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für ALLE Dossier Werkverträge 2013 IG Metall Nordrhein-Westfalen Bezirk Nordrhein-Westfalen

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Dossier

Werkverträge 2013

IG Metall Nordrhein-Westfalen

Bezirk

Nordrhein-Westfalen

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DossierWerkverträge 2013

IG Metall Nordrhein-Westfalen

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ImpressumHerausgeber: IG Metall NRW

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Knut Giesler, Bezirksleiter

Projektleitung: Christian Iwanowski

Text, Redaktion, Gestaltung: Manfred Horn

Druck: apm AG, Darmstadt

2013

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Einleitung:Arbeit sicher und fair – für alle!

Die Leiharbeit wird immer besser reguliert, Beschäftigte er-halten dort durch die von der IG Metall erkämpften Bran-chenzuschläge höhere Entgelte. Diese Entwicklung ist neu,die entsprechenden Tarifverträge wurden erst vor wenigenJahren oder gar Monaten geschlossen. Seit 2012 greifen Ar-beitgeber nun verstärkt das Konstrukt der Werkverträge auf.Dies zeigen die Erfahrungen der Betriebsräte.

Mit den in den ersten Monaten des Jahres 2013 erhobe-nen Beispielen von Unternehmen in Nordrhein-Westfalenveranschaulicht dieses Dossier der IG Metall Nordrhein-Westfalen diesen Trend.

Die Beispiele zeigen eine Entwicklung, die sogar von Sei-ten der Arbeitgeber bestätigt wird. Martin Kannegiesser,Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, stelltebereits im Juni 2012 fest: »Die Zeitarbeit wird deutlich teu-rer. Einige werden versuchen, dem über Werkverträge ausdem Weg zu gehen«.

Dabei sind Werkverträge ein seit langem übliches Instru-ment. Es regelt das Ergebnis und die Bezahlung eines Wer-kes zwischen einem Auftraggeber, dem Besteller, und einemAuftragnehmer, dem Hersteller oder Anbieter von Produk-ten oder Dienstleistungen. Bezahlt wird nur die erbrachteLeistung, das Ergebnis. Das Risiko liegt bei der Fremdfirma,die das Werk erbringt, dem Auftragnehmer. Das Werk, dieWare, kann dabei auch immateriell sein, also eine Dienst-leistung. Letzlich zählt beispielsweise: Sind die Autositze so,dass sie eingebaut werden können? Die Zahl der Arbeits-stunden, die nötig waren, um die Sitze herzustellen, interes-siert den Besteller nicht, er zahlt nur für die fertigen undbrauchbaren Stücke. In den Branchen, für die die IG Metallals Gewerkschaft zuständig ist, werden inzwischen viele

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»Einige werdenversuchen, demüber Werkverträgeaus dem Weg zugehen«.

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Tätigkeiten an Fremdfirmen ausgelagert. In den 1990erJahren begann es, dass Unternehmen verstärkt Bereichefremdvergaben, die nicht im engeren Sinn zur Produktiongehören: Reinigungsdienst, Küche, Sicherheitsdienst, späterauch der interne Transport. Seit kurzem werden immer häu-figer auch Aufgaben direkt aus dem Produktionsprozessoder betriebsnahe Dienstleistungen ausgelagert.

Die Fremdfirma führt den Auftrag mit eigenem Personaldurch oder beauftragt ihrerseits Subunternehmer damit,den Auftrag durchzuführen. Vermehrt kommt es vor, dassdas Werkvertragsunternehmen Leiharbeit einkauft, und seies aus einem anderen Zweig des eigenen Unternehmens.

Werkverträgler stehen sogar häufig schlechter da als Leih-arbeiter. Weniger Geld und längere Arbeitszeiten sind dabeizentrale Aspekte. Hinzu kommt, dass der Zugang zu betrieb-lichen Sozialleistungen und -einrichtungen fehlt und dieMitbestimmung vor Ort schwierig ist, weil der Betriebsrat ei-gentlich gar nicht zuständig ist, vielmehr der des Werkver-tragsunternehmens. Da sitzt der Betriebsrat aber meistensweit weg, sofern überhaupt einer existiert. Unter dem Strichsind die Arbeitsbedingungen schlecht, das Arbeitsplatzri-siko ist hoch. Deswegen ist es auch berechtigt zu sagen,dass Beschäftigte mit Werkverträgen Beschäftigte dritterKlasse sind, ihre Kolleginnen und Kollegen in der LeiharbeitBeschäftigte zweiter Klasse.

Für die Unternehmen, die sich Werkverträglern bedienen,gibt es nur ein Ziel: Die Kosten noch tiefer zu drücken.Immer größere Teile der Wertschöpfungskette werden aus-gelagert. Stammbelegschaften werden reduziert, prekäreBeschäftigung wird in all ihren entrechteten Formen ausge-weitet. »Werkverträge werden als Kostenhebel genutzt. DieUnternehmen entziehen sich der Verantwortung für dieMenschen in diesem Teil der Produktion«, stellt Knut Giesler,Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen, heraus. Wasdie Unternehmen ausblenden, die sich verstärkt Werkverträ-

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Unterm Strich sinddie Arbeitsbedin-gungen schlecht,

das Arbeitsplatzri-siko ist hoch. Des-wegen ist es auch

berechtigt zusagen, dass

Beschäftigte mitWerkverträgen

Beschäftigte dritterKlasse sind.

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»Tarifdumpingdurch Werkver-träge, Outsourcingund Leiharbeit undweitere neueFormen prekärerBeschäftigungmuss endlich einEnde haben«.

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gen bedienen: Durch die Auslagerung auf eine Fremdfirmawandert Wissen ab oder wird im eigenen Unternehmen erstgar nicht aufgebaut. Das Unternehmen wird in immer mehrBereichen abhängig von Werkvertragsfirmen. Die eigenenMöglichkeiten sinken, innovativ zu sein und Qualität zugewährleisten.

Die IG Metall ist nicht generell gegen flexible Formen derArbeit. Sie müssen aber sinnvoll sein, sie dürfen nicht dazudienen, Stammbelegschaften zu reduzieren und dürfen dieBeschäftigten nicht schlechter stellen. Die IG Metall fordert:»Arbeit: sicher und fair – für Alle«.

»Tarifdumping durch Werkverträge, Outsourcing und Leih-arbeit und weitere neue Formen prekärer Beschäftigungmuss endlich ein Ende haben«, fordert Knut Giesler.

Die Gewerkschaft kämpft an zwei Fronten: Einerseits gehtes darum, flexible Formen der Arbeit wieder auf ein sinnvol-les Maß zurückzuführen, andererseits gilt es, diese Arbeits-formen entlang der gesamten Wertschöpfungskette so mitTarifverträgen zu versehen, dass alle Beschäftigten eingutes Entgelt und sichere Arbeitsplätze haben.

Stammbeschäftigte

Leiharbeit

Leiharbeit

Befristetbeschäftigt

Werkvertrag

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Schnellcheck: Scheinwerkvertrag

Wird eine der folgenden Fragen positiv beantwortet, deu-tet dies darauf hin, dass ein Scheinwerkvertrag vorliegt:

n Gibt der Einsatzbetrieb Anweisungen, wie die Arbeiten ausgeführt werden sollen?

n Arbeiten die Stammarbeiter und die Beschäftigten des Werkvertragsunternehmens vermischt zusammen?

n Beeinflußt der Einsatzbetrieb Zahl, Arbeitszeit oder Qualifikation der Fremdfirmenarbeitnehmer?

n Hat die Fremdfirma kein eigenes Leitungspersonal im Einsatzbetrieb eingesetzt?

n Werden Stundenzettel vom Einsatzbetrieb abgezeichnet oder wird dessen Zeiterfassung benutzt?

n Werden die Arbeiten des Fremdunternehmens nach Stunden abgerechnet?

n Werden Maschinen oder Werkzeuge vom Einsatzbetrieb unentgeltlich gestellt?

2011: Umfrage zu Werkverträgen

Bereits im Herbst 2011 führte die IG Metall in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine Umfrage bei Be-triebsräten durch. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsen-tativ, aber aussagekräftig: n1. In 24 Prozent der Betriebeist die Ausweitung von Werkverträgen ein Konfliktthemazwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. n2. In 31 Pro-zent der Betriebe gibt es Konflikte mit der Geschäftsführungum die Frage, ob die Werkverträge verkappte Leiharbeitsind. n3. In knapp einem Drittel der Betriebe gibt es Kon-flikte um die Auslagerungen von Arbeit, verbunden mitArbeitsplatzabbau. n4. Betriebe, die Werkverträge nutzen,wollen nach Wertung der Betriebsräte zu 52 Prozent damitdie Mitspracherechte der Betriebsräte und zu 34 Prozentdie Betriebsvereinbarungen zur Leiharbeit umgehen.

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Zusammenfassung:Zwischen Ausweitung und Verhinderung –Fallschilderungen aus Nordrhein-Westfalen

Dieses Dossier entstand im Winter 2012/2013 und imFrühjahr 2013. Die IG Metall fragte bei Betriebsräten voneinigen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen nach, obdort zunehmend Werkverträge eingesetzt werden. Das Ergebnis: Die Zahl der Werkverträge steigt, teilweise ver-drängen sie die Leiharbeit aus den Unternehmen.

Mit Werkverträgen werden Menschen zu Beschäftigtendritter Klasse. An zwei identischen Bändern beim Elektro-nik-Hersteller Flextronics stehen sich Stammbeschäftigteund Werkvertragsbeschäftigte gegenüber, haben aber völ-lig andere Arbeitgeber und Arbeitsbedingungen.

Beim Mobilfunk-Anbieter Vodafone arbeiten externe IT-Spezialisten in Teams mit Stammbeschäftigten zusammen.Früher waren sie selbst direkt bei Vodafone beschäftigt.Global agierende Unternehmen wie SKF wenden Werkver-träge längst weltweit an allen Standorten an. Sie habenihre Personalstrategie vereinheitlicht.

Bei Poppe + Potthoff ist es dem Betriebsrat gelungen,über eine Betriebsvereinbarung Werkverträge in der Pro-duktion und Verwaltung auszuschließen. In anderenBetrieben schaut der Betriebsrat inzwischen sehr genauhin, wieviele Werkverträgler im Betrieb sind.

Betriebsräte arbeiten beim Thema Werkverträge unterschwierigen Bedingungen. Gehören sie zu dem Unterneh-men, das die Werkverträge beauftragt, sind sie formal nichtzuständig. Dies ist ein Grund, warum einige Beispiele in die-sem Dossier nur anonymisiert auftauchen. Ein weitererGrund: Manche Betroffene müssen so geschützt werden.

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Die Beispiele zeigen: In Deutschland braucht es neue Re-geln für Werkverträge, die dafür sorgen, dass die Beschäf-tigten fair entlohnt und behandelt werden. Wie unbefriedi-gend die Situation aktuell ist, macht Winfried Lindahldeutlich, der in Gütersloh als Personaldienstleister aufdem Markt ist: »Beim Werkvertrag können wir keine aus-kömmlichen Löhne zahlen«. Er hat seine Konsequenzengezogen und bietet keine Werkverträge an.

Übersicht:Fallbeispiele

n 1 / Flextronics: »Wer in die Halle geht erkennt nicht, wer zu wem gehört«

n 2 / Vodafone: Sehen, wer da kommt

n 3 / SKF: Arbeitsplätze auslagern als Geschäftsstrategie

n 4 / Global Player handeln beim Personal überall nach dem gleichen Schema

n 5 / Poppe + Potthoff: Beschäftigung gesichert, Werkverträge in der Produktion und Verwaltung ausgeschlossen

n 6 / Hydraulik-Unternehmen: Gleiche Arbeit – weniger Geld

n 7 / Anlagenbauer: Fast genauso viele prekär Beschäftigte wie Stammmitarbeiter

n 8 / Automobilzulieferer: Gleiche Arbeit, unterschiedliche Arbeitgeber

n 9 / Lindahl: »Kann ich nicht, will ich nicht«

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1 / Flextronics:»Wer in die Halle geht erkennt nicht, wer zu wem gehört«

Flextronics, ein großes, weltweit operierendes Unterneh-men, das vor allem Elektronik-Teile herstellt, macht gutenGewinn. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es rund 500Millionen US-Dollar. Rund 160.000 Beschäftigte arbeitenglobal für den Konzern, der im Hintergrund bleibt undTeile für namhafte Elektronik-Konzerne herstellt.

Am Standort Deutschland jedoch ist die Bilanz durch-wachsen. Das Management will mehr Gewinn und hat2012 Auflagen erteilt: So soll der Standort Paderborn proQuartal eine Million Dollar an Personalkosten sparen.

Bis Ende 2012 wurden bereits 47 Aufhebungsverträgegeschlossen, mehrere Arbeitsverträge in Teilzeit umge-wandelt und mit einigen Beschäftigten Altersteilzeit ver-einbart. Auch 2013 gibt es Aufhebungsverträge. Betriebs-bedingte Kündigungen kann die Geschäftsführung nichtaussprechen, weil ein Ergänzungstarifvertrag die Beschäf-tigten davor schützt.

Seit Anfang Oktober 2012 läuft zudem Kurzarbeit indem Werk, zunächst sind bis Ende September 2013 jeweilsvier Tage pro Monat geplant. Betroffen sind rund zwei Drit-tel der Beschäftigten, ausgenommen sind Teilzeitbeschäf-tigte und die Beschäftigten in der Kundenakquise.

Leiharbeiter werden per Werkvertrag bei Fremdfirma eingesetzt

470 Beschäftigte zählt der Standort Paderborn, hinzukommen rund 100 Leiharbeitnehmer. Deren Zahl begrenzteine Betriebsvereinbarung. Auch Werkvertragsfirmen sindam Standort vertreten. Als ein solcher Dienstleister tritt

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das Logistik-Unternehmen Massong auf. Seit Mai 2012 istes im Flextronics-Werk dabei. Seine Beschäftigten entleihtsich Massong wiederum bei dem PersonaldienstleisterZeitplan.

Zwei Bänder in U-Form stehen im Logistik-Zentrum desFlextronics-Gebäudes in Paderborn. An dem einen U sitzenFlextronics-Beschäftigte, an dem anderen Mitarbeiter vonMassong. Sie verpacken Geldautomaten im Auftrag desbenachbarten Geldautomaten-Herstellers Wincor Nixdorf.Sie machen die großen Geräte transportfest, zum Teilmontieren sie auch noch Zargen an die Automaten.

Wer in die Halle geht erkennt nicht, wer zu wem gehört.Alle tragen die gleichen blauen Arbeitsklamotten miteinem Flextronics-Schriftzug. Wer nachfragt erfährt, dassan dem einen U rund 15 Massong-Beschäftigte sitzen. Diehaben einen eigenen Vorgesetzten, der ein eigenes kleinesBüro in der Halle hat.

Massong ist als Fuhrunternehmen nicht an den Tarifver-trag der IG Metall gebunden. So gelten für die Beschäftig-ten, die Massong sich von dem Personaldienstleister Zeit-plan ausleiht, auch nicht die Branchenzuschläge, die dieIG Metall für die Leiharbeitnehmer der Metall- und Elek-troindustrie ausgehandelt hat. Die von Massong einge-setzten Leiharbeiter erhalten knapp 8 Euro in der Stunde,deutlich weniger als die bei Flextronics beschäftigten Leih-arbeitnehmer, die mindestens 10 Euro bekommen.

Zwei Bänder stehenim Logistik-Zen-

trum. An demeinen sitzen Flex-tronics-Beschäf-

tigte, an dem ande-ren Mitarbeiter desLogistik-Unterneh-mens Massong. Siemachen die gleiche

Arbeit.

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2 / Vodafone:Sehen, wer da kommt

Bei Vodafone in Ratingen-Lintorf arbeiten rund 800 Men-schen, davon circa 460 interne Mitarbeitende. Der Stand-ort beherbergt das Vodafone-Rechenzentrum für ganzNordeuropa. Dort laufen die Daten zusammen, werden dieServer des Telekommunikationsanbieters betreut. Läuftein Speicher über, wird er neu aufgesetzt, Mitarbeiter zie-hen Sicherungskopien. Der Betrieb ist ein einziges DataCenter, oder wie es in noch schönerem Neudeutsch heißt:eine Serverfarm. Das Farm-Personal jedoch speist sich ausverschiedenen Quellen: Zu der eigentlichen Vodafone-Stammbelegschaft kommen rund 230 externe Beschäf-tigte, von denen circa 150 täglich zur Arbeit am Standorteinlaufen.

Umfassendes Informationsrecht für den Betriebsrat

Der Betriebsrat ist genau im Bilde, was die Zahl der Werk-verträgler am Standort angeht. Seit September 2011 er-hält er monatlich eine Liste, auf der die Kräfte stehen, dieauf dem Gelände des Telekommunikationsunternehmensin Ratingen arbeiten, aber nicht bei Vodafone beschäftigtsind. So ist es in einer Regelabsprache zwischen der Inte-ressenvertretung und der Geschäftsführung festgelegt.Eine Regelabsprache ist praktisch die kleine Schwester derBetriebsvereinbarung. Darum musste der Betriebsrat mitjuristischem Beistand kämpfen, weigerte sich die Ge-schäftsführung doch zunächst, eine solche Liste zusam-menzustellen. Dabei regelt Paragraf 80, Ziffer 1 und 2 desBetriebsverfassungsgesetzes ein umfassendes Informati-onsrecht, nach dem der Betriebsrat vom Arbeitgeber über

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Der Betriebsraterhält monatlicheine Liste, auf deralle externen Mit-arbeiter verzeich-net sind. Um diesemusste er jedochzunächst kämpfen,obwohl er einRecht darauf hat.

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die Beschäftigung von Personen zu unterrichten ist, dienicht in einem direkten Arbeitsverhältnis zum Betrieb ste-hen. Dies beinhaltet auch den Einblick in die Verträge mitden Fremdfirmen.

Eine solche Liste zu erstellen, ist für den Arbeitgeberleicht: Alle externen Beschäftigten müssen auf das Voda-fone-Gelände, also brauchen sie Zugangsberechtigungenfür die Sicherheitsschleusen. Aus der Liste gehen nicht nurdie Namen hervor, sondern auch, von welcher Firma der Ex-terne kommt, in welchem Bereich er oder sie eingesetztwird, wer die Person betreut, welche Aufgaben sie wahr-nimmt und wie lange die Zugangsberechtigung erteiltwurde. Der Betriebsrat hat mit der Liste im Blick, wie sichdie Zahl der Werkverträgler entwickelt und wo sie einge-setzt werden.

Personalkosten werden durch Werkverträge in der Bilanz verschleiert

Auch ohne die Liste ist offensichtlich: Es gibt bei Vodafoneseit vielen Jahren externe Unternehmen, die eigene Ge-werke, eigene Dienstleistungen erbringen. Dazu zählenetwa der Küchen- und Kantinenbereich wie auch das Rei-nigungs- und das Sicherheitspersonal. Doch die Listen be-legen: Die Geschäftsführung weitet die Werkverträgeschleichend aus, die Menschen dazu werden im Betriebauch scherzhaft »Capex auf zwei Beinen« genannt. Capexist ein betriebswirtschaftlicher Begriff, der Anlagegüterbezeichnet, zu denen auch Rechnersysteme gehören.Indem Vodafone wie viele andere Unternehmen auch,durch Werkverträge Menschen und Rechner im Paket ein-kauft, werden Personalkosten in der Bilanz verschleiert.

Als das Management Anfang 2011 Aufgaben nach In-dien verlagert, sind Arbeitsplätze am Standort gefährdet.Der Betriebsrat und die IG Metall schalten sich ein und

Betriebsrat kannnachweisen, dass

Personal aus Werk-vertragsfirmen mit

unzutreffendenAufgabenbeschrei-bungen eingesetzt

wird.

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können in konkreten Fällen belegen, dass Personal derWerkvertragsfirmen mit unzutreffenden Aufgabenbeschrei-bungen eingesetzt wird. So arbeiten im Data-Centerexterne Beschäftigte eines Software-Unternehmens, vor-geblich mit dem Auftrag, neue Server ans Laufen zu brin-gen. Praktisch arbeiteten sie jedoch ganz normal im Tages-geschäft. Das heißt, sie spielen, wie alle anderen Voda-fone-Beschäftigten auch, Software auf, richtenApplikationen ein, warten die bereits laufenden Server.Dem Betriebsrat gelingt es bei acht Beschäftigten dieseam Standort Ratingen zu halten, indem er das Manage-ment darauf hinweist, dass reguläre Arbeitsplätze von Ex-ternen besetzt werden. Letztlich scheiden dann acht wei-tere Beschäftigte aus, entsprechend des Sozialplans erhal-ten sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindung. Zurschrägen und verkehrten Arbeitswelt gehört, dass einigevon ihnen wenig später als Externe wieder auftauchen.

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Der Betriebsratkonnte belegen,dass Personal derWerkvertragsfir-men mit unzutref-fenden Aufgaben-beschreibungeneingesetzt wird. Sogelingt es, Stamm-beschäftigte zuhalten.

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3 / SKF:Arbeitsplätze auslagern als Geschäftsstrategie

Als der Absatz in der Automobilzuliefererbranche 2009einbrach traf dies auch SKF Sealing Solutions. Das Unter-nehmen stellt am Standort im Leverkusener Stadtteil Opla-den Dichtungssysteme für die Automobilindustrie her. An-fang 2010 gab es an dem Leverkusener Standort 355 Be-schäftigte. Die Geschäftsführung wollte drei Abteilungenauslagern. Zudem sollten vier Produktlinien ins Auslandverlagert oder ganz stillgelegt werden. Auslagern hätte imFall von SKF möglicherweise bedeutet, Werkvertragsfirmenin den Standort zu holen, die dann zum Beispiel die ge-samte Logistik abgewickelt hätten. 101 Stamm-Arbeits-plätze wären den Sparplänen zum Opfer gefallen, fast einDrittel der Beschäftigten.

Betriebsrat und IG Metall schalten sich ein, um mög-lichst viele Arbeitsplätze zu retten. Sie wollen verhindern,dass SKF die Logistik auslagert.

Die Belegschaft wird einbezogen, gemeisam werden Vor-schläge erarbeitet, wie die Produktion verbessert und so imBetrieb gehalten werden kann. Mitte April 2010 folgt die Ei-nigung mit der Geschäftsführung. Ein Interessenausgleichund ein Sozialplan werden abgeschlossen, der Restrukturie-rungsplan gilt bis Ende Juni 2013. Maximal 84 der 101 be-drohten Arbeitsplätze können demnach abgebaut werden,die Zahl der zulässigen betriebsbedingten Kündigungenwird auf 34 begrenzt. 47 Beschäftigte scheiden freiwilligaus, insbesondere durch Altersteilzeitverträge.

Von den möglichen betriebsbedingten Kündigungen hatdas Unternehmen noch keinen Gebrauch gemacht, weil inOpladen bislang eine sogenannte Stützproduktion für dasneue Werk in Kalofer in Bulgarien nötig ist.

Von den möglichenbetriebsbedingten

Kündigungen hatdas Unternehmen

noch keinenGebrauch gemacht.

Auch ist es bishergelungen, den Ein-satz von Werkver-

tragsfirmen imLogistikbereich zu

verhindern.

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Jedoch bleibt fraglich, ob alle Kolleginnen und Kollegen inOpladen an Bord bleiben. Der Betriebsrat setzt alle Hebelin Gang, um sie möglichst zu halten. Den Einsatz von Werk-vertragsfirmen im Logistikbereich hat er bisher verhindernkönnen.

Bei den Umstrukturierungen in den vergangenen Jahrenwurde deutlich, dass es durchaus problematisch ist Pro-duktionsteile auszulagern. So wurde das Kesselhaus out-gesourct. Doch die Firma, die nun das Granulat liefert, be-kommt immer noch nicht die richtige Mischung hin.

4 / Global Player handeln beim Personalüberall nach dem gleichen Schema

Kai Beutler, Geschäftsführer der bsb BetriebsräteberatungKöln, beobachtet seit Jahren, dass die Zahl der Werkver-träge zunimmt. Der Diplom-Ingenieur hat dazu einen kla-ren Standpunkt: »Das rasante Wachstum von Werkvertrags-arbeit bedroht die Sozialstandards ganzer Branchen«.Einige seien inzwischen gekippt, so etwa die Schlachtindus-trie.

Reise zu Produktionsstätten in Indien macht Parallelen deutlich

Und er hat beobachtet, dass die Verlagerung auf Werkver-träge bei Unternehmen mit Standorten rund um den Glo-bus eine verbreitete Strategie darstellt. 2010 reiste er ge-meinsam mit Betriebsräten aus Köln und Umgebung nachIndien, um zu sehen, wie dort Unternehmen handeln, dieauch im Kölner Raum produzieren. Bei SKF in Chinwad in

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der Region Pune zeigten sich schnell die Parallelen zur Per-sonalstrategie in Deutschland. Auf 820 Stammbeschäf-tigte des global produzierenden Automobilzulieferes kom-men in Chinwad 625 sogenannte Contract-Worker, also Be-schäftigte, die bei Dritt-Firmen angestellt sind und bei SKFarbeiten. »Den Contract-Workers geht es deutlich schlech-ter«, hat Gisela Birwer, Betriebsratsvorsitzende von SKF imLeverkusener Werk, bei den Gesprächen mit Gewerkschaf-tern im indischen Chinchwad erfahren. Sie verdienen nurein Drittel der Stammbeschäftigten, rund 200 Euro bruttomonatlich. Zudem haben sie keinerlei Beschäftigungs- undRechtssicherheit. »Wenn sie versuchen, einer Gewerkschaftbeizutreten, werden sie in der Regel sofort entlassen«, be-richtet Gisela Birwer. Von den 820 Stammbeschäftigtensind hingegen rund 750 in einer Gewerkschaft.

Dabei sind Werkverträge in Indien eigentlich illegal,wenn die Arbeit eingegliedert ist und die Beschäftigtennicht den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbeschäf-tigten. Die für SKF zuständige Gewerkschaft hat Ende2010 ein Urteil erstritten, nachdem SKF in dem indischenWerk die Bereiche Verpackung, Inspektion und Lager garnicht auslagern darf. Das Urteil hat die dortige Geschäfts-führung offenbar nicht beeindruckt. An der Praxis, dieseJobs von billigen Werkvertragsarbeitskräften erledigen zulassen, hat sich bis heute nichts geändert.

»Die Konzerne nutzen weltweit jede Gelegenheit, um Ta-rife zu umgehen und noch kostengünstiger produzieren zulassen«, sagt Kai Beutler. Multinationale Konzerne habenweltweit ausgerichtete Produktionssysteme. Was inDeutschland verändert wird, passiert auch auf Indienübertragen und andersherum.

In Indien sindWerkverträge unter

bestimmten Um-ständen illegal.Dies scheint die

dortige SKF-Geschäftsführung

wenig zu beein-drucken.

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5 / Poppe + Potthoff Beschäftigung gesichert, Werkverträge inder Produktion und Verwaltung ausgeschlossen

Poppe + Potthoff stellt Präzisionsstahlrohre her und ver-kauft diese vor allem an die Automobilbranche und anMaschinenbauer. Seit Anfang 2013 produziert Poppe +Potthoff Dieseleinspritzleitungen in einer eigens gegrün-deten Gesellschaft in seinem Werk in Ungarn. Günstigerals am Stammsitz in Werther soll es aus Sicht der Ge-schäftsführung werden. Nur noch einige Vorarbeiten desProdukts, das später unter anderem in große Kreuzfahrt-schiffe eingebaut wird, verbleiben in den Fabrikhallen inder Kleinstadt nahe Bielefeld.

Dort hingen 50 Arbeitsplätze an der Fertigung dieserLeitungen, unklar war, was mit den Beschäftigten passiert.Der Betriebsrat des Präzisionsstahlrohr-Herstellers schlugAlarm. Mit der Geschäftsführung konnte nach monatelan-gen Verhandlungen eine Betriebsvereinbarung geschlos-sen werden, die für alle 220 Stammbeschäftigten die Be-schäftigung bis Ende 2015 sichert. Der Betriebsrat konntemit der IG Metall sogar erreichen, dass einige der befristetbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen unbefristet über-nommen wurden.

Werkverträge geregelt – Leiharbeit vom Tisch

Das Unternehmen hat zwar einige Werkverträgler in sei-nen Gebäuden in Werther, unter anderem in der Werkskan-tine. Auch der Datenschutzbeauftragte und die Arbeits-kräfte, die die Außenanlagen pflegen, arbeiten mit einemWerkvertrag. Solche Dienstleistungen auszulagern, kommtinzwischen häufig vor. Was der Betriebsrat jedoch in der

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Mit der Geschäfts-führung konntevereinbart werden,dass für alle 220Stammbeschäftig-ten die Beschäfti-gung bis Ende 2015gesichert ist.

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Betriebsvereinbarung festschreiben konnte: Poppe + Pott-hoff darf keine Werkverträgler in der Produktion und in derVerwaltung beschäftigen. Auch dies gilt zunächst bis Ende2015. »Dieser Punkt war uns sehr wichtig. Es ist weder gutnoch sinnvoll, Arbeiten auf diese Weise aus dem Unterneh-men auszugliedern«, sagt Manfred Steingrube, Betriebs-ratsvorsitzender bei Poppe + Potthoff in Werther.

Das Thema Leiharbeit ist gänzlich vom Tisch. Die Ge-schäftsleitung hat es vor einigen Jahren mal probiert, aberdann wieder aufgegeben. »Für unsere Arbeitsplätze isteine Qualifikation nötig, wir stellen anspruchsvolle Pro-dukte her«, sagt Manfred Steingrube.

Letztlich habe es sich für das Unternehmen betriebswirt-schaftlich nicht gerechnet, denn die Leiharbeitnehmermussten erst in einer längeren Phase angelernt werden,zudem gab es nicht viele, auf die das Anforderungsprofilpasste, berichtet der Betriebsrat. Bei der Leiharbeit gebees inzwischen einen Konsens mit der Geschäftsführung,sagt der Betriebsrat. Der geht inzwischen so weit, dass dasThema im Unterschied zu den Werkverträgen gar nichtmehr in die Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssi-cherung eingeflossen ist.

Der Konsens zumThema Leiharbeit

geht zwischen Ge-schäftsführung undBetriebsrat so weit,dass das Thema imUnterschied zu denWerkverträgen gar

nicht mehr in dieBetriebsvereinba-

rung zur Beschäfti-gungssicherungeingeflossen ist.

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6 / Hydraulik-Unternehmen:Gleiche Arbeit – weniger Geld

Das Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist einKonzern mit weltweit über 50.000 Beschäftigten. InDeutschland stehen mehrere Werke, an den Standorten inNordrhein-Westfalen werden Hydraulikteile produziert. Nurwenige Kilometer auseinander liegen vier Werke des Kon-zerns.

Zudem lässt der Personaldienstleister Randstad an einemweiteren Ort im Auftrag des Hydraulik-Unternehmens Teileverschrauben. Randstad ist einer der Großen der Branchemit über 500 Niederlassungen in Deutschland.

Randstad hat mit dem Hydraulik-Unternehmen einenVertrag geschlossen und sich in der Mitte eines Systemsplatziert, das auf beiden Seiten Profit verspricht. Randstadagiert sowohl als Personaldienstleister und stellt somit dieArbeitskräfte, die in den eigenen Werkshallen Teile schrau-ben. Und Randstad tritt als Werkvertragsunternehmen auf,dessen Absatz durch einen Vertrag mit dem Hydraulikunter-nehmen gesichert ist. Nur noch komplizierte Montagenführt das Hydraulik-Unternehmen mit eigenen Mitarbeiterndurch. Deren Zahl sinkt, Neueinstellungen gibt es nicht.

Die Wirtschaftskrise 2009 hat die Zusammenarbeit mitRandstad entscheidend beschleunigt. Die Krise schlug beidem Hydraulik-Unternehmen voll durch. Die Geschäftsfüh-rung drohte damit, die 75 Beschäftigten in der Montagezu kündigen und diese Aufgaben nach außen zu geben.Der Betriebsrat konnte dies nur verhindern, indem er zu-stimmte, diesen Bereich nahezu vollständig an Randstadauszugliedern. Seitdem übernimmt Randstad rund 80 Pro-zent der Montagearbeiten.

»Im Montagebereich gibt es auch leichte Tätigkeiten.Die haben wir früher als soziale Arbeitsplätze genutzt,

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Randstad hatinzwischen eineHalle, in der derPersonaldienstleis-ter für das Hydrau-likunternehmenarbeiten lässt.Zugleich ist er mitWerkverträglernund Leiharbeiternan den Standortendes Hydraulikun-ternehmens aktiv.

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wenn jemand aus der Produktion einen ruhigeren Arbeits-platz brauchte. So etwas anbieten zu können, daraufwaren wir stolz. Heute fehlt uns das«, berichtet ein Be-triebsrat des Hydraulik-Unternehmens.

Als der Personaldienstleister Randstad 2009 den größ-ten Teil der Montage übernahm, stellte er die Beschäftig-ten ein, die zuvor direkt bei dem Hydraulikunternehmenarbeiteten. Ein Jahr lang war deren Einkommen gesetzlichgeschützt. Seit 2010 arbeiten die neuen Randstad-Be-schäftigten in der Montage für einen Billiglohn. Haupt-sächlich handelt es sich um Frauen, die immer noch diegleiche Arbeit machen, nur für weniger Geld.

Seit dem 1. November 2012 erhalten die weiterenRandstad-Mitarbeiter, die als Leiharbeiter in dem Hydrau-likunternehmen eingesetzt werden, den von der IG Metallausgehandelten Branchenzuschlag für die Leiharbeitneh-mer in der Metall- und Elektroindustrie. Je länger die Be-schäftigungszeit, desto höher der Branchenzuschlag. DieIG Metall hat es damit geschafft, die Einkommens-Scherezwischen den Stammbeschäftigten und den Leiharbeiternin dieser Branche ein gutes Stück zu schließen.

Branchenzuschläge ausgehebelt –durch Leiharbeit über Werkvertrag

Das hilft den Leiharbeitnehmern, die als Beschäftigte vonRandstad in dem Hydraulikunternehmen eingesetzt wer-den. Wer nicht profitiert, dass sind die Randstad-Beschäftig-ten, die mit einem Werkvertrag arbeiten. Für sie gilt keinBranchenzuschlag, das Unternehmen Randstad ist kein Ar-beitgeber der Metall- und Elektrobranche. »Durch die Werk-vertrags-Konstruktion wird den Beschäftigten der Bran-chenzuschlag vorenthalten und ihnen damit ein fairer Lohnvorenthalten. Das ist ungerecht«, sagt Christian Iwanowski,Experte der IG Metall Bezirksleitung NRW, »die Beschäftig-

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Leiharbeitnehmer,die als Beschäftigte

von Randstad indem Hydraulikun-ternehmen einge-

setzt werden,profi-tieren von den von

der IG Metall er-reichten Branchen-zuschlägen. Für dieWerkverträgler gilt

dies nicht.

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ten im Rahmen eines Werkvertrages werden hier zu Be-schäftigten dritter Klasse, noch hinter den Leiharbeitern«.

Der Betriebsrat des Hydraulik-Unternehmens ist be-müht, die Arbeitsbedingungen der prekär Beschäftigtenzu verbessern. Der Randstad-Betriebsrat ist hingegen garnicht vor Ort. Er ist nur über eine Telefonnummer erreich-bar, weil er hunderte Kilometer entfernt in der Randstad-Firmenzentrale in Hamburg untergebracht ist.

So unterstützt der Betriebsrat des Hydraulik-Unterneh-mens auch Kolleginnen und Kollegen von Randstad, ob-wohl er rechtlich gesehen gar nicht zuständig ist. Be-kommt er Missstände mit, meldet er diese an die eigenePersonalabteilung. Die ist zwar nicht weisungsbefugt ge-genüber Randstad, kann aber wirksamen Druck ausüben,schließlich ist das Hydraulikunternehmen der Auftragge-ber und ein Kunde für Randstad.

Der Betriebsrat bemüht sich, die Randstad-Beschäfigtenzu integrieren, auch wenn er weiß, dass dies nur kleineGesten sind. Beim Grillfest 2011 bekamen die Randstad-Werkverträgler noch keine der üblichen kleinen Präsente.2012 sorgte der Betriebsrat dafür, dass sie wie alle ande-ren Mitarbeiter auch Geschenke bekamen. »Wir integrie-ren, wo es geht«, sagt der Betriebsrat. Die Randstad-Werk-verträgler, die in den Werken arbeiten, nutzen auch dieWerkskantinen zu den gleichen Bedingungen. Eine eigeneSpezies bleiben sie aber: Sie sind diejenigen, die schlechtergestellt sind, erkennbar an ihrer Randstad-Kleidung. Undsie nutzen eine eigene Stempeluhr.Positiv: Der Betriebsrat konnte weitere Ausgliederungendurch Werkverträge bislang verhindern. So dachte die Ge-schäftsführung darüber nach, auch den Werkzeugbaunach außen zu geben. Der Betriebsrat schritt ein. Der Be-reich ist inzwischen restrukturiert, neue Maschinen wur-den angeschafft. Niemand von den Stammbeschäftigtenwurde entlassen.

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Der Betriebsrat desHydraulikunter-nehmens tut, waser kann. Er bemühtsich, die Werkver-trägler von Rands-tad zu integrieren.

Weitere Ausgliede-rungen durchWerkvertrag konn-ten bislang vomBetriebsrat verhindert werden.

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7 / Anlagenbauer:Fast genauso viele prekär Beschäftigte wie Stammmitarbeiter

Bei dem Anlagenbauer mit einem Standort in Nordrhein-Westfalen kommen zu den 920 Stammbeschäftigten rund500 Leiharbeitnehmer und 280 Werkverträgler. Die Zahlder Leiharbeitnehmer schwankt, zugleich nimmt die Zahlder Werkverträge zu, so dass in dem Werk inzwischen annä-hernd so viele prekär Beschäftigte wie Festbeschäftigte ar-beiten.

2005 schlossen die IG Metall und der Arbeitgeber einenErgänzungstarifvertrag. Dieser legte Abweichungen zumRahmentarifvertrag fest. Die IG Metall verhandelt Ergän-zungstarifverträge, wenn Arbeitgeber eine Krise belegenkönnen, die die Arbeitgeber durch Sparen bewältigen wol-len. Bedingung: Die Mitglieder der IG Metall in dem Be-trieb erhalten Lösungen, die ihre Arbeitsplätze sichern.

Der 2005 geschlossene Vertrag sah vor, dass maximal 30Prozent der Beschäftigten Leiharbeitnehmer sein dürfen.Das war bereits damals eine enorme Größenordnung. Unddoch reichte sie dem Management nicht. Es begann, inten-siv nach anderen Möglichkeiten zu suchen, weiter Personal-kosten zu senken. Nach und nach wurden immer mehrWerkverträgler über Dienstleistungsfirmen beschäftigt.

Das Unternehmen betont, die Produktion am heimi-schen Standort sei durch die große Zahl an Leiharbeiternund Werkverträglern genauso günstig wie etwa in Südost-europa, beispielsweise in Tschechien oder Rumänien –und das bei einer guten Fertigungstiefe. Tatsächlich wer-den an dem Standort in Nordrhein-Westfalen noch vieleTeile, von Blechen bis zu Kleinbauteilen, selbst gefertigt.

Leiharbeiter wurden ursprünglich vor allem beschäftigt,um etwa in Urlaubsphasen oder in Boomzeiten die Pro-

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Ein 2005 geschlos-sener Ergänzungs-

tarifvertrag sah vor,dass maximal 30

Prozent der Be-schäftigten Leihar-

beitnehmer seindürfen. Das war

bereits damals eineenorme Größe.

Doch heute reichtdies dem Unter-

nehmen nichtmehr.

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dukte herstellen zu können. Der Arbeitgeber sieht inihnen eine flexible Beschäftigtengröße, die er nach Belie-ben vergrößern und verkleinern kann. Im Laufe der Jahresind Leiharbeiter zu einem festen und immer größeren Be-standteil in dem Unternehmen geworden.

Dabei sind die Arbeitskosten an dem Produkt über-schaubar. Sie liegen bei gut 10 Prozent. Das Unternehmenspart trotzdem bei den Beschäftigten. Die unsoziale Lö-sung ist zugleich eine bequeme. Ansonsten wäre das Ma-nagement gezwungen, stärker als bisher an den 90 Pro-zent der Kosten zu feilen, etwa indem Produkte und Pro-zesse noch innovativer angepackt werden.

Aktuell hat das Management angekündigt, die Ferti-gungstiefe am Standort zu verringern. So sieht der Be-triebsrat in der Vergabe von immer mehr Werkverträgeneinen Zwischenschritt dahin, dass einzelne Fertigungs-schritte komplett in Länder abwandern, in denen die Ferti-gungskosten noch niedriger sind. Dies werden Niedriglohn-sektoren außerhalb Europas sein, wahrscheinlich in Asien.

Der Betriebsrat rechnet damit, dass in einigen Jahren dieZahl der prekär Beschäftigten am Standort zurückgeht.Nicht etwa, weil diese dann endlich feste Jobs direkt beidem Unternehmen bekommen würden, sondern weil Auf-gaben ins Ausland ausgegliedert würden.

Die meisten Transporte durch Werkverträgler

Am Standort werden inzwischen die meisten Transporteinnerhalb der Werksgebäude durch eine Werkvertragsfir-men durchgeführt. Diese schafft Teile über die Flure, bei-spielsweise vom Lager zur Maschine. Auch die Kommissio-nierer, die die benötigen Teile im Lager zusammenstellen,sind Werkvertragsbeschäftigte.

Mit den Unternehmen, die diese Leistungen erbringen,handelte das Management einen Rahmenvertrag aus, in

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Der Betriebsratrechnet damit, dassin einigen Jahrendie Zahl der prekärBeschäftigten amStandort zurück-geht. Nicht etwa,weil diese dannendlich feste Jobsdirekt bei dem Un-ternehmen bekom-men würden, son-dern weil Aufgabenins Ausland ausge-gliedert würden.

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den Anlagen sind die Tätigkeiten beschrieben. Eigene Mit-arbeiter wurden in den vergangenen Jahren 20 Jahren indiesen Bereichen abgebaut, einfach dadurch, dass nie-mand mehr eingestellt wird. Zunächst übernahmen Leih-arbeiter die Aufgaben. Seit rund sieben Jahren werden an-dere Unternehmen per Werkvertrag engagiert. Das scheintsich zu rechnen, die Kosten für das Lager konnte das Un-ternehmen senken, berichtet der Betriebsrat. Ein Werkver-tragsbeschäftigter erhält noch weniger Lohn als ein Leih-arbeiter.

Der Betriebsrat berichtet, dass die Arbeiten zunächstnicht so gut ausgeführt wurden. Wer beispielsweise alsKommissionierer werksfremd ist, hat Schwierigkeiten, dierichtigen Materialien zusammenzustellen. Dieses Problemaufzulösen, kostete einiges Geld: Den Kommissionierernwurden Beschäftigte aus der Montage zur Seite gestellt,die wussten, was gebraucht wird. Größere Probleme sindinzwischen ausgeräumt. Problematisch bleibt jedoch, dassdie Produktionsteams nie wissen, wann die Kommissionie-rer ausgewechselt werden, da sie von ihrem Arbeitgeber,dem Werkvertrags-Unternehmen, an den Arbeitsplatz de-legiert und auch wieder abgezogen werden. Dadurch ent-stehen erneute Verzögerungen und Fehler in der Kommis-sionierung.

Dort, wo Mitarbeiter des Anlagenbauers den Werkver-träglern Anweisungen gegeben haben, ist der Betriebsrateingeschritten. Aus seiner Sicht sind die Aufgaben und Hie-rarchien inzwischen klar getrennt, die Werksverträgler er-halten ihre Anweisungen von ihren eigenen Vorgesetzten.

Aktuell setzen die Werkvertragsfirmen verstärkt auf Leih-arbeiter. Oftmals sind die Personaldienstleister, die demUnternehmen Beschäftigte entleihen, identisch mit denWerkvertragsfirmen, formal nur getrennt durch eigenstän-dige Rechtsformen. Piening und Randstad als Branchen-größen der Leiharbeit sind in dafür in das Werkvertragsge-

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Dort, wo Mitarbei-ter des Anlagen-

bauers den Werk-verträglern Anwei-

sungen gegebenhaben, ist der Be-

triebsrat einge-schritten.

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schäft eingestiegen. Sie übernehmen als Werkvertragsfir-men Dienstleistungen in und für Produktions-Unterneh-men, wie beispielsweise den internen Transport, und be-schäftigten dafür Leiharbeiter, die sie sich von ihrer Unter-nehmensmutter holen, also dort auf Zeit ausleihen.

Beschäftigte mit Werkverträgen müssen sich ihre Rechte erstreiten

In diesen Konstrukten gibt es einen klaren Verlierer: die Be-schäftigten. So weigerte sich einer dieser zu Werkvertrags-firmen mutierten Personaldienstleister, den Werkvertrags-Beschäftigten bei diesem Anlagenbauer Nachtzuschlägezu zahlen. Begründung: Es gebe keine vergleichbaren Ar-beitnehmer in dem Unternehmen, für das die Dienstleis-tungen erbracht werden. So wisse man nicht, wieviel Zu-schläge zu zahlen seien. Arbeitgerichte ließen diese Argu-mente nicht gelten. Inzwischen erhalten die Kolleginnenund Kollegen 25 Prozent Zuschlag. Dies ist nur ein Beispielvon vielen, bei dem Werkverträgler verlieren, wenn sie nichtmühsam um ihre Rechte kämpfen.

IG Metall und Betriebsrat versuchen, die Arbeitsplätzeim Unternehmen zu halten. Doch das ist nicht leicht: DasUnternehmen hat die Fertigung wie eine Zwiebel aufge-baut. Schicht für Schicht gerät unter Druck, entweder da-durch, dass prekär Beschäftigte eingesetzt werden oderTeile der Fertigung ins Ausland gehen. Selbst in der Ent-wicklungsabteilung haben Leiharbeitsunternehmen Fußgefasst. Gute Arbeitsplätze, fair entlohnt und sicher, wer-den zunehmend rar.

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Das Unternehmenhat die Fertigungwie eine Zwiebelaufgebaut. Schichtfür Schicht gerätunter Druck, ent-weder dadurch,dass prekärBeschäftigte einge-setzt werden oderTeile der Fertigungins Ausland gehen.

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8 / Automobilzulieferer:Gleiche Arbeit, unterschiedliche Arbeitgeber

Seit vielen Jahren geht das nun schon so: In einer Halleläßt ein Automobilzulieferer Autoteile weiterverarbeiten.Sie werden an einem anderen Standort hergestellt unddann in dieser Halle fertig montiert, angepasst auf den je-weiligen Autotypen. Neun Stammbeschäftigte arbeitendort und 15 Beschäftigte einer Werkvertragsfirma. Das istdie Tochter eines Logistikunternehmens, welches bis in dieersten Monate des Jahres 2013 hinein bei dem Automobil-zulieferer zudem als Personaldienstleister auftrat und 35Leiharbeitnehmer an den Standort entsendete.

Inzwischen gehören diese 35 Leiharbeiter auch zu derTochter des Logistikunternehmens, das bundesweit alsWerkvertragsunternehmen agiert. Will heißen: Aus denLeiharbeitern sind Werkverträgler geworden, die nun beieiner Tochter des Logistikers angestellt sind.

Werkträgler nur zum Schein?

Dies ist nicht die einzige Änderung, die sich in den erstenMonaten des Jahres 2013 ereignete. Die Verträge desWerkvertragsunternehmens mit dem Automobilzuliefererliefen aus. Der kündigte an, nur zu verlängern wenn dieKlagen vom Tisch wären. 2012 zogen nämlich die Werkver-trägler vor ein Arbeitsgericht, um prüfen zu lassen, ob sieüberhaupt ein eigenes Gewerk erbringen. Sie arbeitetenmit dem Material und dem Werkzeug des Automobilzuliefe-res und zweifelten daran, dass es Unterschiede gebe in derArbeit.

Zu einem Urteil kam es nicht mehr, zuvor einigten sichdas Werkvertragsunternehmen und die IG Metall, die dort

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2012 zogen dieWerkverträgler vorein Arbeitsgericht,um prüfen zu las-

sen, ob sie ein eige-nes Gewerk erbrin-gen. Sie arbeitetenmit dem Material

und dem Werkzeugdes Automobilzu-

lieferes.

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eine Tarifkommission gründete. Das Werkvertragsunterneh-men ist nicht tarifgebunden, und so schlossen beide Seiteneine Betriebsvereinbarung. Die läuft zunächst bis Ende2014 und beinhaltet wesentliche Verbesserungen: Erst-mals gibt es vernünftige, systematische Entgeltgruppen.Die Entgelte erhöhen sich, für 2013 um 3,5 Prozent und für2014 um 2 Prozent. Für einige Beschäftigte, die höher ein-gestuft werden, bedeutet dieses bis zu 13 Prozent mehrGeld. Teil dieser Betriebsvereinbarung ist es auch, dass die35 Zeitarbeiter zu Werkverträglern werden, zu den nun bes-seren Bedingungen.

IG Metall, die Betriebsräte des Automobilzulieferers unddes Werkvertragsunternehmens freuen sich, dass sie so dieArbeitsbedingungen der Werkverträgler erheblich verbes-sern.

»Ähnliche Verhältnisse sind inzwischen desöfteren anzu-treffen«, berichtet Christian Iwanowski von der IG Metall,»Stammbeschäftigte und Werkverträgler arbeiten zusam-men in einer Halle. Alle machen die gleiche Arbeit, tragensogar die gleiche Kleidung. Selbst sie wissen manchmalnicht, wer eigentlich der Arbeitgeber des Kollegen ist«.

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IG Metall, die Be-triebsräte des Au-tomobilzulieferersund des Werkver-tragsunternehmensfreuen sich, dasssie durch eine Be-triebsvereinbarungdie Arbeitsbedin-gungen der Werk-verträgler erheb-lich verbessern.

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9 / Lindahl:»Kann ich nicht, will ich nicht«

Wilfried Lindahl, Inhaber des gleichnamigen Personal-dienstleistungsunternehmens in Gütersloh, bringt sein Ver-hältnis zu Werkverträgen auf den Punkt: »Kann ich nicht,will ich nicht – ich kann nur Zeitarbeit, und dies glaube ichganz gut«. Der 66-Jährige ist seit 1978 in der Zeitarbeits-branche, seit 1987 mit seinem eigenen Unternehmen. 79Zeitarbeiter beschäftigt er aktuell, zu Hoch-Zeiten in den1990ern waren es auch schon mal 300. Damit gehört er zuden Kleinen in der Branche.

Zugleich zeigt er, dass ein Personaldienstleister, der be-müht ist, faire Löhne zu zahlen, erfolgreich sein kann. VieleKunden in Ostwestfalen schätzen ihn und seine Beschäftig-ten, die für gute Arbeit stehen.

»Werkverträge mache ich nicht. Ich will auch noch ruhigschlafen können«, sagt er, »beim Werkvertrag können wirkeine auskömmlichen Löhne zahlen«. Er weiß: WechselnKunden, also Unternehmen, von Zeitarbeit auf Werkver-träge, so wollen sie es noch billiger haben.

Besonders, seit in der Zeitarbeit Branchenzuschlagstarifeabgeschlossen wurden, die die Zeitarbeiter an das Entgelt-Niveau der Stammbeschäftigten heranführen. Diese Bran-chenzuschläge bleiben bei Werkverträgen in der Regel un-berücksichtigt.

Wer Werkvertragsleistungen anbietet, der haftet

Was Wilfried Lindahl auch schlecht schlafen lassen würde istdas Risiko, haften zu müssen. Wer als Personaldienstleisterein Subunternehmen gründet, um darüber dann Werkver-tragsleistungen anzubieten, haftet. Fallen teure Bauteileherunter, wird etwas an einer Maschine beschädigt, dann

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»Beim Werkvertragkönnen wir keineauskömmlichen

Löhne zahlen«. sagtWilfried Lindahl.

Wechseln Kunden,also Unternehmen,

von Zeitarbeit aufWerkverträge, so

wollen sie es nochbilliger haben.

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müsste Lindahl zahlen. Sich dagegen zu versichern, ist kom-pliziert und kostet viel. Im Extremfall kann ein Haftungsfallden Ruin des eigenen Unternehmens bedeuten.

Anders bei der Zeitarbeit: Da haftet das Entleih-Unter-nehmen, denn nach dem Gesetz muss der Kunde mit demZeitarbeiter genauso umgehen, wie mit den eigenen Be-schäftigten. Im Schadensfall zahlt der Kunde über die Be-triebshaftpflicht. Das Kundenunternehmen ist auch, nebender sorgfältigen Einarbeitung, für die Arbeitssicherheit dereingesetzten Mitarbeiter verantwortlich, außer für die per-sönliche Schutzausrüstung, die der Verleiher beim Arbeits-einsatz zur Verfügung stellen muss.

Wilfried Lindahl ist von der Zeitarbeit überzeugt: »Werseine Leistung bringt, für den ist die Zeitarbeit die Tür ineinen Betrieb«, sagt er und sieht seine Rolle auch darin, dieTür aufzuhalten und eine goldene Brücke zu bauen. Lindahlkann seinen Mitarbeitern in die Augen schauen, sagt er.Dazu gehöre auch, sich mal »eine Stunde Zeit zu nehmen,wenn es Probleme gibt, etwa in der Familie, und es darumgeht, Lösungen zu finden«.

Ihm ist es wichtig, ein sozialer Arbeitgeber zu sein, unddarauf ist er auch stolz. An der Wand seines Büros hängtdas Qualitätssiegel Zeitarbeit. Jährlich überprüft, ist seinUnternehmen der einzige Personaldienstleister in Ostwest-falen, der dieses Siegel überhaupt erhalten hat, welchesauch für sozial verantwortliches unternehmerisches Han-deln steht. Und mit dem kann er Werkverträge eben nichtvereinbaren: »Der einzige Gewinner ist der Einsatzbetrieb,also das Unternehmen, dass die Aufgaben nach draußenvergibt«.

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Eine Haftung kanneine Werkvertrags-firma in den Ruintreiben. Anders beider Zeitarbeit: Dahaftet das Entleih-Unternehmen, dennnach dem Gesetzmuss der Kundemit dem Zeitarbei-ter genauso umge-hen, wie mit den ei-genen Beschäftig-ten.

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Werkverträge:Die IG Metall will organisieren, schützen und verbessern

n 1. Werkvertragsunternehmen organisierenBetriebsräte zu gründen und gewerkschaftliche Strukturenin Werkvertragsunternehmen aufzubauen ist ein zentralesZiel. Nicht organisierte Belegschaften sind ihren Arbeitge-bern schutzlos ausgeliefert.

n 2. Beschäftigte vor Lohndumping schützenDie Tarifbindung muss ausgeweitet werden. Für dieses Zielmüssen die Belegschaften in Werkvertrags- und Stammun-ternehmen gemeinsam Druck machen. Nur gute Tarifver-träge schützen vor Lohndumping.

n 3. Beschäftigung in Stammunternehmen halten In den Stammunternehmen sind die Arbeits- und Entgelt-bedingungen in der Regel gut geordnet. Die Auslagerungvon Unternehmensteilen zu verhindern ist und bleibt derwirksamste Schutz vor missbräuchlichen Werkverträgen.

n 4. Politische Rahmenbedingungen verbessernDem Missbrauch von Werkverträgen muss durch klare ge-setzliche Regelungen vorgebeugt werden. Betriebsrätebrauchen mehr Mitbestimmungsrechte bei der Auslage-rung und Vergabe von Aufträgen an Subunternehmen, umauch juristisch handlungsfähig zu sein.

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Die IG Metall bietet auf einer eigenen Website gute Infor-mationen zum Thema Werkverträge. Anschaulich undübersichtlich wird dort erklärt, was Werkverträge sind, Hin-tergründe werden erläutert und aktuelle Studien vorge-stellt. Ein Klick, der sich lohnt, weil er einen parteiischenund dennoch sehr fundierten Überblick bietet.

Arbeit: sicher und fair – für Alle.

www.fokus-werkvertraege.de

Wir sammeln weiter Informationen, um über die Entwicklung bei den Werkverträgen zu informieren.

Kontakt: Christian Iwanowski, IG Metall NRW, eMail: [email protected]

www.fokus-werkvertraege.de

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Werkverträge. Wenig drin, wenig drauf. So viel Rand heißt trocken Brot.

Dieser Rand schmeckt uns nicht.

Wir wollen das ändern. IG Metall.

Pizza Prekaria.

Billig macht nicht satt.