Wer arbeitslos wird und nicht ausreichend konsumiert- ist überflüssig

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  • 7/28/2019 Wer arbeitslos wird und nicht ausreichend konsumiert- ist berflssig.

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    Wer arbeitslos wird und nicht ausreichend konsumiert, istberflssig.

    Mensc hen, die zu Abfall werden

    Nur der Konsument ist wertvoll - Thesen vom Soziologen Zygmunt Bauman

    Wenn Produkte hergestellt werden, entsteht Abfall, und wenn die Produkte nicht mehrgebraucht werden, entsteht noch mehr Abfall. Doch was passiert in dieser Gesellschaftmit den Menschen? Mit dieser Frage beschftigt sich der polnisch-britische SoziologeZygmunt Bauman. Seine These: Die Moderne produziert berflssige Menschen. Diesewerden zu Abfall. Sie sind Verlierer des radikal-konomischen Fortschritts.

    "konomischer Fortschritt bedeutet letztlich die Fhigkeit, Dinge, die man frherhergestellt hat, nun mit weniger finanziellem Aufwand und weniger Arbeitskraftherzustellen. So steigt unsere Effektivitt. Sobald man das tut, werden Menschenarbeitslos. Denn sie verharren in Ttigkeiten, die weniger effektiv und weniger profitabelsind. Sie knnen ihren Lebensunterhalt nicht mehr auf ihre traditionelle Art verdienen.Auf diese Weise produzieren wir berflssige Menschen, menschlichen Abfall", sagtBauman.

    Arbeitslos, berflssig, ausgegrenztWenn heute eine Firma Arbeitspltze streicht, steigen ihre Aktien. Unsere konomie isteine konomie der berproduktion und des Abfalls, so Bauman. Das bertrgt sich auf die Gesellschaft und ein Teil ihrer Mitglieder wird berflssig. Verschrft hat sich diese

    Ausgrenzung mit dem bergang von einer Gesellschaft der Produzenten auf eineGesellschaft der Konsumenten.

    "In einer Gesellschaft der Produzenten gibt es arbeitslose Menschen. Aber dieseArbeitslosen sind die industrielle Reservearmee. Wenn die Wirtschaft wieder floriert,wenn die Depression vorbei ist, kehren sie sofort wieder an ihre Werkbank zurck", sagtder Soziologe. "Damit das funktioniert, muss man diese Menschen in relativ guterVerfassung halten, man muss sie gut ausbilden, pflegen, behten und gesund erhalten.Sonst knnen sie nicht als industrielle Reservearmee dienen."

    Konsum als Mitgliedsbeitrag zur GesellschaftIn der Gesellschaft der Konsumenten, sind Menschen nur so lange wertvoll, wie siekonsumieren knnen. Der Konsum ist quasi ihr Mitgliedsbeitrag. Der Konsument wirdselbst zum Konsumierten, er wird zu einer Ware, die benutzt wird von der Industrie und

    http://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpghttp://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpghttp://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpghttp://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpghttp://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpghttp://www.3sat.de/imperia/md/images/scobel3/2012/02_februar/fussgaengerzone_n.jpg
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    der Abfallgesellschaft. Ist der Nutzen einer Ware nicht mehr vorhanden, wird sieweggeworfen.

    "Ein disqualifizierter Konsument hat einen ganz anderen sozialen Status als dieindustrielle Reservearmee. Ein disqualifizierter Konsument ist vllig nutzlos", so Baumann

    weiter. "Ein hoffnungsloser Fall fr die Gesellschaft. Wenn man absolut zynisch ist, wrdeman sagen, unserer Gesellschaft ginge es viel besser, wenn diese armen Menschen, diekeine richtigen Konsumenten sein knnen, einfach verschwinden wrden."

    Ende des WohlfahrtsstaatesSo erklrt es sich, warum der Staat sich immer weniger um seine Arbeitslosen kmmert.Er wei, dass diese Menschen nicht mehr gebraucht werden. Sie liegen dem Steuerzahlernur auf der Tasche. Was einmal politischer Konsens war, der Wohlfahrtsstaat, der dieSchwachen untersttzt und frdert, ist pass. Statt eines solidarisch handelndenProletariats haben wir ein in permanenter Unsicherheit lebendes Prekariat.

    "Die Krzung von Sozialausgaben ist heute die Zielsetzung sowohl rechter als auch linkerPolitik. Egal welche Partei an die Macht kommt, alle verfolgen das gleiche Ziel: DasKrzen, Beschrnken, Eingrenzen, Verringern von Sozialausgaben, einfach weil sie, wie esheit, konomisch keinen Sinn machen", so Zygmunt Bauman.

    Profitmaximierung statt SicherheitenKann der Mensch jemals aus dieser Spirale der Profitmaximierung herauskommen? DerSoziologe ist pessimistisch. Am Anfang der Moderne stand die Hoffnung, der technischeFortschritt wrde seinen Abschluss in einer besseren Welt finden. Heute wissen wir: DerMensch ist nie zufrieden, die Modernisierung ist kein Ziel, sondern eine permanenteLebensform.

    "Wenn Sie modern sind, bedeutet das, dass Sie zwanghaft, besessen und suchthaft allesum sich herum modernisieren. Wenn Sie mit der Modernisierung aufhren, hren Sie auf modern zu sein. Denn die moderne Lebensauffassung ist eben das zwanghaft besesseneModernisieren. Von modernem Leben ohne Modernisierung zu sprechen, wre so dumm,wie von einem Wind zu sprechen, der nicht weht oder einem Fluss, der nicht fliet.Natrlich ist ein Fluss, der nicht fliet, kein Fluss, sondern ein See." Und so bleibt demmodernen Menschen nur eine Gewissheit, nmlich die, dass es keine Gewissheit undkeine Sicherheit mehr gibt, auer der, dass wir konsumieren mssen.