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Wenn Kinder da sind:
Stalking bei Sorgerechtsstreitigkeiten1
Hans-Georg W. VoßAFPG/Arbeitsstelle für Forensische Psychologie und
Gerichtsgutachten
(Groß-Gerau)
http://www.stalkingforschung.de
Die Folien können auf
angesehen werden
______________________________________1 Vortrag Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie (DGPPN), Berlin 24.11.2010
Der § 238 StGB (Nachstellung) im WortlautWer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich1. seine räumliche Nähe aufsucht,2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder
sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
• (2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
• (3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahe stehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
• (4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
Nachstellung (Stalking): Tatverdächtige 2009(Quelle: Statistisches Bundesamt)
23247
18691
4556
22780
541
9
0 5000 10000 15000 20000 25000
Gesamt Tatverdächtige
männlich (80,4%)
weiblich(19,6%)
§ 238 StGB (1)
§ 238 StGB (2)
§ 238 StGB (3)
Nachstellung (Stalking): Opfer 2009
30763
6265
24498
65
385
1218
0 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000
Opfer gesamt
männlich (20,4%)
weiblich (79,6%)
Kinder unter 6 (0,2%)
Kinder 6 bis unter 14 (1,2%)
Jugendliche 14-18 (4 %)
DefinitionDefinition
• „Das willentliche, wiederholte Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische/ psychische Unversehrtheit und Sicherheit dadurch bedroht wird“
(Voß, Hoffmann & Wondrak, 2006)
1. Studie: Zur Struktur von Häuslicher
Gewalt und Stalking1
900 über Internet befragte weibliche Opfer, davon 473 auswertbar (52,5 %)
Altersdurchschnitt 38 Jahre
Ex-Partner: 95,8% Männer im Mittel 42 Jahre
Zeitintervall seit Trennung im Mittel: 36 Monate
Instrument: Fragebogen zu Häuslicher Gewalt und Stalking , 526 Fragen
-----------------------------------------------------------------1 gefördert vom Weißen Ring e. V.
Studie 1: Vorhandensein von Kindern und Effekte auf Gewalt nach der Trennung, Häusliche Gewalt und
Stalking (Einfaktorielle Varianzanalysen)
Physische Gewalt nach Trennung erhöht, wenn gemeinsame Kinder mit dem Ex-Partner vorhanden sind
Signifikante Effekte für alle Faktoren der Häuslichen Gewalt1
sowie für Stalking „Inhalt der Kommunikation“ 2, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind
schwächere Effekte, wenn auch Kinder aus einer früheren Beziehung vorhanden sind
keine Effekte, wenn nur Kinder aus einer früheren Beziehung vorhanden sind
---------------------------------------------------------------------------------------------
1 physische, psychische, sexuelle Gewalt und Gewalt gegenüber Dritten
2 unerwünschte Liebesbekundungen, Beschimpfungen, Drohungen
2. Studie: Internetbefragung zu Stalking bei Ex-Partnern mit Kindern
200 beantwortete Fragebögen (75 Fragen)
176 Frauen, Mittelwert Alter 38,2 J.
24 Männer, Mittelwert Alter 40,2 J.
94,7% deutsche
Hauptschule 10,7%
Realschule/mittlere Reife 46,7%
Abitur 14,7%
Universität/Fachhochschule Abschluss 25,3%
Angestellte 45,3%
Kinder
gemeinsames Kind mit Expartner: 66%
eigenes leibliches Kind: 22%
leibliches Kind des Expartners: 12%
Gewalt nach der Trennung
0
0,5
1
1,5
2
2,5
darangehindert das
Haus zuverlassen
zu sexuellenHandlungengezwungen
Schläge Tritte Würgen gestoßenoder Haare
gezogen
Familie oderFreunden
Gewaltangetan
Keine Kinder vorhanden (Studie 1)
Kinder vorhanden (Studie 1)
Kinder vorhanden (Studie 2)
Dauer des aktuellen Stalkings und elterlicher Status
(1) bis
1 M
(2) 1bis
<6
(3) 6 bis
<1
(4) 1 bis
2
(5) 3 bis
5
(6) > 5 Ja
hr
Stalking Dauer
0
5
10
15
20
25A
nzah
l Fäl
le
leibl.Kind d. Verfolgersleibl. Kind d. verfolgten P.gemeinsames Kind
Zur Rolle von Kindern im Nachtrennungs-Stalking allgemein
(1) Instrumentalisierung
(2) Opferstatus und Chronifizierung
(3) „Mitläufer“ im Sorgerechtsstreit
(4) Kind wird herausgehalten
(5) Pufferfunktion
Instrumentalisierung beginnt häufig mit ersten geäußerten
Trennungswünschen
- nachdem eine Trennung von mir angekündigt wurde: 25%,
- direkt im Anschluss an die Trennung: 47%
- nachdem ich einen neuen Partner hatte: 9%
Anlässe sind die Übergabe- und Abholsituationen im Rahmen der Umgangsregelung
- „es kam zu Auseinandersetzungen?“:
häufig: 34%, fast jedes mal: 51%
Das Kind als Opfer
• Stalking unabhängig von Sorgerechtsentscheidung
- nach Sorgerechtsentscheidung:
es wurde schlimmer: 28%
Intensität hat sich nicht geändert: 50%
• auch vor der Trennung kam es zu Übergriffen (Häusliche Gewalt)
Das Kind als Opfer
Das Kind als Opfer
•
Das Kind als Opfer
Stalking als Ausdruck des Sorgerechtsstreits
• Stalking lässt nach oder hört auf, wenn sich derjenige Partner, bei dem das Kind nicht lebt, mit der familiengerichtlichen Entscheidung abgefunden hat oder diese akzeptieren kann: 19%
• weitere protektive Faktoren:
- neue Partnerin 25%
- eigene leibliche Kinder des Expartners 12%
- häufige Umgangskontakte (jede 2.Woche 24%)
Kind ist nicht direkt betroffen• unwahrscheinlich aus systemischer Sicht
• Ergebnisse wie zuvor
• 10% sagen: das Verhältnis Expartner/Kind war warm/innig,
12,5%, es war freundschaftlich/gut nach der Trennung
• weitere Möglichkeit zu Rolle des Kindes:
„Pufferfunktion“ im Parteienstreit und dämpfende Wirkung auf Ex-Partner-Stalking
- empirisch widerlegt (s.o.)
gibt es protektive Faktoren? Falls ein Näherungs- und Kontaktverbot bestand, hat Ihr
Expartner sich an dieses Verbot gehalten?
• Nein 92,9%
• Ja 7,1%
Bindungstyp Täter
sicher25%
ängstlich13%
besitzergreifend44%
zurückw eisend18%
Welche der folgenden Veränderungen haben zu einer Minderung oder Beendigung des Stalkings geführt?
als...• ... mein Ex-Partner umgezogen ist 8,3% • ... mein Ex-Partner Hilfe erhalten hat (z.B. in
psychotherapeutischer Behandlung war) 8,3%
• ... mein Ex-Partner eine neue Partnerin hatte 25,0%
• ... sich der Lebensmittelpunkt meines Ex-Partners änderte (z.B. durch eine neue Arbeitsstelle, etc.) 8,3%