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© Schweizer Hunde Magazin 3/10 12 Von Andreas Krebs Die Deutsche Schäferhündin Amy und der Labrador- Rüde Uno sind seit eineinhalb Jahren als bundesweit erste Artenschutzspürhunde am Frankfurter Flughafen im Einsatz. Der grösste Flughafen Deutschlands ist eine Drehscheibe des internationalen Artenschmuggels. Vor allem Flüge aus für den Artenschmuggel besonders kriti- schen Regionen wie Südostasien, Lateinamerika oder Af- rika erreichen Deutschland und Europa über das Dreh- kreuz Frankfurt. 2007 wurden hier 561 Artenschmuggler aufgegriffen; diese hatten 111’838 Exemplare bei sich, darunter 5599 lebende Tiere und Produkte wie Schlan- genledertaschen, präparierte Krokodile, Felle oder in Al- kohol eingelegte Kobras. «Besonders die Aufgriffe von mehreren Kilogramm Ka- viar, einem Nashorn, Elfenbein und zahlreichen Teilen hoch bedrohter Meeresschildkröten sind erschreckend», sagt Volker Homes, Leiter des Artenschutz-Bereichs bei der Umweltschutzorganisation WWF. «Wir haben es mit Wenn Haifischflossen vor die Hunde gehen – Ein Fall für Amy Nashorn, Tigerpfoten, Bärenköpfe – was sich zu Geld machen lässt, wird geschmuggelt, gnadenlos. Und das im ganz grossen Stil: Interpol schätzt den Wert illegal eingeführter Tier- und Pflanzenprodukte weltweit auf 20 Milliarden Franken pro Jahr. Der Trophäenhandel ist gemäss WWF einer der Hauptgründe für das weltweite Artensterben. Auf dem grössten Flughafen Deutschlands werden seit eineinhalb Jahren Artenschutzspürhunde im Kampf gegen den Schmuggel eingesetzt. Das Pilotprojekt ist ein Erfolg. Bald sollen an allen grossen Flug- und Seehäfen Europas Hunde im Dienst des Artenschutzes schnüffeln.

Wenn Haifischflossen vor die Hunde gehen – Ein Fall für Amy · 2010. 6. 17. · sche Sch ferhunde, ebenfalls vertre - ten sind drei Labradore, zwei Mali - nois, ein Holl ndischer

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  • © Schweizer Hunde Magazin 3/1012

    Von Andreas Krebs

    Die Deutsche Schäferhündin Amy und der Labrador-Rüde Uno sind seit eineinhalb Jahren als bundesweit erste Artenschutzspürhunde am Frankfurter Flughafen im Einsatz. Der grösste Flughafen Deutschlands ist eine Drehscheibe des internationalen Artenschmuggels. Vor allem Flüge aus für den Artenschmuggel besonders kriti-schen Regionen wie Südostasien, Lateinamerika oder Af-rika erreichen Deutschland und Europa über das Dreh-

    kreuz Frankfurt. 2007 wurden hier 561 Artenschmuggler aufgegriffen; diese hatten 111’838 Exemplare bei sich, darunter 5599 lebende Tiere und Produkte wie Schlan-genledertaschen, präparierte Krokodile, Felle oder in Al-kohol eingelegte Kobras.«Besonders die Aufgriffe von mehreren Kilogramm Ka-viar, einem Nashorn, Elfenbein und zahlreichen Teilen hoch bedrohter Meeresschildkröten sind erschreckend», sagt Volker Homes, Leiter des Artenschutz-Bereichs bei der Umweltschutzorganisation WWF. «Wir haben es mit

    Wenn Haifischflossen vor die Hunde gehen – Ein Fall für Amy

    Nashorn, Tigerpfoten, Bärenköpfe – was sich zu Geld machen lässt, wird geschmuggelt, gnadenlos. Und das im ganz grossen Stil: Interpol schätzt den Wert illegal eingeführter Tier- und Pflanzenprodukte weltweit auf 20 Milliarden Franken pro Jahr. Der Trophäenhandel ist gemäss WWF einer der Hauptgründe für das weltweite Artensterben. Auf dem grössten Flughafen Deutschlands werden seit eineinhalb Jahren Artenschutzspürhunde im Kampf gegen den Schmuggel eingesetzt. Das Pilotprojekt ist ein Erfolg. Bald sollen an allen grossen Flug- und Seehäfen Europas Hunde im Dienst des Artenschutzes schnüffeln.

  • Artenschutzhunde

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    einer sehr gut organisierten Schmuggelmafia zu tun. Deren Kuriere haben jeweils bis zu mehrere hundert Schildkröten oder Papageien-Eier bei sich.»

    «Exoten» auf Exotenfang

    Um gegen die professionell agierende Arten-Mafia vor-zugehen, entwickelte der WWF das Konzept der Arten-schutzspürhunde. «Die Hunde haben einfach den besse-ren Riecher», erklärt Homes. «Sie können selbst Objekte mit geringem Eigengeruch wahrneh-men und sind daher ideal für die schnelle Kontrolle von Gepäckstü-cken, Postsendungen oder ganzen Containern.»Wie das funktioniert wird uns Amy zusammen mit ihrem Meister, Zollobersekretär Tobias Gross, de-monstrieren. «Die Exoten» werden sie von den anderen Hundeführern des Zollamts Flughafenüberwachung Frankfurt am Main genannt. Von den 28 Suchhunden spüren 25 nach Geld und Drogen. Jedes Jahr stellen sie auf Deutschlands grösstem Flughafen 500 Kilogramm harte Drogen sicher. «Gestreckt sind das fünf Tonnen für den illegalen Markt», sagt Zollhunde-lehrwart Dieter Keller, Chef der Hun-deteams. Ein Hund ist speziell auf Waffen und Sprengstoff abgerichtet.Die meisten Suchhunde sind Deut-sche Schäferhunde, ebenfalls vertre-ten sind drei Labradore, zwei Mali-nois, ein Holländischer Herder und ein Mischling.Amy und Uno sind die Hauptakteu-re des Pilotprojekts «Artenschutz». Während ihrer mehrmonatigen rund 30’000 Euro teuren Ausbildung wur-den sie auf 15 Geruchsbilder trai-niert. Was Amy und Uno seit August 2008 auf dem Rhein-Main-Flughafen

    Unser grösstes Gut ist in Gefahr: die BiodiversitätLebensraumverlust, Jagd auf die bedrohten Tiere selber, aber auch auf ihre Beutetiere, Krankhei-ten, Isolation der verschiedenen Populationen und internationaler Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten bedrohen die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten. Von den weltweit schätzungsweise 1,75 Millionen wissenschaftlich beschriebenen Arten wurden bis zum Jahr 2009 knapp 48’000 von der Weltnaturschutzunion IUCN (Rote Liste) auf ihre Gefährdung untersucht. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Von den untersuchten Säugetieren sind 21% bedroht. Bei den Reptilien, Amphibien und Fischen sind es je rund 30%. Bei den Spinnen 56%. Bei den Pflanzen sind 86% der Moose und 73% der Blütenpflanzen betroffen. Sämtliche Pilze und Flechten sind gefährdet.Artenschutz hört nicht an der Landesgrenze auf. Denn jedes Jahr landen Millionen geschützter Tiere und Pflanzen im weltweiten Handel. Dieser Handel hat exorbitante Formen angenommen. Es braucht dringend praktikable internationale Richtlinien zum Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten.

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    Zollobersekretär Tobias Gross und die Deutsche Schäfer-hündin Amy sind auf dem grössten Flughafen Deutschlands für den Artenschutz im Einsatz.

    Papageien-Eier sind ein beliebtes Schmuggelgut.

    Eine erfolgreiche Suche – Schuhe aus Schlangenhaut und ein präpariertes Krokodil.

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    leisten, ist von globalem Interesse. Denn illegale Souvenirs in Koffern in Flugzeugen aus Übersee sind alles andere als selten: Interpol schätzt den Wert illegal eingeführter Tier- und Pflanzenprodukte weltweit auf 20 Milliarden Franken pro Jahr. Der WWF fordert deshalb, dass Ar-tenschutzspürhunde an allen gros-sen Flug- und Seehäfen Europas und in den bedeutenden Postverteilzen-tren eingesetzt werden. «Die EU ist weitgehend zu einem Binnenmarkt ohne innere Grenzen geworden. Deshalb brauchen wir ein effektives und konsequentes Vorgehen gegen den Artenschmuggel an den Einfalls-toren in die EU in allen Mitgliedstaa-ten», so Homes. Gelinge es nicht, den Schmuggel bald einzudämmen, kom-me das einem Todesurteil für viele Arten gleich.

    «Skrupellose Mafiabanden»

    Das Pilotprojekt in Frankfurt lässt hoffen. Im ersten Jahr ihrer Arbeit auf dem Frankfurter Flughafen ha-ben die Hunde 51 Mal illegale Souve-nirs in Koffern entdeckt – darunter tote Schildkrötenbabys, ein Tigerhai-Gebiss, das Horn eines Nashorns und präparierte Krokodile.Pro Woche beschnüffeln Amy und Uno bis zu 40’000 Koffer. «Es gibt nichts, das den Hund ersetzen könn-te», sagt Keller. Zwar gebe es Detek-toren, die Drogen und Sprengstoff aufspüren könnten. «Aber die brau-chen zehn Minuten pro Koffer – Zeit, die wir nicht haben. Wir wollen kein Sand im Getriebe sein.» Keller, Gross und drei weitere Hun-deführer sitzen in einem Bürocontai-ner in der Gepäckabfertigungshalle des Flughafens. Sie trinken Kaffee

    aus Plastikbechern, scherzen und lachen. Einer macht spitze Bemerkungen, während der Chef über das Arten-schutzprojekt berichtet. Keller lässt sich vom Gerede nicht irritieren. «Es ist mir ein persönliches Anliegen, den Artenschmuggel zu bekämpfen», sagt er. Denn die «skrupellosen Täter», die vor allem die Märkte in den USA und in Europa mit seltenen Tieren, Pflanzen und Teilen von ihnen, insbesondere aus Südostasien und Afrika ver-sorgten, seien mitverantwortlich für das Artensterben weltweit. Mit exotischen und zugleich illegalen Souvenirs wie etwa Riesenmuscheln oder Aktentaschen aus Krokodil-leder tragen Touristen das Ihre zur Bestandsgefährdung der Arten bei. «Bei ihnen ist es vor allem Doofheit», sagt Keller. «Die Leute wissen es nicht besser. Bringen nichts Böses ahnend eine Aloe Vera oder einen Kaktus mit nach Hause. Oder schleppen einen farbigen Meeresfisch mit für das Süsswasseraquarium.» So blöd sind nicht alle. Vie-le wollen am lukrativen Geschäft teilhaben. Madagaskar-Schildkrötenbabys kosten auf dem lokalen Markt etwa 20 Franken, bei uns bringen sie bis zu 1500 Franken; ein Tukanpaar geht für gut und gerne 15’000 Franken. Auch Geckos, Giftschlangen, Kugelfische, Elfenbeinfiguren fin-den finanzkräftige Abnehmer. Laut Keller ist der weltweite Artenhandel nach Waffen und Drogen das lukrativste Betätigungsfeld für Schmuggler. Er hat hauptsächlich die professionellen und skrupellosen Schmuggler im Visier. «Die nehmen ganz bewusst in Kauf, dass Arten von dieser Erde verschwinden.» Schildkröten, Warane, Papageien, Würgeschlangen – das sei gerade so im Trend. Teilweise gebe es sogar Auftragsschmuggel, also Bestelllisten, die abgearbeitet würden. «Der Artenschmug-gel ist schon lange organisierte Kriminalität.»

    ProSpecieRara Nicht nur Pandabären und spezielle Orchideenarten sind vom Aus-sterben bedroht, sondern auch einheimische Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten. Diese zu erhalten wurde 1982 die Stiftung ProSpecieRara gegründet. Die Stif-tung kämpft gegen die Patentierung von Leben und die Anwendung der sogenannten «Terminatortechno-logie». Dabei werden Pflanzen so verändert, dass ihre Samen nicht mehr keimen können. So muss das Saatgut Jahr für Jahr neu gekauft werden. Die Saatguthändler – inter-nationale Nahrungsmittelgiganten und Gentechnikfirmen – verkaufen auch gleich die entsprechenden Spritzmittel, ohne die die Saat nicht keimt. Diese Praxis bringt den Fir-men riesigen Profit, und verschärft das Hungerproblem in der Welt. Treibt man dieses Verfahren auf die Spitze, hat die Gesellschaft keinen unabhängigen Zugang zu Nah-rungsmitteln mehr.In der Schweiz keimt nun aber Hoffnung. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat sich das UNO-Jahr der Biodiversität offen-bar zu Herzen genommen: Es hat einen Vorschlag für die Revision der Saat- und Pflanzgutverord-nung ausgearbeitet, die nicht etwa beliebte Kartoffelsorten und andere Ackerfrüchte verbieten will – wie das in einer früheren Fassung der Fall war –, sondern einen mutigen Schritt in Richtung Vielfalt macht. Das ist von elementarer Bedeutung. Sie können etwas gegen das dro-hende Sortensterben unternehmen, indem Sie einheimische Sorten, auch verbotene, pflanzen (Bezug zum Beispiel bei ProSpecieRara) und die Kampagne «Vielfalt für alle» unterstützen.

    www.prospecierara.chwww.vielfalt-fuer-alle.ch

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    Selbst Kugelfische werden geschmuggelt.

    Karettschildkröten sind vom Aussterben bedroht.

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    Artenschutzhunde

    Die Schweiz weiss von nichts

    Und doch hat ihn auch der Deutsche Zoll lange als Stiefkind behandelt. In der Schweiz scheint das noch immer der Fall zu sein. «Artenschutzspürhunde? Noch nie gehört», heisst es bei der Oberzolldirektion in Bern. Der Artenschutz ist eben nur einer von über 150 Rechtserlassen. Ein wichtiger, meinen Deutscher Zoll und WWF. Sie set-zen sich gemeinsam dafür ein, dass Artenschutzspür- hunde demnächst bei der Gepäckkontrolle auf allen Flughäfen in Deutschland ihren Dienst verrichten. Und danach vielleicht weltweit, wie Hundelehrwart Keller hofft. Vorbild ist Australien, wo es schon seit vielen Jah-ren derartige Spürhunde gibt. Dort geht es allerdings hauptsächlich darum, dass nichts in das Land reinkommt, was das sensible Ökosystem gefährden könnte.Einer im Container niesst. «Hühnergrippe?», scherzt Keller. Das bringt ihn an den Anfang der Geschichte. Er holt zum Erzählen aus: Seit der Vogelgrippe arbeite die Bundesrepublik mit Spürhunden. Er wurde damals be-auftragt, Hunde auf tierisches Eiweiss zu trainieren. Easy, meint Keller. «Hältst dem Hund einen Hähnchenschlegel vor die Nase, that’s it.»«Am liebsten habe ich einen völlig rohen Hund. Einen ohne jegliche Ausbildung», sagt Keller. «Sind Spiel- und Beutetrieb hoch, ist das die halbe Miete.» Und dass er es

    auf dem Flughafen aushalte … «Das ist ja kein schönes Umfeld für einen Hund.»Via Spieltrieb und Beuteverhal-ten wurden Amy und Uno an ver-schiedene Geruchsstoffe gewöhnt. Sie schnüffelten an Wachteleiern, Schlangenhaut, Arafedern, Meeres-getier und merkten sich die Gerü-che. «Wenn sie Haifischflossen rie-chen, riechen sie auch Seegurke», erläutert Keller. Das Üben geht ständig weiter. Die beiden Zoos der Umgebung liefern immer neue Geruchsproben. Kel-ler kramt aus einem Koffer einen Plastikbeutel hervor, öffnet ihn. Ein Stück Ast: die Höhle eines Zwerg-gleitbeutlers. Keller riecht daran und sagt: «So erweitern wir das Geruchs-bild ständig.»Hunde haben nicht nur eine extrem feine Nase, sondern auch ein ausge-zeichnetes Geruchsgedächtnis. Sie erinnern sich hervorragend an Ge-ruchsmoleküle und Bakterien. Diese dringen mit der Zeit durch Koffer und Rucksäcke, selbst wenn der Trä-ger des Geruchs vakuumverpackt ist. «Bei verpackter oder parfümierter Ware wird der Hund stärker belastet. Er findet es in der Regel aber trotz-dem», sagt Keller. >

    Artensterben auch in der SchweizWeltweit sind Hunderttausen-de von Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. In der Schweiz stehen über 3000 Tiere und Pflanzen auf den sogenannten Roten Listen der bedrohten Arten. 506 einheimische Tiere, Pflanzen, Flechten und Pilze sind unmit-telbar vom Aussterben bedroht. So der Kiesbank-Grashüpfer und die Schweizer Goldschrecke, die Mond-Azurjungfer und die Glänzende Binsenjungfer, 15 Arten Eintagsfliegen, 14 Schne-ckenarten, darunter die Schlanke Windelschnecke, der Schwarze Kielschnegel, die Gemeine Kahn-schnecke und die Niedergedrückte Federkiemenschnecke mit ihrem faszinierenden Gehäuse, das an einen extravaganten Fingerring erinnert. Ohne geeignete Schutz-massnahmen werden diese und viele andere Arten schon bald für immer verschwinden.

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    Foto: animals-digital.de

    Auch Giftschlangen finden finanzkräftige Abnehmer.

    Ein Tukanpaar hat auf dem lokalen Markt einen Wert von 15 000 Franken.

    Auch Produkte aus Krokodilleder tragen zur Bestandesgefährdung der Arten bei.

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    Nur ein Spiel

    Die Hunde zeigen alles an, was un-gewöhnlich ist. Vielleicht entdeckt Amy heute statt eines Krokodils Kokain. Auch das kommt öfters aus Südamerika. Mit Ölfarbe vermischt, auf Leinwand aufgetragen. Oder mit Plastik zu einer Schale gepresst. «Die Schmuggler sind erfinderisch», sagt Keller. «Sonst wäre es ja langweilig.» Doch die Hunde lassen sich nicht übertölpeln. «Schmuggler übertreiben immer», sagt Keller. Einer seiner Drogenspürhunde hat in zwei Koffern 350 Landschild-kröten gefunden. Bei einem anderen «schönen Fall» hat ein Hund fünf Ge-lege der vom Aussterben bedrohten Karettschildkröte erschnüffelt. Im Frankfurter Zoo schlüpften aus drei der Gelege Schildkrötenbabys. Die wurden in die Dominikanische Repu-blik geflogen und dort ausgewildert, berichtet Keller. «Begleitet von einem Tross Journalisten, die nachher wie-der über den CO²-Ausstoss wettern», frotzelt der Eine.Ein Airbus landet. Aus Südamerika. Ein Fall für Amy. Keller lässt das Ge-päck in die Halle bringen. Gut hundert Koffer, Taschen, Schachteln und Ruck-säcke stehen in langen Reihen bereit. Gross geht Amy holen. Die ist ganz «giggerig», zieht zum Gepäck. Gross lässt sie Sitz machen. Dann, endlich: «Los!» Amy wie hyperventilierend: Wo ist das Spielzeug versteckt?In der Schnüffelatmung atmet ein Spürhund mehr als hundert Mal ein, bevor er überhaupt wieder einmal ausatmet. «Das ist körperlich harte Arbeit», sagt Gross. Der zeigt Amy, wo sie schnüffeln soll: an den Nähten. Das Gepäck steht so, dass die Schäfer-hündin von allen Seiten dran kommt. Vielleicht drei Sekunden schnüffelt Amy an einem Gepäckstück, dann ist das nächste dran, das nächste, das nächste und schon ist die erste Reihe abgecheckt. Sie schafft in zehn Minu-ten so viele Koffer, wie ein Detektor nicht in zehn Stunden schafft.

    An einem silberfarbenen Koffer, einem der letzten, kratzt Amy wie wild mit den Pfoten. Um Amy bei Laune zu hal-ten, hat Keller einen Koffer mit einem Geruchsmuster aus dem Zoo in die Reihe gestellt. Darin die Höhle eines Tanreks, eines Klassikers, wie Keller sagt. Amy hat sie sofort gerochen. Und dies durch aktives Ver-halten angezeigt, so wie sie es gelernt hat. Zur Beloh-nung bekommt sie nun ihr Spielzeug und Gross tollt mit ihr eine Runde herum. Nur darum geht es Amy.

    www.aufrad.ch

    Fotos: Andreas Krebs

    Nichts ist so effizient wie die Hundenase: In zehn Minuten beschnüffelt Amy über 300 Koffer. Riecht sie etwas Verdächtiges, zeigt sie es aktiv an und kratzt am Gepäck.

    Viel Zeit verbringt Amy wartend im Auto.

    Darum geht es Amy bei der Arbeit – ums Spielen.

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    Artenschutzhunde

    Interview: «Vorsicht beim Souvenir-Kauf»

    Doris Calegari, Artenschutzexpertin vom WWF Schweiz, sagt, wieso der Artenschutz so wichtig ist und was Touristen beim Souvenir-Kauf beachten müssen.

    Frau Calegari, wieso hat der internationale Arten-schutz einen so hohen Stellenwert?Indem wir zum Beispiel den Tiger in Asien schützen, schützen wir vor Ort nicht nur diese Tierart, sondern das ganze Ökosystem Wald. Über den Schutz von einzel-nen Arten können wir also ganze Lebensräume schüt-zen und in ihrer Naturvielfalt fördern. Oft stehen grosse Tiere wie der Tiger am Ende der Nahrungskette und sind damit auch eine Art Gradmesser für das Funktionieren eines Lebensraumes.

    Wie schützt der WWF Schweiz die internationale Artenvielfalt?Der WWF Schweiz ist mit seinen Artenschutz-Projekten global tätig. Wir errichten zum Beispiel ein Meeres-schutzgebiet vor der Küste Ostafrikas. Wir setzen uns für strengere Vorschriften bei der Fischerei ein und geben den Konsumenten Tipps für den Kauf von Fischen, die nachhaltig gefangen wurden. Wir realisieren in Tansania einen Vernetzungskorridor, damit dort die Wanderkorri-dore von 60’000 Elefanten erhalten bleiben.

    Wieso sind in der Schweiz noch keine Arten-schutzspürhunde im Einsatz?Diese Frage muss Ihnen die Oberzolldirektion beant-worten.

    Können solche Hunde etwas zum Artenschutz beitragen?Wir denken, dass die Spürhunde sinnvoll sind. Die ersten Erfahrungen in Frankfurt, dem grössten deutschen Flughafen, sind durchwegs positiv. Wichtig für die Zukunft ist, dass die Hunde an verschiedenen Flughäfen zum Einsatz kommen. Denn wenn sie nur punktuell eingesetzt werden, weichen die Schmuggler einfach auf andere Flughäfen aus. Überdies kön-nen die Hunde nur Teil einer ganzen Kette von Massnahmen gegen den Souvenir-Schmuggel sein.

    Welchen Schaden richten Tou-risten an, indem sie, wissentlich oder unwissentlich, illegale Sou-venirs kaufen?Sie unterstützen ganz direkt die Wil-derei, weil sie überhaupt erst für den Absatz von illegalen Produkten aus Schildkrötenpanzern, Elfenbein und Tierfellen sorgen. Der Handel mit sol-chen Produkten ist ein grosses Prob-lem. Er hat viele Arten an den Rand des Aussterbens gebracht.

    Mit welchen Strafen muss ein Tourist rechnen, der illegale Sou-venirs mit nach Hause bringt?Die Strafen sind drastisch. Wer illegal Produkte aus geschützten Arten in die Schweiz einführt, kann mit bis zu 100’000 Franken gebüsst werden.

    Was raten Sie Touristen?Sie sollten im Zweifelsfall auf den Kauf von Souvenirs aus Tier- und Pflanzen-produkten verzichten. Es gibt viele sinnvolle Alternativen: Flechtarbeiten wie Hüte, Körbe und Tischsets, Stof-fe aus Wildseide oder Pflanzenfasern, Gewürze, Olivenöl, Töpferwaren oder Schmuck aus Glas und Steinen.

    Mehr Infos dazu gibt es im handli-chen Souvenir-Ratgeber, der unter www.wwf.ch/souvenir bestellt werden kann.

    Codex Alimentarius Auf der einen Seite gehen Staaten gegen Artenschmuggler vor. Ande-rerseits fördern sie mit abstrusen Gesetzen das Artensterben. So wurden in der Schweiz in den letz-ten Jahren mehrere Kartoffelsorten aus dem Handel genommen. Über kurz oder lang bedeutet das das Aussterben der betroffenen Sorten. In Deutschland und vielen anderen Ländern wurden bereits auch To-matensorten und anderes Gemüse sowie Kräuter verboten. Hintergrund der Verordnungen ist der sogenannte Codex Alimenta-rius. Auf der Website des Bundes heisst es dazu: «Der Codex Alimentarius ist eine Sammlung internationaler Lebens-mittelstandards, die alle allgemeinen und spezifischen Normen umfasst, die durch die Kommission des Codex Alimentarius angenommen wurden und auf nationalem und internationalem Niveau angewendet werden können. (…) Das Programm hat zum Ziel, Sicherheitsnormen für Nahrungsmittel auszuarbeiten, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen und gerechte Praktiken im Handel mit Lebensmitteln zu garantieren.»So die offizielle Lesart. Ist in Wahrheit das Gegenteil der Fall? Kritische Zeitgenossen sehen im Codex Alimentarius die Gefahr einer «globalen Nahrungsmittel-Diktatur» – ganz im Sinne des ehemaligen US-Aussenministers Henry Kissin-ger, der im Jahr 1973 sagte: «Wer die Nahrungsmittel kontrolliert, kontrolliert die Menschen.» Tatsäch-lich definiert der Codex Standards für sämtliche Nahrungsmittel für Mensch und Tier. Werden nun Pflan-zen – natürliche, gesunde Lebens-mittel – verboten, dürfte das vor allem im Interesse der Nahrungs-mittelindustrie sein. Insbesondere da diese stark mit der Pharmain-dustrie verbandelt ist, ist die weitere Entwicklung kritisch zu beobachten. Denn der gesunde Mensch braucht gesunde Lebensmittel.

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