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WIEN HANDELT! | KUTSCHKERMARKT 6 W ie n ha n delt! W ie n Die Sonntagsfrage 4 | Graffiti in der Galerie 8 | Durchstarten mit Direktvertrieb 10 | Händler im Netz 12 | Bittere Pillen 16 | Geschäftsmodell heiße Luft 18 | Das Comeback der Greißler 20 AUSGABE | 02.2014 Wirtschaft gut, alles gut? Sinnvolles Spielzeug Weihnachtsgeschäft, Sonntagsöffnung und Zukunft der Wiener Wirtschaft - Kammer-Vize Fritz Strobl spricht Klartext Weg von Plastik hin zu pädagogisch wertvollem Spielzeug Der Greißler ist zurück Kundennähe und Produktqualität sind die Zukunft der Nahversorgung

Wien handelt! (Ausgabe 2/2014)

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Das Magazin der Sparte Handel im SWV Wien. Diesmal über sinnvolles Spielzeug, die Rückkehr der Greißler und mit einem großen Interview mit Fritz Strobl.

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Page 1: Wien handelt! (Ausgabe 2/2014)

Wien Handelt! | KutschKermarKt

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Wien handelt!Wien

Die Sonntagsfrage 4 | Graffiti in der Galerie 8 | Durchstarten mit Direktvertrieb 10 | Händler im Netz 12 | Bittere Pillen 16 | Geschäftsmodell heiße Luft 18 | Das Comeback der Greißler 20

AusgAbe | 02.2014

Wirtschaft gut, alles gut?

Sinnvolles Spielzeug

Weihnachtsgeschäft, Sonntagsöffnung und Zukunft der Wiener Wirtschaft - Kammer-Vize Fritz Strobl spricht Klartext

Weg von Plastik hin zu pädagogisch wertvollem Spielzeug

Der Greißler ist zurückKundennähe und Produktqualität sind die Zukunft der Nahversorgung

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Wien HAndelt! | EDITORIALN

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Impressum Wien handelt! | Herausgeber: Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband Wien, Mariahilferstraße 32, 1070 Wien, Österreich, www.swv.org |

Gewerbliche Anzeigenannahme: Edition MoKKa – Harald Reiter, Tel.: +43 (0) 660 490 55 61, [email protected] | Redaktion: Sozialdemokratischer

Wirtschaftsverband Wien, Astrid Kuffner | Layout, Grafiken & Reinzeichnung: Stefanie Sobotka | Fotos: Claudio Farkasch, Petra Spiola

Nachdem wir zur ersten Ausgabe von „Wien handelt!“ rundum gutes Feedback und einige tolle Verbesserungsvorschläge erhalten haben, freuen wir uns umso mehr, Ihnen nun die zweite Ausgabe zukommen lassen zu dürfen.

„Wien handelt!“ macht ebenso die Vielfalt des Wiener Handels und dessen Erfolgsgeschichten, wie auch die Sorgen und Bedürfnisse dieser vielen Eine-Person-Unternehmen, Klein- und Mittelbetriebe sichtbar. Das ist auch unsere Aufgabe in der Wiener Wirtschaftskammer, wo wir im Wirtschaftsparlament den kleineren Betrieben eine starke Stimme geben – bei jedem Artikel finden Sie einen Ansprechpartner für Ihre Fragen und Anliegen.

Nur gemeinsam sind wir stark. Das gilt besonders für diejenigen Unternehmen dieser Stadt, die weder auf Lobbyisten oder Anwaltskanzleien zurückgreifen können, um ihren Interessen gegenüber denen der Großkonzerne, Banken und Behörden Nachdruck zu verleihen. Hier sehen wir als Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband Wien unsere Kernaufgabe: eine starke Stimme für Selbstständige zu sein und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Mehr Demokratie und mehr Engagement für kleine Unternehmen, die die überwiegende Mehrheit der Kammermitglieder darstellen. Das ist es was wir in der Wirtschaftskammer für Sie erreichen wollen. Von 24. bis 26. Februar 2015 finden die nächsten Wahlen zur Wirtschaftskammer statt. Nehmen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch und gestalten Sie damit Ihre Interessenvertretung aktiv mit!

Viel Vergnügen mit „Wien handelt!“ und ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft!

Fritz Strobl und Akan Keskin

Liebe Kollegin, lieber Kollege!Fritz StroblPräsident des SozialdemokratischenWirtschaftsverbandes Wien

Akan KeskinSpartenobmann Handel im SozialdemokratischenWirtschaftsverband Wien

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Wien HAndelt! | SWV.ORGWien HAndelt! | SOnnTAGS-ÖFFnunG

Fritz Strobl hat seine Laufbahn mit einem kleinen Shop für

Fußball-Fanartikel begonnen und kennt die Wiener Wirtschaft wie kaum ein anderer. Als Präsi-

dent des SWV Wien stellt er das Wohl der Wiener Klein- und Mittel-unternehmen in den Mittelpunkt

seiner Arbeit. Im Wien handelt!-Interview erklärt er warum sein

Kampf um mehr Einfluss für diese Unternehmen wichtig für Wien

und seine Selbstständigen ist.

Geht es den Menschen gut, geht’s der Wirtschaft gut.

Wien handelt!: Wir gehen gerade ins Weihnachtsgeschäft. Alles eitel Wonne? Fritz Strobl: Das Weihnachtsgeschäft ist ganz besonders für kleine Betrie-be im Handel ein essentiell wichtiger Bestandteil des Jahresumsatzes. Lei-der wird es gerade für diese Betriebe immer schwieriger. Der Grund dafür ist die Unsitte, dass Handelsketten und Filialisten mit dem Winter-schlussverkauf schon vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts beginnen. Hier würde eine Regelung dem Wiener Handel sehr helfen.

Stimmt der Satz: Geht es der Wirt-schaft gut, geht es den Menschen gut?

Nein. Wer das sagt, zäumt das Pferd von hinten auf. Es verhält sich genau umgekehrt. Der Wirtschaft kann es

nur gut gehen, wenn es den Men-schen gut geht. Gerade in der jetzigen Zeit – Stichwort Wirtschaftskrise – ist das besonders stark bemerkbar. Darum brauchen wir dringend eine Steuerre-form, in deren Zentrum die Entlastung niedriger Einkommen steht.

Damit stärkt man die Kaufkraft und diese wiederum stärkt die kleinen und mittleren Unternehmen. Eine-Per-sonen-Unternehmen und Klein- undMittelunternehmen stellen 99,8% aller Unternehmen in Österreich dar.Wenn es diesen besser geht werden Arbeitsplätze in deutlich spürbarem Ausmaß geschaffen.

Klein- und Mittelbetriebe sind viel besser durch die Krise gekommen als Großunternehmen, internatio-nale Konzerne, Banken und Inves-toren. Woran liegt das?

Das ist einfach zu erklären. KMU be-wegen sich in der realen Wirtschaft. Dort geht es nicht um Gewinnmaxi-mierung und Zusatzgewinne durch Spekulation an den Börsen. In der wirklichen, realen Wirtschaft konzen-trieren sich Unternehmerinnen und Unternehmer auf ihren Kernbereich. Dadurch sind sie nicht so anfällig wenn es Probleme auf den Finanz-märkten gibt. Doch die Auswirkungen der globalen, von Spekulanten und Bankkonzernen ausgelösten Krise, bekommen kleine Unternehmen den-noch zu spüren, wenn so wie jetzt die Kaufkraft sinkt.

Sie sind seit 1995 Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschafts-verband Wien und seit 1996 Vize-Präsident der WirtschaftskammerWien. Wie hat sich die Wiener Wirt-schaft in diesen 20 Jahren verändert?

Die Wiener Wirtschaft ist in den letzten zwei Jahrzehnten kleiner strukturiert und flexibler geworden. Das hat auch mit den vorhin schon erwähnten Auswirkungen der glo-balen Wirtschaftskrisen der letzten Jahrzehnte zu tun. Der Wettbewerb ist dadurch härter geworden, trotz-dem ist es so, dass gerade die kleinenUnternehmen jetzt viel mehr ge-meinsam „unternehmen“ als früher. Kooperation und Zusammenarbeit liefern in wirtschaftlicher Hinsicht oftmals bessere Ergebnisse als Ver-drängungskämpfe. Dem Menschen, der für mich immer im Mittelpunkt auch ökonomischer Überlegungen stehen muss, geht es in kooperati-ven Zusammenschlüssen auch auf individueller Ebene weitaus besser als in übersteigerten Konkurrenzsi-tuationen. Dafür – für kooperative Wirtschaftsstrukturen – wächst das Bewusstsein auch auf globaler Ebe-ne und das ist gut so.

Kooperation ist ein gutes Stichwort für die nächste Frage. Die Wirt-schaftskammer sollte die Interessen-vertretung für alle Menschen sein, die einen Gewerbeschein haben.Viele Mitglieder empfinden sich aber als Zwangsmitglieder und die jährlich zu entrichtende Kamme-

rumlage als unnötige „Zwangsab-gabe“ an eine Institution, die eben nicht mit ihnen zusammenarbeitet. Warum ist die Kammer in Ihren Au-gen wichtig?

Die Wirtschaftskammer ist gerade für EPU, Kleinst-, Klein- und Mittel-betriebe von enormer Bedeutung. Kleine Unternehmen haben nicht annähernd die Mittel zur Verfügung wie große Konzerne. Diese können sich ganze Armeen von Rechtsan-wälten, PR-Agenturen und Lobbyis-ten leisten, um damit ihre Interessen auf politischer und medialer Ebene durchzusetzen. Kleine Unternehmenhaben das nicht. Das muss die Wirt-schaftskammer – die im Übrigen eine wirklich gut funktionierende Serviceeinrichtung ist – als Interes-sensvertretung erfüllen.

Genau diesen Bereich, Lobbying für EPU und KMU, muss man ganz ent-schieden verstärken und ausbauen. Zudem hängen die vielen Probleme, die Selbstständige mit der Sozial-versicherungsanstalt (SVA) haben, direkt mit der Wirtschaftskammer zusammen. Wer in der Kammer das Sagen hat, bestimmt auch über die SVA. Warum passiert das nicht schon längst, wenn die Mehrheit der Kammermitglieder aus Kleinun-ternehmen besteht?

Aus einem einfachen Grund: in derWirtschaftskammer regiert der ÖVP-Wirtschaftsbund. Und das schon seit es die Kammer gibt. Die ÖVP ist tra-ditionellerweise auf der Seite der Großunternehmer, viele Großunter-nehmer sind in der ÖVP und auch im Wirtschaftsbund tätig. Das ist auch völlig legitim. Nun sehe ich aber einige Dinge ganz anders als der po-litische Mitbewerber: ich bin über-

zeugt davon, dass ein Wirtschafts-raum nur dann gut funktioniert, wenn Menschen die Möglichkeit ha-ben, mit Fleiß und Engagement aus eigener Kraft etwas aufzubauen. Wir brauchen eine Kultur, die es erleich-tert als kleiner Selbstständiger erfolg-reich am Markt bestehen zu können, zu wachsen und Stabilität zu errei-chen. Derzeit haben die Großen in der Kammer mehr Macht, obwohl sie es ohnehin schon leichter haben als die Kleinen. Diese Machtvertei-lung entspricht nicht den Mehrheits-verhältnissen, wie sie außerhalb der Kammer bestehen. Darum ist die anstehende Wahl auch so wichtig. Es kann zu einem Urknall kommen, wenn mehr EPU und Kleinunterneh-mer Ende Februar zur Wahl gehen.

Wollen Sie noch etwas zum Thema Sonntagsöffnung in Tourismuszo-nen sagen?

Die Sonntagsöffnung ist für die Überwiegende Mehrheit der Han-delsunternehmen und somit jener Selbstständigen, die selbst im Ge-schäft stehen müssen, kein Thema. Wir verstehen uns als Verband, der genau für diese Menschen – für die betroffenen im Handel – spricht und dafür kämpft, dass hier nicht eine kleine Gruppe über eine Mehrheit drüberfährt. In meinen Augen ist die Mitgliederbefragung zu dem Thema eine beispiellose Verschwendung an Kammerbeiträgen und noch dazu nicht sauber durchgeführt, weil man nachvollziehen kann, wer wie ab-gestimmt hat. Die Sonntagsöffnung in Tourismuszonen hat in Wien keine Mehrheit und ist auch aus wirtschafts-, familien- und gesund-heitspolitischer Sicht unsinnig. Wir brauchen einen freien Tag in der Woche. In Zeiten, wo alles immer schneller, höher, weiter wurde und die negativen Effekte dieser Kultur offensichtlich sind – Stresserkrankun-gen, Burn-Out-Syndrom – brauchen wir genau das Gegenteil. Mehr Zeit zum Regenerieren, mehr Zeit für Sport und Familie. Wie gesagt: Nur wenn es den Menschen gut geht, kann es auch der Wirtschaft gutgehen. ■

Wien HAndelt! | InTERVIEW

» Kleine unternehmen brauchen eine Lobby «

Fritz Strobl

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Wien HAndelt! | SOnnTAGS-ÖFFnunG

Die Sonntagsfrage und was dahinter steht.

Pro: > mehr Umsatz für internationale Handelsketten und Geschäfte in den Tourismuszonen

> mehr Luxustouristen

Contra: > Verlust des Familientags und der Erholung

> Maximale Öffnungszeiten werden nicht ausgereizt

> aus „freiwilliger“ Entscheidung wird Zwang

> zusätzlicher Öffnungstag führt zu Mehrkosten

> die Kaufkraft insgesamt steigt nicht

> wer nicht in der Tourismuszone ist, verliert

> führt zu Schließungen bei kleinen Händlern, das schadet dem Stadtbild und der Nahversorgung

Wien HAndelt! | SWV.ORG

Akan Keskin, Obmann der Sparte Handel des SWV Wien und Obmann-Stellvertreter der Sparte Handel in der WKW

Eine Sonntagsöffnung in Tourismus-zonen ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Erst einmal stellt sich doch folgende Frage: Wer bestimmt, wo eine Tourismuszone eingerichtet werden soll? Bisher wurde von einer kleinen Gruppe hinter verschlosse-nen Türen darüber diskutiert. Für mich persönlich – und auch für die meisten Touristen, die nach Wien kommen – ist jedoch ganz Wien eine Tourismuszone. Urlauber kommen auch genau deswegen in unsere wunderschöne Stadt. Jeder Bezirk hat seine Sehenswürdigkeiten und Touristenmagneten, und da Wien international der Ruf hat eine der schönsten und lebenswertesten Städte der Welt zu sein, steigen die Nächtigungszahlen ohnehin kon-tinuierlich von Jahr zu Jahr. Die vonseiten des ÖVP-Wirtschaftsbund angedachten Tourismuszonen be-treffen den ersten Bezirk, die unte-re Mariahilferstraße und ein Gebiet rund um das Hietzinger Platzerl beim Eingang zum Schloss Schön-brunn. Das Kalkül dahinter ist leicht zu durchschauen: Interessen der Lu-xushotellerie sollen auf dem Rücken

der vielen kleinen Händlerinnen und Händler außerhalb dieser Zonen ausgetragen werden. Dabei ist ihnen offensichtlich egal, welche Auswir-kungen dieses egoistische Vorgehen für über 34.000 Menschen, die ein Handelsunternehmen führen, haben wird. Es würde Kaufkraft von den Bezirken und Grätzeln in die Touris-muszonen gezogen werden. Wenn dann – und das ist absehbar – Einkaufs-zentren auf diesen Zug aufspringen, dann wird das momentane Aufblühen vieler Grätzel sofort wieder zunichte gemacht.

Ein entscheidender Aspekt bei die-sem Thema ist das mangelnde De-mokratieverständnis des ÖVP-Wirt-schaftsbundes. Mit viel Geld der Kammermitglieder wurde eine Urbe-fragung durchgeführt. Jede Umfrage unter den Händlerinnen und Händler hat bisher eine klare Ablehnung der Sonntagsöffnung ergeben. Würde der ÖVP-Wirtschaftsbund die Kammer-mitglieder ernstnehmen, hätte es kei-ne teure Umfrage gebraucht. ■

Sämtliche Umfragen der letzten Monate haben gezeigt, dass weder Händlerinnen noch Konsumenten mehrheitlich für eine Öffnung sind.

Krone.at: 84% dagegen SWV: 65% dagegenGPAdjp: 94,3% dagegen

Fritz Strobl, Vizepräsident der Wiener Wirtschaftskammer und Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsver-bandes Wien: „Es ist nicht hinnehm-bar, dass wenige Große durch ihren Einfluss in der Wirtschaftskammer die Regeln diktieren.”

Akan Keskin, Obmann der Sparte Handel im SWV Wien: “Eine Sonn-tagsöffnung in bestimmten Zonen ist der Tod für diejenigen Händler, die nicht in so einer Zone liegen. Da gehen Jobs verloren und die Nah-versorgung in den Grätzeln wird gefährdet.”

Christoph Leitl, Präsident der Ös-terreichischen Wirtschaftskammer im Jahr 2013: „Grundsätzlich soll der Sonntag ein Tag der familiären und freundschaftlichen Begegnung bleiben. Denn Menschen brauchen Momente des Innehaltens. Bei einer generellen Freigabe der Öffnungs-zeiten droht der Sonntag zu einem „Tag der Hektik wie jede andere“ zu werden...”

Das sagen die Verantwortungsträger der Wirtschaftskammer:

Expertenmeinung

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Wien HAndelt! | SWV.ORG

Elisabeth Mboge-Grigg klopft für die Zukunft ihres Spielwarenge-

schäfts auf Holz. Den Abverkäufen großer Handelsketten, Amazon und

der Plastikflut im Kinderzimmer begegnet sie mit Spezialisierung,

Beratung und Service. Noch sucht sie nach einer Lösung, um ihr

hochwertiges Holzspielzeug auch weniger begüterten Eltern und

Kindern zugänglich zu machen.

Ein Herz fur Kinder und Holz.

.. gefertigt wird, sei schlecht. Aber ihr ist es wichtig genau nachzufragen (Stichwort: Giftigkeit, Kinderarbeit, Arbeitsbedingungen) und sich Zerti-fikate zeigen zu lassen. Ihre Stamm-kunden kommen genau deswegen. Und weil sie bei Amazon das Spiel-zeug nicht „be-greifen“ können und nicht beraten werden. „Es wirkt et-was widersinnig als Unternehmerin, aber ich rede meinen Kunden und Kundinnen nichts ein“, meint die Spielbegeisterte. Natürlich muss man sich hochqualitatives, langlebi-ges Spielzeug auch leisten können. Das ist im kaufkräftigen Neubau ein-facher, als im einkommensschwa-chen Rudolfsheim-Fünfhaus. Also tüftelt Elisabeth Mboge-Grigg schon länger an einem Verleih- und Se-cond Hand-System, das den Zugang zu kostspieligem - aber großartigem - Spielzeug erleichtern soll. Nächstes Etappenziel nach einem ge-winnbringenden Weihnachtsgeschäft ist ein preiswertes Lager. Derzeit stapelt sie im Obergeschoß, weil das Lager zuletzt halb soviel Miete kos-tete wie 120m2 Geschäftslokal. Im 1. Stock will sie lieber wieder Leseecke und Abenteuerland gestalten. “Wenn große Ketten ab Anfang November Weihnachtsabverkauf machen, ist das für den Einzelhandel brutal“, erklärt die Einpersonen-Unterneh-

merin, deren Mutter manchmal aus-hilft. Ihre Strategie ist das Besonde-re, die kleinen Anbieter, die nicht auf Amazon zu kriegen sind. Und natürlich Service. Sie hat bewusst keine Überwachungssysteme mit dem Effekt, dass Erwachsene und Kinder unbeschwert ausprobieren und sich nicht ständig beobachtet fühlen müssen.

Natürlich ist ein ausgepacktes An-schauungsobjekt nicht mehr verkäuf-lich, aber wie soll ohne die persönliche Erfahrung ein dringender Wunsch für den Wunschzettel artikuliert werden? In den Spielwurm finden viele durch Mundpropaganda. Der richtige Mar-ketingmix ist für die Händlerin den-noch ein schwieriges Thema. Soll man inserieren, sich im Straßen-verein engagieren, die Facebook Präsenz forcieren? Bisher hat sie es noch nie in eines der angebotenen Seminare geschafft und auch ganz-jährig eine Vollzeit-Angestellte ist finanziell noch nicht drin. Dieses Jahr hat Elisabeth Mboge-Grigg erst-

Wolfgang FürnweinFachgruppenvorsitzenderTel. +43 664 510 66 [email protected]

„Ich fordere gemeinsame Werbemaß-nahmen durch das Landesgremium

– diese stärken uns alle!“ “

mals parallel zum Geschäftslokal einen Onlineshop, den sie täglich nach Geschäftsschluss weiter aus-baut: „Meine Horrorvorstellung ist, dass ich online etwas verkaufe, dass ich offline gar nicht mehr habe. Noch habe ich alles im Kopf denn ein Wa-renwirtschaftssystem lohnt für mich einfach nicht “. Elisabeth Grigg sieht traditionelles Spielzeug wieder im Kommen. Und mit ihrer achtjähri-gen Tochter hat sie zum Glück auch eine exzellente Spielzeugtesterin im Haus, wie sie selbst eine war. ■ www.spielwurm.com

Spielzeug mit Sinn statt Plastikflut

I ns Reich der Kinderträume gehört neben dem Übernachten in einer Schokoladefabrik wohl auch das

Aufwachsen in einem Spielwaren-geschäft. Für Elisabeth Mboge-Grigg war dieser Traum Realität. Seit 1987 ist der „Spielwurm“, ein Fachge-schäft für pädagogisch wertvolles Spielzeug aus Holz im siebten Bezirk in Familienbesitz. Ende 2011 über-nahm es die 34-jährige, die viele Jah-re dem AUA-Bordpersonal angehörte und internationale Entwicklung studierte, von ihrem Vater. Sie freut sich einen Betrieb zu führen, „wo Menschen hinkommen, die anderen eine Freude machen wollen“. Und angesichts des Sortiments bleibt kaum ein Wunsch offen. Die Unter-nehmerin investiert täglich Zeit, um die kleinteilige Ware ansprechend zu präsentieren.

Das Sortiment reicht von Baby- und Kleinkinderspielzeug, über Experi- mente, Rollen- und Lernspiele, Kas- perlfiguren, Holzfahrzeuge, Lauflern- wagen, Kugelbahnen, Schaukelpferde, Musikinstrumente, Puppenküchen bis zu Erwachsenenspielen – zum überwiegenden Teil aus Holz und aus europäischer Produktion. Die Herstellungsbedingungen sind Eli-sabeth Grigg ebenso wichtig, wie pä-dagogisch und ökologisch wertvolle Spiele.

Playmobil, Lego oder Barbie wird man bei ihr vergebens suchen. „Ich verteufle Plastikspielzeug nicht, möchte aber Alternativen anbieten und ein Bewusstsein für den hohen Ressourcenverbrauch bei unüber-legtem Konsum schaffen“, sagt Mbo-ge-Grigg. Nicht alles was in China

Gabentisch mit gutem Gewissen: hier steckt weder Kinderarbeit, Chemie oder Ausbeutung von Arbeitern dahinter.

Wien HAndelt! | SPIELWAREn

» Traditionelles Spielzeug ist wieder im Kommen. «

Elisabeth Mboge-Grigg

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Wien HAndelt! | SWV.ORG

Nathalie Halgand und Nicholas Platzer arbeiten seit 2006 daran, den Kunstmarkt in Wien um eine

Facette zu erweitern. Mit ihrer Inoperable Gallery haben sie sich

auf Bilder und Objekte, die im weitesten Sinne mit Street Art zu

tun haben spezialisiert.

Von der Kunst mit junger Kunst zu handeln.

Wien handelt!: Wie kam es zu der Idee und welche Schwerpunkte habt Ihr gesetzt um Euch von anderen jungen Galerien abzuheben? Nathalie Halgand: Die Galerie wur-de erstmals von Nicholas Platzer als Projektraum initiiert und entwickelte sich allmählich zu einem Art Space, der sich auf das in Wien noch weitge-hend unbearbeitete Konzept junger zeitgenössischer urbaner Kultur mit einem besonderen Fokus auf Street Art spezialisiert hat. Ihr seid gerade erst umgezogen. Ist es schwer für eine neue Galerie ei-nen guten Standort zu finden? Als wir angefangen haben zu suchen, dachten wir, dass es leichter sein würde einen passenden Standort zu finden. Prinzipiell braucht eine Ga-lerie nicht unbedingt die Laufkund-

schaft, die z.B. ein Kleidungsgeschäft benötigt, da das Zielpublikum ein ganz anderes ist.

Apropos Standort: Wäre eine Inope-rable Gallery in einer anderen Ös-terreichischen Stadt auch möglich?

Möglich schon, allerdings würden wir höchstwahrscheinlich nicht lan-ge überleben. Zwar hat die junge zeitgenössische Kunst in Österreich in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, der Primärmarkt in Wien ist im Vergleich zu London oder New York sehr klein und auch die Kunst-preise sind weit unter dem interna-tionalen Niveau angesiedelt. Die meisten Galerien, die innovative, kritisch engagierte, zeitgenössische Kunst zeigen, haben ihren Sitz in Wien. Salzburg findet Erwähnung, wenn das kunstinteressierte, finanz-kräftige und internationale Publi-

kum während der Salzburger Fest-spiele einreist. Obwohl Wien durch eine relativ hohe Galeriendichte gekennzeichnet ist, fehlt in Öster-reich eine Sammlerkultur für junge zeitgenössische Kunst. Galerien in anderen österreichischen Städten haben es dann wohl noch schwerer. Womit könnte der Kunstmarkt in Österreich und besonders in Wien gefördert werden? Was würde Euch und vergleichbaren Galerien helfen? Es gibt in Wien viele etablierte, aber dafür auffällig wenige junge Galeri-en. Also kann man davon ausgehen, dass die Positionierung einer jungen Galerie im österreichischen Kunst-feld ein langwieriger, kostspieliger und mit Risiko verbundener Prozess ist. Viele Galerien generieren ihren Umsatz auf ausländischen Messen. Jene Messen, die internationale An-erkennung bringen, sind für junge Galerien teilweise unleistbar. Aller-dings habe ich gesehen, dass es für die so genannten Satelitenmessen seit kurzem auch Förderungen gibt und das ist schon mal etwas Positi-ves. Hier werden wir einfach probie-ren das nächste Mal einen Antrag zu stellen und hoffen, dass es klappt. Ansonsten erfolgt eine Förderung von Galerien in Österreich indirekt durch Museumsankäufe. Ich nehme stark an, dass etablierte Galerien über ein stärkeres Netzwerk verfügen und dadurch leichter zu Förderungen kommen. Vielleicht ist ein separater Fördertopf für Galerien, die nicht äl-ter als 10, 15 Jahre sind, eine Lösung. Hast Du Kontakt zur Wirtschafts-kammer, die eure Branche gegen-über der Politik und internationalen Institutionen vertritt? - Wenn ja: Bitte beschreibe kurz worum es ging und ob dir geholfen wurde. - Wenn nein: Warum nicht?

Als es um eine Kunstmesse in der Schweiz ging, wurde mir dort wei-tergeholfen. Ich erhielt Informatio-nen zum vorübergehenden Export in die Schweiz.

Ansonsten habe ich mich noch nicht wirklich mit der Wirtschaftskammer auseinandergesetzt. Womöglich liegt es daran, dass über das dort bestehen-de Informationsangebot nicht ausrei-chend kommuniziert wird. Und das Image der Sparte Kunsthandel wirkt insgesamt ein wenig “verstaubt”.

Viele Branchen befinden sich nicht zuletzt wegen des Internets im Um-bruch. Wie könnte eine Zukunft des Kunsthandels aussehen?

Das Internet scheint sich immer mehr als bedeutender Distributions-kanal durchzusetzen. Auch wenn nach wie vor die persönliche Ansicht der Kunstwerke sehr bedeutsam ist, reicht vielen Sammlern ein digitales Bild als Entscheidungsbasis für einen Kauf, wobei es sich in solchen Fällen vor allem um Galerien niedrigpreisi-ger Kunst handelt. Im hochpreisigen Segment zählen meist nach wie vor der gute Kontakt zum Galeristen und die persönliche Prüfung des Objekts. Das Internet dient hier vor allem der Geschäftsanbahnung.

Aber digitale Plattformen wie Artsy und Arnet werden immer belieb-ter und so ermöglicht das Internet vielen Sammlern in Realzeit auf dem laufenden zu sein, wenn ein Werk eines Künstlers auf den Markt kommt. Das Internet dient also eher als Marketingtool und kann den Kunsthandel bzw. die Galerieräum-

lichkeiten nicht ganz ersetzen, da Galerien hauptsächlich von persön-lichen Kontaken leben.

Inoperable Gallery 2020: Wo wollt Ihr in 5 Jahren stehen?

Wir hoffen, dass sich in 5 Jahren unser Netzwerk zu Sammlern und kulturellen Institutionen erweitert hat. Ein gesunder Wachstum mit einem weiteren Mitarbeiter und steigenden Umsätze wären gut. Internationaler präsenter zu sein wäre ebenfalls ein Ziel. ■

„Kunst braucht Handel!“

Werner RodlauerFachgruppen Obmann des SWV Wien der FG 312A Kunst- Antiquitäten- und BriefmarkenhandelTel. +43 699 105 213 [email protected]

Die wunderschöne Galerie mit Blick auf den Naschmarkt ist Magnet für die junge Kunstszene und hippe Städtetouristen.

Wien HAndelt! | KunSTHAnDEL

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Wien Handelt! | KutschKermarKt

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Wien HAndelt! | DIREKTVERTRIEB

„Ich bin ein Kämpfer“Markus Ettenauer macht viel Sport und geht gerne aus. Mit

einem Geschäftspartner will er nun Wiens Nachtleben um nikotin-

freie Elektro-Shishas bereichern. Wasserdampf und wohlriechende

Aromen statt Zigarettenqualm ist sein Konzept. Deshalb soll sein

Produkt auch nicht nur in Trafiken abgegeben werden.

In der einen Hand einen Cocktail, in der anderen eine E-Shisha mit Apfel-geschmack: So stellt sich Markus Et-tenauer künftig gepflegtes Ausgehen im Wiener Nachtleben vor. Für ihn bringt seine importierte „E-Hookay“, die er direkt vertreibt nur Vorteile: Wasserdampf und Aromen verflüch-tigen sich, Nikotin und Teer stehen nicht auf der Zutatenliste der Elektro-Wasserpfeife und das Hantieren mit heißer Kohle und feuchtem Tabak entfällt.

Vor einem halben Jahr fing er Feuer für die Idee eines Freundes und jetzt Geschäftspartners: Muster zuschickenlassen, testen, Markt analysieren, Ver-kaufspreis bestimmen, mit Bekannten Homepage und App aufsetzen. Seither steuert er wochentags Nachtclubs, Tankstellen, Trafiken und Friseure an und präsentiert dort persönlich sein Produkt. Neben dem Betrieb

seines 24-Stunden zugänglichen Fit-nessclubs, wo der 27-Jährige abends persönlich berät, hat er sich in das Abenteuer Direktvertrieb gestürzt: „Ich wollte immer selbstständig etwas machen und habe gerne mit Leuten zu tun.“ Rückschläge nimmt er sport-lich, die spornen ihn nur noch mehr an. „Theoretisch darf man die E-Was-serpfeife auch in der U-Bahn oder im Freibad rauchen. Das ist gesetzlich nicht verboten“, freut sich der Jung-unternehmer. Die Regelungen könn-ten sich aber bald ändern, weshalb er mit der Gesundheitsministerin bereits per E-Mail Kontakt aufgenommen hat. Für Buchhaltung, Sozialversicherung und Webpräsenz hat er sich fachliche Unterstützung organisiert, damit er sich auf seine Stärken konzentrieren kann. ■

www.hookay.at

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Wien HAndelt! | SWV.ORG

Als Manfred Weissenbrunner 1994 auf einer Messe in Taiwan das erste

Mal einen der handlichen Hoch-glanz-Beamer in der Hand hielt

wusste er: Das wird ein Geschäft. Er hängte den Job als Verkaufs-

leiter eines Computerherstellers an den Nagel und legte auf dem

Dachboden seines Eigenheims das Fundament für seine drei

Onlineshops.

Kunden nicht ignorieren und nicht nerven.

eine Auslage für den stationären Verkauf, wie ein Katalog. Was sich Kunden vor allem wünschen ist, dass die gewünschte bzw. geeignete Ware pünktlich, im vereinbarten Zustand bei ihnen ankommt. Neun von zehn Kunden rufen erst einmal an, weil wir unsere Kundenhotline nicht ver-stecken, sondern klar hinschreiben.

Und was passiert dann?

Bei uns gilt die Regel, dass spätestens nach 15 Sekunden abgehoben wer-den soll. Niemand hängt gerne ewig in einer Warteschleife. Ich hebe oft selbst ab, weil die Fragen der Kun-den die beste Marktforschung sind. Dann fragt der Kunde nach einem LED-Beamer und wir fragen zurück: Was wollen Sie mit dem Ding? Und schon sind wir in einem Beratungs-gespräch an dessen Ende der Kunde das zum besten Preis bekommt, was er wirklich braucht. Ich stelle im Verkauf bewusst Techniker an, die wissen wovon sie reden. Wir haben nahezu alle Beamer aller gängigen Marken lagernd.

Reklamationen sind immer unan-genehm. Wo haben Sie sich juristi-sche Beratung für geeignete AGB, Konsumentenschutz und e-Com-merce geholt?

Interessanterweise hatten wir 2013 und bisher auch 2014 kein einziges Gerät, dass aufgrund des gesetzlich gewährten Rücktrittsrechts vom On-linekauf zurückgegeben wurde. Es hilft sicher wenn die Kunden bekom-men was sie brauchen. Anfangs habe ich viel von einem Kollegen gelernt, der vermutlich den ersten Online-shop für Farbdrucker aufgesperrt hat. Heute lerne ich viel von jungen On-linehändlern, mit denen wir zusam-menarbeiten, etwa 0815.at.

Wie verdienen Sie Geld, obwohl Sie so viel in Beratung und in eine physische Präsenz investieren?

Der richtige Mix macht es und wir ha-ben viele Weiterempfehlungen. Wir bieten Geräte und Zubehör und bauen auch selbst Heimkinos samt Tontech-nik. Für mich ist die Zukunft in der kleinteiligen Unternehmensstruktur Österreichs Online als Marketingtool zu nutzen und mit echtem Service zu punkten. Auch in Deutschland sind alle eingegangen, die das nicht tun.

Welche Wünsche haben Sie als Onlinehändler an die Interessens-vertretung? Ich denke die Kammer könnte als Seminaranbieter viel aktiver wer-den. Neuanfänger könnten von der Erfahrungen anderer im Onlinemar-keting profitieren: Der beste Shop nutzt nichts, wenn niemand von ihm erfährt. Auch E-Mail Marketing ist ein heikler Bereich. Die zweite Tod-sünde im Onlinehandel - neben Ig-noranz - ist das Nerven von Kunden mit schlecht gemachten Newslettern und unerwünschtem Spam. ■

Ernst SteiningerObmann Stv. der FG 318 und Ombuds-mann InternethandelTel. +43 699 195 01 [email protected]

„Wir brauchen besseren Service durch die Wirtschaftskammer für Einsteiger in den Internethandel!“

Wien handelt!: Seit 1994 hat sich viel getan: Im Onlinehandel und der Elektronikbranche. Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in den vergange-nen zehn Jahren verändert?

Manfred Weissenbrunner: Als ich an-fing hieß meine Firma noch Manfred Weissenbrunner Präsentationstechnik und ich hatte eine Netzpräsenz mit mei-nen Kontaktdaten. Ich habe mir glück-licherweise rechtzeitig die relevanten Domains gesichert und biete heute in drei verschiedenen Onlineshops Bea-mer, interaktive Whiteboards und Pro-jektoren an. Anfangs habe ich sehr viel Zeit in ein gutes Suchmaschinenran-king investiert und die Listung in den fast noch wichtigeren Preissuchma-schinen wie geizhals.at. Heute dreht es sich mehr um Anzeigen via Google AdWords. Mein Ziel war es Österreichs größter Beamer-Händler zu werden.

Heute kann ich sagen: Wir sind einer der beiden größten Heimkino-Händler in Österreich.

Ist Schnäppchenjagd das wichtigste Argument für die Kunden oder geht es darum auch online die heimische Wirtschaft zu stärken?

Jeder von uns hat beim Onlinekauf schon einmal eine negative Erfah-rung gemacht, Einer von zehn Kun-den kauft einen Projektor online ausschließlich wegen des Preises. Die anderen neun sind froh wenn sie merken, dass hinter einer Web-seite lebendige Menschen stehen, die man anrufen kann. Für manche Kunden spielt es möglicherweise auch eine Rolle, ob Amazon und an-dere Großkonzerne sich in Steuer-vermeidung üben. Mein Zugang zur Onlineschiene ist ein zweifacher: Es ist für mich ein Verkaufskanal und

Wien HAndelt! | InTERnETHAnDEL

» Die Kammer soll mehr praktische Seminare

anbieten. «Manfred Weissenbrunner

Page 9: Wien handelt! (Ausgabe 2/2014)

„Bewegung in die Kammer – jetzt!“

Walter SchnablListenführer des Foto-, Optik- und Medizinproduktehandels im SWV WienTel. +43 664 [email protected]

Wien HAndelt! | MEDIzInPRODuKTEHAnDEL

Bittere Pillen und schiefe OptikDer Medizinproduktehandel ist eine jener Fachgruppen, deren

Zusammensetzung ganz klar zeigt, dass der ÖVP-Wirtschaftsbund

vielmehr eine Lobbyveranstaltung der Industrie ist – und keine

Fraktion mit echter Wirtschafts-kompetenz. Das Kammerwahlrecht

folgt hier der Logik „teile und herrsche“.

Claus Fellner ist Optiker, Optometrist und handelt mit Kontaktlinsen und anderen Sehbehelfen. In den Betrieb ist er hineingeboren, mit 15 Jahren hat er begonnen dafür zu arbeiten, die Wände seines Büros sind behan-gen mit internationalen Diplomas und Zertifikaten. Fellner ist ein sym-pathischer, verschmitzter Mensch, dem man anmerkt, dass noch mehr in ihm schlummert als Er fällt laut dem Wahlgesetz der Wirtschafts-kammer in die gleiche Fachgruppe

wie folgende Berufszweige: Handel mit Artikeln der Fotobranche und des Kinobedarfs, Handel mit Medizin-produkten, Handel mit optischen und feinmechanischen Geräten, Handel mit ärztlichen Apparaten, Instrumenten und Einrichtungsgegenständen, Han-del mit Zahnwarenbedarf und zahn-ärztlichen Einrichtungen, Handel mit Sanitätswaren, medizinischen Gum-miwaren, Handel mit Laboratoriums-bedarf, Gemischtwarenhandel/Mehrfachsortiment sowie uneinge-schränktes Handelsgewerbe. Warum werden so viele verschiedene Han-delsgüter in einer Fachgruppe ge-bündelt, fragt sich der geneigte Leser vielleicht. Die Antwort ist so simpel wie erschütternd. Aus Machtkalkül. Denn so behält der Wirtschaftsbund die Fäden in der Hand: man würfelt verschiedenste Händler, die kaum ge-meinsame Interessen haben, in eine Fachgruppe zusammen. Das erklärt

auch, warum Claus Fellner im Inter-view mehr von seiner Leidenschaft, dem Fallschirmspringen erzählt, als von der Wirtschaftskammer. ■

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„Kleinunternehmer brauchen soziale Absicherung – im und nach dem

Erwerbsleben!“

Johanna Toman-KrumbholzFachgruppenvorsitzende302 LG der Tabaktrafikanten Tel. +43 699 197 41 [email protected]

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Martin Lebinger hat vor fast 20 Jahren eine Trafik in Neubau

übernommen. Mit Wien handelt! unterhielt er sich über den Alltag

des Tabakgeschäfts, die Heraus-forderungen vor denen die Bran-

che täglich steht und wie Politik und Wirtschaftskammer ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen

das Geschäft etwas erleichtern könnten.

Geschäftsmodell heiße Luft. Das Leben eines Trafikanten stellen sich Außenstehende mitunter sehr viel einfacher vor als es tatsächlich ist. Man handelt zwar mit Waren, die mehr oder weniger Selbstläufer sind, hat stets eine treue Stamm-kundschaft und macht am Samstag früher dicht als andere Handelsu-nternehmen. Doch ganz so locker ist es dann doch nicht. Laut Martin Lebinger stelle schon der Unter-nehmensstart oder eine Übernahme den oder die Neu-Trafikantin vor einige Probleme. Trafiken werden bei Banken nach Basel III einge-stuft, ein Investitionskredit muss also dreifach besichert werden. Ein weiteres Thema, das den sympathi-schen Trafikanten umtreibt, ist der Themen-Komplex der sozialen Ab-sicherung für Selbstständige. Ein Selbstständiger, der auch nur leicht krank werde und das Geschäft nicht einfach für einige Tage zusperren

wolle oder könne, laufe in Gefahr, dass sich eine anfangs noch harmlo-se Grippe oder Verkühlung zu einer chronischen Krankheit auswach-se. Der von der SVA als sinnvolle Steuerung gepriesene Selbstbehalt beim Arztbesuch verschärft diese Problematik sogar noch. Die SVA nimmt Lebinger ebenso wie tausen-de andere Selbstständige als „brutal“ wahr: „Wir zahlen eh – sogar „ger-ne“. Dafür verlange ich halt ein bis-serl mehr Menschlichkeit von einer Institution, die von mir finanziert wird und für mich arbeiten soll.“ Kulanz und ein klein wenig „laissez fair“ wären gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten angebracht. Da-bei haben Tabaktrafikanten bei den Tabak-Produkten sowie bei Fahr- und Parkscheinen ohnehin sehr niedrige Margen, und: „Wir müssen die Fahr- und Parkscheine während der Geschäftszeiten selbst abholen.

Eine moderne Lösung wären Dru-cker, womit man die Scheine einfach im Geschäft ausdrucken könnte“, schlägt Martin Lebinger vor. Von der Wirtschaftskammer wünscht er sich mehr Druck auf Tabakkonzerne. Deren Preisdumping in Kombinati-on mit der hohen Besteuerung von Zigaretten führt zu gerade mal 35 Cent Gewinn pro Packerl. Die Ware muss aber innerhalb von 2 Werkta-gen bezahlt werden. Hier wünscht sich Lebinger ein Zahlungsziel von zumindest 7 Tagen. Lebinger, der soeben erst eine neue Österreichi-sche Zigarettenmarke ins Sortiment aufgenommen hat, würde sich auch für heimische Produzenten mehr politische Unterstützung wünschen, um den Druck der internationalen Großkonzerne abzufedern. „ Derzeit leiden wir alle – Händler und Kon-sumenten – unter zu hohen Lebens-kosten durch steigende Mieten und Lebensmittelpreise in Kombination mit der viel zu hohen Abgabenlast auf Löhne und Gehälter. Es wäre

sehr wichtig, dass sowohl bei Arbeit-gebern als auch Arbeitnehmern nach Steuern etwas mehr übrigbleibt,“ ärgert sich Lebinger darüber, dass die Realwirtschaft unter den Exzes-sen der Finanzindustrie und Akti-enspekulanten zu leiden hat. Hier könnte die Wirtschaftskammer als Vertretung aller Unternehmen bei ihren Mitgliedern aus dem Banken- und Finanzsektors durchaus etwas unternehmen.

„Aber von der Kammer fühle ich mich nicht vertreten. Ich weiß gar nicht, was dort so passiert zwischen den Wahlen. Die Kammer sollte transparenter werden, das heißt man soll besser über Veranstaltungen in-formiert werden und auch bessere Infos zur Wahl wären wünschens-

wert.“Die Sonntagsöffnung lehnt Le-binger ab: „Ich habe zwei Kinder, die ich am Sonntag sehen möchte. Man könnte aber die 72-Stunden-Woche auch für Trafikanten einführen.“ ■

» Wir brauchen eine Lobby gegen die Konzerne. «

Martin Lebinger

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Als riesige Einkaufszentren und unzählige Filialen der großen

Supermarktketten aus dem Boden schossen, war das der Todesstoß für viele kleine Lebensmittelein-

zelhändler. Neuerdings kommt der kleine Nahversorger ums Eck

– der klassische Greißler – aber wieder so richtig in Mode.

Sehr zum Glück für die Stadtwirt-schaft und die Konsumenten.

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Die Legende vom Grei ler Sterben

Das war 1993. Zwei Jahre später habe ich schon hier im 15. Bezirk geöffnet. Früher war hier einmal ein Fleischhauer.

Das Grätzel hat einen starken Wan-del vollzogen. Sind Sie mit Ihrem Standort zufrieden? Ich bin sehr zufrieden. Die Inf-rastruktur ist ausgezeichnet. Die U3-Station Schweglerstraße und die Straßenbahnlinie 49 bleiben quasi vor der Türe stehen. Das ist natürlich optimal für uns und hat der Gegend insgesamt eine starke Aufwertung gebracht. Als wir hier vor 20 Jahren begonnen haben, hatten wir quasi ein Monopol auf Börek und andere türkische Spezialitäten, wir waren das einzige türkische Unternehmen in der Straße. Mittlerweile gibt es ungefähr zehn bis fünfzehn Geschäf-te mit ähnlichem Angebot alleine in der Märzstrasse.

Das klingt nach starker Konkurrenz. Damit habe ich kein Problem. Meine Strategie lautet: Qualität, Qualität, Qualität. Für 80 bis 90% unserer Kundschaft ist die Qualität der Pro-dukte ausschlaggebend. Wer einmal zufrieden einkauft kommt meistens wieder. Bei Wienern mit türkischem Background ist der Preis eventuell ein größeres Thema als bei Altein-gesessenen, da wird hin und wieder verhandelt.

Freundlichkeit, Qualität und Sauber-keit des Geschäfts sind mein Erfolgs-rezept. Eine gute Nachbarschaft zu den Geschäften in der Nähe ist auch hilfreich. Man empfiehlt sich gegen-seitig weiter und alle haben etwas davon. Was dem Lebensmitteleinzel-handel viel mehr Probleme verur-sacht als die Konkurrenz zwischen Kleinunternehmen sind die Super-marktketten. Dort ist die Preisge-staltung zum Beispiel völlig intrans-parent. Wie kann es sein, dass eine 1,5-Literflasche Limonade im Su-permarkt billiger angeboten werden

Ali Efe Obmann Stv. LG 301 LebensmittelhandelTel. +43 676 743 40 08 [email protected]

„Wir kämpfen für den kleinen Lebensmittelhandel - gegen die

Macht der Konzerne.“

kann als im Großhandel? Bei solchen Kampfpreisen muss irgendwo jemand draufzahlen oder kann zumindest kein Geschäft machen.

Was halten Sie von der Idee, die Sonntagsöffnung in Tourismuszo-nen einzuführen?

Ich fände eine solche Regelung sehr unfair. Warum sollen die einen auf-machen dürfen und die anderen nicht? Nur weil sie das Glück haben, dass sie in einer Tourismuszone sind? Wer bestimmt, wo eine Tourismus- zone ist? ■

In den 1990er Jahren galt das Greiß-lersterben als unabwendbares Schick-sal für die vielen kleinen Lebensmitteleinzelhändler, Drogerien und Gemi-schtwarenhändler, die der massiven Konkurrenz in Form von Supermarkt-ketten samt deren Kampfpreisen und ihrer Jagd nach Marktanteilen nicht gewachsen waren. Das Ergebnis dieserVerdrängungsstrategie der Multis war aber auch für die Stadtbewohner von großem Nachteil. Leere Gassen-lokale in den Einkaufsstraßen und den Flächenbezirken ließen die Grätzel-Wirtschaft insgesamt stark leiden. Zwanzig Jahre später sieht die Lage etwas erfreulicher aus. Die Nahversorgung mit Obst, Gemüse und Backwaren wurde – besonders von zugewanderten Unternehmern – wieder ausgebaut, Bioläden und neue Konzept-Greißler runden heute das Angebot ab und zeigen, wie die Zu-kunft der Branche aussehen kann.

Ganz egal ob, klassischer Greißler oder Loha-, Bobo- oder Bio-Ansatz: die Qualität der Produkte und der persönliche Kontakt zum Kunden sind jene beiden Kriterien anhand derer sich kleine Geschäfte von Su-permarktketten absetzen. Und das gelingt offensichtlich immer öfter, wie wir bei unseren Streifzügen durch die Stadt feststellen konnten. Wien handelt! traf sich mit Ünsal Yildiz, der seit 1995 erfolgreich ein Grätzel im 15. Bezirk mit seinem Pro-dukt-Mix und einem stets freundli-chen Lächeln versorgt. Wien handelt!: Wie hat Ihr Start in die Selbstständigkeit ausgesehen? Ünsal Yildiz: Ich habe in einem Groß-handel für Lebensmittel, vor allem für Obst und Gemüse gearbeitet. Ei-nem Kollegen und mir kam dann die Idee uns selbstständig zu machen.

Herr Yildiz sieht die Kampfpreise der großen Ketten skeptisch: „Da muss jemand draufzahlen.“

» Qualität der Produkte ist entscheidend. «

Ünsal Yildiz

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