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Lokale Agenda 21 der Stadt Korntal-Münchingen Arbeitsgruppe 8: „Gartenstadt Korntal - Erhaltung der gewachsenen Strukturen“ Wie entwickelt sich die Gartenstadt Korntal? Informationsschrift zur Stadtentwicklung im Stadtteil Korntal Redaktion: Jürgen Frank, Münchingerstraße 22, Korntal-Münchingen Wolf Ohl, Landhausstraße 24, Korntal-Münchingen Dr. Ulrich Rüdt, Charlottenstraße 36, Korntal-Münchingen Korntal-Münchingen, im Januar 2002

Wie entwickelt sich die Gartenstadt Korntal?...Lokale Agenda 21: Wie entwickelt sich die Gartenstadt Korntal? Seite 6 Bild 3.11 Bild 3.12 Was zwei Weltkriege, zwei Währungsreformen

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Lokale Agenda 21 der Stadt Korntal-MünchingenArbeitsgruppe 8:„Gartenstadt Korntal - Erhaltung der gewachsenen Strukturen“

Wie entwickelt sich dieGartenstadt Korntal?

Informationsschrift zur Stadtentwicklung im Stadtteil Korntal

Redaktion:Jürgen Frank, Münchingerstraße 22, Korntal-MünchingenWolf Ohl, Landhausstraße 24, Korntal-MünchingenDr. Ulrich Rüdt, Charlottenstraße 36, Korntal-Münchingen

Korntal-Münchingen, im Januar 2002

Lokale Agenda 21: Wie entwickelt sich die Gartenstadt Korntal?

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Inhaltsverzeichnis

1. PROBLEMSTELLUNG UND ZIELE DER ARBEITSGRUPPE................................................................... 2

2. AUFGABENBEREICH DER ARBEITSGRUPPE.............................................................................................. 3

3. GEWACHSENE STRUKTUREN IN KORNTAL............................................................................................... 4

4. BAURECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DEN BETRACHTETEN WOHNGEBIETEN ...................... 6

4.1 GEBIET „NEUE-/ALTE HALDE“.....................................................................................................................................64.2 TEILGEBIET „ALTE HALDE“..........................................................................................................................................74.3 GEBIETE ROSSBÜHL UND WESTLICHE WILHELMSTRAßE ..........................................................................................74.4. ZUSÄTZLICHE REGELUNGEN, AUSNAHMEMÖGLICHKEITEN ...................................................................................84.5. ÜBER- UND UNTERBAUBARE FLÄCHEN, GESCHOßFLÄCHEN (GRAPHISCHE DARSTELLUNG).............................84.6 ZUSAMMENFASSUNG.......................................................................................................................................................9

5. FALLBEISPIELE FÜR NEUE BEBAUUNG IN KORNTAL.......................................................................... 9

5.1 BEISPIEL 1: HINDENBURGSTRAßE 45..........................................................................................................................105.2 BEISPIEL 2: ECKE HINDENBURGSTRAßE / BLUMHARDTWEG..................................................................................125.3 BEISPIEL 3: NEUHALDENSTRAßE 39 ...........................................................................................................................135.4 BEISPIEL 4: NEUHALDENSTRAßE 44 ...........................................................................................................................155.5 BEISPIEL 5: ROßBÜHLSTRAßE 11.................................................................................................................................17

6. WOHNUNGSBEDARF UND BEBAUUNGSDICHTE.....................................................................................19

7. DAS BAUGESCHEHEN IM STADTTEIL KORNTAL – BEWERTUNG UND FOLGERUNGEN..20

7.1 DER GARTENSTADTCHARAKTER IM STADTTEIL KORNTAL....................................................................................207.2 BAUVORSCHRIFTEN UND KONSEQUENZEN ...............................................................................................................207.3 WEITERE FOLGEN EINER MASSIV VERDICHTETEN BAUWEISE................................................................................207.4 FORMULIERUNG EINES GANZHEITLICHEN LEITBILDES............................................................................................21

8. ZUSAMMENFASSUNG UND LÖSUNGSVORSCHLÄGE...........................................................................22

1. Problemstellung und Ziele der ArbeitsgruppeDie Arbeitsgruppe sieht mit Sorge, dass seit einigen Jahren in den Wohnbezirken desStadtteils Korntal massiv verdichtet bebaut wird. Bei Neubauvorhaben werden die meistenGrundstücke so massiv über- und unterbaut, dass aller Baum- und Grünbestand weitgehendentfernt wird. Für zukünftige Gärten bleibt wegen des hohen Maßes an baulicher Nutzungkein Raum mehr. Der Erhalt des Gartenstadtcharakters, wie er in den Bebauungsplänen seit1994 als wichtiges Ziel festgeschrieben wurde, wird dadurch erheblich gefährdet. DieEingriffe sind so radikal, dass alle gewachsenen Strukturen zerstört werden. Neben denGärten verliert der Stadtteil Korntal durch den Abriss der bisherigen Bebauung auch schöneund erhaltenswerte Bausubstanz.

In einer öffentlichen Veranstaltung am 26.11.2001 hat die Arbeitsgruppe ihre bisherigenErgebnisse vorgestellt. Durch die durchweg positive Resonanz der Bürgerinnen und Bürgersieht sich die Arbeitsgruppe gestärkt, ihre Ziele weiter zu verfolgen. Neben der Zerstörungdes Gartenstadtcharakters wurde von den Bürgern auch auf die entstehenden Probleme hin-

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sichtlich Infrastruktur, Klima und Verkehr hingewiesen. Außerdem solle hinterfragt werden,ob wirklich ein so großer Bedarf an zusätzlichen Wohnungen in Korntal-Münchingen besteht.

Die Lokale Agenda 21 –von der Umweltkonferenz 1992 in Rio ins Leben gerufen- zielt daraufab, auch späteren Generationen eine lebenswerte Welt zu erhalten. In diesem Sinne arbeitetauch die Arbeitsgruppe 8 der Lokalen Agenda 21 von Korntal-Münchingen. Diese Informa-tionsschrift richtet sich an alle Verantwortlichen, die die weitere Zerstörung des Garten-stadtcharakters von Korntal verhindern können, vor allem an Stadtverwaltung undGemeinderat von Korntal-Münchingen.

Die Arbeitsgruppe dankt der Stadtverwaltung für die Übergabe der Bebauungspläne und fürdie bereits geführten konstruktiven Gespräche. Wir hoffen, in diesem Sinne die Diskussionfortführen zu können.

2. Aufgabenbereich der ArbeitsgruppeDie Arbeitsgruppe 8 befasst sich mit den Wohnbezirken des Stadtteiles Korntal (ausgenom-men der Stadtmitte), in denen durch übermäßig dichte Bebauung der Gartenstadtcharakterzerstört wird.

Schwerpunktmäßig hat sich die Arbeitsgruppe zunächst diejenigen Gebiete vorgenommen,die im Plan in Bild 2.1 mit den Ziffern 1a bis 1d, 2 und 3a und 3b bezeichnet sind.

Die mit Ziffer 4a und 4b bezeichneten Bereiche westlich der Hermann-Hesse-Straße und derGrüngürtel in Richtung Stadtteil Münchingen, die beide nicht zur Wohnbebauung gehören,sollten mit den Zielen eines Biotopverbundes (s. Landschaftsrahmenplan 1998 RegionStuttgart), der Naherholung und des Klimaschutzes entwickelt werden. Mit diesen beidenBereichen wird sich die Arbeitsgruppe zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen. DerGrüngürtel in Richtung Stadtteil Münchingen ist auch im Hinblick auf ein besseresZusammenwachsen von Korntal und Münchingen zu sehen. Die Erarbeitung vonVorschlägen wird in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe 1 „Lebenswertes Münchingen“erfolgen.

Bauvorschriften

20er/30er-Jahre

Bebauungsplan1994-96

Bebauungsplan1976

Bereich1c

Bereich 4b

nach Münchingen! Bebauungsplan1994-96

Bereich1b

Bereich1a

Bereich1d

Bereich 2

Bereich3b

Bere

ich

3a

FNP

Bereich4a

Bild 2.1: Auszug aus Stadtplan Korntal mit den von der Arbeitsgruppe betrachteten Bereichen

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3. Gewachsene Strukturen in KorntalHäuser der Jahrhundertwende

Typisch für den Korntaler Gartenstadtcharakter sind Häuser, die Anfang des letztenJahrhunderts gebaut worden sind: mit weit herabgezogenem Walmdach, weitgehend Fach-werkhäuser in Ziegelbauweise mit Holzverblendungen, teilweise auch Holzgalerien undSchindeln. Sie erinnern so von ihrem Gesamterscheinungsbild her an Schwarzwaldhäuser.Charakteristisch für die Gärten sind eine Vielzahl einheimischer Gehölze und Jahrzehnte altehohe Bäume, die eine Einheit mit vielen traditionellen Bauerngartenpflanzen bilden und somitauch einer Vielzahl von Tieren Nahrung und Lebensraum bieten (Beispiele s. Bilder 3.1 bis3.4)

Bild 3.1 Bild 3.2

Bild 3.3 Bild 3.4

Kontrast: Extreme Verdichtung

Insbesondere in den letzten drei Jahren entstanden im Sinne einer NachverdichtungWohnanlagen, die gesichtslos und austauschbar an die Stelle vieler alter Häuser und Gärtengetreten sind. Der Gartenstadtcharakter ging vollständig verloren, wie die Beispiele auf denBildern 3.5 bis 3.8 zeigen.

„Garten“ bedeutet nunmehr eine ca. 40 cm dicke Erdschicht, die auf die Betondecke derTiefgarage zwischen zwei eng beieinander stehenden Neubauten aufgetragen und somit vonder Konstruktion her quasi einen großen Pflanztrog darstellt, in dem nur noch Zierrasen undflachwurzelnde Koniferen Platz finden (s. Bild 3.8; die Bäume im Hintergrund stehen bereitsauf dem Nachbargrundstück)

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Bild 3.5 Bild 3.6

Bild 3.7 Bild 3.8

Häuser mit gewachsenen Gärten

Die alten Korntaler Häuser mit ihren gewachsenen Gärten sind aber nicht nur „gebrauchteImmobilien“; sie sind Kulturgüter, an deren Aufbau und Erhalt meist mehrere Generationenmit ihrer Lebenskraft und ihren gestalterischen Ideen mitgearbeitet haben. Deshalb sind sienicht einfach nur Kapital, das sich beliebig neu anlegen lässt, sondern sie bilden das Gesichtund den Charakter unserer Stadt. Sie sind uns anvertraut, damit wir sie bewahren und nichtzerstören. Siehe Beispiele in Bildern 3.9 bis 3.12.

Bild 3.9 Bild 3.10

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Bild 3.11 Bild 3.12

Was zwei Weltkriege, zwei Währungsreformen und eine Weltwirtschaftskrise gutüberstanden hat, darf nicht einfach dem Abrissbagger zum Opfer fallen. Oft hilft schon einUmbau, um in alten Häusern neuen Wohnraum zu schaffen. Das Haus im Seewaldweg 6(Bild 3.12) ist dafür ein herausragendes Beispiel: das Gebäude wurde so umgebaut, dasssechs Eigentumswohnungen entstanden, ohne dass der Charakter des Hauses verändertwurde. Ein Jugendstilhaus, in dem schon der Vater Hermann Hesses lebte, konnte sogerettet werden.

4. Baurechtliche Grundlagen in den betrachteten WohngebietenIn den betrachteten Wohngebieten gelten unterschiedliche baurechtliche Vorschriften, diekeine einheitliche Beurteilung ermöglichen.

Teilweise gelten noch die baurechtlichen Vorschriften aus den Jahren 1910 bis 1938 (z.B.Württ. Bauordnung) mit einigen aktualisierenden Ergänzungen, teilweise gelten Bebauungs-pläne aus den Jahren 1976 und 1994 – 1996, die auf Grund der bundesweit geltendenBaunutzungsverordnung (BauNVO) in ihren verschiedenen Fassungen erlassen sind. Dieneueste ist die "BauNVO 1990". Davor gibt es Baunutzungsverordnungen von 1962, 1968und 1977; diese werden nachfolgend als " BauNVO vor 1990" bezeichnet.

Die folgende Übersicht zeigt auszugsweise einige Bauvorschriften, die für die in dieser Infor-mationsschrift aufgezeigten Probleme relevant sind.

4.1 Gebiet „Neue-/Alte Halde“(Gebiet östlich Wilhelmstraße bis Källerstraße; Bereiche1a bis 1d, rot umrandet im Plan 2.1)

Die Bebauungspläne stammen aus den Jahren 1994 – 1996 mit folgenden Festlegungen:

- Das Baugebiet ist teilweise als Reines Wohngebiet, teilweise als Allgemeines Wohn-gebiet ausgewiesen:

§ Reine Wohngebiete (WR) dienen ausschließlich dem Wohnen, nicht störendeGewerbebetriebe und soziale Einrichtungen können ausnahmsweise zugelassenwerden.

§ Allgemeine Wohngebiete (WA) dienen vorwiegend dem Wohnen, nicht störendeGewerbebetriebe, Läden und soziale Einrichtungen sind zulässig.

§ Für WA und WR sind auch unterschiedliche maximale Lärmbelastungen festgelegt.

- Die bebaubare Fläche ist durch die Grundflächenzahl (GRZ) von 0,25 begrenzt, fürNebenanlagen und anderes (z.B. Tiefgaragen) darf dieser Grenzwert um bis zu 50 %überschritten werden (gemäß BauNVO 1990 §19 (4)). Dies bedeutet, daß maximal

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25% des Grundstückes durch das Wohngebäude und bis zu 37,5% insgesamtüber- und unterbaut werden dürfen. (s. auch Bild 4.1)

- Die zulässige Geschossfläche des Wohngebäudes ist durch die Geschossflächenzahl(GFZ) von 0,45 festgelegt, d.h. die Wohnflächen dürfen 45% der Grundstücksflächebetragen. Allerdings werden nach §20 der BauNVO 1990 nur Vollgeschosse gezählt,d.h. Wohnflächen in Dachgeschossen und Gartengeschossen kommen nicht zurAnrechnung (s. Bild 4.2)

- Als allgemeine Ziele sind in den Bebauungsplänen und den Begründungen dazuformuliert (auszugsweise):

§ „Es ist das Ziel, das heutige Erscheinungsbild des Wohngebietes mit sei-nem Gartenstadtcharakter beizubehalten und mit der Schaffung neuerBaumöglichkeiten eine maßvolle Verdichtung zu erreichen“

§ „Die überbaubare Grundstücksfläche liegt um etwa 20 % über dem heuterealisierten Maß der Überbauung“

§ „Auf eine gesonderte Grünflächenplanung wird verzichtet...Eine wesentlicheVeränderung der heutigen Situation ist nicht beabsichtigt.“

§ „Die Pflanzbindung hat das Ziel, den erhaltenswerten Baum- und Strauchbestandzu erhalten. Gleichzeitig dient er der Verbesserung des Klimas im Plangebiet“

4.2 Teilgebiet „Alte Halde“

(Gebiet zwischen Münchinger Straße und Seewaldweg; Bereich 2, blau markiert im Plan 2.1)

Der Bebauungsplan stammt aus dem Jahre 1976 mit u.a. folgenden Festlegungen:

- Das Baugebiet ist als Allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.

- Die bebaubare Fläche (GRZ) ist innerhalb des Bereiches 2 unterschiedlich mit 30 bzw.40 % festgelegt. Für Nebenanlagen und andere Über-/Unterbauungen wie z.B.Tiefgaragen ist kein maximaler Zuschlag definiert (gemäß damals gültiger BauNVO vonvor 1990), die sich vor allem in der Definition zur Berechnung von GRZ und GFZ vonder BauNVO 1990 unterscheidet (siehe Abschnitt 4.5)

- Die Geschossfläche (GFZ) ist mit 40, 60 bzw. 70 Prozent (unterschiedlich innerhalb desBereiches 2) festgelegt, wobei gemäß damals gültiger BauNVO auch Aufenthaltsräumeu.a. in Dach- und Gartengeschossen mitgezählt werden müssen! (s. Bild 4.2)

- Weitere Regelungen betreffen das Baufenster, die Traufhöhe und die Dachneigung.

- Allgemeine Ziele sind nicht formuliert

4.3 Gebiete Rossbühl und westliche Wilhelmstraße

Das Gebiet Rossbühl umfasst Heimstraße/ Martin-Luther-Straße/ Hans-Sachs-Straße/ Char-lottenstraße; das Gebiet westliche Wilhelmstraße erstreckt sich bis Hermann-Hesse-Straße(Gebiete 3a und 3b, braun markiert in Plan 2.1)

Ein Teilgebiet liegt im Geltungsbereich der Ortsbausatzung (1927/28) mit Ergänzungen von1936 und 1938. Gemäß uns vorliegenden Informationen kann dies nach BBauG §173 als"übergeleiteter Bebauungsplan" im Sinne von §30 BauGB gewertet werden und somit sinddie Vorschriften auch heute noch bindend! Geregelt sind beispielsweise:

- Das Gebiet gilt als Reines Wohngebiet

- Baulinien regeln die Lage des Gebäudes

- Maximal sind 2 Wohnungen bei 2 Stockwerken zulässig

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- Die unbebaute Grundstücksfläche muß 4 mal so groß sein wie die bebaute Fläche, d.h.die Grundflächenzahl (GRZ) ist 0,2!

- Die Traufhöhe darf maximal 7m betragen

- Der Abstand zur Grundstücksgrenze beträgt mindestens 5m.

4.4. Zusätzliche Regelungen, Ausnahmemöglichkeiten

Neben den in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Bebauungsvorschriftenexistieren weitere baurechtliche Regelungen im Baugesetzbuch (BauGB) und in derBauNVO 1990, von denen drei hier erwähnt werden, weil sie bei der Baugenehmigung durchdie Baurechtsbehörde Korntal-Münchingen angewandt werden:

a. BauGB § 31, Ausnahmen und Befreiungen

§ 31(2)2: Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes kann im Einzelfallbefreit werden, wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und dieGrundzüge der Planung nicht berührt werden“

b. BauGB § 34(1):

„Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhabenzulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, derBauweise und der Grundstücksfläche ... in die Eigenart der näherenUmgebung einfügt...; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden“

c. BauNVO 1990, § 19(4) Satz 4

„Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall vonder Einhaltung der ... Grenzen abgesehen werden

1. bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlicheFunktion des Bodens oder

2. wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung derzweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde“.

4.5. Über- und unterbaubare Flächen, Geschoßflächen (Graphische Darstellung)

In den Abschnitten 4.1 und 4.2 wurde auf die baurechtlichen Vorschriften zu den über- undunterbaubaren Flächen für die Gebiete „Neue-/Alte Halde“ und „Alte Halde“ hingewiesen, wiesie in der BauNVO bis 1990 und in der BauNVO 1990 verankert sind. Bild 4.1 stellt dieUmsetzung dieser Vorschriften im praktischen Baugeschehen graphisch dar.

Hauptnutzungz.B. 25 %

Über-/Unterbauungverboten!

Fläche für:•Garagen•Stellplätzen•Zufahrten•Nebenanlagen §14•Anlagen unterhalbGeländeoberfläche•Zugangswege

Über-/Unterbauungnicht eingeschränkt

BauNVO vor 1990 BauNVO 1990

Bestimmungen zur Berechnung der über-/unterbaubaren Flächen

über-/unterbaut 37,5%

Hauptnutzungz.B. 25 %

Bild 4.1: Grundstücksnutzung nach BauNVO vor 1990 und BauNVO1990.

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Bei der Definition der GRZ legt die BauNVO 1990 fest, dass über die Fläche für die Haupt-nutzung hinaus nur 50 % dieser Fläche für andere Nutzung über- und unterbaut werdendürfen. Der Rest des Grundstücks ist zum Schutz der natürlichen Bodenfunktionen und fürdie Verbesserung des Stadtklimas freizuhalten! An den im folgenden Kapitel 5 aufgeführtenFallbeispielen wird gezeigt, dass diese wichtige Vorgabe durch eine Sonderregelung umgan-gen wird!

Bei der Berechnung der GFZ lässt die BauNVO 1990 zu, dass nur die Vollgeschosseangerechnet werden. Wenn die anderen Stockwerke gewisse Bedingungen bzgl. ihrerWohnfläche bzw. Lage am Hang erfüllen, zählen sie nicht als Vollgeschosse (Bild4.2).

BauNVO vor 1990 BauNVO 1990

Gartengeschoß

EG (Vollgeschoß)

OG (Vollgeschoß)

1. DG

2. DG

Gartengeschoß

EG (Vollgeschoß)

OG (Vollgeschoß)

1. DG

2. DG

Gelände

Bestimmungen zur Berechnung der Geschoßfläche

Aufenthaltsräume in Nicht-Voll-geschossen sind mitzurechnen

Nur EG und OG zählen!

Bild 4.2: Vollgeschossregelung nach BauNVO vor 1990 und BauNVO 1990

Da diese sogenannten "Nicht-Vollgeschosse" aber für weitere Wohnungen frei genutztwerden dürfen, kann sich eine Vergrößerung der Wohnfläche im Haus um bis zum Faktorzwei gegenüber der ursprünglichen GFZ-Regelung ergeben. Diese Möglichkeit wird inKorntal stark genutzt und führt so zu einer großen Anzahl von Wohnungen je Haus bei eineran sich mäßig großen GFZ.

4.6 Zusammenfassung

Aus den Darlegungen der vorausgegangenen Abschnitte geht hervor, daß in den von derArbeitsgruppe betrachteten Wohngebieten unterschiedliche baurechtliche Vorschriftengelten, weshalb ein Vergleich sehr erschwert ist.

Die von der Stadt Korntal-Münchingen erstellten Bebauungspläne aus den Jahren 1976 und1994/1996 stellen zwar einen richtigen Ansatz für eine maßvolle Verdichtung zum Schutzeder Gartenstadt Korntal dar. Jedoch werden Sinn und Zweck der neuen BauNVO von 1990,nämlich Schutz des Bodens aus klimatischen und ökologischen Gründen, durch Anwendungder Ausnahmeregelungen, durch Nutzung von Ermessensspielräumen und durch die volleAusnutzung der in Abschnitt 4.6 erläuterten Vollgeschossregelung konterkariert.

5. Fallbeispiele für neue Bebauung in KorntalIm folgenden sind 5 Fallbeispiele beschrieben, die aufzeigen, in welcher Weise derzeitBauvorschriften angewandt werden. Die ersten zwei Beispiele liegen im Bereich 2 (blaumarkiert) mit dem Bebauungsplan von 1976; es gilt die BauNVO von vor 1990 (siehe Ab-schnitt 4.1 und 4.2). Die beiden nächsten Beispiele liegen in einem der Bereiche 1 (rot mar-kiert) mit neuestem Bebauungsplan von 1994. Es gilt also die BauNVO 1990. Das 5. Beispielliegt in einem Gebiet mit Bauvorschriften aus den 20er/30er-Jahren (siehe Abschnitt 4.3).

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Bebauungsplan1994

Bebauungsplan1976

Bereich1a

Bereich 2

Bauvorschriften20er/30er Jahre

Bereich3b

Beispiel 5

Beispiel 3

Beispiel 2 Beispiel 1

Beispiel 4

Bild 5.0: Lageplan der nachfolgend beschriebenen fünf Fallbeispiele

5.1 Beispiel 1: Hindenburgstraße 45

Die neue Bebauung besteht aus zwei Gebäuden, die zwischen Hindenburgstraße und Ulrich-von-Hutten-Straße liegen. Das Bild 5.1a zeigt das Grundstück mit dem Grundriss der beidenGebäude. Man sieht, dass eine umfangreiche Begrünung mit Büschen und Bäumenvorgesehen war. Berücksichtigt man aber die tatsächliche Überbauung inklusive Balkone,Traufe und Zugangswege (schwarz gekennzeichnet) und bei der Unterbauung auch dieTiefgaragen mit ihren Zufahrten (grau gestreift), so bleiben nur kleine Flächen mitnatürlichem Boden übrig (markiert in Bild 5.1b). Wegen ihrer Kleinheit und wegen ihrerunmittelbaren Nähe zu den Nachbarhäusern kommen sie nur für Bewuchs mit Rasen oderKleinsträucher in Frage. Bild 5.1c und Bild 5.1d zeigen die Mächtigkeit der beiden vier-stöckigen Häuser kurz vor ihrer Fertigstellung und wie dicht sie an den Nachbargrundstückenstehen. Der Baum auf dem Bild 5.1d steht bereits auf dem Nachbargrundstück.

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Ulrich von Hutten Straße

Hindenburgstraße

Ulrich von Hutten Straße

Hindenburgstraße

Tiefgarage

Tiefgarage

Grünflächeohne Unterbauung!

Bild 5.1a: Grundriss Hindenburgstr.45 5.1b: Über-/Unterbauung Hindenburgstr.45

5.1c: Hindenburgstr.45 kurz vor Fertigstellung 5.1d: Blick von Ulrich-von-Hutten-Str.

In der nachfolgenden Tabelle ist zusammengefasst, in wie weit die wichtigsten Bauvor-schriften (GRZ und GFZ) eingehalten sind. Für die Hauptnutzung (Wohnhaus) dürfen indiesem Gebiet gemäß Bebauungsplan 30 % der Fläche genutzt werden (GRZ = 0,3); dieseZahl wird eingehalten. Da die BauNVO von vor 1990 gilt, ist die Bodenfläche, die zusätzlichzum Wohnhaus über-/unterbaut wird, nicht geschützt (vgl. Bild 4.1). Es ist also zulässig, dassder größte Teil der Bodenfläche in Anspruch genommen wurde (ca. 70 %).

Für die maximale Geschossfläche ist eine GFZ von 0,6 vorgegeben. Diese wird im vorlie-genden Fall gemäß BauNVO vor 1990 um 15 % überschritten, da neben den Vollge-schossen auch die anderen Wohnflächen im Haus mitzurechnen sind (vgl. Bild 4.2). Der Bauhätte also in dieser Größe nicht genehmigt werden dürfen.

Grundfläche über-/unterbaut

nur Wohnhaus gesamt

Geschossfläche

Überschreitung um:

Hindenburgstr. 45 30 % ca. 70 %

ok, weil keine Vorgabedurch BauNVO!!

15 % !!!

überschritten, weil BauNVOvon vor 1990 gilt!

Die Genehmigung wurde aber erteilt, weil die Baurechtsbehörde bei der Geschossfläche dieVollgeschossregelung aus der BauNVO 1990 statt aus der BauNVO vor 1990 anwandte.

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Dies lässt sich über die Ausnahmeregelung nach §31 BauGB formal begründen (sieheAbschnitt 4.4 Unterpunkt a). Wenn die Wohnflächen der sogenannten Nichtvollgeschossenicht angerechnet werden, dann wird die festgelegte GFZ formal nicht überschritten, weshalbeine Baugenehmigung erteilt wurde.

5.2 Beispiel 2: Ecke Hindenburgstraße / Blumhardtweg

Das zweite Beispiel bezieht sich auf ein Grundstück, das noch bis Dezember 2001 eineWiese mit verschiedenen Obstbäumen war (Bild 5.2a); seitdem hat der Bagger die Baugrubeausgehoben. Darauf gebaut werden soll laut Bauschild ein attraktives Terrassenhaus (Bild5.2b). In der Praxis werden aber zwei Hauszeilen mit geringem Abstand hintereinandergesetzt (Bild 5.2.c), die mit Zugängen, Tiefgarage und Zufahrten fast die gesamteBodenfläche einnehmen (Bild 5.2c). Bild 5.2d zeigt die Baugrube im Januar 2002; dieseerstreckt sich über das gesamte Gelände, von Grundstücksgrenzen bis Straßen.

5.2a: Baugrundstück 5.2b: Terrassen-Haus im Verkaufsprospekt

Kinderspielplatz

GRZ GFZ0,4

Grünfläche??

Grünflächeohne Unterbauung!

Bild 5.2c: Grundriss mit verbleibender Grünfläche Bild 5.2d: Baugrube im Januar 2002

Für die Wohnhäuser dürfen gemäß Bebauungsplan (GRZ = 0,4) 40% der Fläche verwendetwerden. Der Rest des Bodens kann wegen alter BauNVO von vor 1990 beliebig genutztwerden, auch wenn, wie in diesem Fall, ca. 80% des Geländes über-/unterbaut werden. DieGeschossflächenzahl (GFZ) wird wieder wie im Beispiel 1 gegenüber der für diesen Baugültigen BauNVO deutlich überschritten (siehe nachfolgende Tabelle).

Grundfläche über-/unterbaut

nur Wohnhaus gesamt

Geschossfläche

Überschreitung um:

Blumhardtweg /Hindenburgstr.

40 % ca. 80 %

ok, weil keine Vorgabedurch BauNVO!!

21% !!!!

überschritten, weil BauNVOvon vor 1990 gilt!!

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Nachbarn hatten deshalb gegen die Bebauung Einspruch erhoben, aber mit der gleichenBegründung wie in Beispiel 1 angegeben, wurde der Einspruch abgewiesen: es wurdenwieder nur die Vollgeschosse gerechnet, nicht der übrige Wohnraum, und mit einerAusnahmegenehmigung nach §31 BauGB begründet.

Zusammenfassung der beiden ersten Beispiele 1 und 2:

Von natürlicher Grünfläche bleibt in beiden Fällen soviel wie nichts übrig. Wir sehen es alsVersäumnis an, dass in diesem Bereich der Alten Halde der Bebauungsplan von 1976 nochnicht erneuert wurde, so dass die BauNVO 1990, die auch den Schutz des Bodens zum Zielhat, nicht zur Anwendung kommt. Eine weniger massive Bebauung hingegen, die sich ausder früheren Art der Berechnung der GFZ für die Wohnfläche ergeben würde, wird mithilfevon Ausnahmegenehmigungen umgangen.

5.3 Beispiel 3: Neuhaldenstraße 39

Dieses und das nächste Beispiel 4 stehen kurz vor der Fertigstellung und sind nach einemBebauungsplan aufgrund der BauNVO 1990 errichtet worden. Auf beiden Grundstückenstanden früher Häuser der Jahrhundertwende.

Bild 5.3a zeigt den Planausschnitt des Bebauungsplanes. Das bisherige Haus wurdeabgerissen und durch zwei Gebäude ersetzt. Rot gestrichelt markiert sind die gemäßBebauungsplan zugelassenen Baufenster. Die Kreise markieren Bäume, die gemäßBebauungsplan zu erhalten sind. Die gestrichelt gekennzeichneten Bäume, die im Bau-fenster liegen, sind gemäß Bebauungsplan durch Bäume an anderer Stelle zu ersetzen! DieGRZ ist im Bebauungsplan festgelegt.

früheresHaus

Baufenster A

Neuhaldenstraße

Baufenster B

alt

neu

neu

Neuhaldenstraße

Grünflächeohne Unterbauung!

Grünflächeohne Unterbauung!

WohnhausB

WohnhausA

Tiefgarage

Spielplatz!

Baufenster

5.3a: Neuhaldenstr.39: Vorgabe Bebauungsplan 5.3b: tatsächliche Über- und Unterbauung

Das Bild 5.3b zeigt die tatsächlich erfolgte Über- und Unterbauung des Grundstückes:

1. Von den ca. 30 zu erhaltenden Bäumen ist keiner stehen geblieben!

2. Die beiden Wohnhäuser überschreiten die Grenzen der Baufenster!

3. 69% der Grundstücksfläche sind über-/unterbaut! (statt der 37,5% nach BauNVO 1990);natürlicher Boden ist kaum noch und nur in kleinen Stücken vorhanden.

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Bilder 5.3c und 5.3d zeigt Ansichten der beiden Häuser. Durch die spezielle Definition derVollgeschosse nach der neuen BauNVO 1990 (s. Bild 4.2) ist es möglich, in fünfStockwerken Wohnungen zu erstellen, obwohl nur zwei Vollgeschosse gemäß Bebauungs-plan zugelassen sind. Bild 5.3d zeigt den Blick vom Nachbarhaus; durch die große Nähe hatsich die Wohnqualität für den Nachbarn wesentlich verschlechtert.

5.3c: Neuhaldenstr.39 kurz vor Fertigstellung 5.3d: Blick vom Nachbarhaus

Die nachfolgende Tabelle zeigt in der Übersicht, dass die BauNVO 1990 nicht eingehaltenist. Darüber hinaus wurde der Baumbestand vollständig beseitigt!

Grundfläche über-/unterbaut Geschossfläche

nur Wohnhaus gesamt Überschreitung um:

Neuhalden-straße 39

25 % !

Baufensterüberschritten!

59 % !!!

statt 37,5 %

0 %

OK trotz 5(!) Stockwerken, weilnur "Vollgeschosse" zählen!

Die Baugenehmigung wurde dennoch erteilt; gemäß den uns erteilten Informationen mitfolgenden Begründungen:

1. Beseitigung der Bäume: Der Bebauungsplan gibt Baufenster im oder so nahe zumBaumbestand vor, dass die Bäume der Bebauung im Wege stehen. Will also ein Bauherrdas vorgegebene Baufenster voll nutzen, so muss er die Bäume fällen. Das Recht hierzuist vorrangig gegenüber der Verpflichtung, die Bäume zu erhalten (BauNVO §19 (4) 2)

2. Überschreitung der Baufenster: keine Begründung bekannt (Annahme: wegenGeringfügigkeit?)

3. Überschreitung der über-/unterbauten Grundfläche: Für die Genehmigung durch dieBaurechtsbehörde wurde nicht die im Bebauungsplan festgelegte GRZ von 0,25zugrunde gelegt, sondern unverständlicherweise die höchste in der BauNVO noch für einWohngebiet zulässige GRZ von 0,4, was eine maximale Über-/Unterbauung von 60%zulässt. Damit werden die Festlegungen in der rechtsgültigen BauNVO von 1990, wo esum Einschränkung der Versiegelung des Bodens geht, ad absurdum geführt.

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5.4 Beispiel 4: Neuhaldenstraße 44

Bild 5.4a zeigt einen größeren Ausschnitt des Bebauungsplanes (im Bereich 1a) mitmehreren Grundstücken. Die dick gestrichelt markierten Felder im Nordteil zeigen, dass hierdie Baufenster ebenfalls in oder dicht neben den Baumbestand gelegt sind. Bei deren Be-bauung werden also auch die Bäume beseitigt werden; das im Beispiel 3 geschilderteVorgehen ist also kein Einzelfall!

Das untere fett markierte Feld zeigt das Baugrundstück Neuhaldenstraße 44 mit den zuerhaltenden Bäumen; Bild 5.4b zeigt die tatsächlich erfolgte Bebauung (schräg gestreift dieUnterbauung durch die Tiefgarage) inklusive den Zugangswegen. Kariert sind dieverbliebenen Grünflächen ohne Unter-/Überbauung dargestellt.

Südlich vor dem alten Haus stand ein großer Baum; dessen Erhalt gefordert war, er wurdeaber gefällt. Eine Neupflanzung an dieser Stelle ist nicht vorgesehen. Das wird damitbegründet, dass sonst die Wohnungen zu viel Schatten haben würden. Einzig ein einzelnerNussbaum an der äußersten Südostecke des Grundstückes blieb erhalten.

NeuhaldenstraßeWilh

elm

stra

ße

44

Landhausstraße

Neuhalden Straße 44

Sandkasten

Nussbaum

Baumneu

Grünflächeohne Unterbauung!

Grünflächeohne Unterbauungaber keine Bäume!Tiefgarage

5.4a Baufenster gemäß Bebauungsplan 5.4b : Neuhalde 44:Tatsächliche Über-/Unterbauung

Die Bilder 5.4c und 5.4d zeigen Fotos des inzwischen abgerissenen alten Wohnhauses unddes mächtigen Neubaus, einem vierstöckigen Haus mit 7 großen Wohnungen.

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5.4c: Neuhaldenstr.44 vor Abriss Frühjahr 2001 5.4d: Neubau kurz vor der Fertigstellung Dez.01

Trotz des riesigen Baukörpers wird die BauNVO 1990 in ihren Vorschriften weitgehendeingehalten (s. Tabelle):

Grundfläche über-/unterbaut Geschossfläche

nur Wohnhaus gesamt Überschreitung um:

Neuhalden-straße 44

25 % 42 % !!

statt 37,5 %

0 % (ok)

trotz 4 Stockw.,weil nurVollgeschosse zählen!

Gemäß offiziellen Meßdaten der Stadt beträgt die tatsächliche Über-/Unterbauung diesesGrundstückes nur 42%. Das ist gegenüber dem gemäß BauNVO 1990 zugelassenen Wertvon 37,5% nur eine relativ geringe Überschreitung. Dennoch blieb von der Grünfläche imSinne eines Gartens nur ein Bruchteil übrig (an der Nordwestecke des Grundstückes). Dasist gegen den Sinn der BauNVO von 1990, die den Schutz von möglichst viel Boden vorsieht(s. Abschnitt 4.5). Aus diesem Beispiel sind folgende Schlüsse zu ziehen:

- Die Nutzung des Grundstücks sollte auch nicht geringfügig gegenüber dem maximalzulässigen Wert der BauNVO überschritten werden

- Das Baufenster sollte so gelegt werden, dass die Chance besteht, im Sinne derBauNVO1990 mehr Grünflächen erhalten zu können

- Es sind Regelungen zu treffen, dass Bäume stehen bleiben dürfen, auch wenn sie imSichtfeld von Wohnungen stehen

Mit der gleichen Begründung wie im obigen Beispiel 3 wurde von der Baurechtsbehörde dieÜberschreitung der Über-/Unterbauung zugelassen (nicht die vorgeschriebenen 37,5% sindals oberste Grenze zu Grunde gelegt worden sondern die angenommenen maximal 60%).

Zusammenfassung der beiden Beispiele 3 und 4:

Zusammenfassend für die Beispiele Neuhaldenstraße 39 und 44 kann gesagt werden, dassauch die neue BauNVO 1990 keine wesentlichen Vorteile bezüglich Erhalt des natürlichenBodens bringt, wenn die Vorschriften zu großzügig oder mit eigenen Sonderregelungenausgelegt werden. Außerdem ist der vorgeschriebene Schutz von Bäumen wertlos, wennkeine rechtliche Handhabe besteht, diesen gegenüber den Bauherren durchzusetzen.

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5.5 Beispiel 5: Roßbühlstraße 11

Das letzte Beispiel ist ein in Planung befindliches Wohnhaus in einem Bereich, in dem nochdie Bauvorschriften aus den 20er/30er-Jahren gelten. Die Baugenehmigung ist nach unsvorliegenden Informationen noch nicht erteilt, weil noch Änderungen in der Planungvorzunehmen sind. Diese werden aber nicht so wesentlich sein, dass sie die prinzipielleAussage dieses Beispiels ändern.

Bild 5.5a zeigt den Grundriss des geplanten Hauses zusammen mit seinen Nachbar-grundstücken. Hellgrau ist die Fläche des heutigen Hauses dargestellt, schwarz die Flächedes geplanten Hauses mit Zugang und gestreift die Tiefgarage mit Zufahrt. Kariert ist dieGrünfläche außerhalb des Tiefgaragenbereiches dargestellt. Heute steht auf diesem Grund-stück ein älteres, nicht mehr bewohntes Haus mit baumbestandenem Garten (Bild 5.5b).

Baulinie

Grünflächeohne Unterbauung!

Tiefgarage

5.5a: Roßbühlstr.11 mit Nachbargrundstücken 5.5b: heutiges Gebäude

Das geplante Haus wird die 1928 festgelegte Baulinie voll ausnützen und sogar leichtüberschreiten. Vom Baugrundstück sollen 72% (!) über-/unterbaut werden. Das ist viel mehrals irgend ein anderes Haus in diesem Bereich bisher. Dadurch wird eine Gartenzone, diesich über Jahrzehnte erhalten hat, durchbrochen. Bild 5.5c zeigt einen Blick vom geplantenBaugrundstück in Richtung Osten; es handelt sich um eine ausgedehnte Grünzone, wie aufdem Plan 5.5d dargestellt. Die geplante Bebauung in der Rossbühlstraße 11 wird dieseGrünzone durchbrechen und es ist zu befürchten, dass auch andere Grundstücke ähnlichmassiv bebaut werden, was zur vollständigen Zerstörung der Gartenzone führen wird.

Offiziell gelten dort noch sehr alte Bauvorschriften (s. Abschnitt 4.3). Demnach dürften dortnur 2-Familienhäuser errichtet werden, das Haus darf nur eine Fläche von 20% desGrundstücks einnehmen und der Abstand zur Grundstücksgrenze muss mindestens 5mbetragen. Es ist einsichtig, dass diese Vorschriften heute modifiziert angewandt werdenmüssen. Aber die so massiv geplante Bebauung zerstört den Charakter dieses Bereichesvollkommen.

Die Genehmigung zum Bau des Hauses wird damit gerechtfertigt, dass es in der Nähebereits Häuser dieser Größe gäbe und es sich damit "in die Eigenart der näheren Umgebungeinfügt" (BauGB §34 (1) siehe Abschnitt 4.4 Unterpunkt b). Bei dieser Begründung wird derwesentliche Gesichtspunkt übersehen, dass die bestehenden Gebäude die Gartenzone nichtzerstören.

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Gartenzone119

5.5c: Von Roßbühlstr.11 Blick nach Osten 5.5d: Geplantes Gebäude in der Gartenzone

Gemäß den für dieses Gebiet heute noch anzuwendenden Bauvorschriften dürfte diesesHaus Rossbühlstrasse 11 keinesfalls genehmigt werden. Zwar sind schon früher Ausnahmenvon den geltenden Bauvorschriften zugelassen worden, jedoch war die Bebauung nie somassiv wie im geschilderten Fall, und sie hat auch die Grünzone nicht zerstört; siehenachfolgende Tabelle.

Grundfläche über-/unterbaut Geschossfläche

nur Wohnhaus gesamt Überschreitung um:

Rossbühlstraße 11 30 % !!

statt max. 20 %

72 % !!

statt: „ausreichendGartenfläche!“

250 % !!

statt: max. zweiWohnungen

Aber selbst wenn man sagt, die damaligen Vorschriften sollten nicht mehr angewandtwerden, auch wenn die neuesten Bebauungspläne der 90er Jahre der Alten-/Neuen Haldeund die BauNVO 1990 theoretisch als Maßstab angelegt würden, wären alle Werte im „rotenBereich“:

Grundfläche über-/unterbaut Geschossfläche

nur Wohnhaus gesamt Überschreitung um:

Rossbühlstraße 11

Soll:

30 % !!

statt max. 25 %

72 % !!

statt max. 37,5%

? % (GFZ=1)

statt GFZ=0,45 nachBauNVO 1990

Zusammenfassung der Ergebnisse des Beispiels Rossbühlstraße 11:

In den Gebieten Korntals ohne neuere Bebauungspläne wird sogar noch dichter bebaut alsin den Bereichen an der „Alten-/Neuen Halde“. Für die Bereiche Rossbühl und westlicheWilhelmstraße wird es einen großen Verlust an Lebensqualität bedeuten, wenn in dieserWeise weiter gebaut wird. Andere Grundstücke in diesen Bereichen stehen zum Verkauf anund es muss befürchtet werden, dass eine ähnlich dichte Bebauung zugelassen wird. Es istalso schnelles Handeln notwendig, um die Zerstörung auch dieser Bereiche zu verhindern.

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6. Wohnungsbedarf und BebauungsdichteEin wesentliches Argument, das für die bisher praktizierte dichte Bebauung herangezogenwird, ist der angenommene große Wohnungsbedarf im Ballungsraum Stuttgart. DerRegionalverband Stuttgart hat den Bedarf in der Region feststellen lassen und imRegionalplan 1998 (s. dort Seite 109) als Richtwert festgelegt. Demnach ist von 1995 bis2010 in Gemeinden mit Eigenentwicklung mit einem zusätzlichen Wohnungsbedarf von 6%zu rechnen und in Gemeinden mit Wanderungsgewinn ebenfalls 6%. Wird wegen derbesonderen Lage Korntal-Münchingens angenommen, dass beide Steigerungen zutreffen(also 2 mal 6 %), so heißt das: Von 1995 bis 2010 benötigt Korntal-Münchingen bis zu ca.950 zusätzliche Wohnungen!

Diese Zahl deckt einerseits den zusätzlichen Wohnungsbedarf ab, weil die Personenzahl jeWohnung von 2,2 auf 2,0 Personen je Wohnung sinken soll, schließt aber auch ein gewissesWachstum in der Bevölkerungszahl ein (plus 400 Einwohner). Berücksichtigt man, dass dieBevölkerungszahl in den letzten 5 Jahren gar nicht gewachsen ist und sie voraussichtlichwenn überhaupt nur geringfügig nicht wachsen wird, so sind die 950 zusätzlichenWohnungen als hohe Abschätzung zu werten.

Der Arbeitsgruppe liegt nicht die offizielle Zahl der seit 1995 tatsächlich in Korntal-Münchingen fertiggestellten Wohnungen vor. Eine eigene Abschätzung aufgrund vonZählungen im Stadtteil Korntal zeigt aber, dass seit 1995 ca. 400 Wohnungen errichtetwurden oder gerade im Bau sind; die meisten hiervon in den hier im Informationspapierangesprochenen Wohnbereichen. Hinzu kommt, dass im Stadtteil Münchingen im gleichenZeitraum große neue Wohngebiete erschlossen und bebaut wurden und dass so weiteremehrere hundert Wohnungen errichtet wurden bzw. in fester Planung sind. Das heißt, dassdie Stadt Korntal-Münchingen bereits noch in 2002 den von der Region für 2010abgeschätzten Wohnungsbedarf abgedeckt haben wird!

Dem oben genannten Bedarf von 950 Wohnungen von 1996 bis 2010 basierend auf demRegionalplan steht die Angabe im Flächennutzungsplan 2010 (FNP) der Stadt Korntal-Münchingen entgegen, wonach von 1998 bis 2010 ca. 1500 bis 2000 Wohnungen benötigtwürden. Die hierzu im FNP gegebenen Begründungen und auch die vorgeschlagenenLösungen, dass hierfür 30 Hektar Neubauflächen zur Verfügung gestellt werden müssen,sind unserer Meinung nach nicht schlüssig. Dem widersprechen auch die neuesten Datendes Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, die aussagen, dass in der RegionStuttgart bis 2010 die Bevölkerungszahl sogar leicht abnehmen wird und dass der Bedarf anzusätzlichen Wohnungen von 1999 bis 2010 bei nur +4,1 % liegt also bei 320 Wohnungen!!

Das heißt: Korntal-Münchingen benötigt nicht 1500 bis 2000 zusätzliche Wohnungensondern nur 320 bis maximal 950!! Dies belegen offizielle Prognosen. Von diesem Bedarfist ein großer Teil bereits gebaut oder wird gerade fertiggestellt.

Die Arbeitsgruppe führte noch eine weitere Abschätzung durch: es wurde untersucht, was esbedeuten würde, wenn die Bereiche 1a bis 3b des Stadtplanes in Bild 2.1 so dicht bebautwerden würden, wie es die aktuellen Bebauungspläne von 1994 bis 1996 zur Zeit zulassen;diese Untersuchung führte zu folgenden Ergebnissen:

- Der Wohnungsbestand würde sich gegenüber heute um mehr als den Faktor 2,7erhöhen! (im Bebauungsplan heißt aber das Ziel: "maßvolle Verdichtung")

- Es entstünden in Korntal in den betrachteten Bereichen ca. 1200 zusätzliche Wohnun-gen, für die gemäß Regionalplan und Statistischem Landesamt BW kein Bedarf besteht.

- Die Siedlungsdichte würde ca. 110 EW/ha (Einwohner je Hektar) betragen; dem stehenRichtwerte im Regionalplan (Seite 101) für Neubebauungen entgegen: 90 EW/ha fürOberzentren; 80 EW/ha für Mittelzentren und 60 EW/ha für Unterzentren. Korntal-Münchingen ist als Unterzentrum definiert! In Korntal würde also fast doppelt sodicht gebaut werden, wie es die Region als Richtwert empfiehlt.

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7. Das Baugeschehen im Stadtteil Korntal – Bewertung undFolgerungen

7.1 Der Gartenstadtcharakter im Stadtteil Korntal

Der Stadtteil Korntal ist durch seine besondere Geschichte sowie durch seine Eigenschaftals Gartenstadt und Wohnstandort geprägt. Der Gartenstadtcharakter drückt sich u.a. imVerhältnis von bebautem Grundstücksanteil zum Grünbereich, vorrangig in Form vonNutzgärten mit Baumbestand, aus. Diese Gartenstadt schafft ein hohes Maß an Identität derBürgerinnen und Bürger mit Ihrem Wohnort. Neu zugezogene Einwohner lernen diesenGartenstadtcharakter schätzen.

Die öffentliche Veranstaltung der Arbeitsgruppe am 26.11.2001 hat gezeigt, daß dieBürgerinnen und Bürger diesen Gartenstadtcharakter im Stadtteil Korntal erhalten wissenwollen und sich mit ihrem Wohnort identifizieren. Im Verdichtungsraum der Region Stuttgarthat Korntal-Münchingen in der Umgebung von Industrie, Gewerbe und Bundesfernstraßeneine wichtige Rolle als Wohnstandort mit einem hohen Freizeit- und Erholungswert und einernoch funktionierenden Infrastruktur.

Die von der Arbeitsgruppe untersuchten Bauvorhaben zeigen beispielhaft, daß dasderzeitige Baugeschehen dem Gartenstadtcharakter nicht gerecht wird sondern zu seinerZerstörung beiträgt, was rechtzeitig verhindert werden muss.

7.2 Bauvorschriften und Konsequenzen

Wie im Kapitel 4 gezeigt wurde, gelten in den betrachteten Gebieten sehr unterschiedlicheBauvorschriften, die sich teilweise widersprechen:

Für große Teile Korntals ist noch altes Baurecht aus den Jahrzehnten von 1900 bis 1930gültig, während für die Bereiche „Alte und Neue Halde“ qualifizierte Bebauungspläne aus denJahren 1976 und 1994 bis 1996 gelten.

Um eine einheitliche Vorgehensweise zu ermöglichen, müssen qualifizierte Bebauungsplänemit konkreten Festlegungen, z.B. der überbaubaren Fläche, der Zahl der Geschosse und derWohnungen sowie die Formulierung von besonderen Zielen wie z.B. Gartenstadtcharakter,Grünflächenbestand, Klimaschutz und Lärmvermeidung erarbeitet werden.

Um eine massiv verdichtete Bebauung mit allen nachteiligen Auswirkungen auf Gartenstadt-charakter, Infrastruktur, Klima, Verkehr und Verkehrslärm zu vermeiden, muß bei allenNeubauvorhaben die Erhaltung des Gartenstadtcharakters ein wichtiges Ziel sein, dem sichwirtschaftliche Interessen unterordnen müssen.

Diesem Anliegen muß auch bei der Genehmigung von Bauvorhaben durch dieBaurechtsbehörde Rechnung getragen werden, indem das Baurecht stringent angewandtwird und in Gebieten mit ausgesprochenem Gartenstadtcharakter keine Genehmigungenunter Anwendung der Ausnahmemöglichkeiten des § 19 (4) BauNVO und des § 31 BauGBerteilt werden.

7.3 Weitere Folgen einer massiv verdichteten Bauweise

Neben der Beeinträchtigung des Gartenstadtcharakters hat eine massiv verdichteteBauweise weitere Folgen, die mit Sicherheit nicht angestrebt werden:

- Beeinträchtigung des Klimas: Die Gärten lassen eine Durchlüftung zu und die Bäumefiltern die Luft von Schadstoffen. Hiervon profitiert der ganze Stadtteil Korntal.

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- Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes: Größere Gärten mit einem vielfältigenBaum- und Strauchbestand tragen zur Verschönerung und Belebung eines Ortes bei.Durch die Verdichtung geht dieser besondere Charakter verloren.

- Pflanzen und Tierwelt: Die vielen natürlichen Gärten tragen wesentlich zum Naturschutzbei. Es besteht eine Vielfalt von Pflanzen, in der sich viele Arten von Vögeln, Insektenund anderen Tieren aufhalten.

- Familienunfreundliches Umfeld: Die Genehmigungspraxis der letzten Jahre führt dazu,daß Grundstücke mit oft durchaus renovierungsfähigen Wohngebäuden vonWohnbaugesellschaften gekauft werden, weil Privatpersonen so hohe Preise nichtbezahlen können. Gebäude werden abgerissen und an deren Stelle werden ein oderzwei Häuser mit wesentlich mehr Wohnungen erstellt. Weil für dieses Geschehenausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte ausschlaggebend sind, werden die neuerstellten Wohnungen zu so hohen Preisen verkauft, daß sie für Familien mit Kindernnicht mehr erschwinglich sind. Freiflächen für Kinder zum Spielen gehen verloren.

- Verkehr: Durch die massiv verdichtete Bebauung nimmt der Ziel- und Quellverkehr starkzu, was sich in den Straßen in den Wohngebieten und im Zentrum des Stadtteils Korntalsbereits jetzt stark nachteilig auswirkt, weil ausreichend Parkmöglichkeiten fehlen.

7.4 Formulierung eines ganzheitlichen Leitbildes

Der Gemeinderat formulierte in den neueren Bebauungsplänen Mitte der 90er Jahre diestädtebauliche Zielsetzung, den Gartenstadtcharakter von Korntal zu erhalten.

Die Praxis zeigt nun, daß in der Umsetzung wenig von dieser übergeordneten Idee übrigbleibt. Dies bedingen die auslegbaren Bauvorschriften mit mehreren Ausnahmemöglich-keiten sowie oft vorgeschobene wirtschaftliche Zwänge. Im Einzelnen können durch dieÜberarbeitung der Bebauungspläne sicherlich Korrekturen vorgenommen werden, dennochist der Charakter der Stadt schon geschwächt. Wie könnte der zukünftige Weg aussehen?

- Der Stadtteil Korntal ist als Insel im Verdichtungsraum Stuttgart mit seinem bisherigenCharakter zu erhalten. Weil der Stadtteil an die Grenzen der baulichen Entwicklunggestoßen ist, dürfen keine Baulandflächen mehr ausgewiesen werden. Hauptsächlichwäre nur noch Wohnbau in Baulücken möglich oder maßvolle Verdichtung im Falle vonNeubauten bei Abriß heutiger Bausubstanz.

- Die grünen Inseln zwischen den Häuserzeilen müssen erhalten bleiben, dies ist durchGemeinderatsbeschluß zu bekräftigen und die Bebauungspläne sind in diesem Sinnekonsequenter umzusetzen.

- Weil Korntal-Münchingen innerstädtisch keine Parkanlagen, wenig Spielplätze und keineStadtplätze als Ort der Kommunikation hat, ist auf ein möglichst intaktes Wohnumfeldhinzuarbeiten, das negative soziale und klimatische Konsequenzen minimiert.

- Baulandausweisung für Wohnbau ist - so weit überhaupt erforderlich - in hierfür verträg-lichen Landschaftsflächen vorzunehmen unter Einbeziehung der gesamten Gemarkungvon Korntal-Münchingen.

- Ein zusammenhängendes Grüngerüst für die Stadtteile und für ganz Korntal-Münchingenist zu entwerfen, das die Funktionen unserer Kulturlandschaft deutlich macht und derenPotentiale stärkt. Dieses könnte zu einem nachhaltigen Konzept der städtebaulichenEntwicklung beitragen, das im wesentlichen vier Funktionen zu erfüllen hat:

- Klimaverbesserung und Kaltluftzufuhr

- Guter Boden als Nahrungsgrundlage

- Biotopvernetzung

- Erholungslandschaft

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8. Zusammenfassung und LösungsvorschlägeIn den Bebauungsplänen zur „Alten- und Neuen Halde“ hat die Stadt Korntal-Münchingen dieZielsetzung vorgegeben, dass der Gartenstadtcharakter erhalten werden soll. In der Praxiswerden aber so große Häuser mit so vielen Wohneinheiten gebaut, dass die Gartenstadtzerstört wird. Dies ist möglich, weil existierende Bauvorschriften bei entsprechenderAuslegung eine so dichte Bebauung zulassen. Um dem in Zukunft entgegen zu wirken, wirdfolgende Vorgehensweise vorgeschlagen:

1. Stadtverwaltung und Gemeinderat bekennen sich zu den Zielen, die sie in denBebauungsplänen zu den Bereichen der „Neuen und Alten Halde“ in der Mitte der90er-Jahre festgelegt haben.

2. Stadtverwaltung und Gemeinderat prüfen den zukünftigen Wohnflächenbedarf in Ab-stimmung mit den aktuellen regionalen Forderungen gemäß Regionalplan 1998 undStatistischem Landesamt BW und richten danach die weiteren Planungen.

3. Die Stadtverwaltung achtet darauf, dass die Bauvorschriften nach Sinn und Zweckdes gegebenen Baurechtes konsequent eingehalten und nicht durch großzügigerteilte Ausnahmegenehmigungen unterlaufen werden. Über eventuelle Ausnahme-möglichkeiten hat im Einzelfall der Gemeinderat zu entscheiden.

Besonderes Augenmerk gilt den Bereichen, für die noch kein aktueller Bebauungs-plan erarbeitet ist (z.B. das Gebiet Rossbühl; speziell das Projekt Rossbühlstr. 11)

4. Die bestehenden Bebauungspläne werden überarbeitet und einander angeglichen.Dabei müssen die Ziele zur Erhaltung des Gartenstadtcharakters klar formuliert undes muss u.a. festgelegt werden:

- Grundflächenzahl (GRZ) unter Beachtung der BauNVO §19 Absatz 4 (neben derHauptnutzung für Wohngebäude max. plus 50% für weitere Anlagen)

- Geschossflächenzahl (GFZ) mit Anrechnung der Aufenthaltsräume und der zuihnen gehörenden Treppenräume auch außerhalb der Vollgeschosse (wie es dieBauNVO §20 Abs.3 als Möglichkeit zulässt)

- Begrenzung der Zahl der zulässigen Wohnungen

- Traufhöhe und Firsthöhe

- Festlegung der Abstellmöglichkeiten für PKW (für Bewohner und Gäste)

- Plan für Infrastruktur wie Energie-/Wasserversorgung und Verkehrsanbindung

- Festlegung eines Genehmigungsverfahren, wenn ein Bauherr vom Bebauungs-plan oder von der BauNVO abweichen will

5. Für alle Bereiche, für die es noch keine aktuellen Bebauungspläne gibt, werdenBebauungsplänen mit gleichen Festlegungen wie in Punkt 4 angegeben erstellt.

6. Ein verbindlicher Grünflächenplan für ganz Korntal-Münchingen wird erarbeitet. Dabeisoll nicht nur schützenswerter Baumbestand sondern der gesamte Grünflächen-bestand definiert werden. Es muß sichergestellt werden, daß diese Vorschriften dannauch umgesetzt werden und nicht durch andere rechtliche Bestimmungen unterlaufenwerden können.

7. Die Stadtverwaltung überprüft, ob Bauvorhaben und Grünflächenplan nach Sinn undZweck eingehalten werden.

Nicht die wirtschaftlichen Interessen von Baufirmen und Bauherrendürfen im Vordergrund stehen sondern das Wohl der heutigen und

zukünftigen Bürgerinnen und Bürger von Korntal-Münchingen