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Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 Mai 2015

Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 ... · Überblick 6 1 Einführung 9 1.1 Kurzer Rückblick und Hintergrundinformationen zum Wertminderungsprojekt des IASB

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Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 Mai 2015

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Impressum

Redaktion: Olaf Boelsems, Solvy Weigert, Fabian Umseher, Christoph HultschDesign und Layout: Sabine ReissnerLektorat: Jutta Cram

Fotos: Thinkstock, Corbis

Adresse der Redaktion:Ernst & Young GmbH WirtschaftsprüfungsgesellschaftAnja KlöfkornRothenbaumchaussee 7820148 Hamburg, Deutschland

Telefon +49 40 36132 12335Telefax +49 181 3943 [email protected]

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Herausforderungen beim neuen Wertminderungskonzept? Eine frühe Analyse und Umsetzungs-planung ist wichtig!

Liebe Leserin, lieber Leser, mit den neuen Regelungen zu Wertminderungen ist der vollständige Standard zu Finanz­instrumenten (IFRS 9) nun insgesamt verbabschiedet und – vorbehaltlich der EU­Über­nahme – ab 2018 anzuwenden. Die Wertminderungsregeln sind komplexer als bisher, und gerade in weiten Bereichen der Finanzindustrie muss mit umfassenden Umsetzungs­arbeiten gerechnet werden. Auch bei Corporates sind bei einigen Geschäftsmodellen aufwendige Arbeiten nötig. Wir empfehlen Ihnen daher, sehr bald mit der Umsetzung zu beginnen. Bei der überwiegenden Zahl der Corporates werden die Umstellungen nicht so tief greifend sein. Auch hier empfehlen wir aber, früh die Auswirkungen zu analysieren. Zudem können im Einzelfall wertvolle Erleichterungen – z. B. unter einer vorzeitigen Anwendung im Hedge Accounting – genutzt werden. Hierfür stehen wir Ihnen mit Rat und Tat gerne zur Seite. Wir wünschen Ihnen gute Erkenntnisse bei der Lektüre!

Olaf Boelsems Christoph HultschFinancial Accounting Advisory Financial Accounting AdvisoryCorporate Treasury Solutions Financial Services

3EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Überblick 6

1 Einführung 9

1.1 Kurzer Rückblick und Hintergrundinformationen zum Wertminderungsprojekt des IASB 9

1.2 Überblick über die Wertminderungsvorschriften in IFRS 9 12

1.3 Wesentliche Änderungen gegenüber den Wertminderungsvorschriften in IAS 39 sowie deren Auswirkungen 13

1.4 Wesentliche Unterschiede gegenüber dem Entwurf des FASB 17

2 Anwendungsbereich 19

3 Ansätze 21

3.1 Allgemeiner Ansatz 21

3.2 Vereinfachtes Verfahren 23

3.3 ErworbeneoderausgereichtewertgemindertefinanzielleVermögenswerte 24

4 Bewertung erwarteter Kreditausfälle 29

4.1 Über die Gesamtlaufzeit erwartete Kreditausfälle (Gesamtlaufzeit­ECL) 29

4.2 In den nächsten zwölf Monaten erwartete Kreditausfälle (12­Monats­ECL) 31

4.3 Erwartete Laufzeit versus Vertragslaufzeit 34

4.4 Wahrscheinlichkeitsgewichtete Berechnung 34

4.5 Zeitwert des Geldes 35

4.6 Sicherheiten 38

4.7 Angemessene und belastbare Informationen 40

4.8 Wechselbeziehung zwischen Wertminderung und der Bilanzierung von Fair Value Hedges 44

5 AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikanteErhöhungdesKreditrisikosvorliegt 47

5.1 Änderung des Ausfallrisikos 48

5.2 Faktoren oder Indikatoren für eine Änderung des Kreditrisikos 50

5.3 Wasbedeutet„signifikant“? 56

5.4 Praktische Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko 58

5.5 Verzugsstatus und widerlegbare Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt 65

5.6 12­Monats­Ausfallrisiko als Näherungswert für Änderungen des Gesamtlaufzeitrisikos 66

5.7 Beurteilung auf der Ebene der Gegenpartei 67

5.8 Bestimmung des ursprünglichen maximalen Kreditrisikos für ein Portfolio 69

5.9 Beurteilung auf Portfolioebene 70

5.10 Der Loss-rate­Ansatz 80

Inhalt

4 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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6 ModifiziertefinanzielleVermögenswerte 83

7 ErfolgsneutralzumbeizulegendenZeitwertbewertetefinanzielle Vermögenswerte(FVOCI)–Schuldinstrumente 87

8 ForderungenausLieferungenundLeistungen,aktiveVertragspostenundLeasingforderungen 91

8.1 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktive Vertragsposten 91

8.2 Leasingforderungen 93

9 KreditzusagenundFinanzgarantien 95

10 RevolvierendeKreditfazilitäten 99

11 Ausweis der erwarteten Kreditausfälle in der Bilanz 105

11.1 RisikovorsorgefürzufortgeführtenAnschaffungskostenbewertetefinanzielle Vermögenswerte, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen 105

11.2 Rückstellungen für Kreditzusagen und Finanzgarantien 106

11.3 Kumulierter Wertminderungsbetrag für erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente 106

11.4 Bilanzierung zum Handelstag und zum Erfüllungstag 106

12 Angabepflichten 109

12.1 Anwendungsbereich und Zielsetzung 109

12.2 Kreditrisikomanagement 109

12.3 Quantitative und qualitative Angaben zu Beträgen, die aus erwarteten Kreditausfällen resultieren 111

12.4 Kreditrisiko 116

12.5 Sicherheiten und andere Kreditbesicherungen 117

13 ZeitpunktdesInkrafttretensundÜbergangsvorschriften 119

13.1 Zeitpunkt des Inkrafttretens 119

13.2 Übergang (rückwirkende Anwendung) 120

13.3 Übergangserleichterungen 120

14 Anhang 123

Ansprechpartner 135

5EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Überblick

6 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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• Die im neuen Standard IFRS 9 Finanzinstrumente enthaltenen Vorschriften zur Erfassung von Wertminderungen basieren auf dem Expected-credit-losses-Modell (Modell erwarteter Forderungsausfälle; ECL­Modell) und lösen das in IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung verwendete Incurred-losses-Modell (Modell ein­getretener Ausfälle) ab.

• Die Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 sind auf Schuldinstrumente anzuwenden, deren Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert erfolgt (z. B. Kredite, Schuldverschreibungen und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen), sowie auf aktive Vertragsposten, die in den Anwendungsbereich von IFRS 15 Umsatzrealisierung aus Verträgen mit Kunden fallen, Leasing­forderungen und die meisten Kreditzusagen und Finanzgarantien.

• Unternehmen haben an jedem Abschlussstichtag eine Risikovorsorge durch Erfassung einer Wertminderung bzw. durch Bildung einer Rückstellung entweder in Höhe der Kreditausfälle, deren Eintritt innerhalb der nächsten zwölf Monate erwartet wird (12-month expected credit losses;„12-Monats-ECL“),oderinHöhederüberdieGesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle (lifetime expected credit losses;„Gesamtlaufzeit-ECL“)zuerfassen.Dieshängtdavonab,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosseitdemerstmaligenAnsatzeingetretenist.

• Bei der Schätzung der erwarteten Kreditausfälle (expected credit losses;ECL)findeteinewahrscheinlichkeits­gewichtete Berechnung unter Berücksichtigung der besten verfügbaren Informationen und des Zeitwerts des Geldes statt.

• Das Erfordernis, zukunftsbezogene Informationen in die Berechnung der erwarteten Kreditausfälle einzube­ziehen, hat zur Folge, dass die Anwendung des Standards mit erheblichen Ermessensentscheidungen hin­sichtlich der Auswirkung von Änderungen makroökonomischer Faktoren auf die erwarteten Kreditausfälle verbunden sein wird. Das für die Berechnung erforderliche höhere Maß an Ermessensausübungen könnte zur Folge haben, dass es künftig schwieriger sein wird, die ausgewiesenen Ergebnisse verschiedener Unterneh­men miteinander zu vergleichen. Ein Unternehmen muss die Inputdaten, Annahmen und Verfahren, die es bei der Schätzung der erwarteten Kreditausfälle anwendet, im Abschluss erläutern. Dies dürfte zu einer größeren Transparenz in Bezug auf die Kreditrisiken und die Risikovorsorgeprozesse von Unternehmen führen.

• Die notwendige Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko wesentlich erhöht hat, erfordert die Erfassung neuer Daten und den Aufbau von Prozessen sowie die Ausübung von Ermessensentscheidungen.

• Die neuen Vorschriften werden zur Folge haben, dass Banken und ähnliche Finanzinstitute sowie Anleger, die in Schuldtitel investieren, eine höhere Risikovorsorge bilden müssen. Beim Übergang auf IFRS 9 wird dies eine VerringerungdesEigenkapitalszurFolgehabenunddasregulatorischeEigenkapitalbeeinflussen.DieHöheder Risikovorsorge wird in Zukunft auch stärkeren Schwankungen als bisher unterliegen, da sich die Prognosen laufend ändern.

• Die Anwendung der neuen Vorschriften zur Erfassung von Wertminderungen wird in vielen Unternehmen dazu führen, dass erhebliche Anpassungen an den derzeit verwendeten Systemen und Prozessen vorgenommen werden müssen. Eine frühzeitige Analyse der Auswirkungen und Planung sind dabei die Schlüssel für eine erfolg­reiche Implementierung.

• Die Wertminderungsvorschriften sind gemeinsam mit den übrigen Vorschriften des IFRS 9 erstmals für Geschäftsjahre,dieamodernachdem1.Januar2018beginnen,verpflichtendanzuwenden.EinevorzeitigeAnwendung ist – soweit erforderlich, vorbehaltlich eines EU­Endorsements – zulässig.

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Im Juli 2014 hat das International Accounting Standards Board („IASB“oderdas„Board“)diefinaleFassungvonIFRS9Finanz-instrumente veröffentlicht. IFRS 9 ist das Ergebnis einer umfas­senden Überarbeitung der Bilanzierungsregeln für Finanzinstru­mente.DiejetztveröffentlichtefinaleVersionenthältdieneuenRegelungen zur Bilanzierung von Sicherungsgeschäften, zu Ansatz, KlassifizierungundBewertungundzurWertminderungvonFinanz-instrumenten. Sie ersetzt den bisherigen Standard IAS 39 sowie alle bisher veröffentlichten Fassungen von IFRS 9.

Im Zuge der Finanzmarktkrise war verstärkt Kritik aufgekommen, das Incurred-losses-Modell in IAS 39 habe dazu geführt, dass Kredit­ausfälle zu spät bilanziell abgebildet würden. Das IASB hat diesen Bedenken Rechnung getragen und neue Wertminderungsvorschrif­ten entwickelt, denen ein stärker auf die Zukunft ausgerichtetes Expected-losses-Modell zugrunde liegt. Die Vorschriften für erwar­tete Kreditausfälle und die Anwendungsleitlinien werden in IFRS 9 durch 14 erläuternde Beispiele ergänzt.

In dieser Publikation stellen wir das neue Expected-losses-Modell vor und erläutern die gemäß IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben vorgeschriebenenneuenAngabepflichtenzumKreditrisiko(sieheAbschnitt 12).

1.1 Kurzer Rückblick und Hintergrund­informationen zum Wertminderungs­projekt des IASB

Im Zuge der Finanzmarktkrise war die zu späte bilanzielle Abbildung von Kreditausfällen im Zusammenhang mit Forderungen und an­deren Finanzinstrumenten als Schwachstelle in den bestehenden RegelwerkenzurRechnungslegungidentifiziertworden.Diesistdarauf zurückzuführen, dass die Wertminderungsvorschriften nach IAS 39 auf dem Incurred-losses-Modell basieren, d. h., Kreditaus­fälle werden erst dann erfasst, wenn ein Ausfallereignis eintritt. Da solche Ausfälle während der Laufzeit eines Kredits eher unregel­mäßig eintreten, besteht eine Inkongruenz zwischen dem Zeitpunkt der Erfassung des Credit Spread, d. h. des in die Berechnung des Effektivzinssatzes einbezogen Risikoaufschlags, und den erst zu einem späteren Zeitpunkt erfassten Wertminderungen.

Im November 2009 hatte das IASB den Exposure Draft (ED) Financial Instruments: Amortised Cost and Impairment veröffent­licht.DarinschlugesfürallefinanziellenVermögenswerte,diezu

1 Einführung

fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert werden, vor, Wert­minderungen auf der Basis erwarteter Kreditausfälle und erwarte­teterCashflowsanstellederbereitseingetretenenKreditausfällezu bestimmen. Dieser Ansatz sah vor, die ursprünglich erwarteten KreditausfälleüberdieLaufzeitdesfinanziellenVermögenswertszu erfassen, indem sie beim erstmaligen Ansatz in die Berech­nung des Effektivzinssatzes einbezogen werden. Dadurch würde überdieLaufzeitdesfinanziellenVermögenswertseineRisiko-vorsorge für Kreditausfälle gebildet und der Zeitpunkt der Erfas­sung von Kreditausfällen an den Zeitpunkt der Erfassung des den Zinsen inhärenten Credit Spread angeglichen. Anschließende Änderungen der Ausfallerwartungen würden zu ergebniswirksamen catch-up adjustments führen, bei deren Ermittlung der ursprüng­liche Effektivzinssatz herangezogen wird. Aus den schriftlichen Stellungnahmen und Outreach­Aktivitäten zum Standardentwurf 2009(„ED2009“)desIASBzeigtesich,dasseinModell,das zwischen den Auswirkungen der erstmaligen Schätzung von erwar­teten Kreditausfällen und nachfolgenden Änderungen dieser Schätz werte unterscheidet, allgemeine Zustimmung unter den interessierten Parteien fand. Gleichzeitig wurden jedoch auch Bedenken im Hinblick auf die operationellen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des vorgeschlagenen Modells geäußert.

Um diese operationellen Schwierigkeiten zu beseitigen, folgte das IASBderEmpfehlungdesExpertAdvisoryPanel(„EAP“)undtrennte die Bewertung und Allokation der ursprünglichen erwarte­ten Kreditausfälle von der Ermittlung des Effektivzinssatzes (dies sollte nicht für Vermögenswerte gelten, die bereits bei Erwerb oder Ausreichungwertgemindertsind).SomitwärenderfinanzielleVermögenswert und die Risikovorsorge getrennt zu bewerten. Da­bei wäre der ursprüngliche Effektivzinssatz heranzuziehen, der nicht um die anfänglich erwarteten Kreditausfälle angepasst wurde. Eine solche Vorgehensweise würde helfen, die operationellen Schwierigkeiten zu verringern, und es Unternehmen ermöglichen, ihre bestehenden Rechnungslegungs­ und Kreditrisikomanage­mentsysteme weiter zu nutzen und so den Integrationsaufwand zwischen den Systemen zu reduzieren.

Das IASB räumte jedoch ein, dass eine Abzinsung von erwarteten Kreditausfällen mit dem ursprünglichen Effektivzinssatz zu einer Doppelberücksichtigung der erwarteten Kreditausfälle führen würde,dadiesebereitsbeimerstmaligenAnsatzdesfinanziellenVermögenswerts in die Zinsen eingerechnet wurden. Daher kam das IASB zu dem Ergebnis, dass es nicht angemessen sei, die Ge­samtlaufzeit­ECL beim erstmaligen Ansatz zu erfassen.

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Einführung

1

Um einerseits die operationellen Schwierigkeiten zu beseitigen und andererseits die Auswirkungen der Doppelberücksichtigung zu verringern sowie die Ergebnisse des im ED 2009 vorgeschlagenen Modells näherungsweise nachzubilden, beschloss das IASB, einzweistufigesModellzuverfolgen,wonacheinUnternehmen

• einen Teil der Gesamtlaufzeit­ECL zum Zeitpunkt des erstmali­gen Ansatzes anstelle der ursprünglich erwarteten Kreditaus­fälleüberdieLaufzeitdesfinanziellenVermögenswertsund

• wenn sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz erhöht hat, wenn also die Erfassung lediglich eines Teils der Gesamt­laufzeit­ECL nicht länger angemessen wäre, weil das Unterneh­men einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust erlitten hat, die Gesamtlaufzeit­ECL zu erfassen hätte.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass jegliches Modell, das das Ziel hat, die Ergebnisse des im ED 2009 enthaltenen Modells näherungsweise nachzubilden (jedoch ohne die sich aus der Ver­wendung eines um erwartete Kreditausfälle angepassten Effektiv­zinssatzes ergebenden operationellen Schwierigkeiten), einen Schwellenwert für die Erfassung der Gesamtlaufzeit­ECL enthalten wird. Dies führt zu einem sogenannten Klippeneffekt, d. h. einem

wesentlichen Anstieg der Risikovorsorge, der der Differenz zwi­schen dem zuvor erfassten Teil und den Gesamtlaufzeit­ECL ent­spricht. Das IASB und das Financial Accounting Standards Board („FASB“)widmetensichinderFolgezeitintensivderEntwicklungeines einheitlichen Wertminderungsmodells. Im Januar 2011 be­schloss das FASB jedoch, ein eigenes Expected-losses-Modell zu entwickeln. Im Dezember 2012 veröffentlichte das FASB einen Ent­wurf für das Accounting Standard Update Financial Instruments Credit Losses (Subtopic 825-15), wonach ein Unternehmen zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes eine Risikovorsorge für er­wartete Kreditausfälle in Höhe der über die Gesamtlaufzeit erwar­teten Kreditausfälle zu erfassen hat (siehe Abschnitt 1.4).

Im März 2013 veröffentlichte das IASB einen neuen Exposure Draft Financial Instruments: Expected Credit Losses(„ED2013“),der auf den im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts mit dem FASB erarbeiteten Vorschlägen basierte. Der ED 2013 sah vor, dass Unternehmen eine Risikovorsorge für Kreditausfälle durch die Er­fassung einer Wertberichtigung bzw. durch die Bildung einer Rück­stellung in Höhe der 12­Monats­ECL für jene Finanzinstrumente zu erfassen haben, bei denen sich das Kreditrisiko seit dem erstmali­genAnsatznichtsignifikanterhöhthat,bzw.inHöhederGesamt­laufzeit-ECL,sofernsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat.

Abbildung1:BilanzierungerwarteterKreditausfälle:ED2009versusIFRS9

10 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

Risikovorsorgein % des Bruttobuchwerts

12­Monats­ECL

Signifikante Verschlechterung

Gesamtlaufzeit­ECL

Eingetretener Kreditausfall

Verschlechterung der Kreditqualität seit dem erstmaligen Ansatz

Quelle: basierend auf einer Abbildung aus dem IASB Snapshot: Financial Instruments: Expected Credit Losses, Seite 9, vom März 2013.

Wirtschaftliche ECL (ED 2009) Wertminderung nach IFRS 9

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Mit diesem neuen Modell wurden folgende Ziele verfolgt:

• frühere Erfassung von erwarteten Kreditausfällen als nach dem existierenden Incurred-losses-Modell

• Unterscheidung von Finanzinstrumenten, deren Kreditqualität sichsignifikantverschlechterthat,undsolchen,beidenendiesnicht der Fall ist

• bessere Näherungswerte für die wirtschaftlichen ECL

DieseszweistufigeModellwurdeentwickelt,umdieBildungeinerRisikovorsorge gemäß dem Vorschlag im ED 2009 näherungs­weise nachzubilden, jedoch ohne die bislang damit verbundenen operationellen Schwierigkeiten. In der nebenstehenden Abbil­dung 1 wird das neue, in Stufen unterteilte Modell gemäß IFRS 9 (durchgehende Linie) dem im ED 2009 vorgeschlagenen konti­nuierlichen Anstieg (gepunktete Linie) – basierend auf den ur­sprünglichen Schätzungen bezüglich der erwarteten Kreditausfälle unter der Annahme, dass diese Schätzwerte in Folgeperioden nicht korrigiert werden müssen – gegenübergestellt. Die Abbildung zeigt,dassnachdemneuenzweistufigenModelldieRisikovorsorgezunächst zu hoch (verglichen mit dem im ED 2009 vorgeschlage­nen Modell), bei einer anschließenden Verschlechterung der Kre­ditqualität zu niedrig und am Ende, sobald die Verschlechterung derKreditqualitätalssignifikanteinzustufenist,wiederzuhochangesetzt wird. Seitdem hat das IASB Folgeberatungen zu verschiedenen Aspek­ten der im ED 2013 enthaltenen Vorschläge abgehalten, mit dem Ziel, unklare Sachverhalte zu präzisieren und zusätzliche Leit­linien zu erarbeiten, um Unternehmen die Umsetzung der Vor­schriften zu erleichtern. Im Juli 2014 hat das Board die neuen WertminderungsvorschriftenalsTeilderfinalenFassungvonIFRS 9 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat das IASB die IFRS Transition Resource Group forImpairmentofFinancialInstruments(„ITG“)gegründet,diefolgende Ziele hat:

• Bereitstellung eines öffentlichen Diskussionsforums, um Stake­holder bei Implementierungsfragen im Zusammenhang mit den neuen Wertminderungsvorschriften gemäß IFRS 9 zu unter­stützen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Vorschriften, die unterschiedlich ausgelegt werden und in der Praxis daher zu

abweichenden Vorgehensweisen führen können, sowie Frage­stellungen, die voraussichtlich von großer Relevanz sein werden.

• Bereitstellung von Informationen zu Implementierungsfragen, um das IASB bei der Entscheidung, ob und ggf. welche Maßnah­men zu deren Lösung erforderlich sind, zu unterstützen.

Die ITG wird jedoch nicht über Fragen beraten, bei denen es um die Bewertung von erwarteten Kreditausfällen geht, und selbst keine Leitlinien veröffentlichen.

Darüber hinaus hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht in Aussicht gestellt, Leitlinien zur Umsetzung des in IFRS 9 enthalte­nen Wertminderungsmodells durch international tätige Banken bereitstellen und hierzu die Leitlinien zur Beurteilung des Kredit­risikos und zur Bewertung von Krediten (sound credit risk assess-ment and valuation for loans;„SCRAVL“)zuüberarbeiten.Einentsprechendes Konsultationspapier wurde im Februar 2015 ver­öffentlicht. Die endgültigen Leitlinien dürften im späteren Jahres­verlauf folgen.

Vor diesem Hintergrund sind die von uns in dieser Publikation vertretenenAnsichtenvorläufig.

Das IASB hat die Wertminde­rungsvorschriften im Juli 2014 alsTeilderfinalenFassungvonIFRS 9 veröffentlicht und die IFRS Transition Resource Group for Impairment of Financial Instruments gegründet.

11EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

Eingetretener Kreditausfall

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1.2 Überblick über die Wertminderungs-vorschriften in IFRS 9

Die in IFRS 9 enthaltenen Vorschriften zur Erfassung von Wert­minderungen basieren auf dem Expected-losses-Modell und lösen das in IAS 39 verankerte Incurred-losses-Modell ab. Das Expected- losses-Modell ist auf Schuldinstrumente, deren Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizu­legenden Zeitwert erfolgt (z. B. Bankeinlagen, Kredite, Schuldver­schreibungen und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen), sowie auf Leasingforderungen, aktive Vertragsposten, Kreditzu­sagen und nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert be­wertete Finanzgarantien anzuwenden.

Grundprinzip des Expected-losses-Modells ist die Abbildung des Verlaufs einer Verschlechterung oder Verbesserung der Kredit­qualität von Finanzinstrumenten. Die Höhe der als Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle erfassten Wertberichtigung bzw.

gebildeten Rückstellung hängt davon ab, inwieweit sich die Kredit­qualität seit dem erstmaligen Ansatz verschlechtert hat. Gemäß dem allgemeinen Ansatz (siehe Abschnitt 3.1) gibt es zwei Bewer­tungsebenen:

• 12-Monats-ECL(Stufe1): anzuwenden auf alle Posten (seit dem erstmaligen Ansatz), sofern sich die Kreditqualität nichtsignifikantverschlechtert

• Gesamtlaufzeit-ECL(Stufen2und3):anzuwenden, wenn sich das Kreditrisiko für einzelne Finanzinstrumente oder eineGruppe(Portfolio)vonFinanzinstrumentensignifikant erhöht hat

Für die Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatzsignifikanterhöhthat,stehenUnternehmeneineReihevon Vereinfachungen in der praktischen Anwendung und Aus­nahmen zur Verfügung, z. B. wenn ein Finanzinstrument weiter­hinein„geringesKreditrisiko“aufweist(sieheAbschnitt5).

Abbildung 2: Allgemeiner Ansatz

Einführung

1

12 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

Zu jedem Ab­ schlussstichtag aktualisierte Risikovorsorge

Kriterium für Gesamtlaufzeit­ECL

Berechnung der Zinserträge durch:

12-Monats-ECL(Kreditausfälle, die aus

Ausfall ereignissen resultieren, die in den nächsten zwölf

Monaten erwartet werden)

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3

Start

Anwendung des Effektivzinssatzesauf den Bruttobuchwert

AnwendungdesEffektiv-zinssatzes auf die fortgeführ­

ten Anschaffungskosten(Bruttobuchwert abzüglich

Risikovorsorge)

+wertgemindert

Anwendung des Effektivzinssatzesauf den Bruttobuchwert

Gesamtlaufzeit-ECL

Änderung des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz

Kreditrisiko hat sich seit dem erstmaligen Ansatz signifikanterhöht

(auf individueller oder auf Portfolioebene)

Verbesserung Verschlechterung

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Die Stufen 2 und 3 unterscheiden sich hinsichtlich der Erfassung von Zinserträgen. In Stufe 2 (wie in Stufe 1) werden Zinsen und Wertminderungen getrennt voneinander erfasst und die Zins­erträge auf der Basis des Bruttobuchwerts berechnet. In Stufe 3 (wenn infolge eines Ausfallereignisses objektive Hinweise auf eine Wertminderung vorliegen, nach den schon aus IAS 39 bekann­ten Ausfallereignissen) werden die Zinserträge auf der Basis der fortgeführten Anschaffungskosten (d. h. auf der Basis des Brutto­buchwerts nach Abzug der Risikovorsorge) berechnet.

DaherwirddieserAnsatzhäufigauchalsthree bucket approach bezeichnet, obwohl dieser Begriff in IFRS 9 nicht verwendet wird. Die folgende Abbildung veranschaulicht den allgemeinen Ansatz für die Erfassung der 12­Monats­ECL oder Gesamtlaufzeit­ECL.

Es gibt zwei Alternativen zum allgemeinen Ansatz:

• ein vereinfachtes Verfahren, das auf Forderungen aus Lieferun­gen und Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforde­rungenentwederverpflichtendanzuwendenistoderalsBilanzie­rungswahlrecht zur Verfügung steht (siehe Abschnitt 3.2)

• die Anwendung eines um die erwarteten Kreditausfälle adjus­tiertenEffektivzinssatzesfürfinanzielleVermögenswerte,diebereits bei Erwerb oder Ausreichung wertgemindert sind (siehe Abschnitt 3.3)

Erwartete Kreditausfälle entsprechen den über die Laufzeit eines Finanzinstruments geschätzten Kreditausfällen; bei deren Be­wertung (siehe Abschnitt 4) hat ein Unternehmen Folgendes zu berücksichtigen:

• das wahrscheinlichkeitsgewichtete Ergebnis (siehe Abschnitt 4.4)

• denZeitwertdesGeldes (siehe Abschnitt 4.5) zwecks Ab­zinsung von erwarteten Kreditausfällen zum Abschlussstichtag

• angemessene und belastbare Informationen, die ohne einen unverhältnismäßighohenKosten-oderArbeitsaufwandzurVerfügungstehen (siehe Abschnitt 4.7)

Die neuen Wertminderungsvorschriften sind zusammen mit den übrigenRegelungendesIFRS9verpflichtendfürGeschäftsjahreanzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen. Die vorzeitige Anwendung ist zulässig – in der Europäischen Union ggf. unter Berücksichtigung der vorherigen Übernahme des Stan­dards in EU­Recht.

1.3 Wesentliche Änderungen gegen­ über den Wertminderungsvorschriften in IAS 39 sowie deren Auswirkungen

Der bisher in IAS 39 enthaltene Schwellenwert für die Erfassung von Kreditausfällen wurde nicht in die neuen Wertminderungs­vorschriften des IFRS 9 übernommen, d. h., der Eintritt eines Aus­fallereignisses ist nicht länger eine notwendige Voraussetzung für die Erfassung von Kreditausfällen. Stattdessen hat ein Unter­nehmen erwartete Kreditausfälle künftig in jedem Fall zu erfassen und die Risikovorsorge zu jedem Abschlussstichtag anzupassen, um mögliche Änderungen des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz abzubilden. Inhaber betreffender Finanzinstrumente müs­sen daher aktuellere und stärker zukunftsorientierte Informationen heranziehen, um Abschlussadressaten nützliche Angaben zu den Kreditausfällen bei jenen Finanzinstrumenten, die in den Anwen­dungsbereich dieser Wertminderungsvorschriften fallen, zu liefern.

Es gibt zwei Alternativen zum allgemeinen Ansatz: den verein­fachten Ansatz und den Ansatz auf der Basis des um erwartete Kreditausfälle angepassten Effek­ tiv zinssatzes.

13EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Das neue ECL­Modell wird sich im Wesentlichen wie folgt auswirken:

• Der Anwendungsbereich der Wertminderungsvorschriften wurde deutlich ausgeweitet. Nach IAS 39 wurde eine Risiko­vorsorge lediglich für bereits eingetretene Forderungsaus­fälle erfasst. In Zukunft müssen Unternehmen für alle Ausfall­risiken, die nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, eine Risikovorsorge bilden.

• Mit der neuen Regelung soll erreicht werden, dass Forderungs­ausfälle früher erfasst werden, indem für alle Forderungen die Bildung einer Risikovorsorge in Höhe der 12­Monats­ECL zwingend vorgeschrieben wird. Darüber hinaus ist zu erwar­ten, dass für alle Forderungen, bei denen sich die Kreditqualität signifikantverschlechterthat,dieGesamtlaufzeit-ECLbereitszu einem früheren Zeitpunkt und in größerem Umfang zu er­fassen sind, als es bisher nach den Regelungen des IAS 39 der Fall war, nach denen eine Wertminderung erst mit Eintritt eines Forderungsausfalls zu erfassen ist. Während die Risikovorsorge für Forderungen der Stufe 3, wie in der obigen Abbildung ver­anschaulicht, mit der für Forderungen, bei denen gemäß IAS 39 der Eintritt eines auslösenden Ereignisses angenommen wird, vergleichbar ist, wird die Risikovorsorge für Forderungen der Stufen 1 und 2 im Wesentlichen die Risikovorsorge für Forde­rungen ersetzen, für die bislang nach den Regelungen des IAS 39 eine pauschale Wertberichtigung für eingetretetene, aber noch nicht erfasste Forderungsverluste angesetzt wurde.

• Das ECL­Modell ist stärker auf die Zukunft ausgerichtet als das Wertminderungsmodell nach IAS 39. Der Grund hierfür ist, dass InhabervonfinanziellenVermögenswertennichtnurhistorischeDaten berücksichtigen müssen, die anzupassen sind, um die Auswirkungen aktueller Gegebenheiten und Informationen ab­zubilden,dieobjektiveHinweisedafürliefern,dassfinanzielleVermögenswerte aufgrund eingetretener Kreditausfälle wert­gemindert sind. Sie müssen bei der Ermittlung von erwarteten

Forderungsausfällen auf individueller und auf Portfolioebene künftig auch angemessene und belastbare Informationen be­rücksichtigen, die belastbare Prognosen über zukünftige wirt­schaftliche Rahmenbedingungen mit einschließen.

• Die erstmalige Anwendung der neuen Wertminderungsvor­schriften in IFRS 9 wird bei vielen Unternehmen (insbesondere bei Banken und ähnlichen Finanzinstituten) voraussichtlich zu einer Erhöhung der Risikovorsorge für Forderungsausfälle (mit entsprechender Verringerung des Eigenkapitals bei der erstmaligen Anwendung) führen. Diese Erhöhung der Risiko­vorsorge wird jedoch bei jedem Unternehmen in Abhängigkeit von dessen Kreditportfolio und Verfahrensweisen unterschied­lich ausfallen. Unternehmen, deren Finanzinstrumente kür­zere Laufzeiten und eine höhere Qualität aufweisen, dürften weitaus weniger betroffen sein. Gleichermaßen dürften Finanz­institute, die unbesicherte Privatkundenkredite ausgereicht haben, die Auswirkungen der neuen Regelung in stärkerem Maße zu spüren bekommen als Finanzinstitute, deren Portfolio besicherte Kredite wie z. B. Hypotheken enthält.

• Darüber hinaus dürfte die Fokussierung auf die erwarteten Forderungsausfälle insbesondere bei Finanzinstituten zu stär­keren Schwankungen der aufwandswirksam erfassten Beträge führen. Der Umfang der Risikovorsorge wird sich bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten erhöhen und bei günstigeren Konjunkturprognosen entsprechend verrin­gern. Dieser Effekt kann sich durch eine wesentliche Erhöhung der Risikovorsorge verstärken, wenn die betreffenden Finanz­instrumente zwischen den 12­Monats­ECL und den Gesamtlauf­zeit­ECL (und umgekehrt) wechseln.

• Das Erfordernis, zukunftsbezogene Informationen in die Bewer­tung erwarteter Forderungsausfälle einzubeziehen, hat zur Folge, dass die Anwendung des Standards mit erheblichen Ermessensentscheidungen hinsichtlich der Auswirkung von Änderungen makroökonomischer Faktoren auf die erwarteten

Wir erwarten folgende Auswirkungen

Einführung

1

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Forderungsausfälle verbunden sein wird. Das für die Berech­nung erforderliche höhere Maß an Ermessensentscheidungen könnte zudem zur Folge haben, dass es künftig schwieriger sein wird, die ausgewiesenen Ergebnisse verschiedener Unter­nehmen miteinander zu vergleichen. Die im Vergleich zu IAS39detaillierterenAngabepflichtendesIFRS9,wonacheinUnternehmen die bei der Schätzung der erwarteten Kredit­ausfälle angewendeten Inputdaten, Annahmen und Verfahren erläutern muss, dürften jedoch zu einer größeren Transpa­renz in Bezug auf die Kreditrisiken und die Risikovorsorgemaß­nahmen von Unternehmen führen.

• Unternehmen werden bei Anwendung des ECL­Modells ihre Risikovorsorge für kurzfristige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aufgrund deren begrenzter Laufzeit voraus­sichtlich nicht wesentlich erhöhen müssen. Darüber hinaus sieht der Standard praktische Erleichterungen vor, darunter insbesondere die Verwendung einer Wertminderungsmatrix, die Unternehmen bei der Ermittlung der Risikovorsorge für kurzfristige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen helfen soll. Das neue Modell könnte jedoch bei der Bewertung von langfristigen Forderungen aus Lieferungen und Leistun­gen, Bankeinlagen und Schuldtiteln, die zu fortgeführten An­schaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, auch mit Schwierigkeiten verbun­den sein. So wird beispielsweise ein Unternehmen, das über ein großes Portfolio von Schuldtiteln verfügt, die es in Über­einstimmung mit IAS 39 als zur Veräußerung verfügbar eingestuft hat, diese Schuldtitel beim Übergang auf den neuen Standard wahrscheinlich als erfolgsneutral zum bei­zulegenden Zeitwert bewertet einstufen, wenn sie die Zah­lungsstrombedingungen sowie die Kriterien bei der Über­prüfung des Geschäftsmodells erfüllen. Für diese Schuldtitel müsste das Unternehmen eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­ECL erfassen. Dies gilt selbst für Schuldtitel mit einem erstklassigen Rating (z. B. Anleihen mit einem AAA­ oder AA­Rating).

Ein Unternehmen hat erwartete Kreditausfälle künftig in jedem Fall zu erfassen und die Risiko­vorsorge um Änderungen dieser Kreditausfälle zu jedem Abschluss­stichtag anzupassen, um Ände­rungen des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz abzubilden.

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Einführung

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1.4 Wesentliche Unterschiede gegenüber dem Entwurf des FASB

Im Dezember 2012 hat das FASB einen Entwurf für das Accounting Standard Update Financial Instruments – Credit Losses (Subtopic 825-15) veröffentlicht, der das gleiche grundsätzliche Problem be­handelt wie das Expected-losses-Modell des IASB, nämlich die zu späte bilanzielle Abbildung von Kreditausfällen infolge der Anwen­dung des Incurred-losses-Modell. Im Sommer 2013 hat das FASB seine Folgeberatungen zu dem Standardentwurf aufgenommen. Der Standardentwurf des FASB (bzw. die durch entsprechende Beschlüsse im Rahmen der Folgeberatungen aktualisierte Fassung des Standardentwurfs) und das ECL­Modell des IASB unterschei­den sich hauptsächlich in folgenden Punkten:

• DasvomFASBvorgeschlageneECL-ModellwärenichtaufSchuldtitelanzuwenden,dieerfolgsneutralzumbeizulegen­denZeitwertbewertetwerden(d. h. zur Veräußerung ver­fügbare Wertpapiere gem. US­GAAP). Stattdessen beabsichtigt das FASB, sein bestehendes Modell zur Erfassung nicht vorüber­gehender Wertminderungen, das weiterhin auf derartige Wert­papiereanzuwendenwäre,zumodifizieren.

• DasFASBhatvorgeschlagen,dieerwartetenForderungs­ausfälleaufderGrundlagederaktuellenSchätzungdervertraglichvereinbartenCashflows,diedasUnternehmenallerVoraussichtnachnichtmehrvereinnahmenkann, zu berechnen. Dies entspricht in etwa der Zielsetzung der Ge­samtlaufzeit­ECL in IFRS 9 (obwohl es sein kann, dass die Ge­samtlaufzeit­ECL in den beiden Modellen unterschiedlich bewer­tet werden müssen). Das vom FASB vorgeschlagene Modell sieht allerdings keine Erfassung von 12­Monats­ECL vor. Infolge­dessen müssen Unternehmen bei Anwendung des vom FASB favorisierten Modells im Gegensatz zu der gemäß IFRS 9 vor­geschriebenen Ermittlung nicht bestimmen, ob sich die Kredit­qualitätsignifikantverschlechterthat.

• FürfinanzielleVermögenswerte,diebereitsbeiihremErwerbwertgemindertsind,schreibtdasvomFASBvorgeschla­geneModellvor,dassUnternehmendenKaufpreiszumZeit­punktdesErwerbsumdenBetragderRisikovorsorgefürerwarteteForderungsausfälleerhöhenmüssen.Dadurch würde sich der Buchwert des Vermögenswerts um die zum Erwerbszeitpunkt existierenden erwarteten Forderungsausfälle erhöhen. Gleichzeitig würde jedoch eine entsprechende Risiko­vorsorge für Forderungsausfälle erfasst, was zur Folge hätte, dass der Nettobuchwert dem Kaufpreis entspricht.

• DasvomFASBvorgeschlageneModellsiehtfernervor,dieAnwendung bislang angewendeter nicht periodengerechter Bilanzierungspraktiken weiterhin zu gestatten (z. B. die Ein­stellung der Erfassung von Zinserträgen unter bestimmten Umständen ), anstatt für Schuldinstrumente, bei denen es Hin­weise für eingetretene Kreditausfälle gibt, eine Methode zur ErfassungderNettozinserträgeverpflichtendvorzuschreiben.

Das FASB wird seine Wertminderungsvorschriften voraussichtlich 2015 verabschieden.

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Die Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 sind auf die folgenden Vermögenswerte anzuwenden:

• finanzielleVermögenswerteinFormvonSchuldinstrumenten,wie z. B. Kredite, Schuldverschreibungen, Bankguthaben und ­einlagen sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (siehe Abschnitt 8), die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden

• finanzielleVermögenswerte,inFormvonSchuldinstrumenten,die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (siehe Abschnitt 7)

• Leasingforderungen gemäß IAS 17 Leasingverhältnisse (siehe Abschnitt 8)

• aktive Vertragsposten (sog. contract assets), die in den Anwen­dungsbereich von IFRS 15 Umsatzrealisierung aus Verträgen mit Kundenfallen(sieheAbschnitt8);IFRS15definierteinenaktiven Vertragsposten als den Anspruch eines Unternehmens auf Erhalt einer Gegenleistung im Tausch für Güter oder Dienst­leistungen, die das Unternehmen auf einen Kunden übertragen hat, wenn dieser Anspruch nicht vom Zeitablauf, sondern von anderen Faktoren (z. B. der zukünftigen Leistung des Unterneh­mens) abhängig ist.

2 Anwendungsbereich

• Kreditzusagen, die gemäß IFRS 9 nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (siehe Abschnitte 9 und 10). Kreditzusagen, die als erfolgswirksam zum beizule­gendenZeitwertbewertetefinanzielleVerbindlichkeiteneinge­stuft sind, und Kreditzusagen, die in bar oder durch Lieferung oder Ausgabe eines anderen Finanzinstruments beglichen wer­den können, fallen nicht in den Anwendungsbereich.

• Finanzgarantien, die gemäß IFRS 9 nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (siehe Abschnitt 9). Finanzielle Verbindlichkeiten, die entstehen, wenn die Übertra­gungeinesfinanziellenVermögenswertsnichtzueinerAusbu­chung berechtigt oder die Bilanzierung unter Zugrundelegung eines anhaltenden Engagements erfolgt, fallen nicht in den Anwendungsbereich.

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Bei Anwendung der Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 haben Unternehmen einen der folgenden Ansätze zu befolgen:

• den allgemeinen Ansatz (siehe Abschnitt 3.1)

• einvereinfachtesVerfahren (siehe Abschnitt 3.2)

• VerfahrenfürfinanzielleVermögenswerte,diebereits bei Erwerb oder Ausreichung wertgemindert sind (siehe Abschnitt 3.3)

Die folgende Abbildung 3, die auf einer im Standard verwendeten Abbildung basiert, fasst den Denkprozess hinsichtlich der Erfas­sung und Bewertung von erwarteten Kreditausfällen zusammen.

3 Ansätze

3.1 Allgemeiner Ansatz

Nach dem allgemeinen Ansatz hat ein Unternehmen zu jedem Ab­schlussstichtag eine Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle entweder auf der Basis der 12­Monats­ECL oder der Gesamtlauf­zeit­ECL zu erfassen. Dies richtet sich danach, ob sich das Kredit­risikofürdasFinanzinstrumentseitdemerstmaligenAnsatzsignifi­kant erhöht hat. Änderungen in der Höhe der Risikovorsorge sind als Wertaufholung oder Wertminderungsaufwand in der Gewinn­ und Verlustrechnung zu erfassen.

Abbildung3:AnwendungderWertminderungsvorschriftenzumAbschlussstichtag

21EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

Ja

Ja

Ja

Nein

NeinJa

Nein

Ja

und

JaNein

Nein

Nein

Handelt es sich bei dem Finanzinstrument um einen bei Erwerb oder Aus­

reichungwertgemindertenfinanziellenVermögenswert(sieheAbschnitt3.3)?

Kann das vereinfachte Verfahren für Forderungen aus Lieferungen und

Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen angewendet

werden(sieheAbschnitt3.2)?

Besteht für das Finanzinstrument zum Abschlussstichtag ein geringes Kredit­

risiko(sieheAbschnitt5.4)?

Wird das vereinfachte Verfahren für

geringe Kreditrisiken angewendet

(sieheAbschnitt5.4)?

Hat sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz signifikant erhöht

(sieheAbschnitt5)?

Erfassung der Gesamtlaufzeit­ECL (siehe Abschnitt 4.1)

Ermittlung eines um die erwar­

teten Kreditausfälle adjustierten

Effektivzinssatzes und Erfassung

einer Risikovorsorge für jegliche

nachfolgende Änderungen der

Gesamtlaufzeit­ECL

(siehe Abschnitt 3.3)

Erfassung der 12­Monats­ECL und

Anwendung des Effektivitätszins-

satzes auf den Bruttobuchwert

(siehe Abschnitt 4.2)

Erfassung der 12­Monats­ECL und

Anwendung des Effektivzinssatzes

auf den Bruttobuchwert

(siehe Abschnitt 4.2)

Anwendung des Effektivzinssatzes

auf die fortgeführten Anschaf-

fungskosten, d. h. auf der Basis

des Bruttobuchwerts abzüglich

der Risikovorsorge

(siehe Abschnitt 3.1)

Anwendung des Effektivzins­

satzes auf den Bruttobuchwert

(siehe Abschnitt 3.1)

Handelt es sich bei dem Finanzinstrument um einen wertgeminderten

finanziellenVermögenswert(sieheAbschnitt3.1)?

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Ansätze

3

Ein Unternehmen muss im Wesentlichen zu jedem Abschluss­stichtag folgende Beurteilung vornehmen:

• Für Finanzinstrumente, deren Kreditrisiko sich seit dem erst­maligen Ansatz nicht siginikant erhöht hat, hat ein Unternehmen eine Risikovorsorge in Höhe der Kreditsausfälle zu erfassen, deren Eintritt innerhalb der nächsten zwölf Monate erwartet wird (12­Monats­ECL), d. h. für den Teil der über die Gesamtlauf­zeit erwarteten Kreditausfälle, die aus Ausfallereignissen resul­tieren, deren Eintritt innerhalb der nächsten zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag erwartet wird (Stufe 1 in der in Abschnitt 1.2 dargestellten Abbildung).

• Für Finanzinstrumente, bei denen sich das Kreditrisiko auf indi­vidueller oder auf Portfolioebene seit dem erstmaligen Ansatz signifikanterhöhthat,hateinUnternehmeneineRisikovorsorgein Höhe der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle (Gesamtlaufzeit­ECL) zu erfassen, d. h. für erwartete Kreditaus­fälle, die aus allen potenziellen Ausfallereignissen während der voraussichtlichen Laufzeit eines Finanzinstruments resultieren (Stufen 2 und 3 in der in Abschnitt 1.2 dargestellten Abbildung).

• Wenn sich die Kreditqualität des Finanzinstruments in den Folge­perioden so weit verbessert, dass keine wesentliche Erhöhung des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz mehr vorliegt, kehrt das Unternehmen wieder zur Erfassung einer Risikovor­sorge auf der Basis der 12­Monats­ECL zurück (der Ansatz ist also symmetrisch).

Es ist unter Umständen nicht praktikabel, für jedes Finanzinstru­ment einzeln zu bestimmen, ob sich das Kreditrisiko wesentlich erhöht hat, da Erhöhungen in geringem Umfang, aber dafür in großerAnzahlstattfindenkönnenundmöglicherweisekeineHin­weise für das Eintreten von Kreditausfällen vorliegen. Infolge dessen

kann es notwendig sein, erwartete Kreditausfälle auf Portfolio­ebene zu beurteilen, um sich dem Ergebnis anzunähern, das sich bei Verwendung umfassender Informationen zum Kreditrisiko und zukunftsbezogener Informationen auf der Ebene des einzel­nen Finanzinstruments ergeben würde (siehe Abschnitt 5.9). Um Unternehmen die Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko wesent­lich erhöht hat, zu erleichtern, enthält IFRS 9 die folgenden Verein­fachungen in der praktischen Anwendung:

• Schwellenwertfürein„geringesAusfallrisiko“,dasdemweltweitverwendetenBonitätsrating„InvestmentGrade“entspricht(siehe Abschnitt 5.4)

• Konzept der widerlegbaren Vermutung, dass sich das Ausfall­risikosignifikanterhöhthat,wenndievertraglichvereinbartenZahlungen mehr als 30 Tage überfällig sind (siehe Abschnitt 5.5)

• Verwendung der erwarteten Änderungen des 12­Monats­Aus­fallrisikos als Näherungswert für die erwarteten Änderungen des Ausfallrisikos über die Gesamtlaufzeit (siehe Abschnitt 5.6)

Die erläuternden Beispiele in IFRS 9 enthalten zudem die folgen­den Vorschläge für die Anwendung des Expected-losses-Modells:

• Beurteilung auf der Ebene des Ausfallrisikos der Gegenpartei (siehe Abschnitt 5.7)

• Festlegung eines Schwellenwerts für die Erfassung der Gesamt­laufzeit­ECL durch Bestimmung des maximal akzeptierten Ausfallrisikos für ein identisches Portfolio zum Zeitpunkt der Ausgabe (siehe Abschnitt 5.8)

Auf den Stufen 1 und 2 werden Zinsen und Wertminderungen getrennt voneinander erfasst.

22 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Auf den Stufen 1 und 2 werden Zinsen und Wertminderungen ge­trennt voneinander erfasst. Daher werden die Zinserträge auf der Grundlage des Bruttobuchwerts berechnet (ohne Abzug der Risiko­vorsorge).WenneinfinanziellerVermögenswertanschließendin seinem Wert gemindert wird (Stufe 3 in der in Abschnitt 1.2 dar­gestellten Abbildung), hat ein Unternehmen die Zinserträge zu berechnen, indem es den Effektivzinssatz in den Folgeperioden auf diefortgeführtenAnschaffungskostendesfinanziellenVermö­genswerts (d. h. den Bruttobuchwert abzüglich der Risikovorsorge) anstatt auf dessen Bruttobuchwert anwendet. Bei der Beurtei­lung,obeinfinanziellerVermögenswertwertgemindertist,werdenim Wesentlichen die gleichen Kriterien herangezogen wie bei der Werthaltigkeitsprüfung eines einzelnen Vermögenswerts nach IAS39(sieheAuflistungvonAusfallereignisseninAbschnitt3.3).

WennsichdieKreditqualitätdesfinanziellenVermögenswertsinden Folgeperioden so verbessert, dass dieser nicht länger wert­gemindert ist, und die Verbesserung objektiv auf den Eintritt eines Ereignisses (z. B. eine Verbesserung des Bonitätsratings des Kreditnehmers) zurückgeführt werden kann, sollte das Unterneh­men die Zinserträge wiederum durch Anwendung des Effektiv­zinssatzaufdenBruttobuchwertdesfinanziellenVermögens­werts berechnen.

SoferndasUnternehmennichtmehrrealistischerwartet,denfinan-ziellen Vermögenswert zu realisieren, hat es dessen Bruttobuch­wert unmittelbar in voller Höhe zu verringern. Eine solche Abschrei­bung stellt ein Ausbuchungsereignis dar (siehe Abschnitt 11.1).

3.2 Vereinfachtes Verfahren

Nach dem vereinfachten Verfahren muss ein Unternehmen die Änderungen des Kreditrisikos nicht nachverfolgen. Stattdessen hat es sowohl beim erstmaligen Ansatz als auch zu jedem nachfol­genden Abschlussstichtag eine Risikovorsorge in Höhe der Gesamt­laufzeit­ECL zu erfassen.1

Ein Unternehmen hat das vereinfachte Verfahren auf Forderun­gen aus Lieferungen und Leistungen oder aktive Vertragsposten anzuwenden, die aus Transaktionen resultieren, die in den

Der vereinfachte Ansatz schreibt die Erfassung einer Risikovorsorge auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ ECL direkt ab dem Zeitpunkt der Ausreichung vor.

Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen, und die keine wesentli­che Finanzierungskomponente enthalten oder wenn es die Aus­nahmeregelung des IFRS 15 für Verträge mit einer Laufzeit von maximal einem Jahr in Anspruch nimmt.

EinaktiverVertragspostenwirddefiniertalsderAnsprucheinesUnternehmens auf Erhalt einer Gegenleistung im Tausch für Güter oder Dienstleistungen, die das Unternehmen auf einen Kunden übertragen hat, wenn dieser Anspruch nicht vom Zeitablauf, son­dern von anderen Faktoren (z. B. der zukünftigen Leistung des Unternehmens) abhängig ist. Laut den Erläuterungen in IFRS 15 handelt es sich bei Verträgen, die eine wesentliche Finanzierungs­komponente enthalten, um Verträge, bei denen der vereinbarte Zahlungszeitpunkt dem Kunden oder dem Unternehmen bei Über­tragung der Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden einen erheblichen Vorteil im Hinblick auf die Finanzierung verschafft. Daher hat das Unternehmen bei der Bestimmung des Trans­aktionspreises die zugesagte Gegenleistung um den Zinseffekt an­zupassen.2 Wenn das Unternehmen jedoch bei Vertragsbeginn davon ausgeht, dass der Zeitraum zwischen der Übertragung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden und der Bezahlung dieser Güter oder Dienstleistungen durch den Kunden maximal ein Jahr beträgt, kann ein Unternehmen aus Vereinfa­chungsgründen darauf verzichten, die zugesagte Gegenleistung um die Auswirkungen aus einer wesentlichen Finanzierungskom­ponente anzupassen.

1 Siehe IFRS 9.5.5.15. 2 Siehe IFRS 15.60.

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Unternehmen können wählen, ob sie auf folgende Posten das vereinfachte Verfahren oder den allgemeinen Ansatz anwenden möchten:

• alle Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder aktive Vertragsposten, die aus Transaktionen resultieren, die in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen, und die eine wesent­liche Finanzierungskomponente gemäß IFRS 15 enthalten; das Bilanzierungswahlrecht kann auf Forderungen aus Lieferun­gen und Leistungen und aktive Vertragsposten jeweils separat angewendet werden (siehe Abschnitt 8.1)

• alle Leasingforderungen, die aus Transaktionen resultieren, die in den Anwendungsbereich von IAS 17 fallen; das Bilanzierungs­wahlrecht kann auf Forderungen aus Finanzierungs­ und Ope­rating­Leasingverhältnissen jeweils separat angewendet werden (siehe Abschnitt 8.2)

Das IASB hat darauf hingewiesen, dass dieses Bilanzierungswahl­recht die Vergleichbarkeit einschränkt. Das Board geht jedoch davon aus, dass durch das Wahlrecht einige der praktischen Schwie­rigkeiten bei der Nachverfolgung von Änderungen des Kredit­risikos für Unternehmen, die über kein ausgereiftes Kreditrisiko­managementsystem verfügen, behoben werden.

3.3 Erworbene oder ausgereichte wert­geminderte finanzielle Vermögenswerte

BeimerstmaligenAnsatzeinesfinanziellenVermögenswertshat ein Unternehmen festzustellen, ob der Vermögenswert wert­gemindert ist.3

EinfinanziellerVermögenswertgiltalswertgemindert,wenneinesoder mehrere Ereignisse eingetreten sind, welche die geschätzten künftigenCashflowsdiesesfinanziellenVermögenswertsnegativbeeinflussen.ZudenHinweisen,dasseinfinanziellerVermögens­wert (bei Erwerb oder Ausreichung) wertgemindert ist, zählen beobachtbare Daten über solche Ereignisse. IFRS 9 enthält eine AuflistungvonEreignissen,dieimWesentlichendem„Verlust-ereignis“gemäßIAS39beiderBeurteilungeineseinzelnenVer­mögenswerts entsprechen:4

• erheblichefinanzielleSchwierigkeitendesEmittentenoderdesKreditnehmers

• ein Vertragsbruch, z. B ein Zahlungsausfall oder Zahlungsverzug

• Zugeständnisse vonseiten des oder der Kreditgeber an den Kreditnehmer aufgrund wirtschaftlicher oder rechtlicher Gründe imZusammenhangmitdenfinanziellenSchwierigkeitendesKreditnehmers, die der Kreditgeber ansonsten nicht gewähren würde

• eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Kreditnehmer in Insol­venz geht oder ein sonstiges Sanierungsverfahren eröffnet

• dasVerschwindeneinesaktivenMarktesfürdiesenfinanziellenVermögenswertaufgrundfinanziellerSchwierigkeiten

• derErwerboderdieAusreichungeinesfinanziellenVermögens­werts mit einem hohen Disagio, das die eingetretenen Kredit­ausfälle widerspiegelt

Möglicherweise kann das Unternehmen kein einzelnes auslösen­desEreignisidentifizieren.StattdessenkannderkombinierteEf­fektmehrererEreignissezuderWertminderungdesfinanziellenVermögenswerts geführt haben.

Unsere Sichtweise Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktive Vertragsposten, die keine wesentliche Finanzierungskomponente enthalten, ist intuitiv sinnvoll. Insbesondere bei Forderungen aus Liefe­rungen und Leistungen und aktiven Vertragsposten, die in spätestens zwölf Monaten fällig werden, entsprechen die 12­Monats­ECL ohnehin den Gesamtlaufzeit­ECL.

Ansätze

3

3 Siehe IFRS 9.5.5.13. 4 Siehe IFRS 9, Anhang A.

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Ein wertgeminderter Vermögenswert wird wahrscheinlich mit einem hohen Abschlag erworben. In Ausnahmefällen kann es vor­kommen,dasseinUnternehmeneinenwertgemindertenfinan-ziellen Vermögenswert ausreicht, z. B. nach einer umfassenden ModifizierungeinesnotleidendenfinanziellenVermögenswerts,diezurAusbuchungdesursprünglichenfinanziellenVermögens­werts geführt hat (siehe Abschnitt 6).

BeifinanziellenVermögenswerten,diebereitsbeiErwerboderAusreichung als wertgemindert eingestuft werden, werden keine 12­Monats­ECL erfasst. Stattdessen ist ein um die erwarteten Ausfälle adjustierter Effektivzinssatz zu verwenden, der die ur­sprünglich über die Gesamtlaufzeit erwarteteten Kreditausfälle widerspiegelt. Diese Bilanzierungsmethode ist die gleiche wie nach IAS 39.5 Sie sollte daher ohne wesentliche System­ oder Verfah­rensentwicklungen angewendet werden können. Sie steht zudem mit der ursprünglich im ED 2009 vorgeschlagenen Bewertungs­methode für Wertminderungen in Einklang.

Finanzielle Vermögenswerte, die bereits bei Erwerb oder Ausrei­chung wertgemindert sind, sind auf die gleiche Weise zu bilanzie­ren wie nach IAS 39.

Unsere Sichtweise Der Grund für die Nichterfassung einer Risikovorsorge für 12­Monats­ECL bei Erwerb oder Ausreichung wertgeminderter Vermögenswerte besteht darin, dass diese Ausfälle bereits im beizulegenden Zeitwert beim erstmaligen Ansatz berück­sichtigt sind. Die gleiche Logik ließe sich auch auf alle anderen nichtwertgemindertenfinanziellenVermögenswertemitdemArgument übertragen, dass diese bei ihrem erstmaligen Ansatz ebenfalls mit dem beizulegenden Zeitwert, der die Erwartun­gen bezüglich zukünftiger Ausfälle widerspiegelt, bewertet wer­den. Diese Unterscheidung wird gemacht, weil die Doppelbe­rücksichtigung der 12­Monats­ECL beim erstmaligen Ansatz für Vermögenswerte mit einem derart hohen Kreditrisiko einen zu hohen Betrag ergäbe und die Nichtberücksichtigung der ursprünglichen erwarteten Kreditausfälle bei der Ermittlung des Effektivzinssatzes zu einer nicht mehr akzeptablen Verzer­rung führen würde.

FürfinanzielleVermögenswerte,diebereitsbeiErwerboderAus­reichung wertgemindert waren, hat ein Unternehmen in späteren Berichtsperioden Folgendes zu erfassen:

• eine Risikovorsorge in Höhe der kumulativen Änderungen der Gesamtlaufzeit­ECL seit dem erstmaligen Ansatz

• den Betrag, um den sich die Gesamtlaufzeit­ECL geändert haben, als Wertaufholung oder Wertminderungsaufwand in der Gewinn­ und Verlustrechnung. Eine Wertaufholung wird dann erfasst, wenn vorteilhafte Änderungen dazu führen, dass die geschätzte Höhe der Gesamtlaufzeit­ECL unter den ursprüng­lichen Schätz wert sinkt, der bei der Berechnung des um die er­warteten Kreditausfälle angepassten Effektivzinssatzes zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes in den geschätzten Cash­flowsberücksichtigtwurde.

5 Siehe IAS 39.AG5.

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Bei der Berechnung der Zinserträge für erworbene oder ausge­reichte wertgeminderte Vermögenswerte hat der Inhaber den um die erwarteten Kreditausfälle angepassten Effektivzinssatz ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes auf die fortgeführten Anschaffungskosten (d. h. auf der Basis des Bruttobuchwerts abzüglichderRisikovorsorge)dieserfinanziellenVermögenswerteanzuwenden. Der zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes auf der Basis der zum Ansatzzeitpunkt erwarteten Rückzahlungen ermittelte und um erwartete Kreditausfälle angepasste Effektiv­zinssatz wird darüber hinaus dazu verwendet, Änderungen der erwarteten Kreditausfälle zu bemessen (siehe Abschnitt 4.5.).

NebendenanderenAngabepflichtenzumKreditrisiko(sieheAb­schnitt 12) hat der Inhaber solcher Finanzinstrumente im Anhang zusätzlich zu erläutern, wie er zu dem Schluss gelangt ist, dass die Vermögenswerte wertgemindert sind. Dies schließt Erläuterun­gen zu den verwendeten Inputdaten, Annahmen und Schätzver­fahren mit ein. Darüber hinaus ist der Gesamtbetrag der zum Zeit­punkt des erstmaligen Ansatzes nicht abgezinsten erwarteten Kreditausfälle für während der Berichtsperiode erstmalig erfasste, beiErwerboderAusreichungbereitswertgemindertefinanzielleVermögenswerte offenzulegen.

DieBilanzierungfürsolchefinanziellenVermögenswertesollanhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden.

Beispiel3-1:BerechnungdesumerwarteteKreditausfälleangepasstenEffektivzinssatzesundErfassungeinerRisikovorsorgefürfinanzielleVermögenswerte,diebeiErwerbwertgemindertsind

Am 1. Januar 2009 hat Unternehmen D eine Anleihe ausgegeben, für die es jährlich rückwirkend Zinsen in Höhe von WE 800 zu zahlen hat. Der Nennwert der Anleihe in Höhe von WE 10.000 ist am 31. Dezember 2018 zurückzuzahlen. Im Geschäftsjahr 2014 hatte Unter­nehmenDerheblichefinanzielleSchwierigkeitenundwarnichtinderLage,dieam31.Dezember2014fälligenZinsenzuzahlen.Am1. Januar 2015 geht Unternehmen V davon aus, dass der Inhaber dieser Anleihe Ende 2016 mit einer einmaligen Zahlung in Höhe von WE 4.000 rechnen kann. Es erwirbt die Anleihe zu einem marktüblichen Preis von WE 3.000. Unternehmen V entscheidet, dass das SchuldinstrumentaufgrunddererheblichenfinanziellenSchwierigkeitenvonUnternehmenDunddeshohenAbschlagsbeimerstmali­gen Ansatz wertgemindert ist.

BeiVerwendungdervertraglichvereinbartenCashflows(einschließlichderüberfälligenWE800)ergibtsicheinEffektivzinssatzvon70,1 % (der Nettobarwert der jetzt und bis 2018 jährlich zu zahlenden WE 800 sowie der Ende 2018 zu begleichenden Forderung von WE 10.000 beträgt bei einer Abzinsung um 70,1 % WE 3.000). Da die Anleihe jedoch wertgemindert ist, hat Unternehmen V den Effek­tivzinssatzunterVerwendungdergeschätztenCashflowsausdemSchuldinstrumentzuberechnen.IndiesemFallbeträgtderEffektiv­zinssatz 15,5 % (der Nettobarwert der in zwei Jahren erwarteten WE 4.000 beträgt bei einer Abzinsung um 15,5 % WE 3.000).

Bei ansonsten identischen Bedingungen würde Unternehmen V im Verlauf von 2015 Zinserträge aus dem Instrument in Höhe von WE 464 (WE 3.000 × 15,5 %) erfassen und der Buchwert des Schuldinstruments würde zum Jahresende WE 3.464 (WE 3.000 + WE464)betragen.WennsichdieaufderBasisangemessenerundbelastbarerInformationenerwartetenCashflowsausdemSchuld-instrument zum Jahresende jedoch beispielsweise auf WE 4.250 erhöhen (deren Erhalt nach wie vor Ende 2016 erwartet wird), müssten die fortgeführten Anschaffungskosten des Vermögenswerts angepasst werden. Infolgedessen würde der Buchwert des Vermögenswerts auf WE 3.681 (WE 4.250 über ein Jahr mit 15,5 % abgezinst) steigen und es wäre eine Wertaufholung in Höhe von WE 217 in der Gewinn­ und Verlustrechnung zu erfassen.

Ansätze

3

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Für wertgeminderte Vermögens­werte wird der Effektivzinssatz um die erwarteten Kreditaus fälle ange passt.

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DerStandarddefiniertKreditausfällealsDifferenzzwischenderSummedervertraglichvereinbartenCashflowsundderSummederCashflows,derenErhaltdasUnternehmenerwartet(d.h.unterBerücksichtigung der erwarteten Zahlungsausfälle), abgezinst mitdemursprünglichenEffektivzinssatz(oder,beifinanziellenVermögenswerten, die bereits bei Erwerb oder Ausreichung wert­gemindert sind, mit dem um erwartete Kreditausfälle angepass­tenEffektivzinssatz).BeiderSchätzungderCashflowshateinUnternehmen Folgendes zu berücksichtigen:

• sämtliche Vertragsbedingungen des Finanzinstruments (ein­schließlich Vorfälligkeits­, Verlängerungs­, Call­ und ähnlicher Optionen) über die erwartete Laufzeit (siehe Abschnitt 4.3); in seltenen Fällen, wenn die erwartete Laufzeit des Finanz­instruments nicht verlässlich geschätzt werden kann, muss ein Unternehmen jedoch die vertragliche Restlaufzeit des Finanz­instruments verwenden

• CashflowsausdemVerkaufdergehaltenenSicherheiten(siehe Abschnitt 4.6) oder anderer Bonitätsverbesserungen, die wesentlicher Bestandteil der Vertragsbedingungen sind

DesWeiterendefiniertderStandarderwarteteKreditausfällealsgewichteter Durchschnitt von Kreditausfällen, wobei die jeweiligen Ausfallrisiken bei der Gewichtung zugrunde zu legen sind.

Der Standard schreibt für die Schätzung der erwarteten Kredit­ausfällekeinespezifischenMethodenvor,hebtjedochhervor,dass der verwendete Ansatz Folgendes berücksichtigen muss:6

• einen unverfälschten und wahrscheinlichkeitsgewichteten Betrag, der durch die Beurteilung einer Bandbreite möglicher Ergebnisse ermittelt wird (siehe Abschnitt 4.4)

• den Zeitwert des Geldes (siehe Abschnitt 4.5)

• angemessene und belastbare Informationen über vergangene Ereignisse, aktuelle Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die ohne einen unverhält­nismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zum Abschluss­stichtag zur Verfügung stehen (siehe Abschnitt 4.7).

4 Bewertung erwarteter Kreditausfälle

4.1 Über die Gesamtlaufzeit erwartete Kreditausfälle (Gesamtlaufzeit­ECL)

IFRS9definiertdieGesamtlaufzeit-ECLalserwarteteKreditaus­fälle, die aus allen möglichen Ausfallereignissen während der erwarteten Laufzeit eines Finanzinstruments resultieren (d. h., ein Unternehmen muss das Risiko beurteilen, dass es während der erwarteten Laufzeit des Finanzinstruments zu einem Ausfall kommt). Gesamtlaufzeit­ECL sind anhand des Barwerts aller überdieerwarteteRestlaufzeitdesfinanziellenVermögenswertszu erwartenden Zahlungsausfälle zu schätzen, d. h. der Differenz zwischen

• denvertraglichvereinbartenCashflows,dievertragsgemäßandas Unternehmen zu zahlen sind, und

• denCashflows,derenErhaltderInhabererwartet.

Da bei der Ermittlung der erwarteten Kreditausfälle sowohl der Betrag als auch der Zeitpunkt der Zahlungen zu berücksichtigen sind, tritt ein Kreditausfall auch dann ein, wenn der Inhaber er­wartet, alle fälligen vertraglich vereinbarten Zahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten.

6 Siehe IFRS 9.5.5.17.

Da erwartete Kreditausfälle sowohl den Betrag als auch den Zeitpunkt der Zahlungen berück­sichtigen, tritt ein Kreditausfall auch dann ein, wenn der Inhaber erwartet, alle fälligen vertraglich vereinbarten Zahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten.

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Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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Bei der Schätzung der Gesamtlaufzeit­ECL für nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen (siehe Abschnitt 9) muss die Partei, welche die Zusage macht,

• den Teil des zugesagten Kreditbetrags, der während der erwarteten Laufzeit der Kreditzusage voraussichtlich in Anspruch genommen wird, schätzen (siehe Abschnitt 4.2 zu den 12­Monats­ECL) und

• den Barwert der zu erwartenden Zahlungsausfälle als Differenz zwischendenvertraglichvereinbartenCashflows,dieandasUnternehmen zu zahlen sind, wenn der Inhaber der Kreditzusage

diesen erwarteten Teil des Kredits in Anspruch nimmt, und denCashflows,derenErhaltdasUnternehmenerwartet,wenndieser erwartete Teil des Kredits in Anspruch genommen wird, berechnen.

Bei Finanzgarantien (siehe Abschnitt 9) muss der Garantiegeber nur bei einem Ausfall des Schuldners Zahlungen gemäß den Be­dingungen des garantierten Finanzinstruments leisten. Infolgedes­sen würde die Schätzung der Gesamtlaufzeit­ECL auf dem Bar­wert der erwarteten Zahlungen basieren, mit denen der Inhaber für einen eingetretenen Kreditausfall entschädigt wird, abzüglich der Beträge, deren Erhalt der Garantiegeber vom Inhaber,

Unsere Sichtweise Die 12­Monats­Risikovorsorge ist zwar höher als die für jedes einzelne Finanzinstrument nach dem erstmaligen Ansatz erforderliche Risikovorsorge.Dasiejedochnichtweitererhöhtwird(außerbeiÄnderungender12-Monats-ECL),solangekeinsignifikanterAnstieg des Kreditrisikos für das Finanzinstrument zu verzeichnen ist, ist die Gesamtrisikovorsorge für ein Portfolio von Finanzinstru­menten (in etwa) genauso hoch wie bei Anwendung eines konzeptionell robusteren Ansatzes. Zwar gibt es keine konzeptionelle Rechtfertigung für eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­ECL, doch stellt die Schaffung eines angemessenen Ausgleichs zwischen der glaubwürdigen Darstellung des wirtschaftlichen Gehalts einer Transaktion und den Implementierungskosten eine prag­matische Lösung dar.

Obgleich die zwölf Monate etwas willkürlich gewählt sind, handelt es sich dabei um den gleichen Zeitraum, wie er bei der komplexeren Berechnung des regulatorischen Eigenkapitals von Banken nach Basel II verwendet wird. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass das 12­Monats­Kriterium gemäß IFRS 9 immer von dem für die Zwecke der Berechnung des regulatorischen Kapitals verwendeten Zeit­raum abweichen wird. Der Grund hierfür ist, dass es sich bei dem Kriterium in IFRS 9 um eine zeitpunktbezogene (point-in-time) Schätzunghandelt,indieaktuellewirtschaftlichePrognosen(sieheAbschnitt4.7.3)einfließen,währendsichdasBasel-II-Kriteriumauf zyklusbezogene (through-the-cycle) Ausfallerwartungen sowie konservative Schätzungen von Verlusten infolge von Zahlungs­ausfällen stützt. Banken, die für die Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderungen einen fortgeschrittenen Ansatz verwenden, dürften jedoch in der Lage sein, ihre bestehenden Systeme und Methodologien einzusetzen und die notwendigen Anpassungen vorzuneh­men, um die Berechnung gemäß den Anforderungen des IFRS 9 durchzuführen.

Inwieweitdas12-Monats-unddasGesamtlaufzeit-ECL-ModelleinenkonzeptionellreinerenAnsatz„ersetzen“können,hängtvonderArt des Portfolios ab. Auch wird sich die Erfassung von 12­Monats­ECL in der ersten Berichtsperiode, in der ein Finanzinstrument angesetzt wird, nicht wesentlich auf das Periodenergebnis auswirken, wenn der Umfang des Portfolios von einer Berichtsperiode zur nächsten gleich bleibt. Durch die Risikovorsorge für 12­Monats­ECL wird sich jedoch das Periodenergebnis von Unternehmen, die ihr Portfolio erweitern, verringern.

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12­Monats­ECL sind der Teil der Gesamtlaufzeit­ECL, der aus Ausfallereignissen resultiert, die innerhalb der nächsten zwölf Monate eintreten können, gewichtet nach der Eintrittswahr­scheinlichkeit dieses Ausfalls.

Schuldner oder einem sonstigen Dritten erwartet. Wenn der Ver­mögenswert in voller Höhe garantiert wird, würde die ECL­Schät­zung für die Finanzgarantie genauso hoch ausfallen wie die Schät­zung der erwarteten Zahlungsausfälle für den garantierten Vermögenswert.

4.2 In den nächsten zwölf Monaten erwartete Kreditausfälle (12­Monats­ECL)12-Monats-ECLwerdendefiniertalsderTeilderGesamtlaufzeit-ECL,der aus Ausfallereignissen bei einem Finanzinstrument resultiert, die innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag ein­treten können. Der Standard erläutert weiter, dass die 12­Monats­ ECL den Teil der Gesamtlaufzeit­ECL darstellen, der sich ergibt, wenn innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag (oder einem kürzeren Zeitraum, wenn die erwartete Laufzeit eines Finanzinstruments weniger als zwölf Monate beträgt) ein Ausfall eintritt, gewichtet mit der Eintrittswahrscheinlichkeit die­sesAusfalls.DieDefinitionvon12-Monats-ECLähneltdervomBaselerAusschussverwendetenDefinitionfüreinenerwartetenKreditausfall.

Da die Berechnung auf der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls ba­siert, hebt der Standard hervor, dass die 12­Monats­ECL nicht den Gesamtlaufzeit­ECL entsprechen, die einem Unternehmen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten entstehen, deren Aus­fall in den nächsten zwölf Monaten erwartet wird (d. h. bei denen die Ausfallwahrscheinlichkeit in den nächsten zwölf Monaten mehr als 50 Prozent beträgt). Beispielsweise kann die Ausfallwahr­scheinlichkeit lediglich 25 Prozent betragen. In diesem Fall wäre dieser Wert als Grundlage für die Berechnung der 12­Monats­ECL heranzuziehen, obwohl es nicht wahrscheinlich ist, dass es bei dem Vermögenswert zu einem Ausfall kommen wird. Des Weiteren entsprechen die 12­Monats­ECL nicht den für die nächsten zwölf Monate erwarteten Zahlungsausfällen. Bei Vermögenswerten, bei denen ein Ausfall eingetreten ist, sind die Gesamtlaufzeit­ECL in derRegeldeutlichhöheralsdieCashflows,dievertragsgemäßinden nächsten zwölf Monaten fällig werden.

Bei nicht in Anspruch genommenen Kreditzusagen (siehe Ab­schnitt 9) hat ein Unternehmen seine Schätzung der 12­Monats­ ECL auf der Grundlage seiner Erwartungen hinsichtlich des Teils der Kreditzusage vorzunehmen, der voraussichtlich innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag in Anspruch genom­men wird (siehe Abschnitt 4.1).

Wie bereits in Abschnitt 1.2 erwähnt, stehen die 12­Monats­ECL nach Auffassung des IASB sellvertretend für die ratierliche Erfassung der anfänglich erwarteten Kreditausfälle über einen bestimmten Zeitraum, wie im ED 2009 vorgeschlagen, und verringern die sys­tematische Überbewertung von Zinserträgen, die gemäß IAS 39 zu erfassen sind. Diese praktische Annäherung war nach Abschluss der Folgeberatungen zum ED 2009 aufgrund der Entscheidung, die Bewertung und Zuordnung der ursprünglichen erwarteten Kre­ditausfälle von der Festlegung des Effektivzinssatzes zu trennen, notwendig geworden.

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4.2.1DefinitiondesBegriffs„Ausfallereignis“(default)

DerStandardenthältkeineDefinitiondesBegriffs„Ausfallereig­nis“undderBegriffdientauchnichtdemZweck,dasRisikoeinesAusfalls in den nächsten zwölf Monaten zu bestimmen. Verschie­deneInstitutionenhabeninihrenDefinitionenfürdenEintritteinesAusfallereignisses jeweils unterschiedliche Zeitpunkte, z. B. überfäl­lig nach 30, 90 oder 180 Tagen, festgelegt. Daher hatte das IASB Bedenken,dasseineeigeneDefinitiondesBegriffsmöglicherweisenicht mit der von einem Unternehmen für die Zwecke des Kredit­risikomanagementsverwendetenDefinitioninEinklangstehenkönnte. Deshalb schreibt der Standard vor, dass ein Unternehmen eineDefinitionzuverwendenhat,diemitderfürdieZweckesei­nesKreditrisikomanagementsverwendetenDefinitionüberein­stimmt,unddieseDefinitionkonsequentaufalleBerichtsperiodenanzuwenden hat. Das heißt: Ein Unternehmen muss möglicher­weise für unterschiedliche Arten von Finanzinstrumenten unter­schiedlicheDefinitioneneinesAusfallrisikosverwenden.DerStan­dard macht jedoch deutlich, dass Unternehmen neben der Anzahl der Tage, die Forderungen überfällig sind, gegebenenfalls auch qualitative Ausfallindikatoren (z. B. Verstöße gegen sog. covenants) in Betracht ziehen müssen.7

Es gilt die widerlegbare Vermu­tung, dass ein Ausfallereignis spätestens dann vorliegt, wenn einfinanziellerVermögenswert90 Tage überfällig ist.

Das IASB war ursprünglich nicht davon ausgegangen, dass sich dieunterschiedlichenDefinitioneneinesAusfallereignissesaufdieBerechnung erwarteter Kreditausfälle auswirken, da die Art und Weise,wieeinUnternehmendenBegriff„Ausfallereignis“interpre­tiert,unddiesichausdieserDefinitionergebendenKreditausfällemiteinander korrelieren. Wenn ein Unternehmen beispielsweise eine kürzere Fälligkeitsperiode von 30 statt 60 Tagen verwendet, verringern sich die betreffenden Gesamtlaufzeit­ECL entsprechend, da davon ausgegangen werden kann, dass mehr Kreditnehmer, die mit ihren Zahlungen seit mindestens 30 Tagen überfällig sind, in absehbarer Zeit wieder zahlungsfähig sein werden.

DasKonzeptdes„Ausfallereignisses“istfürdieAnwendungdesModells jedoch von grundlegender Bedeutung, insbesondere da es sich auf den Teil der Kredite auswirkt, der auf der Basis der 12­Monats­ECL bewertet wird. Der Standard schränkt die aus diesem Effekt resultierende Diversität durch das Kriterium der widerlegbaren Vermutung ein, dass ein Ausfallereignis spätestens dannvorliegt,wenneinfinanziellerVermögenswert90Tageüber­fällig ist. Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn ein Unternehmen über angemessene und belastbare Informationen verfügt, die ein alternatives Ausfallkriterium unterstützen. Eine DefinitioneinesAusfallereignisses,wonacheinVermögenswertspätestens nach 90 Tagen überfällig ist, stünde (mit einigen weni­genAusnahmen)außerdemmitderDefinitioninEinklang,dieBanken für die komplexere Berechnung des regulatorischen Eigen­kapitals nach Basel II verwenden.

4.2.2Ermittlungvon12-Monats-ECLaufderGrundlageeinesauf Ausfallquoten basierenden Ansatzes (loss rate approach)

Nicht jedes Unternehmen berechnet für jedes Finanzinstrument sowohl die Ausfallwahrscheinlichkeiten als auch die Verluste infolge von Zahlungsausfällen. Stattdessen wird vielfach ein sog. Loss- rate-Ansatz verwendet. Bei diesem Ansatz erstellt das Unterneh­menAusfallstatistiken.DabeiwirdderüberdieLaufzeitderfinan-ziellen Vermögenswerte abgeschriebene Betrag zugrunde gelegt. Anschließend muss es diese historischen Ausfalltrends um aktu­elle Gegebenheiten und Erwartungen bezüglich künftiger Entwick­lungen anpassen. Das folgende Beispiel soll veranschaulichen, wie ein Unternehmen 12­Monats­ECL unter Anwendung eines Loss-rate-Ansatzes zu ermitteln hat.

Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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7 Siehe IFRS 9.B5.5.37.

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AuszugausIFRS9 Beispiel9:Bewertungvon12-Monats-ECLaufderGrundlageeinesLoss-rate-Ansatzes(IFRS9.IE53-IE57)

Bank A reicht 2.000 endfällige Darlehen mit einem Bruttobuchwert von insgesamt WE 500.000 aus. Die Bank untergliedert ihr Portfolio in Schuldnerkategorien (Gruppen X und Y). Gliederungskriterium sind die gemeinsamen Kreditrisikomerkmale beim erstmaligen An­satz. Gruppe X umfasst 1.000 Kredite mit einem Bruttobuchwert je Kunde von WE 200. Daraus ergibt sich ein Gesamtbruttobuchwert in Höhe von WE 200.000. Gruppe Y umfasst 1.000 Kredite mit einem Bruttobuchwert je Kunde von WE 300. Daraus ergibt sich ein Gesamt­bruttobuchwert in Höhe von WE 300.000. Es fallen keine Transaktionskosten an und die Kreditverträge sehen keine Optionen (z. B. Vor­fälligkeits­ oder Call­Optionen), Zu­ oder Abschläge, gezahlten oder erhaltenen Entgelte oder sonstigen Gebühren vor. Bank A ermittelt die erwarteten Kreditausfälle für die Gruppen X und Y mithilfe eines Loss-rate-Ansatzes. Zur Ermittlung der Ausfallquoten stützt sich Bank A auf Stichproben bezüglich ihrer eigenen historischen Erfahrungswerte zu Ausfällen und Verlusten für diese Arten von Finanzinstrumenten. Darüber hinaus berücksichtigt Bank A zukunftsbezogene Informationen und aktualisiert ihre historischen Informationen durch aktuelle wirtschaftliche Daten sowie angemessene und belastbare Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rah­menbedingungen. Bei einer Grundgesamtheit von 1.000 Krediten pro Gruppe lag die Ausfallquote in der Vergangenheit für Kredite der Gruppe X bei 0,30 % (basierend auf vier Ausfällen) und für Kredite der Gruppe Y bei 0,15 % (basierend auf zwei Ausfällen).

Anzahlvon Kunden in der Stichprobe

Geschätzter Brutto buchwert je KundebeiFälligkeit

Gesamter geschätzter Bruttobuchwert bei Fälligkeit

Historische durchschnittliche Ausfälle pro Jahr

Geschätzter Gesamtbruttobuch­wert bei Ausfall

Barwert der beobachteten Ausfälle(a)

Ausfallquote

Gruppe A B C = A × B D E = B × D F G = F : C

X 1.000 WE 200 WE 200.000 4 WE 800 WE 600 0,30 %

Y 1.000 WE 300 WE 300.000 2 WE 600 WE 450 0,15 %

(a) Gemäß IFRS 9.5.5.17(b) sind die erwarteten Kreditausfälle mit dem Effektivzinssatz abzuzinsen. Für die Zwecke dieses Beispiels wird jedoch der Barwert des beobachteten Ausfalls zugrunde gelegt.

Am Abschlussstichtag rechnet Bank A, verglichen mit der historischen Ausfallquote, mit einer Zunahme der Ausfälle über die nächsten zwölf Monate. Aufgrund dessen erwartet Bank A für die Kredite der Gruppe X innerhalb der nächsten zwölf Monate fünf Ausfälle und für die Kredite der Gruppe Y drei Ausfälle. Sie geht davon aus, dass der Barwert der beobachteten Kreditausfälle je Kunde weiterhin den historischen Ausfällen je Kunde entsprechen wird.

BankAbestimmtaufderGrundlagedererwartetenLaufzeitderKredite,dassdieerwarteteZunahmederAusfällekeinesignifikanteErhöhung des Kreditrisikos für die Portfolios seit dem erstmaligen Ansatz darstellt. Sie bewertet die Risikovorsorge auf der Grundlage ihrer Prognosen mit einem Betrag, der den 12­Monats­ECL für die 1.000 Kredite in jeder Gruppe (d. h. WE 750 bzw. WE 675) entspricht. Daraus ergibt sich im ersten Jahr eine Ausfallquote von 0,375 % für Gruppe X und von 0,225 % für Gruppe Y.

Anzahlvon Kunden in der Stichprobe

Geschätzter Brutto buchwert je KundebeiFälligkeit

Gesamter geschätzter Bruttobuchwert bei Fälligkeit

Erwartete Ausfälle

Geschätzter Gesamtbruttobuch­wertbeiFälligkeit

Barwert der beobachteten Ausfälle

Ausfallquote

Gruppe A B C = A × B D E = B × D F G = F : C

X 1.000 WE 200 WE 200.000 5 WE 1.000 WE 750 0,375 %

Y 1.000 WE 300 WE 300.000 3 WE 900 WE 675 0,225 %

Bank A verwendet die Ausfallquoten von 0,375 % und 0,225 %, um die 12­Monats­ECL für neue, während des Jahres ausgereichte Kredite in Gruppe X und Gruppe Y, bei denen sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz nicht wesentlich erhöht hat, zu schätzen.

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Unsere Sichtweise Das Beispiel verdeutlicht, dass ein Unternehmen bei Anwendung des Loss-rate-Ansatzes seine Ausfallquoten berechnen würde, indem es sein Portfolio anhand gemeinsamer Kreditrisikomerk­male in angemessene Kategorien (oder Unterportfolios) unter­teilt und anschließend seine historischen Ausfallinformationen durch zukunftsbezogene Informationen aktualisiert. Die Aus­fallquote wurde einfach durch Ermittlung des Verhältnisses zwischen dem Barwert der beobachteten Ausfälle (Zähler) und dem Bruttobuchwert der Kredite (Nenner) abgeleitet. Zwar ist das Vorliegen einer konkreten Ausfallwahrscheinlichkeit keine notwendige Voraussetzung, doch muss das Unternehmen die Anzahl der Ausfälle schätzen, um zu bestimmen, ob sich das Kreditrisikosiginfikanterhöhthat(sieheAbschnitt5).

Erwartete Kreditausfälle sind mit dem Effektivzinssatz abzu­zinsen. Im vorliegenden Beispiel wurde jedoch der Barwert des beobachteten Ausfalls zugrunde gelegt.

Wir weisen darauf hin, dass das Beispiel nicht den Top­down­Ansatz bei einer Verschlechterung der Kreditqualität berück­sichtigt, der anzuwenden wäre, wenn die Beurteilung auf Port­folioebene vorgenommen würde (siehe Abschnitt 5.9).

4.3 Erwartete Laufzeit versus Vertragslaufzeit

Bei der Bewertung der erwarteten Kreditausfälle haben Unterneh­men die maximale Vertragslaufzeit zugrunde zu legen (einschließ­lich Verlängerungsoptionen), während der das Unternehmen dem Kreditrisiko ausgesetzt ist. Solche Verlängerungsoptionen werden gewöhnlich dem Kreditnehmer eingeräumt.

Bei Kreditzusagen und Finanzgarantien entspricht der Zeitraum, für den die erwarteten Ausfälle zu bemessen sind, der maximalen Vertragslaufzeit, in der für das Unternehmen eine gegenwärtige vertraglicheVerpflichtungzurKreditgewährungbesteht.Beirevol­vierenden Kreditfazilitäten (z. B. Kreditkarten und Kontokorrent­kredite) geht dieser Zeitraum jedoch über die Vertragslaufzeit hinaus und schließt den Zeitraum mit ein, in dem ein Unternehmen voraussichtlich dem Kreditrisiko ausgesetzt sein wird (Abschnitt 10). Dieser Zeitraum ist auf der Grundlage historischer Erfahrungswerte zu schätzen.

4.4 Wahrscheinlichkeitsgewichtete Berechnung

Die erwarteten Kreditausfälle sind eine wahrscheinlichkeitsgewich­tete Berechnung von Kreditausfällen, die voraussichtlich über die erwartete Laufzeit des Finanzinstruments eintreten werden, d. h. der gewichtete Durchschnitt von Kreditausfällen, wobei für die Gewichtung die jeweiligen Ausfallrisiken zugrunde gelegt werden.

Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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Erwartete Kreditausfälle sind eine wahrscheinlichkeitsgewich­tete Schätzung von Kreditaus­fällen über die erwartete Laufzeit des Finanzinstruments.

Bei der Bewertung erwarteter Kreditausfälle ist die maximale Vertragslaufzeit zugrunde zu legen, während der das Unter­nehmen dem Kreditrisiko aus­gesetzt ist.

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Kreditausfälle sind mit einem approximierten Effektivzinssatz abzuzinsen.

Bei der Bewertung von erwarteten Kreditausfällen muss ein Unter­nehmen eine Bandbreite möglicher Ergebnisse beurteilen, um daraus einen unverfälschten und wahrscheinlichkeitsgewichteten Betragabzuleiten.DiesbeinhaltetdieIdentifizierungmöglicherSzenarien, in denen Folgendes festgelegt ist:

• dieHöheundderZeitpunktderCashflowsbeibestimmtenErgebnissen

• die geschätzte Wahrscheinlichkeit dieser Ergebnisse

Zwar muss ein Unternehmen nicht jedes einzelne mögliche Szena­rioidentifizieren,allerdingsistimmerauchdieWahrscheinlichkeitzu berücksichtigen, dass ein Kreditausfall eintritt – unabhängig davon, wie gering diese Wahrscheinlichkeit auch sein mag. Eine wahrscheinlichkeitsgewichtete Berechnung ist nicht mit einer einzigen Schätzung des Worst­Case­ oder Best­Case­Szenarios oder dem wahrscheinlichsten Ergebnis gleichzusetzen. Wenn also das Risiko oder die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls mit hohen Verlusten gering sind, könnte das wahrscheinlichste Ergebnis darin bestehen, dass kein Kreditausfall eintritt, obgleich eine Risiko­vorsorge auf der Grundlage der wahrscheinlichkeitsgewichteten Cashflowsgebildetwerdenmüsste.

In der Praxis sind eine komplizierte Analyse oder detaillierte Simu­lation einer Vielzahl von Szenarien vielleicht gar nicht notwendig, um einen wahrscheinlichkeitsgewichteten Betrag zu berechnen; gemäß dem Standard kann eine relativ einfache Modellierung ausreichend sein. Beispielsweise können die durchschnittlichen Kre­ditausfälle eines umfangreichen Portfolios von Finanzinstrumen­ten mit gemeinsamen Risikomerkmalen eine hinreichend genaue Schätzung des wahrscheinlichkeitsgewichteten Betrags darstellen.

4.5 Zeitwert des Geldes

Ein Unternehmen hat bei der Bewertung der erwarteten Kreditaus­fälle den Zeitwert des Geldes zu berücksichtigen, indem es diesen Betrag zum Abschlussstichtag mit einem Zinssatz abzinst, der an­nähernd dem Effektivzinssatz für den Vermögenswert entspricht. Dies ist notwendig, weil die Anschaffungskosten des

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Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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Vermögenswerts auf den abgezinsten vertraglich vereinbarten Cashflowsbasieren.WürdenalsoCashflows,derenErhaltjetztnichtmehr erwartet wird, nicht abgezinst, würde der Ausfall überbe­wertet werden.

Der Abzinsungssatz ist wie folgt zu ermitteln:

• BeifestverzinslichenfinanziellenVermögenswertenmüssenUnternehmen den Effektivzinssatz beim erstmaligen Ansatz des Vermögenswerts bestimmen oder einen Näherungswert ermitteln,währendbeivariabelverzinslichenfinanziellenVer­mögenswerten der aktuelle Effektivzinssatz zu verwenden ist.

• BeifinanziellenVermögenswerten,diebeiErwerboderAus-reichung wertgemindert sind (siehe Abschnitt 3.3), müssen Unternehmen jegliche Änderungen bei den erwarteten Kredit­ausfällenmitdembeimerstmaligenAnsatzdesfinanziellenVermögenswerts festgelegten und um erwartete Kreditausfälle angepassten Effektivzinssatz bewerten.

• Bei Kreditzusagen (siehe Abschnitt 9) müssen Unternehmen den Effektivzinssatz des Vermögenswerts verwenden, der aus der Inanspruchnahme der Zusage (wie vorstehend beschrie­ben) resultiert. Daraus ergäbe sich ein konsistenter Zinssatz für eineKreditfazilität,diesowohleinenKredit(d.h.einenfinan-ziellen Vermögenswert) als auch eine nicht in Anspruch genom­mene Kreditzusage enthält. Wenn der Effektivzinssatz des re­sultierenden Vermögenswerts nicht ermittelt werden kann, muss das Unternehmen den aktuellen, risikolosen Zinssatz (d. h. den Abzinsungssatz, der die aktuelle Markteinschätzung des Zeitwerts des Geldes widerspiegelt) verwenden. Dieser sollte um die cash­flowspezifischenRisikenangepasstwerden,abernurdann,wenneine solche Anpassung nicht bereits auf der Ebene der Cash­flowsstattgefundenhat,umeineDoppelberücksichtigungzuvermeiden.

• Bei Finanzgarantien (siehe Abschnitt 9) müssen Unternehmen denaktuellen,risikolosen,umcashflowspezifischeRisikenange­passten Zinssatz verwenden.

• Bei Leasingforderungen (siehe Abschnitt 8.2) müssen Unter­nehmen die erwarteten Kreditausfälle mit dem gleichen Ab­zinsungssatz abzinsen, der für die Bewertung der Leasingforde­rungen gemäß IAS 17 verwendet wird.

Im ED 2013 war vorgeschlagen worden, erwartete Kreditausfälle mit einem beliebigen Zinssatz abzuzinsen, der zwischen dem risikolosenZinssatzunddemEffektivzinssatzdesfinanziellenVermögenswerts liegt. Der Zweck bestand darin, operationelle Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Effektivzinssatzes, die eine Anpassung des Kreditrisikomanagements und der Rechnungs­legungssysteme erforderlich gemacht hätten, zu vermeiden. Einige interessierte Parteien stimmten diesem Vorschlag nicht zu, da sie der Auffassung waren, dass Unternehmen dadurch zu viel Flexibilität eingeräumt würde und der Effektivzinssatz in konzep­tioneller Hinsicht der richtige Zinssatz sei. Daraufhin hat das IASB die Vorschrift so geändert, dass die erwarteten Ausfälle mit dem Effektivzinssatz oder einem entsprechenden Näherungswert abzu­zinsen sind. In seiner Grundlage für Schlussfolgerungen (Basis for Conclusions) räumt das IASB zwar ein, dass die Bestimmung des Effektivzinssatzes für Unternehmen mit Schwierigkeiten ver­bunden sein kann (insbesondere bei offenen Portfolios), weist aber gleichzeitig darauf hin, dass IAS 39 bereits eine ähnliche Vorschrift enthält.8

8 Siehe IFRS 9.BC5.267–275.

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Unsere Sichtweise Die Abzinsung von erwarteten Kreditausfällen kann kompliziert sein, da das Ergebnis in Abhängigkeit von dem zugrunde liegenden Ausfallszenario variieren kann. Der Standard enthält weder Hinweise noch erläuternde Beispiele dazu, auf welche Weise die Berech­nung vorzunehmen ist. In Beispiel 9 des Standards wird der Barwert des beobachteten Ausfalls zugrunde gelegt und Beispiel 8 ent­hält eine Fußnote mit dem Hinweis, dass der Zeitwert des Geldes im vorliegenden Beispiel nicht erläutert werde, weil die Verlustquote (loss given default) einen prozentualen Anteil des Barwerts des Bruttobuchwerts darstelle.

Es kommt selten vor, dass Kunden genau zu dem Zeitpunkt zahlungsunfähig werden, zu dem die geschuldeten Beträge fällig sind. In den meisten Fällen beinhaltet ein Ausfall auch, dass Zahlungen zu spät geleistet werden. Gleichzeitig kann ein Ausfall zu einer Beschleunigung der Zahlung von Beträgen führen, die vertragsgemäß erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig sind. Daher schließt die Modellierung von Ausfällen auch die Modellierung des Zeitpunkts von Zahlungen mit ein, bevor die erwarteten Ausfälle abgezinst werden können.

Daten zu Verlustquoten, die aus den Basel­Modellen zur Verfügung stehen, sollten einen Abzinsungsfaktor beinhalten. Dies würde jedoch lediglich den Zeitraum zwischen dem Eintritt des Ausfallereignisses und der Rückzahlung des Kredits abdecken. Zudem variiert der verwendete Abzinsungssatz von Unternehmen zu Unternehmen. Daher werden Unternehmen nach Möglichkeiten suchen müs­sen, wie sie ihre Verlustquoten anpassen können, um den gemäß dem Standard vorgeschriebenen Abzinsungseffekt widerzuspiegeln (d. h. auf der Basis eines Zinssatzes, der annähernd dem Effektivzinssatz entspricht, und über den gesamten Zeitraum von der Rückzahlung bis zum Abschlussstichtag). Dies könnte entweder erreicht werden, indem die erwarteten, nicht abgezinsten, realisierten CashflowsausdenVerlustquotenherausgerechnetundmitdemangemessenenZinssatzabgezinstwerdenoderindemdieVerlust­quoten direkt angepasst werden, um annähernd die korrekte Berechnung abzubilden.

Da der Standard die Verwendung eines Näherungswerts des Effektivzinssatzes vorschreibt, werden Unternehmen überlegen müssen, wie sie einen Zinssatz ermitteln können, der den Effektivzinssatz am exaktesten abbildet. Ein Problem besteht darin, dass unklar ist, wievielSpielraumderBegriff„Näherungswert“einräumt.

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Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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Bei der Bewertung der erwarteten Kreditausfälle hat ein Unternehmen dieCashflowsausderRealisierungvon Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen, die Teil der Vertragsbedingungen sind, mit einzubeziehen.

4.6 SicherheitenObwohl Sicherheiten bei der Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko siginikant erhöht hat, nur eine untergeordnete Rolle spielen (siehe Abschnitt5.1),habensieeinenEinflussaufdieBewertungderer­warteten Kreditausfälle. Dies lässt sich am Beispiel eines Hypothe­kenkredits verdeutlichen: Selbst wenn das Unternehmen bestimmt, dass sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz wesentlich erhöht hat, weil der Kreditnehmer arbeitslos geworden ist und wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sein wird, die noch ausste­henden monatlichen Zins­ und Tilgungszahlungen zu leisten, kann es sein, dass dem Unternehmen keine erwarteten Kreditausfälle entstehen und seine Risikovorsorge somit null beträgt, wenn die erwarteten Erlöse aus den Sicherheiten (d. h. aus dem Beleihungs­objekt) den Kreditbetrag überschreiten.

Bei der Bewertung der erwarteten Kreditausfälle und somit der erwarteten Zahlungsausfälle für ein besichertes Finanzinstrument hateinUnternehmendieCashflowsausderRealisierungder Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen mit einzubezie­hen, die

• Teil der Vertragsbedingungen sind und

• vom Unternehmen nicht separat erfasst werden.

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9 Siehe IFRS 4.IG Beispiel 1.11 und IAS 8.10­12.

Unsere Sichtweise Wenn ein Dritter in Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen eine Garantie für den Kredit übernimmt, hat dieser Garantiegeber gemäß den vorstehend beschriebenen Leitlinien eine Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle auszuweisen, die auf dem kombi­nierten Kreditrisiko des Garantiegebers und des Garantienehmers basiert. Wie bereits erwähnt, scheinen diese Leitlinien jedoch recht eng ausgelegt zu sein und würden beispielsweise keine Zahlungen aus Kreditversicherungen oder Garantien, die separat zum ursprüng­lichen Finanzinstrument erworben werden, beinhalten. Dies wirft die Frage auf, wie der Inhaber solcher Sicherheiten und Kredit­besicherungen bei der getrennten Erfassung vorzugehen hat. IFRS 4 Versicherungsverträge verweist auf IAS 8 Rechnungslegungs-methoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler, der immer dann anzuwenden ist, wenn eine Trans­aktiondurchkeinenspezifischenIFRSabgedecktist.9 Es ist nicht ganz klar, ob es für den Inhaber möglich ist, solche Sicherheiten und Kreditbesicherungen einheitlich zu bilanzieren, und zwar entweder so, wie sie durch den Versicherer oder den Garantiegeber bilan­ziert würden, oder als Eventualforderung nach IAS 37 Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen. Dieser Sachverhalt sollte an die ITG weitergeleitet werden.

Unsere Sichtweise DieseFormulierungbedeutetnicht,dassdasUnternehmenzwangsläufigdavonausgehenmuss,dassdieRealisierungdesVer­mögenswerts ausschließlich durch eine Zwangsvollstreckung erreicht werden kann. Vielmehr hat das Unternehmen die aus den unterschiedlichen Arten, auf die es den Vermögenswert realisieren kann (von denen möglicherweise nur einige eine Zwangsvoll­streckungbeinhalten),resultierendenCashflowszuberechnenunddieunterschiedlichenSzenariennachderenjeweiligerEin­trittswahrscheinlichkeit zu gewichten.

Zwar sieht der Standard nicht explizit eine Bewertung der Sicherheiten zum beizulegenden Zeitwert vor. In der Praxis dürften UnternehmenjedochdieCashflowsausderRealisierungderSicherheitenaufderGrundlagedesbeizulegendenZeitwertsderent­sprechenden Sicherheiten schätzen. Im Falle illiquider Sicherheiten wie Immobilien müssen wahrscheinlich Anpassungen für erwartete Änderungen des beizulegenden Zeitwerts vorgenommen werden, je nachdem, wann das Unternehmen mit dem Verkauf der Sicherheiten rechnet.

WiebeiIAS39spezifiziertderStandard,dassdieSchätzungderCashflowsausdenSicherheitendieAuswirkungeneinerZwangs­vollstreckung, unabhängig davon, ob diese wahrscheinlich ist odernicht,sowiedieCashflowsausderZwangsvollstreckungder

Jede infolge einer Zwangsvollstreckung erhaltene Sicherheit ist nur dann als ein von dem besicherten Finanzinstrument separat zu bilanzierender Vermögenswert zu erfassen, wenn sie die

Sicherheiten abzüglich der Kosten für den Erwerb und den Ver­kauf der Sicherheiten unter Berücksichtigung der Höhe und des ZeitpunktsdieserCashflowsbeinhaltensollte.

relevanten Ansatzkriterien für Vermögenswerte in IFRS 9 oder anderen Standards erfüllt. Diese Vorgehensweise entspricht den geltenden Regelungen in IAS 39.

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Unternehmen sind nicht nur ver­pflichtet,historischeInformationen(z. B. ihre Kreditausfälle) zu ver­wenden, die um die Auswirkungen der aktuellen Gegebenheiten an zu­passen sind, sondern sie müssen auch in Betracht ziehen, wie Prog nosen zukünftiger Rahmenbedingungen ihrehistorischenDatenbeeinflussenwürden.

4.7 Angemessene und belastbare Informationen

Nach IFRS 9 hat ein Unternehmen angemessene und belastbare Informationen über vergangene Ereignisse, aktuelle Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeits­aufwand zum Abschlussstichtag zur Verfügung stehen und die für die Schätzung der erwarteten Kreditausfälle relevant sind, ein­schließlich des Effekts erwarteter vorzeitiger Rückzahlungen, einzubeziehen.10

4.7.1UnverhältnismäßighoherKosten-oderArbeitsaufwand

Der Begriff „unverhältnismäßig hoher Kosten­ oder Arbeitsauf­wand“wirdimStandardnichtdefiniert.AllerdingsgehtausdenLeitlinien klar hervor, dass die für Rechnungslegungszwecke ver­fügbaren Informationen als ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand verfügbar betrachtet werden.

Unsere Sichtweise Darüber hinaus schreibt der Standard zwar nicht vor, dass Unternehmen eine umfassende Suche nach Informationen durchführen müssen, nennt als Beispiele für relevante Infor­mationen jedoch u. a. Daten aus Risikomanagementsyste­men. Diese werden im nächsten Abschnitt näher beschrieben.

Was unter „ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwandverfügbar“zuverstehenist,isteineErmes­sensentscheidung des Managements bei der Beurteilung der mit der Informationsbeschaffung verbundenen Kosten und Nutzen. Dies steht in Einklang mit den von der SME (small and medium-sized entities; kleine und mittlere Unternehmen) Implementation Group bei der Einführung der IFRS für kleine und mittlere Unternehmen im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des „unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwands“bereitgestelltenQ&A(nichtverbindlicheLeitlinien). In den Q&A wird erläutert, dass die Anwendung einer Vorschrift zu einem unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand führe, wenn die Kosten oder der Arbeits­aufwand im Vergleich zu dem Nutzen, den Abschlussadressaten aus den Informationen zögen, übermäßig hoch seien. Wenn es sich bei dem berichtenden Unternehmen um eine Bank han­delt, wäre es vermutlich schwieriger zu bestimmen, welche Kreditinformationen einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand erfordern würden, verglichen mit einem berichtenden Unternehmen, das keine Bank ist, da dann auch ein größerer Nutzen für die Abschlussersteller zu erwarten ist. Möglicherweise wird dieser Sachverhalt von der ITG noch ein­gehender diskutiert werden. Zudem gehen wir davon aus, dass auch die Bankaufsichtsbehörden ihre Standpunkte zu dem Thema darlegen werden.

Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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10 Siehe IFRS 9.B5.5.55.

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11 Siehe IFRS 9.BC5.123.

4.7.2Informationsquellen

Der Standard schreibt vor, dass die verwendeten Informationen fürdenKreditnehmerspezifischeFaktoren,dieallgemeinenwirt­schaftlichen Rahmenbedingungen sowie eine Beurteilung der derzeitigen und der prognostizierten Entwicklung zum Abschluss­stichtag einbeziehen sollten. Unternehmen können unterschied­liche Datenquellen verwenden, d. h. sowohl interne (unterneh­mensspezifische)alsauchexterneDaten,dieinternehistorischeKreditausfälle, interne Ratings, Erfahrungswerte anderer Unter­nehmen zu Kreditausfällen bei vergleichbaren Finanzinstrumen­ten sowie externe Ratings, Berichte und Statistiken umfassen.

Obwohl die erwarteten Kreditausfälle die eigenen Erwartungen eines Unternehmens in Bezug auf Kreditausfälle widerspiegeln, hat das Unternehmen auch beobachtbare Marktinformationen zum Kreditrisiko bestimmter Finanzinstrumente zu berücksichtigen.

Unsere Sichtweise Unternehmen, die über eigene betriebs­ bzw. volkswirtschaft­liche Fachabteilungen verfügen, werden natürlich ihre eigenen Wirtschaftsprognosen verwenden und Modelle zur Schätzung von Kreditausfällen auf der Grundlage eigener historischer Daten entwickeln wollen. Doch sollten sie dabei auch externe Marktdaten einbeziehen.

Im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob sich die Kreditqualität signifikantverschlechterthat(sieheAbschnitt5),weistdasIASBdarauf hin, dass Marktpreise eine wichtige Informationsquelle darstellen, die bei der Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko verän­dert hat, berücksichtigt werden sollte. Dies gilt, obwohl die Markt­preise für sich genommen nicht ausschließlich für die Bestimmung, ob eine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist, herange­zogen werden können, da sie u. a. durch nicht kreditrisikobezogene Faktoren wie Änderungen von Zinssätzen oder Liquiditätsrisiken beeinflusstwerden.11

4.7.3InformationenübervergangeneEreignisse,aktuelle Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen

Eine bedeutende Änderung gegenüber den Wertminderungsvor­schriften des IAS 39 besteht darin, dass Unternehmen nicht nur verpflichtetsind,historischeInformationen(z.B.ihreKreditaus­fälle) zu verwenden, die um die Auswirkungen der aktuellen Ge­gebenheiten anzupassen sind, sondern dass sie auch in Betracht ziehen müssen, wie Prognosen zukünftiger Rahmenbedingungen ihrehistorischenDatenbeeinflussenwürden.

Ein Unternehmen muss keine detaillierten Prognosen zukünftiger Rahmenbedingungen über die gesamte Laufzeit eines Finanzinstru­ments berücksichtigen. Laut dem Standard verringert sich mit zunehmendem Prognosehorizont die Verfügbarkeit detaillierter Informationen, während sich das zur Schätzung der erwarteten Kreditausfalle erforderliche Maß an Ermessensentscheidungen erhöht. Infolgedessen muss ein Unternehmen keine detaillierte Schätzung für weit in der Zukunft liegende Perioden vornehmen und kann Prognosen auf der Grundlage verfügbarer, detaillierte­rer Informationen erstellen. Das Maß an Ermessensentscheidun­gen, das erforderlich ist, um erwartete Kreditausfälle zu schätzen, ist von der Verfügbarkeit detaillierter Informationen abhängig.

Unsere Sichtweise Diese Formulierung deutet darauf hin, dass Unternehmen in vielen Fällen davon ausgehen können, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach einem bestimmten Zeitraum, für den eine verlässliche Prognose möglich ist, zu ihrem langfristi­gen Durchschnitt zurückkehren werden. Dies kann auf mindes­tens zwei Arten geschehen: entweder durch Rückkehr zum Durchschnitt direkt nach dem Ende der Prognoseperiode oder durch Anpassung der Prognosedaten an den langfristigen Durchschnitt über einen Zeitraum von einigen Jahren. Letzte­res würde möglicherweise alle angemessenen und belastbaren Informationen effektiver widerspiegeln.

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Ein Unternehmen sollte historische Erfahrungswerte verwenden und diese entsprechend anpassen, um so angemessene und belast­bare Informationen zu erhalten, die aktuelle und zukunftsbezo­gene Ereignisse und Entwicklungen beinhalten, auf deren Basis das Unternehmen die erwarteten Kreditausfälle schätzen kann: • In den meisten Fällen müssten Effekte, die in der Vergangenheit

nicht vorhanden waren, in diese Anpassungen einbezogen oder nicht zukunftsrelevante Effekte davon ausgenommen werden.

• In einigen Fällen können nicht angepasste historische Informatio­nen je nach Art der Information und dem Berechnungszeitpunkt, verglichen mit den Gegebenheiten zum Abschlussstichtag sowie unter Berücksichtigung der Merkmale des Finanzinstruments, die bestmögliche Schätzung darstellen.

Darüber hinaus wird ein Unternehmen bei der Überlegung, wie und in welchem Umfang historische Kreditausfälle angepasst werden müssen, verschiedene Faktoren berücksichtigen müssen, u. a.

• den Zeitraum, in dem es die historischen Daten erfasst hat, so­wie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des betreffenden Zeitraums. Der Zeitraum, auf den sich die historischen Daten beziehen, kann außergewöhnlich positive oder negative wirt­schaftliche Bedingungen widerspiegeln, sofern es sich nicht um einen ausreichend langen Zeitrahmen handelt, während sich Produkte, Kunden und Kreditvergabeverhalten im Laufe der Zeit verändern;

• ob die historischen Daten erwartete Kreditausfälle umfassen, die zyklusbezogen (wenn die Schätzungen auf der Grundlage historischer Kreditausfallereignisse und Erfahrungswerte vor­genommen wurden, die sich auf den gesamten Geschäftszyklus beziehen) oder zeitpunktbezogen sind (wenn die Schätzungen auf Informationen, Umständen und Ereignissen basieren, die zum Abschlussstichtag vorhanden waren);

• ob sich die historischen Daten auf einen bestimmten Geschäfts­zyklus beziehen und ob dieser Zyklus die aktuellen Gegeben­heiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmen­bedingungen abbildet.

Zudem kann es sein, dass historische Daten nicht hinreichend verlässlich oder genau sind, wenn sie nicht bereits zuvor für Rech­nungslegungszwecke verwendet wurden.

Die Schätzungen von Änderungen erwarteter Kreditausfälle soll­ten tendenziell mit den Änderungen der entsprechenden beobacht­baren Daten von Periode zu Periode in Einklang stehen (d. h., sie sollten mit den beobachteten Änderungen des Zahlungsstatus und der makroökonomischen Daten wie Änderungen der Arbeits­losenrate, Immobilien­ oder Rohstoffpreise übereinstimmen). Des Weiteren sollten die Schätzungen erwarteter Kreditausfälle nochmals getestet und kalibriert werden, um Abweichungen zwischen den vom Unternehmen vorgenommenen Schätzungen und den tatsächlich eingetretenen Kreditausfällen zu reduzieren, d. h., ein Unternehmen sollte seine verwendeten Inputdaten, Annahmen, Methodologien und Schätzverfahren regelmäßig über­prüfen. Allerdings dürfte Backtesting für Prognosen, die einen mehrjährigen Zeitraum abdecken, erheblich schwieriger sein als für eine Vorhersage von Ausfallwahrscheinlichkeiten über einen Zwölfmonatszeitraum. Ferner ist es bei der Verwendung von histo­rischen Kreditausfällen wichtig, dass die Informationen über die historischen Kreditausfälle auf Gruppen angewendet werden, die gleichermaßendefiniertsindwiedieGruppen,fürdiediesehisto­rischen Ausfälle beobachtet wurden.

Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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Unsere Sichtweise Bei der Schätzung von erwarteten Kreditausfällen müssen Unternehmen überlegen, welche Methode sie anwenden wollen, um von den historischen Kreditausfällen aktuelle Erwartungen abzuleiten. In der Praxis können bei der Anpassung historischer Informationen zwecks Abbildung aktueller Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen u. a. folgende Metho­den zur Anwendung kommen:

• die Verwendung eines ökonometrischen Modells, bei dem aktuelle und zukünftige Erwartungen als direkte Eingangsgrößen für ein Prognosemodell verwendet werden, das sich auf die historische Beziehung zwischen Ausfällen und makroökonomischen Faktoren wie Arbeitslosigkeit und Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) stützt

• die Verwendung eines Basismodells, dessen Grundlage historischen Informationen sind, unter zusätzlicher Berücksichtigung von Schätzungen des Managements, um die historischen Daten so anzupassen, dass sie die aktuellen Erwartungen widerspiegeln; dabei wären auch über das Primärmodell hinausgehende quantitative Schätzungen und qualitative Anpassungen auf der Grundlage der Beurteilung von Faktoren auf Makro­ und Portfolioebene durch das Management zu berücksichtigen

• Prüfung der für die Budgetierung und Kapitalplanung zugrunde gelegten Daten und Feststellung, wie diese die Schätzungen der erwartetenKreditausfällebeeinflussenwerden

• Heranziehung öffentlich zugänglicher Prognosen, um vom Unternehmen erstellte wirtschaftliche Prognosen abzugleichen und zu bestätigen

Des Weiteren müssen Unternehmen verstehen, dass eine Prognose der zukünftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lediglich ein erster Schritt ist. Nachdem ein Unternehmen die Entwicklung makroökonomischer Faktoren wie Zinssätze, Immobilienpreise, Arbeitslosigkeit und BIP­Wachstum beurteilt hat, muss es ermitteln, inwieweit diese Faktoren die Schätzung der erwarteten Kredit­ausfällebeeinflussen.Dabeiistauchzuberücksichtigen,wiesichÄnderungendieserFaktoreninderVergangenheitaufdieAusfall­quote ausgewirkt haben. Es ist jedoch möglich, dass die Faktoren, für die eine Vorhersage getroffen wird, in der Vergangenheit noch niemals in dieser Kombination beurteilt wurden.

Zahlreiche Banken werden ihre bestehenden Berechnungsverfahren sowie die gemäß den regulatorischen Vorschriften nach Basel II gefordertenInformationennutzenkönnen,müsstendieseInformationenjedochmodifizieren,umdieWertminderungsvorschrifteninIFRS 9 zu erfüllen (z. B. Anpassung um zyklusbezogene bzw. zeitpunktbezogene Schätzungen). Außerdem können Banken die Modelle und Prozesse verwenden, die sie für die Durchführung von Stresstests entwickelt haben, wenngleich diese entsprechend angepasst werden müssten, um Wahrscheinlichkeitsszenarien anstelle von Stressszenarien abzubilden. Für viele Unternehmen kann die Schätzung von Kreditausfällen jedoch nach wie vor mit Schwierigkeiten verbunden sein. Die Bereitstellung zusätzlicher Leitlinien dürfte für sie hilfreich sein. Dies dürfte jedoch nicht in den Aufgabenbereich der ITG fallen (siehe Abschnitt 1.1).

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4.8 Wechselbeziehung zwischen Wertminderung und der Bilanzierung von Fair Value Hedges

Eine weitere operationelle Schwierigkeit ergibt sich aus der Wech­selbeziehung zwischen dem neuen Wertminderungsmodell und derBilanzierungvonFairValueHedges.FürfinanzielleVermögens­werte, die in einem Fair Value Hedge als Grundgeschäft desig­niert sind, gilt Folgendes: Da die Fair­Value­Hedge­Anpassung Teil desBuchwertsdesabgesichertenfinanziellenVermögenswertsist, muss diese Anpassung in die Bemessung der Risikovorsorge einfließen.Andersausgedrückt,dieFair-Value-Hedge-AnpassungbeeinflusstdenaufWertminderungüberprüftenBuchwertsowieden für die Bemessung der Wertminderung relevanten Effektivzins­satz. Diese Vorschrift wurde bereits durch die in IAS 39 enthalte­nen Anwendungsleitlinien erläutert.12

Unsere Sichtweise Die Wechselbeziehung zwischen der Bilanzierung von Fair Value Hedges und der Bemessung der Wertminderung wird sich nach IFRS 9 logischerweise nicht ändern. Der größte Unterschied in puncto Komplexität besteht gegenüber IAS 39 darin, dass es nach IFRS 9 für jedes Schuldinstrument, das zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird, eine entsprechende Risikovorsorge gibt. Das bedeutet, dass für jeden Fair Value Hedge im Zusammen­hangmitsolchenfinanziellenVermögenswertenbeiderBemes­sung der Risikovorsorge die Auswirkungen der Sicherungs­bilanzierung zu berücksichtigen sind. Im Gegensatz dazu kann einUnternehmennachIAS39finanzielleVermögenswerte,beidenen kein Ausfall eingetreten ist, als Grundgeschäft in einem Fair Value Hedge designieren, sodass diese Komplexität nicht entsteht. In Beispiel A­1 im Anhang zu dieser Publi kation wird erläutert, welche Schwierigkeiten dabei entstehen, wenn das Expected-losses-Modell mit der Bilanzierung von Sicherungs­geschäften kombiniert wird.

Dieser Effekt wird bei Portfolioabsicherungen des beizulegen­den Zeitwerts gegen Zinsänderungsrisiken gemäß IAS 39, die auch nach IFRS 9 vorgenommen werden können, noch ver­stärkt. Unternehmen, die bisher IAS 39 angewendet haben und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Wertminderungs­vorschriftenfürKreditausfälleauffinanzielleVermögenswerte,die Teil einer solchen Sicherungsbilanzierung sind, umgangen haben, indem sie Vermögenswerte mit höherer Kreditqualität ausgewählt haben, bei denen kein Ausfall eingetreten ist, wer­den nach dem neuen Standard nicht mehr so verfahren können.

Bewertung erwarteter Kreditausfälle

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12 Siehe IAS 39.IG E.4.4.

Da eine Fair­Value­Hedge­Anpassung Teil des Buchwerts des abgesicherten finanziellenVermögenswertsist,muss diese Anpassung in die Bemes­sungderRisikovorsorgeeinfließen.

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Eine der größten Herausforderungen bei der Anwendung des all­gemeinen Ansatzes des in IFRS 9 enthaltenen Expected-losses- Modells besteht darin, Änderungen des Kreditrisikos eines Unter­nehmens nachzuverfolgen und festzustellen, ob sich das Risiko seitdemerstmaligenAnsatzsignifikanterhöhthat.Esgibtjedocheine Reihe verschiedener Vereinfachungen und Annahmen, die Unternehmen diese Beurteilung erleichtern (siehe Beschreibung weiter unten).

DieBeurteilung,obeinesignifikanteVerschlechterungderKredit­qualität vorliegt, ist maßgeblich, um zu bestimmen, wann anstelle der 12­Monats­ECL eine Wertminderung in Höhe der Gesamtlauf­zeit-ECLzuerfassenist.InderRegelistbeiderBeurteilungfinan-zieller Vermögenswerte davon auszugehen, dass sich das Kredit­risikobereitssignifikanterhöhthat,bevordieWertminderung(siehe Abschnitt 3.3) oder das Ausfallereignis eintreten. Der Stan­dard schreibt vor, dass ein Unternehmen den Zeitpunkt einer signifikantenErhöhungdesKreditrisikosunddiedamiteinherge­hende Erfassung der Gesamtlaufzeit­ECL nicht an den Zeitpunkt, abdemeinfinanziellerVermögenswertalswertgemindertbe­trachtet wird, oder an die vom Unternehmen intern verwendete DefinitiondesBegriffs„Ausfallereignis“anpassendarf.

Da dies erhebliche Ermessensentscheidungen durch das Manage­ment erfordert, müssen Unternehmen gemäß IFRS 7 sowohl qualitative als auch quantitative Angaben machen, in denen die Inputdaten, Annahmen und Verfahren erläutert werden, die ver­wendet werden, um festzustellen, ob sich das Kreditrisiko von FinanzinstrumentensignifikanterhöhthatundobsichdieseAnnah­men und Schätzungen geändert haben (siehe Abschnitt 12).13

Ähnlich wie bei der Ermittlung erwarteter Kreditausfälle kann ein Unternehmen bei der Beurteilung, ob sich das Kreditrisiko signi­fikanterhöhthat,unterschiedlicheAnsätzefürunterschiedlicheFinanzinstrumente verwenden. Ein Ansatz, in dem die Ausfall­wahrscheinlichkeit nicht als expliziter Inputwert enthalten ist, kann mit den Wertminderungsvorschriften im Einklang stehen, sofern das Unternehmen in der Lage ist, Änderungen des Ausfallrisikos von Änderungen anderer Treiber für erwartete Kreditausfälle (z. B. Sicherheiten) zu trennen, und bei seiner Beurteilung folgende Faktoren berücksichtigt:

5 Allgemeiner Ansatz: Beurteilung, ob eine signifikante Erhöhung des Kredit­risikos vorliegt

• Änderungen des Ausfallrisikos seit dem erstmaligen Ansatz

• die erwartete Laufzeit des Finanzinstruments

• angemessene und belastbare Informationen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Ver­fügung stehen und sich auf das Kreditrisiko auswirken können

Darüber hinaus lässt sich die Änderung des Kreditrisikos aufgrund des Zusammenhangs zwischen der erwarteten Laufzeit und dem Ausfallrisiko nicht einfach durch einen Vergleich der Änderung des absoluten Ausfallrisikos über einen bestimmten Zeitraum beur­teilen, da sich das Ausfallrisiko in der Regel bei unverändertem Kreditrisiko mit der Zeit verringert.

Unsere Sichtweise Unternehmen, die die Ausfallwahrschienlichkeit nicht zwin­gend zugrunde legen, werden andere Kriterien verwenden müssen,umÄnderungendesAusfallrisikoszuidentifizieren.Dies kann die Verschlechterung eines verhaltensbezogenen Scorewerts oder andere Indikatoren für ein erhöhtes Ausfall­risiko einschließen. Auch ein Ansatz auf Portfolioebene kann ein angemessener Ersatz für eine Beurteilung auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments sein (siehe Abschnitt 5.9).

13 Siehe IFRS 7.35F(a).

Eine der größten Herausforderun­gen besteht darin, Änderungen des Kreditrisikos eines Unternehmens nachzuverfolgen und festzustellen, ob sich das Risiko seit dem erstmali­genAnsatzsignifikanterhöhthat.

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5.1 Änderung des Ausfallrisikos

Ein Unternehmen hat zu jedem Abschlussstichtag zu beurteilen, obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat.DieseBeurteilunghat auf der Basis der Änderung des Ausfallrisikos während der er warteten Laufzeit des Finanzinstruments und nicht auf der Basis der Änderung der Höhe der erwarteten Kreditausfälle zu erfolgen. In Abweichung vom Wortlaut des Baseler Regelwerks und um den Eindruck zu vermeiden, dass die Verwendung statis­tischer Modelle (einschließlich des Ansatzes zur Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit; probability of default approach) zwingend erforderlich ist, hat das IASB den Begriff „Ausfall­ wahrscheinlichkeit“(probability of a default occurring) in „Ausfallrisiko“(risk of a default occurring) geändert.

Um das Wertminderungsmodell in IFRS 9 operationalisierbar zu machen, hat das IASB verschiedene alternative Methoden in Be­tracht gezogen, mit deren Hilfe bestimmt werden kann, ob sich dasKreditrisikosignifikanterhöhthat.DieseAlternativenwurdenjedoch aus den folgenden Gründen abgelehnt:

• AbsoluteHöhedesKreditrisikos: Das IASB hat überlegt, ob ein Unternehmen die Gesamtlaufzeit­ECL für alle Finanzinstrumente erfassen muss, die zum Abschlussstichtag ein bestimmtes Kre­ditrisiko aufweisen oder übersteigen. Dieser Ansatz ist zwar einfacheranwendbar(dadasUnternehmennichtverpflichtetist, Änderungen des Kreditrisikos nachzuverfolgen), liefert aber möglicherweise keine nützlichen Informationen (u. a. zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der ursprünglichen Aus­fallerwartungen und den nachfolgenden Änderungen dieser

Erwartungen) und kann in Abhängigkeit von dem für die Erfas­sung von Gesamtlaufzeit­ECL festgelegten Schwellenwert zu ei­ner Über­ oder Unterbewertung der erwarteten Kreditausfälle führen. Das IASB hat jedoch darauf hingewiesen, dass auch ein „absoluter“AnsatzzurBeurteilungvonÄnderungendesAus­fallrisikos herangezogen werden kann. Dazu hat das Unterneh­men das ursprüngliche maximal akzeptierte Kreditrisiko von Portfolios von Finanzinstrumenten mit vergleichbaren Kredit­risiken zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes zu bestimmen und mit dem Kreditrisiko am Abschlussstichtag zu vergleichen (siehe Abschnitt 5.8).14

• ÄnderungvonKreditrisikomanagementzielen: Das IASB hat darüberhinauserwogen,dieBeurteilung,obeinesignifikanteErhöhung des Kreditrisikos vorliegt, darauf zu stützen, ob sich die Zielsetzung des Unternehmens im Hinblick auf das Kredit­risikomanagement geändert hat (z. B. wenn das Unternehmen bei Zahlungsstörungen sein Kreditrisikomanagementziel von der Vereinnahmung überfälliger Beträge hin zur Realisierung des gesamten [oder teilweisen] vertraglich ausstehenden Betrags ändert und das Finanzinstrument auf individueller Ebene über­wacht wird).15 Dieser Ansatz ist relativ einfach anzuwenden. Er wird aber voraussichtlich ähnliche Auswirkungen haben wie das Incurred-losses-Modell in IAS 39 und kann infolgedessen dazu führen, dass erwartete Kreditausfälle zu spät erfasst werden.

• Grundsätze der Kreditgewährung: Das IASB hat sich ferner mit der Frage befasst, ob die von dem jeweiligen Unternehmen gewährten Kreditlimits für eine bestimmte Klasse von Finanz­instrumenten zum Abschlussstichtag (d. h., das Unternehmen würde neue Kredite nicht zu den gleichen Bedingungen aus­reichen)dieGrundlagefürdieBeurteilungdersignifikanten Erhöhung des Kreditrisikos bilden sollten. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass dieser Ansatz dem oben beschriebenen „absoluten“Ansatzähnelt.DarüberhinauskanndieVerände­rung des gewährten Kreditlimits durch andere Faktoren bedingt sein, die unabhängig von einer Änderung des Kreditrisikos eines Kreditnehmers sind (z. B. kann das Unternehmen dem Kredit­nehmer günstige Bedingungen einräumen, um die Geschäfts­beziehung zu fördern oder die Kreditvergabe zu steigern) oder von Umständen abhängen, die am Abschlussstichtag vorherr­schen und die für die Ausreichungszeitpunkte der jeweiligen Finanzinstrumente nicht relevant sind.16

Die Risikovorsorge muss für einen vollständig besicherten Vermögens­wert möglicherweise auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL ermittelt werden (da sich das Ausfallrisiko wesentlich erhöht hat), auch wenn kein Verlust erwartet wird.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

5

14 Siehe IFRS 9.BC5.160­161. 15 Siehe IFRS 9.BC5.162. 16 Siehe IFRS 9.BC5.163–165.

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Wie bereits erwähnt, stützt sich die Beurteilung auf die Änderung der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit und nicht auf die Höhe der erwarteten Kreditausfälle. Daher muss die Risikovorsorge für einen vollständig besicherten Vermögens­wert möglicherweise auf Basis der Gesamtlaufzeit­ECL ermittelt werden(dasichdasAusfallrisikosignifikanterhöhthat),auchwennkein Verlust erwartet wird. In solchen Fällen kann die Tatsache, dass für denVermögenswert der Gesamtlaufzeit­ECL zu erfassen

AuszugausIFRS9 Beispiel3:HochbesichertefinanzielleVermögenswerte(IFRS9.IE18–IE23)

UnternehmenHbesitztImmobilien,dieübereinenKreditderBankZfinanziertsind.DerKredithateineLaufzeitvonfünfJahren,derBeleihungsauslauf (loan-to-value ratio) beträgt 50 %. Der Kredit ist durch eine erstrangige Sicherheit auf die Immobilien besichert. Beim erstmaligen Ansatz des Kredits geht Bank Z nicht davon aus, dass der Kredit bereits bei Ausreichung wertgemindert ist (siehe DefinitioninIFRS9,AnhangA).

Nach dem erstmaligen Ansatz verringern sich die Umsatzerlöse und das Betriebsergebnis von Unternehmen H infolge einer wirtschaft­lichen Rezession. Darüber hinaus könnte eine mögliche Verschärfung der regulatorischen Anforderungen die Umsatzentwicklung und das Betriebsergebnis zusätzlich beeinträchtigen. Die Geschäftstätigkeit von Unternehmen H könnte dadurch auf lange Sicht in erheblichem Maße in Mitleidenschaft gezogen werden.

Angesichts dieser Entwicklung und der voraussichtlich negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird erwartet, dass die freien CashflowsvonUnternehmenHsostarkzurückgehenwerden,dassdieBedienungvereinbarterTilgungszahlungengefährdetwerdenkönnte.BankZschätzt,dasseineweitereVerschlechterungderCashflowsdazuführenkönnte,dassUnternehmenHeinevertraglichvereinbarte Zahlung im Zusammenhang mit dem Kredit nicht mehr leisten kann und die Zahlung somit überfällig wird.

Aktuelle Fremdgutachten deuten auf eine Verringerung des Werts der Immobilien und einen Beleihungsauslauf von nunmehr 70 % hin.

Zum Abschlussstichtag wird das Risiko in Bezug auf den Unternehmen H eingeräumten Kredit gemäß IFRS 9.5.5.10 nicht mehr als „gering“eingestuft.BankZmussdahergemäßIFRS9.5.5.3beurteilen,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosseitdemerst-maligen Ansatz vorliegt. Der Wert der gehaltenen Sicherheit ist für diese Beurteilung ohne Relevanz. Die Bank stellt fest, dass der Kredit zumAbschlussstichtageinemsignifikantenKreditrisikoausgesetztist,daselbsteinenurgeringeVerringerungderCashflowsdazuführen würde, dass Unternehmen H eine vertraglich vereinbarte Zahlung im Zusammenhang mit dem Kredit nicht mehr leisten kann. Daher stellt Bank Z fest, dass sich das Kreditrisiko (d. h. das Risiko eines Ausfalls) in Bezug auf den Kredit seit der erstmaligen Erfas­sungsignifikanterhöhthat.InfolgedessenerfasstBankZdieüberdieGesamtlaufzeiterwartetenKreditausfällefürdenanUnterneh­men H ausgereichten Kredit.

Zwar sind die Gesamtlaufzeit­ECL zu erfassen, jedoch wird in der Ermittlung der erwarteten Kreditausfälle die erwartete Realisierung der Sicherheit auf die Immobilie (angepasst um die Kosten für den Erwerb und den Verkauf der Sicherheit) gemäß IFRS 9.B5.5.55 wider­gespiegelt. Dies kann dazu führen, dass die in Bezug auf den Kredit erwarteten Kreditausfälle sehr niedrig sind.

ist, für Angabezwecke wichtiger sein als für die Bewertung selbst (siehe Abschnitt 12). Die Wechselbeziehung zwischen den Sicher­heiten,derBeurteilung,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat, sowie der Bemessung von erwarteten Kreditausfällen wird anhand des folgenden Beispiels aus dem Standard verdeutlicht.

NormalerweisehatdieHöhederSicherheitkeinenEinflussaufdieBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt

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(da diese Beurteilung auf der Basis der Änderung des Ausfallrisi­kos und nicht auf der Basis der Änderung der erwarteten Kredit­ausfälle vorgenommen wird). Wird jedoch erwartet, dass wesent­licheSchwankungendesWertsderSicherheit,diederVerpflichtungzugrunde liegt, den wirtschaftlichen Anreiz des Kreditnehmers verringern, vertraglich festgelegte Zahlungen zu leisten, würde diesdasAusfallrisikodurchausbeeinflussen.AnhandeinesBei­spiels wird im Standard verdeutlicht, dass in einigen Ländern ein größerer wirtschaftlicher Anreiz für Kreditnehmer besteht, ihre Hypotheken nicht zu bedienen, wenn sich der Wert der Sicherheit aufgrund fallender Hauspreise verringert.17

Umbeurteilenzukönnen,obsichdieKreditqualitätsignifikantver­schlechtert hat, sind von dem Unternehmen angemessene und belastbare Informationen zu berücksichtigen, die ihm ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Ver­fügung stehen, und Folgendes zu vergleichen:

• das Risiko eines Ausfalls des Finanzinstruments zum Abschlussstichtag

• das Risiko eines Ausfalls des Finanzinstruments zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung

Bei Kreditzusagen hat ein Unternehmen Änderungen des Ausfall­risikosinBezugaufden„potenziellen“Kredit,fürdeneineKredit­zusage besteht, zu berücksichtigen. Bei Finanzgarantien sollen Änderungen des Risikos, dass ein bestimmter Kreditnehmer seine vertraglichenPflichtennichterfüllt,Berücksichtigungfinden.

5.2 Faktoren oder Indikatoren für eine Änderung des Kreditrisikos

Ähnlich wie bei der Ermittlung erwarteter Kreditausfälle (siehe Abschnitt 4) hat ein Unternehmen bei der Beurteilung, ob sich das Kreditrisikosignifikanterhöhthat,alleangemessenenundbelast­baren Informationen zu berücksichtigen, die ohne einen unver­hältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen (siehe Abschnitt 4.7) und die für ein einzelnes Finanz­instrument, ein Portfolio, Teile eines Portfolios oder Gruppen von Portfolios relevant sind.

Das IASB weist darauf hin, dass seine Absicht nicht darin bestand, einenspezifischenodermechanischenAnsatzfürdieBeurteilungvon Änderungen des Kreditrisikos vorzuschreiben, sondern dass der jeweils verwendete Ansatz von der Komplexität des Unterneh­mens, dem Finanzinstrument und der Verfügbarkeit von Daten abhängig ist.18 Zu beachten ist, dass die Beurteilung, ob ein signi­fikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,häufigeineganzheit-liche Analyse beinhaltet, die eine Vielzahl von Faktoren einbezieht. DieBedeutungundRelevanzjedeseinzelnenspezifischenFaktorshängt von der Art des Produkts, den Merkmalen der betreffenden FinanzinstrumenteundKreditnehmersowiedengeografischenGegebenheiten ab. Die Leitlinien im Standard besagen eindeutig, dass unter gewissen Umständen qualitative und nicht statistische quantitative Informationen ausreichen, um zu bestimmen, ob ein Finanzinstrument die Kriterien für die Erfassung von Gesamtlauf­zeit­ECL erfüllt. Das bedeutet, dass die Informationen kein statis­tisches Modell oder einen Bonitätsratingprozess durchlaufen müssen, damit beurteilt werden kann, ob sich das Kreditrisiko desFinanzinstrumentssignifikanterhöhthat.InanderenFällenkann sich die Beurteilung auf quantitative Informationen oder eine Mischung aus quantitativen und qualitativen Informationen stützen.19

Der Standard nennt eine Reihe von Faktoren oder Indikatoren, die ein Unternehmen bei der Beurteilung, ob es die Gesamtlauf­zeit­ECL erfassen muss, zu berücksichtigen hat. Dazu zählen unter anderem:20

17 Siehe IFRS 9.B5.5.17(j). 18 Siehe IFRS 9.BC5.157. 19 Siehe IFRS 9.B5.5.18. 20 Siehe IFRS 9.B5.5.17.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Der für die Beurteilung von Änderun­gen des Kreditrisikos angemessene Ansatz ist abhängig von den Geschäfts­aktivitäten und der Komplexität des Unternehmens sowie von der Verfüg­barkeit von Daten.

• signifikanteÄnderungeninternerPreisindikatorenfürdasKreditrisiko aufgrund einer Änderung des Kreditrisikos seit Vertragsabschluss, einschließlich u. a. des Credit Spread, der sich ergäbe, wenn ein bestimmtes Finanzinstrument oder ein ähnliches Finanzinstrument mit den gleichen Bedingungen und der gleichen Gegenpartei zum Abschlussstichtag neu ausge­reicht oder ausgegeben würde

• sonstige Änderungen der Kurse oder Bedingungen eines bestehendenFinanzinstruments,diesignifikantanders gestaltet wären, wenn das Instrument zum Abschlussstich­tag neu ausgereicht oder ausgegeben worden wäre (z. B. strengerevertraglicheAuflagen,höhereSicherheiten,Garantie­beträge oder Gewinnabsicherungen), aufgrund von Änderun­gen des Kreditrisikos des Finanzinstruments seit dem erstmali­gen Ansatz

• signifikanteÄnderungenexternerMarktindikatoreninBezugaufdasKreditrisikofüreinbestimmtesFinanzinstrumentodereinähnlichesFinanzinstrumentmitdergleichenerwar­tetenLaufzeit; Änderungen der Marktindikatoren in Bezug auf das Kreditrisiko umfassen u. a. den Credit Spread, Preise für Credit Default Swaps (CDS) aufseiten des Kreditnehmers, den Zeitraum bzw. das Ausmaß, in dem der beizulegende Zeit­werteinesfinanziellenVermögenswertsniedrigerwaralsdes­sen fortgeführte Anschaffungskosten, sowie andere Marktin­formationen im Zusammenhang mit dem Kreditnehmer (z. B. Preisänderungen der Fremd­ und Eigenkapitalinstrumente des Kreditnehmers)

• einetatsächlicheodererwartetesignifikanteÄnderungdesexternenBonitätsratingsdesFinanzinstruments

• eine tatsächliche oder erwartete Herabstufung des internen Bonitätsratings des Kreditnehmers oder eine Verschlechte­rung im Verhaltensscoring, das zur internen Beurteilung des Kre­ditrisikos herangezogen wird; interne Bonitätsratings und Ver­haltensscorings sind verlässlicher, wenn sie externen Ratings zugeordnet oder durch Ausfallstudien gestützt werden

• tatsächliche oder prognostizierte nachteilige Änderungen dergeschäftlichen,finanziellenoderwirtschaftlichenRahmenbedingungen,dievoraussichtlicheinesignifikanteÄnderung der Fähigkeit des Kreditnehmers, seine

Zahlungsverpflichtungenzuerfüllen,herbeiführen;dazuzäh­len u. a. ein tatsächlicher oder erwarteter Anstieg der Zins­sätze oder ein tatsächlicher oder erwarteter wesentlicher An­stieg der Arbeitslosenzahlen

• einetatsächlicheodererwartetesignifikanteÄnderungdesBetriebsergebnissesdesKreditnehmers; hierzu zählen bei­spielsweise ein tatsächlicher oder erwarteter Rückgang der Um­satzerlöse oder Margen, ein Anstieg der operativen Risiken, Working-Capital-Defizite,eineVerschlechterungderQualitätder Vermögenswerte, ein Anstieg des Verschuldungsgrads, die Liquidität, Probleme des Managements oder Änderungen des Geschäftsumfangs oder der Organisationsstruktur (z. B. Auf­gabe eines Geschäftssegments oder einer Geschäftsaktivität), diezueinersignifikantenÄnderungderFähigkeitdesKredit­nehmers,seineZahlungsverpflichtungenzuerfüllen,führen

• einsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosbeianderenFinanzinstrumentendesselbenKreditnehmers

• einetatsächlicheodererwartetesignifikantenegativeÄnde­rung des regulatorischen, wirtschaftlichen oder technolo­gischenUmfeldsdesKreditnehmers,diezueinersignifikantenÄnderung der Fähigkeit des Kreditnehmers, seine Zahlungs­verpflichtungenzuerfüllen,führt;dazuzähltu.a.einRückgangder Nachfrage nach den Produkten des Kreditnehmers aufgrund eines Technologiewandels

51EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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• signifikanteÄnderungendesWertsderSicherheitfürdieVerpflichtungoder der Qualität von Garantien Dritter oder von Kreditbesicherungen, die voraussichtlich den wirtschaftlichen Anreiz des Kreditnehmers, vertraglich vereinbarte Zahlungen zu leisten, verringern oder sich anderweitig auf die Ausfallwahr­scheinlichkeit auswirken werden; z. B. besteht in einigen Län­dern ein größerer wirtschaftlicher Anreiz für Kreditnehmer, ihre Hypotheken nicht zu bedienen, wenn sich der Wert der Sicher­heit aufgrund fallender Hauspreise verringert

• einesignifikanteÄnderungderQualitätdervoneinemAnteilseigner(oderdemMutterunternehmen)gestelltenGarantie, wenn der Anteilseigner (oder das Mutterunterneh­men)einenAnreizhatundfinanziellinderLageist,einenAus­fall durch eine Kapitalzuführung oder eine Finanzspritze zu verhindern

• signifikanteÄnderungen(z.B.Reduzierung)derfinanziel­lenUnterstützungdurchdasMutterunternehmenodereinanderesverbundenesUnternehmenodereinetatsächlicheodererwartetesignifikanteÄnderungderQualitätderKreditbesicherung, die voraussichtlich dazu führen werden, dass sich der wirtschaftliche Anreiz des Kreditnehmers, ver­traglich vereinbarte Zahlungen zu leisten, verringert. Eine solche Situation könnte beispielsweise eintreten, wenn ein Mutterun­ternehmenbeschließt,diefinanzielleUnterstützungfüreinToch­terunternehmen einzustellen, welches daraufhin droht in die Zahlungsfähigkeit abzugleiten bzw. unter Insolvenzverwaltung zu geraten. Dies könnte wiederum dazu führen, dass das Toch­terunternehmen den Zahlungen für seine betrieblichen Erforder­nisse (z. B. an Arbeitnehmer und wichtige Lieferanten) eine höhere Priorität einräumt als der Begleichung seiner Finanz­verbindlichkeiten, mit der Folge, dass sich die Ausfallwahrschein­lichkeit für diese Verbindlichkeiten erhöht. Bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Kreditqualität oder zur Kreditunterlegung istdiefinanzielleSituationdesGarantiegeberszuberücksich-tigen, und/oder bei Anteilen, die zu Verbriefungszwecken aus­gegeben wurden, ist festzustellen, ob die erwarteten Kredit­ausfälle (z. B. in Bezug auf Kredite, für die Sicherheiten gestellt wurden) voraussichtlich durch nachrangige Anteile aufgefangen werden können.

• erwartete Änderungen hinsichtlich der Kreditdokumentation (d. h. Änderungen der Vertragsbedingungen) einschließlich eines erwarteten Vertragsbruchs, der zum Verzicht auf bestimmte KreditauflagenoderzuderenÄnderung,zumAufschubvonZins­zahlungen, zu Zinserhöhungen, zur Forderung zusätzlicher Sicherheiten oder Garantien oder anderen vertraglichen Ände­rungen in Bezug auf das Finanzinstrument führen kann

• signifikanteÄnderungendeserwartetenZahlungsverhaltensdes Kreditnehmers, einschließlich Änderungen des Zahlungs­status von Kreditnehmern in der Gruppe (z. B. eine Zunahme der erwarteten Anzahl oder des Umfangs von verspäteten ver­traglichenZahlungenodereinesignifikanteZunahmederAnzahlvon Kreditkartenschuldnern, die ihr Kreditlimit voraussichtlich erreichen oder überschreiten werden oder bei denen davon aus­gegangen wird, dass sie den monatlichen Mindestbetrag zahlen werden)

• ÄnderungendesKreditrisikomanagementsdesUnterneh­mensinBezugaufdasFinanzinstrument,wenn also auf der Grundlage neuer Indikatoren für Änderungen des Kreditrisikos des Finanzinstruments erwartet wird, dass das Unternehmen im Hinblick auf sein Kreditrisikomanagement einen aktiveren Ansatz verfolgt oder sein Kreditrisikomanagement stärker auf die Verwaltung des Finanzinstruments fokussiert, z. B. durch stärkere Überwachung oder Kontrolle des Finanzinstruments oder Einbindung des Kreditnehmers

• InformationenzumZahlungsverzug,einschließlich der wider­legbaren Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungs­verzug eintritt (siehe Abschnitt 5.5)

DieseAuflistungwirftdieFrageauf,obUnternehmenkünftigjedeneinzelnen dieser Faktoren oder Indikatoren prüfen müssen, so­bald die entsprechenden Informationen zugänglich sind, obwohl diese möglicherweise nicht vollständig in den Kreditrisikomanage­mentsystemen und ­prozessen des Unternehmens erfasst sind. Dies steht im Zusammenhang mit unseren Ausführungen zur Frage, welche Information ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen (Abschnitt 4.7.1).

Die Berücksichtigung verschiedener Faktoren oder Indikatoren bei derBeurteilung,obseitdemerstmaligenAnsatzeinsignifikanterAnstieg des Kreditrisikos eingetreten ist, wird anhand des folgen­den Beispiels veranschaulicht.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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52 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Unsere Sichtweise Wir stellen darüber hinaus Folgendes fest:

• Viele Finanzinstitute dürften in ihren Kreditrisikomanagementsystemen und ­prozessen bereits über Informationen zur Preisgestal­tung und zu den Konditionen für verschiedene Arten von Krediten, die an einen bestimmten Kunden ausgereicht wurden (z. B. Kontokorrentkredite,Kreditkarten,Hypothekenkredite),verfügen.InderPraxiswäreeshäufigjedochschwierig,solcheInformationen zu verwenden, da Änderungen der Preisgestaltung und der Konditionen bei Ausreichung eines ähnlichen Finanzinstruments zum Abschlussstichtag offensichtlich nicht so sehr auf eine Änderung des Kreditrisikos hindeuten, wenn andere, stärker wirtschaftlich orientierte Faktoren hinzukommen (z. B. unterschiedliche Risikoneigung, Änderung des Managementansatzes und von Kredit­gewährungsstandards). Es kann problematisch sein, die beiden unterschiedlichen Arten von Informationen miteinander zu ver­knüpfen (d. h. Informationen zum Preisgestaltungsprozess einerseits und zum Kreditrisikomanagement andererseits).

•EinigederFaktorenoderIndikatorensindlediglichfürdieBeurteilung,obsichdieKreditqualitätsignifikantverschlechterthat,aufindividueller Ebene relevant, nicht aber auf Portfolioebene. Beispiele hierfür sind Änderungen der externen Marktindikatoren für das Kreditrisiko, einschließlich des Credit Spread, der CDS­Preise aufseiten des Kreditnehmers und des Ausmaßes, in dem sich der beizulegende Zeitwert verringert. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass externe Marktinformationen, die für ein notiertes Finanzinstrument verfügbar sind, hilfreich sein können, um ein anderes Finanzinstrument zu beurteilen, das zwar nicht an einem Markt notiert ist, aber von demselben oder von einem im gleichen Sektor tätigen Kreditnehmer emittiert wird.

• Zudem sind einige der Faktoren oder Indikatoren stark zukunftsorientiert, z. B. prognostizierte nachteilige Änderungen der geschäftlichen,finanziellenoderwirtschaftlichenRahmenbedingungen,welchediekünftigeFähigkeitdesKreditnehmers,seineSchulden zurückzuzahlen, voraussichtlich erheblich einschränken werden.

• Hervorzuheben ist, dass sich Änderungen des Werts der Sicherheiten üblicherweise auf die Bewertung der erwarteten Kredit­ausfälleauswirkenundnichtaufdieBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt.ImStandardwirdjedocherläutert,dassÄnderungendesWertsderSicherheitenunterbestimmtenUmständendasAusfallrisikobeeinflussenkönnen(sieheAbschnitt 4.6).

• Die meisten Kreditgeber, die Kredite an Unternehmen ausreichen, dürften über ausreichende zukunftsbezogene Informationen zu den einzelnen Kreditnehmern verfügen und diese bereits in ihre Risikobeurteilungen einbezogen haben. Um die Bestimmungen des Standardseinzuhalten,kannesjedochsein,dassdieseInformationenhäufigeraktualisiertwerdenmüssen,alsdiesderzeitderFall ist. Im Gegensatz dazu dürften die meisten Kreditgeber, die Privatkredite vergeben, nicht über diese Art von Informationen auf der Ebene des einzelnen Kreditnehmers verfügen und werden daher wahrscheinlich eine Beurteilung auf Portfolioebene vornehmen müssen (siehe Abschnitt 5.9).

53EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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AuszugausIFRS9 Beispiel1:SignifikanterAnstiegdesKreditrisikos(IFRS9.IE7–IE11)

Die Finanzierungsstruktur von Unternehmen Y beinhaltet eine vorrangig besicherte Kreditfazilität mit unterschiedlichen Tranchen.3 Bank X gewährt Unternehmen Y eine Tranche dieser Kreditfazilität. Zum Zeitpunkt der Ausreichung des Kredits durch Bank X war zu erwarten,dassUnternehmenYinderLageseinwürde,dieKreditauflagenwährendderLaufzeitdesInstrumentszuerfüllen,obwohlder Verschuldungsgrad von Unternehmen Y im Vergleich zu anderen Emittenten mit ähnlichem Kreditrisiko relativ hoch war. Darüber hinauswurdedavonausgegangen,dassdieUmsatzerlöseundCashflowsindemSektor,indemUnternehmenYtätigist,überdieLauf­zeit der vorrangigen Kreditfazilität stabil bleiben würden. Allerdings bestand ein gewisses Geschäftsrisiko im Zusammenhang mit der Fähig­keit des Unternehmens, die Bruttogewinnmargen der existierenden Geschäftsbereiche zu verbessern.

Beim erstmaligen Ansatz entscheidet Bank X unter Heranziehung der in Paragraf IE7 genannten Kriterien, dass der Kredit trotz des zum ZeitpunktdeserstmaligenAnsatzesbestehendenKreditrisikosbeiAusreichungnichtwertgemindertist,daerdieDefinitioneineswert­gemindertenfinanziellenVermögenswertsgemäßIFRS9,AnhangAnichterfüllt.

Nach dem erstmaligen Ansatz verringert sich der Gesamtabsatz infolge einer Änderung der makroökonomischen Bedingungen und Unter­nehmenYkannseineUmsatz-undCashflowzielegemäßdemGeschäftsplannichterfüllen.ZwarhatdasUnternehmenseineVorrats-investitionen aufgestockt, dennoch konnte das geplante Absatzvolumen nicht erreicht werden. Um seine Liquidität zu erhöhen, nimmt Unternehmen Y zusätzliche Mittel aus einer gesonderten revolvierenden Kreditfazilität auf. Dadurch erhöht sich sein Verschuldungs­gradweiter.DieshatzurFolge,dassUnternehmenYkurzdavorist,dieAuflagenfürdiedurchBankXeingeräumtevorrangigbesicherteKreditfazilität zu verletzen.

Bank X nimmt zum Abschlussstichtag eine generelle Beurteilung des Kreditrisikos für den an Unternehmen Y ausgereichten Kredit vor. Dabei berücksichtigt es alle angemessenen und belastbaren Informationen, die ihm ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen und die es benötigt, um zu beurteilen, in welchem Umfang sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz erhöht hat. Diese Beurteilung kann folgende Faktoren beinhalten:

(a) Bank X erwartet, dass die Verschlechterung der makroökonomischen Rahmenbedingungen in naher Zukunft anhalten kann, was sichzusätzlichnegativaufdieFähigkeitvonUnternehmenY,CashflowszuerwirtschaftenundseineSchuldenzureduzieren,aus-wirken kann.

(b)UnternehmenYstehtkurzdavor,seineKreditauflagenzuverletzen.Dieskanndazuführen,dassesdenKreditrestrukturierenoderdieKreditauflagenneuverhandelnmuss.

(c) Bank X stellt fest, dass die Marktpreise für die von Unternehmen Y emittierten Anleihen gefallen sind, dass sich die Kreditmarge infolge des gestiegenen Kreditrisikos für neu ausgereichte Kredite erhöht hat und dass diese Änderungen nicht auf Änderungen des Markt­umfelds zurückzuführen sind (z. B. haben sich die Benchmarkzinssätze nicht verändert). Ein weiterer Vergleich mit den Preisen von Vergleichsunternehmen zeigt, dass die Verringerung der Preise für die Anleihen von Unternehmen Y und der Anstieg der Kredit­margefürseineKreditewahrscheinlichdurchunternehmensspezifischeFaktorenverursachtwurden.

(d) Bank X hat ihre interne Risikoeinstufung für den Kredit auf der Basis der ihr zur Verfügung stehenden Informationen geändert, um dem Anstieg des Kreditrisikos Rechnung zu tragen.*

BankXstelltgemäßIFRS9.5.5.3fest,dasssichdasKreditrisikoseitdemerstmaligenAnsatzdesKreditssignifikanterhöhthat.Dahererfasst Bank X die über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle für den an Unternehmen Y ausgereichten vorrangig besicherten Kredit. Obwohl Bank X ihre interne Risikoeinstufung für den Kredit noch nicht angepasst hat, könnte sie dennoch zu dieser Schlussfolgerung gelangen, da die Frage, ob die Risikoeinstufung geändert wurde oder nicht, an sich kein maßgebliches Kriterium für die Feststellung ist, obsichdasKreditrisikoseitdemerstmaligenAnsatzsignifikanterhöhthat.

* DieSicherheitfürdenKreditbeeinflusstdenVerlust,derbeiEintritteinesKreditausfallsentstehenwürde,jedochnichtdasAusfallrisiko.DaheristsiebeiderBeurteilunggemäßIFRS9.5.5.3,obsichdasKreditrisikoseitdemerstmaligenAnsatzsignifikanterhöhthat,nichtzuberücksichtigen.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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AuszugausIFRS9 Beispiel2:KeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikos(IFRS9.IE12–IE17)

Unternehmen C ist die Holdinggesellschaft eines Konzerns, der in einer konjunkturabhängigen Fertigungsbranche tätig ist. Bank B hat Unternehmen C einen Kredit gewährt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Aussichten für die Branche günstig, da erwartet wurde, dass die weltweite Nachfrage weiter steigen würde. Die Einkaufspreise unterlagen jedoch Schwankungen und angesichts der aktuellen Phase innerhalb des Konjunkturzyklus wurde mit einem möglichen Absatzrückgang gerechnet.

Zudem hatte sich Unternehmen C in der Vergangenheit auf sein externes Wachstum konzentriert und zu diesem Zweck Mehrheits­beteiligungen an Unternehmen in verwandten Branchen erworben. Infolgedessen ist die Konzernstruktur komplex und verändert sich laufend. Dies macht es für Anleger schwierig, die künftige Entwicklung des Konzerns einzuschätzen und zu prognostizieren, wie viel Liquidität auf der Ebene der Holdinggesellschaft zur Verfügung stehen wird. Auch wenn die Gläubiger von Unternehmen C den Ver­schuldungsgrad zum Zeitpunkt der Ausreichung des Kredits durch Bank B als akzeptabel betrachten, haben die Gläubiger dennoch BedenkenbezüglichderFähigkeitvonUnternehmenC,seineSchuldenzurefinanzieren,dadieRestlaufzeitbiszurFälligkeitderder­zeitigen Finanzierung nur noch kurz ist. Weiterhin bestehen Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit von Unternehmen C, seine Zinsen unter Verwendung der Dividenden, die es von seinen operativen Tochtergesellschaften erhält, weiter zu bedienen.

Zum Zeitpunkt der Ausreichung des Kredits durch Bank B entsprach der Verschuldungsgrad von Unternehmen C dem anderer Kunden mit ähnlichem Kreditrisiko, und auf der Grundlage der Prognosen über die erwartete Laufzeit des Kredits war die verfügbare Kapazität (d. h. der Spielraum) in Bezug auf den Deckungsgrad vor Auslösung eines Ausfallereignisses hoch. Bank B wendet ihre eigenen internen Ratingverfahren an, um das Kreditrisiko zu bestimmen, und vergibt für ihre Kredite ein spezielles internes Rating. Die internen Rating­kategorien von Bank B basieren auf historischen, aktuellen und zukunftsbezogenen Informationen und spiegeln das Kreditrisiko für die Laufzeit der Kredite wider. Beim erstmaligen Ansatz bestimmt Bank B, dass der Kredit einem hohen Kreditrisiko unterliegt, spekula­tive Elemente enthält und die Unsicherheiten in Bezug auf Unternehmen C, einschließlich der unsicheren Aussichten hinsichtlich der ErzeugungvonCashflows,zueinemZahlungsausfallführenkönnten.BankBstuftdenKreditjedochnichtalsbeiAusreichungwert-gemindertein,daerdieinIFRS9,AnhangAenthalteneDefinitioneinesfinanziellenVermögenswerts,derbeiErwerboderAusreichungwertgemindert ist, nicht erfüllt.

Nach dem erstmaligen Ansatz verkündet Unternehmen C, dass sich das Absatzvolumen bei drei seiner fünf wichtigsten Tochterunter­nehmen aufgrund einer Verschlechterung der Marktbedingungen erheblich verringert hat, in den kommenden Monaten jedoch wieder mit einem zyklusbedingten Anstieg des Absatzvolumens für die Branche gerechnet wird. In den anderen beiden Tochterunternehmen blieb der Absatz stabil. Unternehmen C hat außerdem eine Umstrukturierung in Aussicht gestellt, um seine operativen Tochtergesell­schafteneffizienterzumachen.DieseUmstrukturierungwirddieFlexibilitätbeiderRefinanzierungbestehenderSchuldenerhöhenund die Fähigkeit der operativen Tochtergesellschaften, Dividenden an Unternehmen C zu zahlen, verbessern.

55EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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AuszugausIFRS9 Beispiel2:KeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikos(IFRS9.IE12–IE17)(Fortsetzung)

Trotz der erwarteten anhaltenden Verschlechterung der Marktbedingungen trifft Bank B gemäß IFRS 9.5.5.3 die Einschätzung, dass sichdasKreditrisikofürdenanUnternehmenCausgereichtenKreditseitdemerstmaligenAnsatznichtsignifikanterhöhthat.Dieswird u. a. auf der Basis folgender Faktoren begründet:

(a) Zwar haben sich die aktuellen Absatzmengen verringert, doch hatte dies Bank B zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes erwartet. Überdies wird damit gerechnet, dass die Absatzmengen in den kommenden Monaten wieder steigen werden.

(b)AngesichtsdererhöhtenFlexibilitätbeiderRefinanzierungbestehenderSchuldenaufderEbenederoperativenTochtergesell­schaften und deren verbesserter Fähigkeit, Dividenden an Unternehmen C zu zahlen, betrachtet Bank B die Umstrukturierung als Bonitätsverbesserung. Dessen ungeachtet hat die Bank weiterhin Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit von Unternehmen C, die bestehendenSchuldenaufderEbenederHoldinggesellschaftzurefinanzieren.

(c) Die Kreditrisikoabteilung von Bank B, die Unternehmen C überwacht, hat festgestellt, dass die jüngsten Entwicklungen nicht signifikantgenugsind,umeineÄnderungihrerinternenKreditrisikoeinstufungzurechtfertigen.

Infolgedessen erfasst Bank B keine Risikovorsorge in Höhe der Gesamtlaufzeit­ECL aus dem Kredit. Sie aktualisiert jedoch ihre Anpassung der 12­Monats­ECL um den erwarteten Anstieg des Ausfallrisikos in den nächsten zwölf Monaten sowie um die aktuellen Erwartungen bezüglich der Verluste, die ihr im Falle eines Zahlungsausfalls entstehen würden.

5.3 Was bedeutet „signifikant“?

DieBeurteilung,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat,hängtmaßgeblichvonderInterpretationdesBegriffs„signifikant“ab. Einige interessierte Parteien, die zum ED/2013/3 Stellung genommenhatten,batendasIASB,denBegriff„signifikant“zudefinieren.DasIASBentschiedsichjedochdagegenundbegrün­dete dies wie folgt:21

• Um die Änderung der Ausfallwahrscheinlichkeit als festen Pro­zentsatz anzugeben, müssten alle Unternehmen den Ansatz zur Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit anwenden. Da jedoch nicht alle Unternehmen (mit Ausnahme regulierter Finanzinsti­tute) die Ausfallwahrscheinlichkeit als feste Inputgröße zugrunde legen, würde dies die Kosten und den Aufwand für jene Unter­nehmen erhöhen, die diesen Ansatz nicht anwenden.

• Die Ermittlung des Umfangs der Änderung des Ausfallrisikos wäre willkürlich und von der Produktart, den Fälligkeiten und dem ursprünglichen Kreditrisiko abhängig.

DerStandardbetont,dassbeiderBestimmungderSignifikanzder Änderung des Ausfallrisikos folgende Faktoren zugrunde zu legen sind:22

• Das ursprüngliche Kreditrisiko beim erstmaligen Ansatz: Die gleiche absolute Änderung der Ausfallwahrscheinlichkeit wird bei einem Finanzinstrument mit einem geringeren ursprüng­lichenKreditrisikosignifikanterseinalsbeieinemFinanzinstru­ment mit einem höheren ursprünglichen Kreditrisiko (siehe Ab­schnitt 5.8).

• DieerwarteteLaufzeitstruktur: Das Ausfallrisiko bei Finanz­instrumenten mit ähnlichem Kreditrisiko erhöht sich mit zuneh­mender erwarteter Laufzeit der betreffenden Finanzinstrumente. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen der erwarteten Lauf­zeit und dem Ausfallrisiko lässt sich die Änderung des Kredit­risikos nicht einfach durch einen Vergleich des absoluten Ausfall­risikos über einen bestimmten Zeitraum beurteilen. Wenn das

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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21 Siehe IFRS 9.BC5.171–BC5.172. 22 Siehe IFRS 9.B5.5.9–B5.5.10.

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Ausfallrisiko für ein Finanzinstrument mit einer erwarteten Lauf­zeit von zehn Jahren beim erstmaligen Ansatz beispielsweise nach fünf Jahren immer noch genauso hoch ist, deutet dies da­rauf hin, dass sich das Kreditrisiko erhöht hat. Der Standard stellt darüber hinaus klar, dass sich das Ausfallrisiko von Finanz­instrumenten,diewesentlicheZahlungsverpflichtungenkurzvor dem Fälligkeitstermin aufweisen (z. B. wenn der Kapitalbe­trag erst bei Fälligkeit zurückgezahlt wird), nicht notwendiger­weise mit der Zeit verringern muss. In solchen Fällen muss das Unternehmen andere qualitative Faktoren heranziehen.

Unsere Sichtweise Zwar dürfte sich das Ausfallrisiko von Finanzinstrumenten, derenwesentlicheZahlungsverpflichtungenkurzvordemFällig­keitstermin zu erfüllen sind, weniger schnell verringern als für Finanzinstrumente,beidenensolcheZahlungsverpflichtungenwährend der gesamten Vertragslaufzeit bestehen. Dennoch dürfte das Ausfallrisiko mit näher rückendem Fälligkeitstermin abnehmen.

ExterneBonitätsratings

Die Analyse historischer Kreditausfälle, die mit Bonitätsratings von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s (S&P) zusammen­hängen, macht deutlich, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit bei ab­nehmendem Bonitätsrating mehr als linear zunimmt. Daher ist der absolute Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeit zwischen zwei relativ niedrigen Kreditrisikoeinstufungen deutlich geringer als zwischen zwei höheren Risikoeinstufungen. Der relative Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeit zwischen den einzelnen Ratings könntejeweilsals„signifikant“betrachtetwerden,dadiemeisteneine Verdoppelung oder Verdreifachung der Ausfallwahrschein­lichkeit beinhalten. Im Gegensatz dazu dürften geringfügige Ände­rungen des Kreditrisikos aufgrund von Herauf­ oder Herabstu­fungen (plus oder minus „notches“) im Ratingsystem kaum als „signifikant“betrachtetwerden,daessichbeimBonitätsratingeher um eine Kunst als um eine Wissenschaft handelt. Darüber hinaus steigt mit zunehmendem Zeithorizont auch die Ausfall­wahrscheinlichkeit bei allen Bonitätsratings (je länger die Lauf­zeit, desto stärker steigt die Ausfallwahrscheinlichkeit).

Die Beurteilung, ob sich das Kredit­risikosignifikanterhöhthat,hängtdavonab,wiederBegriff„signifikant“definiertwird.

Unsere Sichtweise DiemeistenKredite,dieaufeinesignifikanteVerschlechterungder Kreditqualität hin überprüft werden, dürften kein Rating einer Ratingagentur besitzen. Dies dürfte auch der Fall sein, wenn Unternehmen eigene Modelle zur Bestimmung der Aus­fallwahrscheinlichkeit entwickelt haben und in der Lage sind, ihre Kredite nach deren Ausfallwahrscheinlichkeit einzustufen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der gemäß dem Standard vorgeschriebene Ansatz auf stärker ganzheitlich und qualitativ orientierten Kriterien fußt als externe Bonitätsra­tings, die jeweils um einzelne Ausfallereignisse angepasst wer­den und allmähliche Verschlechterungen der Kreditqualität nicht berücksichtigen. Externe Bonitätsratings sollten daher nicht ausschließlich, sondern in Verbindung mit anderen quali­tativen Informationen verwendet werden. Dies gilt natürlich auch für die Verwendung interner Bonitätsratings, insbeson­dere wenn diese lediglich einmal pro Jahr überprüft werden.

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5.4 Praktische Vereinfachung für Finanz­ instrumente mit geringem Kreditrisiko

Der Standard enthält eine bedeutende Vereinfachung, wonach ein Unternehmen bei Finanzinstrumenten mit einem geringen Kredit­risiko zum Abschlussstichtag die Annahme zugrunde legen darf, dasskeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikoseingetretenist.Mit dem Konzept des geringen Kreditrisikos beabsichtigte das IASB, Unternehmen die Nachverfolgung von Änderungen des Kredit­risikos qualitativ hochstehender Finanzinstrumente zu erleichtern. Daher ist diese praktische Vereinfachung lediglich optional und auf Einzelfallbasis anzuwenden.

In diesem Punkt weicht der Standard vom ED/2013/3 ab, der diese Vorgehensweise zwingend vorschrieb. Mit dieser Änderung ent­sprach das IASB dem Wunsch interessierter Parteien, darunter auch von Aufsichtsbehörden, diese Vereinfachungsregelung nicht als Vorschrift, sondern als Wahlrecht in den Standard aufzunehmen. Der Baseler Ausschuss hat in seinem Konsultationspapier zu den SCRAVL­Leitlinien (siehe Abschnitt 1.1) vorgeschlagen, dass Banken, die Erfahrung in der Abwicklung komplexer Kreditge­schäfte haben, diese Vereinfachung nur in Ausnahmefällen auf ihre Kreditportfolios anwenden.

Bei Finanzinstrumenten mit geringem Kreditrisiko hat das Unter­nehmen eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­ECL zu erfassen. Weist ein Finanzinstrument jedoch zum Abschluss­stichtag kein geringes Kreditrisiko auf, bedeutet dies nicht

notwendigerweise,dassdasUnternehmenverpflichtetist,Gesamt­laufzeit­ECL zu erfassen. In diesem Fall muss das Unternehmen beurteilen, ob sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz signifikanterhöhthatundsomitdieGesamtlaufzeit-ECLzuerfas­sen sind.

Der Standard schreibt vor, dass das Kreditrisiko für ein Finanz­instrument in folgenden Fällen als gering einzustufen ist:23

• Das Finanzinstrument weist ein geringes Ausfallrisiko auf.

• Der Kreditnehmer ist in der Lage, seine vertraglich vereinbar­tenCashflow-VerpflichtungeninnaherZukunftzuerfüllen.

• Nachteilige langfristige Veränderungen der wirtschaftlichen und geschäftlichen Rahmenbedingungen können, müssen jedoch nichtzwangsläufigdieFähigkeitdesKreditnehmersbeeinträch­tigen,seinevertraglichvereinbartenCashflow-Verpflichtungenzu erfüllen.

Das Kreditrisiko für ein Finanzinstrument wird nicht einfach deshalb als gering eingestuft, weil sein Verlustrisiko gering ist (z. B. bei einem besicherten Kredit, wenn der Wert der Sicherheit höher ist als der Kreditbetrag, siehe Abschnitt 4.6) oder weil das Finanz­instrument verglichen mit anderen Finanzinstrumenten des Unter­nehmens oder dem Kreditrisiko des Landes, in dem das Unter­nehmen tätig ist, ein geringeres Ausfallrisiko aufweist.

Die Beschreibung des geringen Kreditrisikos entspricht weitgehend dem„Investment-Grade-Bereich“,derbeiStandard&Poor’svoneinem BBB­ oder höheren Rating, bei Moody’s von einem Baa3­ oder höheren Rating oder bei Fitch von einem BBB­ oder höheren Ratingdefiniertist.BeiAnwendungderpraktischenVereinfachungauf Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko müssen die be­treffenden Finanzinstrumente nicht einem externen Rating unter­zogen werden. Ziel des IASB war es jedoch, ein weltweit vergleich­bares Konzept für das geringe Kreditrisiko zu verwenden, anstatt ein bestimmtes Risikoniveau festzulegen, z. B. mittels der durch ein Unternehmen oder ein Land auf der Grundlage unternehmens­ oderländerspezifischerFaktorenvorgenommenenRisikoeinschät­zung.24 Daher darf ein Unternehmen seine internen Bonitätsratings

Wenn ein Finanzinstrument ein gerin­ges Kreditrisiko aufweist, darf das Unternehmen die Annahme zugrunde legen, dass sich das Kreditrisiko nicht signifikanterhöhthat.

23 Siehe IFRS 9.B5.5.22. 24 Siehe IFRS 9.BC5.188.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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zugrunde legen, um zu bestimmen, was unter einem geringen Kreditrisiko zu verstehen ist, sofern dies mit der weltweit verwen­detenDefinitioneinesgeringenKreditrisikos(z.B.„InvestmentGrade“)oderderamMarktvorherrschendenInterpretationeinesgeringen Kreditrisikos im Einklang steht. Zudem sollten Ratings angepasst werden, um den speziellen Risiken der zu beurteilen­den Finanzinstrumente Rechnung zu tragen.

25 IASB Agendapapier 5B, Financial Instruments: Impairment, Operational simplifications – 30dpd and low credit risk, 28. Oktober–1. November 2013.

In der Praxis dürften Unternehmen, die interne Bonitätsratings durchführen, bestrebt sein, ihre internen Einstufungen externen BonitätsratingsundDefinitionen,z.B.vonStandard&Poor’s,Moody’s und Fitch, zuzuordnen. Die unterschiedlichen Bonitäts­ratings dieser führenden Ratingagenturen sind im Folgenden beschrieben.25

ExterneBonitätsratingsundDefinitionenderdreiführendenRatingagenturen

Standard & Poor’s Moody’s Fitch

„InvestmentGrade“beziehtsichinder Regel auf die Ratingkategorien AAA bis BBB (wobei BBB– die niedrigste Invest­ ment­Grade­Stufe darstellt).

„InvestmentGrade“beziehtsichinder Regel auf die Ratingkategorien Aaa bis Bbb (wobei Bbb3 die niedrigste Investment­Grade­Stufe darstellt).

„InvestmentGrade“beziehtsichinderRegelauf die Ratingkategorien AAA bis BBB (wobei BBB– die niedrigste Investment­ Grade­Stufe darstellt).

BBBSchuldner mittlerer Güte, die in der Lage sind,ihrefinanziellenVerpflichtungen zu erfüllen, aber anfälliger gegenüber nega tiven wirtschaftlichen Rahmenbe­dingungen sind.

BaaVerbindlichkeiten mit einem Baa­Rating haben eine mittlere Qualität und ein moderates Kreditrisiko und können gewisse spekulative Elemente enthalten.

BBB: gute KreditqualitätDeutet darauf hin, dass die Erwartungen in Bezug auf das Ausfallrisiko derzeit gering sind.DerSchuldneristinderLage,diefinan­ziellenVerpflichtungenzuerfüllen,aberesbesteht eine größere Wahrscheinlichkeit, dass diese Fähigkeit durch negative geschäftliche oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen beeinträchtigt wird.

Abgrenzung zwischen „Investment Grade“ und „Speculative Grade“

BBWeniger anfällig in naher Zukunft, aber erheblichen anhaltenden Unsicherheiten aufgrund negativer geschäftlicher, finanziellerundwirtschaftlicherRahmen-bedingungen ausgesetzt.

BaVerbindlichkeiten mit einem Ba­Rating gelten als spekulativ und haben ein erheb liches Kreditrisiko.

BB:spekulativDeutet auf ein erhöhtes Ausfallrisiko hin, insbesondere bei negativen Veränderungen der geschäftlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen über einen längeren Zeitraum. Es ist jedoch geschäftliche oder finanzielleFlexibilitätvorhanden,diedieBedienungderfinanziellenVerpflichtungenunterstützt.

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Betrachtet man die historischen Kreditausfälle, die mit den Boni­tätsratings von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s zusam­menhängen, so ist die Ausfallwahrscheinlichkeit eines mit BBB benoteten Kredits rund dreimal so hoch wie die eines Kredits mit einem A­Rating. Daher werden einige Unternehmen

möglicherweise davon absehen, die praktische Vereinfachung für geringe Kreditrisiken anzuwenden und das Kreditrisiko eines von AaufBBBherabgestuftenVermögenswertsalssignifikanteinzu­stufen, auch wenn es sich dabei nach wie vor um ein Investment­ Grade­Rating handelt.

Unsere Sichtweise Die praktische Vereinfachung bei Finanzinstrumenten mit geringem Kreditrisiko ist nicht anwendbar, wenn ein Unternehmen ein Finanzinstrument ausreicht oder erwirbt, dessen Kreditrisiko höher ist als das eines Vermögenswerts mit einem Investment­Grade­ Rating. Auch in Fällen, in denen die Kreditqualität des Finanzinstruments bei dessen Ausreichung oder Erwerb nur geringfügig besser als ein Non­Investment Grade (d. h. am untersten Ende des Investment­Grade­Ratings) eingestuft wird, ist die Vereinfachung nur beschränkt anwendbar. Der Grund hierfür ist, dass das Unternehmen bei jeglicher Verschlechterung der Kreditqualität zu einem Non-Investment-Grade-Ratingzubeurteilenhat,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat.

Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang Banken diese praktische Vereinfachung auf ihre Kreditportfolios anwenden werden. Investo­ren, die extern geratete Schuldinstrumente halten, dürften sich eher an den von Ratingagenturen bereitgestellten Daten orientieren und die praktische Vereinfachung bei geringem Kreditrisiko anwenden. In diesem Zusammenhang ist jedoch Folgendes zu beachten:

• Bei den von Ratingagenturen verwendeten Ausfallraten handelt es sich um historische Informationen. Um erwartete Kreditausfälle zu bewerten oder zu beurteilen, ob sich die Kreditqualität verschlechtert hat, müssen Unternehmen wissen, woher diese Daten stammen, und sie um aktuelle und zukunftsbezogene Informationen aktualisieren (siehe Abschnitt 4.7). Dies verdeutlicht der unten stehende Auszug aus IFRS 9.

• Obwohl Ratings sich stets auf die zukünftige Entwicklung beziehen, kann es sein, dass Änderungen des Bonitätsratings nicht zeitnah widergespiegeltwerden.DahermusseinUnternehmenbeiderBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,gegebenenfalls erwartete Änderungen von Ratings berücksichtigen und die angenommenen Ausfallraten entsprechend anpassen.

Dennoch wird das Wahlrecht, die praktische Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko anzuwenden, in der Praxis zu unterschiedlichen Vorgehensweisen führen.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Das folgende Beispiel zeigt, wie die praktische Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko anzuwenden ist.

AuszugausIFRS9 Beispiel4:ÖffentlicheAnleihemitInvestment-Grade-Rating(IFRS9.IE24–IE28)

Unternehmen A ist ein großes, börsennotiertes Logistikunternehmen. Der einzige Schuldtitel in seiner Kapitalstruktur ist eine öffentliche AnleihemiteinerLaufzeitvonfünfJahrenunddereinzigenvertraglichenAuflage,dasskeineweiterenMittelaufgenommenwerdendürfen. Unternehmen A erstattet seinen Anteilseignern vierteljährlich Bericht. Unternehmen B ist einer von zahlreichen Investoren der Anleihe. Unternehmen B nimmt gemäß IFRS 9.5.5.10 an, dass die Anleihe zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes ein geringes Kredit­risiko aufweist. Diese Annahme trifft es auf der Grundlage, dass die Anleihe ein geringes Ausfallrisiko aufweist und im Hinblick auf UnternehmenAdavonausgegangenwird,dassesmithoherWahrscheinlichkeitinderLageseinwird,seineVerpflichtungeninnaherZukunft zu erfüllen. Unternehmen B erwartet auf längere Sicht, dass negative Änderungen der wirtschaftlichen und geschäftlichen Rahmen­bedingungendieFähigkeitvonUnternehmenA,seinenVerpflichtungeninBezugaufdieAnleihenachzukommen,einschränkenkönnen,aber nicht notwendigerweise müssen. Darüber hinaus wurde die Anleihe zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes mit einem internen Boni­tätsratingbenotet,dasdemweltweitenexternenBonitätsrating„InvestmentGrade“entspricht.

Zum Abschlussstichtag beziehen sich die wesentlichen Bedenken von Unternehmen B im Hinblick auf das Kreditrisiko auf den anhaltend rückläufigenGesamtabsatz,derzueinemRückgangderCashflowsausbetrieblicherTätigkeitvonUnternehmenAgeführthat.

Da Unternehmen B lediglich die vierteljährlichen öffentlichen Informationen verwendet und keinen Zugang zu nicht öffentlichen Kredit­risikoinformationen hat (da es ein Investor der Anleihe ist), stützt sich seine Beurteilung von Änderungen des Kreditrisikos auf öffent­liche Bekanntmachungen und Informationen, einschließlich aktueller Presseveröffentlichungen von Ratingagenturen zur Entwicklung von Kreditrisiken.

Unternehmen B wendet die praktische Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko gemäß IFRS 9.5.5.10 an. Danach hat es zum Abschlussstichtag unter Heranziehung aller angemessenen und belastbaren Informationen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen, zu beurteilen, ob die Anleihe ein geringes Kreditrisiko aufweist. Im Rahmen dieser Beurteilung überprüft Unternehmen B das interne Bonitätsrating der Anleihe und kommt aus folgenden Gründen zu dem Schluss, dass die Anleihe nicht mehr die Voraussetzungen für ein Investment­Grade­Rating erfüllt:

(a) Gemäß dem jüngsten Quartalsbericht von Unternehmen A waren die Umsatzerlöse um 20 Prozent gegenüber dem Vorquartal und das Betriebsergebnis um 12 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen.

(b) Die Ratingagenturen reagierten prompt auf eine Gewinnwarnung durch Unternehmen A und überprüften das Bonitätsrating auf einemöglicheHerabstufungvon„InvestmentGrade“auf„Non-InvestmentGrade“.ZumAbschlussstichtagwardieexterneKredit-risikoeinstufung jedoch unverändert.

(c) Der Preis für die Anleihe ist ebenfalls deutlich gefallen, was zu einem Anstieg der Umlaufrendite geführt hat. Unternehmen B stellt fest, dass der Anleihepreis infolge des steigenden Kreditrisikos von Unternehmen A gefallen ist. Der Grund hierfür ist, dass sich das Marktumfeld nicht geändert hat (z. B. sind die Benchmarkzinssätze, die Liquidität etc. unverändert), und ein Vergleich mit den AnleihepreisenvonVergleichsunternehmenzeigt,dassderPreisrückgangwahrscheinlichunternehmensspezifischist(undz.B.nichtaufÄnderungenderBenchmarkzinssätzezurückzuführenist,diekeinIndikatorfürunternehmensspezifischeKreditrisikensind).

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EinigederSchwierigkeitenbeiderBeurteilung,obeinsignifikanterAnstieg des Kreditrisikos vorliegt (einschließlich der Anwendung der praktischen Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko), sowie bei der Schätzung der erwarteten Ausfälle werden anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht. Das Bei­spielzeigtverschiedeneMethodenzurIdentifizierung

signifikanterÄnderungenderKreditqualitätundunterschiedlicheEingabeparameter für die Berechnung der erwarteten Ausfälle einer europäischen Staatsanleihe, die im Hinblick auf die Risiko­vorsorge gemäß IFRS 9 zu äußerst unterschiedlichen Ergebnissen und Schwankungen führen.

AuszugausIFRS9 Beispiel4:ÖffentlicheAnleihemitInvestment-Grade-Rating(IFRS9.IE24–IE28)(Fortsetzung)

ObwohlUnternehmenAderzeitinderLageist,seinefinanziellenVerpflichtungenzuerfüllen,hatsichdasAusfallrisikoinBezugaufdieAnleihe aufgrund der mit den schlechteren geschäftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbundenen Unsicherheiten erhöht. Unter Heranziehung der in Paragraf IE27 genannten Faktoren bestimmt Unternehmen B, dass die Anleihe zum Abschlussstichtag kein geringesKreditrisikoaufweist.Infolgedessenmussesbeurteilen,obderAnstiegdesKreditrisikosseitdemerstmaligenAnsatzsignifikantist.AufderGrundlageseinerBeurteilungbestimmtUnternehmenB,dasssichdasKreditrisikoseitdemerstmaligenAnsatzsignifikanterhöht hat und dass es gemäß IFRS 9.5.5.3 eine Risikovorsorge in Höhe der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle zu erfas­sen hat.

Beispiel5-1:VerwendungvonBonitätsratingsund/oderCDS-SpreadszurBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,undzurSchätzungdererwartetenKreditverluste

EinführungEine besondere Schwierigkeit bei der Anwendung der Wertminderungsvorschriften nach IFRS 9 auf notierte Anleihen besteht darin, dass die von Ratingagenturen (z. B. Standard & Poor’s) erteilten Bonitätsratings und die historischen Kreditausfälle nach Ratingklassen deutlich von der Markteinschätzung abweichen können. Dies spiegelt sich dann beispielsweise in den Spreads von Credit Default Swaps und Anleihen wider.

Um die mit der Anwendung von IFRS 9 auf Schuldtitel verbundenen Schwierigkeiten zu verdeutlichen, haben wir untersucht, wie die erwarteten Kreditausfälle für eine real existierende Anleihe ermittelt werden können, die am 16. September 2008 von der Regierung eines europäischen Staates emittiert wurde und 2024 ausläuft. Wir haben die laut IFRS 9 vorgeschriebenen Berechnungen für die Anleihe in Bezug auf drei unterschiedliche Zeitpunkte durchgeführt. Dabei haben wir die Annahme zugrunde gelegt, dass die Anleihe direkt zum Emissionszeitpunkt erworben wurde. Im Januar 2009 betrug das Rating von Standard & Poor’s für die Anleihe AA+, wurde jedoch im Januar 2012 auf A herabgestuft. Die Anleihe wurde im März 2014 weiter auf BBB– herabgestuft, bevor sie sich im Mai 2014 wieder auf BBB verbesserte.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Beispiel5-1:VerwendungvonBonitätsratingsund/oderCDS-SpreadszurBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,undzurSchätzungdererwartetenKreditverluste(Fortsetzung)

Drei AnsätzeIm Folgenden werden drei Ansätze erläutert:

•Ansatz1:VerwendungvonS&P-Bonitätsratings,umfestzustellen,obsichdasKreditrisikofürdieAnleihesignifikanterhöhthat, und um die erwarteten Kreditausfälle zu schätzen

•Ansatz2:VerwendungvonS&P-Bonitätsratings,umfestzustellen,obsichdasKreditrisikofürdieAnleihesignifikanterhöhthat, und Verwendung von CDS­Spreads, um die erwarteten Kreditausfälle zu schätzen

•Ansatz3:VerwendungvonCDS-Spreads,umfestzustellen,obsichdasKreditrisikofürdieAnleihesignifikanterhöhthat,undum die erwarteten Kreditausfälle zu schätzen

Die unten stehenden prozentualen Kreditausfälle für die Unternehmensanleihen wurden auf der Basis der von S&P für die einzelnen Boni­tätsratings ermittelten historischen Ausfallwahrscheinlichkeiten (Ansatz 1) sowie auf der Basis der CDS­Spreads (Ansätze 2 und 3) berechnet.BeidenBerechnungenwurdemit60%einhäufigverwendeterProzentsatzfürdieVerlustquote(loss given default; LGD) zugrunde gelegt. Um die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeiten zu ermitteln, wurde in der CDS­Kurve der 12­Monats­Fälligkeitszeit­punkt und bei den auf die Gesamtlaufzeit bezogenen Ausfallwahrscheinlichkeiten der Fälligkeitszeitpunkt gewählt.

Daraus ergaben sich die folgenden Prozentsätze für die Risikovorsorge:

Bonitätsrating Ansatz 1 Ansatz 2 Ansatz 3

31. Januar 2009 AA+ 0,01 1,10 18,29

31. Januar 2012 A 0,04 2,98 30,89

31. März 2014 BB+ 0,08 0,34 13,81

Ansatz 1Gemessen an den Bonitätsratings war die Anleihe während dieses Zeitraums als Investment Grade eingestuft. Bei Anwendung der prak­tischen Vereinfachung für Finanzinstrumenten mit geringem Kreditrisiko wäre die Risikovorsorge somit auf der Basis der 12­Monats­ECL erfasst worden. Bei Verwendung der durch die Bonitätsratings implizierten historischen Ausfallraten für die Unternehmensanleihen und der Annahme eines LGD von 60 % zur Berechnung der erwarteten Kreditausfälle hätte sich die 12­Monats­Risikovorsorge von 0,01 % am 31. Januar 2009 drei Jahre später auf 0,04 % und bis zum 31. März 2014 auf 0,18 % erhöht. Zu beachten ist, dass es sich bei den durch die Bonitätsratings implizierten historischen Ausfallraten um historische Ausfallraten von Unternehmensanleihen handelt, sodass diese Quoten erst angepasst werden müssten, um die Anforderungen des Standards zu erfüllen. IFRS 9 schreibt vor, dass bei der Berechnung der erwarteten Kreditausfälle die aktuellen Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zugrunde zu legen sind. Dabei muss es sich laut dem Standard um angemessene und belastbare Informationen handeln. Diese dürften Marktindikatoren wie Credit Default Swaps und Anleihespreads, wie unter Ansatz 2 beschrieben, beinhalten.

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Beispiel5-1:VerwendungvonBonitätsratingsund/oderCDS-SpreadszurBeurteilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,undzurSchätzungdererwartetenKreditverluste(Fortsetzung)

Ansatz 2Im Gegensatz zu Ansatz 1 hätte sich die 12­Monats­Risikovorsorge bei Verwendung von CDS­Spreads und der gleichen Annahme eines LGD von 60 % zur Berechnung der erwarteten Kreditausfälle von 1,1 % am 31. Januar 2009 drei Jahre später auf 2,98 % erhöht und bis zum 31. März 2014 auf 0,34 % verringert. Die durch die Credit Default Swaps implizierten Ausfallraten sind deutlich höher, als angesichts der Ratings für diese Anleihen zu erwarten gewesen wäre. Die Risikovorsorge ist dementsprechend erheblich höher und sehr volatil. Es ließe sich argumentieren, dass CDS­Spreads zu anfällig auf kurzfristige Marktveränderungen reagieren, um sie der Berechnung von lang­fristig erwarteten Kreditausfällen zugrunde zu legen. Aber es scheint schwierig, andere angemessene und belastbare Informationen zu finden,diezurAnpassungdieserSpreadsherangezogenwerdenkönnen,umdamitdieAuswirkungenderMarktschwankungenauszugleichen.

Ansatz 3BonitätsratingswerdenvondenMärktenhäufigalsSpätindikatorenbetrachtet.BeidiesenAnleihenlassensichdieRatingsnurschwermit den von den Märkten festgestellten Ausfallwahrscheinlichkeiten in Einklang bringen. Es könnte argumentiert werden, dass es nicht ausreicht, sich bei der Beurteilung, ob Vermögenswerte ein geringes Kreditrisiko aufweisen, ausschließlich auf Bonitätsratings zu konzentrieren,dadie12-Monats-AusfallwahrscheinlichkeitderAnleihe(aufderBasisderCDS-Spreads)nachderenEmissionsignifi­kant gestiegen ist und die Anleihe gemessen an den CDS­Spreads zu keinem Zeitpunkt des in diesem Beispiel betrachtetem Zeitraums ein geringes Kreditrisiko aufwies. Die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit hat sich von 0,44 % zum Emissionszeitpunkt auf 1,84 % am 31. Januar 2009 erhöht. Wären bei der Beurteilung der Anleihe zu allen drei Zeitpunkten über die Gesamtlaufzeit erwartete Kredit­ausfälle auf der Basis der CDS­Spreads zugrunde gelegt worden, wären die Risikovorsorgen mit 18,29 %, 30,89 % und 13,81 % deutlich höher ausgefallen.

Das Gegenargument könnte lauten, dass die CDS­Spreads zu schwankungsanfällig sind, um eine verlässliche Grundlage für die Beurteilung zubilden,obeinesignifikanteVerschlechterungderKreditqualitätvorliegt.DiebesteMethodezurFeststellung,obsichdasKreditrisikoeinerAnleihesignifikanterhöhthat,bestehtmöglicherweise,wieimStandardbeschrieben,darin,mehralseineDatenquelleheranzuziehenund qualitative Indikatoren zu berücksichtigen.

Hätte der Investor Ansatz 2 verwendet, ohne jedoch die praktische Vereinfachung für Finanzinstrumente mit geringem Kreditrisiko anzu­wenden, wäre er zu ähnlichen Ergebnissen gelangt wie bei Ansatz 3.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Unsere Sichtweise Die in Beispiel 5–1 berechneten erwarteten Kreditverluste fallen in Abhängigkeit von dem jeweils gewählten Ansatz zur Beur­teilungeinersignifikantenÄnderungderKreditqualitätundden für die Berechnung verwendeten Parametern sehr unterschied­lich aus. Erwartete Kreditausfälle, die auf der Grundlage der CDS­Spreads ermittelt wurden, sind sowohl hoch als auch extrem schwankungsanfällig. Darin spiegelt sich die Unsicherheit für den Investor wider, wenn die Ausfallwahrscheinlichkeit in glei­chem Maße vom politischen Willen der Europäischen Union, die Integrität der Eurozone zu wahren, und von den Wirtschafts­prognosen für das betreffende Land abhängig ist. Infolgedes­sen dürfte die Diskrepanz zwischen dem Effekt der Verwendung von Kreditrisikoklassen und der Verwendung von Credit Default Swaps ausgeprägter sein als bei den meisten anderen Wert­papieranlagen. Dennoch dürften derartige Schwierigkeiten auch bei anderen Wertpapieren auftreten, wenngleich in geringerem Umfang.

Die auf dem Konzept, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, basierende praktische Verein­fachung ermöglicht es Unternehmen, bei der Beurteilung, ob ein wesent­licher Anstieg des Kreditrisikos vor­liegt, neben dem Verzugs­ oder Überfälligkeitsstatus auch andere, zukunftsbezogenere Informationen heranzuziehen.

5.5 Verzugsstatus und widerlegbare Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt

Die zweite gemäß IFRS 9 mögliche praktische Vereinfachung besteht in dem Konzept der widerlegbaren Vermutung, dass ein signifikanterAnstiegdesKreditrisikoseinesfinanziellenVermö­genswerts seit dem erstmaligen Ansatz vorliegt, wenn die vertrag­lichvereinbartenCashflowsmehrals30Tageüberfälligsind.26 Diese Vereinfachung ermöglicht es Unternehmen, bei der Beur­teilung,obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosvorliegt,denVerzugs­ oder Überfälligkeitsstatus zusammen mit anderen, zu­kunftsbezogeneren Informationen heranzuziehen. Das IASB hat entschieden, diese praktische Erleichterung als widerlegbare Ver­mutung zu verankern, um sicherzustellen, dass die Anwendung der Vereinfachungsregelung konzeptionell nicht dem Incurred- losses-Modell gleicht.27

Das IASB befürchtet, dass die Informationen zum Zahlungsverzug ein Spätindikator sind. In der Regel erhöht sich das Kreditrisiko einesFinanzinstrumentssignifikant,bevoresüberfälligwirdoderanderenachlaufendekreditnehmerspezifischeFaktoren(z.B.eineModifizierungoderUmstrukturierung)zubeobachtensind.Wenn daher neben Informationen zum Zahlungsverzug auch angemessene und belastbare zukunftsbezogene Informationen ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsauf­wand zur Verfügung stehen, müssen diese zukunftsorientierteren Informationen zur Feststellung von Änderungen des Kreditrisikos herangezogen werden und das Unternehmen darf sich nicht aus­schließlich auf die Informationen zum Zahlungsverzug stützen. Stehen diese zukunftsbezogeneren Informationen jedoch nicht ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung (ob auf individueller oder auf Portfolioebene), kann das Unternehmen auch Informationen zum Zahlungsverzug heranziehen, um Änderungen des Kreditrisikos zu ermitteln.

DieseAnnahmefindetkeineAnwendung,wennsichdasKredit-risikobereitssignifikanterhöhthat,bevordievertraglichverein­barten Zahlungen mehr als 30 Tage überfällig sind. Andererseits kann ein Unternehmen diese Annahme widerlegen, wenn es über Informationen verfügt, die zeigen, dass sich das Kreditrisiko nicht

26 Siehe IFRS 9.5.5.11. 27 Siehe IFRS 9.BC5.190.

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signifikanterhöhthat,obwohldievertraglichvereinbartenCash­flowsmehrals30Tageüberfälligsind.SolcheNachweisekönnenKenntnisse darüber beinhalten, dass das Zahlungsversäumnis aufeinenVerfahrensirrtumoder-fehlerundnichtauffinanzielleSchwierigkeiten des Kreditnehmers zurückzuführen ist oder dass historischeInformationendaraufhindeuten,dasssignifikante Erhöhungen des Kreditrisikos nur dann eintreten, wenn Zahlungen mehr als 60 Tage überfällig sind.28

Das Konzept der widerlegbaren Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, soll als zusätzlicher Anhalts­punkt (backstop) dienen, selbst wenn zukunftsbezogene Infor­mationen (z. B. makroökonomische Faktoren auf Portfolioebene) verwendet werden. Darüber hinaus schreibt der Standard, wie weiter oben beschrieben, eindeutig vor, dass ein Unternehmen dieDefinitionunddieKriterien,dieeszurIdentifizierungsignifi­kanter Erhöhungen des Kreditrisikos heranzieht (und die daraus resultierende Erfassung von Gesamtlaufzeit­ECL), nicht an den Zeitpunkt,abdemeinfinanziellerVermögenswertalswertgemin­dert betrachtet wird, oder an die vom Unternehmen intern ver­wendeteDefinitiondesBegriffs„Ausfallereignis“anpassendarf.

EinUnternehmenhatinderRegelsignifikanteErhöhungendesKreditrisikoszuidentifizierenundGesamtlaufzeit-ECLzuerfas­sen,bevoreinAusfalleintrittoderderfinanzielleVermögenswertauf individueller oder auf Portfolioebene wertgemindert wird (siehe Abschnitt 5.9 zum sog. Top­down­Ansatz).

Unsere Sichtweise Es ist anzunehmen, dass bei weniger komplexen Unternehmen, die nicht über zukunftsbezogenere Indikatoren verfügen bzw. diese nicht verwenden können, um ihre Informationen über den Verzugsstatus zu ergänzen, die Anzahl der Kredite, bei denen sichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat,geringerist.Daherbesteht die Gefahr, dass komplexere Unternehmen höhere Risi­kovorsorgen erfassen, es sei denn, weniger komplexe Unterneh­men nutzen verstärkt den Top­down­Ansatz.

5.6 12­Monats­Ausfallrisiko als Näherungswert für Änderungen des Gesamtlaufzeitrisikos

Wenn sich das Ausfallverhalten nicht auf einen bestimmten Punkt währenddererwartetenLaufzeitdesFinanzinstrumentsspezifi­zieren lässt, können die Änderungen des Ausfallrisikos in den nächs­tenzwölfMonatenhäufigeinenangemessenenNäherungswertfür die Änderungen des Ausfallrisokos während der erwarteten Restlaufzeit darstellen. In diesem Fall ist es laut dem Standard gestattet, bei der Bestimmung, ob sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligenAnsatzsignifikanterhöhthat,dasAusfallrisikoindennächsten zwölf Monaten zugrunde zu legen, es sei denn, die Um­stände erfordern eine Beurteilung basierend auf der Gesamtlauf­zeit des Finanzinstruments.29

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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28 Siehe IFRS 9.5.5.15 und IFRS 9.B5.5.19–B5.5.24. 29 Siehe IFRS 9.B5.5.13.

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Das Konzept der widerlegbaren Ver­mutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, dient als zusätzlicher Anhaltspunkt, selbst wenn zukunftsbezogene Informatio­nen verwendet werden.

Bei Verwendung der Änderungen des Ausfallrisikos in den nächs­ten zwölf Monaten muss ein Unternehmen laut dem Standard nicht den Nachweis erbringen, dass das Ergebnis einer Beurteilung bei Zugrundelegung eines Zeitraums von zwölf Monaten von dem einer Beurteilung bei Zugrundelegung der Gesamtlaufzeit nicht abwei­chen würde. Diese Vorgehensweise stellt folglich etwas geringere Anforderungen als die im ED/2013/3 enthaltene Vorschrift, wo­nach ein Unternehmen die Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten zwölf Monate zugrunde legen kann, um festzustellen, obeinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosseitdemerstmaligenAnsatz vorliegt, wenn die berücksichtigten Informationen nicht darauf hindeuten, dass das Ergebnis von einer Gesamtlaufzeit­betrachtung abweichen würde. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass einige Unternehmen die Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten zwölf Monat verwenden, um bereits vorhandene regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Diese Unternehmen dürften ihre bestehenden Systeme und Methoden weiterhin ver­wenden,umzubestimmen,obsichdasKreditrisikosignifikanter­höht hat, und könnten so ihre Implementierungskosten senken.30

Bei einigen Finanzinstrumenten bzw. unter bestimmten Umstän­den könnte die Verwendung von Änderungen des Ausfallrisikos in den nächsten zwölf Monaten jedoch nicht angemessen sein, um zu bestimmen, ob Gesamtlaufzeit­ECL zu erfassen sind. Für ein Finanzinstrument mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten führt der Standard folgende Beispiele an:31

• Im Zusammenhang mit dem Finanzinstrument bestehen bedeu­tendeZahlungsverpflichtungen,dieabererstnachAblaufdernächsten zwölf Monate fällig werden.

• Es treten Änderungen der relevanten makroökonomischen oder sonstigen kreditbezogenen Faktoren ein, die im Ausfallrisiko bezogen auf die nächsten zwölf Monate nicht angemessen wider­gespiegelt werden.

• Änderungen kreditbezogener Faktoren wirken sich erst nach mehr als zwölf Monaten auf das Kreditrisiko des Finanzinstru­ments aus (oder wirken sich dann stärker aus).

Unsere Sichtweise Diese Leitlinien implizieren, dass die Verwendung von Ände­rungen des 12­ Monats­Ausfallrisikos bei Schuldinstrumenten, die keine Tilgungsleistungen vorsehen (non-amortising debt instruments), wie die meisten Anleihen und Hypotheken, für die lediglich Zins , aber keine Tilgungszahlungen zu leisten sind (interest-only mortgages), weniger geeignet ist.

5.7 Beurteilung auf der Ebene der Gegenpartei

Wie in dem in den Anwendungsleitlinien für IFRS 9 enthaltenen Beispiel7erläutert,kanndieBeurteilung,obeinsignifikanterAn­stieg des Kreditrisikos vorliegt, auf der Ebene der Gegenpartei statt auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments vorgenom­men werden. Eine solche Beurteilung auf der Ebene der Gegen­partei ist nur gestattet, wenn sie mit den Vorschriften für die Er­fassung von Gesamtlaufzeit­ECL vereinbar ist und das Ergebnis nicht von dem Ergebnis abweichen würde, zu dem es gekommen wäre, wenn die Beurteilung auf der Ebene des einzelnen Finanz­instruments erfolgt wäre.32 In bestimmten Fällen stünde die Beur­teilung auf der Ebene der Gegenpartei jedoch nicht mit den Wert­minderungsvorschriften im Einklang. Sowohl ein Szenario, das eine Beurteilung auf der Ebene der Gegenpartei gestattet, als auch ein solches, bei dem dies nicht der Fall ist, werden im folgen­den Beispiel beschrieben.

30 Siehe IFRS 9.BC5.177–BC5.178. 31 Siehe IFRS 9.B5.5.14. 32 Siehe IFRS 9.BC5.168.

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AuszugausIFRS9 Beispiel7:BeurteilungdesKreditrisikosaufderEbenederGegenpartei(IFRS9.IE43–IE47)

Szenario1Im Jahr 20X0 hat Bank A Unternehmen Q einen Kredit über WE 10.000 mit einer vertraglichen Laufzeit von 15 Jahren gewährt. Damals hatte Unternehmen Q eine interne Kreditrisikoeinstufung von 4 auf einer Bewertungsskala von 1 (niedrigstes Kreditrisiko) bis 10 (höchstes Kreditrisiko). Das Ausfallrisiko steigt exponentiell mit steigender Kreditrisikoeinstufung. So ist die Differenz zwischen den Kreditrisikoeinstufungen 1 und 2 beispielsweise geringer als die Differenz zwischen den Kreditrisikoeinstufungen 2 und 3. Im Jahr 20X5, als Unternehmen Q eine interne Kreditrisikoeinstufung von 6 hatte, gewährte Bank A Unternehmen Q einen weiteren Kredit über WE 5.000 mit einer vertraglichen Laufzeit von zehn Jahren. Im Jahr 20X7 kann Unternehmen Q seinen Vertrag mit einem wichtigen Kunden nicht länger fortsetzen und verzeichnet dementsprechend hohe Umsatzeinbußen. Bank A zieht in Betracht, dass die Fähigkeit von UnternehmenQ,seineVerpflichtungenimZusammenhangmitdengewährtenKreditenzuerfüllen,infolgederAuflösungdesVertragserheblich eingeschränkt ist, und erhöht seine interne Kreditrisikoeinstufung auf 8.

Bank A beurteilt das Kreditrisiko auf der Ebene der Gegenpartei für die Zwecke ihres Kreditrisikomanagements und stellt fest, dass das Kreditrisiko von Unternehmen Q erheblich gestiegen ist. Zwar hat Bank A keine Beurteilung der Änderungen des Kreditrisikos für die einzel­nen Kredite seit deren erstmaligem Ansatz vorgenommen. Doch entsprechen die Beurteilung des Kreditrisikos auf der Ebene der Gegen­partei und die Erfassung von Gesamtlaufzeit­ECL für alle an Unternehmen Q ausgereichten Kredite der Zielsetzung der in IFRS 9.5.5.4 ent­haltenen Wertminderungsvorschriften. Denn das Kreditrisiko von Unternehmen Q ist seit Gewährung des letzten Kredits (20X7), als Unternehmen Q das bis dato höchste Kreditrisiko aufwies, sogar noch weiter gestiegen. Die Beurteilung des Kreditrisikos auf der Ebene der Gegenpartei würde daher zu dem gleichen Ergebnis führen wie die Beurteilung der Änderung des Kreditrisikos für jeden einzelnen Kredit.

Szenario2Im Jahr 20X0 hat Bank A Unternehmen X einen Kredit über WE 150.000 mit einer vertraglichen Laufzeit von 20 Jahren gewährt. Damals hatte Unternehmen X eine interne Kreditrisikoeinstufung von 4. Im Verlauf des Jahres 20X5 verschlechtern sich die wirtschaftlichen RahmenbedingungenunddieNachfragenachdenProduktenvonUnternehmenXgehtstarkzurück.AufgrunddergeringerenCashflowsinfolge gesunkener Umsatzerlöse konnte Unternehmen X seine an Bank A fällige Kreditrate nicht in voller Höhe begleichen. Bank A überprüft die interne Kreditrisikoeinstufung für Unternehmen X und legt diese zum Abschlussstichtag auf 7 fest. Dabei berücksichtigt sie, inwieweitsichdasKreditrisikounddieinterneKreditrisikoeinstufunggeänderthaben,bestimmt,dasseinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikos vorliegt, und erfasst Gesamtlaufzeit­ECL in Höhe von WE 150.000 für den Kredit.

Trotz der kürzlich erfolgten Herabstufung der internen Kreditrisikoeinstufung gewährt Bank A Unternehmen X 20X6 einen weiteren Kredit in Höhe von WE 50.000 mit einer vertraglichen Laufzeit von fünf Jahren. Dabei berücksichtigt sie das höhere Kreditrisiko zu diesem Zeitpunkt.

DieTatsache,dasszuvoreinsignifikanterAnstiegdes(aufderEbenederGegenparteibeurteilten)KreditrisikosvonUnternehmenXfestgestellt wurde, führt nicht zur Erfassung von Gesamtlaufzeit­ECL für den neuen Kredit. Denn das Kreditrisiko für den neuen Kredit hat sichseitdessenerstmaligemAnsatznichtsignifikanterhöht.WürdeBankAlediglichdasKreditrisikoaufderEbenederGegenparteibeurteilen, ohne zu prüfen, ob die Schlussfolgerung hinsichtlich der Änderungen des Kreditrisikos auf alle einzelnen, an denselben Kunden ausgereichtenFinanzinstrumenteAnwendungfindet,wäredieZielsetzungdesIFRS9.5.5.4nichterfüllt.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Durch Bestimmung des ursprünglichen maximal akzeptierten Kreditrisikos von Portfolios mit vergleichbaren Kredit­risiken zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes ist es möglich, einen „abso­luten“SchwellenwertfürdieErfassungvon Gesamtlaufzeit­ECL festzulegen.

5.8 Bestimmung des ursprünglichen maximalen Kreditrisikos für ein Portfolio

Die Beurteilung des Kreditrisikos gemäß IFRS 9, die zur Feststel­lung dient, ob im Hinblick auf ein Finanzinstrument eine Risiko­vorsorge in Höhe der Gesamtlaufzeit­ECL oder lediglich in Höhe der 12­Monats­ECL zu erfassen ist, basiert auf der Bestimmung, ob ein relativer Anstieg des Kreditrisikos vorliegt. Eine der von einigen interessierten Parteien in ihren Stellungnahmen zum ED/2013/3 identifiziertenSchwierigkeitenbestehtdarin,dassvieleKreditrisiko-systeme lediglich das absolute Kreditrisiko überwachen, ohne die diesbzügliche Entwicklung einzelner Kredite nachzuverfolgen (siehe Abschnitt 5.1). Um dieses Problem zu beheben, enthält der Standard einen Ansatz zur Umwandlung einer relativen Syste­matik in eine absolute Systematik, indem das Portfolio anhand der Kreditqualität unterteilt wird.

Wie in dem in den Anwendungsleitlinien von IFRS 9 enthalte­nen folgenden Beispiel 6 erläutert, kann ein Unternehmen das ursprüngliche maximal akzeptierte Kreditrisiko von Portfolios mit vergleichbaren Kreditrisiken zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes bestimmen. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, einen„absoluten“SchwellenwertfürdieErfassungvonGesamt­laufzeit­ECL festzulegen.

AuszugausIFRS9 Beispiel6:VergleichmitdemursprünglichenmaximalenKreditrisiko(IFRS9.IE40–IE42)

Bank A verfügt über zwei Portfolios von Autokrediten mit ähnlichen Laufzeiten und Konditionen in der Region W. Die von Bank A verfolgte Politik hinsichtlich der Finanzierungsentscheidungen für jeden einzelnen Kredit basiert auf einem internen Bonitätsratingsystem, welches das Kreditverhalten des Kunden in der Vergangenheit, sein Zahlungsverhalten bei anderen Produkten der Bank A sowie weitere Faktoren einbezieht. Bank A vergibt für jeden Kredit bei Ausreichung eine interne Kreditrisikoeinstufung von 1 (niedrigstes Kreditrisiko) bis 10 (höchstes Kreditrisiko). Das Ausfallrisiko steigt exponentiell mit steigender Kreditrisikoeinstufung. So ist die Differenz zwischen den Kreditrisikoeinstufungen 1 und 2 beispielsweise geringer als die Differenz zwischen den Kreditrisikoeinstufungen 2 und 3. Die Kredite in Portfolio 1 wurden ausschließlich an Bestandskunden mit einer vergleichbaren internen Kreditrisikoeinstufung gewährt, und beim erstmaligen Ansatz wurden alle Kredite anhand der internen Bewertungsskala mit 3 oder 4 eingestuft.

Bank A entscheidet, dass die ursprüngliche maximale Kreditrisikoeinstufung beim erstmaligen Ansatz, die es in Bezug auf Portfolio 1 akzeptieren würde, eine interne Risikoeinstufung von 4 wäre. Die Kredite in Portfolio 2 wurden an Kunden gewährt, die auf eine Werbung für Autokredite reagiert hatten und deren interne Kreditrisikoeinstufung in der internen Bewertungsskala zwischen 4 und 7 liegt. Bank A gewährt niemals Autokredite mit einer höheren internen Kreditrisikoeinstufung als 7 (d. h. mit einer internen Risikoeinstufung von 8 bis 10).

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5.9 Beurteilung auf Portfolioebene

Banken reichen Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen von Kleinkrediten an Privatkunden und Kleinunternehmen aus, über die sie nicht genügend Informationen erhalten, um die individuelle Kreditqualität zu überwachen. Die vorhandenen Informationen gehen meist nicht über die Informationen zu etwaigen Zahlungs­rückständen hinaus, und es wäre praktisch unmöglich, die Bonität jedes Kredits laufend neu zu beurteilen, selbst wenn die Banken über mehr Informationen verfügen würden. Stattdessen verwalten sie diese Kredite auf aggregierter Basis, wobei sie Informationen zum Zahlungsverzug mit statistischen Erfahrungswerten kombinie­ren und gelegentlich makroökonomische Indi katoren wie Zinssätze und Arbeitslosenraten, die gewöhnlich mit zukünftigen Zahlungs­ausfällen korrelieren, hinzuziehen.

Zwar wurde der ED/2013/3 unter anderem entwickelt, um dieses Problem zu beheben, jedoch kritisierten einige interessierte Par­teien weiterhin, dass die Vorschläge keine Regelung enthielten, welche die Erfassung von Gesamtlaufzeit­ECL erst dann vorschreibt

(odergestattet),wennesHinweisefüreinensignifikantenAnstiegdes Kreditrisikos auf der Ebene eines einzelnen Finanzinstruments gibt.InderfinalenVersiondesStandardswardasBoarddaherbestrebtklarzustellen,dassfinanzielleVermögenswerteaufPort­folioebeneaufeinensignifikantenAnstiegdesKreditrisikoshin beurteilt werden können (und müssen), wenn das Unternehmen diese Beurteilung nicht auf der Ebene eines einzelnen Finanz­instruments vornehmen kann. Dies wirft jedoch eine weitere Frage auf, nämlich die, ob im Falle der Feststellung, dass sich die Kredit­qualitäteinesPortfoliossignifikantverschlechterthat,dasgesamtePortfolio unter Zugrundelegung der Gesamtlaufzeit­ECL zu beur­teilen ist. Dies würde zu einem unvermittelt starken Anstieg der Risikovorsorge führen, sobald sich die bei der Beurteilung zugrunde gelegten Rahmenbedingungen verschlechtern. Infolgedessen musstedasBoardbeiderFormulierungdesfinalenStandardsaucheine Methode erarbeiten, nach der die Risikovorsorge für lediglich einen Teil des Portfolios auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL zu bilden ist.

AuszugausIFRS9 Beispiel6:VergleichmitdemursprünglichenmaximalenKreditrisiko(IFRS9.IE40–IE42)(Fortsetzung)

FürdieZweckederBeurteilung,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat,bestimmtBankA,dassalleKrediteinPortfolio1einähn­liches ursprüngliches Kreditrisiko hatten. Sie beschließt, dass angesichts des in ihren internen Risikoeinstufungen abgebildeten Ausfall­risikoseineÄnderungderinternenRisikoeinstufungvon3auf4keinensignifikantenAnstiegdesKreditrisikosdarstellenwürde,aberdassbeiallenKreditenindiesemPortfolio,dieeineinterneRisikoeinstufungvonschlechterals5haben,einsignifikanterAnstiegdesKredit-risikos vorliegt. Das bedeutet, dass Bank A das ursprüngliche Bonitätsrating jedes einzelnen Kredits in dem Portfolio nicht kennen muss, um die Änderung des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz zu beurteilen. Sie muss lediglich feststellen, ob das Kreditrisiko zum Abschlussstichtag schlechter als 5 ist, um zu bestimmen, ob Gesamtlaufzeit­ECL in Übereinstimmung mit IFRS 9.5.5.3 zu erfassen sind.

Die interne Kreditrisikoeinstufung des ursprünglichen, zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes maximal akzeptierten Kreditrisikos von Portfolio 2 mit 7 würde jedoch die Zielsetzung der Wertminderungsvorschriften in IFRS 9.5.5.4 nicht erfüllen. Denn Bank A stellt fest, dasssichdasKreditrisikonichtnurdannsignifikanterhöht,wenndasKreditrisikodasNiveauübersteigt,zudemdasUnternehmenneuefinanzielleVermögenswerteausreichenwürde(wennalsodieinterneRisikoeinstufungschlechterals7ist).ObwohlBankAniemals Autokredite mit einem internen Bonitätsrating von mehr als 7 gewährt, ist das ursprüngliche Kreditrisiko der Kredite in Portfolio 2 nicht hinreichend vergleichbar mit dem Kreditrisiko bei der erstmaligen Erfassung, um den für Portfolio 1 gewählten Ansatz anzuwenden. Das heißt, Bank A kann nicht einfach das Kreditrisiko zum Abschlussstichtag mit der niedrigsten Kreditqualität beim erstmaligen Ansatz vergleichen (z. B. indem sie die interne Kreditrisikoeinstufung der Kredite in Portfolio 2 mit einer internen Kreditrisikoeinstufung von 7 vergleicht),umfestzustellen,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat,dadieursprünglicheKreditqualitätderKrediteindemPort­folio zu unterschiedlich ist. Wenn die Kreditrisikoeinstufung eines Kredits beispielsweise ursprünglich 4 betragen hat, kann sich das Kreditrisikosignifikanterhöhthaben,wennseineinterneKreditrisikoeinstufungauf6angehobenwird.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Unsere Sichtweise Von Bedeutung ist, dass im vorliegenden Beispiel die Haupt­quelle für zukunftsbezogene Informationen die erwarteten zukünftigen Immobilienpreise sind. Andere Wirtschaftsdaten wie zukünftige Arbeitslosenraten oder Zinssätze scheinen nicht berücksichtigt worden zu sein. Wir nehmen an, dass das Board diesen Ansatz gewählt hat, um das Beispiel zu verein­fachen. Er impliziert jedoch, dass die zukünftigen Immobilien­preise als ausreichender Indikator für zukünftige Ausfälle betrachtet werden und es nicht notwendig ist, weitere Daten in Betracht zu ziehen.

Das erläuternde Beispiel 5 in den Anwendungsleitlinien zum Stan­dard zeigt, wie ein Unternehmen festzustellen hat, ob seine indi­viduelle Beurteilung durch eine Beurteilung auf Portfolioebene ergänzt werden sollte, wenn die Informationen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments nicht umfassend und aktuell genug sind.33Szenario1(„individuelleBeurteilung“)beschreibteineSituation, in der eine Bank über ausreichende Informationen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments verfügt, um eine signi­fikanteErhöhungdesKreditrisikosfestzustellen.

Der Standard schreibt zunächst vor, dass ein Unternehmen die über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle auf Portfolio­ebene beurteilen muss, wenn es nicht über angemessene und belastbare Informationen verfügt, auf die es ohne einen unverhält­nismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zugreifen kann, um Gesamtlaufzeit­ECL auf der Ebene des einzelnen Finanzinstru­ments zu beurteilen. Dabei hat es umfassende Informationen ein­zubeziehen, die nicht nur die Informationen zum Zahlungsverzug,

Beispiel5-2:IndividuelleBeurteilungderReaktionsfähigkeitinBezugaufÄnderungendesKreditrisikos(abgeleitet aus Bei-spiel 5 der Anwendungsleitlinien – Reaktionsfähigkeit auf Änderungen des Kreditrisikos)

Die Bank beurteilt jeden ihrer ausgereichten Hypothekenkredite monatlich mittels eines automatisierten Verhaltensscoringverfahrens auf der Basis aktueller und historischer Verzugsstatus, des Verschuldungsgrads von Kunden, des Beleihungsauslaufs (loan-to-value-ratio), des Kundenverhaltens bei anderen Finanzinstrumenten der Bank, des Kreditvolumens und der Zeitspanne seit Ausreichung des Kredits. Die historischen Daten deuten auf eine starke Korrelation zwischen dem Wert von Wohnimmobilien und den Ausfallquoten von Hypo­thekenkrediten hin.

Die Bank aktualisiert die Informationen zum Beleihungsauslauf regelmäßig mittels eines automatisierten Verfahrens, das Immobilienwerte unter Heranziehung der jüngsten Verkäufe in jedem Postleitzahlenbereich sowie angemessener und belastbarer zukunftsbezogener Informationen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen, neu bewertet. Daher werden die Scorewerte bei einem Anstieg des Ausfallsrisikos infolge eines erwarteten Wertverfalls der Wohnimmobilien angepasst und die Bank wirddadurchindieLageversetzt,signifikanteErhöhungendesKreditrisikoseinzelnerKundenzuidentifizieren,bevoreinHypotheken­kredit überfällig wird, wenn sich der Scorewert verschlechtert hat.

Das Beispiel führt zu der Schlussfolgerung, dass die Bank, wenn sie nicht die Möglichkeit hätte, die Verhaltensscorewerte zu aktualisie­ren, um den erwarteten Wertverfall der Wohnimmobilien abzubilden, angemessene und belastbare Informationen verwenden würde, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen, um die Kredite, deren Risiko sich seit dem erstmaligenAnsatzsignifikanterhöhthat,imRahmeneinerBeurteilungaufPortfolioebenezuidentifizierenundGesamtlaufzeit-ECLfürdiese Kredite zu erfassen.

33 Siehe IFRS 9.IG, Beispiel 5, Paragrafen IE32–IE36.

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sondern auch andere relevante Kreditinformationen wie zukunfts­bezogene makroökonomische Daten beinhalten. Die Zielsetzung besteht darin, einen Näherungswert für das Ergebnis zu ermitteln, das sich aus der Verwendung umfassender Kreditinformationen, einschließlich zukunftsbezogener Informationen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments, ergäbe.34

Des Weiteren regelt der Standard, wie Finanzinstrumente zusam­mengefasstwerdenkönnen,umzubestimmen,obeinsignifikanterAnstieg des Kreditrisikos vorliegt.35 Alle Finanzinstrumente, die auf Portfolioebene beurteilt werden, müssen gemeinsame Kredit­risikomerkmale aufweisen. Es ist nicht gestattet, Kredite mit un­terschiedlichen Risiken zusammenzufassen und auf diese Weise signifikanteErhöhungendesKreditrisikoszuverschleiern,dieinTeilen des Portfolios eintreten könnten. Zu den im Standard ange­führten Beispielen für gemeinsame Kreditrisikomerkmale zählen die folgenden:

• die Art des Finanzinstruments• die Kreditrisikoeinstufung• die Art der hinterlegten Sicherheit• der Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes• die Restlaufzeit• die Branche• dergeografischeStandortdesKreditnehmers• der Wert der Sicherheit im Verhältnis zum Vermögenswert

(Beleihungsauslauf, loan-to-value-ratio), sofern dies die Aus­fallwahrscheinlichkeitbeeinflussenwürde

Der Standard macht zudem deutlich, dass die Grundlage, auf der die Finanzinstrumente zusammengefasst werden, um zu beurteilen, ob sich das Kreditrisiko auf Portfolioebene geändert hat, gege­benenfalls im Laufe der Zeit angepasst werden muss, wenn neue Informationen über Portfolios von Finanzinstrumenten oder ein­zelne Finanzinstrumente verfügbar werden.36

Der Standard enthält weitere Leitlinien zur Frage, wie Finanzinstru­mente auf Portfolioebene zu beurteilen sind.37 Diese besagen, dass ein Unternehmen, das nicht in der Lage ist, Finanzinstrumente, derenKreditrisikosichseitdemerstmaligenAnsatzsignifikant erhöht hat, anhand gemeinsamer Kreditrisikomerkmale in Gruppen zuunterteilen,Gesamtlaufzeit-ECLfürdenTeilderfinanziellenVermögenswertezuerfassenhat,derenKreditrisikosignifikantgestiegen ist. Diese Regelung ist auf Situationen anwendbar, in denen der Kreditgeber nicht zwischen den einzelnen Krediten un­terscheiden kann und somit nicht in der Lage ist festzustellen, beiwelchenKrediteneinsignifikanterAnstiegdesKreditrisikosein­getreten ist. Zudem müsste eine Bank angesichts einer anhand makroökonomischerFaktorenaufPortfolioebeneidentifiziertensignifikantenVerschlechterunginÜbereinstimmungmitdiesenLeitlinien Gesamtlaufzeit­ECL für das gesamte Portfolio erfassen.

Der Standard geht nicht näher auf diese Frage ein. Das erläuternde Beispiel 5 in den Anwendungsleitlinien zu IFRS 9 beschreibt jedoch zwei Szenarien, die dieses Konzept verdeutlichen.38 Beide Szena­rien wurden nach der Veröffentlichung des ED/2013/3 entwickelt. Das IASB hat diese erläuternden Beispiele in den Standard aufge­nommen, um den zum ED eingegangenen Stellungnahmen Rech­nung zu tragen. Als solche wurden sie jedoch nicht in dem Maße überprüft und kommentiert wie der überwiegende Teil des rest­lichen Standards.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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34 Siehe IFRS 9.B5.5.4. 35 Siehe IFRS 9.B5.5.5. 36 Siehe IFRS 9.B5.5.6. 37 Siehe IFRS 9.B5.5.6. 38 Siehe IFRS 9.IG, Beispiel 5, Paragrafen IE29–IE39.

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Unsere Sichtweise • Wir vermuten, dass das Board mit der Formulierung „Zeit­punktdeserstmaligenAnsatzes“nichtbeabsichtigthat,dassKredite für jedes Jahr der Ausreichung in separaten Gruppen beurteilt werden sollen, sondern dass Finanzinstrumente mit identischen Ausreichungszeitpunkten in Gruppen unter­teilt werden können, die ähnliche Kreditrisikomerkmale aufweisen. Kreditprodukte und ­vergabepraktiken, einschließ­lich des Umfangs von Due­Diligence­Prüfungen sowie wesent­licher Kennziffern (z. B. der Beleihungsauslauf und das Verhältnis von Krediten zu Einkommen), ändern sich im LaufederZeitundspiegelnhäufigdiewirtschaftlichenRah­menbedingungen zum Ausreichungszeitpunkt wider. Dies führt dazu, dass Kredite, die in bestimmten Jahren ausge­reicht wurden, grundsätzlich mit einem größeren Risiko behaftet sind als andere Kredite. Für einige Banken würde dies bedeuten, dass sie die Kredite, die kurz vor Ausbruch der Finanzmarktkrise gewährt wurden, von den Krediten trennen müssen, die entweder zu einem früheren Zeitpunkt oder aber nach der Finanzmarktkrise, als die Kreditvergabe restriktiver gehandhabt wurde, ausgereicht wurden. Zudem gibtesdasPhänomender„ReifungdesKreditportfolios“(seasoning). Danach besitzen Kredite, die im Laufe eines Geschäftszyklus über mehrere Jahre ordnungsgemäß bedient wurden, statistisch gesehen eine geringere zukünf­tige Ausfallwahrscheinlichkeit. Dies deutet darauf hin, dass ältere Kredite separat beurteilt werden könnten.

• Wie jedoch bereits an früherer Stelle erwähnt, soll die Beur­teilung,obsichdasKreditrisikosignifikanterhöhthat,dasAusfallrisiko widerspiegeln und nicht das Verlustrisiko. Daher sollten Sicherheiten für die Zwecke dieser Beurteilung normalerweise außer Acht gelassen werden. Im Standard

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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wird erläutert, dass der Wert der Sicherheit im Verhältnis zum Vermögenswert für die Beurteilung auf Portfolioebene relevant wäre, wenn er sich auf das Ausfallrisiko auswirken würde. Als Beispiel werden Kredite ohne Rückgriffsrecht in bestimmten Ländern angeführt. Die Frage, wann eine solche Vereinbarung die Kriterien bei der Überprüfung der Merkmale des finan-ziellen Vermögenswerts (characteristics of the asset test) gemäß den Klassifizierungs-undBewertungsvorschriftenvonIFRS9erfüllt, ist nicht Gegenstand dieser Publikation. Der Standard nennt jedoch auch ein Beispiel für Beleihungsausläufe, aller­dings ohne zu erläutern, warum diese aller Wahrscheinlichkeit nach das Ausfallrisikobeeinflussen.39 Beleihungsausläufe oder Immo bilien preis indizes können nützliche Indikatoren für eine signifikantekollektive Verschlechterung in einer Vielzahl von Umständen sein als lediglich für Kredite ohne Rückgriffsrecht. Zum einen sind Immobilienpreise an sich ein verlässliches Wirtschaftsbarometer. So korrelieren höhere Beleihungsausläufe und niedrigere Indizes mit sich verschlechternden wirtschaftli­chen Rahmen bedingungen. Zum anderen können Kredite, die ursprünglich mit einem höheren Beleihungsauslauf ausgereicht wurden, aggres sivere Kreditvergabepraktiken widerspiegeln – mit der Folge, dass solche Kredite bei einem Nachlassen der Konjunktur ein höheres Ausfallrisiko aufweisen können.

• Zwar beziehen sich die im Standard genannten Beispiele auf „Regionen“,umdengeografischenStandortvonKreditnehmern zu bezeichnen, doch können solche Gruppierungen auch deut­lich größer (z. B. Länder) oder kleiner sein (z. B. wenn mit be stimmten Stadtteilen bestimmte Merkmale verbunden sind). DaherhängtdiegeografischeGruppierunginstarkem Maße von dem Umfeld ab, in dem die Bank tätig ist.

39 Siehe IFRS 9.B5.5.5.

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• Die Vorschrift, dass Finanzinstrumente, die auf Portfolioebene beurteilt werden, ähnliche Kreditrisikomerkmale aufweisen müssen, be deutet, dass eine Bank über eine erhebliche Anzahl von Portfolios verfügen kann. Selbst eine relativ kleine Bank kann sechs unterschiedliche Produkte (bei Zugrundelegung der unterschiedlichen Restlaufzeiten und Arten von Sicher­heiten), drei Regionen und drei Gruppen mit unterschiedlichen Ausreichungszeitpunkten haben, die miteinander multipli­ziert 54 verschiedene Beurteilungsgruppen ergeben. Eine größere, global tätige Bank hat wahrscheinlich eine erheblich größere Anzahl unterschiedlicher Port folios zu überwachen.

• Andere Kriterien, die zur Gruppierung von Krediten nach gemeinsamen Kreditrisikomerkmalen herangezogen werden können, sind das bisherige Zahlungsverhalten, die Frage, ob der Kredit vorher umstrukturiert oder nachverhandelt, anschließend jedoch eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats ECL erfasst wurde, sowie die Art der Verwendung (wie im erläuternden Beispiel 5 der Anwendungsleitlinien zum Standard beschrieben, auf das im unten stehenden Ab­schnitt zum Bottom­up­Ansatz Bezug genommen wird).

• Solche Gruppierungen müssen gegebenenfalls im Laufe der Zeit geändert werden. Dies bedeutet, dass das Unternehmen über entsprechende Prozesse verfügen muss, um zu über­prüfen, ob die Kredite weiterhin ähnliche Kreditrisikomerk­male aufweisen.

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Beispiel 5­3: Beurteilung auf Portfolioebene in Bezug zur Reaktionsfähigkeit auf Änderungen des Kreditrisikos (Bottom-up-Ansatz)

Im erläuternden Beispiel 5 der Anwendungsleitlinien des Standards wird in der dort dargestellten Region 2 der sogenannte Bottom­up­ Ansatzeingeführt.DasBeispielbeziehtsichaufeineBergbaugemeindeineinerRegion,dieaufgrundrückläufigerKohleexportevon Arbeitslosigkeit und Minenschließungen bedroht ist. Obwohl die meisten Kredite noch nicht mehr als 30 Tage überfällig sind und die Kreditnehmer noch nicht arbeitslos geworden sind, gliedert die Bank ihr Hypothekenportfolio neu, um Kredite an Kunden, die im Bergbau arbeiten (basierend auf den Angaben im Hypothekenantragsformular), von den übrigen Krediten zu trennen.

Für diese Kredite (sowie für alle weiteren Kredite, die seit mehr als 30 Tagen überfällig sind) erfasst die Bank Gesamtlaufzeit­ECL, während sie für die übrigen Hypothekenkredite in der Region weiterhin 12­Monats­ECL erfasst. Für neu ausgereichte Kredite an Kredit­nehmer, die in der Kohleindustrie tätig sind, wäre ebenfalls lediglich eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­ECL zu erfassen, undzwarsolange,bisauchdieseKrediteeinensignifikantenAnstiegdesKreditrisikosaufweisen.

Unsere Sichtweise Die Bottom­up­Methode dient als Beispiel dafür, wie die Verschlechterung der Kreditqualität beurteilt werden kann, indem Informatio­nen verwendet werden, die stärker auf die Zukunft ausgerichtet sind als die Informationen zum Verzugsstatus. Das vorliegende Beispiel veranschaulicht jedoch auch, dass die Zusammensetzung kollektiv beurteilter Portfolios gegebenenfalls im Laufe der Zeit geändert werden muss, um sicherzustellen, dass die Kredite ähnliche Risikomerkmale aufweisen. Sobald sich die Rahmenbedingungen im Kohle­bergbau verschlechtern, würden die entsprechenden Kredite keine gemeinsamen Risikomerkmale mit den übrigen Krediten, die an andere Kreditnehmer in der Region ausgereicht wurden, aufweisen und müssten daher separat beurteilt werden.

Wiebereitsobenbeschrieben(möglicheKriterienfürdieZusammenfassungvonfinanziellenVermögenswertenmitähnlichenKredit­risikomerkmalen), könnte der Bottom­up­Ansatz auf Unterportfolios angewendet werden, die nach Art des Instruments, Risikoein­stufung,ArtderSicherheit,ZeitpunktdeserstmaligenAnsatzes,Restlaufzeit,Branche,geografischemStandortdesKreditnehmersoder Beleihungsauslauf untergliedert sind. Ein gutes Beispiel für diesen Ansatz könnten Kredite sein, die an Kreditnehmer in Ländern ausgereicht werden, in denen aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen oder politischer Unruhen mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu rechnen ist. Darüber hinaus könnte das Portfolio entsprechend untergliedert werden, um die Tatsache widerzu­spiegeln, dass die Kreditgewährungsstandards variieren oder sich ändern können. Je mehr Informationen ein Kreditgeber besitzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er den Bottom­up­Ansatz anwenden wird.

Zu beachten ist, dass die Schließungen der Kohleminen bisher nur erwartet werden, also noch nicht eingetreten sind. Somit wird anhand dieses Beispiels deutlich, dass die Absicht des Standards darin besteht, nicht nur den Faktor Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, der wahrscheinlich zur Erfassung einer Wertminderung gemäß IAS 39 führen würde, sondern erheblich weiter in die Zukunft zu blicken. Das Erfordernis, Informationen zu verwenden, die zukunftsbezogener sind, wird auch im nächsten Beispiel veranschaulicht.

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Beispiel 5­4: Beurteilung auf Portfolioebene in Bezug zur Reaktionsfähigkeit auf Änderungen des Kreditrisikos (Top-down-Ansatz)

Im erläuternden Beispiel 5 der Anwendungsleitlinien zum Standard rechnet die Bank in Erwartung eines Zinsanstiegs mit einem Anstieg der Kreditausfälle in der dort dargestellten Region 3. In der Vergangenheit waren Zinserhöhungen ein führender Indikator für zukünftige Ausfälle von variablen verzinslichen Hypotheken in der Region. Die Bank stuft das Portfolio von variabel verzinslichen Hypothekenkrediten in der Region als homogen ein und ist nicht in der Lage, bestimmte Unterportfolios auf der Grundlage gemeinsamer Kreditrisikomerk­malezuidentifizieren.DeshalbverwendetsiedensogenanntenTop-down-Ansatz.

Die Bank schätzt auf der Grundlage historischer Daten, dass ein Anstieg der Zinssätze um 200 Basispunkte bei 20 Prozent der Hypotheken einensignifikantenAnstiegdesKreditrisikoszurFolgehabenwird.DadieBankeinenZinsanstiegvon200Basispunktenerwartet,wirdsie vermutlich für 20 Prozent des Portfolios (zusammen mit den Krediten, die seit mehr als 30 Tagen überfällig sind) Gesamtlaufzeit­ECL und für die übrigen Hypotheken in der Region 12­Monats­ECL erfassen.

Unsere Sichtweise DieSchwierigkeitbeimTop-down-Ansatzbestehtdarin,denProzentsatzderKreditezuerrechnen,derenQualitätsichsignifikantver­schlechtert hat. In dem im Standard angeführten Beispiel basiert der Prozentsatz auf historischen Erfahrungswerten. Allerdings ist es mehr als zwanzig Jahre her, dass die Zinsen in den führenden Industrieländern das letzte Mal um 200 Basispunkte gestiegen sind, und die damaligen Produkte und Kreditvergabepraktiken unterscheiden sich deutlich von den heutigen. Dies gilt auch für das Niveau der Zinsen, bevor diese stiegen, sowie den Umfang der Zinserhöhungen. Daher dürften historische Daten kein zuverlässiger Indikator für zukünftige Entwicklungen sein.

Ein weiterer Kritikpunkt, wie im Übrigen in allen erläuternden Beispielen, besteht aus unserer Sicht darin, dass sich das vorliegende Beispiel zwecks Vereinfachung lediglich auf einen einzigen Treiber für Kreditausfälle konzentriert. Tatsächlich gibt es jedoch eine Viel­zahl solcher Treiber, und möglicherweise lassen sich keine historischen Erfahrungswerte für die aktuelle Kombination wirtschaftlicher Indikatorenfinden.ZudemerfordertdieAnalysehistorischerInformationen,umdarauseinePrognosefürdieZukunftabzuleiten,dasVorhandensein von Daten, über die Banken möglicherweise gar nicht verfügen.

Banken haben eigene Methoden entwickelt, um die Auswirkungen von Änderungen makroökonomischer Faktoren auf die Höhe des Wertminderungsaufwands zu bestimmen. Diese Methoden sind jedoch nicht notwendigerweise geeignet, um zu bestimmen, welcher Teil eines Portfolios unter Zugrundelegung der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Ausfälle zu bewerten ist. Eine Möglichkeit dies festzustellen,könntedarinbestehen,denerwartetenDurchlaufderKreditedurchdasRisikoklassifizierungssystemderBankanhandder zukunftsbezogenen Informationen vorherzusagen. Damit ließe sich prognostizieren, wie viele zusätzliche Kredite voraussichtlich herabgestuft werden, und wie hoch die daraus resultierenden erwarteten Verluste ausfallen werden.

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Beispiel5-5:BestimmungunterAnwendungdesTop-down-Ansatzes

Bank A hat ein Portfolio von variabel verzinslichen Hypotheken in Region 1, die ähnliche Risikomerkmale aufweisen. Der Wert des Port­folios beträgt WE 100 Millionen. Sie schätzt die über die Gesamtlaufzeit erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit (lifetime probability of default [PD]) auf 4 %, die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit (12-month probability of default [PD]) auf 1 % und den Verlust infolge eines Zahlungsausfalls auf 10 % (loss given default [LGD]). (Aus Vereinfachungsgründen bleibt der Verlust infolge Zahlungsausfalls unverändert und der Zeitwert des Geldes wird nicht berücksichtigt.) Die Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt folglich WE 100.000. Die Bank prognostiziert, dass die Zinsen um 2 % steigen werden, und bestimmt, dass sich dadurch die Gesamt­laufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit auf 5 % und die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit auf 1,2 % erhöhen wird. Sie wendet den Top­down­ Ansatz an, um den Anteil des Portfolios zu beurteilen, der jetzt auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL zu bewerten ist.

Szenario1Die Bank stellt fest, dass 50 % des Portfolios weiterhin eine Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit von 4 % und eine 12­Monats­Ausfall­wahrscheinlichkeit von 1 % haben. Für die übrigen 50 % beträgt die Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit nunmehr 6 % und die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit 1,4 % (bezogen auf das Gesamtportfolio belaufen sich die durchschnittliche Gesamtlaufzeit­Ausfall­wahrscheinlichkeit somit auf 5 % und die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit auf 1,2 %). Die Bank betrachtet einen Anstieg der Aus­fallwahrscheinlichkeitfürdierisikoanfälligeren50%von4%auf6%alsnichtsignifikant.DaherkommtsiezudemSchluss,dassdasgesamtePortfolio weiterhin auf der Basis der 12­Monats­ECL zu bewerten ist. Die daraus resultierende Risikovorsorge beläuft sich auf WE 120.000.

Szenario2Die Bank stellt fest, dass 80 % des Portfolios weiterhin eine Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit von 4 % und eine 12­Monats­Ausfall­wahrscheinlichkeit von 1 % aufweisen. Sie errechnet, dass die Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit der restlichen 20 % des Portfolios inzwischen auf 9 % gestiegen ist, während die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit jetzt 2 % beträgt (sodass sich auch in diesem Fall die durchschnittliche Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit für das Gesamtportfolio auf 5 % und die 12­Monats­Ausfallwahrscheinlichkeit auf1,2%belaufen).DieBankstuftdenAnstiegderGesamtlaufzeit-Ausfallwahrscheinlichkeitfürdie20%von4%auf9%alssignifikantein und bewertet diesen Teil des Portfolios daher auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL. Die Risikovorsorge für die 80 % des Portfolios beträgt WE 80.000 (Ausfallwahrscheinlichkeit von 1 %) und für die 20 % des Portfolios WE 180.000 (Ausfallwahrscheinlichkeit von 9 %), d. h. insgesamt WE 260.000.

Szenario3Die Bank stellt fest, dass 90 % des Portfolios weiterhin eine Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrscheinlichkeit von 4 % (und eine 12­Monats­Aus­fallwahrscheinlichkeit von 1 %) aufweisen. Infolgedessen müssen die übrigen 10 % des Portfolios eine Gesamtlaufzeit­Ausfallwahrschein­lichkeit von 14 % besitzen, was insgesamt in einer durchschnittlichen Ausfallwahrscheinlichkeit von 5 % resultiert. Das Ausfallrisiko der 10%desPortfoliosisteindeutigsignifikantgestiegen.DieRisikovorsorgefürdie90%beträgtWE90.000undfürdie10%desPortfoliosWE 140.000, also insgesamt WE 230.000.

Das folgende Beispiel soll veranschaulichen, wie unterschiedliche AnnahmendieGesamtrisikovorsorgebeeinflussen.Inallendreigeschilderten Fällen legt die Bank die gleichen Ausfallwahrschein­lichkeiten zugrunde. In jedem Szenario trifft sie jedoch anderen

Annahmen bezüglich des Teils des Portfolios, der unter Ver­wendung der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Ausfälle zu bewerten ist.

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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Unsere Sichtweise Die in Szenario 1 des Beispiels 5­5 berechnete Risikovorsorge und die Ergebnisse der Berechnungen in den beiden anderen Szena­rien weichen erheblich voneinander ab. Im ersten Szenario wird der vom IASB beabsichtigte Effekt wahrscheinlich verfehlt, da der Standard besagt, dass die Zielsetzung einer Beurteilung auf Portfolioebene darin besteht, das Ergebnis, das sich aus der Verwendung umfassender Kreditinformationen ergibt, die zukunftsbezogene Informationen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments beinhalten, annähernd nachzubilden.40Dazuerwartenist,dasssichdasKreditrisikoeinigerFinanzinstrumentesignifikanterhöht,istes vermutlichnichtangemessen,denSchlusszuziehen,dassdasKreditrisikoaufPortfolioebenenichtsignifikantgestiegenist.Inden Szenarien 2 und 3 weichen die Ergebnisse der Berechnungen hingegen nicht so stark voneinander ab.

Es ist unstrittig, dass ein Zinsanstieg bei einigen Kreditnehmern, die variabel verzinsliche Kredite aufgenommen haben, aller Voraus­sicht nacheinensignifikantenAnstiegdesKreditrisikosnachsichziehenwird.Zuermitteln,obessichbeidiesenKreditenum5Prozent,20 Prozent oder 35 Prozent des Portfolios handelt, scheint allerdings eher eine Kunst als eine Wissenschaft zu sein, und keine zwei BankendürftenzumgleichenErgebniskommen.Eswärehilfreich,dieseFragenvonderITGklärenzulassen,umherauszufinden,obes möglich ist, den Top­down­Ansatz anzuwenden, ohne erhebliche Ermessensentscheidungen treffen zu müssen bzw. ohne dass es zu erheblichen Abweichungen bei der praktischen Anwendung kommt.

Das Beispiel eines voraussichtlichen Zinsanstiegs ist sehr aktuell, da erwartet wird, dass sich die Zinssätze in vielen Ländern von den seit der Finanzmarktkrise verzeichneten Rekordtiefs erholen werden. Dabei wird folgende Beobachtung gemacht, die für alle Expected-losses-Modelle gilt: Banken und (hoffentlich auch) Kreditnehmer haben wahrscheinlich erwartet, dass die Zinssätze für neue, variabel verzinsliche Kredite, die seit der Finanzmarktkrise aufgenommen wurden, steigen werden, wenn sich die Wirtschaft erholt. Wurde dieser Anstieg bereits zum Zeitpunkt der Ausreichung erwartet, so ist die Erwartung eines Zinsanstiegs nicht als signi­fikanteErhöhungdesKreditrisikoszubetrachten.ZumindestinGroßbritanniengibtesjedochBedenken,dasssteigendeZinsenviele Kreditnehmer,diesichfinanziellüberforderthaben,inSchwierigkeitenbringenwerden.Diesdeutetdaraufhin,dassderunaus­weichliche Zinsanstieg bei der Kreditvergabeentscheidung nicht vollständig berücksichtigt wurde.

Wichtig ist, dass Unternehmen nicht wählen können, ob sie eine Beurteilung auf Portfolioebene wie den Top­down­ oder den Bottom­ up­Ansatz anwenden. Wie bereits erwähnt, sollten gemeinsam beurteilte Portfolios ähnliche Kreditrisikomerkmale aufweisen, und finanzielleVermögenswerte,beidenenerstmalsabweichendeRisikomerkmale zu beobachten sind, sollten als separates Portfolio

beurteilt werden. Laut dem Standard wurde der Top­down­Ansatz für Situationen entwickelt, in denen ein Unternehmen nicht in der Lage ist, Finanzinstrumente, deren Kreditrisiko sich seit dem erst­maligenAnsatzsignifikanterhöhthat,anhandgemeinsamerKre­ditrisikomerkmale zu Gruppen zusammenzufassen.41

40 Siehe IFRS 9.B5.5.4. 41 Siehe IFRS 9.B5.5.6.

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Unsere Sichtweise Es ist unklar, in welchem Umfang Kreditgeber den Bottom­up­ und den Top­down­Ansatz miteinander kombinieren können. In dem Beispiel zum Bottom­up­Ansatz wird davon ausgegangen, dass sich bei allen Kreditnehmern, die in der Kohleindustrie tätig sind, das Kredit­risikosignifikanterhöhthat.Kreditgeberkönntenwohlargumentieren,dassnachderindividuellenBeurteilungderKreditnehmerausder Kohleindustrie lediglich ein Teil der Kredite auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL gemäß dem Top­down­Ansatz bewertet werden muss. Dies ergibt wahrscheinlich einen exakteren Näherungswert für das Ergebnis, das man erhielte, wenn man umfassende Kredit­informationen, die zukunftsbezogene Informationen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstruments beinhalten, verwenden würde.

EineweitereSchwierigkeitbeimTop-down-AnsatzistdieFrage,wasderKreditgebertunmuss,wenneranschließendherausfindet,dassinnerhalb desselben Portfolios Abweichungen bei den Kreditrisikomerkmalen auftreten, die dazu führen, dass bestimmte Vermögens­werte auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL nach dem Bottom­up­Ansatz bewertet werden müssen. Eine ähnliche Frage stellt sich, wenn einzelne Vermögenswerte anschließend auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet werden müssen, weil sie z. B. nach mehr als 30 Tagen überfällig werden. Vermutlich wird der Kreditgeber in jedem Fall die Kredite aus dem Teil des Portfolios, der bereits auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL nach dem Top­down­Ansatz bewertet wurde, neu zuordnen müssen. Die Frage ist nur, um wie viele Kredite es sich handelt. Wären beispielsweise 20 Prozent des Portfolios unter Anwendung des Top­down­Ansatzes beurteilt worden und müssten jetzt aufgrund der Anwendung des Bottom­up­Ansatzes weitere 15 Prozent auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet werden, müsste der Kreditgeber dann davon ausgehen, dass die gesamten 15 Prozent bereits durch die nach dem Top­down­Ansatz ermittelteRisikovorsorgefürdieGesamtlaufzeit„abgedeckt“sind,oderwürdediesnurfür20Prozentder15Prozentgelten?

Vermutlich kann ein Teil der Kredite, die auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet wurden, nochmals auf der Basis der 12­Monats­ ECL bewertet werden, wenn zu erwarten ist, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern werden. Laut dem Standard scheint jedoch klar zu sein, dass es nicht möglich ist, die Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, nur aufgrund einer günstigen Wirtschaftsprognose zu widerlegen.42

Darüber hinaus wird die Anwendung des Top­down­Ansatzes zur Bestimmung, ob eine Risikovorsorge für Gesamtlaufzeit­ECL zu bilden ist,nochkomplizierter,wenneinigederfinanziellenVermögenswerte,dieaufPortfolioebenebeurteiltwerden,ineinemFairValueHedge designiert werden, da es notwendig sein könnte, einen Teil der Fair­Value­Hedge­Anpassung auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ ECL zu bewerten.

42 Siehe IFRS 9.B5.5.19. 43 Siehe IFRS 9.B5.5.12.

5.10 Der Loss-rate-Ansatz

Gemäß dem in Abschnitt 4.2.2 erläuterten Loss-rate-Ansatz hat ein Unternehmen auf der Grundlage des über die Laufzeit der finanziellenVermögenswerteabgeschriebenenBetragsAusfall­statistiken zu entwickeln, anstatt separate Statistiken einerseits zu den individuellen Ausfallwahrscheinlichkeiten und andererseits zu den Verlusten infolge eines Zahlungsausfalls zu verwenden. Anschließend muss es diese historischen Ausfalltrends um aktuelle

Gegebenheiten und Erwartungen bezüglich künftiger Entwicklun­gen anpassen.

Der Standard besagt eindeutig, dass die Anwendung eines Loss-rate- Ansatzes zwar zulässig ist, das Unternehmen jedoch in der Lage sein muss, Änderungen des Ausfallrisikos von Änderungen ande­rer Treiber für erwartete Kreditausfälle zu trennen.43 Gemäß dem

AllgemeinerAnsatz:Beurteilung,obeinesignifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorliegt

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ZudembesagtderStandardeindeutig,dassfürdieBeurteilung,obeinesignifikanteErhöhungdesKreditrisikosvorliegt,zukunfts-bezogene Informationen herangezogen werden müssen. Diese Beurteilung ist auf individueller Basis vorzunehmen, wenn das Unterneh­men über Informationen verfügt, die im Hinblick auf das betreffende Finanzinstrument als hinreichend zukunftsbezogen betrachtet werden können. Sind keine solchen Informationen verfügbar, hat die Beurteilung auf Portfolioebene zu erfolgen. Dies lässt darauf schließen,dasseinfinanziellerVermögenswert,derüblicherweiseeinzelnverwaltetwird,auchaufPortfolioebenezubeurteilenist(d. h. auf der Grundlage makroökonomischer Indikatoren), wenn dem Unternehmen keine ausreichenden zukunftsbezogenen Informationen auf der Ebene des Finanzinstruments zur Verfügung stehen, um die Beurteilung vorzunehmen. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich nicht wesentlich von der laut IAS 39 vorgeschriebenen Methode für die Überprüfung eines Vermögenswerts auf Wertminderung auf Portfolioebene, wenn dieser Vermögenswert bereits einzeln beurteilt und keine Wertminderung festgestellt wurde. Es kann sein, dass einzelne Finanzinstrumente nicht mit anderen Vermögenswerten zusammengefasst werden können, die ähnliche Kreditrisikomerkmale aufweisen. In diesem Fall scheint der Standard vorzuschreiben, dass das Unternehmen den Top­down­Ansatz auf den einzelnen Vermögenswert anzuwenden hat.44 Dies könnte sogar bedeuten, dass ein Teil eines einzelnen Vermögenswerts auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet werden kann.

Die Anwendungsleitlinien scheinen nicht die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass einem Unternehmen überhaupt keine zukunfts­bezogenen Informationen zur Verfügung stehen (auf die es ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zugreifen kann). Zwar besagt der Standard eindeutig, dass generell davon ausgegangen werden kann, dass erwartete Kreditausfälle erfasst werden, bevor ein Finanzinstrument überfällig wird, doch steht das Konzept der widerlegbaren Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, mit den meisten Leitlinien nicht im Einklang.45 Der Standard berücksichtigt Situationen, in denen keine zukunftsbezogenen Informationen zur Verfügung stehen (weder für ein einzelnes Finanzinstrument noch für ein Portfolio von Finanz­instrumenten), und gestattet Unternehmen, in solchen Fällen auch lediglich Informationen zum Zahlungsverzug heranzuziehen. Dadurch wird offenbar die Möglichkeit geschaffen, dass weniger versierte Kreditgeber ausschließlich den Verzugsstatus heranziehen und eine niedrigere Risikovorsorge erfassen können als Kreditgeber, die ausgefeiltere Informationsmöglichkeiten haben.

Der Top­down­ und der Bottom­up­Ansatz sind lediglich Beispiele dafür, wie eine Beurteilung auf Portfolioebene durchgeführt werden kann.Daherrechnenwirdamit,dassdiebeidenAnsätzeinAbhängigkeitvondenjeweiligenGegebenheitenflexibelanwendetwerden.Es wäre jedoch hilfreich, diese Fragen von der ITG klären zu lassen.

44 Siehe IFRS 9.B5.5.6. 45 Siehe IFRS 9.B5.5.2 und B5.5.11.

Loss-rate-Ansatz muss das Unternehmen nicht zwischen dem Aus­fallrisiko und dem Verlust infolge eines Zahlungsausfalls unter­scheiden. Bei der Ermittlungvon 12­Monats­ oder Gesamtlaufzeit­ ECL stellt dies kein Problem dar. Nach dem Loss-rate-Ansatz wäre das Unternehmen jedoch nicht in der Lage, die Beurteilung, ob einesignifikanteErhöhungdesKreditrisikosvorliegt,aufderGrund­lage von Änderungen des Ausfallrisikos durchzuführen. Daher

benötigen Unternehmen, die den Loss-rate-Ansatz anwenden, einen Risikoüberbau für die Ermittlung und Prognose des Grades an Ausfällen, wie im Ausschnitt von Beispiel 9 der Anwendungs­leitlinien veranschaulicht (siehe Abschnitt 4.2.2). Für Unterneh­men, die derzeit nur die erwarteten Ausfallquoten verwenden, kann es einfacher sein, einen Ansatz basierend auf der Ausfall­wahrscheinlichkeit zu entwickeln.

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Werden die vertraglich vereinbarten Cashflows aus einem finan­ziellen Vermögenswert neu verhandelt oder modifiziert, muss der Inhaber überprüfen, ob der finanzielle Vermögenswert auszubu­chen ist. IAS 39 enthält zwar Leitlinien dafür, wann finanzielle Ver­bindlichkeiten, die neu verhandelt oder modifiziert wurden, aus­zubuchen sind, geht aber nicht auf die Ausbuchung finanzieller Vermögenswerte im Fall einer Neuverhandlung oder Modifikation ein. Da die in IAS 39 enthaltenen Ausbuchungsvorschriften un­verändert in IFRS 9 übernommen wurden, liegen somit noch immer keine Kriterien vor, mit deren Hilfe analysiert werden kann, wann die Modifizierung eines finanziellen Vermögenswerts zu dessen Ausbuchung führt. Unternehmen können sich jedoch an einer Ent­scheidung des IFRS Interpretations Committee vom Mai 2012 orientieren. Damals wurde das IFRS Interpretations Committee um eine Stellungnahme zur bilanziellen Behandlung griechischer Staatsanleihen gebeten. Insbesondere ging es um die Frage, ob der Teil der „alten“ griechischen Staatsanleihen, der gegen neue Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zinssätzen zu tauschen ist, gemäß IAS 39 auszubuchen oder als Modifizierung zu erfassen ist, die keine Ausbuchung erfordert. Das IFRS Inter­pretations Committee kam zu dem Schluss, dass diese Frage auf einer der beiden folgenden Grundlagen geklärt werden kann:

• Erlöschen der vertraglichen Rechte auf den Erhalt der Cashflows aus den Vermögenswerten46

• analoge Anwendung des Konzepts einer wesentlichen Änderung der Vertragsbedingungen von finanziellen Verbindlichkeiten auf diese Vermögenswerte47

IFRS 9 verweist darauf, dass die Neuverhandlung oder Modifizie­rung der vertraglich vereinbarten Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert unter Umständen zur Ausbuchung des bestehen­den finanziellen Vermögenswerts und daran anschließend zur Er­fassung eines „neuen“ finanziellen Vermögenswerts führen kann.48 Das bedeutet, dass das Unternehmen bezüglich des betreffenden finanziellen Vermögenswerts noch einmal beginnt und das Datum der Modifizierung auch das Datum des erstmaligen Ansatzes des neuen finanziellen Vermögenswerts ist. Üblicherweise wird das Unternehmen so lange zu jedem Abschlussstichtag eine Risikovor­sorge in Höhe der 12­Monats­ECL erfassen, bis die Bedingungen

6 Modifizierte finanzielle Vermögenswerte

für die Erfassung von Gesamtlaufzeit­ECL erfüllt sind. In außerge­wöhnlichen Fällen kann es jedoch nach einer Modifizierung, die zur Ausbuchung des ursprünglichen finanziellen Vermögenswerts führt, dazu kommen, dass der neue finanzielle Vermögenswert bereits bei der erstmaligen Erfassung wertgemindert ist (siehe Abschnitt 3.3). Der finanzielle Vermögenswert muss demnach als bereits bei Ausreichung wertgemindert erfasst werden. Ein Bei­spiel hierfür ist die Restrukturierung der griechischen Staatsan­leihen im Jahr 2012 (siehe die vorstehenden Erläuterungen); das IFRS Interpretations Committee merkte dazu an, dass die neuen Anleihen bei der erstmaligen Erfassung unter Berücksichtigung der bereits eingetretenen Verluste erfasst werden können, wenn das Unternehmen zu der Einschätzung gelangt ist, dass sie bei der erst­maligen Erfassung wertgemindert waren.

In anderen Fällen führt gemäß IFRS 9 die Neuverhandlung oder Modifizierung der vertraglich vereinbarten Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert nicht zwangsläufig zur Ausbuchung des bestehenden finanziellen Vermögenswerts. In diesen Fällen wird das Unternehmen

• seine bisherige bilanzielle Behandlung des bestehenden Ver­mögenswerts, der modifiziert wurde, fortsetzen;

Werden die vertraglich vereinbarten Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert neu verhandelt oder modifiziert, muss der Inhaber über­prüfen, ob der finanzielle Vermögens­wert auszubuchen ist.

46 Siehe IAS 39.17(a) (nun unter IFRS 9.3.2.3). 47 Siehe IAS 39.40 (nun unter IFRS 9.3.3.2). 48 Siehe IFRS 9.B5.5.25.

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• einen Gewinn oder Verlust aus der Modifizierung erfassen, und zwar durch die Neuberechnung des Brutto­Buchwerts des finanziellen Vermögenswerts als Barwert der neu verhandelten oder modifizierten vertraglich vereinbarten Cashflows, die mit dem ursprünglich ermittelten Effektivzinssatz des finanziel­len Vermögenswerts abgezinst werden (oder, bei finanziellen Vermögenswerten, die bereits bei Erwerb oder Ausreichung wert­gemindert sind, mit dem risikoangepassten Effektivzinssatz, siehe Abschnitt 4.5);

• beurteilen, ob sich das Kreditrisiko des Finanzinstruments sig­nifikant erhöht hat, und zwar durch den Vergleich des Ausfall­risikos zum Abschlussstichtag (basierend auf den modifizierten Vertragsbedingungen) mit demjenigen zum Zeitpunkt der erst­maligen Erfassung (basierend auf den ursprünglichen, nicht modifizierten Vertragsbedingungen). Einem finanziellen Ver­mögenswert, der neu verhandelt oder modifiziert wurde, wird nicht automatisch ein geringeres Kreditrisiko zugeschrieben. Bei der Beurteilung muss das Kreditrisiko über die voraussicht­liche Nutzungsdauer des Vermögenswerts basierend auf histo­rischen und zukunftsbezogenen Informationen (einschließlich Informationen über die Umstände, die zu der Modifizierung

geführt haben) berücksichtigt werden. Der Nachweis, dass die Kriterien für die Erfassung der Gesamtlaufzeit­ECL nicht mehr erfüllt sind, könnte basierend auf einer Historie fristgerechter Zahlungen des modifizierten Vermögenswerts in Folgeperioden erbracht werden. Das bedeutet, dass häufig ein gewisser Beob­achtungszeitraum erforderlich sein wird, bevor es bei einem finanziellen Vermögenswert möglich ist, zu einer Erfassung von 12­Monats­ECL zurückzukehren;

• die quantitativen und qualitativen Angaben machen, die für neu verhandelte oder modifizierte Vermögenswerte erforderlich sind. Damit sollen die Abschlussadressaten in die Lage versetzt werden, die Art und die Auswirkungen solcher Modifizierungen (einschließlich der Auswirkungen auf die Bewertung von erwar­teten Kreditausfällen) sowie die Art und Weise, wie das Unter­nehmen seine modifizierten Vermögenswerte überwacht, zu ver­stehen (siehe Abschnitt 12).

Das folgende Beispiel wurde aus einem im Standard enthaltenen Beispiel abgeleitet, um die bilanzielle Behandlung eines modifizier­ten Kredits zu verdeutlichen.49

Beispiel 6-1: Modifizierung von vertraglich vereinbarten Cashflows (abgeleitet aus Beispiel 11 der Anwendungsleitlinien)

Bank A gewährt einen Kredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren, bei dem der gesamte Kreditbetrag endfällig ist. Der Kredit hat einen Nennwert von WE 1.000 und wird mit einem Zinssatz von 5 % p. a. verzinst. Der Effektivzinssatz beträgt ebenfalls 5 %. Zum Ende des ersten Berichtszeitraums in Jahr 1 erfasst Bank A eine Risikovorsorge in Höhe der 12­Monats­ECL, da es seit der erstmaligen Erfassung keine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos gegeben hat. Die Risikovorsorge wird mit einem Betrag in Höhe von WE 20 erfasst. In Jahr 2 stellt Bank A fest, dass sich das Kreditrisiko aus dem Kredit seit der erstmaligen Erfassung signifikant erhöht hat. Demzufolge erfasst Bank A die Gesamtlaufzeit­ECL für den Kredit. Die Risikovorsorge wird mit einem Betrag in Höhe von WE 150 erfasst.

Zum Ende von Jahr 3 modifiziert Bank A die vertraglich vereinbarten Cashflows aus dem Kredit, da der Kreditnehmer in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Bank A verzichtet auf die Zinszahlungen und verlängert die Laufzeit des Kredits um ein Jahr, sodass die Rest­laufzeit zum Datum der Modifizierung drei Jahre beträgt. Die Modifizierung führt nicht zu einer Ausbuchung des Kredits durch Bank A.

Infolge der Modifizierung berechnet Bank A den Bruttobuchwert des finanziellen Vermögenswerts neu, und zwar als Barwert der modifizier­ten vertraglich vereinbarten Cashflows, die mit dem ursprünglichen Effektivzinssatz des Kredits von 5 % abgezinst wurden. Der Unterschieds­betrag zwischen diesem neu berechneten Bruttobuchwert und dem Bruttobuchwert vor der Modifizierung wird als Gewinn oder Verlust aus der Modifizierung erfasst. Bank A erfasst den Verlust aus der Modifizierung (in Höhe von WE 136) durch eine Minderung des Buchwerts des Kredits (Verminderung auf WE 864) und einen Verlust aus der Modifizierung (in Höhe von WE 136) in der Gewinn­ und Verlustrechnung.

49 Siehe IFRS 9.IG Beispiel 11, Paragraphen IE66 – IE73.

Modifizierte finanzielle Vermögenswerte

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Beispiel 6-1: Modifizierung von vertraglich vereinbarten Cashflows (abgeleitet aus Beispiel 11 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Bank A bewertet auch die Risikovorsorge neu (unter Berücksichtigung der modifizierten vertraglich vereinbarten Cashflows) und beur­teilt, ob die Risikovorsorge für den Kredit weiterhin mit einem Betrag in Höhe der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet werden soll. Bank A vergleicht das derzeitige Kreditrisiko (basierend auf den modifizierten Cashflows) mit dem Kreditrisiko zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung (basierend auf den ursprünglichen, nicht modifizierten Cashflows). Bank A kommt zu dem Schluss, dass der Kredit zum Abschlussstichtag nicht wertgemindert, das Kreditrisiko verglichen mit dem Kreditrisiko zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung aber signifikant gestiegen ist. Die Risikovorsorge bewertet Bank A weiterhin mit einem Betrag in Höhe der Gesamtlaufzeit­ECL (WE 110 zum Abschlussstichtag).

Zu jedem folgenden Abschlussstichtag beurteilt Bank A erneut, ob sich das Kreditrisiko wesentlich erhöht hat, indem sie das Risiko des Kredits zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung (basierend auf den ursprünglichen, nicht modifizierten Cashflows) mit demjenigen zum Abschlussstichtag (basierend auf den modifizierten Cashflows) vergleicht.

Zwei Berichtsperioden nach der Modifizierung des Kredits (Jahr 5) verzeichnet der Kreditnehmer im Vergleich zu den Erwartungen zum Datum der Modifizierung eine wesentlich bessere Unternehmensperformance. Außerdem sind die geschäftlichen Aussichten positiver als bislang angenommen. Aus einer Beurteilung aller angemessenen und belastbaren Informationen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen, geht hervor, dass das gesamte Kreditrisiko des Darlehens gesunken ist. Daher passt Bank A das ursprüngliche interne Bonitätsrating des Darlehensnehmers zum Ende der Berichtsperiode an.

Angesichts der positiven allgemeinen Entwicklung analysiert Bank A die Situation neu und kommt zu dem Schluss, dass das Risiko des Kredits gesunken ist und dass seit der erstmaligen Erfassung keine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos mehr gegeben ist. Dem­zufolge bewertet Bank A die Risikovorsorge erneut mit einem Betrag in Höhe der 12­Monats­ECL.

Jahr Bruttobuchwert zu Beginn der Berichtsperiode

Wertminderungs-aufwand/ Wertaufholung

Verlust/Gewinn aus der Modifizierung

Zinserträge Cashflows Bruttobuchwert zum Ende der Berichtsperiode

Risikovorsorge Fortgeführte Kosten zum Ende der Berichtsperiode

A B C D Brutto: A × 5 %

E F = A + C + D – E

G H = F – G

1 WE 1.000 WE –20 WE 50 WE 50 WE 1.000 WE 20 WE 980

2 WE 1.000 WE –130 WE 50 WE 50 WE 1.000 WE 150 WE 850

3 WE 1.000 WE 40 WE –136 WE 50 WE 50 WE 864 WE 110 WE 754

4 WE 864 WE 24 WE 43 WE 907 WE 86 WE 821

5 WE 907 WE 72 WE 45 WE 953 WE 14 WE 939

6 WE 953 WE 14 WE 48 WE 1.000 WE 0 WE 0 WE 0

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In Bezug auf finanzielle Vermögenswerte, bei denen es sich um erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuld­instrumente handelt, ist das IASB zu dem Schluss gekommen, dass sowohl Angaben über die fortgeführten Anschaffungskosten als auch solche über den beizulegenden Zeitwert relevant sind. Dies liegt daran, dass Unternehmen Schuldinstrumente dieser Bewer­tungskategorie nicht nur zur Vereinnahmung vertraglich vereinbar­ter Cashflows, sondern auch zur Realisierung von beizulegenden Zeitwerten halten.50 Daher werden erfolgsneutral zum beizule­genden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente in der Bilanz mit dem beizulegenden Zeitwert angesetzt und in der Gewinn­ und Verlustrechnung werden zu solchen Instrumenten die nachfolgend aufgeführten Beträge erfasst:

• Bei zinstragenden finanziellen Vermögenswerten erfolgt die Berechnung der Zinserträge mithilfe der Effektivzinsmethode, wie sie auch auf zu fortgeführten Anschaffungskosten bewer­tete finanzielle Vermögenswerte angewendet wird.

• Fremdwährungsgewinne und ­verluste aus monetären Ver­mögenswerten auf der Basis der fortgeführten Anschaffungs­kosten werden in der Gewinn­ und Verlustrechnung erfasst.

• Wertaufholungen und Wertminderungen werden ebenso ermit­telt wie bei zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerteten finanziellen Vermögenswerten.

Gewinne und Verluste aus Änderungen des beizulegenden Zeit­werts dieser finanziellen Vermögenswerte werden grundsätzlich im sonstigen Ergebnis erfasst. Demzufolge wird lediglich der Unterschiedsbetrag zwischen der gesamten Veränderung des beizulegenden Zeitwerts und den erfolgswirksam erfassten Beträgen im sonstigen Ergebnis erfasst. Bei Ausbuchung dieser finanziellen Vermögenswerte werden die bislang im sonstigen Ergebnis erfassten kumulierten Gewinne und Verluste vom in die Gewinn­ und Verlustrechnung umgegliedert (Recycling).

7 Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögens-werte (FVOCI) – Schuldinstrumente

Ausgehend von der vorstehend beschriebenen bilanziellen Behandlung führt die zu erfassende Risikovorsorge in der Bilanz nicht zu einer Minderung des Buchwerts der finanziellen Ver­mögenswerte, die nach wie vor zum beizulegenden Zeitwert angesetzt werden. Stattdessen wird ein Betrag in Höhe der ECL­ Risikovorsorge, die bei einer Bewertung des Vermögenswerts zu fortgeführten Anschaffungskosten entstünde, im sonstigen Er­gebnis unter dem Posten „Kumulierte Wertminderungen“ erfasst.

Die bilanzielle Behandlung und die entsprechenden Buchungs­sätze von erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerte­ten Schuld instrumenten werden in dem folgenden Beispiel, das auf dem erläuternden Beispiel 13 in den Anwendungsleitlinien zu IFRS 9 basiert, veranschaulicht.51

Bei erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Schuldinstru­menten führt die zu erfassende Risiko­vorsorge nicht zu einer Minderung des Buchwerts in der Bilanz, der nach wie vor dem beizulegenden Zeitwert entspricht. Stattdessen wird ein Be­trag in Höhe der Risikovorsorge, die bei einer Bewertung des Vermögens­werts zu fortgeführten Anschaffungs­kosten entstünde, im sonstigen Ergebnis als kumulierte Wertminde­rung erfasst.

50 Siehe IFRS 9.4.1.2A und IFRS 9.BC4.150. 51 Siehe IFRS 9.IG, Beispiel 13, Paragrafen IE78–IE81.

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Auszug aus IFRS 9Beispiel 13: Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente (IFRS 9.IE78–IE81)

Ein Unternehmen erwirbt ein Schuldinstrument mit einem beizulegenden Zeitwert von WE 1.000 am 15. Dezember 20X0 und bewertet dieses Schuldinstrument erfolgsneutral mit dem beizulegenden Zeitwert (FVOCI). Das Instrument wird mit 5 % über die vertragliche Laufzeit von zehn Jahren verzinst und hat einen Effektivzinssatz von ebenfalls 5 %. Bei der erstmaligen Erfassung stellt das Unterneh­men fest, dass der Vermögenswert weder bei Erwerb noch bei Ausreichung wertgemindert ist.

Soll Haben

Finanzieller Vermögenswert – erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert (FVOCI) WE 1.000

Zahlungsmittel WE 1.000

(um das mit seinem beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrument zu erfassen)

Zum 31. Dezember 20X0 (dem Abschlussstichtag) ist der beizulegende Zeitwert des Schuldinstruments aufgrund von Änderungen der Marktzinssätze auf WE 950 gesunken. Das Unternehmen stellt fest, dass sich das Kreditrisiko seit der erstmaligen Erfassung nicht signifikant erhöht hat und dass die erwarteten Kreditausfälle mit einem Betrag in Höhe der 12­Monats­ECL (WE 30) zu bewerten sind. Zur Vereinfachung werden die Buchungssätze für den Erhalt von Zinserträgen nicht angegeben.

Soll Haben

Wertminderungsaufwand (Gewinn oder Verlust) WE 30

Sonstiges Ergebnis(a) WE 20

Finanzieller Vermögenswert – erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert WE 50

(um die 12-Monats-ECL und sonstige Änderungen des beizulegenden Zeitwerts des Schuldinstruments zu erfassen)

(a) Der zum Abschlussstichtag im sonstigen Ergebnis erfasste kumulierte Verlust betrug WE 20. Dieser Betrag setzt sich aus der gesamten Änderung des beizulegenden

Zeitwerts in Höhe von WE 50 (d. h. WE 1.000 – WE 950) saldiert mit der erfassten Änderung des kumulierten Wertminderungsbetrags in Höhe der 12­Monats­ECL (WE 30) zusammen.

Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte (FVOCI) – Schuldinstrumente

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Auszug aus IFRS 9Beispiel 13: Erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente (IFRS 9.IE78–IE81) (Fortsetzung)

Angaben zum kumulierten Wertminderungsbetrag in Höhe von WE 30 sind stets erforderlich.

Am 1. Januar 20X1 beschließt das Unternehmen, das Schuldinstrument für WE 950, dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden beizulegenden Zeitwert, zu verkaufen.

Soll Haben

Zahlungsmittel WE 950

Finanzieller Vermögenswert – erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert WE 950

Verlust (Gewinn oder Verlust) WE 20

Sonstiges Ergebnis WE 20

(um den erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Vermögenswert auszubuchen und im sonstigen Ergebnis kumulativ erfasste Beträge in die Gewinn- und Verlustrechnung umzugliedern)

Das bedeutet: Im Gegensatz zu finanziellen Vermögenswerten, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, gibt es keinen gesonderten Wertberichtigungsposten in der Bilanz. Stattdessen werden Wertaufholungen oder Wertminderungsauf­wendungen als Anpassung der Neubewertungsrücklage im kumu­lierten sonstigen Ergebnis mit einer entsprechenden Gegenbu­chung in der Gewinn­ und Verlustrechnung (und anschließender Erfassung in der Gewinnrücklage) erfasst.

Konzeptionell bedeutet dies, dass erwartete Kreditausfälle so behandelt werden, als wären sie eine realisierte Änderung des beizulegenden Zeitwerts, während Änderungen des beizulegenden Zeitwerts ansonsten nur dann als realisiert behandelt werden, wenn der finanzielle Vermögenswert ausgebucht wird.

Für erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finan­zielle Vermögenswerte bedeutet die vom Standard geforderte Bilanzierung von Wertaufholungen und Wertminderungsaufwen­dungen in der Praxis, dass das kumulierte sonstige Ergebnis in wertminderungsbezogene und sonstige Beträge aufgespalten wird. Das oben aufgeführte Beispiel ist relativ unkompliziert. Anhang 1 enthält ein komplizierteres Beispiel basierend auf einem finanziel­len Vermögenswert, der auf eine Fremdwährung lautet und außer­dem Teil einer Zinssicherungsbeziehung ist.

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Für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertrags­posten und Leasingforderungen bietet der Standard einige prak­tische Erleichterungen. Dazu gehören die Verpflichtung bzw. das Wahlrecht, bei der Bilanzierung den vereinfachten Ansatz anzu­wenden, bei dem Unternehmen Änderungen des Kreditrisikos nicht nachverfolgen müssen (siehe Abschnitt 3.2), und die Ausnahme­regelung, erwartete Kreditausfälle bei Forderungen aus Lieferun­gen und Leistungen mithilfe einer Wertminderungsmatrix zu be­rechnen (siehe Abschnitt 8.1).

8.1 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktive Vertragsposten

Auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder aktive Ver­tragsposten, die keine wesentliche Finanzierungskomponente enthalten,52 ist der vereinfachte Ansatz verpflichtend anzuwenden. Unternehmen haben jedoch ein Wahlrecht, entweder den allge­meinen Ansatz (siehe Abschnitt 3.1) oder den vereinfachten An­satz auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktive Vertragsposten, die eine wesentliche Finanzierungskomponente enthalten (siehe Abschnitt 3.2), anzuwenden. Das Wahlrecht kann unabhängig voneinander für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktive Vertragsposten ausgeübt werden.

Unternehmen dürfen außerdem bei der Bewertung erwarteter Kreditausfälle praktische Erleichterungen in Anspruch nehmen, solange der jeweilige Ansatz ein wahrscheinlichkeitsgewichtetes Ergebnis, den Zeitwert des Geldes sowie angemessene und belastbare Informationen über vergangene Ereignisse, aktuelle Gegebenheiten und Prognosen zukünftiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten­ oder Arbeitsaufwand zum Abschlussstichtag zur Ver­fügung stehen, berücksichtigt.

8 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen

Einer der im Standard vorgeschlagenen Ansätze besteht in der Nutzung einer Wertminderungsmatrix als praktische Erleichterung für die Bewertung von erwarteten Kreditausfällen bei Forderun­gen aus Lieferungen und Leistungen.53 Beispielsweise können bei Gruppen unterschiedlicher Kundensegmente, die ähnliche Aus­fallmuster aufweisen, die Wertminderungssätze auf der Anzahl von Tagen, die die Forderungen überfällig sind (z. B. 1 % bei keiner Überfälligkeit, 2 % bei Überfälligkeit von weniger als 30 Tagen etc.), basieren. Kriterien für die Gruppierung können die geografische Region, die Produktart, das Kundenrating, die Art der Sicherheiten oder die Frage, ob eine Handelskreditversicherung besteht, und die Art des Kunden (etwa Groß­ oder Einzelhandel) sein. Um die Matrix zu kalibrieren, muss das Unternehmen seine Bilanz histo­rischer Kreditausfälle auf der Grundlage zukunftsbezogener Infor­mationen anpassen.

Unsere Sichtweise In der Praxis nutzen viele Unternehmen eine Wertminderungs­matrix, um ihre aktuellen Wertberichtigungen zu berechnen. Um die Vorschriften von IFRS 9 zu erfüllen, müssen Unterneh­men überlegen, wie aktuelle und zukunftsbezogene Informa­tionen die historischen Ausfallquoten ihrer Kunden beeinflussen könnten und wie demzufolge die Informationen ihre aktuellen Erwartungen und Schätzungen der erwarteten Kreditausfälle beeinflussen würden.

Für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertrags­posten und Leasingforderungen bie­tet der Standard einige praktische Erleichterungen.

52 Siehe IFRS 9.5.5.15. 53 Siehe IFRS 9.B5.5.35.

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Die Anwendung der Wertminderungsmatrix wird in dem folgenden Beispiel veranschaulicht.

Auszug aus IFRS 9Beispiel 12: Wertminderungsmatrix (IFRS 9.IE74–IE77)

Unternehmen M, ein Industrieunternehmen, hat im Jahr 20X1 ein Portfolio von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von WE 30 Mio. und ist nur in einer geografischen Region vertreten. Die Kundenbasis besteht aus einer großen Anzahl kleiner Kunden, die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen werden anhand von allgemeinen Risikomerkmalen klassifiziert, die für die Fähigkeiten der Kunden stehen, alle fälligen Beträge vertragsgemäß zu begleichen. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen enthalten in Anlehnung an IFRS 15 Umsatzrealisierung aus Verträgen mit Kunden keine wesentliche Finanzierungskomponente. Gemäß IFRS 9.5.5.15 wird die Risikovorsorge für derartige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen immer mit einem Betrag in Höhe der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle bewertet.

Um die erwarteten Kreditausfälle für das Portfolio zu bestimmen, verwendet Unternehmen M eine Wertminderungsmatrix. Diese Wert­minderungsmatrix basiert auf den beobachteten historischen Ausfallquoten während der erwarteten Laufzeit der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und wird um zukunftsbezogene Schätzungen angepasst. Zu jedem Abschlussstichtag werden die beobach­teten historischen Ausfallquoten aktualisiert und Änderungen der zukunftsbezogenen Schätzungen analysiert. In diesem Fall wird von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im kommenden Jahr ausgegangen.

Auf dieser Grundlage schätzt Unternehmen M die folgende Wertminderungsmatrix:

Aktuell 1–30 Tage überfällig

31–60 Tage überfällig

61–90 Tage überfällig

Mehr als 90 Tage überfällig

Ausfallquote 0,3 % 1,6 % 3,6 % 6,6 % 10,6 %

Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der großen Anzahl kleiner Kunden betragen WE 30 Mio. und werden mithilfe der Wertminderungsmatrix bewertet.

Bruttobuchwert Über die Gesamtlaufzeit erwartete Risikovorsorge für Kreditausfälle (Bruttobuchwert × über die Gesamtlaufzeit erwartete Kreditausfallquote)

Aktuell WE 15.000.000 WE 45.000

1–30 Tage überfällig WE 7.500.000 WE 120.000

31–60 Tage überfällig WE 4.000.000 WE 144.000

61–90 Tage überfällig WE 2.500.000 WE 165.000

Mehr als 90 Tage überfällig WE 1.000.000 WE 106.000

WE 30.000.000 WE 580.000

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen

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Hinweis: Wie viele andere im Standard enthaltene Beispiele ver­zichtet auch dieses Beispiel darauf, den Zeitwert des Geldes aus­drücklich zu berücksichtigen. Dies dürfte daran liegen, dass die entsprechenden Auswirkungen in diesem Fall als unwesentlich angesehen werden.

8.2 LeasingforderungenBei Leasingforderungen haben Unternehmen ein Wahlrecht, ent­weder den allgemeinen Ansatz (siehe Abschnitt 3.1) oder den vereinfachten Ansatz (siehe Abschnitt 3.2)auf Finanzierungs­ und/oder Operating­Leasingforderungen anzuwenden.

Bei der Bewertung von erwarteten Kreditausfällen bei Leasing­forderungen muss ein Unternehmen außerdem

• die Cashflows verwenden, die auch für die Bewertung der Leasingforderungen nach IAS 17 verwendet werden,54 und

• die erwarteten Kreditausfälle mit dem Abzinsungssatz abzinsen, der auch für die Bewertung der Leasingforderungen nach IAS 17 verwendet wird.55

Unsere Sichtweise Das Leasingprojekt, dessen Ergebnis IAS 17 ersetzen soll, hebt die Unterscheidung zwischen Finanzierungs­ und Operating­Leasing­verhältnissen auf. Demzufolge werden Leasingnehmer eine beträchtliche Verbindlichkeit für diejenigen ihrer Verpflichtungen, die derzeit als Operating­Leasingverhältnisse klassifiziert werden, erfassen. Erst vor Kurzem hat das IASB beschlossen, keine ähnliche Vorgehensweise für Leasinggeber zu verlangen, sodass diese keine entsprechend hohen Leasingvermögenswerte erfassen müssen. Mit dieser Änderung haben sich die Auswirkungen der Wertminderungsvorschriften von IFRS 9 für viele Leasinggeber erheblich reduziert. Da nur die Cashflows berücksichtigt werden müssen, die für die Bewertung der Forderung herangezogen werden, besteht keine Notwendigkeit, eine Rückstellung für künftige Cashflows zu bilden, die noch nicht bilanziell erfasst sind.

Bei Leasingverhältnissen, die derzeit als Finanzierungsleasingverhältnisse klassifiziert werden, werden sich durch die neuen Wert­minderungsvorschriften dagegen größere Auswirkungen für die Leasinggeber ergeben. Besonders wenn sie sich für die Anwendung des vereinfachten Ansatzes entscheiden, käme es bei der erstmaligen Erfassung des Leasingverhältnisses zum Ansatz einer mög licherweise beträchtlichen Wertberichtigung. Der „Kredit“ des Leasinggebers ist jedoch durch den Leasinggegenstand de facto besichert, was zu einer Verringerung der erwarteten Kreditausfälle führt.

Bei Leasingforderungen haben Unter­nehmen ein Wahlrecht zwischen dem allgemeinen und dem vereinfachten Ansatz.

54 Siehe IFRS 9.B5.5.34 und IAS 17.36–38. 55 Siehe IFRS 9.B5.5.46 und IAS 17.4.

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Die Beschreibung des Begriffs „Kreditzusage“ und die Definition von „Finanzgarantie“ wurden unverändert aus IAS 39 übernom­men. Kreditzusagen sind nach IFRS 9 feste Verpflichtungen, einen Kredit zu vorab spezifizierten Bedingungen zu gewähren, wäh­rend eine Finanzgarantie ein Vertrag ist, der den Garantiegeber zur Leistung bestimmter Zahlungen verpflichtet, um den Garan­tienehmer für einen Verlust zu entschädigen, den dieser erleidet, weil ein bestimmter Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht fristgemäß und den ursprünglichen oder geänderten Bedin­gungen eines Schuldinstruments entsprechend nachkommt.

Die Wertminderungsvorschriften von IFRS 9 gelten für Kreditzu­sagen und Finanzgarantien, die gemäß IFRS 9 nicht erfolgswirk­sam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, wobei einige Ausnahmen zu beachten sind (siehe Abschnitt 2). Die Anwen­dung des Modells auf Finanzgarantien und Kreditzusagen erfordert jedoch bestimmte Präzisierungen hinsichtlich einiger wesentlicher Elemente wie der Bestimmung der Kreditqualität bei der erst­maligen Erfassung sowie der Zahlungsausfälle und des Effektiv­zinssatzes, die bei der Berechnung der Risikovorsorge zu berück­sichtigen sind. Diese Präzisierungen werden in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst. Aus dieser Tabelle gehen auch die Unterschiede bei der Erfassung und Bewertung von erwarteten Kreditausfällen für finanzielle Vermögenswerte, die zu fortge­führten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegen­den Zeitwert bewertet werden, sowie für Kreditzusagen und Finanzgarantien hervor.

9 Kreditzusagen und Finanzgarantien

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Zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder erfolgs-neutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finan- zielle Vermögenswerte

Kreditzusagen Finanzgarantien

Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung unter Anwendung der Wertminderungsvor-schriften (siehe Abschnitte 11.4 und 13.3.1)

Handelsdatum Datum, an dem ein Unterneh­men Vertragspartei der unwider­ruflichen Verpflichtung wird

Datum, an dem ein Unterneh­men Vertragspartei der unwider­ruflichen Verpflichtung wird

Zeitraum, für den die erwarteten Kreditausfälle zu schätzen sind (siehe Abschnitt 4.3)

Die maximale Vertragslaufzeit (einschließlich Verlängerungs­optionen), in der das Unterneh­men einem Kreditrisiko aus­gesetzt ist, und kein längerer Zeitraum

Die maximale Vertragslaufzeit, in der für das Unternehmen eine gegenwärtige vertragliche Verpflichtung zur Kreditge­währung besteht. Bei revolvie­renden Kreditfazilitäten (siehe Abschnitt 10) geht dieser Zeit­raum jedochüber die Vertrags­laufzeit hinaus und umfasst den Zeitraum, während dessen das Unternehmen dem Kreditrisiko ausgesetzt ist und dieses nicht durch Maßnahmen zur Steue­rung des Kreditrisikos mindern kann.

Die maximale Vertragslaufzeit, in der für das Unternehmen eine gegenwärtige vertragliche Verpflichtung zur Kreditge­währung besteht

Zahlungsausfälle bei der Bewertung der Risikovor- sorge (siehe Abschnitt 4.1)

Differenz zwischen den ver­traglich vereinbarten und den erwarteten Cashflows

Differenz zwischen den vertrag­lich vereinbarten Cashflows, wenn der Inhaber der Kreditzu­sage den Kredit in Anspruch nimmt, und den erwarteten Cashflows, wenn der Kredit in Anspruch genommen wird.

Zahlungsausfälle sind die erwar­teten Zahlungsverpflichtungen, mit denen der Garantienehmer für einen erlittenen Kreditaus­fall entschädigt wird, abzüglich aller Beträge, bei denen das Unternehmen (Kreditgeber) davon ausgeht, sie vom Garan­tienehmer, dem Schuldner oder einer anderen Partei zu erhalten.

Kreditzusagen und Finanzgarantien

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Zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder erfolgs-neutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finan- zielle Vermögenswerte

Kreditzusagen Finanzgarantien

Bei der Abzinsung erwarteter Kreditausfälle verwendeter Effektivzinssatz (siehe Abschnitt 4.5)

Der Effektivzinssatz wird bei der erstmaligen Erfassung des Finanzinstruments be­stimmt oder als Näherungswert ermittelt.

Es ist der Effektivzinssatz des resultierenden Vermögenswerts anzuwenden. Sofern dieser nicht bestimmt werden kann, ist der Zins zu wählen, der die spezifischen Risiken bezüglich der zukünftigen Cashflows angemessen widerspiegelt.

Es ist der Zins zu wählen, der die spezifischen Risiken der zukünftigen Cashflows ange­messen widerspiegelt.

Beurteilung wesentlicher Erhöhungen des Kreditrisikos (siehe Abschnitt 5)

Das Unternehmen berücksich­tigt Änderungen des Ausfall­risikos in Bezug auf den finan­ziellen Vermögenswert.

Das Unternehmen berücksich­tigt Änderungen des Ausfall­risikos in Bezug auf den Kredit, für den eine Kreditzusage besteht.

Das Unternehmen berücksich­tigt die Änderungen des Risikos, dass der Schuldner seine ver­traglichen Pflichten nicht erfüllt.

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Der Standardentwurf ED/2013/3 enthielt die Vorschrift, dass der maximale Zeitraum, für den erwartete Kreditausfälle zu berech­nen sind, auf die Vertragslaufzeit, während der das Unternehmen einem Kreditrisiko ausgesetzt ist, zu begrenzen ist. Dies würde bedeuten, dass die Risikovorsorge für Zusagen, die von einem Kreditgeber kurzfristig rückgängig gemacht werden können (bei­spielsweise Kontokorrentkredite und Kreditkartenvereinbarun­gen), auf die erwarteten Kreditausfälle begrenzt wäre, die inner­halb der Kündigungsfrist, die unter Umständen lediglich einen Tag beträgt, auftreten. Allerdings werden Banken in der Regel ihr Recht zur Aufhebung der Zusage nur dann ausüben, wenn bereits der Nachweis einer signifikanten Verschlechterung der Kredit­qualität besteht, was sie über einen wesentlich längeren Zeitraum einem Risiko aussetzt. Das IASB trug Bedenken interessierter Parteien durch die Ausarbeitung weiterführender Leitlinien sowie eines erläuternden Beispiels in Bezug auf solche Vereinbarungen Rechnung.56

Die Leitlinien beziehen sich auf Finanzinstrumente, die sowohl einen bereits gezogenen als auch einen noch nicht in Anspruch genommenen Kreditanteil aufweisen und bei denen die vertrag­lich vereinbarte Möglichkeit des Unternehmens, die Rückzahlung zu verlangen und die Zusage zu kündigen, das Risiko eines Kredit­ausfalls für das Unternehmen nicht auf die vertragliche Kündi­gungsfrist begrenzt. Im Folgenden werden drei Merkmale beschrie­ben, die üblicherweise mit solchen Finanzinstrumenten in Verbin ­ dung gebracht werden:

• Sie haben in der Regel keine feste Laufzeit oder Tilgungsstruk­tur, dafür aber eine kurze vertragliche Kündigungsfrist.

• Die vertraglich vereinbarte Möglichkeit, den Vertrag zu kündi­gen, wird nicht auf täglicher Basis durchgesetzt, sondern nur wenn der Kreditgeber von einer Erhöhung des Kreditrisikos auf der Ebene der Fazilität Kenntnis erlangt.

• Sie werden auf Portfolioebene verwaltet.

10 Revolvierende Kreditfazilitäten

Um den Zeitraum, für den die Risikovorsorge ermittelt wird, zu bestimmen, „hat ein Unternehmen Faktoren zu berücksichtigen wie historische Informationen über und Erfahrungen mit

(a) dem Zeitraum, in dem das Unternehmen bei ähnlichen Finanz­instrumenten einem Kreditrisiko ausgesetzt war;

(b) der Dauer des Zeitraums, bis zu dem entsprechende Ausfälle bei ähnlichen Finanzinstrumenten nach einer signifikanten Erhöhung des Kreditrisikos eingetreten sind, und

(c) den Maßnahmen des Kreditrisikomanagements, die das Unter­nehmen voraussichtlich ergreift, sobald sich das Kreditrisiko für das Finanzinstrument erhöht hat, beispielsweise die Herab­setzung oder die Aufhebung nicht in Anspruch genommener Kreditlinien.“57

Hinweis: Der Zeithorizont entspricht nicht dem Zeitraum, für den der Kreditgeber die Inanspruchnahme der Fazilität erwartet, son­dern dem Zeitraum, in dem der Kreditgeber de facto einem Kredit­risiko ausgesetzt ist. Es ist möglich, dass der Kreditgeber seine Kreditlinien einmal im Jahr vollständig „auffrischt“ und sie so beur­teilt, als ob sie neue Kreditlinien wären. In diesem Fall ist es an­gebracht, nur den Zeitraum bis zur nächsten Neubeurteilung zu berücksichtigen. Die meisten Kreditkarten haben jedoch eine längere Gültigkeitsdauer, und bis zum Zeitpunkt der nächsten „Auf­frischung“ der Fazilität werden sie nur dann einbezogen, wenn negative Informationen vorliegen.

Das folgende Beispiel veranschaulicht die Berechnung der Wert­minderung für revolvierende Kreditfazilitäten. Es basiert auf dem erläuternden Beispiel 10 in den Anwendungsleitlinien des Stan­dards.58 Aus Gründen der Klarheit wurden die im Standard­Beispiel enthaltenen Annahmen und Berechnungen angepasst, da dort keine konkreten Angaben über die Quelle der Parameter und die Art ihrer Berechnung enthalten sind. Das Beispiel wurde außer­dem erweitert, um die Berechnung der Risikovorsorgen aufzuzei­gen. Zur Vereinfachung des Beispiels haben wir jedoch darauf verzichtet, die erwarteten Verluste, wie eigentlich erforderlich, abzuzinsen.

56 Siehe IFRS 9.B5.5.39–B5.5.40. 57 Siehe IFRS 9.B5.5.40. 58 Siehe IFRS 9.IG, Beispiel 10, Paragrafen IE58–IE65.

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Beispiel 10-1: Revolvierende Kreditfazilitäten

Bank A gibt Kreditkarten mit einem Kündigungsrecht von einem Tag aus und verwaltet den in Anspruch genommenen und den nicht in Anspruch genommenen Kreditanteil bei jeder Karte zusammen als eine Fazilität. Bank A unterteilt das Kreditkartenportfolio, indem sie die Beträge, für die auf der Ebene der einzelnen Fazilität eine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos festgestellt wurde, von dem restlichen Portfolio trennt.

(Im weiteren Verlauf dieses Beispiels wird lediglich die Berechnung von erwarteten Kreditausfällen für das Unterportfolio veranschau­licht, für das auf der Ebene der einzelnen Fazilität keine wesentliche Erhöhung des Kreditrisikos festgestellt wurde.)

Zum Abschlussstichtag beträgt der offene Saldo des Unterportfolios WE 6.000.000 und der nicht in Anspruch genommene Anteil WE 4.000.000. Bank A setzt die erwartete Laufzeit des Unterportfolios mit 30 Monaten an (unter Verwendung der oben aufgeführten Leitlinien) und stellt fest, dass sich das Kreditrisiko bei 25 % des Unterportfolios seit der ursprünglichen Ausreichung signifikant erhöht hat und damit WE 1.500.000 des offenen Saldos sowie WE 1.000.000 des nicht in Anspruch genommenen Anteils ausmacht (siehe die in der unten stehenden Tabelle enthaltene Berechnung des Risikos).

Um die erwartete Höhe ihrer Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls (exposure at default – EAD) zu berechnen, verwendet Bank A einen Ansatz, bei dem sie die zum Abschlussstichtag in Anspruch genommenen Beträge sowie zusätzliche Inanspruchnahmen, die im Falle des Ausfalls eines Kunden erwartet werden, addiert. Für diese erwarteten zusätzlichen Inanspruchnahmen verwendet Bank A einen Kreditumrechnungsfaktor – eine prozentuale Schätzung, in welcher Höhe der Teil der zugesagten Kreditfazilitäten, der zum Abschlussstichtag nicht in Anspruch genommen ist, von einem Kunden vor seinem Ausfall in Anspruch genommen würde. Unter Anwendung ihrer Kreditmodelle setzt die Bank diesen Kreditumrechnungsfaktor mit 95 % an. Die erwartete Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls bei dem Teil der Fazilitäten, der auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet wird, wird daher mit WE 2.450.000 beziffert und setzt sich aus dem in Anspruch genommenen Saldo von WE 1.500.000 und den vor dem Ausfall des Kunden erwarteten weiteren Inanspruchnahmen in Höhe von WE 950.000 zusammen. Für die restlichen Fazilitäten beträgt die erwartete Höhe der Forde­rungen zum Zeitpunkt des Ausfalls, die auf der Basis der 12­Monats­ECL bewertet wird, WE 7.350.000. Dieser Betrag setzt sich aus dem restlichen in Anspruch genommenen Saldo von WE 4.500.000 und den erwarteten Inanspruchnahmen für Kunden, die in den nächsten zwölf Monaten ausfallen werden, in Höhe von WE 2.850.000 (siehe die in der nachstehenden Tabelle enthaltene Berech­nung der erwarteten Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls) zusammen.

Bank A hat geschätzt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls in den nächsten zwölf Monaten 5 % und in den nächsten 30 Monaten 30 % beträgt. Die Schätzung für den Verlust infolge eines Zahlungsausfalls bei den Kreditkarten im Unterportfolio beträgt 90 %. Daraus ergeben sich Gesamtlaufzeit­ECL von WE 661.500 und 12­Monats­ECL von WE 330.750 (siehe die ECL­Berechnungen in der nachstehenden Tabelle).

Für die Darstellung in der Bilanz werden die erwarteten Kreditausfälle, die sich auf den in Anspruch genommenen Betrag von WE 607.500 beziehen, als Wertberichtigung der Kreditkartenforderungen und die restlichen Kreditausfälle, die sich auf die nicht in Anspruch genommenen Fazilitäten von WE 384.750 beziehen, als Verbindlichkeit erfasst (siehe die nachstehende Tabelle).

Revolvierende Kreditfazilitäten

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Beispiel 10-1: Revolvierende Kreditfazilitäten (Fortsetzung)

Auf Ebene der Fazilität getroffene Entscheidung In Anspruch genommen Nicht in Anspruch genommen Summe

Fazilität WE 6.000.000 WE 4.000.000 WE 10.000.000

Risiko

Unterliegt Gesamtlaufzeit­ECL (bei 25 % der Fazilität wurde eine wesentliche Erhöhung des Kreditrisikos festgestellt)

25 % WE 1.500.000 WE 1.000.000 WE 2.500.000

Unterliegt 12­Monats­ECL (die restlichen 75 % der Fazilität)

75 % WE 4.500.000 WE 3.000.000 WE 7.500.000

Kreditumrechnungsfaktor59 95 %

Erwartete Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls60

Unterliegt Gesamtlaufzeit­ECL WE 1.500.000 WE 950.000 WE 2.450.000

Unterliegt 12­Monats­ECL WE 4.500.000 WE 2.850.000 WE 7.350.000

Ausfallwahrscheinlichkeit

Gesamtlaufzeit­ECL unterliegende Kredite

30 %

12­Monats­ECL unterliegende Kredite 5 %

Verlust infolge Zahlungsausfalls 90 %

Erwartete Kreditausfälle (erwartete Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls × Ausfall-wahrscheinlichkeit × Verlust infolge Zahlungsausfalls)

Gesamtlaufzeit­ECL unterliegende Kredite

WE 405.000 WE 256.500 WE 661.500

12­Monats­ECL unterliegende Kredite WE 202.500 WE 128.250 WE 330.750

WE 607.500 dargestellt als Risikovorsorge

auf Vermögenswerte

WE 384.750 dargestellt als Rückstellung

WE 992.250

59 Unabhängig von einer Verschlechterung der Kreditqualität wird ein einheitlicher Kreditumrechnungsfaktor verwendet. Das bedeutet, dass der Kreditumrechnungsfaktor vom „Ausfall“ abhängt, einem Bezugspunkt, der bei der Berechnung des über zwölf Monate und des über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfalls identisch ist.

60 Bei nicht in Anspruch genommenen Salden wird die erwartete Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls als Kredit × Kreditumrechnungsfaktor berechnet.

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Unsere Sichtweise • Bei Beispiel 10 des Standards (auf dem unser Beispiel 10­1 basiert) gehen wir davon aus, dass die 25 Prozent unter Anwendung

des Top­down­Ansatzes berechnet wurden (dieser Ansatz sowie verschiedene Schwierigkeiten bei seiner Anwendung werden in Abschnitt 5.9 erläutert). Das bedeutet: Die Bank weiß nicht, bei welchen Fazilitäten sich die Kreditqualität signifikant verschlechtert hat. Alternativ könnte der Prozentsatz unter Anwendung eines Bottom­up­Ansatzes berechnet werden.

• Aus Beispiel 10 des Standards geht nicht hervor, wie der Zeitraum von 30 Monaten berechnet wurde. Die Berechnung des Zeitraums ist vermutlich schwierig und erfordert Ermessensentscheidungen.

• Wir verwenden für die Berechnung der erwarteten Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls unabhängig davon, ob es um 12­Monats­ oder um Gesamtlaufzeit­ECL geht, denselben Kreditumrechnungsfaktor. Dies basiert auf der Annahme, dass der Umfang künftiger Inanspruchnahmen im Falle des Ausfalls eines Kunden nicht davon abhängig ist, ob zum Abschlussstichtag eine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos vorlag oder nicht. Das bedeutet, dass bei vielen Kreditkarten das Risiko im Falle eines Ausfalls nahezu dem Limit der gesamten Fazilität (Kreditlimit) entspricht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass einige Probleme auftreten können, wenn bei der Schätzung der erwarteten Höhe der Forderungen zum Zeitpunkt des Ausfalls ein traditionelles Kreditumrechnungsfaktormodell angewendet wird. Ein solches Modell liefert lediglich eine indirekte Schätzung, bei der in Anspruch genommene Beträge mit Erwartungen für die Umrechnung nicht in Anspruch genommener Beträge (entsprechend dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Kreditlimit und dem bereits in Anspruch genommenen Betrag) kombiniert werden. Ein Problem besteht darin, dass das Kreditlimit in der Praxis häufig überschritten wird, wenn der Kunde den Ausfallstatus erreicht. In diesem Fall wäre der Kreditumrechnungsfaktor höher als 1,0.

• Ein Grund, warum wir einen Kreditumrechnungsfaktor von unter 1,0 verwendet haben, liegt darin, dass IFRS 9 grundsätzlich die relevanten Kreditrisikopositionen auf das zum Abschlussstichtag bestehende vertraglich festgelegte Risiko, d. h. auf die dann beste­henden Ansprüche und Zusagen oder Verpflichtungen, beschränkt. Für bestimmte revolvierende Kreditfazilitäten gewährt IFRS 9 eine Ausnahme von diesem Grundsatz: Dabei wird der relevante Zeithorizont über die vertragliche Laufzeit des Instruments, das Ursache des Kreditrisikos ist, hinaus verlängert. Es gibt jedoch keine vergleichbare Ausnahmeregelung, mit der auch das vertraglich festgelegte Risiko zum Abschlussstichtag verlängert wird, indem Beträge, die über den maximalen vertraglich festgelegten Betrag des Kreditrisikos hinausgehen, berücksichtigt werden. Es ist unklar, ob die Absicht bestand, dass die Schätzung des Kreditrisikos aus revolvierenden Kreditfazilitäten nur im Hinblick auf den Zeithorizont erweitert werden soll oder dass die Fazilitäten, die zum Zeit­punkt des Ausfalls des Kunden überzogen sind, berücksichtigt werden sollten, selbst wenn dadurch das vertragliche Kreditlimit überschritten würde. Dies ist ein Thema, das ggf. bei der ITG zur Sprache kommen wird.

Revolvierende Kreditfazilitäten

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IFRS 9 verwendet durchgängig den Begriff „Risikovorsorge“ als Oberbegriff für erwartete Kreditausfälle, die in der Bilanz erfasst werden. Bei diesem Oberbegriff wird jedoch nicht darauf einge-gangen, auf welche Art die erwarteten Kreditausfälle in der Bilanz auszuweisen sind. Ihre Darstellung unterscheidet sich je nach der Art der zugrunde liegenden Sachverhalte, die in den Anwendungs-bereich der Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 fallen. In diesem Abschnitt wird erläutert, welche Darstellungsweise in den jeweiligen Situationen anzuwenden ist.

Jegliche Anpassungen des Saldos des Risikovorsorge aufgrund einer gemäß IFRS 9 erfassten Erhöhung oder Verringerung des Betrags von erwarteten Kreditausfällen wird in der Gewinn- und Verlustrechnung als separater Posten (Wertaufholung oder Wert-minderungsaufwand) erfasst.

11.1 Risikovorsorge für zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete finanzielle Vermögenswerte, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen

Erwartete Kreditausfälle bei zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerteten finanziellen Vermögenswerten, Leasingforderungen und aktiven Vertragsposten werden als Wertberichtigung erfasst, d. h. als Teil der Bewertung dieser Vermögenswerte in der Bilanz.

IFRS 9 enthält außerdem Leitlinien dafür, wann die Wertberichti-gung „genutzt“, also gegen den Bruttobuchwert eines finanziellen Vermögenswerts verrechnet werden soll. Dies ist dann der Fall, wenn ein finanzieller Vermögenswert abgeschrieben wird. Dies stellt eine Änderung gegenüber IAS 39 dar, der keine derartigen Leitlinien enthält und in dessen Leitlinien zur Ausbuchung auch nicht auf Abschreibungen eingegangen wird.

Ein Unternehmen ist verpflichtet, den Bruttobuchwert eines finan­ziellen Vermögenswerts zu vermindern, wenn es keine begründe-ten Erwartungen mehr hat, die vertraglich vereinbarten Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert vollständig oder teilweise zu realisieren. Eine Abschreibung wird als ein Ausbuchungssach-verhalt angesehen.

11 Ausweis der erwarteten Kreditausfälle in der Bilanz

Ein Beispiel: Ein Kreditgeber plant, die für einen Kredit gestellten Sicherheiten zu vollstrecken; er geht davon aus, durch den Ver-kauf der Sicherheiten nicht mehr als 30 Prozent des Werts des Kredits zu realisieren. Hat der Kreditgeber keine begründeten Erwartungen, aus dem Kredit weitere Cashflows zu realisieren, muss er die restlichen 70 Prozent abschreiben. Dieses Beispiel, das aus dem Standard entnommen wurde, zeigt, dass Abschrei-bungen nur für einen Teilbetrag und nicht für den gesamten Bruttobuchwert vorgenommen werden können.61

Ist der Verlust aus der Abschreibung höher als die kumulierte Risikovorsorge, stellt der Unterschiedsbetrag einen zusätzlichen Wertminderungsaufwand dar. In Situationen, in denen ein darüber hinausgehender Wertminderungsaufwand entsteht, stellt sich die Frage, wie dieser dargestellt werden soll: einfach als Verlust in der Gewinn- und Verlustrechnung mit einer Gegenbuchung direkt im Bruttobuchwert oder zuerst als Zugang zu der Wertberichtigung, um ihn dann mit dem Bruttobuchwert zu verrechnen. Der Unter-schied zwischen diesen beiden Alternativen besteht darin, ob der zusätzliche Wertminderungsaufwand durch die Wertberichtigung „hindurchfließt“, woraus eine Überleitung der Wertberichtigung als Zuführung und als Verwendung (d. h. eine Abschreibung) resul-tiert, oder ob solche zusätzlichen Wertminderungsbeträge die Wertberichtigung „umgehen“. Im ursprünglichen Standardentwurf des IASB 2009 (siehe Abschnitt 1.1) war explizit vorgeschrieben, dass alle Abschreibungen nur gegen die Wertberichtigung ver-rechnet werden können. Das bedeutet, dass alle erfolgswirksamen „direkten“ Abschreibungen ohne Durchfließen der Wertberichti-gung unzulässig waren. Der endgültige Standard enthält jedoch keine derartige explizite Leitlinie.

Außerdem ist ein Unternehmen nach IFRS 7 verpflichtet, seine Grundsätze in Bezug auf Abschreibungen und die während des Berichtszeitraums abgeschriebenen Beträge, die noch Beitrei-bungsverfahren unterliegen (siehe Abschnitt 12), offenzulegen.62

61 Siehe IFRS 9.B5.4.9. 62 Siehe IFRS 7.35F und 35L.

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11.2 Rückstellungen für Kreditzusagen und Finanzgarantien

Im Gegensatz zu der Darstellung der Wertminderung von Ver-mögenswerten werden erwartete Kreditausfälle bei Kreditzusagen und Finanzgarantien in der Bilanz als Rückstellung, d. h. passivisch als Verbindlichkeit, ausgewiesen.

Bei Finanzinstituten, die Kreditfazilitäten anbieten, können Zusa-gen häufig teilweise in Anspruch genommen werden, d. h., ein Unternehmen verfügt über eine Fazilität, die sowohl einen bereits in Anspruch genommen Anteil (d. h. einen finanziellen Vermö-genswert) als auch einen nicht in Anspruch genommenen Anteil (d. h. eine Kreditzusage) enthält. Wenn das Unternehmen die erwarteten Kreditausfälle, die auf die in Anspruch genommene und auf die nicht in Anspruch genommene Zusage entfallen, nicht gesondert identifizieren kann, ist gemäß IFRS 7 die Rückstellung für erwartete Kreditausfälle bei der Kreditzusage zusammen mit der Wertberichtigung für den finanziellen Vermögenswert dar-zustellen. Wenn die zusammengenommenen erwarteten Kredit-ausfälle den Bruttobuchwert des finanziellen Vermögenswerts übersteigen, sieht IFRS 7 außerdem vor, dass die erwarteten Kreditausfälle als Rückstellung zu erfassen sind.63

11.3 Kumulierter Wertminderungsbetrag für erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente

Anstatt erwartete Kreditausfälle bei erfolgsneutral zum beizule-genden Zeitwert bewerteten finanziellen Vermögenswerten als Wertberichtigung auszuweisen, wird der entsprechende Betrag im sonstigen Ergebnis als kumulierter Wertminderungsbetrag er-fasst. Dies liegt daran, dass erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte in der Bilanz mit dem beizulegenden Zeitwert bewertet werden und der kumu-lierte Wertminderungsbetrag den Buchwert dieser Vermögens-werte nicht vermindern kann (siehe Abschnitt 7).

11.4 Bilanzierung zum Handelstag und zum Erfüllungstag

Für zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte schreibt der Standard vor, dass Unternehmen bei der Anwendung der Wertminderungsvorschriften den Handelstag als Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung ansetzen müssen.64 Das bedeutet, dass Unternehmen, die eine Bilanzierung zum Erfüllungstag prakti-zieren, ggf. eine Risikovorsorge für finanzielle Vermögenswerte, die sie erworben, aber noch nicht erfasst haben, erfassen müs-sen. Entsprechend ist keine Risikovorsorge für finanzielle Vermö-genswerte, die sie verkauft, aber noch nicht ausgebucht haben, zu erfassen.

Unsere Sichtweise Wir weisen darauf hin, dass ein Widerspruch zwischen der Angabevorschrift von IFRS 7 und den in IFRS 9 enthaltenen Abschreibungskriterien besteht, da man kaum argumentieren kann, dass keine begründeten Erwartungen hinsichtlich der Realisierung der vertraglich vereinbarten Cashflows bestehen, wenn der Kredit noch Beitreibungsverfahren unterliegt.

63 Siehe IFRS 7.B8E. 64 Siehe IFRS 9.5.7.4.

Ausweis der erwarteten Kreditausfälle in der Bilanz

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106 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Unsere Sichtweise Die Erfassung der Risikovorsorge zum Handelstag stellt sicher, dass Unternehmen die Risikovorsorge zum selben Zeitpunkt erfassen, unabhängig davon, ob sie sich für eine Bilanzierung zum Handelstag oder zum Erfüllungstag entschieden haben; denn andernfalls könnten Unternehmen eine Bilanzierung zum Erfüllungstag wählen, um die Erfassung der Risikovorsorge bis zum Erfüllungstag auf-zuschieben. Dies hat ähnliche Auswirkungen wie die Bilanzierung von Änderungen des beizulegenden Zeitwerts von erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten finanziellen Vermögenswerten sowie von erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewer-teten finanziellen Vermögenswerten, wenn die Bilanzierung zum Erfüllungstag praktiziert wird (d. h., eine Bewertungsänderung muss in der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz erfasst werden, selbst wenn die entsprechenden Vermögenswerte, die bewertet werden, erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt erfasst werden).

Bei der Bilanzierung zum Erfüllungstag wirft die Erfassung einer Risikovorsorge für einen Vermögenswert, der noch nicht erfasst wurde, die Frage auf, wie diese Risikovorsorge in der Bilanz darzustellen ist. Der Zeitraum zwischen dem Handelstag und dem Erfüllungstag ist in etwa mit einer Kreditzusage vergleichbar: Die Erfassung erfolgt nämlich „außerbilanziell“, was auf eine Darstellung als Rückstellung hindeutet.

In der Praxis ziehen viele Unternehmen die Bilanzierung zum Erfüllungstag vor, da sie keine zusätzlichen Systemfunktionen benötigen, um die finanziellen Vermögenswerte zum Handelstag zu erfassen (d. h., bei finanziellen Vermögenswerten, die bis zum Erfüllungstag zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, gibt es nichts zu bilanzieren). Der Wechsel vom Incurred-losses-Modell nach IAS 39 zum Expected-losses-Modell nach IFRS 9 bedeutet, dass die vereinfachte Bilanzierung von zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerteten finanziellen Vermögenswerten zum Erfüllungstag aus operativer Sicht viele Vorteile einbüßen würde. Dies wird insbe-sondere Auswirkungen auf Unternehmen haben, die auf Halbjahres- oder Quartalsbasis (und nicht auf Jahresbasis) berichten, sowie auf Unternehmen, die rund um den Abschlussstichtag viele Transaktionen abwickeln.

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Die neuen Angabepflichten zum Kreditrisiko sind mit weniger Aufwand verbunden als die im ED/2013/3 vorgeschlagenen An-gabepflichten. Dennoch wurden sie im Vergleich zu den derzeit geltenden Angabevorschriften des IFRS 7 deutlich erweitert und durch einige detaillierte Anwendungsleitlinien ergänzt.

12.1 Anwendungsbereich und ZielsetzungDie neuen Angaben zum Kreditrisiko sollen Abschlussadressaten in die Lage versetzen, die Auswirkungen des Kreditrisikos auf den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheit künftiger Cashflows nachzuvollziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind folgende An-gaben zu machen:

• Angaben zum Kreditrisikomanagement des Unternehmens und zu dessen Auswirkungen auf den Ansatz und die Bewertung der erwarteten Kreditausfälle, einschließlich der Methoden, An-nahmen und Informationen, die bei der Bemessung der erwar-teten Kreditausfälle verwendet werden (siehe Abschnitt 12.2)

• quantitative und qualitative Angaben, anhand derer Abschluss-adressaten die in den Abschlüssen ausgewiesenen Beträge, die aus erwarteten Kreditausfällen resultieren, beurteilen können, einschließlich Angaben zu den Änderungen des Betrags dieser erwarteten Kreditausfälle und den Gründen für diese Änderun-gen (siehe Abschnitt 12.3)

• Angaben zum Kreditrisiko des Unternehmens, also zu dem mit den finanziellen Vermögenswerten und Kreditzusagen des Unter-nehmens verbundenen Kreditrisiko, einschließlich Angaben zu wesentlichen Kreditrisikokonzentrationen (siehe Abschnitt 12.4)

Im Hinblick auf das vorstehend genannte Ziel muss das Unter-nehmen entscheiden, wie detailliert seine Angaben sein sollen, wie stark verschiedene Aspekte der Pflichtangaben hervorgeho-ben werden sollen, in welchem Umfang es angemessen ist, Pos-ten zusammenzufassen oder separat darzustellen, und ob die Ab-schlussadressaten zusätzliche Erläuterungen oder Informationen benötigen, um die quantitativen Angaben im Abschluss beurteilen zu können.

Um Wiederholungen zu vermeiden, ist es nach IFRS 7 zulässig, diese Informationen mittels eines Querverweises vom Abschluss zu einem anderen Berichtsinstrument wie beispielsweise einem

12 Angabepflichten

Lage­ oder Risikobericht, der den Abschlussadressaten zu densel-ben Bedingungen und zur selben Zeit wie der Abschluss zugäng-lich ist, einzubeziehen. Ohne diese mittels Querverweis einbezoge-nen Informationen ist der Abschluss unvollständig.

Einige Angaben zum Kreditrisiko müssen nach Klassen von Finanz-instrumenten untergliedert werden. Finanzinstrumente, die einer bestimmten Klasse zugeordnet werden, sollten die gleichen wirt-schaftlichen Merkmale im Hinblick auf das Kreditrisiko aufweisen. Ein Kreditgeber könnte beispielsweise zu dem Schluss kommen, dass Privathypotheken, unbesicherte Verbraucherkredite und Fir-menkredite unterschiedliche wirtschaftliche Merkmale haben.

Sofern nicht anders angegeben, gelten die in den Abschnitten 12.2 bis 12.4 dargelegten Angabepflichten nur für Finanzinstru-mente, auf die die Wertminderungsbestimmungen des IFRS 9 anzuwenden sind.

12.2. KreditrisikomanagementEin Unternehmen hat seine Kreditrisikomanagementmaßnahmen zu erläutern und darzulegen, wie sie sich auf den Ansatz und die Bewertung der erwarteten Kreditausfälle auswirken. Um diese Ziel-setzung zu erfüllen, sollte das Unternehmen Angaben machen, die Abschlussadressaten in die Lage versetzen, nachfolgend auf-geführte Sachverhalte zu verstehen und zu bewerten:

• wie das Unternehmen ermittelt hat, ob sich das Kreditrisiko seiner Finanzinstrumente seit ihrem erstmaligem Ansatz signifikant erhöht hat, einschließlich Angaben dazu, ob und inwieweit

• das Kreditrisiko der Finanzinstrumente als gering eingestuft wird (siehe Abschnitt 5.4)

• die Vermutung, dass sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz signifikant erhöht hat, wenn finanzielle Vermögens-werte mehr als 30 Tage überfällig sind, widerlegt werden konnte (siehe Abschnitt 5.5)

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• seine Definition des Begriffs „Ausfallereignis“einschließlich einer Begründung für die Wahl dieser Definition (siehe Abschnitt 4.2.1). Dies kann Folgendes umfassen:

• die qualitativen und quantitativen Faktoren, die bei der Defi­nition des Begriffs „Ausfallereignis“ berücksichtigt wurden

• Angaben dazu, ob auf unterschiedliche Arten von Finanzinst-rumenten unterschiedliche Definitionen angewendet wurden

• Annahmen zur sog. cure rate, d. h. zur Anzahl der finanziellen Vermögenswerte, die zum Status performing zurückkehren, nachdem sie bereits von einem Ausfallereignis betroffen waren

• wie die Instrumente zusammengefasst wurden, wenn die er-warteten Kreditausfälle auf Portfolioebene ermittelt wurden (siehe Abschnitt 5.9)

• wie das Unternehmen ermittelt hat, dass finanzielle Vermö-genswerte wertgemindert sind (siehe Abschnitt 3.3)

• die Abschreibungsgrundsätze des Unternehmens, einschließ-lich Angaben zu den Faktoren, die darauf schließen lassen, dass keine begründeten Erwartungen mehr bestehen, den finan-ziellen Vermögenswert zu realisieren, und Angaben zum Vor-gehen bei abgeschriebenen finanziellen Vermögenswerten, hin-sichtlich derer noch Verfahren zur Vollstreckung laufen (siehe Abschnitt 11.1)

• wie die Anforderungen in Bezug auf die Modifizierung ver-traglich vereinbarter Cashflows aus finanziellen Vermögens-werten angewandt wurden, einschließlich Angaben dazu, wie das Unternehmen (siehe Abschnitt 6)

• feststellt, ob sich das Kreditrisiko aus einem finanziellen Ver-mögenswert, der modifiziert wurde, während die Risikovor-sorge auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL bemessen wurde, so verbessert hat, dass die Bemessung der Risikovor-sorge wieder auf der Basis der 12­Monats­ECL vorgenommen werden kann

• überwacht, in welchem Maße die Risikovorsorge für finanzielle Vermögenswerte, die die im vorigen Aufzählungspunkt ent-haltenen Kriterien erfüllen, in der Folgebewertung wieder auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL bemessen wird; quantitative Informationen, die Abschlussadressaten ein Ver-ständnis für die anschließende Erhöhung des Kreditrisikos

modifizierter finanzieller Vermögenswerte vermitteln, können Informationen beinhalten, die darüber Auskunft geben, bei welchen finanziellen Vermögenswerten die Bemessung der Risikovorsorge wieder auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL vorgenommen wird (dies entspricht der deterioration rate)

Das Unternehmen hat außerdem die Inputdaten, Annahmen und Schätzverfahren, die es zur Erfüllung der Wertminderungsbe-stimmungen von IFRS 9 anwendet, zu erläutern. Zu diesem Zweck hat es folgende Angaben zu machen:

• die Grundlage für die Inputdaten, Annahmen und Schätz-verfahren, die es anwendet, um

• die 12­Monats­ und die Gesamtlaufzeit­ECL zu ermitteln (siehe Abschnitte 4.1 und 4.2)

• zu bestimmen, ob sich das Kreditrisiko von Finanzinstrumen-ten seit ihrem erstmaligem Ansatz signifikant erhöht hat (siehe Abschnitt 5)

• zu ermitteln, ob ein finanzieller Vermögenswert wertgemin-dert ist (siehe Abschnitt 3.3)

Dies kann Informationen auf der Grundlage interner histori-scher Daten, Ratingberichte und Annahmen über die erwartete Laufzeit des Finanzinstrumente und den Zeitpunkt der Sicher-heitenverwertung umfassen.

• wie zukunftsbezogene Informationen bei der Bestimmung der erwarteten Kreditausfälle berücksichtigt wurden, einschließlich Angaben zur Verwendung makroökonomischer Informationen (siehe Abschnitt 4.7.3)

• Änderungen der Schätzverfahren oder wesentlicher An-nahmen während der Berichtsperiode und die Gründe für die Änderungen

Die neuen Angabepflichten zum Kreditrisiko wurden deutlich erweitert.

Angabepflichten

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12.3 Quantitative und qualitative Angaben zu Beträgen, die aus erwarteten Kredit-ausfällen resultieren

Unternehmen sollten die Änderungen der Risikovorsorge und die Gründe für diese Änderungen mittels einer Überleitungsrechnung vom Eröffnungs- zum Schlusssaldo erläutern. Dies sollte in Form einer Tabelle erfolgen, in der die während der Periode eingetrete-nen Änderungen für jede relevante Klasse von Finanzinstrumen-ten separat ausgewiesen werden (siehe Beispiel 12-1). Dies betrifft die folgenden Änderungen:65

• Änderungen der auf der Grundlage der 12­Monats­ECL gebildeten Risikovorsorge

• Änderungen der auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL gebildeten Risikovorsorge für

• Finanzinstrumente, deren Kreditrisiko sich seit ihrem erstma-ligen Ansatz signifikant erhöht hat, die aber nicht als wert-geminderte finanzielle Vermögenswerte eingestuft werden

• finanzielle Vermögenswerte, die zum Abschlussstichtag wert-gemindert sind (aber bei Erwerb oder Ausreichung noch nicht wertgemindert waren)

• Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Ver-tragsposten oder Leasingforderungen, deren Risikovorsorge nach einem vereinfachten Ansatz auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL gebildet wird

• finanzielle Vermögenswerte, die bei Erwerb oder Ausrei-chung wertgemindert waren. Außerdem muss das Unterneh-men den Gesamtbetrag der nicht abgezinsten erwarteten Kreditausfälle beim erstmaligen Ansatz solcher Vermögens-werte während der Berichtsperiode angeben.

Zudem kann es erforderlich sein, die während der Berichtsperiode eingetretenen Änderungen der Risikovorsorge in einer gesonder-ten Anmerkung zu erläutern. Dies kann eine Analyse der Gründe für die Änderungen und folgende Angaben umfassen:

• Zusammensetzung des Portfolios

• Volumen der erworbenen oder ausgereichten Finanz instrumente

• Höhe der erwarteten Kreditausfälle

65 Siehe IFRS 7.35H.

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Beispiel 12-1: Überleitungsrechnung der Risikovorsorge

Risikovorsorge für [Vermögensklasse] 12-Monats-ECL WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – nicht wertgeminderte Kredite

WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – wert-geminderte Kredite

WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – vereinfachter Ansatz für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen WE Mio.

Erworbene oder ausgereichte wertgeminderte Kredite

WE Mio.

Summe

WE Mio.

Zum 1. Januar 2018 56,3 247,4 36,7 13,2 3,4 357,0

Währungsumrechnungs- und sonstige Differenzen (3)

2,4 9,3 1,8 (0,4) (0,7) 12,4

Abschreibungen (2,8) (9,6) (13,5) (0,6) (1,2) (27,7)

Aufzinsung (1) 0,5 7,4 1,7 0,5 0,1 9,7

Neu ausgereichte oder erworbene finanzielle Vermögenswerte (1)

12,7 - - 3,7 - 16,4

Umbuchungen (1)

zu 12­Monats­ECL 4,3 (12,7) (0,4) (8,8)

zu Gesamtlaufzeit­ECL – nicht wertgeminderte Kredite

(5,2) 22,8 (3,4) 14,2

zu Gesamtlaufzeit­ECL – wertgeminderte Kredite

(2,4) (14,7) 23,3 (0,5) 6,2

Während der Periode ausgebuchte finanzielle Vermögenswerte (nicht abgeschrieben) auf-grund von Rückzahlungen, Modifizierungen, Veräußerungen etc. (2)

(14,6) (23,8) (2,4) (4,2) (3,7) (46,3)

Änderungen der Modelle/ Risikoparameter (1)

3,4 8,1 2,7 0,2 1,6 16,0

Zum 31. Dezember 2018 54,1 234,2 48,9 12,4 (0,5) 348,6

(1) Erfolgswirksame Erfassung. Der Aufzinsungsbetrag wird für die erste, zweite und vierte Spalte als Wertminderungsaufwand erfasst, für die dritte und fünfte Spalte dagegen als Zinsertrag. Im Hinblick auf die Umbuchungen ist zu beachten, dass die Beträge in den einzelnen Spalten voneinander abweichen, da die Beträge in der zweiten, dritten und vierten Spalte Gesamtlaufzeit­ELC und die Beträge in der ersten Spalte lediglich 12­Monats­ECL darstellen. Der sich über alle Spalten hinweg ergebende Nettoeffekt entspricht der Nettoauswirkung auf das Periodenergebnis. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Beträge in der Tabelle von der Reihenfolge abhängen, in der die verschiedenen Posten angewendet werden, d. h. ob die Umbu-chungen zwischen den Spalten vor den Änderungen der Risikoparameter berechnet werden. Dies gilt auch für die neuen, in der Periode erfassten Vermögenswerte, für die wir in der zweiten und dritten Spalte den Betrag null angesetzt haben. Für diese könnte jedoch ein Betrag zu erfassen sein, wenn die Wertminderung erst am Ende der Periode bewertet wird, denn das Kreditrisiko eines Vermögenswerts kann sich bereits erheblich erhöht haben, bevor der Vermögenswert zum ersten Mal auf Wertminderung überprüft wird. In diesem Fall würde es nicht aus der ersten Spalte umgegliedert.

Angabepflichten

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Beispiel 12-1: Überleitungsrechnung der Risikovorsorge

Risikovorsorge für [Vermögensklasse] 12-Monats-ECL WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – nicht wertgeminderte Kredite

WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – wert-geminderte Kredite

WE Mio.

Gesamtlaufzeit-ECL – vereinfachter Ansatz für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Vertragsposten und Leasingforderungen WE Mio.

Erworbene oder ausgereichte wertgeminderte Kredite

WE Mio.

Summe

WE Mio.

Zum 1. Januar 2018 56,3 247,4 36,7 13,2 3,4 357,0

Währungsumrechnungs- und sonstige Differenzen (3)

2,4 9,3 1,8 (0,4) (0,7) 12,4

Abschreibungen (2,8) (9,6) (13,5) (0,6) (1,2) (27,7)

Aufzinsung (1) 0,5 7,4 1,7 0,5 0,1 9,7

Neu ausgereichte oder erworbene finanzielle Vermögenswerte (1)

12,7 - - 3,7 - 16,4

Umbuchungen (1)

zu 12­Monats­ECL 4,3 (12,7) (0,4) (8,8)

zu Gesamtlaufzeit­ECL – nicht wertgeminderte Kredite

(5,2) 22,8 (3,4) 14,2

zu Gesamtlaufzeit­ECL – wertgeminderte Kredite

(2,4) (14,7) 23,3 (0,5) 6,2

Während der Periode ausgebuchte finanzielle Vermögenswerte (nicht abgeschrieben) auf-grund von Rückzahlungen, Modifizierungen, Veräußerungen etc. (2)

(14,6) (23,8) (2,4) (4,2) (3,7) (46,3)

Änderungen der Modelle/ Risikoparameter (1)

3,4 8,1 2,7 0,2 1,6 16,0

Zum 31. Dezember 2018 54,1 234,2 48,9 12,4 (0,5) 348,6

(2) Keiner dieser Beträge wird erfolgswirksam als Wertminderungsaufwand erfasst. Unterschiede zwischen den fortgeführten Anschaffungskosten und der bei Ausbuchung erhaltenen Gegenleistung werden erfolgswirksam erfasst und in dem neu vorgeschriebenen Posten „Zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Gewinne und Verluste aus der Ausbuchung finanzieller Vermögenswerte“ ausgewiesen.

(3 ) Dieser Betrag kann teilweise in der Gewinn- und Verlustrechnung als Fremdwährungsneubewertung und teilweise im sonstigen Ergebnis erfasst werden, wenn er sich auf die Rückumrechnung einer ausländischen Tochtergesellschaft bezieht.

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Unternehmen haben außerdem zu erläutern, in welchem Umfang während der Berichtsperiode eingetretene signifikante Änderungen des Bruttobuchwerts der Finanzinstrumente die Höhe der Risiko-vorsorge beeinflusst haben. Diese Angaben sind separat für alle Finanzinstrumente, für die eine Risikovorsorge gemäß Abschnitt 12.3 gebildet wird, zu machen. Hier einige Beispiele für Änderun-gen des Bruttobuchwerts von Finanzinstrumenten, die sich auf die Höhe der Risikovorsorge ausgewirkt haben:66

• Änderungen aufgrund von Finanzinstrumenten, die während der Berichtsperiode ausgereicht oder erworben wurden

• die Modifizierung vertraglich vereinbarter Cashflows aus finan-ziellen Vermögenswerten, die nicht zu einer Ausbuchung dieser finanziellen Vermögenswerte führen

• Änderungen aufgrund von Finanzinstrumenten, die während der Berichtsperiode ausgebucht wurden (einschließlich abge-schriebener Finanzinstrumente)

• Änderungen, die sich daraus ergeben, dass die Risikovorsorge nicht mehr auf der Grundlage der erwarteten 12­Monats­ECL, sondern auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL bemessen wird (und umgekehrt)

Unsere Sichtweise Der ED/2013/3 sah zunächst eine Überleitung der Bruttobuch-werte vor. Der endgültige Standard verlangt dagegen lediglich eine Erläuterung, in welchem Umfang während der Berichts-periode eingetretene wesentliche Änderungen der Bruttobuch-werte der Finanzinstrumente die Höhe der Risikovorsorge beeinflusst haben. Da die Anwendungsleitlinien zu dem Stan-dard eine Überleitung der Bruttobuchwerte enthalten, könnte eine solche Überleitung als „Best Practice“ und einfachster Weg, die Informationen zu vermitteln, angesehen werden.67

Die veröffentlichten Informationen sollten darüber hinaus über die Art und Auswirkungen von Modifizierungen vertraglich verein-barter Cashflows aus finanziellen Vermögenswerten, die nicht zu einer Ausbuchung geführt haben, auf die Bemessung der erwarte-ten Kreditausfälle Aufschluss geben (siehe Abschnitt 6). Folgende Angaben sind zu machen:

• die fortgeführten Anschaffungskosten vor der Modifizierung und die Nettogewinne oder ­verluste aus der Modifizierung, die für finanzielle Vermögenswerte erfasst wurden, bei denen die ver-traglich vereinbarten Cashflows während der Berichtsperiode modifiziert wurden, während ihre Risikovorsorge auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL gebildet wurde

• der zum Ende der Berichtsperiode erfasste Bruttobuchwert der finanziellen Vermögenswerte, die seit ihrem erstmaligen An-satz zu einem Zeitpunkt modifiziert wurden, zu dem die Risiko-vorsorge auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL bemessen wurde, und für die während der Berichtsperiode ein Übergang zu einer Bewertung auf der Grundlage der 12­Monats­ECL statt-gefunden hat

Wird die Risikovorsorge für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder Leasingforderungen nach dem vereinfachten Ansatz auf der Grundlage der Gesamtlaufzeit­ECL bewertet, müs-sen nur dann Angaben zu Modifizierungen gemacht werden, wenn diese finanziellen Vermögenswerte bei Modifizierung mehr als 30 Tage überfällig sind.

Damit die Abschlussadressaten die Auswirkungen von Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen auf die aus erwarteten Kredit-ausfällen resultierenden Beträge beurteilen können, sind für jede Klasse von Finanzinstrumenten folgende Angaben zu machen (siehe Abschnitt 4.6):68

• der Betrag, der das maximale Kreditrisiko, dem das Unterneh-men am Ende der Berichtsperiode ausgesetzt ist, am besten darstellt, wobei gehaltene Sicherheiten oder andere Kreditbe-sicherungen (z. B. Aufrechnungsvereinbarungen, die nicht die Saldierungskriterien gemäß IAS 32 Finanzinstrumente: Darstel-lung erfüllen) nicht berücksichtigt werden

66 Siehe IFRS 7.35I. 67 Siehe IFRS 7.IG20B. 68 Siehe IFRS 7.35K.

Angabepflichten

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114 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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• eine Beschreibung der gehaltenen Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen (diese Anforderungen gelten nicht für Leasingforderungen), einschließlich:

• Beschreibung der Art und Qualität der gehaltenen Sicherheiten

• Erläuterung aller wesentlichen Änderungen der Qualität die-ser Sicherheiten oder Kreditbesicherungen aufgrund einer Verschlechterung oder Änderung der Besicherungsgrund-sätze des Unternehmens während der Berichtsperiode

• Angaben zu Finanzinstrumenten, für die aufgrund der Sicher-heiten keine Risikovorsorge gebildet wurde

Dies kann auch folgende Informationen umfassen:69

• die wichtigsten Arten gehaltener Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen; Beispiele für Letzteres sind Garantien, Kreditderivate und Aufrechnungsvereinbarungen, die nicht die Saldierungskriterien gemäß IAS 32 erfüllen

• das Volumen der gehaltenen Sicherheiten und anderer Kre-ditbesicherungen und ihre Bedeutung für die Risikovorsorge

• die Richtlinien und Verfahren für die Bewertung und Verwal-tung der Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen

• die wichtigsten Arten von Geschäftspartnern bei Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen und deren Bonität

• Angaben zu Risikokonzentrationen innerhalb der Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen

• quantitative Angaben zu den gehaltenen Sicherheiten und an-deren Kreditbesicherungen (z. B. Quantifizierung des Umfangs, in dem die Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen das Kreditrisiko vermindern) in Bezug auf finanzielle Vermögens-werte, die zum Abschlussstichtag wertgemindert sind

Angaben zum beizulegenden Zeitwert der Sicherheiten und ande-rer Kreditbesicherungen sind nicht zu machen; eine Quantifizie-rung des genauen Werts der bei der Berechnung der erwarteten Kreditausfälle (d. h. des Verlusts infolge Zahlungsausfall) berück-sichtigten Sicherheit ist ebenfalls nicht erforderlich.

Bei einem finanziellen Vermögenswert entspricht das maximale Kreditrisiko in der Regel dem Bruttobuchwert abzüglich aller Beträge, die gemäß IAS 32 saldiert wurden, und aller Wertminde-rungsaufwendungen, die gemäß IFRS 9 erfasst wurden. Tätig-keiten, die zu Kreditrisiken und zum damit verbundenen maxima-len Kreditrisiko führen, sind unter anderem:

• Gewährung von Krediten an Kunden sowie die Platzierung von Einlagen bei anderen Unternehmen: In diesen Fällen stellt der Buchwert des zugehörigen finanziellen Vermögenswerts das maximale Kreditrisiko dar, dem das Unternehmen ausgesetzt ist.

• Abschluss von derivativen Finanzinstrumenten wie Devisen-kontrakten, Zinsswaps und erworbenen Kreditderivaten: Wird der daraus resultierende Vermögenswert zum beizulegen-den Zeitwert bewertet, entspricht das maximale Kreditrisiko, dem das Unternehmen zum Abschlussstichtag ausgesetzt ist, dem Buchwert.

• Gewährung von Finanzgarantien: In diesem Fall entspricht das maximale Kreditrisiko dem Höchstbetrag, den das Unternehmen zu zahlen verpflichtet wäre, wenn die Garantie in Anspruch ge-nommen würde, wobei dieser Betrag erheblich höher sein kann als der Betrag, der als Verbindlichkeit erfasst wurde.

• Gewährung einer Kreditzusage, die über ihre gesamte Dauer unwiderruflich ist oder nur im Fall einer wesentlichen negativen Veränderung widerrufen werden kann: Kann der Emittent die Kreditzusage nicht auf Nettobasis in Zahlungsmitteln oder einem anderen Finanzinstrument erfüllen, entspricht das maximale Kreditrisiko dem vollen zugesagten Betrag, weil unsicher ist, ob etwaige nicht abgerufene Teile des Kredits zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden können. Dieser Betrag kann erheb-lich über dem als Verbindlichkeit erfassten Betrag liegen.

Darüber hinaus ist der ausstehende Vertragswert von finanziellen Vermögenswerten anzugeben, die während der Berichtsperiode abgeschrieben wurden, hinsichtlich derer aber noch Verfahren zur Vollstreckung laufen (siehe Abschnitt 11.1).

69 Siehe IFRS 7.B8G.

115EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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12.4 Kreditrisiko

Abschlussadressaten sollten in der Lage sein, das Kreditrisiko eines Unternehmens sowie seine wesentlichen Kreditrisikokonzen-trationen zu verstehen und zu bewerten. Unternehmen sollten daher die Bruttobuchwerte der finanziellen Vermögenswerte und das Kreditrisiko aus Kreditzusagen und Finanzgarantieverträgen untergliedert nach Kreditrisikoeinstufung (siehe Abbildung A-1) angeben. Diese Angaben sind separat für alle Finanzinstrumente zu machen, für die die Risikovorsorge auf folgender Grundlage bemessen wird:70

• 12­Monats­ECL

• Gesamtlaufzeit­ECL:

• Finanzinstrumente, deren Kreditrisiko sich seit dem erst-maligen Ansatz signifikant erhöht hat, die aber nicht als wert-geminderte finanzielle Vermögenswerte eingestuft sind

• finanzielle Vermögenswerte, die zum Abschlussstichtag wert-gemindert sind (aber bei Erwerb oder Ausreichung noch nicht wertgemindert waren)

• Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aktive Ver trags­posten oder Leasingforderungen, deren Risikovorsorge nach einem vereinfachten Ansatz auf der Grundlage der Ge samt- laufzeit­ECL gebildet wird; Angaben zu diesen Ver mö gens wer­ten können in Form einer Wertminderungsmatrix erfolgen

• finanzielle Vermögenswerte, die bei Erwerb oder Ausreichung wertgemindert waren

Die Kreditrisikoeinstufung ist definiert als Bewertung des Kredit­risikos auf der Basis der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls in Verbin-dung mit dem Finanzinstrument. Die Zahl der Kreditrisikostufen, auf deren Grundlage die vorstehenden Informationen veröffentlicht werden, sollte der Zahl der Kreditrisikostufen entsprechen, die das Unternehmen in seiner Berichterstattung an die Mitglieder der Geschäftsleitung im Rahmen des Kreditrisikomanagements ver-wendet. Sind Informationen zum Zahlungsverzug die einzigen ver-fügbaren kreditnehmerbezogenen Informationen und werden

diese Informationen zum Zahlungsverzug verwendet, um zu beurteilen, ob sich das Kreditrisiko seit dem erstmaligen Ansatz wesentlich erhöht hat, sollte für diese Klasse von finanziellen Vermögenswerten eine Analyse nach dem Verzugsstatus vorge-nommen werden.

Werden erwartete Kreditausfälle auf Portfolioebene bewertet, kann es in bestimmten Situationen unmöglich sein, den Bruttobuch-wert einzelner finanzieller Vermögenswerte oder das Kreditrisiko bei Kreditzusagen und Finanzgarantien den Kreditrisikoeinstufun-gen, für die Gesamtlaufzeit­ECL erfasst werden, zuzuordnen. In diesem Fall sollte die vorstehende Angabepflicht auf die finanziel-len Instrumente angewendet werden, die direkt einer Kredit-risiko stufe zugeordnet werden können. Der Bruttobuchwert von Finanz instrumenten, deren Gesamtlaufzeit­ECL auf Portfolio-ebene bewertet wurden, ist gesondert anzugeben.

Eine Konzentration von Kreditrisiken entsteht, wenn eine Reihe von Geschäftspartnern in ähnlichen Bereichen tätig oder in der-selben Region ansässig sind oder andere gemeinsame wirtschaft-liche Merkmale aufweisen, sodass deren Fähigkeit, ihren vertrag-lichen Verpflichtungen nachzukommen, bei einer Änderung der wirtschaftlichen, politischen oder anderer Bedingungen in gleicher Weise beeinflusst wird. Anhand der veröffentlichten Informationen sollten Abschlussadressaten einschätzen können, ob Gruppen oder Portfolios von Finanzinstrumenten mit besonderen Merk-malen (z. B. Konzentration bestimmter Risiken) vorliegen, die sich auf eine große Gruppe von Finanzinstrumenten auswirken könn-ten. Dies können beispielsweise Beleihungsauslaufklassen, geo-grafische Konzentrationen oder Konzentrationen von Branchen oder bestimmter Arten von Emittenten sein.

70 Siehe IFRS 7.35M.

Angabepflichten

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116 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Die Angaben zu Finanzinstrumenten, die in den Anwendungsbe-reich von IFRS 7 fallen und auf die die Wertminderungsbestim-mungen des IFRS 9 nicht angewendet werden, sind nach Klassen zu gliedern. Für diese Finanzinstrumente ist der Betrag anzuge-ben, der die maximale Kreditrisikoexposition des Unternehmens am besten darstellt (siehe Abschnitt 12.3). Der Betrag sollte keine gehaltenen Sicherheiten oder anderen Kreditbesicherungen (z. B. Aufrechnungsvereinbarungen, die nicht die Saldierungs-kriterien gemäß IAS 32 erfüllen) berücksichtigen. Für Finanz-instrumente, deren Buchwert diesen Betrag am besten wider-spielt, ist diese Angabe nicht erforderlich.

Unternehmen sollten außerdem – untergliedert nach Klassen von Finanzinstrumenten, auf die die Wertminderungsbestimmungen des IFRS 9 nicht angewendet werden – eine Beschreibung der ge-haltenen Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen und deren finanzieller Effekte (z. B. eine Quantifizierung des Umfangs, in dem die Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen das Kre-ditrisiko vermindern) in Bezug auf den Betrag, der die maximale Kreditrisikoexposition des Unternehmens am besten darstellt, hinzufügen. Dies gilt unabhängig davon, ob das maximale Kre-ditrisiko gesondert angegeben oder durch den Buchwert eines Finanzinstruments dargestellt wird. Diese Bestimmung kann durch folgende Angaben erfüllt werden:

• Richtlinien und Verfahren für die Bewertung und Verwaltung der Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen

• Beschreibung der wichtigsten Arten gehaltener Sicherheiten und anderer Kreditbesicherungen (Beispiele für Letzteres sind Garantien, Kreditderivate und Aufrechnungsvereinbarungen, die nicht die Saldierungskriterien gemäß IAS 32 erfüllen)

• die wichtigsten Arten von Geschäftspartnern bei Sicherheiten und anderen Kreditbesicherungen und deren Bonität

• Angaben zu Risikokonzentrationen innerhalb der Sicherheiten oder anderer Kreditbesicherungen

12.5 Sicherheiten und andere Kreditbesicherungen

Wenn ein Unternehmen in der Berichtsperiode durch Inbesitznahme von Sicherheiten, die es in Form von Sicherungsgegenständen hält, oder durch Inanspruchnahme anderer Kreditbesicherungen (wie Garantien) finanzielle und nichtfinanzielle Vermögenswerte erhält und diese den Ansatzkriterien in anderen IFRS entsprechen, so hat das Unternehmen für solche zum Bilanzstichtag gehalte-nen Vermögenswerte Folgendes anzugeben:

• Art und Buchwert dieser Vermögenswerte

• für den Fall, dass die Vermögenswerte nicht leicht liquidierbar sind, seine Methoden, um derartige Vermögenswerte zu ver-äußern oder sie in seinem Geschäftsbetrieb einzusetzen

Damit sollen die Abschlussadressaten Informationen über die Häufigkeit dieser Aktivitäten und die Fähigkeit des Unterneh-mens, den Wert der Sicherheit zu ermitteln und zu realisieren, erhalten.

Unsere Sichtweise Für Unternehmen ist es wichtig, ihr Kreditrisikomanagement und ihre Finanzberichterstattungssysteme und -verfahren auf-einander abzustimmen – nicht nur um die Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle zu ermitteln, sondern auch um aus-reichend detaillierte Informationen zur Erfüllung der Angabe-vorschriften des IFRS 7 zu generieren.

117EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Dieser Abschnitt behandelt die Vorschriften, die für Unternehmen gelten, die die im Juli 2014 veröffentlichte finale Fassung von IFRS 9 anwenden, jedoch nicht die früheren Fassungen von IFRS 9 vorzeitig angewendet haben.

13.1 Zeitpunkt des InkrafttretensIFRS 9 ist verpflichtend erstmalig auf Berichtsperioden anzuwen-den, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen, wobei eine frühere Anwendung, vorbehaltlich eines EU-Endorsements, zulässig ist. Voraussetzung für eine vorzeitige Anwendung ist, dass Unternehmen dies im Anhang angeben und alle Vorschriften dieses Standards (einschließlich der Vorschriften zur Klassifizie-rung und Bewertung, zu Wertminderungen sowie zum Hedge Accounting) gleichzeitig anwenden.

Zuvor hatte das IASB bereits den Zeitpunkt des Inkrafttretens von IFRS 9 vom 1. Januar 2013 auf den 1. Januar 2015 verschoben.

13 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften

Später wurde beschlossen, den Zeitpunkt des Inkraft tretens von IFRS 9 auf den 1. Januar 2018 zu verschieben. Damit soll Unter-nehmen ausreichend Zeit gegeben werden, neue Systeme und Ver-fahren zu entwickeln sowie historische Daten zu sammeln, um die notwendigen Berechnungen durchzuführen.

Unsere Sichtweise Die Systeme und Prozesse des Finanz- und Kreditrisikomanagements müssen in Zukunft besser miteinander verknüpft sein, als dies heute der Fall ist, da das neue Modell eine enge Verzahnung der Risiko- und Bilanzierungssysteme vorsieht. Bei den Beurteilungen und Berechnungen, die für Rechnungslegungszwecke vorgenommen werden müssen, werden verstärkt Risikomodelle und -daten zur Anwendung kommen müssen. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu IAS 39 dar und wird für Unternehmen eine große Heraus-forderung sein. Es ist wahrscheinlich, dass diese neuen Systeme und Verfahren auf den bereits für das Kreditrisikomanagement ver-wendeten Systemen und Verfahren aufsetzen werden, sodass die Anwendung des Standards eine deutlich stärkere Verzahnung von Kreditrisikomanagement und Rechnungslegungsfunktionen erfordern wird, als es bisher der Fall war.

Kreditinstitute dürften versuchen, ihr bestehendes Kreditrisikomanagement und ihre bestehenden regulatorischen Berichtssysteme für diesen Zweck zu nutzen, sofern sie dafür geeignet sind. Die meisten Kreditinstitute dürften jedoch gezwungen sein, zumindest teilweise neue Systeme und Prozesse einzurichten, um die Anforderungen des Standards zu erfüllen.

Viele Banken wollen die neuen Prozesse mindestens ein Jahr lang (also im Jahr 2017) parallel zu den alten laufen lassen. Das heißt, dass ihnen für das Design, die Entwicklung und das Testen der neuen Systeme und Prozesse nur zwei Jahre zur Verfügung stehen.

Andererseits hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass die Kreditinstitute ihre Stakeholder (z. B. Aktionäre und Aufsichtsbehörden) bereits vor dem Tag des Inkrafttretens über die Auswirkungen der Umstellung informieren können.

Darüber hinaus werden Finanzinstitute dafür Sorge tragen müssen, dass sie die komplexen Wechselbeziehungen zwischen IFRS 9 und den Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken in vollem Umfang verstehen. In vielen Fällen dürften die neuen Vorschriften für Kreditausfälle in IFRS 9 bei Finanzinstituten zu einer Verringerung des aufsichtsrechtlich geforderten Eigenkapitals führen.

IFRS 9 ist verpflichtend erst­ malig auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen.

119EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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13.2 Übergang (rückwirkende Anwendung)

IFRS 9 enthält die allgemeine Vorschrift, dass der Standard (ein-schließlich der Wertminderungsvorschriften) gemäß IAS 8 rück-wirkend anzuwenden ist. Im Hinblick auf die Wertminderungsvor-schriften sieht der Standard jedoch eine Reihe von Ausnahmen vor. So ist die nachträgliche Anpassung von Vergleichsperioden nicht erforderlich, wenn das Unternehmen die Wertminderungs-bestimmungen zum gleichen Zeitpunkt anwendet wie die Vor-schriften zur Klassifizierung und Bewertung(siehe Abschnitt 13.3).

13.3 Übergangserleichterungen Der Standard ist rückwirkend anzuwenden, wenn Unternehmen die Wertminderungsvorschriften anwenden, wobei bestimmte Übergangserleichterungen in Anspruch genommen werden kön-nen (s. u.).

13.3.1 Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung

Einige Übergangsbestimmungen nehmen Bezug auf den „Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung“. Dies ist der Beginn der ers-ten Berichtsperiode, in der das Unternehmen erstmals IFRS 9 anwendet (und nicht der Beginn der ersten dargestellten Ver-gleichsperiode, die angepasst wurde). Dabei muss es sich zwangs-läufig um eine Berichtsperiode handeln, die nach dem Datum der Veröffentlichung des Standards beginnt.

Unsere Sichtweise Obgleich IFRS 9 theoretisch auch zu Beginn einer Zwischen-berichtsperiode erstmalig angewendet werden könnte, würden wir aus praktischer Sicht empfehlen, den Standard erstmals zu Beginn eines Geschäftsjahres anzuwenden.

13.3.2 Ursprüngliches Kreditrisiko und signifikanter Anstieg des Kreditrisikos beim Übergang

Um zu bestimmen, wie hoch die Risikovorsorge ist, die zum Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung nach den Wertminderungsvor-schriften von IFRS 9 zu erfassen wäre, muss das Unternehmen prü-fen, ob seit dem erstmaligen Ansatz ein signifikanter Anstieg des Kreditrisikos eingetreten ist. Hierzu vergleicht das Unternehmen

• das Kreditrisiko zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes eines Finanzinstruments (bzw. bei Kreditzusagen und Finanzgaran-tien zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen eine Vertrags-partei der unwiderruflichen Verpflichtung wurde)

mit dem

• Kreditrisiko zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9.

Beim Übergang auf IFRS 9 dürfen Unternehmen das zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes des Finanzinstruments bestehende Kreditrisiko (bzw. bei Kreditzusagen und Finanzgarantien zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen eine Vertragspartei der unwiderruflichen Verpflichtung wurde) näherungsweise bestim-men. Hierbei müssen sie alle angemessenen und belastbaren Informationen berücksichtigen, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Kosten- oder Arbeitsaufwand zur Verfügung stehen (siehe Abschnitt 4.7.1). Das Unternehmen kann sich auf interne und externe Informationen, für Bewertungen auf Portfolioebene ver-wendete Informationen (siehe Abschnitt 5.9) und Informationen über ähnliche Produkte oder Informationen vergleichbarer Unter-nehmen zu vergleichbaren Finanzinstrumenten stützen. Bei der Bestimmung, ob seit dem erstmaligen Ansatz signifikante Erhö-hungen des Kreditrisikos eingetreten sind, muss das Unternehmen keine allumfassende Suche nach Informationen durchführen.

Zudem kann das Unternehmen dabei den vereinfachten Ansatz bei einem geringen Kreditrisiko (siehe Abschnitt 5.4) oder das Kon-zept der widerlegbaren Vermutung, dass nach mehr als 30 Tagen der Zahlungsverzug eintritt, anwenden, wenn eine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos ausschließlich auf der Basis der Über-fälligkeit beurteilt wird (siehe Abschnitt 5.5). Das IASB wies außerdem darauf hin, dass Unternehmen die Veränderung des Kreditrisikos eines Finanzinstruments auf Portfoliobasis beurtei-len können, wenn das ursprüngliche Kreditrisiko für ein bestimm-tes Finanzinstrument nicht ermittelbar ist (siehe Abschnitt 5.9).

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften

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120 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Unsere Sichtweise Genau wie bei der näherungsweisen Bestimmung des Effektiv-zinssatzes (siehe Abschnitt 4.5) sind Unternehmen auch hier mit dem Problem konfrontiert, dass unklar ist, wie viel Spiel-raum der Begriff „näherungsweise zu bestimmen“ einräumt. Zudem lässt der Standard offen, in welchem Maße Unterneh-men nach Informationen suchen müssen, die „ohne einen unver-hältnismäßig hohen Kosten- oder Arbeitsaufwand“ zur Verfü-gung stehen. Dies ist ein Bereich, den die ITG sinnvollerweise angehen sollte.

Gelingt es einem Unternehmen nicht, ohne einen unverhältnis-mäßig hohen Kosten- oder Arbeitsaufwand zu bestimmen, ob seit dem erstmaligen Ansatz signifikante Erhöhungen des Kreditrisi-kos vorliegen, muss es zu jedem Abschlussstichtag eine Risiko-vorsorge auf der Basis der Gesamtlaufzeit­ECL erfassen, bis das Finanzinstrument ausgebucht wird. Kann das Unternehmen je-doch an den folgenden Abschlussstichtagen bestimmen, dass für das Finanzinstrument zum Abschlussstichtag ein geringes Kredit-risiko gegeben ist, würde es eine Risikovorsorge auf der Basis der 12­Monats­ECL erfassen.

Die Vorschrift, dass Unternehmen die Gesamtlaufzeit­ECL erfas-sen müssen, kann ein Ansporn sein, nach Informationen über das anfängliche Kreditrisiko zu suchen und diese zu verwenden, wodurch sich die Vergleichbarkeit und die Qualität der veröffent-lichten Informationen verbessern. Andererseits könnten einige Unternehmen von der Verwendung dieser Informationen abge-halten werden, wenn sie die Gesamtlaufzeit­ECL beim Übergang zu IFRS 9 ausgleichen können. Obwohl dies zu Inkonsistenzen zwischen Unternehmen führen kann, ist das IASB der Ansicht, dass die Übergangsbestimmungen und ­erleichterungen für eine bestmögliche Balance zwischen der Veröffentlichung nützlicher und relevanter Informationen und dem hierbei entstehenden Auf-wand sorgen.71

13.3.3 Anpassung von Vergleichsinformationen

Ungeachtet der allgemeinen Vorschrift, den Standard rückwir-kend anzuwenden, ist die rückwirkende Anpassung vergangener Berichtsperioden nach IFRS 9 nicht zwingend erforderlich. Viel-mehr dürfen Unternehmen vergangene Berichtsperioden nur dann anpassen, wenn sie sich dabei nicht auf Informationen stützen müssen, die erst nachträglich bekannt wurden. Das IASB gab zu bedenken, dass das Risiko besteht, dass Unternehmen bei der Erfassung und Bewertung der Höhe der erwarteten Kreditausfälle in vergangenen Perioden Informationen heranziehen müssen, die erst nachträglich bekannt wurden, da in der Vergangenheit keine erwarteten Kreditausfälle für Rechnungslegungszwecke erfasst oder ausgewiesen werden mussten.72 Dies betrifft Situationen, in denen es nicht möglich ist, den periodenspezifischen oder den kumulativen Effekt der Veränderung zu berechnen. Für Unterneh-men ist es schwierig, objektiv zwischen historischen Informatio-nen, die für die Schätzung der erwarteten Kreditausfälle relevant sind, und Informationen, die zu dem früheren Datum nicht ver-fügbar gewesen wären, zu unterscheiden.

IFRS 9 darf außerdem nicht auf finanzielle Vermögenswerte an-gewendet werden, die bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung ausgebucht worden sind. Denn werden Vergleichs-informationen angepasst, so wird die Wertminderung von finanziel-len Vermögenswerten, die in einer vorherigen Periode gehalten, jedoch vor dem Datum der erstmaligen Anwendung veräußert wur-den, nach IAS 39 bewertet.

Werden frühere Perioden nicht anpasst, sind Abweichungen zwi-schen dem früheren Buchwert und dem zu Beginn des Geschäfts-jahres, in dem IFRS 9 erstmals angewendet wird, festgestellten Buchwert im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf. einer anderen Eigenkapitalkomponente) des Berichtszeitraums, in dem dieser IFRS erstmals angewendet wird, zu erfassen. Der kumulierte Wertminderungsaufwand wird im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen für alle Kreditrisiken erfasst.

Werden Zwischenberichte nach IAS 34 Zwischenberichterstattung erstellt, müssen die in IFRS 9 enthaltenen Vorschriften nicht auf vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung liegende Zwischen-berichtsperioden angewendet werden, wenn dies (gemäß Definition in IAS 8) undurchführbar ist.

71 Siehe IFRS 9.BC7.79. 72 Siehe IFRS 9.BC7.75(b).

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14 Anhang

Wechselbeziehung zwischen der Bewer-tungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremd­währungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wert­ minderungsvorschriften

Das folgende Beispiel veranschaulicht die Komplexität, die sich aus der Wechselwirkung zwischen der Bilanzierung von Fair Value Hedges und dem neuen Wertminderungsmodell ergibt. In den Anwendungsleitlinien zu IAS 39 wurde bereits darauf hingewiesen, dass es bei der Portfolioabsicherung gegen Zinsänderungsrisiken notwendig ist, die Änderung des beizulegenden Zeitwerts des ab-gesicherten Portfolios Krediten (oder Portfolios von Krediten) zuzuordnen, die auf systematische und nachvollziehbare Weise auf Wertminderung überprüft werden.73 Dies ist notwendig (und gilt gleichermaßen für Micro Hedges), weil durch einen Fair Value Hedge der Buchwert von Grundgeschäften geändert wird und die Wertminderung, die Verluste in Bezug auf ihre Buchwerte dar-stellt, Bestandteil der Folgebewertung von Grundgeschäften ist. Anpassungen von Fair Value Hedges müssen folglich im Buchwert, der den Wertminderungsvorschriften unterliegt, berücksichtigt werden. Bei einem Vermögenswert, der in den Anwendungsbereich dieser Wertminderungsvorschriften fällt, würde andererseits für einen Teil seines Buchwerts keine Risikovorsorge gebildet oder die Risikovorsorge wäre zu hoch angesetzt (im Falle einer negativen Anpassung eines Fair Value Hedge).

Diese Wechselbeziehung zwischen der Bilanzierung von Fair Value Hedges und der Wertminderung wird nach dem neuen Wertmin-derungsmodell von IFRS 9 noch komplexer ausfallen. Gründe hier-für sind die folgenden:

• Nach IAS 39 kann ein Unternehmen häufig die schwierige Bewer-tung von Wertminderungsaufwendungen für finanzielle Vermö-genswerte, die als Bestandteil eines Portfolio-Fair-Value-Hedge designiert sind, umgehen, indem es qualitativ höherwertige Vermögenswerte auswählt, für die nach IAS 39 keine Verluste eingetreten sind.

• Nach dem neuen Wertminderungsmodell des IFRS 9 muss dage-gen für alle finanziellen Vermögenswerte, die in den Anwen-dungsbereich der Wertminderungsvorschriften fallen, eine Risiko-vorsorge gebildet werden, auch wenn es sich dabei um qualitativ hochwertige Vermögenswerte handelt, für die bislang noch kein Anstieg des Kreditrisikos zu verzeichnen war. Aus diesem Grund dürfte die Komplexität der Wechselbeziehung zwischen der Bilanzierung von Fair Value Hedges und der Wertminderung, die in diesem Beispiel dargestellt ist, eine sehr viel größere Anzahl Grundgeschäfte betreffen, als dies in der Vergangenheit bei IAS 39 der Fall war.

Können die Anpassungen von Portfolio-Hedges nicht einzelnen Ver-mögenswerten zugeordnet werden, müssen Unternehmen solche Hedges entweder Vermögenswerten, für die eine Risikovorsorge unter Zugrundelegung eines Zwölfmonatszeitraums gebildet wird, oder Vermögenswerten, für die eine Risikovorsorge unter Zu-grundelegung der Gesamtlaufzeit gebildet wird, zuordnen. Dies dürfte nur für Gruppen von Vermögenswerten mit ähnlichen Kreditrisikoeigenschaften (einschließlich Laufzeit und Effektiv-zinssatz) durchführbar sein. Sogar bei Micro Hedges einzelner Vermögenswerte kann es schwierig sein, das Hedge Accounting und die Wertminderungsprozesse miteinander zu verknüpfen, um die Folgen des Hedge Accounting für die Wertminderung zu berechnen.

Das nachfolgende Beispiel basiert auf dem erläuternden Beispiel 14 in IFRS 9, wurde jedoch erweitert, um verschiedene Themen besser darstellen zu können.

73 Siehe IAS 39.IG E.4.4.

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien)

Das Beispiel geht von dem folgenden Sachverhalt aus:

• Ein Unternehmen erwirbt am 1. Januar 2015 eine auf eine Fremdwährung (FW) lautende Anleihe zum beizulegenden Zeitwert von FW 100.000.

• Die Anleihe wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, sowohl die vertraglich vereinbarten Cashflows zu vereinnahmen als auch die finanziellen Vermögenswerte zu veräußern. Die vertraglich vereinbarten Cashflows bestehen ausschließlich aus Tilgungs- und Zinszahlungen auf das ausstehende Nominal. Das Unternehmen ordnet die Anleihe der Bewertungs-kategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“ zu.

• Die Anleihe hat eine Restlaufzeit von fünf Jahren und einen für die gesamte Vertragslaufzeit geltenden festen Zinssatz von 5 % auf ihren vertraglichen Nennwert von FW 100.000.

• Das Unternehmen sichert die Anleihe gegen das Risiko zinsbedingter Schwankungen des beizulegenden Zeitwerts ab. Der beizulegende Zeitwert des entsprechenden Zinsswaps liegt zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung bei null.

• Bei der erstmaligen Erfassung beträgt der Effektivzinssatz 5 %. Hieraus ergibt sich ein Bruttobuchwert, der dem beizulegenden Zeitwert bei der erstmaligen Erfassung entspricht.

• Die funktionale Währung des Unternehmens ist die lokale Währung (LW).

• Am 1. Januar 2015 liegt der Wechselkurs bei FW 1 zu LW 1.

• Bei der erstmaligen Erfassung stellt das Unternehmen fest, dass die Anleihe weder bei Erwerb noch bei Ausreichung wertgemindert ist. Bei der Berechnung der Risikovorsorge geht das Unternehmen davon aus, dass es wahrscheinlich ist, dass es innerhalb von zwölf Monaten zu einem Ausfallereignis kommen wird, und nimmt an, dass der Zahlungsausfall am Ende der Berichtsperiode (d. h. nach 12 Monaten) eintreten wird. Das Unternehmen schätzt die Ausfallwahrscheinlichkeit während der nächsten 12 Monate auf 2 % und den Verlust infolge eines Zahlungsausfalls auf FW 60.000, woraus sich eine (nicht abgezinste) erwartete negative Zahlungsdifferenz von FW 1.200 ergibt.

• Zur Vereinfachung werden die Zinserträge nicht angegeben. Es wird angenommen, dass aufgelaufene Zinsen in der Berichtsperiode vereinnahmt werden. Aus rechentechnischen Gründen können Rundungsdifferenzen von +/– einer Einheit auftreten.

Das Unternehmen sichert seine Risiken mittels der folgenden Risikomanagementstrategie ab:

• Zur Absicherung des Festzinsrisikos (in FW) koppelt das Unternehmen seine Zinseinzahlungen in FW an die aktuellen variablen Zins-sätze in FW. Das Unternehmen verwendet folglich in FW denominierte Zinsswaps, in deren Rahmen es feste Zinsen in FW entrich-tet und variable Zinsen in FW erhält.

• Das Fremdwährungsrisiko, das aus Schwankungen der LW infolge von Änderungen der Wechselkurse resultiert, wird vom Unterneh-men nicht abgesichert.

Das Unternehmen designiert als Sicherungsbeziehung einen Fair Value Hede der Anleihe in FW als Grundgeschäft und das mit einer Änderung des Benchmarkzinssatzes einhergehende Risiko als das abgesicherte Risiko. Es schließt einen Swap ab, in dessen Rahmen am selben Tag feste Zinsen in FW ausgezahlt und variable Zinsen in FW eingezahlt werden, und designiert den Swap als Sicherungs-instrument. Die Laufzeit des Swaps entspricht der Laufzeit des Grundgeschäfts (d. h. fünf Jahre). In diesem Beispiel wird angenommen,

Anhang

14

124 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

dass alle Voraussetzungen für die Sicherungsbeziehung erfüllt sind.74 Die Anmerkung zur Designation dient lediglich dem besseren Verständnis des Beispiels (dies ist also kein Beispiel für eine vollständige formale Dokumentation, wie sie in IFRS 9 vorgeschrieben ist).75

Dieses Beispiel geht davon aus, dass in dieser Sicherungsbeziehung keine Unwirksamkeit auftritt. Diese Annahme erfolgt aus Verein-fachungsgründen, um die Rechnungslegungsmechanismen, die zur Anwendung kommen, wenn ein auf eine Fremdwährung lautendes Finanzinstrument, das in einem Fair Value Hedge als Grundgeschäft designiert ist, erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird, und die Erfassung von Wertminderungsgewinnen oder -verlusten aus einem solchen Instrument besser darstellen zu können.

Situation zum 1. Januar 2015Die folgende Tabelle enthält – ausgehend von der vorstehend erläuterten Sachlage – die Beträge, die im Jahresabschluss zum 1. Januar 2015 erfasst werden, sowie eine Nebenrechnung der fortgeführten Anschaffungskosten der Anleihe (Soll- und Haben-posten werden als positive bzw. negative Beträge dargestellt):

Jahresabschluss Nebenrechnung

FW LW FW LW

Bilanz

Anleihe (beizulegender Zeitwert) 100.000 100.000 Bruttobuchwert 100.000 100.000

Swap (beizulegender Zeitwert) — — Risikovorsorge (1.143) (1.143)

Fortgeführte Anschaffungskosten 98.857 98.857

Gewinn- und Verlustrechnung

Wertminderung 1.143 1.143 Fair-Value-Hedge-Anpassung — —

Fair Value Hedge (Anleihe) — — Angepasster Bruttobuchwert 100.000 100.000

Währungsgewinne/-verluste (Anleihe) — — Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten 98.857 98.857

Fair Value Hedge (Swap) — —

Gesamtergebnis-rechnung

Änderungen des beizulegenden Zeitwerts

Saldierung der Wertminderung (1.143) (1.143)

Fair-Value-Hedge-Recycling — —

74 Siehe IFRS 9.6.4.1. 75 Siehe IFRS 9.6.4.1.

125EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Zum 1. Januar 2015 erfasst das Unternehmen die Anleihe und den Swap zu ihren anfänglichen beizulegenden Zeitwerten von LW 100.000 bzw. LW 0. Die Risikovorsorge in Höhe von FW 1.143 wird in der Gewinn­ und Verlustrechnung erfasst. Der Betrag wird berechnet als Differenz zwischen der Summe der vertraglich vereinbarten Cashflows, die vertragsgemäß an das Unternehmen zu zahlen sind, und der Summe der Cashflows, deren Erhalt das Unternehmen erwartet (d. h. alle negativen Zahlungsdifferenzen), abge-zinst mit dem ursprünglichen Effektivzinssatz von 5 % und gewichtet nach der Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Ausfalls. Aus Ver-einfachungsgründen wird angenommen, dass der Zahlungsausfall bei der Anleihe ein Jahr nach dem Datum der erstmaligen Erfassung eintritt, also zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen den erzielbaren Betrag der Anleihe erhält. Das bedeutet, dass das Unter-nehmen im Falle eines Zahlungsausfalls Cashflows in Höhe von FW 45.000 erwartet (dies entspricht dem Nennwert von FW 100.000 zuzüglich der während eines Jahres aufgelaufenen Zinsen von FW 5.000 abzüglich des Verlusts infolge Zahlungsausfalls in Höhe von FW 60.000). Der Verlust infolge Zahlungsausfalls wird mit dem Effektivzinssatz von 5 % abgezinst und mit der Ausfallwahrscheinlichkeit von 2 % gewichtet, woraus sich die Risikovorsorge ergibt. Die folgende Tabelle stellt die Berechnung dar:

1. Januar 2015 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5

Vertraglich vereinbarte Cashflows 5.000 5.000 5.000 5.000 105.000

Bruttobuchwert 100.000

Effektiver Zinssatz 5 %

Erwartete Cashflows 45.000

Fortgeführte Anschaffungskosten (NBW1 zu 5 %) 42.857

Erwartete negative Zahlungsdifferenzen 40.000 (5.000) (5.000) (5.000) (105.000)

Nettobarwert zu 5 % (57.143)

Ausfallwahrscheinlichkeit 2 %

Nettobarwert (wahrscheinlichkeitsgewichtet) – entspricht dem erwarteten Kreditausfall

(1.143)

1 NBW = Nettobarwert

Die vorstehende Tabelle zeigt, wie der erwartete Kreditausfall als Nettobarwert der negativen Zahlungsdifferenzen berechnet wird, d. h. als Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten und den erwarteten Cashflows zum jeweiligen Zeitpunkt. Alternativ könnte der wahrscheinlichkeitsgewichtete Barwert für die beiden Szenarios [FW 100.000 × 98 % + FW 42.857 × 2 % = FW 98.857] berechnet und anschließend die Differenz zum Bruttobuchwert ermittelt werden [FW 98.857 – FW 100.000 = FW –1.143].

In Übereinstimmung mit IFRS 7 wird die Risikovorsorge für erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögens-werte nicht separat als Minderung des Buchwerts des finanziellen Vermögenswerts in der Bilanz dargestellt. Folglich wird die Gegen-buchung zum Wertminderungsaufwand von LW 1.143 in derselben Periode im sonstigen Ergebnis erfasst.76

76 Siehe IFRS 7.16 A.

Anhang

14

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Situation zum 31. Dezember 2015Zum 31. Dezember 2015 (der Abschlussstichtag) liegen folgende Sachverhalte vor:

• Der beizulegende Zeitwert der Anleihe ist, vor allem aufgrund eines Anstiegs der Marktzinssätze, von FW 100.000 auf FW 96.370 gesunken.

• Der beizulegende Zeitwert des Swaps ist auf FW 1.837 gestiegen.

• Außerdem stellt das Unternehmen zum 31. Dezember 2015 fest, dass sich das Kreditrisiko der Anleihe seit ihrer erstmaligen Erfassung nicht geändert hat. Das Unternehmen schätzt die Ausfallwahrscheinlichkeit während der nächsten 12 Monate weiterhin auf 2 % und den Verlust infolge Zahlungsausfalls auf FW 60.000, woraus sich eine (nicht abgezinste) erwartete negative Zahlungsdifferenz von FW 1.200 ergibt.

• Am 31. Dezember 2015 liegt der Wechselkurs bei FW 1 zu LW 1,4.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Beträge, die zwischen dem 1. Januar 2015 (nach den vorstehend gezeigten Buchungen für den Wertminderungsaufwand von FW 1.143 zum 1. Januar) und dem 31. Dezember 2015 im Jahresabschluss erfasst wurden, sowie die Nebenrechnung für die fortgeführten Anschaffungskosten der Anleihe (Soll- und Habenposten werden als positive bzw. negative Beträge dargestellt):

Jahresabschluss Nebenrechnung

FW LW FW LW

Bilanz

Anleihe (beizulegender Zeitwert) 96.370 134.918 Bruttobuchwert 100.000 140.000

Swap (beizulegender Zeitwert) 1.837 2.572 Risikovorsorge (1.110) (1.555)

Fortgeführte Anschaffungskosten 98.890 138.445

Gewinn- und Verlustrechnung

Wertminderung (32) (45) Fair-Value-Hedge-Anpassung (1.837) (2.572)

Fair Value Hedge (Anleihe) 1.837 2.572 Angepasster Bruttobuchwert 98.163 137.428

Währungsgewinne/-verluste (Anleihe) (39.543) Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten 97.053 135.874

abzgl. Bruttobuchwert (40.000)

abzgl. Risikovorsorge 457

abzgl. Fair Value Hedge

Fair Value Hedge (Swap) (1.837) (2.572)

Währungsgewinne/-verluste (Swap) – –

Gesamtergebnis-rechnung

Änderungen des beizulegenden Zeitwerts

3.630

4.625

Saldierung der Wertminderung 32 45

Fair-Value-Hedge-Recycling (1.837) (2.572)

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

An diesem Punkt zeigt sich die Komplexität des zugrunde liegenden Sachverhalts. Wie in der Einführung zu diesem Beispiel dargelegt, ist es wichtig zu verstehen, dass sich aus der Sicherungsbeziehung eine Anpassung des Bruttobuchwerts und der fortgeführten Anschaffungskosten der Anleihe ergibt, die zu einem angepassten Effektivzinssatz führt. Dies folgt aus der Definition des Effektivzins-satzes als „Zinssatz, mit dem die geschätzten künftigen Ein­ oder Auszahlungen über die erwartete Laufzeit des finanziellen Ver-mögenswerts oder der finanziellen Verbindlichkeit exakt auf den Bruttobuchwert des finanziellen Vermögenswerts oder die fortgeführ-ten Anschaffungskosten der finanziellen Verbindlichkeit abgezinst werden“ sowie aus dem Effekt eines Fair Value Hedge, der darin besteht, dass der Buchwert des Grundgeschäfts um den Gewinn/Verlust aus dem Sicherungsinstrument angepasst wird. In der folgenden Tabelle wird die Berechnung dargestellt:

31. Dezember 2015 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5

Vertraglich vereinbarte Cashflows 5.000 5.000 5.000 105.000

Angepasster Bruttobuchwert1 98.163

Aktualisierter Effektivzinssatz2 5,5 %

Erwartete Cashflows 45.000

Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten (Nettobarwert zu 5,5 %)

42.644

Erwartete negative Zahlungsdifferenzen 40.000 (5.000) (5.000) (105.000)

Nettobarwert zu 5,5 % (55.519)

Ausfallwahrscheinlichkeit 2 %

Nettobarwert (wahrscheinlichkeitsgewichtet) – entspricht dem erwarteten Kreditausfall

(1.110)

1 Der angepasste Bruttobuchwert entspricht dem um die Fair-Value-Hedge-Anpassung bereinigten Bruttobuchwert und bildet die neue Grundlage für die Berechnung des Effektivzinssatzes.

2 Der aktualisierte Effektivzinssatz ist der Zinssatz, der die vertraglich vereinbarten Cashflows exakt auf den angepassten Bruttobuchwert abzinst.

Die vorstehende Tabelle zeigt erneut, wie der erwartete Kreditausfall als Nettobarwert der negativen Zahlungsdifferenzen berechnet wird, d. h. als Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten und den erwarteten Cashflows zum jeweiligen Zeitpunkt. Die alter­native Berechnung auf der Grundlage des wahrscheinlichkeitsgewichteten Barwerts für die beiden Szenarios [FW 98.163 × 98 % + FW 42.644 × 2 % = FW 97.053] und die anschließende Ermittlung der Differenz zum Bruttobuchwert (einschließlich Fair-Value-Hedge- Anpassung) führen zum selben Ergebnis [FW 97.053 – FW 98.163 = – FW 1.110].

Anhang

14

128 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Diese Berechnung bedeutet, dass ein Wertminderungsgewinn von FW 32 (bzw. LW 45) ergebniswirksam erfasst wird. Dies ist dadurch begründet, dass wir die erwarteten Cashflows trotz einer Erhöhung der Zinssätze um 0,5 % auf dem Vorjahresniveau beibehalten haben, um die buchungstechnischen Abläufe besser veranschaulichen zu können. Aufgrund des höheren Effektivzinssatzes werden die erwarteten Verluste zu einem höheren Satz abgezinst. Drei Faktoren beeinflussen die Höhe des Wertminderungsaufwands: die Aufzinsung, die Anpassung des Effektivzinssatzes und die Änderung des geschätzten Zeitpunkts des Zahlungsverzugs (Verschiebung um zwölf Monate in die Zukunft, d. h. vom 31. Dezember 2015 zum 31. Dezember 2016). Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Über-leitung dieser Beträge:

31. Dezember 2015 (Beträge in FW)

Risikovorsorge zum 1. Januar 2015 (1.143)

Risikovorsorge des Vorjahres, Wertfortschreibung zum Abschlussstichtag (zum Effektivzinssatz von 5 %)

(1.200)

Aufzinsung (57)

Auswirkung der Anpassung des Effektivzinssatzes 32

Auswirkung der Änderungen von Schätzungen 57

Gesamtänderung der Risikovorsorge 32

Da wir das Muster der erwarteten negativen Zahlungsdifferenzen und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit beibehalten haben, stellt die Änderung der Schätzung lediglich den Effekt aus der Verschiebung des erwarteten Datums des Zahlungsausfalls um ein Jahr dar, der die Aufzinsung in voller Höhe ausgleicht.

Gemäß IFRS 7 wird die Risikovorsorge für erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte nicht gesondert als Minderung des Buchwerts des finanziellen Vermögenswerts dargestellt.77 Die Gegenbuchung zum Wertminderungsgewinn in Höhe von FW 32 (LW 45) wird folglich in derselben Berichtsperiode als Minderung des sonstigen Ergebnisses erfasst.

Da die Anleihe ein monetärer Vermögenswert ist, erfasst das Unternehmen die Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse gemäß IAS 21 Auswirkungen von Wechselkursänderungen im Periodenergebnis. Sonstige Änderungen erfasst es in Übereinstimmung mit IFRS 9.78 Der Vermögenswert wird als zu fortgeführten Anschaffungskosten in der Fremdwährung bewertet ausgewiesen.79

Die seit dem 1. Januar 2015 eingetretene Änderung des beizulegenden Zeitwerts der Anleihe beträgt LW 34.918 und wird als Fair­Value­ Anpassung des Buchwerts der Anleihe in der Bilanz des Unternehmens erfasst.

77 Siehe IFRS 7.16 A. 78 Siehe IAS 21.23(a) und 28. 79 Siehe IAS 21.28.

129EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9 |

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Der Gewinn in Höhe von LW 39.543, der aus Änderungen der Wechselkurse resultiert, wird im Periodenergebnis erfasst. Er umfasst die Auswirkungen der Wechselkursänderungen im Jahr 2015

• auf den ursprünglichen Bruttobuchwert der Anleihe (LW 40.000),

• gemindert durch die für die Anleihe gebildete Risikovorsorge (LW 457).

Die Differenz zwischen der Änderung des beizulegenden Zeitwerts (LW 34.918) und dem im Periodenergebnis erfassten Gewinn (LW 39.543), der aus Änderungen der Wechselkurse resultiert, wird im sonstigen Ergebnis erfasst. Diese Differenz beläuft sich auf LW 4.625.

Ein Gewinn in Höhe von LW 2.572 (FW 1.837) aus dem Swap wird im Periodenergebnis erfasst. Da angenommen wird, dass in der Sicherungsbeziehung keine Unwirksamkeit auftritt, entspricht dieser Betrag dem Verlust aus dem Grundgeschäft (als absoluter Betrag). Da es sich um ein Fair Value Hedge eines erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Schuldinstruments handelt, wird dieser Verlust in derselben Periode aus dem sonstigen Ergebnis umgegliedert.

Situation zum 31. Dezember 2016Zum 31. Dezember 2016 (Abschlussstichtag) liegen folgende Sachverhalte vor:

• Der beizulegende Zeitwert der Anleihe hat sich weiter verringert: von FW 96.370 auf FW 87.114.

• Der beizulegende Zeitwert des Swaps hat sich auf FW 2.092 erhöht.

• Aufgrund der negativen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Branche, in der der Anleiheemittent tätig ist, geht das Unter-nehmen von einem erheblichen Anstieg des Kreditrisikos seit dem erstmaligen Ansatz aus und erfasst die über die Gesamtlaufzeit erwarteten Verluste aus der Anleihe.

• Das Unternehmen aktualisiert seine Wertminderungsschätzung und schätzt die über die Gesamtlaufzeit erwartete Ausfallwahrschein-lichkeit nun auf 20 % und den Verlust infolge Zahlungsausfalls auf FW 48.500, woraus sich eine (nicht abgezinste) erwartete nega-tive Zahlungsdifferenz von FW 9.700 ergibt. (Zur Vereinfachung wird in diesem Beispiel angenommen, dass der Zahlungsausfall bei Fälligkeit [Zeitpunkt, zu dem der Gesamtnennwert fällig wird] eintritt).

Am 31. Dezember 2016 liegt der Wechselkurs bei FW 1 zu LW 1,25.

Anhang

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130 | EY Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Beträge, die zwischen dem 31. Dezember 2015 und dem 31. Dezember 2016 im Jahresabschluss erfasst werden, sowie die Nebenrechnung für die fortgeführten Anschaffungskosten der Anleihe (Soll- und Habenposten werden als positive bzw. negative Beträge dargestellt):

Jahresabschluss Nebenrechnung

FW LW FW LW

Bilanz

Anleihe (beizulegender Zeitwert) 87.114 108.893 Bruttobuchwert 100.000 125.000

Swap (beizulegender Zeitwert) 2.092 2.615 Risikovorsorge (8.195) (10.244)

Fortgeführte Anschaffungskosten 91.805 114.756

Gewinn- und Verlustrechnung

Wertminderung 7.085 8.856 Fair-Value-Hedge-Anpassung (2.092) (2.615)

Fair Value Hedge (Anleihe) 255 319 Angepasster Bruttobuchwert 97.908 122.385

Währungsgewinne/-verluste (Anleihe) 14.558 Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten 89.713 112.141

abzgl. Bruttobuchwert 15.000

abzgl. Risikovorsorge (167)

abzgl. Fair Value Hedge (276)

Fair Value Hedge (Swap) (255) (319)

Währungsgewinne/-verluste (Swap) 276

Gesamtergebnis-rechnung

Änderungen des beizulegenden Zeitwerts

9.256

11.468

Saldierung der Wertminderung (7.085) (8.856)

Fair-Value-Hedge-Recycling (255) (319)

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Ähnlich wie in der Situation zum 31. Dezember 2015 führt die Anpassung des Fair Value Hedge zu einem angepassten Effektivzinssatz. Die folgende Tabelle stellt die Berechnung dar:

31. Dezember 2016 (Beträge in FW) Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5

Vertraglich vereinbarte Cashflows 5.000 5.000 105.000

Angepasster Bruttobuchwert1 97.908

Aktualisierter Effektivzinssatz2 5,8 %

Erwartete Cashflows 5.000 5.000 56.500

Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten (NBW zu 5,8 %)

56.931

Erwartete negative Zahlungsdifferenzen – – (48.500)

Nettobarwert zu 5,8 % (40.977)

Ausfallwahrscheinlichkeit 20 %

Nettobarwert (wahrscheinlichkeitsgewichtet) – entspricht dem erwarteten Kreditausfall

(8.195)

1 Der angepasste Bruttobuchwert entspricht dem um die Fair-Value-Hedge-Anpassung bereinigten Bruttobuchwert und bildet die neue Grundlage für die Berechnung des Effektivzinssatzes.

2 Der aktualisierte Effektivzinssatz ist der Zinssatz, der die vertraglich vereinbarten Cashflows exakt auf den angepassten Bruttobuchwert abzinst.

Die vorstehende Tabelle zeigt erneut, wie der erwartete Kreditausfall als Nettobarwert der negativen Zahlungsdifferenzen berechnet wird, d. h. als Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten und den erwarteten Cashflows zum jeweiligen Zeitpunkt. Die alter­native Berechnung auf der Grundlage des wahrscheinlichkeitsgewichteten Barwerts für die beiden Szenarios [FW 97.908 × 80 % + FW 56.931 × 20 % = FW 89.713] und die anschließende Ermittlung der Differenz zum Bruttobuchwert (einschließlich Fair-Value-Hedge- Anpassung) führen zum selben Ergebnis [FW 89.713 – FW 97.908 = – FW 8.195].

Anhang

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Zum 31. Dezember 2016 wirken sich drei Faktoren auf den im Periodenergebnis erfassten Wertminderungsaufwand von FW 8.398 (LW 10.498) aus: die Aufzinsung, die Anpassung des Effektivzinssatzes und die Erhöhung des Kreditrisikos (Änderung der Schätzung). Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Überleitung dieser Beträge:

31. Dezember 2015 (Beträge in FW)

Risikovorsorge zu Beginn der Berichtsperiode (1.110)

Risikovorsorge des Vorjahres, Wertfortschreibung zum Abschlussstichtag (zum Effektivzinssatz von 5,5 %)

(1.172)

Aufzinsung (61)

Auswirkung der Anpassung des Effektivzinssatzes 60

Auswirkung der Änderungen von Schätzungen (7.083)

Gesamtänderung der Risikovorsorge (7.085)

Die Gegenbuchung zum Wertminderungsaufwand von FW 7.085 (LW 8.856) wird in derselben Periode im sonstigen Ergebnis erfasst.

Die seit dem 31. Dezember 2015 eingetretene Verringerung des beizulegenden Zeitwerts der Anleihe beträgt LW 26.026 und wird in der Bilanz des Unternehmens als Fair-Value-Anpassung des Buchwerts der Anleihe erfasst.

Der Verlust in Höhe von LW 14.558, der aus Änderungen der Wechselkurse resultiert, wird im Periodenergebnis erfasst. Er umfasst die Auswirkungen der Wechselkursänderungen im Jahr 2015

• auf den ursprünglichen Bruttobuchwert der Anleihe (Verlust von LW 15.000),

• gemindert durch die für die Anleihe gebildete Risikovorsorge (LW 167),

• gemindert durch die Fair­Value­Hedge­Anpassung (LW 267).

Die Differenz zwischen der Änderung des beizulegenden Zeitwerts (Rückgang von LW 26.026) und dem im Periodenergebnis erfassten Verlust (LW 14.558), der aus Änderungen der Wechselkurse resultiert, wird im sonstigen Ergebnis erfasst. Diese Differenz beläuft sich auf LW 11.468.

Ein Gewinn in Höhe von LW 319 (FW 255) aus dem Swap wird im Periodenergebnis erfasst. Da davon ausgegangen wird, dass in der Sicherungsbeziehung keine Unwirksamkeit auftritt, entspricht dieser Betrag dem Verlust aus dem Grundgeschäft (als absoluter Betrag). Da es sich um einen Fair Value Hedge eines erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Schuldinstruments handelt, wird dieser Verlust in derselben Periode aus dem sonstigen Ergebnis umgegliedert.

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Beispiel A-1: Wechselbeziehung zwischen der Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert“, der Fremdwährungsbewertung, der Bilanzierung von Fair Value Hedges und den Wertminderungsvorschriften (angelehnt an Beispiel 14 der Anwendungsleitlinien) (Fortsetzung)

Situation zum 1. Januar 2017Am 1. Januar 2017 beschließt das Unternehmen, die Anleihe zu einem Preis von FW 87.114, dem beizulegenden Zeitwert der Anleihe zu diesem Stichtag, zu veräußern und den Swap ebenfalls zum beizulegenden Zeitwert aufzulösen. Zur Vereinfachung wurde angenommen, dass alle Beträge einschließlich des Wechselkurses den Beträgen zum 31. Dezember 2016 entsprechen.

Bei Ausbuchung gliedert das Unternehmen den kumulierten Betrag in Höhe von LW –3.248 (FW –2.599) vom sonstigen Ergebnis in das Periodenergebnis um. Dieser Betrag entspricht der Differenz zwischen dem beizulegenden Zeitwert und dem Betrag der angepassten fortgeführten Anschaffungskosten der Anleihe zum Zeitpunkt ihrer Ausbuchung.

Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Überleitung dieser Beträge.

Überleitung des Verlusts bei Ausbuchung (Beträge in LW) zum kumulierten sonstigen Ergebnis

Beizulegender Zeitwert zum 1. Januar 2017 87.114

Angepasste fortgeführte Anschaffungskosten zum 1. Januar 2017 89.713

Verlust (2.599)

Kumuliertes sonstiges Ergebnis 1. Jan. 2015 31. Dez. 2015 31. Dez. 2016

Änderungen des beizulegenden Zeitwerts 12.886 — 3.630 9.256

Wertminderung (8.195) (1.143) 32 (7.085)

Fair-Value-Hedge-Recycling (2.092) — (1.837) (255)

Umzugliederndes sonstiges Gesamtergebnis 2.599

Diese Tabelle zeigt den Betrag, der noch nicht umgegliedert worden ist und daher bei Ausbuchung in das Periodenergebnis umgegliedert werden muss.

Anhang

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Österreich SchweizWolfgang Tobisch Stefan SchmidTelefon +43 1 21170 1126 Telefon +41 58 286 [email protected] [email protected]

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