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Ein Einblick in die Tageseinrichtungen für Kinder Werte erlebbar machen! Medienkooperation mit Das Bundesforum Familie wird gefördert vom:

Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

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Page 1: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

Ein Einblick in die Tageseinrichtungen für Kinder

Werte erlebbar machen!

Medienkooperation mitDas Bundesforum Familie wird gefördert vom:

Page 2: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

© Dezember 2008

Herausgeber: Bundesforum FamilieInselstraße 6a10179 BerlinFon: 030 / 275 187 490Fax: 030 / 275 187 499

AutorenInnen: Monika Benedix, Prof. Dr. Havva Engin, Ulrike Gebelein, Magda Göller, Birgit Merkel, Uta Stolz

Readaktion: Wolfgang Hübner, Wissenschaftlicher ReferentDr. Katherine Bird, Geschäftsführerin BFFVerantwortlich: Dr. Katherine Bird

Das Bundesforum Familie:Mit dem Ziel, zu einer Verbesserung und Weiterent-wicklung familienfreundlicher Rahmenbedingungenin Deutschland beizutragen, hat sich im Septem-ber 2000 das Bundesforum Familie als Zusam-menschluss bundesweit tätiger gesellschaftlicherKräfte gegründet und aktiv Verantwortung für ei-ne familienfreundliche Gesellschaft übernommen.Aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Be-reichen heraus soll ein gesamtgesellschaftlichesBewusstsein für Veränderungen geschaffen werden,die für Familien Zukunft fördernde Bedingungensicherstellen. Ziel des Bundesforums Familie isteine in die Zukunft gerichtete, kreative und innova-tive Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft,Wirtschaft, Sozialem, Politik und Kultur im Sinneeiner die Familie in ihren unterschiedlichen Formenfördernden Weise. Das Bundesforum arbeitet aufProjektbasis jeweils zu einem inhaltlichen Schwer-punkt mit einer Laufzeit von in der Regel 2 Jahren.

Das Forum des familienorientierten und inter-disziplinären Dialoges ermöglicht eine offene, plu-rale und unabhängige Zusammenarbeit, die durchdas Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend finanziell gefördert wird.

Page 3: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

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Inhalt

Vorwort 4

Einleitung: Die Wertedebatte in Tageseinrichtungen für Kinder

Oder: Was hat das mit uns zu tun? 6

Teil I Pädagogische und rechtliche Grundlagen 8

Das Bild vom Kind 8

Der rechtliche Rahmen der Werteerziehung in

Tageseinrichtungen für Kinder 10

Die Verantwortung der Träger in der Werteerziehung 12

Teil II Praktische Überlegungen 14

Das Wissen über die eigenen Werte ermöglicht den

Dialog über die Werte der anderen 14

Der Workshop: Welche Werte habe ich selbst? 16

Zwischenfazit: Dominanzverhältnisse erschweren den Dialog 20

Erziehungspartnerschaften als Form des Dialogs mit der Wertewelt der Eltern 22

Durch Entwicklungsgespräche Eltern aktiv einbeziehen 23

Eltern in den Alltag der Tageseinrichtung einbinden 24

Elternabende, Gesprächskreise und Kurse 25

Den Austausch unter den Eltern fördern 26

Zusammenfassung: Wie können Erzieherinnen den Dialog aufnehmen? 28

Teil III Politische Implikationen 32

Erfolgsmodell Kindertageseinrichtung 32

Textvorschlag

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Hervorheben
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Rechteck
Page 4: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

l Hannes Lachenmair – Bundesarbeitsgemein-schaft Elterninitiativen e.V.

l Dr. Jutta Hinke-Ruhnau und Jutta Ossenkopp – Bundesverband für Kindertagespflege e.V.

l Wilfried Steinert – Bundeselternratl Cornelia Spohn – Verband binationaler Familien

und Partnerschaften / iaf e.V.l Uta Stolz – Landesverband Katholischer Kinder-

tagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgartl Marie Wätke – Humanistischer Verbandl Ingetraud Palm-Walter – spiel gut

Wir danken dem Team in der Geschäftsstelle für diegesamten Vorbereitungen und den reibungslosenAblauf der Workshops – danke an Marie-ChristineHeuell, Elke Braun und Wolfgang Hübner.

Das letzte Wort gilt unserem finanziellen Unterstützer.Das Gesamtprojekt wird vom Bundesministerium fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Vielen Dank.

Das Bundesforum Familie ist ein Zusammenschlussvon über 100 familienpolitisch interessierten Organi-sationen mit dem gemeinsamen Ziel, Verantwortungfür eine familienfreundliche Gesellschaft aktiv zuübernehmen und die strukturelle Rücksichtslosigkeitgegenüber Familien zu beseitigen. Als unabhängi-ge pluralistische Plattform schafft das BundesforumFamilie einen Diskussions- und Handlungsspielraumfür den Austausch unter den Mitgliedern sowie zwi-schen Theorie und Praxis.

Zwischen Dezember 2006 und Dezember 2008 be-schäftigte sich das Bundesforum Familie mit demProjekt „Kinder brauchen Werte – Bündnisinitiative:Verantwortung Erziehung“ mit der Förderung desBundesministeriums für Familie, Senioren, Frauenund Jugend. Im Zentrum stand die Frage, wie Kin-der darin unterstützt werden können, kompetent mitder Wertevielfalt einer sich stetig wandelnden Ge-sellschaft umzugehen.

Zur Bearbeitung des Themas hat das BundesforumFamilie seine Mitglieder eingeladen, in thematischgeordneten Arbeitsgruppen („Cluster“) das Projekt aktivzu gestalten. Wir bildeten drei Cluster: das KiTa-Clus-ter, das Cluster Familienbildung und das Wissen-schaftscluster. Diese Veröffentlichung dokumentiertdie Ergebnisse der Arbeit im KiTa-Cluster.

Die Erzieherinnen in Tageseinrichtungen für Kinderstehen großen Herausforderungen gegenüber. Immermehr wird von ihnen verlangt, einen umfassenden Bil-dungsauftrag im Elementarbereich wahrzunehmen,ohne dass die Ressourcen dafür bereitgestellt wer-den. Die Wertedebatte stellt eine weitere Heraus-forderung dar und viele Fachkräfte fragen sich, wiesie mit den sich verändernden gesellschaftlichen Ge-gebenheiten umgehen sollen. An dieser Stellte setztedas KiTa-Cluster an und konzipierte eine Veranstal-tungsreihe für Praktikerinnen unter dem Titel „Wer-te erlebbar machen“. Die vorliegende Handreichungist aus dieser Veranstaltungsreihe entstanden.

Im Namen des Bundesforums Familie bedanken wiruns bei den Mitgliedern des KiTa-Clusters für ihr gro-ßes Engagement.

Diese sind: l Monika Benedix – Bundesvereinigung Evangeli-

scher Tageseinrichtungen für Kinder (BETA)l Safter Çinar – Föderation türkischer Eltern in

Deutschland (FöTED)l Ulrike Gebelein – Diakonisches Werk der EKDl Magda Göller – AWO Bundesverbandl Frank Jansen – Verband Katholischer Tagesein-

richtungen für Kinder (KTK)l Birgit Merkel – Zukunftsforum Familie e.V. / ZFF

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Vorwort Vorwort

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Norbert Hocke Sprecher des Bundesforums Familie

Dr. Katherine BirdGeschäftsführerin des Bundesforums Familie

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teiligten waren sich einig, dass die Wertschätzungaller Menschen auf der gesellschaftlichen Ebeneim Vordergrund steht. Grundlagen hierfür sind dasGrundgesetz, die Menschenrechtskonvention unddie UN-Charta für die Kinderrechte. Konkretbedeutet diese Wertschätzung gerechte Bildungs-chancen und den Abbau von Armut. Im zwischen-menschlichen Zusammenleben drückt sich dieWertschätzung z.B. durch eine solidarische Grund-haltung und das Interesse an der Position des an-deren aus.

Werte stellen Orientierungshilfen des Einzelnenfür das Zusammenleben mit anderen dar und formensich – mit frühester Kindheit beginnend – in derInteraktion mit den Bezugspersonen wie Elternund Familie. Sie haben daher immer einen priva-ten und gesellschaftlich-strukturierten Kontext.

Vor diesem Hintergrund kommt der Tagesein-richtung für Kinder eine besondere Rolle zu. Nachder Familie ist sie die erste Bildungsinstitution, dievon allen gemeinsam besucht wird und in der al-le mit- und voneinander lernen können. Hier ler-nen Kinder andere Werte und Ansichten kennenund haben damit Gelegenheit, Verschiedenheit be-

wusst wahrzunehmen, mit ihr zu leben und als et-was Positives zu erfahren. Tageseinrichtungen fürKinder sind daher mit die wichtigsten Orte, an de-nen Fragen nach gesellschaftlichen und religiösenWertennicht ausgespart werden. Hier ist ein Raum,in dem Kinder, Erzieherinnen und Eltern Vielfalt undHeterogenität erleben können und Handlungskom-petenz erlangen, die dazu führt, dass sich Kinder,Eltern und Fachkräfte auf gemeinsame Werte, Re-geln und Normen, die für alle gültig und verpflich-tend sind, im Dialog verständigen können.

Wie dieser Dialog gestaltet werden kann, ist Ge-genstand dieser Handreichung. Zunächst werdendas aktuelle Bild vom Kind und die Rahmenbedin-gungen für eine Werteerziehung, die die Grundla-ge für die pädagogische Arbeit bilden, skizziert. Imzweiten Teil werden praktische Methoden und Hin-weise dargestellt, die teilweise im Rahmen des Pro-jektes „Kinder brauchen Werte – Bündnisinitiati-ve: Verantwortung Erziehung“ entwickelt wurden.Im abschließenden dritten Teil werden die politi-schen Implikationen einer pädagogischen Arbeit,die Werteerziehung ernst nimmt, reflektiert.

Berichte und Dokumentationen zu allen Veran-staltungen, die in dieser Handreichung erwähntwerden, finden Sie unter der Rubrik „Veranstaltungsarchiv“ unter der Adresse: www.bundesforum-familie.de

Werte sind gleichermaßen Maßstäbe für sozialesHandeln und Grundlage für den Zusammenhaltund für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft.(Berliner Erklärung der Steuerungsgruppe desBundesforums Familie)

Der soziale Wandel und die mit ihm verbunde-nen Verwerfungen bringt für viele Unsicherheit undOrientierungslosigkeit mit sich und ist einer derHauptauslöser der jetzigen Wertedebatte. Auchdas Infragestellen überkommener Werte und Vor-stellungen des Zusammenlebens durch die Emanzi-pationsbewegungen der letzten Jahrzehnte unddie kulturelle und soziale Herausforderung der Mi-gration tragen dazu bei, dass sich immer mehrMenschen fragen, welche gemeinsamen Werte wireigentlich haben.

Tageseinrichtungen für Kinder stehen häufig imBrennpunkt dieser Entwicklungen. So haben bereitsjetzt über die Hälfte der Kinder in der Altersgrup-pe 0–6 Jahre einen so genannten Migrationshin-tergrund.1 Es sind jedoch nicht nur unterschiedli-che Kulturen, sondern auch unterschiedlicheLebenschancen, die schon bei den Kleinsten auf-einander treffen. Sozialer Wandel bedeutet eben

auch, dass das reichste Zehntel immer reicher unddas ärmste Zehntel immer ärmer wird2. Folglichwachsen immer mehr Kinder in Armut auf und tref-fen auf ein Bildungssystem, das oft nicht daraufvorbereitet ist, die frühe Benachteiligung bestimm-ter Bevölkerungsgruppen zu überwinden.

Eine direkte Folge dieser Veränderungen sind diein den letzten Jahren immer wieder aufflackerndenDebatten über „Werte“ und „Erziehung“. Auch alsReaktion auf das schlechte Abschneiden deutscherSchüler bei internationalen Vergleichsstudien (Stich-wort: PISA, IGLU) geraten die Elementarbildung unddie Frühförderung immer stärker in den Mittelpunktöffentlicher Aufmerksamkeit. Es entsteht so eine Ge-mengelage von völlig unterschiedlichen Ansatz-punkten, denen nur die Forderung nach verbindli-chen Werten gemein ist. Flankiert werden dieseöffentlichen Diskussionen in den Medien durch dieFeststellung einer zunehmenden Unsicherheit unterEltern in Bildungs- und Erziehungsfragen. Als Fol-ge dessen genießen TV-Sendungen, Ratgeberbü-cher und „Elternschulen“ wachsende Beliebtheit.

Alle am Projekt „Kinder brauchen Werte –Bündnisinitiative: Verantwortung Erziehung“ Be-

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Einleitung

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1 Vgl. Kultusministerkonferenz (KMK): Bildung in Deutschland 20062 Z.B. vgl. BMFSFJ „Arbeitsbericht: Zukunft für Familie“ 2008(www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Publikationen/publikationsliste,did=111450.html); BMFSFJ „Dossier: Armutsrisiken von Kindern undJugendlichen in Deutschland“ 2008 (www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Publikationen/publikationsliste,did=110946.html)

Die Wertedebatte in Tageseinrichtungen für Kinderoder Was hat das mit uns zu tun?

Page 6: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

ten ihre Welt, machen sich ein Bild davon und teilendies anderen mit. Das gilt nicht nur für die sichtbarenund hörbaren Fähigkeiten, wie Laufen und Sprechen,sondern auch für die Wertebildung.

Nach neuesten Erkenntnissen wird Bildung ver-standen als: „Sich ein Bild machen von der Welt“3:Im Einzelnen bedeutet dies:

Sich ein Bild von sich selbst machenSich ein Bild machen von den anderen in dieser Welt

Das Geschehen in der Welt für sich erleben und verarbeiten

Im Kontext der Erkenntnisse der Neurobiologie4 bildendie aus Selbstbildungsprozessen gewonnenen Er-kenntnisse für das Kind die Grundlage der eigenen Be-wertung, die wiederum das Ordnungssystem für dieneue Orientierung und neuronale Bahnung darstellt.

Wertebildung ist untrennbar mit anderen Selbst-bildungsprozessen verbunden und bedarf daherähnlicher konzeptioneller sowie struktureller Rah-menbedingungen. Es liegt an den Erzieherinnen(aber auch an der Einrichtungsleitung, der Fachbe-ratung und dem Träger), den Alltag in der Einrichtungso zu gestalten, dass Werteerfahrungen möglichsind. Denn „Kinder erfahren Werte“ nicht in geson-derten pädagogischen Veranstaltungen. Sie erlebensie in vielen verschiedenen Alltagszusammenhän-gen und in der Interaktion mit anderen Kindern undmit erwachsenen Bezugspersonen.5

Werte werden Kindern nicht „vermittelt“, sie eignensie sich vielmehr in Selbstbildungsprozessen an, dietäglich im familiären Kontext und im pädagogischgesteuerten Rahmen der Tageseinrichtungen fürKinder erfolgen. Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass ein Kind nurdann lernt, wenn es offen ist für ein Angebot von außen.Der Neurologe Wolf Singer formuliert es so: „Kinderlernen nur das, was sie wollen, nicht das, was sie sol-len.“ Ob sie wollen oder nicht, hängt mit ihren Erfah-rungen von Glück und Stolz, Erfolg und Misserfolg, Lustund Unlust zusammen, eben den Emotionen, diesie in einer Lernsituation haben. Das Streben nachGlück spornt zu Anstrengungen an. Der Beitrag, den Erzieherinnen zu den Selbstbil-dungsprozessen der Kinder leisten können, bestehtin der Bereitstellung von Raum, Zeit und Material,sowie in einem Rahmen aus Regeln, die auf Wertenbasieren und vereinbart werden müssen. Innerhalbdieses Rahmens können die Kinder dann ihre Kon-flikte miteinander austragen und lernen, ihre Interes-sen fair auszuhandeln.Selbstbildungsprozesse von Kindern können von Er-zieherinnen dann besonders gut unterstützt werden,wenn sie sich ihrer eigenen (Selbst-)Bildungsprozes-se und ihrer Wertehaltung bewusst sind. Selbstre-flexion – auch über die eigenen Werte – muss des-halb zunehmend integraler Bestandteil der Aus-,Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen werden.

Das Verständnis von Entwicklung, Bildung und Er-ziehung (und somit die Sicht auf das Kind und dieEinschätzung von Situationen) hat sich im Laufe derGeschichte verändert und weiterentwickelt. Abhän-gig von den jeweiligen privaten und gesellschaftli-chen Situationen und Gegebenheiten wurde dem Kindeineunterschiedliche Rolle zuerkannt, und es erfolg-ten einige Paradigmenwechsel bis zum heutigen Ver-ständnis vom Kind als eigenständigem Subjekt. Des-halb ist die Theorie sowie die pädagogische Praxisim Kontext der gesellschaftlichen Situation und dendort geltenden Wertmaßstäben und Lebensbedin-gungen zu betrachten. Die jeweils aktuelle gesell-schaftliche Situation bildet die Grundlage für dasjeweilige Bild vom Kind. Von dieser Basis aus wer-den Theorien und Konzepte sowie entsprechendeMaßnahmen und Angebotsformen entwickelt.

Für die Fachkräfte in Tageseinrichtungen für Kin-der ist heute selbstverständlich, dass verallgemei-nerte rein kognitive Wissensvermittlung nicht die ge-wünschten Erfolge zeitigt, sondern vielmehr dasLernen „mit allen Sinnen“ als am erfolgreichsten undnachhaltigsten zu bewerten ist. Nicht erst seit derVeröffentlichung der PISA/IGLU-Ergebnisse ist fürdie Fachkräfte in Tageseinrichtungen für Kinder dieBerücksichtigung des familialen und sozialen Um-

feldes der ihnen anvertrauten Kinder wichtig, da diesderen Vorerfahrungen entscheidend prägt. Von diesemVerständnis ausgehend wird deutlich, dass jedes Kindunterschiedliche Voraussetzungen mitbringt, die sichje nach familiärer und sozialer Situation weiter ausdif-ferenzieren und an die in der außerfamiliären Bildung,Erziehung und Betreuung angeknüpft werden muss.An den unterschiedlichen Voraussetzungen anset-zend, steht in den Tageseinrichtungen für Kinder dasganzheitliche Lernen im Vordergrund. Die enge undvertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern, dieals Experten ihrer Kinder verstanden werden, ist einweiterer zentraler Baustein der aktuellen Bildung undErziehung. Elternbildung und -unterstützung erhältauch in diesem Kontext immer mehr Bedeutung.

Kinder setzen sich von ihrer Geburt an mit ihrerLebenswelt auseinander. Sie erforschen und gestal-

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Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen

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Das Bild vom Kind

4Die Neurobiologie bestätigte in den letzten Jahren das ganzheitliche Verständnis der Geisteswissenschaften sowie die Erkenntnisse undpädagogischen Erfahrungen. Insofern scheint – zumindest in diesem Kontext – das Ende eines erbitterten Konkurrenzkampfes zwischenNaturwissenschaften und Geisteswissenschaften eingeleitet zu sein.5Rainer Strätz bei der Fachtagung des Bundesforums Familie „Werte reflektieren und erlebbar machen“ am 22.11.2007 in Hannover.

3Vgl. Vortrag Dr. Christa Preising bei der Fachtagung des Bundesforums Familie „Werte reflektieren und erlebbar machen“ am 22.11.2007 in Hannover.

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Jahren, das Kinderförderungsgesetz (KiFöG), aufden Weg gebracht. Diese in der öffentlichen Debat-te zum Ausdruck kommende Wertschätzung der Be-deutung von Kindertageseinrichtungen und Kinder-tagespflege für die frühkindliche Bildung ist eineanspruchsvolle Aufgabe mit dem Blick auf Quanti-tät, aber vor allem auf Qualität der Betreuungsan-gebote, damit es für alle Kinder gleiche Bildungs-

chancen gibt. Wollte Deutschland die Ergebnisse derUNICEF-Vergleichsstudie zur Betreuung und Förde-rung von Kindern in Kindergärten und Kindertages-einrichtungen8 verbessern und z. B. die Qualität desvorschulischen und des Schulsystems der skandi-navischen Länder erreichen, müsste es deutlichmehr als bisher in den Elementar- und Primarbereichinvestieren.

In welchem rechtlichen Rahmen bewegt sich dieWerteerziehung in Tageseinrichtungen für Kinder?Welche Unterstützung erhalten die pädagogischenFachkräfte?

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz bzw. SGB VIIIregelt den eigenständigen Bildungsauftrag in Tages-einrichtungen für Kinder.

Jeder junge Mensch hat das Recht auf Förde-rung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einereigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigenPersönlichkeit, heißt es in § 1 SGB VIII. Verwirklichtwird dieser Rechtsanspruch durch die Trias von „ Be-treuung, Bildung und Erziehung“6. Dieser Auftrag er-fordert ein möglichst umfassendes Verständnis vonder Persönlichkeit des Kindes, dessen familiären undsozialräumlichen Kontexts.

Im SGB VIII wird der Auftrag der Tageseinrichtun-gen für Kinder in Einklang gebracht mit dem obenskizzierten Bild vom Kind. Es gibt den gesetzlichenRahmen vor, wie diese Aufgabe zu erfüllen ist. Die Kon-kretisierung bleibt den Ländern mit ihren spezifi-schen Gegebenheiten überlassen. Die 16 Bundeslän-der haben vor diesem Hintergrund ihre Bildungs-bzw. Orientierungspläne und -programme entwickelt.

Die unterschiedlichen Träger lassen auf dieser Grund-lage ihrespezifische Schwerpunktsetzung in ihre Kon-zepte für Tageseinrichtungen einfließen. Diese Vielfaltder Inhalte, Methoden und Arbeitsformen wird vomGesetzgeber ausdrücklich begrüßt. Um sie zu ge-währleisten und den Besuch der Tageseinrichtungenallen Kindern gleichermaßen zu ermöglichen, wäreallerdings eine bessere finanzielle Ausstattung not-wendig.

Fakten:Deutschland investiert in die frühkindliche Bildung,Erziehung und Betreuung im internationalen Vergleichdeutlich weniger als andere Länder. Mit 0,42 % sei-nes Bruttoinlandsprodukts, entspricht dies nicht ein-mal der Hälfte dessen, was die OECD für den Elemen-tarbereich empfiehlt. Die OECD legt dafür 1,0 % desBruttoinlandsprodukts zu Grunde.7

Seit dem Inkrafttreten des Tagesbetreuungsausbau-gesetzes 2005 und des Kinder- und Jugendhilfewei-terentwicklungsgesetzes (KICK) 2006 hat die Bun-desregierung im Jahr 2008 eine weitere Initiative zumAusbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei

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Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen

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Der rechtliche Rahmen der Werteerziehung in Tages-einrichtungen für Kinder

6§ 22 (2) SGB VIII: Der Förderungsauftrag umfasst Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale,körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alterund Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnenKindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.

7OECD: Ein guter Start ins Leben II: Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung. www.oecd.org/dataoecd/30/11/37519496.pdf8Dezember 2008. Siehe: www.unicef.de/6137.html

Page 8: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

l Welche Werte hat der Träger?l Welches Leitbild hat die Einrichtung?l Welche Werte hat das Personal?l Welche Werte haben die Eltern?l Welche Werte haben die Kinder?l Was ist zu tun, wenn diese jeweils vertretenen

Werte nicht in Übereinstimmung zu bringen sind?Diese Fragestellungen und die Position der Erzieherin

innerhalb des Komplexes werden in Abb. 1 gezeigt.Fachkräfte benötigen Raum und Unterstützung zurBewältigung der o.g. Fragen, zur Einübung einesWertedialogs und zur (Weiter-)Entwicklung einerwertorientierten Bildung. Im zweiten Teil dieserHandreichung werden einige Methoden angeboten,mit deren Hilfe erste Antworten auf diese Fragen ge-funden werden können.

Die historisch gewachsenen, grundlegenden Werteder verschiedenen freien Träger und deren Einrich-tungen spiegeln sich in deren Leitbildern wider.Kirchliche Träger und deren Wohlfahrtsorganisatio-nen sind den christlichen Werten verpflichtet, an-dere Träger (z.B. die Arbeiterwohlfahrt) haben sichzentralen humanistischen Werten verpflichtet.

Abgeleitet von der generellen Leitlinie ihres Trä-gers, haben die Einrichtungen ihre sozialraumorien-tierten Einrichtungskonzeptionen entwickelt. DemTräger kommt bei der Auswahl, Einstellung und Füh-rung des pädagogischen Personals eine besonde-re Verantwortung zu, denn Werte lassen sich nicht„ex cathedra“ verkünden oder verordnen. Es gilt viel-mehr, den Erzieherinnen die Haltung und das Leitbildzu vermitteln und darüber in Dialog zu treten.

Wenn Erzieherinnen für die Werte des Trägers ge-wonnen werden können und genügend Raum für denProzess des Dialogs im Sinne von Reflexion, Aktivie-rung und Selbstaktivierung existiert, wird das Ergeb-nis als „Werthaltung“ in der Einrichtung spürbar sein,die auch gegenüber Kindern und Eltern zum Ausdruckkommt. Die Haltung und das Leitbild des Trägers sindbesonders dann glaubhaft und überzeugend, wennsich dies nicht nur an seinen „Kunden“ und gegenüber

der Öffentlichkeit orientiert, sondern im selben Maßeauch gegenüber seinen Mitarbeitern gilt.

Die Transparenz über die Werthaltung der ein-zelnen Träger ermöglicht es den Eltern, ihr Wunsch-und Wahlrecht ausüben zu können. So können siegezielt den zu ihrem Verständnis von Bildung, Er-ziehung und Betreuung passenden Träger bzw. dieentsprechende Einrichtung für ihre Kinder auswäh-len. Häufig suchen jedoch die Eltern die Einrichtungfür ihre Kinder nach Kriterien der Wohnort- oder Ar-beitsstellennähe aus und nicht nach dem passendenKonzept. So kann es geschehen, dass im Bildungs-,Erziehungs- und Betreuungsalltag unterschiedlicheZielvorstellungen Konflikte mit sich bringen. Diesekönnen im Extremfall zu unvereinbaren Positionenführen und in Einzelfällen bis an die Grenze9 dergrundgesetzlich verankerten Werte gehen. So ha-ben sich z.B. Fachkräfte in Tageseinrichtungen fürKinder vermehrt mit rechtsradikalen Positionen vonEltern auseinanderzusetzen. Dazu benötigen sie dieUnterstützung ihrer Kolleginnen, ihres Trägers undauch von trägerübergreifenden Verbünden.

Aus diesen Überlegungen ergeben sich zentraleFragestellungen der wertorientierten Bildung in denTageseinrichtungen für Kinder:

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Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen Teil I – Pädagogische und rechtliche Grundlagen

Die Verantwortung der Träger in der Werteerziehung

9In solchen Fällen ist die Konfliktlösung kaum innerhalb der Einrichtung alleine zu erreichen. Hier ist „Flagge zeigen“ geboten und es sind größereVerbünde notwendig, sowie professionelle Unterstützung. Auf der Regionalkonferenz des Bundesforums Familie in Dresden zum Thema „Pädago-gische Fachkräfte im Spannungsfeld der Wertekonflikte“ am 29.05.2008 stellte Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen ein ermutigendes Beispiel vor.

Gesetze, kulturelle Werte, wissenschaftliche Erkenntnisse

Leitbild des Trägers

Profil der Einrichtung

Bildungsplan

Kind Eltern

Abbildung 1: PädagogischeFachkräfte imSpannungsgefüge derkonkurrierenden Werte

Erzieherin

Gesellschaftliche Werte

Page 9: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

vermittelt – sowohl durch das was sie sagt, als vor al-lem durch das, was sie tut. Diese Erkenntnis veran-lasste das Bundesforum Familie im Rahmen seinesProjektes „Kinder brauchen Werte – Bündnisinitiati-ve: Verantwortung Erziehung“, eine Veranstaltungs-reihe10 für Erzieherinnen zu konzipieren, die nebenfachlichen Beträgen in Workshops das Hauptaugen-merk auf die Selbstreflexion und das Erkennen dereigenen Werte legte. Es zeigte sich, dass Erziehe-rinnen ihre Werte und Normvorstellungen aus ihrenpersönlich erlebten Erfahrungen im Elternhaus, inder Schule, im Freundeskreis, im gesellschaftlichenUmfeld und aus der Ausbildung ableiten und diesein ihre Arbeit einbringen. Schwerpunkt ihrer verin-nerlichten Wertvorstellungen bilden für sie die in ih-rer Familie erworbenen Werte, die sie (reflektiert oderunreflektiert) mit in den pädagogischen Alltag trans-portieren.

Der Zugang zu den eigenen Werten und den Wer-ten der anderen erschließt sich nur durch einen of-fenen Dialog. Wie diese Dialogprozesse angeregtund gefördert werden können, ist der Inhalt dieserpraktischen Überlegungen.

Ein professioneller Umgang mit den unterschied-lichen Wertvorstellungen in unserer Gesellschaft erfor-dert die Reflexion der eigenen Haltungen und Wer-te. Dafür bedarf es Angebote, die den Mitarbeitendenden Freiraum ermöglichen, dies zu erreichen.

Selbstreflexion beinhaltet u.a. die Frage: Wohernehmen Erzieherinnen ihre Wertvorstellungen, diesie im täglichen Arbeitsalltag im Umgang mit Kin-dern und Eltern sichtbar werden lassen?

Das Wissen darum, wie Kinder bestimmte Verhal-tensweisen erlernen, ermöglicht auch einen Zugangzur Selbstreflexion der Erzieherinnen: Kindern ler-nen von Geburt an auch wertorientierte Verhaltens-weisen auf verschiedenen Wegen. Sie lernen sie: l durch eigene Erfahrungl durch Beobachtung bzw. am Modell ( anderer Kin-

der oder der Erzieherin )l durch die Art, wie andere Personen (nicht zuletzt

die Erzieherin) ihr Verhalten interpretieren undl symbolisch vermittelt, zum Beispiel über Ge-

schichten.Deshalb kommt keine Erzieherin an der Aufgabe vor-bei, ihr eignes Verhalten zumindest selbstkritisch hin-sichtlich der Frage zu überprüfen, was sie Kindern

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Teil II Praktische Überlegungen Teil II Praktische Überlegungen

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Das Wissen über die eigenen Werte ermöglicht denDialog über die Werte der anderen

10Nach einer Auftaktkonferenz im November 2007 fanden zwischen März und Juli 2008 vier eintägige Regionalkonferenzen zum Thema „Werte erlebbar machen“ statt. Weitere Einzelheiten sind unter www.bundesforum-familie.de zu finden.

Page 10: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

In den Workshops sind tief gehende Diskussionenüber die Bedeutung und Rolle einzelner Werte ent-standen. Hier ein Beispiel aus einem Workshop, indem es um den Wert „Vertrauen“ ging:

In der Workshopgruppe wurde herausgearbeitet,dass Vertrauen durch Geborgenheit und Sicherheitentsteht und das Misstrauen durch schlechte Erfah-rungen, z.B. Nichteinhaltung von Absprachen entste-hen kann. Die weitergehende Frage, ob Zutrauen et-was mit Vertrauen zu tun habe, wurde von der Gruppeim Kontext einer gegenseitigen Wertschätzung bejaht.Kinder benötigen Zutrauen und Wertschätzung, damitsie auf dieser Grundlage Vertrauen entwickeln und sichzunehmend mehr selbst zutrauen können.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich wert-schätzendes und zutrauendes Verhalten von Erziehe-rinnen positiv auf Handlungsweisen von Kindern aus-wirken kann. Kinder trauen sich etwas zu, sie probierenaus und sind sich in ihren Handlungen der Unterstüt-zung ihrer Erzieherinnen sicher. Diese Sicherheit bildetwiederum die Grundlage für weiteres Zutrauen.

Selbstreflexion setzt jedoch auch voraus, dass Er-zieherinnen sich bewusst werden, dass es in unsererGesellschaft verschiedene Familienkonstellationen,Familienkulturen und Lebensstile gibt, die nicht mitihren eigenen Lebensvorstellungen und Wertvorstel-lungen übereinstimmen müssen. Die mit den jeweili-gen Haltungen verbundenen unterschiedlichen Erwar-tungen, die von Eltern und Kindern in die Einrichtungen

getragen werden, gilt es auf ihren Kontext hin zu reflek-tieren. Hierbei ist es hilfreich, wenn Erzieherinnen mög-lichst umfassende Kenntnisse von sozialen, ethischen,ethnischen und religiösen Kontexten haben.Folgende Fragen eignen sich zu einer Annährung andas Thema:l Gibt es unterschiedliche Kulturen im Umfeld der

Einrichtung?l Erkennen Sie Ihren eigenen kulturellen Hintergrund

und seinen Einfluss auf Ihr berufliches Handeln?l Lernen Sie die unterschiedlichen Familienkultu-

ren und Vorstellungen über Erziehung und Lernenkennen?

In den Workshopgesprächsrunden kam zum Aus-druck, dass Erzieherinnen auf die verschiedenen Er-wartungen und Wertvorstellungen der Eltern im Um-feld der Einrichtung mit sehr unterschiedlichen Gefühlenreagieren. Die von ihnen benannten Gefühlslagen um-fassenu.a. eine Skala von Unverstandensein, Ableh-nung, Abwehr, Akzeptanz, Respekt, Wertschätzung.Über diese ambivalenten Gefühle gilt es sich Klar-heit zu verschaffen. Die Beantwortung der folgen-den drei Fragen erleichtert den Dialog mit den Eltern:l Was lösen die Gefühle in mir aus, und wie beein-

flussen sie mein pädagogisches Handeln?l Warum fällt es mir so schwer, die Überlegungen

der Eltern aufzunehmen und zu akzeptieren?l Was kann ich dazu beitragen, um den Eltern mein

Anliegen verständlich zu machen?

Der Workshop bestand aus einer Phase des Sam-melns und einer Phase der Reflexion. Das Team ei-ner Einrichtung könnte einen ähnlichen Workshopz.B. im Rahmen einer Fortbildung zur Wertebildungdurchführen. Ausgangspunkt ist die Feststellung,dass eine erste Wertehaltung auf kleinstem sozia-lem Raum, d.h. innerhalb der Familie, entsteht.

Daraus ergibt sich die erste Frage für die Sam-melphase: l Welche Werte haben Sie in Ihrer Familie erfah-

ren? Es sollte darauf geachtet werden, keine Vor-gaben für die Antworten zu machen, d.h. auchnicht zwischen Werten (z.B. Freiheit und Solida-rität) und Tugenden (z.B. Pünktlichkeit und Sau-berkeit) zu unterscheiden. Danach können die ge-sammelten Werte aufgehängt werden, und dieReflexionsphase kann beginnen.

Hierfür können folgende Fragen nützlich sein:l Welche Werte betrachten Sie als positiv, negativ

oder neutral?l Was davon sind Ihnen so wichtig, dass Sie diese

in der Bildungsarbeit mit Kindern weitergebenmöchten?

l Auf dieser Grundlage kann dann ein Gesprächüber die Diskrepanzen zwischen den Werten, mitdenen die Mitarbeiterinnen aufwuchsen und denWerten, die sie jetzt für vermittelnswert halten,entstehen. Im nächsten Schritt kann dann überdie bewusste Förderung der Werte, über die sichalle einig sind, gesprochen werden.

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Teil II Praktische Überlegungen Teil II Praktische Überlegungen

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Der Workshop: Welche Werte habe ich selbst?

Page 11: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

Um einen Dialog zu fördern, benötigen Eltern eineeinladende, ansprechende Atmosphäre, die ihnendie Gewissheit gibt, willkommen zu sein. Sie benöti-gen Wertschätzung, Respekt und Akzeptanz, was siehäufig schon an der Art der Ausgestaltung der Ein-richtung erkennen können. Begrüßungsposter in denSprachen der Kulturen, aus denen die Kinder kommen,die die Einrichtung besuchen, sind auch für Elternnichtdeutscher Herkunft ein guter Wegbegleiter.

Die folgenden 13 Punkte können Erzieherinnenhelfen, in der Praxis besser mit Wertekonflik-ten umzugehen.1. Die Erzieherin ist sich ihrer eigenen Werte be-wusst, und sie kennt deren Entstehungsgeschichte(Familie, Freunde, Vorbilder etc.).2. Sie kennt die historische Entwicklung und dieWerte des Trägers und der Institution und kann sichmit diesen identifizieren.3. Sie setzt die im Leitbild formulierten Ziele desAnstellungsträgers in der Konzeption und in der pä-dagogischen Praxis um.4. Sie knüpft an den Erziehungsvorstellungen undBildungserwartungen der Eltern an und begegnetdiesen mit Respekt.5. Bei Differenzen in der Wertehaltung bezogen aufErziehungsziele und Bildungserwartungen zwischenEltern und Erzieherinnen erforscht sie die Hintergrün-de12 der unterschiedlichen Vorstellungen.

6. Unterschiedliche Wertvorstellungen „bewertet“sie vor dem Hintergrund von gesellschaftspolitischen,sozialen und familiären Kontexten.7. In einem dialogischen Prozess, in dem das Kind(und nicht der Dissens in der Werthaltung) im Mittel-punkt steht, erarbeitet sie – zum Wohl des Kindes –möglichst einvernehmliche Lösungen mit den El-tern. Dies kann durchaus in vielen Teilschritten er-folgen.

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Teil II Praktische Überlegungen

Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass alleine damitambivalente Gefühle geklärt werden können, denn:„Erzieherinnen brauchen eine kontinuierliche Selbst-und Praxisreflexion, um wichtige Veränderungenvornehmen zu können. Sie benötigen fachliche Un-terstützungssysteme, um ihre eigenen Wertvorstel-lungen hinterfragen zu können, sich mit eigenen Ein-seitigkeiten und Vorurteilen auseinanderzusetzenund eine vorurteilsbewusste Praxis zu gestalten.“So Petra Wagner aus dem Projekt „Kinderwelten“,in dem Vielfalt als Chance und als Grundlage einervorurteilsbewussten Bildung und Erziehung ver-standen wird.11

Selbst auf sich allein gestellt, können Erziehe-rinnen auf der Basis der eigenen Erinnerungen überdie Kommunikationskulturen, die sie in ihrer Fami-lie, in der Schule, in der Ausbildung erlebt haben unddie ihnen in positiver oder negativer Erinnerung ge-blieben sind, Orientierungspunkte für den Dialog mitKindern und Eltern entwickeln. Wichtig dabei ist ins-besondere die Gestaltung von Dialogen mit Eltern,die eine den Erzieherinnen gegenüber abweichen-de Meinung bzw. Vorurteile gegenüber der Umset-zung des Bildungs- und Erziehungsauftrages haben,wie z.B. „Jungen dürfen nicht in der Puppeneckespielen und sich dort verkleiden“; oder „Kinder ler-nen ja nichts in Tageseinrichtungen für Kinder, siespielen bloß den ganzen Tag“. Solche Einstellungenkönnen Ausdruck unterschiedlicher Wertevorstel-

lungen und davon abgeleiteter Erziehungsstile sein.Diese kritischen Äußerungen von Eltern können alsKonflikt empfunden werden, der die Kommunikati-on mit den Eltern erschwert. Gute Kommunikationist jedoch eine Grundvoraussetzung für die konstruk-tive Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erziehe-rinnen zum Wohle des Kindes. Hindernisse müssengemeinsam überwunden werden.Um Perspektiven für den Dialog mit Eltern im Kon-fliktfall entwickeln zu können, ist die Beantwortungdieser zwei Fragen hilfreich:l Was empfinde ich, welche pädagogischen Ziele

sind mir hierbei wichtig, was befürchte ich, wel-che meiner Werte sind erschüttert?

l Was sind die Ziele der Eltern, was ist ihnen wich-tig, was befürchten sie, welche Werte werden ih-rer Meinung nach nicht beachtet?

Wichtig ist, von- und miteinander zu lernen. Im Mittel-punkt steht nicht, wer Recht hat, sondern die Suchenach Gemeinsamkeiten und nach Wegen des Ver-stehens, um auf dieser Grundlage gemeinsamePerspektiven entwickeln zu können.

Eltern, die im Dialog mit der Erzieherin erfahren,dass diese ihre Sorge z.B. um die Schulfähigkeit ihresKindes ernst nimmt, werden das Konzept „Im Spiellernt das Kind wichtige Kompetenzen, die ihm in derSchule und im Leben weiterhelfen“ eher akzeptie-ren, als wenn sie sich in ihren Sorgen unverstanden füh-len.

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Teil II Praktische Überlegungen

11Petra Wagner (Hg.)(2008): Handbuch Kinderwelten. Vielfalt als Chance – Grundlagen einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung. Herder Verlag. S. 200.

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12Vgl.: Vortrag Prof. Dr. Wustmann auf der Regionalkonferenz in Dresden: Pädagogische Fachkräfte im Spannungsfeld der Wertekonflikte, am29.05.2008.

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wie die unterschiedlichen Lebensgewohnheitenstellen für Erzieherinnen besondere Herausfor-derungen dar. Unterschiedliche Sprachkompe-tenzen verhindern häufig den notwendigen Dia-log insbesondere mit Eltern aus Ländern, dienicht unserem Sprach- und Kulturraum entspre-chen. Auch diesen Stolperstein gilt es zu über-winden. Damit ein Dialog zwischen allen Betei-ligten auf gleicher Augenhöhe möglich wird, solldas bei den Eltern vorhandene Sprachvermögenund Expertentum aufgedeckt werden. Somit wirdein Grundstein für eine noch zu entwickelnde Er-ziehungspartnerschaft gelegt.

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8. Im dialogischen Prozess im Team kann die Re-flexion der eigenen Haltung erfolgen und der Um-gang mit den Eltern entwickelt werden. Dies dientder eigenen Sicherheit und eröffnet Möglichkeitender Unterstützung durch Kolleginnen in einer schwie-rigen Situation.9. Erst, wenn solche Versuche gescheitert sindoder die Situation zu eskalieren droht, schaltet siedie Leitung und den Träger ein.10. Der Träger beteiligt Erzieherinnen am trägerin-ternen Wertediskurs und unterstützt diese bei derSelbstreflexion (z.B. durch die Zurverfügungstellungvon ausreichenden Zeitressourcen) und im päda-gogischen Alltag (z.B. durch geeignete Fortbildungs-angebote, Fachberatung, Supervision).11. Insbesondere in Konfliktfällen kommt der Trägerseiner Personalverantwortung nach und unterstütztdie Erzieherin entsprechend der Trägerphilosophie.Dies kann – bei aller Kundenorientierung – auch ein-mal bedeuten, dass er den Eltern gegenüber deut-lich Position bezieht, um in seinem Wertebezugglaubhaft zu bleiben und Orientierung für alle Betei-ligten zu gewährleisten.12. Im regionalen Kontext kann (und sollte) auf dieUnterstützung von Expertinnen/Institutionen13 zu-rückgegriffen werden.13. Im Sinne einer sozialräumlichen Verantwortungbieten sich Kooperationen mit anderen Einrichtun-gen und Institutionen an.

„Tageseinrichtungen für Kinder als eine gesell-schaftliche Institution repräsentieren Normenund Werte der Dominanzkultur, die ihren Ur-sprung in der deutschen bürgerlichen Mittel-schicht haben. Als Akteure innerhalb dieser In-stitutionen repräsentieren Erzieherinnen dieseNormen und Werte“. ( Petra Wagner, Projekt „Kin-derwelten“)Normen und Werte werden insbesondere inHandlungsweisen, durch Sprache und Haltun-gen gegenüber anderen Menschen sichtbar. Un-reflektierte Sprachanwendungen tragen häufigzu Missverständnissen bei und werden somit füreinen fruchtbaren Dialog zum Stolperstein. Da-mit es zwischen Erzieherinnen, Kindern und El-tern zu einem für alle Seiten erfahrbaren und ein-ladenden Dialog kommen kann, ist es notwendig,dass Erzieherinnen sich über diesen Stolpersteinbewusst werden.In der heutigen Gesellschaft gibt es unterschied-liche Familienkulturen, Familienkonstellationen,Lebensvorstellungen und Lebensbedingungen.Die damit verbundenen unterschiedlichen Vor-stellungen über Werte, Erziehung, Bildung so-

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Zwischenfazit

13Z. B. Landeszentralen für politische Bildung

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Dominanzverhältnisseerschweren den Dialog

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weitere ergänzt und von einer respektvollen und of-fenen Haltung allen Eltern gegenüber umrahmt wer-den, zu erfolgreichen Erziehungspartnerschaftenbeitragen können.

Abbildung 2: Handlungsfelder für Erziehungspart-nerschaft und Werteerziehung

Durch Entwicklungsgespräche Eltern aktiv einbeziehen Durch regelmäßige Gespräche über die Entwicklungdes Kindes wird ein sorgfältiger Aufbau des part-nerschaftlichen Vertrauensverhältnisses zwischenEltern und Erzieherinnen gefördert und gepflegt. Obnach der Eingewöhnung der Kinder, in regelmäßigenAbständen im Jahresverlauf sowie vor der Einschu-lung, bieten sie Erzieherinnen und Eltern eine guteGelegenheit, sich über Entwicklungsschritte, Stär-ken und Interessen, aber auch über Besonderhei-ten des Kindes auszutauschen. Sie eröffnen zudemdie Möglichkeit, Wünsche und gegenseitige Erwar-tungen offen zur Sprache zu bringen.

Ein belebendes und unterstützendes Element fürdie Durchführung der Gespräche sind z.B. eigens fürEltern konzipierte Beobachtungsbögen. Mit Hilfestrukturierter Fragen erhalten Eltern die Chance, ihreKinder im Vorfeld zu Hause gezielt zu beobachten.Sie können sich dadurch ebenfalls gezielt auf die Ge-spräche vorbereiten und ihre Sichtweise einbringen.Diese Beobachtungsfragen sollten geleitet sein vonder Konzeption der Einrichtung und einer wertschät-zenden, ressourcenorientierten Haltung sowohl El-tern als auch Kindern gegenüber.

Gleichermaßen gut vorbereitet finden die Ent-wicklungsgespräche als gemeinsamer Dialog „aufAugenhöhe“ statt. Ein solcher wechselseitig ge-führter Dialog beinhaltet viel Wertschätzung und

„Wenn sich die Tageseinrichtung als lernende Gemein-schaft versteht, ist es umso notwendiger, dass die Zu-sammenarbeit zwischen Erzieherinnen und Eltern ei-nen festen Bestandteil im Einrichtungskonzept erhält.“

Petra Wagner

Die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Er-zieherinnen, in der beide Lebenswelten, die für ein Kindvon größter Bedeutung sind, eng kooperieren und re-gelmäßig miteinander im Gespräch sind, bildet dieGrundlage für einen Dialog, der in der Lage ist, Wer-tekonflikte zu entschärfen und gemeinsame Haltun-gen und Normen für das Zusammenleben zu entwi-ckeln. Dies ist besonders wichtig vor dem Hintergrund,dass Eltern, Erzieherinnen und Träger nicht unbedingtdie gleichen Werte teilen oder die Bedeutung bestimm-ter Werte unterschiedlich bewerten.

Die Herausforderungen, denen sich Erzieherinnenbei der Bildung von Erziehungspartnerschaften ge-genüber sehen, liegen in der Vielfalt der Familienfor-men und Familienkulturen, die ihnen in ihren Einrich-tungen begegnen und die sie dort tagtäglich erfahren.

Die Tageseinrichtungen für Kinder bieten ein brei-tes Spektrum an Handlungsfeldern, in denen Erzie-

hungspartnerschaft stattfinden und gelebt werdenkann. Gelingt der Aufbau eines solchen partner-schaftlichen Fundaments, finden Eltern ein Klima vor,das sie dazu einlädt, eigene Lebenserfahrungen undWertvorstellungen, die die Erziehung ihrer Kinder be-treffen, einzubringen und mit den Angeboten der Ein-richtung zu verknüpfen. Solchermaßen anerkannt,sind Eltern auch bereit, vielfältige Impulse und An-regungen anzunehmen, die ihre eigenen Erziehungs-kompetenzen erweitern und ihnen neue Lern- undHandlungsmöglichkeiten eröffnen können. Die Ta-geseinrichtung für Kinder ist wie kein anderer Ort ge-eignet, Angebote zur Elternbildung niederschwelligund der jeweiligen Elternschaft entsprechend zu er-möglichen. Das Verständnis von Elternbildungsan-geboten ist hier sehr weit gefasst und schließt Pro-zesse der Auseinandersetzung und der Orientierung,des Aufgreifens von Impulsen und des Austauschsmit anderen mit ein.

Beispielhaft werden in Abbildung 2 vier Hand-lungsfelder umrissen, die verschiedene Aspekte vonErziehungspartnerschaften beleuchten. Sie sollennicht als eine vollständige Liste verstanden werden,sondern als einzelne Aktivitäten, die, wenn sie durch

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Teil II Praktische Überlegungen Teil II Praktische Überlegungen

Erziehungspartnerschaften als Form des Dialogs mit der Wertewelt der Eltern

Erziehungspartnerschaftund Werteerziehung

AustauschBegegnungKommunikation

ElternabendeKurseGesprächskreise

Entwicklungs-gespräche

Eltern im Alltagder Tageseinrich-

tung für Kinder

Page 14: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

Praxistipp: Das NamensspielGute Erfahrungen wurden in einer Einrichtung zu Be-ginn des Jahres mit einem Namensspiel gemacht.Das Spiel eignet sich als erster Schritt, um sich ge-genseitig kennenzulernen. Folgende Fragen warenvon Eltern zu beantworten: l Wie heißt Ihr Kind? l Welche Bedeutung hat der Name?l Wer hat dem Kind diesen Namen gegeben?l Was verbinden Sie mit dem Namen für die Zukunft

Ihres Kindes? Trotz einiger Sprachbarrieren, konnten alle Eltern undErzieherinnen sich daran beteiligen und über die-sen Weg miteinander Beziehungen knüpfen.

Elternabende, Gesprächskreise und KurseDer Pädagoge Hartmut von Hentig verweist darauf,dass eine Erziehung ohne Werte nicht möglich sei.In diesem Sinne ist jede Auseinandersetzung mitErziehungsfragen auch eine Auseinandersetzungund Anregung für eine Werteerziehung. Das erziehe-rische Eingreifen, das Setzen von Impulsen, das Auf-stellen von Regeln und der Umgang mit Normen istnormalerweise geleitet durch das eigene Wertesys-tem. Je bewusster dies ist, desto reflektierter kann eseingesetzt werden.

Elternbildungsangebote haben in den Tagesein-richtungen eine lange Tradition in Form von klassi-schen Elternabenden. Hier werden sowohl konzep-tionelle Aspekte der Einrichtung aufgegriffen, alsauch erziehungsspezifische Themen der Eltern.

Werteorientierung, ein Austausch darüber, waswichtig ist und wie dies verwirklicht werden kann,ist auch in thematischen Gesprächskreisen möglich.Dies sind in der Einrichtung organisierte, monatli-che Treffs für Eltern, bei denen sie sich, teils unterfachkundiger Moderation und methodisch vielfäl-tig, z.B. über „Grenzen setzen – aber wie?“, „Kinderstark machen – vom Umgang mit der Angst“ oder ähn-liches austauschen können. Themen, die Wertehal-tungen besonders in den Blick nehmen, finden hierebenso einen Platz.

Das weite Feld der religiösen Erziehung ist einAspekt, der unter der Maßgabe der Trägerkonzep-

Anerkennung für die Erziehungsleistung der Eltern,die sich dabei auch als komptente Partner für dieErziehung ihrer Kinder ernst genommen fühlen.

Entwicklungsgespräche bieten zudem die Möglich-keit, sich mit Eltern in einem entspannten Rahmenüber gegenseitige Wertvorstellungen in der Erzie-hung auszutauschen, die dem jeweiligen Erziehungs-konzept zu Grunde liegen.

Eltern in den Alltag der Tageseinrichtung einbindenEine andere Möglichkeit, den Abstand zwischen El-tern und Erzieherinnen abzubauen und damit dieGrundlage für den Dialog zu stärken, besteht in deraktiven Teilnahme der Eltern am pädagogischen All-tag in der Tageseinrichtung. Das setzt zunächst ei-ne hohe Offenheit der Erzieherin sowie der Einrich-tung gegenüber Eltern voraus, sowie die Zeit undBereitschaft seitens der Eltern. Es beinhaltet gleich-zeitig die Chance, Eltern mit ihren Fähigkeiten undRessourcen in die pädagogische Arbeit zu integrie-ren. So entsteht einerseits eine hohe Transparenzdes Alltagsgeschehens für Eltern, auf der anderenSeite erhalten sie wichtige Impulse, oder auch –wenn nötig – neue Handlungsmöglichkeiten für ihreigenes Erziehungsverhalten. Wenn Eltern in der Ein-richtung ein offenes Klima vorfinden, das sich durchAkzeptanz und Interesse auszeichnet und sie dazueinlädt, eigene Lebenserfahrungen und Wertorien-

tierungen einzubringen und diese mit dem Konzeptder Tageseinrichtung zu verknüpfen, dann haben Kin-der wiederum die Chance, in einem sozialen Kontextaufzuwachsen, in dem ihre wichtigsten Bezugs- undBindungspersonen miteinander im Dialog stehen,miteinander harmonieren und gemeinsam für dasKind einstehen.

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Teil II Praktische Überlegungen Teil II Praktische Überlegungen

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Praxistipp: Helden gesucht!Eine schöne Methode, um mit Eltern ins Gesprächüber Werte in der Erziehung zu kommen, hat dasBundesforum Familie mit seiner Aktion „Helden ge-sucht“ entwickelt. Auf vorgedruckten Postkartenkonnten Kinder ihren Helden und/oder ihre Heldinmalen. Nicht alle konnten etwas mit dem Begriff an-fangen und die Eltern waren aufgefordert, sie zu er-klären. Das war der Einstieg in ein Gespräch zwi-schen Eltern und Kindern über wichtige Vorbilder.Auf der Rückseite der Postkarte sollten die Elternden Satz ergänzen „Von mir lernen meine Kinder …“.Der Satz bildete den Einstieg in einen Selbstreflekti-onsprozess der Eltern über ihre Vorbildfunktion.

Die Postkarten bieten mehrere Möglichkeiten zurReflexion und zum Dialog: Eltern unterstützen ihreKinder dabei, sich Gedanken über die Figuren/Men-schen zu machen, die ihnen wichtig sind. Sie selbstreflektieren ihre eigene Rolle als Vorbild für ihre Kin-der. Als das Bundesforum Familie die Aktion durch-führte, wurden z. B. neben Familienmitgliedern häu-fig Charaktere aus Fernsehsendungen oder ausBüchern genannt. Dieser Austausch zwischen Elternund Kindern gewährt den Erwachsenen wertvolleEinblicke in die kindliche Gedankenwelt und derenWerteorientierung.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit für die Postkar-ten kann z. B. ein Elternabend sein. Wenn die Elternihre Vorstellungen oder Wünsche als Vorbilder für

ihre Kinder eingetragen haben, dienen die gesam-melten Angaben als eine hervorragende Diskussi-onsgrundlage zum Thema Werteerziehung.

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Teil II Praktische Überlegungen

tion hier besprochen werden kann. Eine breitgefächer-te Auseinandersetzung bedeutet außerdem, Fragennicht nur nach dem technischen Funktionieren, son-dern auch nach dem Sinn zu stellen.

Praxistipp: „Kinder brauchen Wurzel und Flügel“ Mit dem Ziel, Kinder in ihrer Identität zu stärken, er-halten Eltern die Möglichkeit, sich mit ihren Sicht-weisen einbringen zu können.Auf einem Elterabend sind von den Eltern zwei Fra-gen zu beantworten:1. Was benötigen Kinder, damit ihre Wurzeln genährt

werden?Die Antworten werden von den Erzieherinnen auf ei-ner Wandzeitung sichtbar für alle zusammengetra-gen. (z.B. Traditionen, Sicherheit, Selbstvertrauen,Geborgenheit, Religion usw. )2. Was brauchen Kinder, damit ihre Flügel wach-

sen können?(z.B. gute Bildung, Verständnis ,Wertschätzung, Res-pekt usw.)Gemeinsam wird über die Ergebnisse diskutiert undalle erhalten Gelegenheit, miteinander über ihre Er-ziehungs- und Bildungsvorstellungen in den Dialogeinzutreten.

Den Austausch unter den Eltern fördernFür Eltern ist der Austausch über Familien- und Er-ziehungsthemen, aber auch über Normen und Wer-te, eine unschätzbare Quelle der Orientierung. Siedurchleben mit ihren Kindern häufig ähnliche Situa-tionen und sind sich deshalb naheliegende Ratge-ber und Gesprächspartner.

„Das hat mir immer am meisten geholfen: Michmit anderen Eltern auszutauschen, zu hören, da istdas genau gleich. Das entlastet und relativiert einProblem. Oft haben mir auch die Geschichten vonEltern mit älteren Kindern weitergeholfen, z.B., wennmein Kind in einer schrecklichen Trotzphase war undich gemerkt habe, das ist ein Machtkampf.“14

Eine Tageseinrichtung für Kinder bietet für ei-nen solchen gewinnbringenden Austausch ein le-bendiges Forum. Hier begegnen Eltern Gleichge-sinnten, finden Kontakt zu anderen Familien undverbringen Freizeit miteinander: eine optimale Ge-legenheit, um mit anderen in Austausch über Ideenund Handlungsmöglichkeiten in der Erziehung zukommen.

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Teil II Praktische Überlegungen

14Quelle bitte noch einsetzen - liegt nicht vor

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l Im gemeinsamen Dialog mit ihnen werden die Ent-wicklungs- und Bildungsziele erarbeitet, wobeidie Stärken der Eltern in den Vordergrund gerücktwerden.

Im Zentrum der pädagogischen Arbeit steht die Hal-tung der Erzieherinnen gegenüber den Kindern. Er-zieherinnen verbringen einen großen Teil des Tagesmit Kindern. Sie haben einen eigenständigen Bil-dungsauftrag zu erfüllen und dazu gehört auch dieWerteerziehung. Dies geschieht in der Gewissheit,dass Werte nicht theoretisch vermittelt werden kön-nen, sondern von jedem Kind durch eigene Aktivi-tät in Selbstbildungsprozessen und im Dialog mit an-deren gebildet werden müssen.

Erzieherinnen sind daher nicht als Gestalterinnenspezieller Werteerziehung gefragt, sondern vielmehrals diejenigen, die das alltägliche Zusammenlebenin den Einrichtungen so gestalten, dass bestimmtewichtige Erfahrungen möglich werden. Darüber hi-naus dienen sie mit ihrer persönlichen Haltung denKindern als Orientierung und sind im besten Fallglaubhafte Vorbilder.16

Ein Beispiel für die Reaktion der Erzieherin auf eineAlltagssituation kann die Bedeutung der persönli-chen Haltung verdeutlichen: 17

Ein Kind fährt mit einem Tretroller und stürzt. Wassagt die Erzieherin?l „Lag da vielleicht etwas im Weg?“l „Bist du vielleicht zu schnell gefahren?“l „Das passiert jedem Kind mal.“l „Dazu bist du einfach noch zu klein.“Welche der o.g. Reaktionen nimmt das Kind unddie Situation ernst und ist für das Kind ermutigend? Die versteckte Botschaft der Aussage: „Dazu bist dueinfach noch zu klein“, ist: „Es liegt an dir, und dukannst es nicht ändern.“

In eine ganz andere Richtung geht die Frage:„Bist du vielleicht zu schnell gefahren?“ Dadurchlenkt die Erzieherin die Aufmerksamkeit des Kindesauf Dinge, die es ändern kann. Oder sie macht esauf äußere Umstände aufmerksam („Lag da vielleichtetwas im Weg?“) und empfiehlt ihm so eine erhöh-te Aufmerksamkeit. Wenn sie den „blinden Zufall“anspricht, vielleicht in der Absicht zu trösten, liegtdie Gefahr darin, dass das Kind meint, sie wolltedas Ganze herunterspielen. „Und es hat doch weh-getan!“, lautet dann die empörte Antwort.

Das Beispiel verdeutlicht die Bedeutung dergrundsätzlichen Haltung der Erzieherin, die sich hin-ter der jeweiligen Aussage verbirgt. Auch dieses Bei-spiel eignet sich hervorragend für den Wertedialog

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Damit Erzieherinnen neue Wege im Dialog mit Kin-dern und Eltern gehen können, benötigen sie ent-sprechende zeitliche und fachliche Unterstützung.Zur Klärung der persönlichen Haltung und der Iden-tifikation möglicher Stolpersteine kann die Auseinan-dersetzung mit den nachstehenden Fragestellungenhilfreich sein:l Sind die Begrifflichkeiten, die ich im Gespräch mit

den Eltern verwende geeignet, sie am gewünsch-ten Dialog entsprechend zu beteiligen?

l Wie kann es mir gelingen, meine eigene Positionim Dialog über Bildungs- und Erziehungsfragendeutlich werden zu lassen, ohne dass ich Posi-tionen der Eltern werte oder gar abwerte?

Im Rahmen des Projekts „Kinderwelten“ setzten sichErzieherinnen aus 20 Kitas in drei Bundesländern15

unter fachlicher Begleitung mit eben solchen Fra-gestellungen auseinander. Durch ihre Beteiligung ge-wannen die Erzieherinnen Erkenntnisse, die ihnenMöglichkeiten zur Verbesserung ihrer eigenen Dia-logfähigkeit eröffneten und ihre Dialogkompetenz er-weiterten.Erkenntnisse, die Erzieherinnen aus dem Projekt ge-wonnen haben, machen u. a. deutlich:

l Die Gesprächsinitiative geht von den Erzieherin-nen aus. Sie sind die Gastgeberinnen, die die El-tern einladen und dafür sorgen, das sich Eltern inder Einrichtung wohlfühlen, sich verstanden, ak-zeptiert, wertgeschätzt und als Experten und Ex-pertinnen ihrer Kinder angenommen fühlen können.

Im Verlauf der Projektarbeit wurden in einer Einrich-tung von den Erzieherinnen für einen professionel-len Dialog mit Eltern und Kindern folgende Leitge-danken festgehalten:l Eltern aus unterschiedlichen kulturellen und ge-

sellschaftlichen Lebensbezügen sind in unsererEinrichtung willkommen!

l Wir begegnen Ihnen mit Respekt, Wertschätzungund Akzeptanz.

l In unserer pädagogischen Arbeit setzen wir aufdie Teilhabe von Eltern an unseren Planungen, da-her führen wir mit ihnen Gespräche auf gleicherAugenhöhe.

l Die Umgangsweise und der Dialog mit den Elternsind gekennzeichnet von Respekt, Wertschät-zung und Akzeptanz.

l Eltern sind für uns die Experten ihrer Kinder undihrer Kultur.

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Teil II Praktische Überlegungen

15Das Projekt Kinderwelten mit dem Thema „Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen“ lief von 2005 bis 2008 inNiedersachsen, Baden-Württemberg und Thüringen. Für weitere Informationen siehe: www.kinderwelten.net

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Zusammenfassung: Wie können Erzieherinnen den Dialog aufnehmen?

16Norbert Blauing-Schaaf, Regionalkonferenz des Bundesforums Familie „Pädagogische Fachkräfte im Spannungsfeld der Wertekonflikte“, Halle, 04.06.2008.17Es handelt sich um einen Auszug aus dem Vortrag von Dr. Rainer Strätz auf der Veranstaltung „Werte reflektieren und erlebbar machen“am 22.11.2007 in Hannover.

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benutzen, die Kindern und Eltern Gelegenheit ge-ben, sich mit ihren Erfahrungen, Vorstellungen undErkenntnissen einbringen zu können.

Die Wertschätzung drückt sich aus in folgenden bei-spielhaften Überzeugungen:l Das einzelne Kind steht mit seinen Fähigkeiten,

Stärken und Schwächen im Blickpunkt unseresHandelns.

l Wir begegnen jedem Kind mit Respekt und Wert-schätzung.

l Unser Umgang mit Kindern ist gekennzeichnetvon Vertrauen, Geduld und Verständnis.

l Für uns ist es wichtig, gemeinsam mit den Kindernzu lernen.

l Wir ermutigen Kinder, Fragen zu stellen und unter-stützen sie in ihrem Willen, zu forschen und zu ent-decken.

l Wir ermöglichen ihnen die Teilhabe an den Pla-nungen und Aktivitäten des Alltags.

l Wir unterstützen Kinder, ihre Gefühle erkennenund benennen zu können.

im Kolleginnenkreis, sowie zwischen Eltern und Erzie-herinnen.

Die „Bewertung“ der Aussage der Erzieherin durchdas Kind ist Teil seines Selbstbildungsprozesses. Wer-te werden in vielen kleinen und großen Alltagssitua-tionen, häufig auch unbewusst und unreflektiert, inTageseinrichtungen für Kinder erlebt. Welche Möglich-keiten es dafür geben kann, haben die Teilnehmen-den der Regionalkonferenz des Bundesforums Fami-lie in Stuttgart am 17. Juli 2008 beispielhaft erfahren.

Das Aha-ErlebnisWie in den anderen Regionalkonferenzen wurden dieTeilnehmenden zuerst aufgefordert, sich ihre eigenenWerte bewusst zu machen. Die große Sammlung wur-de in einem mehrstufigen Diskussionsprozess auf dreizentrale Werte zusammengefasst. Die Teilnehmendenwurden in drei Gruppen – eine pro Wert – aufgeteilt.Drei Tische mit unterschiedlichsten Materialen stan-den zu Verfügung. Nach dem Prinzip „Lernen mit al-len Sinnen“ wurden jedem Tisch unterschiedliche Sin-ne zugeordnet. Die Idee war, der Kreativität derTeilnehmenden freien Lauf zu lassen und die Fragezu beantworten: Wie können wir Kindern und Er-wachsenen den uns zugewiesenen Wert mit den unszugewiesenen Sinnen näher bringen?

Eine Gruppe hatte die Aufgabe, „Gerechtigkeit“akustisch und taktil erlebbar zu machen. Sie führtedas Spiel „stiller Dirigent“ vor, in dem jede/r einen

Rhythmus vorgab, den die anderen nachmachensollten. Alle Gruppenmitglieder bekamen damit dieChance, die ganze Gruppe kurzzeitig zu führen – einSpiel, das nur funktioniert, wenn alle die Grundbe-dingungen akzeptieren und mitmachen.

Die gestellte Aufgabe brachte für viele der Teil-nehmenden eine neue Erkenntnis: In vielen ihrer All-tagsaktivitäten in der Tageseinrichtung für Kinderwerden Werte erlebbar gemacht, sie hatten abernoch nicht erkannt, dass das geschieht. Zusammenfassend lässt sich feststellen:l Werte sind nicht allein durch Worte vermittelbar,

sie werden im Handeln von Erzieherinnen im Um-gang mit Kindern und Eltern erfahrbar und sichtbar.

l Werte werden deutlich, wenn Kinder und Elterndie Wahl haben, sich so oder anders entschei-den zu können.

l Werte werden eher angenommen, wenn Erzieherin-nen gegenüber Kindern und Eltern in ihren Hand-lungen Aufmerksamkeit und Wertschätzung zeigen.

l Werte sind verständlich, wenn Erzieherinnen sichals Bildungsbegleiterinnen verstehen, denen esdarauf ankommt, die Handlungen von KindernundEltern zu verstehen, um mit ihnen gemeinsam inAktionen oder im Dialog die unterschiedlichenSicht- und Handlungsweisen für alle deutlich wer-den zu lassen.

l Werte sind für Eltern und Kinder hinterfragbar unddiskutierbar, wenn Erzieherinnen Dialogformen

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Teil II Praktische Überlegungen Teil II Praktische Überlegungen

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In welcher Qualität diese komplexe Anforderung an Ta-geseinrichtungen für Kinder geleistet werden kann,hängt maßgeblich von der Qualifizierung der Fach-kräfte, der Personalausstattung sowie von den zeit-lichen Ressourcen ab, die für die Bewältigung derArbeitsanforderungen zur Verfügung stehen. Hierbesteht noch erheblicher Handlungsbedarf, dennneben der unzureichenden Ausbildung und Bezah-lung mangelt es auch an der gesellschaftlichen An-

erkennung der Fachkräfte in Tageseinrichtungen. ImVergleich zu anderen Berufsgruppen gleicher Qua-lifikation bewegen sich die Gehälter von Fachkräftenim Bereich der Tagesbetreuung für Kinder am unte-ren Level.19 Auch hier gilt es, Veränderungen anzu-streben, statt die Fachkräfte mit immer mehr Erwar-tungen und Anforderungen zu überfordern.

Weiterhin gehört zu den wesentlichen Schwach-stellen des Systems, dass die gegenwärtige Bil-dungs-, Erziehungs- und Betreuungssituation regio-nal stark variiert und als Gesamtsystem von denangestrebten politischen Zielen noch weit entferntist. In quantitativer Hinsicht gilt dies vor allem fürdie westdeutschen Bundesländer. Eine qualitativeVerbesserung ist allerdings in Ost und West im Be-reich der Tageseinrichtungen für Kinder wie auch derKindertagespflege dringend erforderlich.20 In diesemKontext sind die Beschlüsse der Bundesregierungzum Ausbau der Tageseinrichtungen für Kinder un-ter drei Jahren und der Tagespflege zu begrüßen. Siestellen mit Unterstützung des Bundes die Grundla-ge für die Verbesserung der Angebotsstruktur dar.

Soll jedoch die Zukunftsfähigkeit von Kindertages-einrichtungen und Kindertagespflege nicht nur quan-titativ, sondern auch qualitativ gelingen, muss ausSicht des Bundesforums Familie ein tiefgreifenderReformprozess eingeleitet werden. Die vielfältigenbildungspolitischen und sozialpolitischen Funktions-zuschreibungen lassen sich nicht nebenbei und bei

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Teil III Politische Implikationen

Die Tageseinrichtungen für Kinder sind zu einem Er-folgsmodell geworden. Die Notwendigkeit qualifizier-ter Bildungseinrichtungen ist als Zukunftsressourcepolitisch erkannt. Allerdings steigen die Erwartungen,insbesondere an Tageseinrichtungen für Kinder, insnahezu Unermessliche. Eine der zentralen Erwartun-gen an die Einrichtungen lässt sich in der Formel„Herstellung von Chancengerechtigkeit“ bündeln.Sie sollen dazu beitragen, dass durch eine frühe För-derung alle Kinder sich entsprechend ihren Bega-bungen entwickeln können. Vor allem soll Kindernaus Familien, in denen nicht ausreichend Förderungs-impulse vermittelt werden, Chancen eröffnet wer-den, ihre eigenen Bildungspotenziale zu entfalten.Eine weitere zentrale Erwartung stellt die Verbesse-rung der gesellschaftlichen Integration für Kinder mitMigrationshintergrund dar. Kindern unterschiedli-cher ethnischer Herkunft und religiöser oder weltan-schaulicher Orientierung soll in Tageseinrichtungenermöglicht werden, gemeinsame Erfahrungen zumachen und den Umgang mit der deutschen Spra-che zu lernen. Gleichzeitig sollen ihre Eltern ins All-tagsgeschehen eingebunden werden. Im Kontextder PISA- und IGLU-Vergleichsstudien wird nicht nurdie Schule als Bildungsinstitution auf den Prüfstand

gestellt, sondern es wird von den Tageseinrichtun-gen für Kinder erwartet, dass diese die Kinder bes-ser auf die Schule vorbereiten. Sprachstandserhe-bungen und gezielte Sprachförderung stellen hierbeinur einen Aspekt der zusätzlichen Aufgaben dar.

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Teil III Politische Implikationen

18Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums: Zukunftsfähigkeit von Kindertageseinrichtungen. Juni 2008. Siehe www.bundesjugendkuratorium.de.19„Wie geht’s im Job?“ Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Berufszufriedenheit, Oktober 2007, siehe: www.gew.de/Binaries/Binary35438/09_10_kita-studie.pdf

Erfolgsmodell Kindertageseinrichtung

20Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bildung, Betreuung undErziehung für Kinder unter drei Jahren – elterliche und öffentliche Sorge in gemeinsamer Verantwortung. Kurzgutachten. April 2008. Siehe: www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen,did=110292.html

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textvorschlag

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gleichen Ressourcen bewältigen. Vor allem derFachberatung kommt hier eine bedeutsame strate-gische Funktion zu, als Multiplikatorin für die Reform-impulse und zur Auswertung und Rückbindung derdezentral ablaufenden Prozesse im Kontext einerGesamtstrategie. Sie gilt es zu stärken und auszu-bauen, alles andere wäre kontraproduktiv.

Für die Tragfähigkeit des Gesamtsystems Bildung,Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen undTagespflege besteht eine öffentliche Verantwortung,die es auf mehreren Ebenen wahrzunehmen gilt. Siedarf in keinem Fall von der Finanzkraft der Länder,Kommunen bzw. Kreise sowie der Finanzkraft desTrägers abhängig sein. Dies würde das bildungs- undsozialpolitische Ziel der Bildungsgerechtigkeit für al-

le Kinder konterkarieren. Mit dem entsprechendenpolitischen Willen auf den Ebenen von Bund, Ländernund Kommunen, einer ausreichenden finanziellenAusstattung, der Verbesserung der Ausbildung derFachkräfte, fachlich innovativen Konzepten und derverantwortungsvollen Werthaltung sind die anste-henden Aufgaben zu bewältigen. Im Projekt desBundesforums Familie „Kinder brauchen Werte –Bündnisinitiative: Verantwortung Erziehung“ wurdeu.a. deutlich, dass die Erzieherinnen zum größtenTeil bereit sind, sich auch weiterhin den gesellschaft-lichen Anforderungen zu stellen.

Eine gemeinsame Anstrengung zur Verbesse-rung der Bildung, Erziehung und Betreuung stehtan – unsere Kinder sollten uns dies Wert sein!

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Teil III Politische Implikationen

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Page 20: Werte erlebbar mache n! - Bundesforum Familie

l „Position beziehen – gesellschaftlichen Dialog gestalten“ Berliner Erklärung der Steuerungsgruppe des Bundesforums Familie zur wertorientierenden Erziehung

l Werte erlebbar machen im Miteinander der Generationen: Praxisbeispiele aus der Familienbildung.

l KinderSTIMMEN: Eine qualitative Studie des Bundesforums Familie und des Kindersenders NICK

l ElternSTIMMEN: Eine repräsentative Studie des BundesforumsFamilie und des Kindersenders NICK

l Dokumentation des Projektes „Kinder brauchen Werte – Bünd-nisinitiative: Verantwortung Erziehung“

Alle Veröffentlichungen sind unter www.bundesforum-familie.de zu beziehen.

Medienkooperation mitDas Bundesforum Familie wird gefördert vom:

Weitere Veröffentlichungen im Rahmen des Projektes