. Wie Deutschland enkeltauglich wird. Er sieht mit leuchtenden Augen, wie sich ein Generationenkonflikt zusammenbraut: Endlich tut sich was. Konfliktherd ist dabei nicht die Rente das Symbolthe-ma des Demografiewandels. Es ist vielmehr die Ignoranz der Alten und somit auch der Politik gegenber der gesellschaftlichen Reali-tt, insbesondere der Lebenswelt der Jungen. Generationengerech-tigkeit ist keine Einbahnstrae.

    Liebe Alte, Ihr habt keine Ahnung. Whrend die Alten allein durch ihr strukturelles Whlergewicht die politische Agenda be-stimmen, fhlen die Jungen sich unverstanden, nicht reprsentiert und erhoffen sich nichts von den ebenfalls alten Politikern. Ohne eine Interessenvertretung der nachwachsenden Generation kann es jedoch keine zukunftsweisende Agenda geben.

    Auf 200 Seiten schafft Grndinger es nicht nur, die scheinbar un-durchdringliche Komplexitt des Dilemmas unserer alternden Ge-sellschaft mit klaren Worten und lebendigen Beispielen zu durch-leuchten. Es gelingt ihm auch stets, konstruktive Kritik zu ben mal mit simplen Lsungsanstzen, mal mit Forderungen zum radikalen Umdenken.

    Grndinger rumt mit Vorurteilen der 68er auf und macht uns Jungen Mut. Wir sind keine politikverdrossene Spagesellschaft. Wir sind politisch. Nur anders. Und das mssen wir selbst erst be-greifen. Unser Engagement hat nichts mit Ideologien und Revolte zu tun. Es ist nicht so laut wie die Parolen der 68er, aber viel bunter, heterogener und keinesfalls weniger wert. Es ist geprgt vom Prag-matismus und der Eigenverantwortlich-keit unserer Generation: Wir verndern unsere Lebenswelt im Kleinen und wer-den dort ttig, wo wir konkrete Ergebnis-se sehen knnen in Eltern-Initiativen, Online-Petitionen, Baumpflanzaktionen oder Fair-Trade-Projekten.

    Aber wir mssen keine Einzelkmp-fer sein, sondern sollten uns gemeinsam Gehr verschaffen. Vielleicht knnen die Liedtexte von Wir sind Helden oder Sportfreunde Stiller, die Grndinger als Kapitelberschriften einsetzt, zur Ein-stimmung auf ein neues Wir-Gefhl die-nen. Dabei werden wir nicht gegen die Alten kmpfen, sondern um das Recht auf Mitsprache und Zukunft und fr eine zukunftsfhi-ge Gesellschaft. Grndingers Buch ist kein Aufruf zum Kampf Jung gegen Alt, sondern zum Miteinanderreden und Neuentdecken der Solidaritt der Generationen.

    Und es bewegt, lsst den Leser mit einer positiven Unruhe zu-rck. Mein erster Beitrag zur Zukunftsbildung unserer Gesellschaft wird es sein, dieses Buch unters Volk zu bringen.

    Lisa Flanakin (31), Designerin

    Wolfgang grndinger: Wir Zukunftssucher. Wie Deutschland

    enkeltauglich wird; 224 seiten; edition krber-stiftung, hamburg

    2012; isbn: 978-3-89684-092-9; 16 euro

    lesetipp

    29Deutsche Welle

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  • Der russische Medienmarkt ist auf den ersten Blick trge-risch einfach zu durchschauen: Das Fernsehen ist mit Abstand das wichtigste und erfolgreichste Medium. Es erreicht regelmig na-hezu 100 Prozent der Bevlkerung und ist daher ein entsprechend umkmpftes Feld mit zahlreichen kommerziellen und staatlichen Mitspielern.

    Erst auf den zweiten Blick erffnet sich ein Bild von komplizier-ten Einflussnahmen und Abhngigkeiten die bedeutendste ist zweifellos die Abhngigkeit nahezu aller groen Sender vom Kreml.

    Unternehmen wie VGTRK (mehrere fderale Kanle) oder Voi-ce of Russia gehren vollstndig dem Staat, an anderen wie Pervuj Kanal (Channel One) oder NTW ist er zumindest beteiligt. Das Er-gebnis ist eine Fernsehlandschaft, die nahezu frei von offener Kritik an Staatsorganen und Regierungsmitgliedern ist.

    Russland gehrt zu den Kernregionen der Deutschen Welle nicht zuletzt aufgrund seiner geopolitischen Lage sowie der groen politischen und wirtschaftlichen Bedeu-tung. Wie sieht dort der Medienmarkt aus? Eine Analyse der aktuellen Situation und der Aktionsmglichkeiten internationaler Anbieter wie der DW.

    Medienmarkt Russland: ein Bild von komplizierten Einfluss-

    nahmen und Abhngigkeiten vor allem vom Kreml

    text boris banChevskiyVertrieb

    Nahezu frei von Kritik

    Der Erfolgsfaktor

    Das wchentliche TV-Magazin Geofaktor der Russisch-Redak-tion der DW startete im November beim neuen russischen Partner Expert-TV. Seit Intendant Erik Bettermann bei seinem Besuch in Kasan im Dezember einen entsprechenden Ver-trag mit dem Sendernetz STP-Content unterzeichnet hat, ist Geofaktor in 44 Regionen Russlands prsent. Darber hinaus ist das Magazin auf den russischen Seiten von dw.de, in der Mediathek und auf YouTube abrufbar.

    Die 15-mintige Sendung ist das erste eigens fr Russ-land konzipierte TV-Magazin der DW. Es setzt auf Beitrge aus Wirtschaft und Politik. Auf diesen Themenfeldern geniet Deutschland in der Region groes Vertrauen. Durch einen klaren regionalen Fokus und die Bercksichtigung russischer Sehgewohnheiten gelingt es der DW, fr die Menschen in Russland glaubwrdig zu sein.

    www.dw.de/russian

    reuters/D

    enis sinyakov

    30 Weltzeit 1 | 2013

    MeDienWelt einOrDnen

  • Daher scheiden solche Kanle als Kooperationspartner fr einen unabhngigen internationalen Sender wie die DW aus. Hier bestehen strenge Richtlinien, die eine inhaltliche Beeinflussung durch Regierungen kategorisch verbieten. Somit bleiben nur einige wenige Nischen-Sender, die sich bislang einer staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen haben. Einer davon ist der Wirtschaftskanal RBC-TV, der russische Bloomberg, der sich im Besitz des opposi-tionellen Milliardrs Mikhail Prokhorov befindet. Er bedient die zunehmend bedeutsame Zielgruppe der Entscheidungstrger in Wirtschaft und Politik und unterhlt mit RBC.ru gleichzeitig eine der fnf erfolgreichsten russischen Webseiten. Es ist diese promi-nente Stellung, die DW-Intendant Erik Bettermann im Rahmen sei-nes Russland-Besuchs im Dezember dazu veranlasste, ausfhrliche Gesprche mit dem Leiter des Senders ber eine Ausweitung der bereits bestehenden Zusammenarbeit zu fhren.

    Die Region im Zentrum

    Eine besondere Bedeutung kommt im russischen Medienmarkt den regionalen Fernsehstationen zu. Hier sind die Sender wie in den USA in der sogenannten Syndication, in Senderzusammen-schlssen, organisiert. Groe Netzwerke wie STP Content vereinen zahlreiche Einzelstationen und versorgen sie mit einem einheitli-chen Kernprogramm, die brige Sendezeit fllen die Stationen mit Eigenproduktionen oder zugekauften Inhalten.

    Die Zuschauer sind an dynamische Formate gewhnt und er-warten durchgehend hohe Qualitt. Vor allem erwarten sie keine Formate aus zweiter Hand. Eine schlichte Sprachbersetzung be-stehender Sendungen internationaler Anbieter kommt also eher nicht in Frage. Erfolgversprechend sind hingegen Koproduktionen beziehungsweise Adaptionen durch Partner vor Ort: So wird die russische Version des DW-Liefstyle-Magazins Euromaxx, die in Zu-sammenarbeit mit dem Sender 100 TV aus St. Petersburg entsteht, mittlerweile von 38 regionalen TV-Sendern bernommen.

    Der Markt steht auerdem vor einem Umbruch: 2015 wechseln alle russischen Sender zur digitalen bertragung und krempeln da-bei ihr gesamtes Programm um. Vor allem die regionalen Anbieter investieren stark in Infrastruktur und Inhalte. Geofaktor, das neue russischsprachige TV-Magazin der Deutschen Welle (siehe Kasten), ist darauf sowohl inhaltlich als auch zeitlich abgestimmt.

    Die Presse und das Netz

    Der Zeitungsmarkt erlebt in Russland eine hnliche Krise wie hier-zulande. Groe Zeitungen wie die regierungskritische Novaja Ga-zeta kmpfen mit sinkenden Auflagen. Trotz der schwindenden Bedeutung des Mediums nimmt auch hier der staatliche Einfluss eher zu. Die Machthaber versprechen sich dadurch einen strkeren Zugriff auf die Zielgruppe der Verantwortlichen in der Wirtschaft und der Studenten. Das Ergebnis war ein vollstndiger Austausch des Managements und ein Wandel des Profils von solidem Jour-nalismus zur Boullevard-Presse in den vergangenen zwei bis drei Jahren. Ein gutes Beispiel fr diese Boulevardisierung ist die lteste Zeitung Iswestija.

    Der Onlinebereich hat sich dagegen der staatlichen Kontrolle bislang weitgehend entzogen: lenta.ru beispielsweise ist eher frei davon, newsru.com ebenfalls beide gehren zu den wichtigsten Nachrichtenseiten im russischsprachigen Internet und sind als sol-che schon lange Kooperationspartner der DW.

    1.000.000.000 Menschen sind bei Facebook regis-triert: Das Netzwerk erreicht rechnerisch jeden sieb-ten Menschen der Erde. http://bit.ly/Qq9nX3

    30.000.000 Follower: Lady Gaga ist Twitter-Queen. Twitter-Grnder Williams wrde Followerzahlen aber lieber abschaffen. http://on.mash.to/StB2Hp

    100.000 Abonnenten sind nicht genug: Lehren der Community aus dem Ende des iPad-Magazins The Daily. http://bit.ly/SGOW6z

    50 US-Wahlergebnisse prognostizierte Nate Silver richtig. Wie knnen Datenjournalisten hnlich er-folgreich sein? http://on.mash.to/VbSlJk

    43 Auslandskorrespondenten haben sich auf Welt-reporter.de vernetzt und teilen Erfahrungen aus 160 Lndern. ttp://bit.ly/TnVrty

    20 Werkzeuge zur Datenvisualisierung: Brian Suda vom netmagazine macht jedem Journalisten den Zugang leicht. http://bit.ly/QBGeGx

    16 Millionen US-Dollar Venture Capital hat das Bil-dungsportal Coursera eingesammelt. Es bietet kos-tenlose Universittskurse. http://bit.ly/ACwuUg

    14 Tools, mit denen Journalisten Quellen im Netz ve-rifizieren knnen. http://bit.ly/W7qf2M

    Zehn Jahre Google News: Suchmaschine wertet heu-te 50.000 Nachrichtenquellen aus und generiert vier Milliarden Klicks pro Monat. http://bit.ly/S877P6

    Acht Zeichen reichen nicht: Technikjournalist Mat Honan fordert das Ende der Passwrter als alleinige Sicherheitsmanahme. http://bit.ly/ZPrw25

    Fnf Wege zum Online-Portfolio: Immer mehr Arbeitgeber erwarten aussagekrftige Internetpr-senzen von Journalisten. http://bit.ly/KDLAdS

    Einer von drei Menschen weltweit nutzt das Inter-net. Doch freien Zugang gewhren laut Freedom House nur 14 von 47 Staaten. freedomhouse.org

    Getwitter

    31Deutsche Welle

  • Empfngerland der ersten Sendung ist der Sudan. Zwei Jah-re spter wird als Trger fr dieses Ttigkeitsfeld die TransTel Ge-sellschaft fr Deutsche Fernseh-Transkription mbH gegrndet. Sie soll Fer