Upload
others
View
5
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Information
GSA CONVENTION 2013
Wert(e)volle Worte
Foto: GSA
Einer der bewegendsten Momenteder diesjährigenGSA Convention:
die Aufnahme desMenschenrechts
aktivisten RüdigerNehbergin die Hallof Farne.
„Worte schaffen Wert(e)" - unter diesem vielsagenden Motto traf sich
Anfang September die Rednerbranche in München. Die German Spea
kersAssociation hatte zu ihrem Jahreskongress eingeladen und be
wies: Auch die Lautsprecher können leise sein. Sie wollen nicht reden
um des Redens willen, sondern nichts geringeres als die Welt ein Stück
weit besser machen.
Sie steht auf der Bühne und schlägt sich mit einem Buch
auf die Schulter, mal auf die linke, mal auf die rechte. Sa
bine Asgodom kasteit sich selbst. Wegen ihres Buches, das
da heißt »Eigenlob stimmt". Eine ungewöhnliche Eröffnung
einer Tagung Anfang September in München. Die Keynote-
Sprecherin lacht, meint es aber ernst, als sie ihr Buch in die
Reihen schleudert und sagt: »Das haben die falschen gele
6 Trainingaktuell | Oktober 2013
sen, die, die schon immer zu viel auf
den Putz gehauen haben." Und meint
- ihre Kollegen.
Zum achten Mal trafen sich die deut
sche Rednergilde und einige ausländi
sche Vertreter zur fahrestagung der
German Speakers Association (GSA)
in München, um ihr Business zu fei
ern, zu reflektieren und zu professio-
nalisieren. Vor allem zweiteres hatte
die oft so genannte Grande Dame des
Coachings im Sinn: Reflexion. Denn
das Motto der zwei Tage lautete »Die
Macht der Worte. Worte schaffen
Wert(e)".
Worte ohne Wert: Die Flut der Titel
entwertet den einzelnen Titel
Dass Worte mächtig sind, aber eben
genauso gut keinen Wert haben kön
nen, zeigte sie anhand eines Wort-
blasen-Bingos: »Agentur des Jahres,
Speaker of the Year, Konflikt-Papst,
Deutschlands Nummer l" ... schlugen
die Titel durch das Publikum. So ver
kaufen sich Speaker, die Redner, die
als Keynotes gebucht werden - und
zwar ohne rot zu werden. »Für mich
ist das Verarsche", redete Asgodom un
gewöhnlichen Klartext vor einem Pub
likum, das ja vor allem eins in den ver
gangenen Jahren gezeigt hat: Es weiß
sich mit Superlativen zu vermarkten.
Mit einer Modifizierung der Weis
sagung der Cree mahnte sie zur Ver
nunft in Sachen Selbstmarketing:
»Erst wenn der letzte Redner ein preis
gekrönter Redner, erst wenn der letzte
Autor ein Bestseller-Autor, erst wenn
der letzte Trainer ein Trainer des Jah
res ist, werdet ihr merken, dass man
mit Geld nicht alles kaufen kann." Die
Lösung liegt laut Asgodom in einem
werteorientierten Marketing, das sich
in einer neuen Form der Visibility zei
gen soll. Zwei Botschaften als Appelle
formuliert hatte sie dazu im Gepäck:
„Wir beweisen, was wir können". Und:
„Wir sagen, wofür wir stehen."
Inhalte kann keiner mehr erfinden
Asgodom sprach damit eine Schwie
rigkeit an, vor der wohl alle Redner
und Trainer stehen: Inhalte kann heu
te niemand mehr erfinden. Sie sind
im Markt. Aber für eine Buchung als
Referent auch sekundär. „Ein Keynote
Speaker wird gebucht, weil er er ist
oder sie sie." Auf die Haltung komme
es an, denn Worte ohne Haltung sei
en leer, Hülle ohne Fülle. „Menschen
können sich Worten entziehen, aber
nicht einer Haltung", zitierte Asgodom
einen amerikanischen Kollegen na
mens Cavett Robert.
Die Startbahn in die Convention war
damit gepflastert, die „Queen of Fu-
cking Everything" - wie sich Asgodom
selbstironisch zum Ende ihrer Rede
verabschiedete - bot Raum für die Re
flexion. Denn auch Asdogom ist bisher
gut geschwommen mit ihrer Vermark
tung über eine eigene Zeit
schrift und mit Titeln, die
ihr von Medien angehängt
und weitergetragen wurden.
„Veranstalter buchen
keine Referate, sondern
Referenten", schlug der An
schlussredner Rene Borbo
nus in die gleiche Kerbe. Er
redete über sein Leib- und
Lieblingsthema: Respekt.
Und zwar so wie es unter
die Haut ging. So wie jeder
wohl gern reden würde.
Inhalt und Intonation wa
ren eins, die zweifelsfrei
beste Performance auf der
Convention. Auch Borbo-
nus mahnte: „Themenklau
gibt es gar nicht. Nur nutzt
nicht meine Sätze, nicht
meine Worte." Denn Wor
te sind Taten, gute Redner
sind gereift, und sich ihrer
Verantwortung bewusst. Er
erklärte: Schlechte Redner,
die nicht ganz die Wahrheit
sagen, sind nicht weiter von
Relevanz. Aber gute Redner,
die nicht ganz die Wahrheit
sagen, sind gefährlich. Er
plädierte für die Wahrhaf
tigkeit: „Eure Worte besee
len. Eure Worte schaffen
Werte." Viel Kraft bedeute
viel Verantwortung, wurde
Borbonus eindringlich.
Information
1 Sabine Asgodom mahnte: „Menschenkönnen sich Worten entziehen, nichtaber einer Haltung."
2 „Veranstalter buchen keine Referate,sondern Referenten", begründete ReneBorbonus, warum Redner wahrhaftigsein müssen.
3 „Der Return-on-Speeches steigt nicht mitder Dauer einer Rede", gab Dieter Zet-sche eine Redeweisheit von sich preis.
Trainingaktuell | Oktober 2013 7
Information
Ton in Ton: Andreas ßuhr, neuer Präsidentder GSA, und Gaby Graupner, seit der Convention Past President.
Die Kraft von Visionen
Wie sich Verantwortung, die Kraft
von Visionen und Worte verbinden,
zeigte Rüdiger Nehberg. Der Welten
bummler und Menschenrechtsaktivist
wurde von den Mitgliedern der GSAin
die Hall of Farne gewählt und damit
für sein Lebenswerk ausgezeichnet.Und das war in mehrfacher Hinsicht
bemerkenswert. Denn der inzwischen
78-Jährige versteht sich weder als Red
ner, noch vermarktet er sich so.
Die Wahl von Nehberg zeigte, dass
die Mitglieder der GSA eben das schät
zen: nicht reden um des
Redens willen, sondern
mit Worten (und Taten) die
Welt verändern. Und Neh
berg hat die Welt verändert:
Seit Jahren kämpft er mit
seiner Menschenrechtsor
ganisation Target gegen die
weibliche Genitalverstüm
melung. Mit beachtlichen
Erfolgen. MinutenlangeStanding Ovations zeugten
von der Ergriffenheit des
Publikums, das hernach
über 50.000 Euro spendete.
Nehberg, ehemals Bäcker,
kommentierte: „Man kann
mehr verändern als man
denkt. Wer mit der Herde
geht, kann nur den Ärschen
folgen."
Return-on-Speeches
Ein Ausrufezeichen hin
ter das Motto der GSA-Ver-
anstaltung „Worte schaffen
Werte" wurde noch ein wei
teres Mal von ungewohnter
Seite gesetzt. Denn auch
der wohl prominenteste
Gast der Convention ist mit
150 Reden im Jahr kein Red
ner von Berufs wegen: Dieter Zetsche. Der
Vorstandsvorsitzende von Daimler wurde
nach Dietrich Genscher vor drei Jahren
und Margot Käßmann im vergangenen
Jahr mit dem Deutschen Rednerpreis aus
gezeichnet. Er sprach vom Return-on-Spee
ches, der nicht steige bei längerer Dauer ei
ner Rede, und machte es daher kurz: „Eine
Festrede bedeutet nicht, dass man sich fest
redet", uzte er.
Auch Lautsprecher können leise
So nahm die Convention ihren Lauf.
Inhaltlich substanzieller, reflexiver, mit
leiseren Tönen der als Lautsprecher ver
schrienen Branche als in vielen der Vorjah
re. Vorbei sind offensichtlich die Zeiten,
als Ketten schwingende Keynote Speakerund blumige Motti die Jahresveranstal
tung der Redner prägten. Mit dieser Veran
staltung verabschiedete sich Gaby Graup
ner vom Präsidentschaftsamt. Das Zepter
des Verbandsgeschicks und damit der Au
ßenwirkung der Redner hat nun Andreas
Buhr in der Hand. Der Vertriebler ist neuer
GSA-Präsident und hat für die kommenden
zwei Jahre ein Motto gewählt, das eben
falls die gesellschaftliche Verantwortungin den Fokus nehmen will: „Bewusstsein
verändern - Einfluss nehmen."
Nicole Bußmann •
„Wer mit der Herde geht, kann nur
den Ärschen folgen."Rüdiger Nehberg, neues Mitglied der Hall of Farne der GSA, über die Kraft von Visionen und die Notwendigkeit von Veränderung.
8 Trainingaktuell | Oktober2013