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8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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WWem gehem gehrt die Srt die Stadtadt?t?(A(Ausgabe Nusgabe Nr. 1r. 12, 6. Dezember 2011)2, 6. Dezember 2011)
Jrg Mller
In unserer mittlerweile zwlften Ausgabe geht es im Schwerpunkt um
Mglichkeiten emanzipatorischer und widerstndiger Stadtpolitiken.
Untrennbar damit verbunden ist in der entlichen Diskussion seit
einigen Jahren der Begri Gentrizierung, der den Prozess der
Aufwertung von Stadtteilen beschreibt, die sich klischeemig an einer
wachsenden (oftmals grn-alternativen) Infrastruktur von Galerien,
Biolden und bermigem Latte Macchiato-Konsum ablesen lsst.
Doch was fr einige ein honigser (T)raum zu sein scheint, wirdfr andere zu einer bitteren Realitt: Gentrizierung fhrt zu einer
weitreichenden Verdrngung der bisherigen, meist rmeren
Bewohner_innen zugunsten oder gerade durch konomisch, sozial und
kulturell Privilegierte. An diesem Punkt knpfen wir an, um
Notwendigkeiten und Potentiale der Raumaneignung sichtbar zu
machen.
Zunchst widmet sich Sebastian Friedrich dem Buch Wir bleiben alle
von Andrej Holm und streicht die Vielschichtigkeit vonGentrizierungsprozessen und die Notwendigkeit breiter Bndnisse
fr eektiven Widerstand heraus. Die Besprechung Huserkampf ist
doch Achtziger von Franziska Plau fokussiert die Dynamiken
stdtischer Machtverhltnisse am Beispiel des Ungdomshuset in
Kopenhagen und hebt insbesondere die internationale Vergleichbarkeit
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von Verdrngungsprozessen hervor. Ebenfalls fr auf andere Stdte
bertragbar hlt Sebastian Kalicha in seiner Rezension zu Wie bleibt
der Rand am Rand von Robert Sommer den Umgang mit
Obdachlosigkeit in Wien und die erschreckenden bis absurden
Versuche, Menschen, die nicht ins Stadtbild passen, aus denkonsumorientierten Zentren zu vertreiben. Davon ausgehend widmen
sich zwei Autor_innen Publikationen zu Mglichkeiten der
widerstndigen Raumaneignung. Konkrete Freiraumpolitiken und ihre
Aushandlungen schildert Ulrich Peters in seiner Rezension zu Gender
und Huserkampf und macht dabei deutlich, dass auch in linken
Zusammenhngen ein Bewusstsein darber existieren muss, dass
Freirume keine machtfreien Orte sind. Ein Beispiel fr individuelle,
allnchtliche Raumaneignung betrachtet Jorane Anders in Der
erschriebene Aufstand: Grati und Street-Art als Rckeroberung der
Stadt.
Eine traurige Aktualitt erhlt der von Tompa Lska rezensierte
Sammelband Kaltland und die darin enthaltene Auseinandersetzung
mit den Pogromen gegen Migrant_innen in den 1990er Jahren
angesichts der erschtternden Morde durch organisierte Nazis und
des Umstands, dass in der entlichen Debatte mal wieder
Rassismus blo als gesellschaftliches Randphnomen behandelt wird.Einen gelungenen Blick in die Geschichte linker Arbeiter_innenkmpfe
leistet nach Ismail Kpeli das Buch Sozialismus und Arbeiterbewegung
in Deutschland: Von den Anfngen bis 1914. Mit welchen
Normalisierungsstrategien die Bundeswehr ihre Nachwuchssorgen zu
lsen versucht, stellt anschlieend Heinz-Jrgen Vo in seiner
Rezension zu An der Heimatfront ausfhrlich dar. Nicht um Krieg, aber
dafr um die Frage, wie Psyche und die Erndung des Anderen
zusammengedacht werden knnten, geht es dann in Adi Quartis
Rezension Fabelhafte Psyche! zu einem aktuell erschienenen Bndchen von Jacques Derrida. Schlielich denkt mal wieder Gabriel Kuhn
allerhand zusammen. In seiner Rezension von Pogo, Punk und Politik
stellt er sich gegen die weitverbreitete Annahme, Punk sei unpolitisch.
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Zum Tode von Georg Kreisler, der in gewissem Sinne sehr politischen
Punk machte, mchten wir die Rezension zu seiner vor zwei Jahren
erschienenen Autobiographie Letzte Lieder aus unserem Archiv als
eine Art Nachruf ans Herz legen.
Und, wie immer: Wer rechtzeitig ber unsere neuesten Ausgaben
informiert werden mchte, kann sich in der Spalte rechts mit E-Mail-
Adresse fr den Newsletter eintragen.
Und jetzt viel Spa beim kritischen Lesen!
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http://www.kritisch-lesen.de/2009/10/letzte-lieder/http://www.kritisch-lesen.de/2009/10/letzte-lieder/8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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SStadtadt fr alle!t fr alle!
Andrej Holm
Wir bleiben Alle!Gentrifizierung - Stdtische Konflikte um Aufwertung und Verdrngung
Von Sebastian Friedrich
Der Stadtsoziologe Andrej Holm fhrt auf knapp 80 Seiten in dieVerdrngungsprozesse aus Stadtteilen ein und zeigt zugleich konkrete
Handlungsperspektiven auf.
Im Mrz 2008 titelte das ehemals alternative Berliner Stadtmagazin
ZITTYNeuklln rockt! und fhrte die Lesenden durch den derzeit
spannendsten Stadtteil Berlins. Zwar funktionierte der Grte der
Berliner Bezirke noch whrend der Sarrazindebatte im Herbst 2010
als Inbegri fr einen Problembezirk, dennoch breiten sich genau
dort hippe Cafs, Ateliers und Szenekneipen aus, wo es im Schattender Rtli-Schule nur so vor Jugendgangs und Parallelwelten wimmeln
msste, wrde man nach so manchen Medienberichten gehen. Bereits
jetzt ernen erste Biolden und gekoppelt mit mehr oder weniger
notwendigen Sanierungen steigen die Mietpreise rapide an, die sich
viele rmere Bewohner_innen nicht mehr leisten knnen. Aus Protest
gegen Verdrngungsprozesse werden Autos angezndet, Drohungen
gegen Tourist_innen und Yuppies an Huserwnde gesprht oder
neue Szenekneipen mit Farbe verschnert oder entglast. Neben diesenmedial verbreiteten Formen vernetzen sich jedoch auch zunehmend
Betroene und Aktivist_innen, gehen Bndnisse ein, geben
Stadtteilzeitungen heraus und versuchen somit auf anderen Ebenen
Widerstand gegen Verdrngung zu organisieren. Ob Autozndler_in
oder Stadtteilaktivist_in: Beiden sei ein 2010 bei Unrast erschienenes
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schmales Bndchen empfohlen, das erhellende Einblicke in den
komplexen Prozess der Gentrizierung liefert: Wir Bleiben Alle! von
Andrej Holm.
GenGentrificatiotrification-Prn-ProzesseozesseDer Begri Gentrication wurde erstmals in den 1960ern verwendet
und machte aufgrund einer Renaissance der Innenstdte whrend der
letzten Jahre Karriere fern von stadtsoziologischen Spezialdiskursen.
Der Begri beschreibt einen Prozess, bei dem sich symbolische
Aufwertung, Inwertsetzung und Verdrngung vollziehen. Idealtypisch
luft Gentrication folgendermaen ab: Zunchst ziehen
Knstler_innen, Studierende und Alternativszenen in einen maroden
Stadtteil, weil die Mieten gnstig sind und sie sich dortEntfaltungsmglichkeiten erhoen. Diese Pioniere ernen
Szenekneipen, Buchlden und Ateliers, worauf sich das Image des
Stadtteils von Problemkiez in Szenekiez ndert. Die Stadtteile
werden interessant fr Investor_innen und Besserverdienende: Aus
einer symbolischen Aufwertung durch Modernisierungen der meist
unsanierten Wohnungen wird eine bauliche Modernisierung. Damit
steigen die Mieten, was zur Verdrngung der dort lebenden
Bewohner_innen und spter hug auch der Pioniere fhrt. So
geschehen etwa in Prenzlauer Berg, wo 15 Jahre nach Beginn der
Modernisierungen lediglich 20% der frheren Bewohner_innen leben
(vgl. S. 10). Dieser Prozess wird jedoch nicht immer nur durch
symbolische Aufwertung (also den Imagewechsel) eingeleitet oder
ist allein auf den Zuzug von Studierenden und Knstler_innen
zurckzufhren. Holm stellt klar, dass Gentrication in
Sanierungsgebieten oft entlich gefrdert wird.
Gentricationprozesse durchlaufen nicht immer den klassischen Weg.So knnen etwa Bronutzungen und Luxuswohnprojekte in ehemaligen
Industrieanlagen auch zu Verdrngungsprozessen in umliegenden
Gebieten fhren hier funktioniert Gentrication ganz ohne
symbolische Aufwertung durch Pioniere. Auch kann Gentrication
light verlaufen, wie etwa in Berlin-Kreuzberg, wo die Aufwertung
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zwar noch nicht zu Verdrngung gefhrt habe, aber sich durch
steigende Mietbelastungsquoten eine kleinteilige soziale Polarisierung
und somit eine Verdrngung aus dem Lebensstil (S. 18) stattndet.
kkoononomische und kulturmische und kulturelle Begrndelle BegrndungenungenNach der Beschreibung verschiedener Aufwertungs-Prozesse widmet
sich Holm Erklrungsmodellen jenseits platter deterministischer
Erklrungen, nach denen Gentrication schlicht ein natrlicher
Prozess sei. Holm stellt klar, dass die Fragen nach den Ursachen keine
abgehobene akademische Diskussion ist, sondern direkten Einuss auf
Gegenstrategien hat. Wird etwa den Pionier_innen die Hauptschuld
an Verdrngungsdynamiken gegeben und ihr Zuzug als urschliches
Problem diagnostiziert, wren Widerstandsformen vor allem inDeattraktivierungsstrategien zu suchen, um das Image des Stadtteils
zu verschlechtern. Holm erteilt diesem verkrzten Verstndnis eine
Absage und befasst sich zunchst im zweiten Kapitel mit makro- und
mikrokonomischen Begrndungszusammenhngen. Von
traditionellen Wohnungsbauunternehmen htte sich der
Immobilienmarkt zunehmend in ein Feld fr Spekulationen entwickelt,
bei dem eine Immobilienanlage nicht mehr langfristig kalkulierbares
Einkommen sichern soll, sondern schnelle Wertsteigerungen erhot
werden.
Holm spart nicht die kulturellen Logiken bei Aufwertungsprozessen
aus. Statt aber schlicht das kontrastreiche Bild der Studenten,
Knstler, Photographen als Schuldige zu zeichnen, blickt er auf die
Schattierungen. So ndet hug eine Inwertsetzung von Subkulturen
statt, indem etwa Ausdrucksformen der Hausbesetzer_innenszene in
Marketingstrategien berfhrt werden. hnliches stellt Holm beim
erfolgreichen Widerstand im Hamburger Gngeviertel fest, bei demes Aktivist_innen des Recht-auf-Stadt-Bndnisses im Sommer 2009
gelang, durch medial gut vermittelte Besetzungen von Leerstand die
Hamburger Brgerschaft dazu zu bringen, den Verkauf der Gebude
an einen Investor rckabzuwickeln. Die knstlerfreundliche Lsung
im Gngeviertel sollte aber nicht nur das Investitionsklima retten,
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sondern wurde gleich mit in das Marketing fr die Marke Hamburg
bernommen. (S. 36) Am Ende des Kapitels zu den kulturellen
Logiken stellt Holm drei mgliche Anti-Gentrication-Aktivitten zur
Diskussion: Nach einer Strategie der Dislokation sollten nicht-
gentrizierbare oder bereits aufgewertete Rume als Platz fr Aktivitten gewhlt werden. Zweitens zeige das Beispiel der
Kampagne KPI bleibt Risikokapital, dass Kulturen der
Abschreckung durchaus funktionieren knnen bis heute haben sich
fr das Hausprojekt in Berlin-Mitte keine Investor_innen gefunden,
andererseits zeige das Beispiel der Roten Flora in St. Pauli, wie solche
Widerstandsformen in das wilde Image eines Stadtteils integriert
werden knnen. Eindringlich schlgt Holm drittens eine Kultur des
Widerstands vor:
Statt sich in immer wiederkehrenden Diskussionen ber
die eigene Pionierrolle in stdtischen
Aufwertungsprozessen den Kopf zu zerbrechen, wre es
hilfreicher, wenn Knstler_innen oder auch
Hausbesetzer_innen sich fter mal fragten, wie sie
Stadtteilinitiativen und Nachbarschaftsorganisationen
praktisch untersttzen knnen. (S. 38f)
PPoliolitische Intische Interteressen und wissenschaftliche Diskurseessen und wissenschaftliche Diskurse
Gentrication ist jedoch nicht nur durch konomische
Angebotsbegrndungen und symbolische Aufwertungen begrndbar.
Hinzu kommt eine Politik der Aufwertung, bei der Planungsvorgaben,
Genehmigungsverfahren, Subventionen und stadtpolitische Leitbilder
eine Rolle spielen. Im Sinne einer unternehmerischen Stadtpolitik
werden Stdte wie Berlin zur Creative-City konstruiert und gegen
andere Stdte im nationalen und globalen Wettbewerb derverschiedenen (Stadt-)Unternehmen in Stellung gebracht. Hegemonial
ist in der Stadtpolitik eine allgemeine Wachstumsorientierung. Auch
ein Blick auf ordnungs- und machtpolitische Strategien oenbart
komplexe Taktiken zur Durchsetzung von Interessen. So dient die
gegenwrtige Stadtpolitik der Ordnungspolitik und
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Aufstandsbekmpfung. Geschickterweise gehen Aufwertungs- und
Verdrngungsprozesse mit (lokaler und temporrer) sozialpolitischer
Befriedung einher, indem mit migem Erfolg versucht wird, mittels
der Orientierung einer Sozialen Mischung zu intervenieren. Durch
die vermeintliche Einbeziehung der Bewohner_innen soll einekommunikative Stadtplanung ermglicht und dadurch die
Mieter_innen diszipliniert werden. Zu
Recht stellt Holm fest, dass Konstellationen, in denen alle
gleichberechtigt miteinander reden und gemeinsame Lsungen
suchen, () jedoch strukturelle Unterschiede [negieren] (S. 49).
Nach den Komplexen konomie, Kultur und Politik widmet sich Holm
im fnften Kapitel den diskursiven Legitimationsstrategien von
Gentricationprozessen. Um den unangenehmen Beigeschmack despejorativen Begris der Gentrication etwas entgegen zu setzen, wird
zum einen versucht, Verdrngungsdynamiken zu leugnen oder zu
verharmlosen, indem etwa auf die durchaus bestehenden
Schwierigkeiten bei der Messung von empirischen Verdrngungen
verwiesen wird. Ein anderer Versuch besteht in
Romantisierungsversuchen, bei denen behauptet wird, Problemkiezen
wrde ein bisschen Gentrication ganz gut tun und doch alles ganz
schn sei, wenn es eine soziale Mischung in einem Stadtteil gebe.Holm entgegnet, dass diese soziale Mischung nur selten stattnde.
Oft sei das Gegenteil der Fall; so entstehen etwa durch rassizierende
Verdrngungen von People of Color und Schwarzen Bewohner_innen
weie Ghettos.
WWas tun?as tun?
Die beiden abschlieenden Kapitel befassen sich mit der Frage, was
gegen Verdrngungsprozesse getan werden kann. Aufwissenschaftlicher Ebene fehlt es vor allem an methodischen
Werkzeugen zur Untersuchung von direkten und indirekten
Verdrngungsdynamiken. Der Soziologe Holm wendet neben den
Fragen nach wissenschaftlichen Interventionen den Blick aber
insbesondere auf konkrete aktivistische Strategien, denn [s]o
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vielschichtig und komplex stdtische Aufwertungsprozesse auch sein
mgen, im Kern steht fr viele vor allem konomisch benachteiligte
Haushalte immer die Frage, ob sie bleiben knnen oder gehen
mssen. (S. 67) Wir Bleiben Alle! lautete etwa die Parole von
Mieter_innen in Berlin-Prenzlauer Berg Anfang der 1990er Jahre, aufdie auch gegenwrtig bei Kampagnen Bezug genommen wird. Holm
mahnt jedoch an, dass sich solche Kampagnen nur dann zu einer
Klammer stadtpolitischer Forderungen entwickeln, wenn subkulturelle
Selbstbezogenheiten seitens vieler Projekte und Initiativen
berwunden werden.
Gegen Verdrngung weist Holm auf die Mglichkeit der Kombination
von Deattraktivierungsstrategien und sozial orientierter
Wohnungspolitik, Mieterberatungsangeboten und die Verhinderungbeziehungsweise Verzgerung umstrittener Bauprojekte hin. Ein
berwiegend gelungenes Beispiel stellen die Recht auf die Stadt-
Kampagnen dar, die Anti-Gentrication-Kmpfe und Widerstand gegen
berwachung und Privatisierung mit der Forderung nach Teilhabe
insbesondere fr die Marginalisierten verbinden. In Hamburg etwa
umfasste ein solches Bndnis ber 20 Gruppen: Von autonomen
Initiativen bis zu Kleingrtner_innen. Das Konzept biete einen
geeigneten Rahmen fr stdtische Konikte im Neoliberalismus. Holmempehlt horizontale Netzwerkstrukturen, breite
Massenmobilisierungen und inhaltliche Fokussierungen auf
Selbstermchtigungen.
Wir Bleiben Alle! vereint berzeugend wissenschaftliche und
aktivistische Aspekte und Interventionsmglichkeiten. Es gelingt
Andrej Holm auf wenigen Seiten in geballter Form die
Erscheinungsformen, Begrndungszusammenhnge und
Mglichkeitsrume sowohl fr interessiertes Fachpublikum als auchfr Aktivist_innen verstndlich darzustellen. Der besondere Vorzug des
Bandes liegt darin, dass Holm dennoch nicht vereinfacht und komplexe
Zusammenhnge verkrzt, sondern seine Ausfhrungen profund durch
zahlreiche Beispiele veranschaulicht. Ob der Seltenheit ist es geradezu
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beeindruckend, dass ber die Vermittlung wissenschaftlicher Diskurse
hinaus konkrete Handlungsperspektiven diskutiert werden.
**
Wer sich weiter mit dem Thema befassen mchte, sollte regelmig
den Blog von Andrej Holm besuchen.
Andrej Holm 2010: Wir bleiben Alle! Gentrizierung - Stdtische
Konikte um Aufwertung und Verdrngung. Unrast Verlag, Mnster.
ISBN: 987-3-89771-106-8. 80 Seiten. 7.80 Euro.
[Link zum Artikel]
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http://gentrificationblog.wordpress.com/http://www.kritisch-lesen.de/?p=3197http://www.kritisch-lesen.de/?p=3197http://gentrificationblog.wordpress.com/8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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Huserkampf ist doch AHuserkampf ist doch Achchtzigertziger
Peter Birke / Chris Holmstedt Larsen (Hg.)
Besetze deine Stadt! BZ din by!Huserkmpfe und Stadtentwicklung in Kopenhagen
Von Franziska Plau
Besetze deine Stadt fragt nach den Ursachen und Wirkungen der
heftigen Proteste nach der Rumung des Ungdomshuset und zeigt,
wie die Kmpfe um Freirume auf eine neoliberale Stadtentwicklung
Bezug nehmen (knnen).
Es mag sein, dass die Bltezeit der Hausbesetzer_innenbewegung in
den 1980er Jahren und Auslufer davon hchstens noch Anfang der
1990er Jahre lagen. Es mag sein, dass es seit der sogenannten
Berliner Linie nicht nur in Berlin schwer bis unmglich geworden ist,
neubesetzte Huser lnger als einen Tag zu halten. Es mag sein, dasses kaum noch besetzbare, leerstehende Huser in kommunalem Besitz
gibt. Es mag sein, dass einfach die Radikalitt und Dringlichkeit fehlt,
andere Themen strker im Vordergrund stehen oder es schlicht keine
Huserkampfbewegung mehr gibt.
Dennoch wird es heute zunehmend wichtiger, die durch die damaligen
Besetzungen errungenen Freirume auch weiterhin zu verteidigen.
Seit den 80er Jahren wurden zumindest die bereits besetzten Huser
mehr oder weniger in Ruhe gelassen und die meisten davon wurdenlegalisiert und erhielten Nutzungs-, Miet- oder Pachtvertrge. In vielen
deutschen Stdten und Kommunen nimmt aber die Tendenz zu,
stadteigene Immobilien an private Investor_innen zu veruern, sei
es nun, als Finanzspritze fr die leeren Kassen oder im Rahmen von
gezielten Aufwertungs- und Stadtentwicklungsprogrammen. Mit dem
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http://www.kritisch-lesen.de/author/franziska-plau/http://www.kritisch-lesen.de/author/franziska-plau/8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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Verkauf werden die Eigentumsrechte aus der politischen Hand
gegeben und eine Rumung zur privatrechtlichen Angelegenheit
gemacht. Fr mehr und mehr ehemals besetzte Huser, die heute
wichtige Orte alternativer Lebensentwrfe und unkommerzieller
Kultur sind, wird dieses Bedrohungsszenario tatschliche juristischeRealitt.
Ein uerst prominent gewordenes Beispiel hierfr ist das
Ungdomshuset in Kopenhagen. Das 1982 besetzte und dann von der
Stadt freigegebene autonome Jugendhaus wurde im Jahr 2000
verkauft und im Mrz 2007 gerumt. Auf die Rumung folgten heftige
Ausschreitungen und monatelange Proteste, die Polizist_innen,
Politiker_innen, aber auch die Aktivist_innen selbst berraschten.
Wie und wieso es dazu kam ist daher die zentrale Frage, die den
Ausgangspunkt fr das Buch Besetze deine Stadt! BZ din By! bildet.
In diesem Buch versammeln die Herausgeber Peter Birke und Chris
Holmsted Larsen Analysen ber den ersten groen Aufruhr des 21.
Jahrhunderts in Dnemark (S. 53) und Gesprche mit Aktivist_innen,
die sich in der einen oder anderen Form fr das Ungdomshuset
eingesetzt haben.
Die Dynamik des WDie Dynamik des Widerstandsiderstands
Die Interviews werden mit sehr unterschiedlichen Beteiligten gefhrt,
darunter Nutzer_innen des Hauses, ein Vertreter einer
Nachbar_innengruppe, ein Politiker aus der Kopenhagener
Brgerversammlung und deutsche Untersttzer_innen, die sich in
Kopenhagen und Hamburg eingebracht haben. Ein eigenes Kapitel
wird den Bewohner_innen der Freistadt Christiania gewidmet, einem
seit 1971 besetzten Gebiet in Kopenhagen, in dem mittlerweile um
die 1000 Bewohner_innen autonom leben. Dadurch werden sehr
unterschiedliche Perspektiven auf das Ungdomshuset, die Rumung,
die Proteste, und auch die Stadtentwicklung in Kopenhagen
dargestellt. Es werden Innenansichten zu den Straenkmpfen und
Auseinandersetzungen mit der Polizei und den Verhandlungen mit der
Politik eingebracht, sowie die Bedeutung der transparenten
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entlichkeitsarbeit, der vielfltigen kreativen Aktionen, der breiten
Bndnisse und der Untersttzung hervorgehoben. Die Rumung hatte
eine starke Politisierung zur Folge (Pltzlich war das Haus weg, aber
statt 100 waren es nun 1.000 AktivistInnen (S. 103)), die sowohl
viele linke Gruppen mit einem gemeinsamen Ziel zusammenbrachte,als auch Anlass fr viele bisher eher passive Bevlkerungsgruppen
bot, ihren Unmut ber die rechte Monokultur (S. 70), die neoliberale
Stadtverwertung und die Ausgrenzung vieler Bevlkerungsgruppen zu
artikulieren.
Sehr aufschlussreich sind dabei vor allem Peter Birkes Analysen, die
das Geschehen um das Ungdomshuset in eine breitere und auch
globale Entwicklung einbetten und so Zusammenhnge aufzeigen,
die erkennen lassen, dass es bei den massiven Protesten um mehr ging,als nur um das Haus als solches.
Das Das UUnnternehmen Sternehmen Stadtadt als globales Phnot als globales Phnomenmen
Seit ungefhr Mitte der 1990er Jahre hielt in Dnemark wie auch
in Deutschland eine politische und wirtschaftliche Haltung Einzug,
die meist als Neoliberalisierung bezeichnet wird. Charakteristisch ist
dabei eine politische Ausrichtung entsprechend (kapitalistischer)
konomischer Logiken und eine radikale Marktorientierung. Auch dieStadt wird unter diesen Gesichtspunkten betrachtet und in
Kopenhagen (wie brigens auch in Hamburg) als Unternehmen
ausgerufen. Zentrale stdtische Versorgungsleistungen, unter
anderem eben auch die Wohnungsversorgung, werden privatisiert und
den Krften des Marktes berlassen. Das uert sich in dem Verkauf
kommunaler Wohnungs- und Immobilienbestnde, in dem Rckgang
oder sogar Wegfall von sozialem Wohnungsbau und eben ganz
marktkonform - in (teilweise exzessiv) steigenden Mieten vor allem imInnenstadtbereich.
Im Unternehmen Stadt stehen nicht mehr die Bedrfnisse der
breiten Bevlkerung im Vordergrund, sondern das eziente
Funktionieren und wirtschaftliche Wachstum der Stadt an sich. Das
zeigt auch die Vermarktung der Stadt, deren Ziel es ist, die
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innovativen, reichen und beweglichen Betriebe und
Bevlkerungsschichten anzuziehen bzw. zum Bleiben zu bewegen,
immer in der Konkurrenz mit anderen urbanen Zentren (S. 22). Um
diese anzuwerben, wird die Stadt zur Marke gemacht und durch
Prestige-Objekte, die die Autoren als Leuchttrme (S. 34)bezeichnen, signalisiert, dass es sich um innovative, oene und
moderne Weltstdte handelt. Die Funktion dieser Leuchttrme ist es
dabei zum einen, nach auen zu strahlen; zum anderen frieren sie
den utopischen Gehalt der Vorstellungen ein, die mit der neuen Stadt
verbunden sind. (S. 40). In Kopenhagen steht hierfr zum Beispiel die
von einer Stiftung des grten dnischen Konzern Mrsk gespendete
Neue Oper; in Hamburg die Elbphilharmonie und in Berlin Objekte wie
die O2-Arena. All diese die Parallelitt ist einfach erstaunlich! sind
eingebettet in neugeschaene Wohn-, Arbeits- und Vergngungsviertel
fr die anzuwerbende kreative Klasse: was in Berlin Mediaspree und
in Hamburg Hafencity genannt wird, heit in Kopenhagen restad,
ein auf der Insel Amagar komplett neu entstehendes Viertel, das als
Standort fr eine Mischung aus Kultur, Kommerz, teurem Wohnraum,
prekrer Dienstleistungsarbeit und gehobenen Arbeitspltzen (S. 46)
geschaen wird. Immer in Hafennhe gelegen bzw. auf ehemaligen
Hafengebieten erbaut, zeigt sich nicht nur die Ablsung der
Industriegesellschaft, sondern auch ein globaler Bezug dertransnationalen Stadt (S. 41).
GenGentrifizierung und die krtrifizierung und die kreatieativve Se Stadtadtt
Die kreative Stadt (S. 43) zeichnet sich gleichzeitig durch einen
oenen, liberalen und alternativ angehauchten Flair aus. Dafr knnen
selbst Projekte wie Christiania vereinnahmt werden: Ich fhre die
Investoren durch die freie Stadt, durch Christiania. Wenn kreative
Leute und Gruppen dorthin gehen und diese alternative Architekturerleben, dann kann ich schnell ein Aueuchten in ihren Augen sehen:
Die Zeit ist reif frs Geschft! wird beispielsweise ein Vertreter der
stdtischen(!) Marketing-Agentur Wonderful Copenhagen zitiert (S.
20). Dadurch wird der subtile Aufwertungsprozess namens
Gentrizierung in vielen alternativen Vierteln in Gang gesetzt, wie
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eben auch in Nrrebro, wo das Ungdomshuset stand. Das Viertel
Nrrebro passt ganz klassisch in die Aufwertungsschablone: ein
verarmtes, heruntergekommenes, innenstadtnahes ehemaliges
Arbeiter_innenquartier mit Altbaubestnden, das von jeher als linke
Hochburg fr die Arbeiter_innenbewegung ebenso wie fr dieBesetzer_innenbewegung als Schauplatz diente und sich so als ein
lebendiges Zentrum alternativer Kultur entwickelte. Die Geschichte
der gentrizierungstypischen Invasionszyklen soll an anderer Stelle
erzhlt werden. Viel wichtiger und oft bersehen ist, dass am Ende
der Verdrngungsprozesse selten eine vllig homogene neue
Sozialstruktur steht, sondern diese eher zu einer Zersplitterung,
Ausung und Individualisierung stdtischer Rume (S. 36) fhren.
In einigen schicken, modernisierten Straenzgen siedeln sich
Knstler_innen, Designer_innen und IT-Fachleute an, einige Ecken
weiter wohnen weiterhin Erwerbslose, Migrant_innen und schlecht
bezahlte Arbeiter_innen. Diese kleinrumliche Polarisierung
(ebenda) spiegelt sich in den widersprchlichen Zuschreibungen als
hippes Viertel einerseits und als fremd und gefhrlich
andererseits wieder und birgt ein enormes soziales
Spannungspotenzial.
Und obwohl Kopenhagen boomt, geht das neoliberale Versprechen,dass wirtschaftliches Wachstum den Lebensstandard fr alle
Bevlkerungsschichten steigern wrde, nicht auf. Soziale
Unterschiede werden vielmehr verschrft. Und so ist es kein Wunder,
dass das Bild der kreativen Stadt brchig wird. An dieses Brchen
und Rissen des Images der Stadt gilt es anzusetzen:
Es ist kein Zufall, dass die Subversion der Bilder dort am
strksten ist, wo sich die Stadt-Realitten strker brechen
als anderswo. Die Rebellion fand in den Stadtteilen statt,die frher und heute an der Schwelle zwischen der
reprsentativen Innenstadt und der untergrndigen
anderen Stadt liegen. (S. 35)
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FFrreirume als Gegeneneirume als Gegenentwrftwrfee
Vor diesem Hintergrund stellt das Buch auch die Bedeutung von
Freirumen dar und die Beschreibung der Kultur des Ungdomhuset
hebt einige Aspekte davon hervor: Selbstverwaltung,
basisdemokratische Entscheidungsprozesse, bewusster Umgang mit
Hierarchien und Diskriminierung, unkommerzielle Veranstaltungen
auch als Plattform fr Knstler_innen jenseits des Mainstream,
niedrige Preispolitik um die Teilhabe Vieler zu ermglichen,
Vermittlung politischer Inhalte um der gedankenlosen Feier- und
Konsumkultur etwas entgegenzuhalten. Es geht darum, einen Ort zu
schaen, in dem eine Gegenkultur, ein anderes Leben, andere Formen
des Zusammenlebens mglich werden, die auf anderen Werten und
Normen als den gesellschaftlich Praktizierten basieren und so dengesellschaftlichen Konventionen etwas entgegenzusetzen.
In dem lesenswerten Schlusskapitel Fallstricke der Freiheit wird
die alltgliche Realitt in Hausprojekten, autonomen Zentren und
selbstverwalteten Veranstaltungsorten vor dem Hintergrund dieser
und anderer politischer Ansprche kritisch reektiert. Ein Freiraum
ist durch seine bloe Existenz und der Abgrenzung nach auen nicht
automatisch frei von den kritisierten gesellschaftlichen Normen,
Hierarchien und Machtverhltnissen. Diese sind immer und berall vorhanden (in informellen, alternativen Strukturen oftmals viel
unsichtbarer), knnen allerdings hinterfragt, verhandelt, und
umdeniert werden. Und eben genau da(fr) sollte ein Freiraum
geschaen werden: fr eine kontinuierliche Arbeit daran, die
Machtverhltnisse, geltenden Normen und die Art, zusammen zu
leben, zu verndern (S. 200). Und letztendlich geht es damit auch
immer ein wenig um einen Ort, an dem ein anderes Leben, ein anderes
Miteinander, eine andere Gesellschaft ausprobiert werden kann.Dieser innovative, kreative und alternative Ansatz ist nicht vor
Vereinnahmungsangrien gefeit, wie das oben erwhnte Beispiel von
Christiania zeigt. Wichtig ist es deshalb fr solche Projekte auch,
nicht isoliert in dem geschtzten Rahmen des Freiraums zu agieren,
sondern in aktiver Auseinandersetzung auf den sie umgebenden
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gesellschaftlichen Raum Bezug zu nehmen und statt zu einem
Standort- zu einem Strfaktor zu werden (S. 194).
Huserkampf und SHuserkampf und Stadtadtententwicklungtwicklung
Das Buch zeigt, wie wichtig es ist, die Bedrohung von alternativenProjekten und den Erhalt von linken Freirumen in einem Kontext
von neoliberaler Stadtverwertung zu denken und das auch deutlich zu
machen. Ein sehr positives Beispiel ist ein Bericht in der Tagesschau
anlsslich der Rumung der Liebigstrae 14 in Berlin: Dort wird das
Bild der linken Chaoten und Randalierer dierenzierter dargestellt
und die Proteste in einen Zusammenhang mit Gentrizierung & Co.
gestellt.
Gleichzeitig mssen Mittel und Wege des Widerstands gegen den
Ausverkauf unserer Stdte gefunden werden. Es kann nicht sein, dass
die fr die Rumung des Ungdomshuset verantwortliche
Brgermeisterin Ritt Bjerregrd mit Verweisen auf Privateigentum und
das dazugehrige Zivilrecht ihre Hnde in Unschuld wscht: Die
Kommune hat [den Jugendlichen] gegenber keine Verpichtungen.
Ich kann nicht ndern, dass ihnen das Haus eindeutig nicht gehrt
( Arte 2010). Dieser Rechtfertigungsrhetorik mssen politische
Strategien entgegengesetzt werden, die Rumungen zu einerhochpolitischen Sache machen. Im Falle des Ungdomhuset hat sich die
Militanz und Ausdauer der Proteste bewhrt: im Juli 2008 bekamen
die Aktivist_innen ein neues Haus, das allen Forderungen gerecht
wurde. Auch boten die Ausschreitungen in Kopenhagen Drohpotenzial
fr andere bedrohte Projekte, frei nach dem Motto: Ihr knnt uns
ruhig rumen, aber dann habt ihr dieselbe Situation wie in
Kopenhagen, nur zehnmal so krass. (Aussage von Aktivist_innen in
Bezug auf die Kpi in Berlin, S. 124).
Wir sollten uns daran erinnern, dass auch die Besetzungen in den
80er und 90er Jahren ihren Ausgangspunkt in der verheerenden
Wohnungspolitik hatten und Widerstand gegen das Programm der
chendeckenden Stadtsanierungen, gegen private Luxussanierungen,
spekulativen Leerstand, Wohnungsknappheit, und hohe Mieten waren
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http://www.youtube.com/watch?v=O0vmdYPaEw4http://www.youtube.com/watch?v=O0vmdYPaEw48/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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eine Aufzhlung, die uns doch bekannt vorkommen msste. In Zeiten
radikaler kapitalistischer Verwertungspolitiken wird es sicherlich
immer schwieriger, aber gleichzeitig auch immer wichtiger, Freirume
zu schaen und zu verteidigen, sie als alternative Lebensrume
hochzuhalten, und die Kmpfe darum gleichzeitig als tiefergehendenWiderstand gegen den Umbau zur neoliberalen Stadt und in Allianz mit
anderen betroenen Gruppen und Initiativen zu begreifen. Denn:
Angesichts der hohen Geschwindigkeit, mit der sich die
soziale Struktur der europischen Grostdte aktuell
verndert, angesichts des Geflles zwischen Arm und
Reich, das in diesen Vernderungen immer grer wird,
des kleinrumigen Nebeneinanders von Boom und
Ausgrenzung, Potenzialen und Repression, ist diePerspektive unwahrscheinlicher geworden, dauerhaft
unberhrte Inseln der Selbstverwaltung zu schaen. Aber
gleichzeitig sind die Mglichkeiten gewachsen, den
Rausch von Inwertsetzung und Aufwertung stren und,
wenn auch nur fr einige wenige glckliche Momente,
relativ weitgehende Forderungen durchsetzen zu knnen.
(S. 15)
**
Das Buch ist derzeit vergrien, kann aber hier kostenlos
heruntergeladen werden.
Peter Birke / Chris Holmstedt Larsen (Hg.) 2008: Besetze deine Stadt!
BZ din by! Huserkmpfe und Stadtentwicklung in Kopenhagen.
Assoziation A, Berlin/Hamburg.
ISBN: 978-3-935936-67-5. 224 Seiten. 14.80 Euro.
[Link zum Artikel]
Seite 18 von 63
http://www.assoziation-a.de/dokumente/Besetze_deine_Stadt.pdfhttp://www.kritisch-lesen.de/?p=3201http://www.kritisch-lesen.de/?p=3201http://www.assoziation-a.de/dokumente/Besetze_deine_Stadt.pdf8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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UUrbane, rrbane, reflektierte Weflektierte Wuutt
Robert Sommer
Wie bleibt der Rand am RandReportagen vom Alltag der Repression und Exklusion
Von Sebastian Kalicha
Das gegenwrtige System produziert unweigerlich und unaufhrlicheinen sozialen Rand. Robert Sommer schreibt von diesem Alltag der
Repression und Exklusion anhand des Beispiels Wien.
Der oder die Obdachlose, der/die in Wien auf der Strae steht mit
einer Zeitschrift zum Verkauf auf der in groen Lettern Augustin steht,
gehrt nach Wien wie der leicht charmante, leicht grantige (schlecht
gelaunte) Kellner im Wiener Kaeehaus ein Klischee brigens, das
als eines der wenigen tatschlich immer wieder zutrit. Nur: ein
entscheidender Unterschied zum Kellner tut sich dann doch auf. Sinddiese begehrt bei TouristInnen und WienerInnen gleichermaen, ist
der/die Augustin-VerkuferIn ein nicht wirklich willkommener Teil der
frhlichen Mischung aus Stephansdom, Wienerschnitzel und Fiaker.
Und das trit nicht nur fr den noblen 1. Bezirk zu, ber den der
Innenstadtmetternich Ursula Stenzel (S. 32) von der konservativen
sterreichischen Volkspartei wacht (ja, das darf als Drohung
verstanden werden).
Die Menschen, die die Straenzeitung Augustin verkaufen und/oderfr sie schreiben, ein System, das sie exkludiert und mit Repressalien
berzieht und was daraus fr Geschichten, Schicksale und skandalse
Normalzustnde entstehen, ist der Fokus von Wie bleibt der Rand am
Rand. Geschrieben wurde es von dem Journalisten Robert Sommer,
der 1995 den Augustin, diese Tribne textlicher Zeugnisse von
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Outsidern (), denen die Mehrheit der Gesellschaft nichts anderes
zutraut als den Steuerzahlern auf der Tasche zu liegen (S. 84), mit
gegrndet hat und seither mit dabei ist.
ReprRepressioession und Exklusion und ExklusionnDer Autor fhrt den/die LeserIn mit seinen Reportagen in verschiedene
Bereiche, in denen diese Marginalisierten, die aus unterschiedlichen
Grnden an den sozialen Rand gedrngt werden, landen. Eben jener
soziale Rand hat, wie man schon im Klappentext erfhrt, laut dem
Autor systemstabilisierende Wirkung. Es bilde sich eine soziale
Schicht () deren Integration entgegen allen politischen
Beteuerungen nicht vorgesehen sei.
Die Bereiche, auf die der Autor thematisch eingeht sind die Stadt
und damit verbundene Phnomene wie Gentrizierung oder soziale
Suberung; die Obdachlosenszene auf Wiens Bahnhfen und wie sich
der Charakter dieser Beziehung im Laufe der Zeit nderte; Fragen
zum Straf- und Gefngnissystem; das Thema Psychiatrie und ihre Rolle
in unserer Gesellschaft; Alten- oder SeniorInnenheime, die Sommer
in Anlehnung an Erving Goman als ein Beispiel einer totalen
Institution (S. 105) bezeichnet; Drogen und Drogenpolitik; sowie die
Entwicklungen, die sich in der BettlerInnenszene seit der EU-Osterweiterung getan haben und der begleitet wird von einem
antiziganistischen Backlash. Abgerundet wird das Ganze von einer Art
Pro- und Epilog, die allgemeine Reexionen zu bereits Geschriebenem
oder Neuem enthalten. Wie sich im Laufe der Lektre herausstellt,
schreibt der Autor ber all dieses Felder sprachlich hervorragend,
politisch radikal und ohne naive Illusionen eine wahre Wohltat!
VVoon Bahnhn Bahnhffen, Gefngnissen und Pen, Gefngnissen und Psysychiatrienchiatrien
Robert Sommer beginnt seine Ausfhrungen mit einem Kapitel zur
(neoliberalen) Stadt und ihr Verhltnis zu jenen, die sich nicht in eine
Verwertungs- und Ntzlichkeitslogik einfgen wollen oder knnen. Als
Augustin-Mitarbeiter hat er hier einiges zu berichten: Ich glaube,
niemand (auer der Polizei) verfgt ber eine grere Sammlung der
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Grausamkeiten auf dem Gebiet der Unsichtbarmachung oder
Vertreibung der Armen aus den Kommerzzonen der Stadt als der
Augustin (S. 27f). Begleitet wird dieser Teil des Buches von teils
skurrilen, teils erschreckenden Geschichten ber realsatirische
Verordnungen, wie man beispielsweise StraenmusikerInnen oderBettlerInnen ihr Handeln verbieten knnte. Das reicht dann von
Gesetzen, die unbegrndetes Stehen (S. 26) illegal machen oder
die Kunststcke von StraenknstlerInnen zum Sicherheitsrisiko
hochstilisieren.
Auch das Thema Bahnhof Sommer nennt sie klimatisierte Shopping-
Center mit Gleisanschluss (S. 46) ist eines, das man zwangslug
diskutieren muss, setzt man sich mit Obdachlosigkeit in der Stadt
auseinander.
Obdachlose halten sich immer noch gerne auf Bahnhfen
auf. Obwohl man ihnen alles genommen hat, was ihre
Anwesenheit am Bahnhof halbwegs ertrglich macht. ()
In modernen Bahnhfen haben private Uniformierte alle
Freiheit der Welt, um die Polizei zu ersetzen und um die
Nicht-Teilnahme am Konsumieren im besten Fall nur noch
dieses eine mal zu tolerieren. Warum sich Obdachlose
immer noch gerne in und um Bahnhfe(n) aufhalten,
obwohl hier ihre Prsenz schon an den Drehkreuzen der
50-Cent-Toiletten-Eingngen symbolisch zermalmt wird,
ist ein Rtsel. Oder auch nicht. Die Unerwnschten haben
das prinzipiell feindliche Verhalten der Umgebung in ihren
Alltag lngst integriert. Sie sind resistent gegen eine
Architektur, in denen die berwachungskameras wie die
Pechrinnen der Ritterburgen ausschauen. Aus diesen
immer auf die Subalternen gerichteten Kameras trpfeltdas Pech der Verachtung. (S. 46)
Bei seinen Reexionen zum Thema Gefngnisse wird klar, warum sich
Sommer auch gerne mal auf den Anarchisten Erich Mhsam bezieht,
denn seine Kritik geht stark in Richtung der vlligen berwindung
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des Gefngnis- und Strafsystems. Den Kriminalsoziologen Wolfgang
Stangl zitierend, dass das Strafrecht und die Psychiatrie die beiden
groen gesellschaftlichen Systeme bilden, die abweichendes Verhalten
kontrollieren (S. 73), ergnzt der Autor: [N]achdem sie es erzeugt
haben, wie man im Sinne der Intention des vorliegenden Buchesergnzen knnte (S. 73).
Sommer ist nicht nur selbst ein brillanter Formulierer, bei dem man
Lust htte in Einem durch zu zitieren, er zitiert auch selbst Passagen,
die nicht nur politisch, sondern auch literarisch von hohem Wert sind.
So beginnt er sein Kapitel Der Hammer der Diagnose zum Thema
Psychiatrie mit einem Zitat von Ernst Kostal: Psychiatrie die
Avantgarde reaktionrer Aggressivitt und aggressiver Ausgrenzung
der unter dem Vorwand des Krankheitsbegris von ihr zurNichtzugehrigkeit Verdammten. (S. 84)
Bei all den behandelten Themen fdelt der Autor zwar immer wieder
ausfhrlich persnliche Erlebnisse von Augustin-AutorInnen/
VerkuferInnen ein, behandelt derartige Themen aber auch von
anderen Blickwinkeln, z.B. von jener der SozialarbeiterInnen. Er fragt
hier z.B. in wie fern sich die Sozialarbeit in einem vom Neoliberalismus
geprgten Umfeld verndert und entwickelt hat. Hier noch einmal am
Beispiel Bahnhof dargelegt:
In dem Mae, in dem neue Sicherheitsdienste entstehen
und in dem ihre Zustndigkeit im entlichen und
halbentlichen Raum wchst, wird die Sozialarbeit, wie
sie vor ihrer Instrumentalisierung durch die neoliberale
Stadt deniert worden war, verdrngt. (S. 55)
Das teils berspitzte und scharfe Formulieren trgt zwar viel zur
Qualitt des Buches bei, der Vergleich von Bettelverboten in mehreren
sterreichischen Stdten mit neuerlichen Endlsungen der
Zigeunerfrage, die es schon im Ansatz zu ersticken gelte (S. 152)
also oenbar eine Anspielung an die Ermordung Zehntausender Roma
und Sinti in den Konzentrationslagern der Nazis , ist dennoch ein
rhetorischer Gri daneben. hnliches mag man auch beim Vergleich
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des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (ein
Klassikationssystem fr psychische Erkrankungen) mit dem Malleus
Malecarum (eher bekannt unter dem Namen Hexenhammer; eine
1486 verentlichte Schrift, die whrend der spanischen Inquisition
zur Hexenverfolgung gebraucht wurde) denken. Wobei: Sommers Argumentation geht in die Richtung, dass Psychiatrie im Grunde
genommen nichts anderes sei als ein Instrument zur Sanktionierung
von Normabweichung. Dieser Logik folgend, scheint der Vergleich in
Anstzen auch wieder schlssig abhngig ist das freilich davon, ob
man mit dieser These zu Psychiatrie grundstzlich etwas anfangen
kann oder nicht.
SStdtdtebergrtebergreifeifende Relevanzende Relevanz
Wie bleibt der Rand am Rand ist inhaltlich und zum Teil auch
sprachlich ein zutiefst wienerisches Buch. Sommers teils bitter-
ironische Ausfhrungen werden hier zur gnadenlosen Anklage und
zur politischen Wae gegen ein System, das an zahlreichen Fronten
einen Krieg niederer Intensitt gegen seine Marginalisierten fhrt. Die
berlegungen, die in diesem Buch angestellt werden, haben aber
und das ist wichtig allgemeine Gltigkeit und stdtebergreifende
Relevanz. Sie sind fr alle da, die schon immer urbane, reektierte
Wut (S. 8) pointiert auf den Punkt gebracht lesen wollten. Und hierfr
ist es egal, ob man in Wien, Hamburg, Kopenhagen oder sonst wo
wohnt. Darum ist die Lektre von Sommers Gedanken auch dann mit
Nachdruck zu empfehlen, wenn man noch nie einen Fu nach Wien
gesetzt hat.
Robert Sommer 2011: Wie bleibt der Rand am Rand. Reportagen vom
Alltag der Repression und Exklusion. Mandelbaum Verlag, Wien.
ISBN: 978385476-606-3. 152 Seiten. 9.90 Euro.
[Link zum Artikel]
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Die PDie Poliolitisierung des Alltagstisierung des Alltags
amantine
Gender und HuserkampfGenderspezifische Aspekte und anti-patriarchale Kmpfe in denHuserbewegungen in der BRD und Westberlin
Von Ulrich Peters
Linke Strukturen und deren Aktivitten bieten Mglichkeiten, einer
durchkapitalisierten Gesellschaft Alternativen aufzuzeigen. Dazugehrt auch die Aneignung von Husern. Das aber auch innerhalb
dieser Kmpfe Macht- und Unterdrckungsverhltnisse prsent sind,
zeigt das Buch Gender und Huserkampf von amantine.
Der Kampf gegen Gentrizierung beziehungsweise Umstrukturierung
blickt auf eine lange Geschichte zurck. Die Auseinandersetzungen,
welche den sozialen und konomischen Umstrukturierungsprozess
eines Stadtteils, der mit einer gezielten Aufwertung des Wohnumfeldes
sowie Restaurierungs- und Modernisierungsmanahmen zu einer
entscheidenden Vernderung der Bevlkerungsstruktur fhrt (S. 49),
gingen und gehen immer auch mit Aneignung von Rumen, die sich als
Gegenpol dieser kapitalistischen Verwertungslogik verstehen, einher.
Diese Kmpfe und ihre Traditionen werden in dem Buch Gender
und Huserkampf von amantine, im jeweiligen historischen Kontext,
chronologisch dargestellt. Linke Rume sind nicht frei von
Hierarchien, auch wenn dieser Anspruch hug formuliert bzw.
vorausgesetzt wird. Die umfangreiche Darstellung von Besetzungenbildet den Rahmen, um die Auseinandersetzungen um Gender,
Sexismus/Homophobie und anti-patriarchale Kmpfe sowie die
eigenstndige Organisierung von FrauenLesben-Queer-Trans/Tunten
in den Huser/Wagenplatzbewegungen der BRD zwischen 1970 und
2010 zu beleuchten.
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Dies geschieht mit Hilfe der Auswertung einer Vielzahl von
Schriftstcken aus der Besetzer_innenszene sowie verschiedenen
Interviewpartner_innen zum Beispiel des Frauenhauses in der
Hamburger Hafenstrae oder dem Berliner Wagenplatz Schwarzer
Kanal. Auch wenn diese Auswahl kein Patentrezept zur berwindungvon Macht- und Unterdrckungsverhltnissen darstellen kann, gelingt
es amantine, die theoretische Auseinandersetzung um gender
nachvollziehbar einzuordnen. Hilfreich ist dabei die Erkenntnis, dass
die Debatten bisher berwiegend in einer zunehmend spezialisierten
Sprache [gefhrt werden], die oft von vielen auerhalb der
Universitten gar nicht verstanden wird und an der sich vorwiegend
weie Deutsche [die] nicht selten einen privilegierten
Familienhintergrund [haben] (S. 217) beteiligen. Dieser Erkenntnis
kann dazu beitragen, sich intensiver mit theoretischem
Hintergrundwissen auseinanderzusetzen und es auch in die Praxis zu
bertragen. Denn genau hier sieht amantine den wesentlichen Faktor.
Entscheidend ist letztendlich die Vernderung im Konkreten, in der
Praxis und nicht durch das Rezipieren theoretischer Diskurse. Nicht
wenige sprechen deswegen von einem patriarchalen Rollback, der sich
in immer wiederkehrenden Vorfllen und Diskussionen oenbare. (S.
221)
Der BDer Blick zurck...lick zurck...
Stadtentwicklungspolitische Entscheidungen, mit zum Teil
verheerenden Folgen fr Anwohner_innen, sahen und sehen sich
immer auch mit dem Widerstand von Betroenen konfrontiert.
amantine zeichnet daher im ersten Teil des Buches Huserkmpfe
historisch nach. Ersichtlich wird dabei, dass sich die Beweggrnde
von den ersten Besetzungen beziehungsweise Aneignungen von
entlichen Rumen nicht wesentlich von aktuellen unterscheiden. ImApril 1872 wurden zwei Huser in Berlin besetzt und es entstanden
mehrere sogenannte Httendrfer. Die bekannteste war wohl die
Republik Barackien, die in der Nhe des Cottbusser Tores bis zu 163
Familien beherbergte. Die kulturelle und politische Bedeutung Berlins
fhrte in dieser Zeit zu einem Bauboom.
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Der grte Teil der Baumanahmen unterlag jedoch
Kapitalmaximierungs- und Reprsentationsinteressen ().
In erster Linie wurde Raum fr Gewerbe und Industrie,
politische Verwaltungen und Konsumeinrichtungen
geschaen. () Huser wurden abgerissen fr Geschfts-und Brozwecke und ganze Stadtteile aufgekauft, um dort
Platz fr Warenhuser oder Gebude fr Behrden zu
schaen. (S. 9)
Nicht nur aus diesen Grnden, kommt es auch 100 Jahre spter zu
einer neue Hochphase der Hausbesetzungsbewegung. amantine teilt
diese Bewegung in zeitliche Phasen ein und zeichnet anhand derer
die Entwicklung dieser Szene nach und die sich in ihnen ergebenden
Debatten, Auseinandersetzungen, Niederlagen aber auch (Teil-)Erfolge. Dieser Einteilung nach erfolgt die Darstellung von
Bewegungen um die Jahre 1970, 1980/81, 1989/90 sowie von 1990 bis
2009. Die antikapitalistischen Beweggrnde beziehungsweise sich aus
der Lebensrealitt ergebende Motivation zur Aneignung von Husern,
Pltzen oder entlichem Raum wird in den neueren Bewegungen
noch ergnzt, durch explizite Schaung von Freirumen fr linke
Politik und Subkultur. Auch geht es um den Anspruch, im
Zusammenleben die persnliche Vernderung zu suchen und Auseinandersetzung mit Machtverhltnissen, die sich auch in
menschlichen Beziehungen aufzeigen.
Die erste Hausbesetzung dieser Zeit ndet am 10. April 1970 durch
einen Verein, der antiautoritre Jugendarbeit leistet, in Kln statt.
Als weitere Zentren bilden sich Frankfurt a.M., hier insbesondere
auch mit einem hohen Anteil an Mietstreiks und Besetzungen von
Migrant_innen, auch wenn diese hug nicht auf groes Interesse
der deutschen Linken stieen, sowie Hamburg und Berlin. Auch ersteHausbesetzungen in Ost-Berlin, die es seit den 1970er Jahren gab, und
die Entstehung von Wagenpltzen, von denen es laut einer Schtzung
aus dem Jahre 2007 circa 160 in der gesamten BRD gibt, nden ihren
Platz in der facettenreichen Auistung von Besetzungsbewegungen.
Gerade aber West-Berlin, mit dem Schwerpunkt auf Kreuzberg, gilt als
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Ursprung der Hausbesetzer_innenbewegung der 1980er Jahre, in der
Neue Soziale Bewegungen und die sich entwickelnde Autonome Szene
zusammentreen.
Diese Einschtzung hngt des Weiteren mit dem Umstand zusammen,dass die rechtlich ungeklrte Situation nach Ausung der DDR und
der enorme hohe Leerstand in vielen Ostberliner Bezirken, vor allem
aber Friedrichshain und Prenzlauer Berg, ein guter Nhrboden fr
Besetzungen war. Allein in Berlin gab es schtzungsweise von 1971
bis 2010 an die 400 Besetzungen. Circa 200-250 Huser sind
insgesamt legalisiert worden. (S. 37) Diese Welle von Legalisierung
ist mit Sicherheit nur ein Faktor, der dazu fhrte, dass von einer
Bewegung mit hohem Aktivismus, gesellschaftlicher und politischer
Relevanz, in der Form nicht mehr zu sprechen ist. Dennoch, und daswird in der theoretischen Auseinandersetzung mit Gentrizierung
deutlich, haben
die Huserkmpfe () neben dem Ziel des eigenen
Wohnraums, dem Aufbau politischer Strukturen und
Subkulturen und letztendlich der Verwirklichung anderer
kollektiver Lebensformen jenseits des Mainstreams auch
die Umstrukturierungsmanahmen und
Gentrizierungsprozesse thematisiert und bekmpft (S.
54).
...m...muss sich auch nach innen richuss sich auch nach innen richten!ten!
Die Frauenbewegung der spten 1960er Jahre hat gesellschaftliche
Strukturen wesentlich verndert. Nicht nur die Analyse der
Herrschafts- und Machtverhltnisse in Beziehungen, die Ausbreitung
alternativer Wohn- und Lebensformen bis hin zur tendenziellen
Ausung der patriarchalen Kleinfamilie als gesellschaftliche
Normvorstellung ist dieser anzurechnen. Als wesentlichen
Kristallisationspunkt dieser Debatten sieht amantine die Wohn- und
Lebensstrukturen in besetzten Husern beziehungsweise
Hausprojekten. Autonome FrauenLesben als Teil der autonomen
FrauenLesben-Bewegung als auch als Teil der Autonomen und
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Huserbewegung spielten in diesen Auseinandersetzungen eine
entscheidende Rolle. (S. 67) In der Theorie hat sich der
Intersektionalittsansatz (Begriserklrung siehe hier) und gender als
soziale und kulturelle Konstruktion weit verbreitet. amantine geht es
daher mageblich um die Sichtbarmachung von FrauenLesbenWiderstand gegen patriarchale Strukturen (S. 67). In vielen zum Teil
drastischen Schilderungen von Auseinandersetzungen wird deutlich,
dass die Kmpfe in unterschiedlicher Intensitt immer weiter gefhrt
werden mssen und von einem Standard noch lange nicht die Rede
sein kann. Die radikale Kritik an mnnerdominierten Strukturen in
politischen Gruppen fhrte schon in der 68er-Bewegung zur
Notwendigkeit einer feministischen Gegenkultur, die sich unter
anderem in der Besetzungsbewegung niederschlgt. Grnde nden
sich auch in der frhen Kritik am Begri der sexuellen Revolution,
die in erster Linie fr mnnerzentrierte Krperlichkeit, () fr ein
patriarchales Herrschaftssystem, das durch sozialistische
Umsturzvorstellungen nicht berhrt worden war, fr weibliche
Abhngigkeit, Entmndigung und Unterwerfung (S. 76) stand.
Die erste ausschlielich von Frauen erfolgte Hausbesetzung gab es
1973 in Frankfurt a.M. Neben dem Kampf gegen Leerstand ging es
hier, wie auch bei spteren Besetzungen, darum, die selbstbestimmteFrauenorganisierung zu strken und Rume von Frauen fr Frauen zu
schaen. Anfang der 1980er Jahre trafen feministische Positionen mit
dem Entstehen der Autonomen zusammen und die Selbstorganisierung
von Frauen, die nun auch deutlicher die Auseinandersetzung mit linken
Mnnern suchte, gewann an Bedeutung. So entstanden Anfang der
1990er Jahre in Berlin ein Frauenhaus in der Mainzer Strae, ein
FrauenLesben-Haus in der Brunnenstrae, der queere Wagenplatz
Schwarzer Kanal, das Hausprojekt Liebigstrae 34 oder das
Tuntenhaus, um nur einige Beispiel zu nennen.
Ein Teil der autonomen Frauen- und Lesbenbewegung,
die sich in der Huserbewegung verorteten, aber
eigenstndig organisierte und nicht mit Mnnern
zusammenleben wollte, hat dies mit patriarchalen und
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dominanten Verhaltensweisen und Strukturen der
mnnlichen Genossen in gemischten Gruppen der
autonomen, anti-autoritren Linken im Allgemeinen und
innerhalb der Huserbewegung im besonderen
begrndet. (S. 116)
Daher nden genau hier auch Debatten und Auseinandersetzungen um
Sexismus, sexualisierte Gewalt und Patriarchat statt, von denen im
Buch einige nachgezeichnet werden. Da diese zum Teil sehr massive
Gewalt und Reaktionen darauf dar(stellen) und besser in einem
sicheren Umfeld und in einer Situation der emotionalen Stabilitt
gelesen werden (sollten), da die Gefahr von Triggern (Auslsern)
gegeben ist (S. 128) wird hier eher auf die theoretischen
Auseinandersetzungen und deren Umgang eingegangen werden.Deutlich herausgestellt wird allerdings, dass unabhngig vom
jeweiligen Kontext die Beispiele umfassen einen Zeitraum von 25
Jahren Sexismus und sexualisierte Gewalt hug unhinterfragter
Bestandteil von Beziehungen und alltglichem Verhalten in linken und
subkulturellen Strukturen sind. Dieser ndet sich jedoch nicht nur im
eigenen Wohnumfeld wieder, sondern ebenso auch auf Demonstration,
Kongressen oder anderen politischen Veranstaltungen. Wie wenig
Sensibilitt im Umgang vorherrscht, beschreibt amantine unteranderem am Beispiel der Auseinandersetzung um sexistische
Grenzberschreitungen der Gruppe Fuck for Forest (FFF) auf einem
Anarchie-Kongress 2009 in Berlin.
"Dazu zhlen das permanente Nackt-Herumlaufen der
Gruppe FFF auf dem Kongress, die Weigerung sich
anzuziehen und anzuerkennen, das Nacktheit eine
Grenzberschreitung darstellen kann, und das, obwohl sie
von mehreren darauf hingewiesen worden waren, dasssich einige durch die Nacktheit, insbesondere der Mnner,
erheblich beeintrchtigt fhlten sowie homophobe
uerungen wie Hardcorelesbe." (S. 150)
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Aufgrund einer nicht geringen Anzahl von Solidarisierungen durch
Teilnehmer_innen und der Einsicht, dass ein Ausschluss der Gruppe
und Untersttzer_innen nicht gewaltfrei durchzusetzen schien, musste
der Kongress letztlich abgebrochen werden. Nur eines von mehreren
Beispielen, an denen deutlich wird, dass eine Auseinandersetzung beranti-sexistische Praxis noch lange nicht Einzug gehalten hat.
Als Mittel der Auseinandersetzung und Etablierung von anti-
sexistischer Praxis beschreibt amantine abschlieend die
Organisierung von/in Mnnergruppen und die Kritik an
Heteronormativitt sowie die Sichtbarmachung von Trans/Queer/
Tunten. Die ersten Mnnergruppen entstanden in den 1970er Jahren,
doch erst Ende der 1980er Jahre bildete sich eine Bewegung heraus,
die sich kritisch mit ihrem eigenen Sexismus, Sexismus in der Szeneund patriarchalen gesellschaftlichen Strukturen beschftigte.
Wesentlich war und ist auch heute noch eine kritische Reexion
mnnlicher Militanz auf Demos. Diese ist notwendig,
um so zu verhindern, da Gewalt sich verselbststndigt,
Ausdruck mnnlichen Macker- und Gewaltverhaltens ist.
() Schwarzgekleidete sich als autonome Antifas
bezeichnende Macker tragen ihre Revierkmpfe mit meist
mnnlichen Faschos aus und/oder pbeln Frauen an.
Antifa ist in und das scheint auch zu heien, da viele
Mnner ihr Mackerverhalten unter dem Deckmantel
Antifa ausleben knnen. () Dazu gehren auch coole
Sprche und Verbalradikalismus und das Abwerten von
anderen Widerstandsformen sowie das Abqualizieren von
Frauen in Stresssituationen mit Faschos. (S. 168)
Dass diese 15 Jahre alte Kritik noch immer aktuell erscheint, lsst ander Vernderbarkeit der Szene oftmals zweifeln. Am 19. November
2011 gingen mehrere tausend Menschen in Gedenken an einen von
Neonazis ermordeten Hausbesetzer in Berlin auf die Strae. Das aus
dem Lautsprecherwagen ein Lied der Punk-Band Heiter bis Wolkig
ertnt, um die es seit Mitte der 1990er Jahre heftige
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Auseinandersetzungen wegen Vergewaltigungsvorwrfen und
sexistischem Auftreten gab oder aber ganze Reihen auf der Demo
Polizist_innen, trotz aller berechtigter Kritik an diesen, als
Hurenshne bezeichnen, zeigt auf, wie wichtig der Blick eben gerade
auf innerlinke Debatten ist. Diesen zu strken ist eines der groenVerdienste des Buches.
amantine 2011: Gender und Huserkampf. Genderspezische Aspekte
und anti-patriarchale Kmpfe in den Huserbewegungen in der BRD
und Westberlin. Unrast Verlag, Mnster.
ISBN: 978-3-89771-508-0. 232 Seiten. 14.00 Euro.
[Link zum Artikel]
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Der erschriebene ADer erschriebene Aufstandufstand
Sascha Schierz
Wri(o)teGraffiti, Cultural Criminology und Transgression in der Kontrollgesellschaft
Von Jorane Anders
Grati, Skateboarding, D(o)I(t)Y(ourself), Schwarzer Block und das
widerstndige Potential urbaner Subkulturen einepoststrukturalistisch informierte Betrachtung des Wechselspiels von
Kontrolle und Transgression im stdtischen Raum.
Sascha Schierz legt mit Wri(o)te. Grati, Cultural Criminology und
Transgression in der Kontrollgesellschaft seine Dissertation aus dem
Fachbereich der Bildungs- und Sozialwissenschaften vor. Der nicht
ganz eingngige Titel liefert gleichwohl einen guten berblick ber
die Breite der Themen, die zur Sprache kommen: Es geht um Grati-
Writing und sein Ineinandergreifen mit dem Aufstand (riot) unddamit um eine Verortung von Grati im sozialwissenschaftlichen
Rahmen zwischen Kontrollgesellschaft und der Mglichkeit der
Transgression, also (Grenz-)berschreitung.
Der Kern der Arbeit wird gebildet durch eine Fallanalyse des Grati-
Writing. Schierz liefert im Kapitel Vergngen: Writing als Gefhlswelt,
Performanz und Kultur einen gelungenen historischen berblick ber
Entstehungsbedingen und Entwicklungen des Writing und klrt
zentrale Begriichkeiten und Motivationslagen, die einenumfassenden berblick ber das Phnomen geben. Dabei analysiert
er eine Reihe von Filmen, die neben Spiellmen von Wild Style bis
Whole Train und eher neutralen Dokumentationen auch Szenelme
wie Dirty Handz oder Consequence III umfasst. Immer wieder wird
dabei die Wechselwirkung mit der Stadt aufgegrien, die zunchst
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die wesentliche Leinwand wie auch das Publikum bereitstellt, durch
die die zentralen Entstehungsbedingungen des Writings erst gestellt
werden. Auf der anderen Seite: Grati verndern die Wahrnehmung
und das Gefhl fr die Stadt. Die ganzen Tags und Bilder, man kennt
sie und kriegt Vernderungen mit. (S. 240) Die Konstruktion derIllegalitt (die Rechtslage war lange Zeit unklar, da der Straftatbestand
der Sachbeschdigung eine unwiederherstellbare
Oberchenvernderung verlangte, die im Falle von Grati oftmals
nicht gegeben ist) dient dabei der Sicherung bestehender
Eigentumsverhltnisse und versucht das Privileg der Gestaltung des
entlichen Raums einer zahlungsfhigen Kundschaft vorzubehalten.
Doch gerade durch die Illegalitt schreibt sich die Kritik der
Verhltnisse ins Writing ein:
Die Flchen stdtischer Wnde werden zu entlichen
Rumen, die wiederum diskurs- und kritikfhig sind. Die
private Gestaltungshoheit ber die Wand bzw. das Privileg,
den stdtischen Raum in einer als legitim geltenden Weise
zu formen, werden performativ kritisiert. (S. 331)
Vor allem an den Dokumentarlmen zeigt Schierz auch Reaktionen
seitens Medien, Politik und Polizei auf, die Mglichkeiten von
Gegenmanahmen und Kontrolle thematisieren. Inwiefern von dieser
Seite ein arg reduziertes Verstndnis des Phnomens an den Tag gelegt
wird, wird durch die Gegenstimmen und ihre Kontextualisierung in den
Filmen schnell oenbar. Spter wird noch nher auf fortschreitende
Entwicklungen des Stadtmanagements Bezug genommen. Whrend
hier versucht wird, dem Ideal der weien Wand einen Bonus an
Sicherheit und Sauberkeit abzugewinnen und aus der postindustriellen
Stadt einen streng geordneten Erlebnisraum fr ein brgerliches
Durchgangspublikum zu schaen, steht Writing dem als Einbrucheines kriminellen Anderen gegenber. Es ist die kurzfristige
Realisation von Autonomie und Eigensinn in einem urbanen Alltag, der
durch Kontroll- und Ordnungsimperative geprgt erlebt wird. (S. 474)
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Doch auch kritische Perspektiven auf die Grati-Subkultur kommen
bei Schierz nicht zu kurz. So widmet sich ein eigenes Unterkapitel
der Frage Der Krieg der Stile als reine Mnnersache? Gender und
Writing, um sich mit der ungleich kleineren Beteiligung nicht-
mnnlicher Akteur_innen in der Writingszene auseinander zu setzen.Ebenso wird auf die steigende Vermarktungsfhigkeit von Grati
eingegangen, das mittlerweile nicht nur Farb- und Zubehrherstellern
ein beschauliches Auskommen ermglicht, sondern auch Einzug in
diverse Werbespots gefunden hat oder gar auf im
Gentrizierungsprozess bendliche Kieze zwischenzeitlich eher als
Auf- denn als Abwertung wirken kann.
Den Hintergrund der Ausfhrungen stellt eine umfassende
theoretische Diskussion der Frage nach den Vernderungen derFormen sozialer Kontrolle in der postindustriellen Gesellschaft. Dazu
wird eine umfangreiche Darstellung gngiger wie auch weniger
bekannter sozialwissenschaftlicher Anstze geliefert, die sich mit den
Phnomenen Macht und Kontrolle beschftigen. Whrend souverne,
repressive Machtverstndnisse sich noch an der Allmacht des
absolutistischen Monarchen orientieren, spricht Schierz zunchst dem
von Michel Foucault ausgearbeiteten Konzept der Disziplinarmacht das
Verdienst zu, den Blick strker auf die Mechanismen von berwachenund Strafen zu lenken. Das tragende Modell von Macht fr die Arbeit
liefert schlielich die Deleuzesche Vorstellung einer fast ohne
Repressionsapparat auskommenden (jedoch deswegen nicht minder
problematischen) Kontrollgesellschaft. Die Eingrie der
Kontrollgesellschaft vollziehen sich zwar fr die Einzelnen fast
unmerklich, dadurch jedoch erweitern sie zunchst ihren
Einussbereich und machen sich gleichzeitig weniger angreifbar;
Disziplinierung oder Normalisierung treten hinter die Kultivierung
und das Management von Dierenzen zurck. (S. 84) Die in Fragestehenden Dierenzen verbleiben eng umrissen, gleichwohl bietet
damit jede berschreitung der vorgegebenen Bahnen bereits einen
Ansatzpunkt fr so etwas wie Alltagsdissidenz, quasi eine auf
alltglicher Ebene und im Kleinen operierende Widerstandsform:
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Whrend das aktuelle Sicherheitsdispositiv sich dadurch
auszeichnet, Strme von Menschen und Gtern durch
Kontrollen zu regulieren, bzw. sein Subjekt situativ
kontextualisiert zu fassen, beruhen diese subalternen
Praxen auf einer Performanz und Dekontextualisierungvon bestimmten Orten [...]. (S. 97)
Eine solche Praxis stellt Schierz als Element verschiedener
subkultureller und/oder kriminalisierter Bewegungen heraus, die von
Skateboardfahren ber entliche Punkertreen,
Drogenkonsument_innen bis hin zur DIY-Szene und autonomen
Demonstrationen reichen. In der ausfhrlichen Fallanalyse wird hier
auch das Writing eingeordnet, das eine performative Kritik an
wohlstandsabhngiger Gestaltungshoheit leistet und auf eineUmwidmung architektonischer Oberchen zur Leinwand und Galerie
abzielt. Und nicht zuletzt: Grati stellen auch eine bunte Art dar,
der Gesellschaft seinen Mittelnger zu zeigen und ihr, wenn auch nur
partiell, die Gefolgschaft zu versagen. (S. 236)
**
Die Dissertation kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
Sascha Schierz 2009: Wri(o)te. Grati, Cultural Criminology und
Transgression in der Kontrollgesellschaft. Vechtaer Verlag fr
Studium, Wissenschaft und Forschung.
ISBN: 978-3-937870-10-5. 493 Seiten.
[Link zum Artikel]
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http://www.uni-vechta.de/fileadmin/user_upload/documents/Soziale_Arbeit/Schierz_Wri_o_te_Graffiti.pdfhttp://www.kritisch-lesen.de/?p=3223http://www.kritisch-lesen.de/?p=3223http://www.uni-vechta.de/fileadmin/user_upload/documents/Soziale_Arbeit/Schierz_Wri_o_te_Graffiti.pdf8/3/2019 Wem gehrt die Stadt? - #12
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Es ist deuEs ist deutsch in Kaltlandtsch in Kaltland
Karsten Krampitz / Markus Liske / Manja Prkels (Hg.)
KaltlandEine Sammlung
Von Tompa Lska
Ein Lesebuch, dass es so noch nicht gab, erzhlt die unbequemenKapitel der letzten 20 Jahre deutscher Geschichte. Es handelt vom
ganz normalen Wahnsinn und den blinden Flecken im nicht mehr ganz
so neuen und vereinigten Deutschland.
Im deutschen Gedenkmarathon der letzten drei Jahre bei dem der
sogenannten friedlichen Revolution gedacht wurde, gingen einige
Facetten der Ereignisse vor 20 Jahren unter. Auch in den
Wenderomanen und lmen kamen die Ereignisse in Hoyerswerda,
Eberswalde, Rostock-Lichtenhagen und vielen anderen Orten nicht
mal am Rande vor. Es ist ein sehr deutsches Gedenken. Bestimmte
Opfergruppen werden konsequent ausgeklammert, weil sich sonst
Fragen gestellt werden mssten, die auch die Rolle der Politik und der
sogenannten brgerlichen Mitte in dieser Zeit eher kritisch beleuchten
wrden. Denn so friedlich wie man in den Medien gerne feststellt,
waren diese Revolution und ihre Folgen nmlich nicht. Brennende
Asylbewerberheime, zu Tode geprgelte und in den Tod getriebene als
nicht deutsch Wahrgenommene und Politiker_innen groer Parteien,die von Asylantenut und das Boot ist voll redeten, stellen eine
andere Realitt dar. Der nun erschienene Sammelband Kaltland setzt
sich zum Ziel, all diesen Wohlfhlwende- und nachwendegeschichten
ein Gegengewicht entgegen zu setzen.
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Der Bezug des Titels auf den Text der Neuwieder Punk-Band
Toxoplasma ist hier mehr als naheliegend, spiegelt sich doch die
Stimmung des 1994 auf dem Album Leben Verboten erschienenen
Songs Deutsch in Kaltland fast eins zu eins in dem Buch wider.
Der Text des Liedes htte durchaus auch in die Sammlung gepasst.Im Refrain heit es: Es ist Deutsch in Kaltland / in dem Land der
sauberen Brgersteige / Wo die Ordnung mehr als alles andere zhlt /
Es ist Deutsch in Kaltland in dem Land der glnzenden Fassaden / Wo
man die wahre Reinheit / Fr die reine Wahrheit hlt.
In der Form sind die Beitrge sehr unterschiedlich. Es werden
Interviews gefhrt, Reisen durch den Osten Deutschlands
dokumentiert, aber auch Ausschnitte aus Theaterstcken und Gedichte
beschftigen sich mit dem bergeordneten Thema. So breit wie dieTexte angelegt sind, so vielschichtig gestaltet sich auch die
Autor_innenschaft. Punkrocker (Schorsch Kamerun, Key Pankonin)
kommen ebenso zu Wort, wie Schriftsteller_innen, Filmemacher_innen,
Theaterleute und in die Politik gegangene ehemalige Hausbesetzer
(Freke Over). Sie alle eint die Darstellungen der Nachwendezeit aus
ihrer eigenen, persnlichen Sicht. Um eine wissenschaftliche Analyse
der Ereignisse kann es hier allerdings nicht gehen. Es treten
Sichtweisen zutage, die in der entlichen Wahrnehmung selten eineRolle spielen. Die Herausgeber_innen, Karsten Krampitz, Markus Liske
und Manja Prkels, versuchen in chronologischer Vorgehensweise ein
Bild zu zeichnen, das als unbequeme Ergnzung bzw. Richtigstellung
zu Teilen des oziellen Geschichtsbildes der Ereignisse der letzten 20
Jahre in Deutschland zu sehen ist.
DeuDeutsche Ztsche Zustndeustnde
Zwei besonders bewegende und entsetzende Texte sind die Beitrge von Jochen Schmidt (1992 mit einem Kamera-Team im
Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen) und die Auszge aus
dem Stck Der Kick von Andres Veiel und Gesine Schmidt. In
Ersterem wird die beklemmende und scheinbar ausweglose Situation
der vietnamesischen Vertragsarbeiter whrend des Angris auf das
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Sonnenblumenhaus beschrieben. Auch die unter Lebensgefahr
erfolgte Rettung war mehr eine Frage von Glck, als Resultat der
polizeilichen Hilfe oder anderer zustndigen Stellen. Jochen Schmidt
war selbst mit im Haus und konnte somit auch im Nachhinein als
Journalist falschen Darstellungen von ozieller Seite entgegenwirken.Im zweiten Text geht es um den menschenverachtenden Mord an
dem Jugendlichen Marinus S. im uckermrkischen Potzlow im Jahre
2002. Die hier abgedruckten Auszge unterscheiden sich sehr von
dem vorangegangenen Text. Denn hier ist die Perspektive eine vllig
andere. Die Tter bleiben keine Mitglieder eines anonymen Kollektivs,
dass von der johlenden Menge in ihren Taten bekrftigt wird, sondern
sie kommen auch selbst zu Wort. Daraus geht ziemlich klar das fast
emotionslose Vorgehen und die totale Missachtung menschlichen
Lebens durch die Tter hervor. Aber auch die Reexe, die so oft nach
hnlichen Taten, wie aus einem vorgefertigten Baukasten,
hervorgeholt werden, nehmen Gestalt an, wenn der Brgermeister
sagt:
Potzlow ist ein ganz normales Dorf. Wir haben hier einen
Taubenzchterverein und eine Freiwillige Feuerwehr. Vor
ein paar Jahren sind wir zum schnsten Dorf Deutschlands
gewhlt worden. Vor der Wende gab es fnfhundertEinwohner, inzwischen sind es sechshundert. Das ist doch
auch was. (S. 171)
Die Tat und das Umfeld in der sie geschehen ist, rckt in den
Hintergrund. Es zhlt nur die Abwendung vom bel, als welches die
weltweite Berichterstattung ber diese abscheulichen Geschehnisse
angesehen wird. Was beiden Ereignissen gemein ist: Es gab in beiden
Fllen keine konsequente Aufarbeitung der Taten! Oft kommt dazu
noch eine Tter-Opfer-Umkehr wie wir es auch in vielen geschichts-politischen Diskursen erleben.
Das vorliegende Buch will die blinden Flecken in der jngsten
Vergangenheit sichtbar machen und eine breitere gesellschaftliche
Diskussion anregen. Ein Gegenpol zu massenwirksamen
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Verentlichungen wie Sonnenallee zu sein, ist die wichtige und
richtige Intention dieses Buches. Werden viele gerade diese
Geschichten in Zeiten der Krise - wenn es um Verteilungskmpfe
geht, zhlen nicht die Nachbarn oder die denen es schlechter ergeht,
sondern nur das eigene Vorankommen - wohl eher wenigerinteressieren, scheint die Auseinandersetzung mit den Inhalten des
Buches umso wichtiger. Es ist eben sehr deutsch in Kaltland!
Karsten Krampitz / Markus Liske / Manja Prkels (Hg.) 2011: Kaltland.
Eine Sammlung. Rotbuch, Berlin.
ISBN: 978-3-86789-144-8. 288 Seiten. 14.95 Euro.
[Link zum Artikel]
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Die KmpfDie Kmpfe um ein bessere um ein besseres Leben Ein Bes Leben Ein Blicklickzurckzurck
Ralf HoffroggeSozialismus und Arbeiterbewegung in DeutschlandVon den Anfngen bis 1914
Von Ismail Kpeli
Der Kampf gegen die Prekarisierung der Lebensverhltnisse und die
Fragen danach, wie sich soziale Unzufriedenheit und Opposition
organisieren lassen und inwieweit ein gutes Leben hier und heute
mglich ist, sind nicht erst heute zu beobachten. Es gibt eine
Geschichte der Kmpfe und Organisierungsversuche, auf die sich die
heutige Linke (als Bewegung) beziehen kann und sollte.
Allerdings scheint die frhe Geschichte der Arbeiterbewegungzunehmend nur noch fr HistorikerInnen relevant zu sein.
Gegenwrtige linke und klassenkmpferische AkteurInnen beziehen
sich (wenn berhaupt) eher symbolisch auf die damaligen Kmpfe und
Auseinandersetzungen. Mit dem Anspruch, hier Abhilfe zu schaen,
damit nicht Erfahrungen der Vergangenheit in den politischen
Auseinandersetzungen vergessen (S. 202) werden, erschien das Buch
Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland. Es soll keine
bloe Einfhrungslektre fr GeschichtsstudentInnen sein, sondern
bereits gemachte Erfahrungen fr die gegenwrtigen sozialen Kmpfe
nutzbar machen.
Der positive Bezug auf die Erfahrungen der frhen Arbeiterbewegung
wird in Deutschland allerdings erschwert. Zum einen entstand durch
die Zerschlagung der Organisationen und Strukturen der
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Arbeiterbewegung 1933 eine Lcke und erst nach 1945 wurden diese
mhsam wiederaufgebaut. Zum anderen ist aber eine mehrfache
politische Niederlage der Arbeiterbewegung und der sozialistischen
Parteien festzustellen nicht zuletzt bei der Kriegsfrage 1914, bei der
Zerschlagung der Arbeiteraufstnde und Rteregierungen 1919 undauch beim letztlich erfolglosen Kampf gegen den Nationalsozialismus.
Dies macht aber eine Aufarbeitung nicht berssig. Ganz im
Gegenteil: Bei einer knftigen Phase von zunehmenden sozialen
Konikten wre es fatal, wenn hnliche Fehler wiederholt wrden.
Ralf Horogge analysiert die historische Phase bis 1914, sodass die
als globale Niederlage (S. 196) des Sozialismus verstandene
Zustimmung der sozialistischen Parteien zum Krieg den Schlusspunkt
bildet. Die Darstellung beginnt mit der Entstehung des Kapitalismusund dem damit verbundenen Auftauchen der ArbeiterInnen als eine
neue soziale Klasse. Dabei werden die Kmpfe der frhen
ArbeiterInnen als Kmpfe gegen die Arbeit gewrdigt und in die
Geschichte der Klassenkmpfe integriert. So wird etwa die Bewegung
der Maschinenstrmer, die in der traditionell-marxistischen
Geschichtsschreibung als unorganisiert, irrational und reaktionr
dargestellt wurde, neu bewertet. Es wird darauf verwiesen, dass die
Maschinenstrmer sehr gut organisiert waren und die Zerstrung derMaschinen fr die damalige Zeit eine viel sinnvollere
Arbeitskampfmethode war als etwa Streiks.
Eine weitere Revision betrit die Rolle von Karl Marx und Friedrich
Engels in den frhen Jahren der sozialistischen Bewegung. Entgegen
einer weit verbreiteten Wahrnehmung, dass die beiden Figuren sehr
frh eine zentrale Rolle gespielt htten, weist der Autor daraufhin,
dass zuerst andere politisch wichtiger waren (so etwa in Deutschland
Ferdinand Lasalle) und erst in den 1860er Jahren Marx und Engels einegewisse Bedeutung erhalten haben.
Dieser Ansatz, die Debatten und Konikte der sozialistischen
Arbeiterbewegung einer Neueinschtzung zu unterziehen, wird im
Buch weiterverfolgt, wenn es etwa darum geht, das Verhltnis
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zwischen den Parteien und Gewerkschaften einerseits und den
einzelnen ArbeiterInnen andererseits neu zu bestimmen. Gegen die
traditionelle Geschichtsschreibung, die sich vielfach auf groe
Organisationen konzentriert und so die ArbeiterInnen als Subjekte
wenig beachtet, hatte sich seit den 1970er Jahren eine neue Lesartder Arbeiterkmpfe etabliert, die eine selbstorganisierte andere
Arbeiterbewegung jenseits der professionalistischen
Arbeiterbewegung der Parteien und Gewerkschaften sieht.
Horogges These ist, dass es sich hier weniger um zwei gegenstzliche
Bewegungen handelt, sondern dass vielmehr die andere
Arbeiterbewegung lediglich die unzufriedene Basis der organisierten
Arbeiterbewegung ist und gibt Beispiele, in der spontane und oft
illegale Arbeitskmpfe und die ozielle Partei- und
Gewerkschaftspolitik zusammengewirkt haben.
Die zahlreichen lesenswerten Kapitel, die sich auch mit Themen wie
etwa Alkohol und Sozialismus beschftigen, sollen an dieser Stelle
nicht nacherzhlt werden. Stattdessen folgen jetzt zwei Kritikpunkte
und eine Gesamteinschtzung.
Der erste Punkt betrit den Standpunkt und die Perspektive des
Autors, der sowohl die andere Arbeiterbewegung als auch die
anarchistischen und syndikalistischen Akteure aus der organisierten
Arbeiterbewegung ableitet und so deren Eigenstndigkeit relativiert.
Von den Gegenstzen zwischen AnarchistInnen und MarxistInnen
abgesehen, gert so aus den Augen, dass in den Kmpfen
ArbeiterInnen und ihre Gewerkschaften unterschiedliche Interessen
und Ziele hatten. Die Gewerkschaften haben organisationseigene
Interessen, die nicht immer deckungsgleich mit den Interessen der
ArbeiterInnen sind. Allerdings betrit dieser Kritikpunkt den
grundstzlichen und kontroversen Streit darber, ob fr eineklassenkmpferische Linke Parteien und Gewerkschaften als
Organisationsformen tauglich sind oder nicht. Ebenso sollte darauf
verwiesen werden, dass der Autor sich intensiver als in vergleichbarer
Einfhrungsliteratur mit Anstzen jenseits der organisierten
Arbeiterbewegung beschftigt.
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Ein zweiter Aspekt betrit eher formale und didaktische Aspekte. Der
Autor verzichtet weitgehend, bis auf eine Zeittafel am Ende, auf andere
Mglichkeiten der Darstellung jenseits von Flietext, wie etwa
Tabellen, Graken und Bilder. Dabei gibt es einige Stellen, an denen
Wahlergebnisse, Streikbeteiligung u.. sehr gut anders darstellbargewesen wren. Eventuell sollte in einer Neuauage und im
angekndigten zweiten Band (1914-1933) mehr auf solche Mittel
zurckgegrien werden.
Trotz des inhaltlichen Dissens: Das Buch ist fr alle, die sich fr
die Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland interessieren,
sehr empfehlenswert. Die verwendete Sprache ist angemessen und
verstndlich, ohne banal zu werden. Die Analyseschritte sind
nachvollziehbar und gut belegt. Wer sich fr einzelne Aspekteinteressiert (wie etwa Homosexualitt und Sozialismus) ndet genug
Hinweise, um sich tiefer einzulesen.
Ralf Horogge 2011: Sozialismus und Arbeiterbewegung in
Deutschland. Von den Anfngen bis 1914. Schmetterling Verlag,
Stuttgart.
ISBN: 3-89657-655-0. 216 Seiten. 10.00 Euro.
[Link zum Artikel]
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NNachachwuchsprwuchsprobobleme der Bleme der Bundeswundeswehr und dieehr und diemilimilitrtr-poli-politische Antische Antwtwoort: Milirt: Militarisierung destarisierung desZZiivilenvilen
Michael Schulze von GlaerAn der Heimatfrontffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung der Bundeswehr
Von Heinz-Jrgen Vo
Der freiberuiche Journalist und Autor Michael Schulze von Glaer,
der fr seine zahlreichen Beitrge in Tages- und Wochenzeitungen
weithin bekannt ist, legt mit diesem Buch eine versierte Ausarbeitung
zur Militarisierung des Zivilen vor.
Der Afghanistan-Krieg, Berichte ber gettete deutsche Soldaten und
ber gettete Zivilisten, tragen zu einer auch aktuellen Skepsis in
der deutschen Bevlkerung gegenber dem Militrischen bei (diehistorischen kriegerischen Erfahrungen sttzen diese Perspektive).
Diese Skepsis hlt sich dauerhaft, wie Schulze von Glaer anhand
soziologischer Erhebungen externer wissenschaftlicher und solcher
des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr
herausarbeitet. Selbst dem Geheimdienst der USA, dem CIA, ist dies
bewusst geworden, so dass in Geheimdokumenten des CIA die auf
der Enthllungsplattform Wikileaks verentlicht wurden
Mglichkeiten eruiert wurden, wie die Akzeptanz fr den Krieg in
der Bevlkerung in Deutschland (und in Frankreich) gestrkt werdenknnte (S. 28). Unterdessen sind das keineswegs die einzigen
Probleme, die das Erscheinungsbild der Bundeswehr in der
Bevlkerung beeintrchtigen: Die Misshandlung von
Grundwehrdienstleistenden durch hherrangige Soldaten,
rechtsextremistische sowie frauenfeindliche bergrie sind nur einige
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der Skandale, ber die fters in den Medien zu lesen ist (S. 28) und
die die Stimmung in der Bevlkerung prgen.
So ergab eine Umfrage aus dem Jahr 2007, dass sich lediglich 25
Prozent der jungen Mnner vorstellen konnten, eine gewisse Zeit langals Soldat oder ziviler Mitarbeiter bei der Bundeswehr ttig zu sein,
27 Prozent meinten vielleicht, die brigen 48 Prozent konnten sich
dies berhaupt nicht vorstellen (S. 15). Besonders deutlich ist die
Ablehnung bei den Abiturie