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Börsen-Zeitung, 14.5.2011 Die bayerische Landeshauptstadt München ist eines der bedeutends- ten wirtschaftlichen, wissenschaftli- chen und kulturellen Zentren Deutschlands. Die ökonomische Po- tenz zeigen schon die sieben hier an- sässigen Dax-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von derzeit 223 Mrd. Euro (Stichtag 31.3.2011). München mit Bayern ist der zweit- größte Bankenstandort in Deutsch- land und der größte Versicherungs- standort – man denke nur an Unter- nehmen wie Munich Re, Allianz, Nürnberger Versicherungen oder HUK-Coburg. 2010 waren in Mün- chen allein 8,6 % der Beschäftigten im Bereich der Finanz- und Versiche- rungsdienstleistungen tätig. Vielschichtiger Finanzplatz Um dem Finanzstandort München angemessen Gehör zu verschaffen, wurde im Jahr 2000 die Finanzplatz München Initiative fpmi gegründet. Darin sind etwa 50 Banken und Versi- cherungen, Leasing-, Venture-Capi- tal-, Private-Equity- und Asset-Ma- nagement-Unternehmen zusammen- geschlossen. Denn Kennzeichen des Finanzplatzes München ist nicht nur seine Größe, sondern auch die Viel- schichtigkeit seiner Mitgliedsunter- nehmen. Die Initiative führt einen regen Dia- log mit der deutschen und europäi- schen Politik, stimmt sich intern zu wichtigen Themen ab und diskutiert in einer offenen Atmosphäre unter den Häusern finanzwirtschaftliche Tagesfragen. Nicht zuletzt betreibt die Initiative aktives Standort-Marke- ting. Ein deutliches Zeichen ihres Er- folgs ist schon die Tatsache, dass sich inzwischen auch viele Institute ange- schlossen haben, die ihren Hauptsitz außerhalb Bayerns und teilweise so- gar außerhalb Deutschlands haben. Die Börse München fungiert dabei als „neutrale“ Plattform und Treff- punkt. Sie stellt seit einigen Jahren auch die Sprecherin der Finanzplatz München Initiative. Wir halten es nicht für einen Zu- fall, dass jeder prosperierende Fi- nanzplatz und Wirtschaftsstandort auch über eine eigene Börse verfügt, denn Bör- sen haben innerhalb ei- ner Volkswirtschaft ganz wesentliche Aufgaben. Vor dem Hintergrund der sich gerade in jüngs- ter Zeit stark wandeln- den „Börsenlandschaft“ scheint es angebracht, einmal näher auf die ei- gentlichen Aufgaben ei- ner Börse einzugehen. Zuerst möchte ich ei- nen kurzen Blick auf die veränderten Rahmenbe- dingungen unserer Börsenlandschaft werfen. Die gegenwärtigen Versu- che, den Konzentrationsprozess un- ter den großen Börsen noch weiter voranzutreiben, sind eine Folge da- von. Die Fusionspläne zwischen den Börsen in New York und Frankfurt, London und Toronto, Sydney und Singapur, Tokio und Hongkong, ob sie nun gelingen oder nicht, sind Ver- suche, auf die veränderten Marktver- hältnisse mit purer Größe zu reagie- ren. Fast unter Ausschluss der Öffent- lichkeit vollzieht sich der Zusam- menschluss zwischen Chi-X und Bats. Dabei verbirgt sich hinter die- sen Namen einer der Hauptgründe für die derzeitige „Fusionswelle“ un- ter den Börsen. Chi-X und Bats sind die derzeit wohl erfolgreichsten MTF, Multilate- ral Trading Facilities, deren Sieges- zug auf der Einführung der Mifid (Markets in Financial Instruments Di- rective) im Jahr 2007 basiert. Diese neuen, schlank aufgestellten Plattfor- men für den Handel zwischen Finanz- instituten erlebten einen enormen Aufschwung. Chi-X und Bats haben zum Beispiel inzwischen in Dax-Ak- tien einen Marktanteil von fast 30 %. Neben den weit über 100 MTF, die noch als börsenähnlich einzustufen sind, existieren auch noch eine Reihe von Dark Pools, die wenig Transpa- renz und kaum Angaben über die Höhe und Liquidität der gehandelten Papiere zulassen. Ungleiche Bedingungen Sowohl MTF als auch Dark Pools sind überwiegend Gründungen von Banken, die darüber große Volumen und – inzwischen – auch mehr und mehr kleinere Aufträge handeln. Damit gehen sie in direkte Konkur- renz zu den Börsen, und das unter nicht wirklich „gleichen“ Bedingun- gen. Die Börsen scheuen diesen Wett- bewerb zwar nicht, fordern aber ein Level Playing Field. Börsen müssen mit hohen Kosten die gesetzlich vorgeschriebenen Regularien und ad- ministrativen Leistungen erbringen. Dark Pools hingegen nutzen Ausnah- meregelungen ohne jeglichen Büro- kratieaufwand, und MTF konzentrie- ren sich ausschließlich auf volumen- starke Blue-Chip-Aktien. Durch die fehlende Transparenz des außerbörs- lichen Handels wird eine faire Preis- bildung zumindest erschwert – und die transparente Preisfindung ist eine wesentliche volkswirtschaftli- che Aufgabe der Börsen. Nachhaltige Änderungen Neben dieser neuen und rasch wachsenden Konkurrenz veränder- ten und verändern neue Produkte wie die derivativen Finanzinstru- mente, einst zur strategischen Ab- sicherung der Anlage entwickelt und längst zu Selbstläufern geworden, den Börsenhandel ebenfalls nach- haltig. Das Volumen der an den Bör- sen und außerbörslich gehandelten Derivate hat das an Aktien inzwi- schen um ein Vielfaches übertroffen. Aber auch die neuen Möglichkeiten der IT auf der Kundenseite – Stich- wort Algo Trader – beeinflussen die Börsen: Die technischen Vorausset- zungen der Börsen, die aufrechterhal- ten werden müssen, um die Interes- sen einiger weniger, aber sehr han- delsintensiver Algo Trader zu befrie- digen, sind enorm. Insgesamt betrachtet haben die Entwicklungen der Vergangenheit für den Anleger zweifelsfrei auch Vor- teile gebracht: Die Teilnahme aller Marktteilnehmer am fortlaufenden Handel, die längeren Handelszeiten, Minimum Sizes von einem Stück und – wie von der Mifid eingefordert – niedrigere Transaktionskosten sind hier als Beispiele zu nennen. Die Bör- senlandschaft ist also vielschichtiger geworden: neue Marktplätze, neue Produkte, Handel in Sekundenbruch- teilen, mehr IT. Vor diesem Hinter- grund ist nicht zu vergessen: Neben der transparenten Preisfindung ist die zweite wesentliche Aufgabe einer Börse, eine neutrale Plattform für den Primärmarkt zu bieten. Bei der Diskussion um Millisekunden im Handelsprozess und möglichst nied- rige Betriebskosten einer Börse gerät diese Aufgabe der Börsen, die Wirt- schaft mit Eigen- und Fremdkapital zu versorgen, in den Hintergrund. Börsen fungieren als Drehscheibe zwischen der kapitalsuchenden Wirt- schaft und dem Kapital, das nach An- lagemöglichkeiten Ausschau hält. Nur durch die Gründung von Aktien- gesellschaften konnte die Industriali- sierung Europas im 19. Jahrhundert einsetzen. Eisenbahnen und Maschi- nenbau, chemische und Elektroindus- trie – ohne Aktiengesellschaften und ohne Börsen, die deren Aktien an In- vestoren vermittelten, wären der Auf- schwung und das Wachstum des „Westens“ so nicht möglich gewesen. Bisher sind MTF im Primärmarkt- Geschäft nicht aktiv. Sie decken also nur einen Teil der Börsenaufgaben ab. Sie haben sich in aller Regel auf das großvolumige und ertragsstarke Geschäft des Handels von liquiden Titeln zwischen institutionellen Anlegern spezialisiert. Hier machen sie den Börsen empfindlich Konkur- renz. Für eine volle Abdeckung des volkswirtschaftlichen Bedarfs, da- Fortsetzung Seite B 2 Prosperierende Wirtschaftsstandorte brauchen eine Börse Drehscheiben zwischen Kapital und Wirtschaft – Veränderte Marktverhältnisse befeuern den Konzentrationsprozess – Auf die dienende Funktion rückbesinnen Von Christine Bortenlänger Vorstand der Bayerischen Börse, Ge- schäftsführerin der Börse München und Sprecherin der Finanzplatz München Initiative „Wir halten es nicht für einen Zufall, dass jeder prosperierende Finanzplatz und Wirt- schaftsstandort auch über eine eigene Börse verfügt, denn Börsen haben inner- halb einer Volkswirt- schaft ganz wesentli- che Aufgaben.“ AUS DEM INHALT Prosperierende Wirtschaftsstand- orte brauchen eine Börse Von Dr. Christine Bortenlänger B1 Sparkassen sind nachhaltig erfolgreich Von Theo Zellner B5 Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse Von Ralf Broschulat B2 Elementarschäden oft unterschätzt Von Severin Moser B5 Die ordnende Hand des Menschen ist unerlässlich Von Uto Baader B3 Starke Wurzeln in Bayern – weltweit erfolgreich Von Hans-Jürgen Thaus B6 Krisenfeuerwehr und Wachstumsfinanzierer Von Michael Schneider B3 Erschließung neuer Regionen ist ein Schlüssel für den Erfolg Von Dr. Klaus Probst B6 Kreditgenossenschaften sind für Bayern unverzichtbar Von Dr. h.c. Stephan Götzl B4 Wissen schafft die Basis für Innovation Von Prof. Dr. Peter Gruss B7 Der Freistaat ist eine Hochburg des Private Banking Von Volker Rützel B4 Eine Symbiose unter anderen Vorzeichen Von Dr. Edgar Zoller B8 Wirtschaftsraum Bayern Gebäude der Börse München am Karolinenplatz Foto: Börse München Sonnabend, 14. Mai 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 93 B1

Wirtschaftsraum Bayern

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Page 1: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Die bayerische LandeshauptstadtMünchen ist eines der bedeutends-ten wirtschaftlichen, wissenschaftli-chen und kulturellen ZentrenDeutschlands. Die ökonomische Po-tenz zeigen schon die sieben hier an-sässigen Dax-Unternehmen mit einerMarktkapitalisierung von derzeit223 Mrd. Euro (Stichtag 31.3.2011).München mit Bayern ist der zweit-größte Bankenstandort in Deutsch-land und der größte Versicherungs-standort – man denke nur an Unter-nehmen wie Munich Re, Allianz,

Nürnberger Versicherungen oderHUK-Coburg. 2010 waren in Mün-chen allein 8,6 % der Beschäftigtenim Bereich der Finanz- und Versiche-rungsdienstleistungen tätig.

Vielschichtiger Finanzplatz

Um dem Finanzstandort Münchenangemessen Gehör zu verschaffen,wurde im Jahr 2000 die FinanzplatzMünchen Initiative fpmi gegründet.Darin sind etwa 50 Banken und Versi-cherungen, Leasing-, Venture-Capi-tal-, Private-Equity- und Asset-Ma-nagement-Unternehmen zusammen-geschlossen. Denn Kennzeichen desFinanzplatzes München ist nicht nur

seine Größe, sondern auch die Viel-schichtigkeit seiner Mitgliedsunter-nehmen.

Die Initiative führt einen regen Dia-log mit der deutschen und europäi-schen Politik, stimmt sich intern zuwichtigen Themen ab und diskutiertin einer offenen Atmosphäre unterden Häusern finanzwirtschaftlicheTagesfragen. Nicht zuletzt betreibt

die Initiative aktives Standort-Marke-ting. Ein deutliches Zeichen ihres Er-folgs ist schon die Tatsache, dass sichinzwischen auch viele Institute ange-schlossen haben, die ihren Hauptsitzaußerhalb Bayerns und teilweise so-gar außerhalb Deutschlands haben.Die Börse München fungiert dabeials „neutrale“ Plattform und Treff-punkt. Sie stellt seit einigen Jahrenauch die Sprecherin der FinanzplatzMünchen Initiative.

Wir halten es nicht für einen Zu-fall, dass jeder prosperierende Fi-nanzplatz und Wirtschaftsstandort

auch über eine eigeneBörse verfügt, denn Bör-sen haben innerhalb ei-ner Volkswirtschaft ganzwesentliche Aufgaben.Vor dem Hintergrundder sich gerade in jüngs-ter Zeit stark wandeln-den „Börsenlandschaft“scheint es angebracht,einmal näher auf die ei-gentlichen Aufgaben ei-ner Börse einzugehen.

Zuerst möchte ich ei-nen kurzen Blick auf dieveränderten Rahmenbe-

dingungen unserer Börsenlandschaftwerfen. Die gegenwärtigen Versu-che, den Konzentrationsprozess un-ter den großen Börsen noch weitervoranzutreiben, sind eine Folge da-von. Die Fusionspläne zwischen denBörsen in New York und Frankfurt,London und Toronto, Sydney undSingapur, Tokio und Hongkong, obsie nun gelingen oder nicht, sind Ver-suche, auf die veränderten Marktver-hältnisse mit purer Größe zu reagie-ren. Fast unter Ausschluss der Öffent-lichkeit vollzieht sich der Zusam-menschluss zwischen Chi-X undBats. Dabei verbirgt sich hinter die-sen Namen einer der Hauptgründefür die derzeitige „Fusionswelle“ un-ter den Börsen.

Chi-X und Bats sind die derzeitwohl erfolgreichsten MTF, Multilate-ral Trading Facilities, deren Sieges-zug auf der Einführung der Mifid(Markets in Financial Instruments Di-rective) im Jahr 2007 basiert. Dieseneuen, schlank aufgestellten Plattfor-men für den Handel zwischen Finanz-instituten erlebten einen enormenAufschwung. Chi-X und Bats habenzum Beispiel inzwischen in Dax-Ak-tien einen Marktanteil von fast 30 %.Neben den weit über 100 MTF, dienoch als börsenähnlich einzustufensind, existieren auch noch eine Reihevon Dark Pools, die wenig Transpa-renz und kaum Angaben über dieHöhe und Liquidität der gehandeltenPapiere zulassen.

Ungleiche Bedingungen

Sowohl MTF als auch Dark Poolssind überwiegend Gründungen vonBanken, die darüber große Volumenund – inzwischen – auch mehr undmehr kleinere Aufträge handeln.Damit gehen sie in direkte Konkur-renz zu den Börsen, und das unternicht wirklich „gleichen“ Bedingun-gen. Die Börsen scheuen diesen Wett-bewerb zwar nicht, fordern aber ein

Level Playing Field. Börsen müssenmit hohen Kosten die gesetzlichvorgeschriebenen Regularien und ad-ministrativen Leistungen erbringen.Dark Pools hingegen nutzen Ausnah-meregelungen ohne jeglichen Büro-kratieaufwand, und MTF konzentrie-ren sich ausschließlich auf volumen-starke Blue-Chip-Aktien. Durch diefehlende Transparenz des außerbörs-lichen Handels wird eine faire Preis-bildung zumindest erschwert – unddie transparente Preisfindung isteine wesentliche volkswirtschaftli-che Aufgabe der Börsen.

Nachhaltige Änderungen

Neben dieser neuen und raschwachsenden Konkurrenz veränder-ten und verändern neue Produktewie die derivativen Finanzinstru-mente, einst zur strategischen Ab-sicherung der Anlage entwickelt undlängst zu Selbstläufern geworden,den Börsenhandel ebenfalls nach-haltig. Das Volumen der an den Bör-sen und außerbörslich gehandeltenDerivate hat das an Aktien inzwi-schen um ein Vielfaches übertroffen.Aber auch die neuen Möglichkeitender IT auf der Kundenseite – Stich-wort Algo Trader – beeinflussen dieBörsen: Die technischen Vorausset-

zungen der Börsen, die aufrechterhal-ten werden müssen, um die Interes-sen einiger weniger, aber sehr han-delsintensiver Algo Trader zu befrie-digen, sind enorm.

Insgesamt betrachtet haben dieEntwicklungen der Vergangenheitfür den Anleger zweifelsfrei auch Vor-teile gebracht: Die Teilnahme allerMarktteilnehmer am fortlaufendenHandel, die längeren Handelszeiten,

Minimum Sizes von einem Stück und– wie von der Mifid eingefordert –niedrigere Transaktionskosten sindhier als Beispiele zu nennen. Die Bör-senlandschaft ist also vielschichtigergeworden: neue Marktplätze, neueProdukte, Handel in Sekundenbruch-teilen, mehr IT. Vor diesem Hinter-grund ist nicht zu vergessen: Nebender transparenten Preisfindung istdie zweite wesentliche Aufgabe einer

Börse, eine neutrale Plattform fürden Primärmarkt zu bieten. Bei derDiskussion um Millisekunden imHandelsprozess und möglichst nied-rige Betriebskosten einer Börse gerätdiese Aufgabe der Börsen, die Wirt-schaft mit Eigen- und Fremdkapitalzu versorgen, in den Hintergrund.

Börsen fungieren als Drehscheibezwischen der kapitalsuchenden Wirt-schaft und dem Kapital, das nach An-lagemöglichkeiten Ausschau hält.Nur durch die Gründung von Aktien-gesellschaften konnte die Industriali-sierung Europas im 19. Jahrhunderteinsetzen. Eisenbahnen und Maschi-nenbau, chemische und Elektroindus-trie – ohne Aktiengesellschaften undohne Börsen, die deren Aktien an In-vestoren vermittelten, wären der Auf-schwung und das Wachstum des„Westens“ so nicht möglich gewesen.

Bisher sind MTF im Primärmarkt-Geschäft nicht aktiv. Sie decken alsonur einen Teil der Börsenaufgabenab. Sie haben sich in aller Regel aufdas großvolumige und ertragsstarkeGeschäft des Handels von liquidenTiteln zwischen institutionellenAnlegern spezialisiert. Hier machensie den Börsen empfindlich Konkur-renz. Für eine volle Abdeckung desvolkswirtschaftlichen Bedarfs, da- Fortsetzung Seite B 2

Prosperierende Wirtschaftsstandorte brauchen eine BörseDrehscheiben zwischen Kapital und Wirtschaft – Veränderte Marktverhältnisse befeuern den Konzentrationsprozess – Auf die dienende Funktion rückbesinnen

VonChristine Bortenlänger

Vorstand derBayerischen Börse, Ge-schäftsführerin derBörse München undSprecherin derFinanzplatz MünchenInitiative

„Wir halten es nichtfür einen Zufall, dassjeder prosperierendeFinanzplatz und Wirt-schaftsstandort auchüber eine eigeneBörse verfügt, dennBörsen haben inner-halb einer Volkswirt-schaft ganz wesentli-che Aufgaben.“

AUS DEM INHALT

Prosperierende Wirtschaftsstand-orte brauchen eine BörseVon Dr. Christine Bortenlänger B 1

Sparkassen sind nachhaltigerfolgreichVon Theo Zellner B 5

Fachkräftemangel wirdzur WachstumsbremseVon Ralf Broschulat B 2

Elementarschäden oftunterschätztVon Severin Moser B 5

Die ordnende Hand desMenschen ist unerlässlichVon Uto Baader B 3

Starke Wurzeln inBayern – weltweit erfolgreichVon Hans-Jürgen Thaus B 6

Krisenfeuerwehr undWachstumsfinanziererVon Michael Schneider B 3

Erschließung neuer Regionenist ein Schlüssel für den ErfolgVon Dr. Klaus Probst B 6

Kreditgenossenschaften sindfür Bayern unverzichtbarVon Dr. h.c. Stephan Götzl B 4

Wissen schafft die Basisfür InnovationVon Prof. Dr. Peter Gruss B 7

Der Freistaat ist eineHochburg des Private BankingVon Volker Rützel B 4

Eine Symbiose unteranderen VorzeichenVon Dr. Edgar Zoller B 8

Wirtschaftsraum Bayern

Gebäude der Börse München am Karolinenplatz Foto: Börse München

Sonnabend, 14. Mai 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 93 B 1

Page 2: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Die bayerische Wirtschaft erholtsich im Eiltempo von der Wirt-schaftskrise: Im Jahr 2010 wuchsdas Bruttoinlandsprodukt um 3,9 %– der Freistaat übertraf damit dieWachstumsrate der deutschen Wirt-schaft, die bei 3,6 % lag. Auch derbayerische Mittelstand spürt diesenstarken Aufschwung: Mehr als dieHälfte der Mittelständler in Bayern(56 %) machte zu Jahresbeginn un-eingeschränkt gute Geschäfte – dassind deutlich mehr als im Bundes-durchschnitt (51 %) und als nochvor einem Jahr (40 %). Weitere38 % bezeichnen ihre Geschäftslageals „eher gut“ – nur 6 % sind unzu-frieden. Das zeigte dasErnst & Young-Mittelstandsbarome-ter, für das bundesweit 3 000 und inBayern knapp 400 Mittelständler be-fragt wurden.

Aufschwung hält an

Und der Aufschwung hält an: Lau-fend werden die Wachstumsprogno-sen für 2011 nach oben korrigiert,und auch die Mehrzahl der bayeri-schen Mittelständler (54 %) erwar-tet eine weitere Verbesserung der ei-genen Geschäftsentwicklung in denkommenden sechs Monaten.

Auftragseingänge und Auslastungsteigen, die Zeichen stehen weiterauf Wachstum – das führt auch zuanhaltend positiven Impulsen fürden bayerischen Arbeitsmarkt: Ange-sichts der guten Konjunkturaussich-ten wollen die Unternehmen mehrinvestieren und mehr Mitarbeitereinstellen: 29 % der Mittelständlerin Bayern wollen zusätzliche Mitar-beiter einstellen, nur 6 % wollen dieBelegschaft verkleinern.

Die Kehrseite des Aufschwungs:Immer mehr Unternehmen habenProbleme, ihre Vakanzen rasch zu be-setzen. Immerhin 70 % der Mittel-ständler berichten bereits heute vonSchwierigkeiten bei der Suche nachneuen Mitarbeitern. Jeder Achte be-zeichnet es sogar als sehr schwierig,ausreichend qualifizierte Mitarbeiterzu finden.

Eine Entspannung der Lage istnicht in Sicht – im Gegenteil: DieMehrheit der bayerischen Mittel-ständler (64 %) erwartet, dass es inden kommenden drei Jahren (noch)

schwieriger wird, geeignete Fach-und Führungskräfte zu finden. Dazuwerden zum einen der anhaltendeAufschwung und die weiter stei-gende Nachfrage nach Arbeitskräf-ten beitragen. Zum anderen sinktauch das „Arbeitskräftereservoir“ inDeutschland aufgrund der demogra-fischen Entwicklung stetig. Dasheißt: Die Situation wird sich mittel-fristig nochmals deutlich verschär-fen – sofern nicht rechtzeitig gegen-gesteuert wird.

Erschwerend kommt hinzu, dassauch die Anforderungen der Unter-

nehmen an die Qualifikation ihrerMitarbeiter weiter steigen. Techno-logische Innovationen, Veränderun-gen in den betrieblichen Abläufen,Effizienzsteigerungen und der wei-ter wachsende Stellenwert von In-formation und Wissen im Arbeitsall-tag: All diese Entwicklungen bedin-gen, dass es immer schwieriger wer-den wird, ungelernte Arbeitskräfteoder Personen mit einem niedrigenAusbildungsniveau in den Arbeits-markt zu integrieren. Selbst einehohe Arbeitslosigkeit würde also kei-neswegs vor einem Fachkräfteman-

gel schützen.Der Mangel an qualifi-

zierten Bewerbern istlängst kein Problem derPersonalabteilungenmehr – immer mehr Un-ternehmen müssen in-zwischen sogar Auf-träge ablehnen, weil esihnen an geeignetemPersonal fehlt, um dieAufträge abzuarbeiten.So führt bei gut derHälfte der befragten mit-telständischen Unter-nehmen in Bayern

(53 %) ein Mangel an Top-Fach-kräften zu Umsatzeinbußen – 16 %der befragten Unternehmen sehensogar erhebliche Einbußen vonmehr als 5 %.

Erheblicher Schaden entsteht

Der bayerischen Wirtschaft ent-steht durch nicht realisierte Umsätzeein erheblicher Schaden: Auf Basisder Befragungsergebnisse lässt sichfür den gesamten deutschen Mittel-stand (Unternehmen mit Umsätzenvon 5 bis 250 Mill. Euro) hochrech-

nen, dass es zu Einnahmeausfällenbzw. nicht realisierten Umsätzen inHöhe von etwa 30 Mrd. Euro imJahr kommt – der bayerische Mittel-stand ist hiervon mit 6,6 Mrd. Eurobetroffen. Der Schaden, der durchden Fachkräftemangel verursachtwird, ist also bereits heute beträcht-lich. Er wird aber in Zukunft nochdeutlich steigen und sich zu einemerheblichen Problem für die Unter-nehmen auswachsen.

Große Firmen haben’s leichter

Der Mittelstand ist vom Fachkräf-temangel besonders betroffen. Ge-rade die mittelständischen Unterneh-men drohen nämlich im verschärf-ten Wettbewerb um ein knapper wer-dendes Arbeitskräftepotenzial insHintertreffen zu geraten. Große Un-ternehmen haben bessere Vorausset-zungen, über eine professionelle Per-sonalentwicklung geeignete Arbeits-kräfte aus den eigenen Reihen zu re-krutieren oder neue anzuwerben. Ingroßen Konzernen gibt es Spezialis-ten in den Personalabteilungen, diesich um die Personalsuche kümmern– in kleinen Betrieben erledigt derGeschäftsführer diese Aufgabe häu-fig nebenher mit.

Zudem können Großunterneh-men durch ihre größere Bekanntheitleichter Mitarbeiter für offene Stel-len gewinnen. Denn hoch qualifi-zierte Absolventen zieht es vor allemzu den namhaften Top-Konzernen –die Mittelständler haben da immeröfter das Nachsehen. Fazit: KleinereUnternehmen werden es zukünftigimmer schwerer haben, sich gegendie großen Konzerne zu behauptenund Top-Fachkräfte für sich zu ge-winnen.

Als Hauptursachen des gegenwär-tigen Mangels an Fachkräften identi-fizieren die befragten UnternehmerDefizite im deutschen Bildungs-bzw. Ausbildungssystem: 85 % derBefragten sind der Meinung, dassdie Bewerberprofile sich nicht mitden spezifischen Anforderungen derUnternehmen decken. Trotz hoherArbeitslosigkeit können offene Stel-len nicht besetzt werden – Arbeits-nachfrage und -angebot passen imHinblick auf berufliche Qualifikatio-nen, Regionen und Sektoren oftnicht zueinander. Vor allem die qua-lifikatorischen Lücken lassen sich al-lerdings nicht kurzfristig schließen,weil sie von langfristigen Bildungs-und Investitionsentscheidungen ab-hängen. 74 % der Befragten sind zu-dem der Ansicht, dass die bestehen-den Aus- und Weiterbildungsmög-lichkeiten in Deutschland nicht aus-reichend sind.

Problem ist hausgemacht

Zum Teil ist das Problem aberauch hausgemacht: Immerhin 65 %der Unternehmer sehen eine man-gelnde Bereitschaft von Unterneh-men, ältere Fachkräfte zu beschäfti-gen. Und 45 % geben an, dass einemangelnde Toleranz auf Seiten derUnternehmen gegenüber fremdenReligionen und Kulturen dazu führe,dass erhebliche Potenziale nicht ge-nutzt werden.

Der aktuelle Mangel an Fachkräf-ten ist mit Sicherheit nur ein kleinerVorgeschmack auf das, was der deut-schen Wirtschaft in den kommendenJahrzehnten bevorstehen wird. Den-noch unterschätzen viele Unterneh-mer das Problem immer noch – vielehaben noch keine Strategie, wie sieder Herausforderung begegnenkönnten. Dabei ist es wichtig,schnellstmöglich Strategien gegenden Mangel an qualifizierten Mitar-

beitern zu entwickeln, um zu verhin-dern, dass aus einem – möglicher-weise verschmerzbaren – Mangelein existenzielles Problem wird.

Kreativität gefragt

Um rechtzeitig gegenzusteuern, istallerdings Kreativität gefragt: stär-kere innerbetriebliche Weiterbil-dung, Kooperationen mit Hochschu-len oder anderen Mittelständlern ausder Region, flexible Arbeitszeiten,Stärkung der eigenen Attraktivitätals Arbeitgeber durch die Einrich-tung eines Betriebskindergartens –es gibt viele Möglichkeiten, wie Un-ternehmen ihre Attraktivität steigernkönnen. Der Fachkräftemangel insge-samt wird mit solchen Maßnahmenzwar nicht behoben, einzelne Unter-nehmen können allerdings ihre Chan-cen erhöhen, ihren Bedarf an Fach-kräften zu decken – gegebenenfallsauf Kosten anderer Betriebe.

Eine Steigerung der Gesamtzahlder Erwerbspersonen ließe sich aufanderem Wege erreichen: Zum ei-nen kann und muss die Anzahl quali-fizierter Fachkräfte innerhalbDeutschlands durch verbesserte Aus-bildungs- und Weiterbildungsan-strengungen gesteigert werden.Zum anderen könne eine verstärkteZuwanderung qualifizierter Fach-kräfte ebenfalls zu einer Lösung desProblems beitragen. Noch versuchtdie Politik, dieser Frage aus demWeg zu gehen. Auch eine Erhöhungdes Arbeitszeitvolumens, sprich derArbeitszeit von Beschäftigten in Voll-zeit, käme in Betracht – aber auchdies dürfte schwer umzusetzen sein.Fazit: Der deutschen Wirtschaft –und insbesondere Bayern als einemder wirtschaftsstärksten Bundeslän-der – steht viel Arbeit bevor, wennder Fachkräftemangel nicht zu ei-nem erheblichen Wettbewerbsnach-teil werden soll.

Fortsetzung von Seite B 1

mit auch mittlere und kleinereMarktteilnehmer (Emittenten, Kre-ditinstitute und Anleger) einen Zu-gang zu Börsen und zum Börsenhan-del erhalten, reichen den klassi-schen Börsen jedoch reine Nischen-geschäfte nicht aus. Wenn ihnen dasertragsstarke Geschäft durch Wettbe-werber streitig gemacht wird, dievom regulatorischen Umfeld begüns-tigt sind, kommt es zu einer Wettbe-werbsverzerrung, die nachhaltigvolkswirtschaftlich schädlich seinkann. Denn dann wird das Angebotfür kleine und mittlere Marktteilneh-mer unattraktiv und damit der Zu-gang zu Kapital über die Börse er-schwert.

Garantiert deutsch

Die Börse München setzt vor demHintergrund der Tendenz zu immergrößeren Börsen und der Ausrich-tung auf institutionelle Marktteilneh-mer auf Qualität und Dienstleistung.Im Primärmarkt definiert sich dieBörse München als die nationale Al-ternative zur fusionierten Großbörsenach garantiert deutschem Rechtund unter deutscher Aufsicht – undzu äußerst moderaten Kosten. FürDax-Unternehmen wie für mittel-

ständische Firmen empfiehlt sich dieBörse München deshalb als selbstän-diger Börsenplatz. Sie bleibt damitim Primärmarkt ein verlässlicherPartner. Dies wird auch durch dasMittelstandssegment m:access be-legt. Anfang April wurde mit der De-sign Hotels AG das 39. Unterneh-men aufgenommen. Den Emittentenmöglichst wenig Bürokratie und Fol-gekosten aufzubürden und gleichzei-tig für den Anleger ein hohes Maßan Transparenz zu schaffen, dieseZielsetzung steht bei m:access imVordergrund.

Im Sekundärmarkt richtet sich dieBörse München auf die Bedürfnisseder Anleger aus. Als „Dienstleis-tungs-Börse“ sieht sich die BörseMünchen auch den Bank- und Wert-papierberatern besonders verpflich-tet, mit denen sie beispielsweiseüber ihr Webangebot, den Berater-Showroom (www.berater-show-room.de), in engem Kontakt steht.

Finanzminister Wolfgang Schäub-le forderte angesichts der Finanz-krise mit Recht, dass sich die Finanz-märkte wieder auf ihre dienendeFunktion für die Realwirtschaft unddie Menschen konzentrieren müssen– eine Forderung, der sich die BörseMünchen mit ihrer strategischenAusrichtung selbstverständlichstellt.

Prosperierende Wirtschaft

VonRalf Broschulat

Managing PartnerRegion Süd beiErnst & Young

Fachkräftemangel wird zur WachstumsbremseMittelstand besonders betroffen – Situation wird sich weiter verschärfen – Defizite im deutschen Bildungs- bzw. Ausbildungssystem sind Hauptursache

B 2 Börsen-Zeitung Nr. 93 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Mai 2011

Page 3: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Bayern im Mai 2011: Die Zeichenfür die Wirtschaft stehen wieder gut.Export und Inlandsnachfrage boo-men, die Kapazitäten sind ausgelas-tet. Die größte Wirtschaftskrise derNachkriegszeit ist überwunden. DieFrage für viele Mittelständler, vomHandwerker bis zur Hightechfirma,ist nun: Wie finanziere ich den soli-den Ausbau meines Geschäfts in ei-ner globalisierten Welt?

Gehen wir in Gedanken einmal 60Jahre zurück, in die Nachkriegszeit –Bayern im Mai 1951: Die Wirtschafts-

strukturen liegen brach, Großteiledes Landes sind noch agrarisch ge-prägt, und knapp zwei MillionenFlüchtlinge müssen – auch wirt-schaftlich – integriert werden. Dieoftmals existenzielle Frage für vieleunternehmerisch denkende Men-schen damals: Wie stemme ich denAufbau eines Betriebs ohne Eigen-mittel?

Zwei Fragen, eine Antwort

Zwei Fragen aus völlig unter-schiedlichen wirtschaftlichen Epo-chen und doch eine gemeinsame Ant-wort: Mit den Finanzierungshilfender LfA Förderbank Bayern wirdmachbar, was denkbar ist. Damalswie heute unterstützt die Spezial-bank unternehmerische Vorhaben,die Arbeitsplätze schaffen oder erhal-ten und den heimischen Standortstärken.

Ausschlaggebend für die Grün-dung einer eigenen bayerischen För-derbank am 2. Mai 1951 – damalsals Landesanstalt für Aufbaufinanzie-rung (LfA) – war die nötige Einglie-derung der Flüchtlinge, viele davonaus den Industrieregionen Böhmens,Mährens und Schlesiens. Darunterwaren auch Unternehmer, die Fach-arbeiter mitgebracht hatten und sorasch wie möglich wieder einen Be-trieb aufbauen wollten. Die dazu er-forderliche Starthilfe waren Krediteund staatliche Bürgschaften, die ge-genüber den Banken die in der Hei-mat zurückgebliebenen Sicherheitenersetzten. Damit hatte der FreistaatBayern, früher als andere Bundeslän-der, eine effizient arbeitende Spezial-

bank zur Wirtschaftsförderung undAufbaufinanzierung geschaffen.

Vom ursprünglichen Konzept ei-ner „Flüchtlingsbank“ hatte sich dieLfA schon bald gelöst, denn bereitsvon 1952 an finanzierte man auchden Neustart zahlreicher einheimi-scher und später sehr erfolgreicherUnternehmen. Die Herausforderun-gen für den Mittelstand wandeltensich in den vergangenen 60 Jahrenstark: Konjunktur- und Wirtschafts-krisen, schwankende Kapitalmärkte,neue Märkte und ein global vernetz-tes Wirtschaftssystem stellten den

Unternehmen immerwieder neue Aufgaben,deren Finanzierungdurch den Einsatz vonFördermitteln leichterund oft genug auch über-haupt erst möglichwurde.

Die Wirksamkeit derFörderung zur Krisenbe-wältigung hat sich zu-letzt erst wieder in derschweren Wirtschafts-krise der vergangenenbeiden Jahre gezeigt: Ei-nen wesentlichen Im-

puls zur Überwindung der Krisebrachte der für 2009 und 2010 vonder Staatsregierung aufgespannteBayerische Mittelstandsschirm: MitBürgschaften und Haftungsfreistel-lungen hat die Förderbank Risikenvon über 780 Mill. Euro übernom-men. Dadurch haben rund 4 400 Un-ternehmen Kredite von fast 1,2 Mrd.Euro erhalten, die sie ohne diese Hil-fen nicht oder jedenfalls nicht in die-sem Umfang bekommen hätten. Sohat die LfA dazu beigetragen, dieKreditversorgung des Mittelstandsin der Krise sicherzustellen und über77 000 Arbeitsplätze zu sichern.

Inzwischen ist der Aufschwungdeutlich spürbar, und die LfA küm-mert sich um die eingangs erwähnteFrage vieler Mittelständler. Dennviele Unternehmen wollen zwar inihre Wettbewerbsfähigkeit und wei-tere Expansion investieren, tun sichaber oft schwer, die nötigen Finanz-mittel aus eigener Kraft zu stemmen.Der übliche Weg ist der Gang zurHausbank und das Kreditgespräch.Ein wichtiges Thema hierbei sollteauch jetzt die Einbindung öffentli-cher Finanzierungshilfen sein.

Darlehen für mehr Wachstum

Darlehen mit Vorzugskonditionenbedeuten sehr niedrige feste Zins-sätze mit langen Laufzeiten. Fallsdie für einen Kredit nötigen banküb-lichen Sicherheiten nicht ausrei-chend vorhanden sind, helfen zusätz-lich öffentliche Risikoübernahmenin Form von Bürgschaften (bei Haus-bank- und Förderkrediten) oder Haf-tungsfreistellungen (bei Förderkredi-

ten). Dadurch werden Unternehmenoft erst in die Lage versetzt, Fremd-mittel in Form eines Förderkreditsoder eines Hausbankkredits über-haupt aufnehmen zu können. Dabeikann nicht nur ein Investitionskre-dit, sondern auch die Aufnahme vonBetriebsmitteln verbürgt werden.Der höchstmögliche Bürgschaftssatzbeträgt bei Investitionen 80 %, im Be-triebsmittelbereich liegt er bei 60 %.Dieser Entlastungssatz gilt auch beiHaftungsfreistellungen für Investiv-und Universalkredite.

Auch wenn es um das derzeit boo-mende Auslandsgeschäft geht, kom-

men Förderangebote der LfA in Be-tracht. Unterstützt werden solcheAuslandsaktivitäten, die positiv aufden heimischen Standort und die Si-cherung der dortigen Arbeitsplätzezurückwirken. Im Mittelpunkt desFörderangebots stehen Ausfallgaran-tien, die die Finanzierung von Aufträ-gen für kleine und mittlere Unterneh-men sowie Freiberufler ermögli-chen. Dieses Instrument ist auch fürInlandsaufträge einsetzbar. Als För-derinstrumente für Investitionen imAusland setzt die LfA ihren zinsgüns-tigen Universalkredit sowie Haf-tungsfreistellungen und Bürgschaf-

ten ein. Damit fällt es bayerischenBetrieben leichter, sich durch eigeneNiederlassungen und Produktions-standorte, Vertriebspartner undJoint Ventures im Ausland zu etablie-ren.

Auch für viele andere Bereichegibt es spezielle Finanzierungsange-bote. Welche Förderung die geeig-nete ist, beantworten unsere Bera-ter. Der Gang zur Hausbank bleibtdennoch unerlässlich: Beantragung,Risikobewertung mit abschließen-der Kreditentscheidung und Ausrei-chung der Fördermittel fallen immerin die Verantwortung der Hausbank.

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Schon damals, im 14. Jahrhundert,als sich die vornehmlich italieni-schen Kaufleute im Haus des Brüg-ger Patriziergeschlechts Van derBeurse trafen, um Geschäftsgesprä-che zu führen, hatten die Verein-barungen eins gemein: Man einigtesich über Preis, Qualität sowieMenge, Lieferung und Bezahlungsollten später erfolgen. Dass derFamilienname Van der Beurse in derFolge zum Namenspatron der Institu-tion Börse mutierte, ist die eineSache. Die andere ist die, dass dieTreffen „bei den Beursen“ einenorganisierten Marktplatz darstell-ten, wo Angebot und Nachfragezusammentrafen.

Im Gegensatz etwa zu einem Wo-chenmarkt aber waren die gehandel-

ten Güter, meist Tuche, nicht am Ortvorhanden – ein typisches Merkmaleiner Börse, wo vertretbare Güter ge-handelt werden, die austauschbarsind nach Zahl, Maß oder Gewicht,also fungibel sind. Dies war die Vo-raussetzung für den Siegeszug einerMarktplatzorganisation, die durchdie Abwesenheit der handelbarenGüter schon damals in ihren Grund-zügen virtuell war und deren Effi-zienz über die Jahrhunderte enormgesteigert wurde.

Besonders in den vergangenen bei-den Jahrzehnten haben die Fort-schritte in der Technik für regel-rechte Quantensprünge gesorgt, dieden Wertpapierhandel und die Bör-sen nicht nur effizienter gemacht ha-ben, sondern auch näher zusammen-rücken ließen. Während in den neun-

ziger Jahren die Börsenzeit lediglichdrei Stunden betrug, liegt sie jetzt inder Regel bei zwölf Stunden. Für dasGros der Wertpapiere wurde damalsnur ein Kurs pro Tag festgestellt,heute ist ein Börsenhändler oder

Skontroführer theore-tisch über die gesamteBörsenzeit in der Lage,den Handel von mehre-ren hundert Wertpapie-ren fortlaufend zu be-treuen. Dies ist nurdank der Unterstützungausgereifter IT-Systememöglich, die dem Händ-ler helfen, seine Preis-stellung von Wertpapie-ren systematisch umzu-setzen.

So ist aus dem einsti-gen Kursmakler, der den Kurs dortgemacht hat, wo der größtmöglicheUmsatz zustande kam, der Skontro-führer oder Spezialist geworden, dersich vor allem durch den Selbstein-tritt im Sinne einer raschen Order-

ausführung für den Privatanlegerauszeichnet. Das heißt, er führt demMarkt Liquidität zu, sofern dies dieOrderbuchsituation erfordert, in-dem er die Wertpapiere zunächstaufs eigene Buch nimmt und dabeinach Möglichkeit die für den Anle-ger teuren Teilausführungen verhin-dert. Oder anders ausgedrückt, er lie-fert das Schmieröl für den Markt.Längst hat der Intermediär eineRolle übernommen, die mit der ei-nes Market Maker vergleichbar ist –eine Funktion, bei der er selbst ins Ri-siko geht und gehen muss. Dies istals einer der wichtigsten Beiträgedes modernen Intermediärs zur Wei-terentwicklung der Handelsqualitätim Sinne der Anleger zu werten.

Im Übrigen schlägt die neue Rolledes Intermediärs auf diesen selbst

zurück. Die Anforderungen an ihnsind so immens gestiegen, dass ernur erfolgreich bestehen kann, wenner über eine hochmoderne tech-nische Ausstattung (IT-Kapital),über genügend Eigenmittel (Eigen-kapital) und über ausreichendes qua-lifiziertes Personal (Humankapital)verfügt. Der Mensch muss also in derLage sein, seine Maschine so mitmathematischen Formeln zu füttern,dass ihn diese verlässlich undschnell unterstützt, um seine Han-delsideen umsetzen zu können. Vordiesem Hintergrund erscheinen imÜbrigen die gängigen Anforderun-gen der Börsenhändlerprüfung alserweiterungswürdig. Gleichzeitigmuss das Eigenkapitalpolster einsolideres sein, wenn das Geschäftdes Intermediärs heutzutage durchden Selbsteintritt gekennzeichnetist. 5 Mill. Euro, wie sie etwa an derBörse München vom Intermediär ge-fordert werden, sollten daher dasMindeste sein, was an Eigenmittelnaufzubringen ist.

An der Frankfurter Wertpapier-börse kommt es hier am 23. Mai2011 zu einer Zäsur. Mit Einführungdes Xetra-Spezialistenmodells müs-sen die Geschäfte der Spezialistenkünftig aus regulatorischen Grün-den mit deutlich mehr Eigenkapitalunterlegt werden, als dies bisher beider Skontroführung der Fall war.Dies dürfte den Konsolidierungspro-zess unter den Skontroführergesell-schaften weiter beschleunigen. Au-ßerdem können die Leistungsanfor-derungen der Frankfurter Wertpa-pierbörse, die hohe Standardvorga-ben für die Geld-Brief-Spannen, diehandelbaren Volumina und die Aus-führungszeiten von Wertpapierauf- Fortsetzung Seite B 7

VonMichael Schneider

VorstandsvorsitzenderLfA Förderbank Bayern

� Zielgruppe: kleine und mittlere Unternehmen aus Industrie, Hand-werk, Handel, Straßenverkehr, Hotel- und Gaststätten- und sonsti-gem Dienstleistungsgewerbe sowie Angehörige freier Berufe

� Zinssatz: im Vergleich zum Marktzins deutlich günstigere Konditio-nen (zinsverbilligt aus Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern)

� Laufzeiten: kurze und lange Laufzeiten mit Tilgungsfreijahren� Umfang: zur Finanzierung von Wachstumsvorhaben ab einem Inves-

titionsvolumen von 30 000 Euro� Finanzierungsanteil: 40 % des förderfähigen Vorhabens (Aufsto-

ckung des Finanzierungsanteils auf bis zu 100 % über den zinsgünsti-gen Investivkredit 100)

� Beantragung: der Antrag wird über die Hausbank an die LfA gestellt� Förderberatung: LfA-Kundencenter, Tel. 08002124240, www.lfa.de

VonUto Baader

Vorsitzender desVorstands derBaader Bank

Die ordnende Hand des Menschen ist unerlässlichTrotz des technischen Fortschritts bedarf es auch künftig der Eingriffe in die virtuellen Marktplätze – Anforderungen der Börsenhändlerprüfung erweitern

Der Investivkredit

Krisenfeuerwehr und WachstumsfinanziererBayerische Förderbank ist seit 60 Jahren für den Mittelstand da – Herausforderungen haben sich stark gewandelt

Sonnabend, 14. Mai 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 93 B 3

Page 4: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Die bayerischen Kreditgenossenschaf-ten können für 2010 eine erfolgrei-che Leistungsbilanz vorlegen. Wieschon in den beiden Vorjahren habensie auch 2010 zuverlässig Kredite ver-geben, den Anlegern einen sicherenHort für ihr Erspartes geboten undein ordentliches Betriebsergebnis er-zielt. Das betreute Kundenkreditvolu-men stieg um 5% auf 81,7 Mrd. Euro

an, das betreute Kundenanlagevolu-men um 4,7 % auf 151,1 Mrd. Euro.Damit waren sie erneut die zuverlässi-gen Finanzdienstleister für die Real-wirtschaft in Bayern.

Beim Gesamt-Betriebsergebnis ha-ben die bayerischen Kreditgenossen-schaften mit 1,22 % der durchschnitt-lichen Bilanzsumme den besten Wertseit 15 Jahren erzielt. Dies entsprichtfast 1,5 Mrd. Euro, beinahe 240 Mill.Euro mehr als im Vorjahr. Festzuhal-ten ist dabei: Der Gewinnanstieg istnicht auf eine übermäßige Risiko-übernahme zurückzuführen. DenBanken allgemein wird derzeit oftvorgeworfen, die aktuelle Zinssitua-tion zu nutzen, um über die Fristen-transformation Geld zu verdienen.Die Geschäftszahlen der bayerischenVolks- und Raiffeisenbanken zeigenein anderes Bild. Denn bei ihnen istder Strukturbeitrag, der den Ertragaus der Fristentransformation misst,sogar gesunken. Der Anstieg der Zins-

spanne resultiert aus einer Verbesse-rung im operativen Geschäft undnicht der Eingehung übermäßigerZinsrisiken. Auch deutliche Kosten-senkungen haben zum Ergebnisan-stieg beigetragen.

Als Regionalbanken konzentrierensich die bayerischen Volksbanken undRaiffeisenbanken auf ihre heimischenGeschäftsgebiete. Dadurch halten siedas Risiko und die Komplexität ihrer

Aktivitäten überschau-bar. Ihre Kenntnis der lo-kalen Märkte ist ein we-sentlicher Faktor für eineeffektive Risikobegren-zung. Um den Mittel-stand auch in Zukunftmit Krediten versorgenzu können, stellen die Ge-nossenschaftsbankenihre Liquidität durcheine gesunde Eigenkapi-talausstattung und einesolide Einlagenbasis dau-erhaft sicher. In der Fi-nanzmarktkrise haben

die Kunden gelernt, wem sie ihr Geldanvertrauen können und wem nicht.

Wie sehr sie den bayerischen Volks-banken und Raiffeisenbanken ver-trauen, zeigte sich im Bilanzjahr2010 in einem mit 5,3 % unverändertstarken Einlagenwachstum auf einenBestand von 93,7 Mrd. Euro. Rund6,7 Millionen Kunden zählen die Ge-nossenschaftsbanken im Freistaat. Da-mit sind sie Allfinanzdienstleister fürdie Hälfte der 12,5 Millionen Einwoh-ner Bayerns. Durch die hohen Kun-deneinlagen verfügen die bayeri-schen Kreditgenossenschaften über si-chere Refinanzierungsmöglichkeiten.

Fokus auf Existenzgründer

Eine wichtige Rolle übernehmendie bayerischen Volksbanken undRaiffeisenbanken bei der Förderungund Weiterentwicklung des Mittel-stands in Bayern. Wobei ein besonde-rer Schwerpunkt auf der Betreuung

von Existenzgründern liegt. Die Kre-ditgenossenschaften vergeben seitdem Jahr 2003 jährlich von allen Ban-kengruppen im Freistaat die meistenLfA-Förderkredite. Wie schon im Vor-jahr sicherten sie sich 2010 auch volu-menmäßig eine Spitzenposition imbayerischen Förderkreditgeschäft.Sie sorgten für die Weiterleitung vonFörderkrediten im Gesamtwert von680 Mill. Euro. Dies entspricht einemMarktanteil von über 42 %.

Motor des Wirtschaftsraums

Während manche Wettbewerberdie Kreditvergabe in Bayern in derKrise vermindert haben, vergabendie bayerischen Volksbanken undRaiffeisenbanken weiter zuverlässigKredite. Von Anfang 2008 bis Ende2010 sind die Ausleihungen vonbayerischen Kreditgenossenschaftenum 13 % gestiegen. Zum Vergleich:Großbanken haben ihre Kreditbe-stände in Bayern im gleichen Zeit-raum um 35 % reduziert. Damit sinddie bayerischen Volksbanken undRaiffeisenbanken nach wie vor einverlässlicher Partner des bayerischen

Mittelstandes. Die bayerischen Ge-nossenschaftsbanken sind nicht nurals regionaler Allfinanzdienstleisterals Motor des bayerischen Wirt-schaftsraums von Bedeutung, son-dern spielen auch als Arbeitgeber,Ausbilder, Investor und Steuerzahlereine wichtige Rolle. Sie beschäftigenfast 35 000 Mitarbeiter, darunterüber 2 300 Auszubildende. Damit ge-hören sie zu den größten Ausbil-dungsunternehmen im Freistaat. Sieeröffnen jungen Menschen durcheine qualifizierte BerufsausbildungZukunftsperspektiven insbesondereim ländlichen Raum. Im Geschäfts-jahr 2010 haben die bayerischenVolksbanken und RaiffeisenbankenInvestitionen von über 200 Mill. Euroin den ländlichen Regionen getätigt.In den sieben bayerischen Regie-rungsbezirken betrug das Steuerauf-kommen nach vorläufigen Berech-nungen 362 Mill. Euro. Durch ihrevielfältigen Funktionen bilden diebayerischen Kreditgenossenschafteneinen Dreh- und Angelpunkt der re-gionalen Wirtschaftskreisläufe.

Unbestritten braucht der interna-tionale Finanzsektor eine deutliche

Regulierung. Dabei müssen aller-dings Verursacherprinzip und Augen-maß gewahrt bleiben, um Kollateral-schäden zu vermeiden. Über die Ban-kenwelt in Deutschland bricht näm-lich gegenwärtig eine Flut von Regu-lierungsmaßnahmen herein. Dieneuen Gesetze und Vorschriften füh-ren zu steigenden Bürokratiekosten,die mittelständische Regionalbankenüberproportional hart treffen. Dabeiwaren sie es, die in den zurückliegen-den Krisenjahren für Finanzstabilitätgesorgt haben. Eine kostenmäßigeÜberbelastung dieser Banken wirdRegionalbanken im Wettbewerb ver-drängen und damit über kurz oderlang die mittelständische Wirtschafts-struktur gefährden. Das kann nichtim Interesse der Bevölkerung undWirtschaftsunternehmen in unseremLand liegen. Deswegen darf die Poli-tik nicht alle Banken über einenKamm scheren. Es muss differenziertwerden, von welchen Banken syste-mische Risiken ausgehen und vonwelchen nicht. Dabei müssen sowohldie Leistungen als auch die Funktionder einzelnen Bankengruppen be-rücksichtigt werden. Ein folgen-

schweres Negativbeispiel stellt dievon der EU-Kommission geplante Ver-einheitlichung der Einlagensiche-rungssysteme dar. Mit ihren Plänenverkennt die Kommission die Bedeu-tung von Präventivsystemen für dieFinanzstabilität. Die Verhinderung ei-ner Bankinsolvenz ist und bleibt dieeffektivste Form der Einlagensiche-rung. Einen Kompromissvorschlag ha-ben die Berichterstatter des Europa-parlaments vorgelegt.

Auch die geplanten Neuregelun-gen von Basel III bringen Gefahrenfür die Banken- und Kreditkultur inDeutschland mit sich. Denn um dieverschärften Eigenkapitalanforderun-gen nach Basel III erfüllen zu können,müssen die Banken entweder Ge-winne thesaurieren oder ihre Kredit-vergabe einschränken. Zwar erfüllendie bayerischen Kreditgenossenschaf-ten mit einer Kernkapitalquote nachBasel II von knapp 10 % und einer Ei-genmittelquote von fast 16 % bereitsheute die Vorgaben von Basel III, dieerst ab 2019 endgültig gelten. Trotz-dem wäre auch ihre Geschäfts- undAnlagepolitik durch Basel-II-Zins- Fortsetzung Seite B 6

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Bayern zählt in Deutschland zu denstrategisch wichtigsten Regionen fürdie private Vermögensverwaltung.Hauptgrund ist die im bundesweitenVergleich hohe Vermögensdichte.Das mittlere Nettogeldvermögen derbayerischen Haushalte lag nach ei-nem Bericht der bayerischen Staatsre-gierung zur sozialen Lage im Jahr2008 mit rund 25 000 Euro um mehrals 50 % über dem westdeutschenDurchschnitt. Schließt man Immobi-

lienvermögen ein, bewegte sich dasmittlere Haushaltsnettogesamtvermö-gen im Freistaat mit rund 71 000Euro um fast 80 % über dem Niveaudes früheren Bundesgebiets. Das mitt-lere Wohlstandsniveau lag um 4 %über dem westdeutschen Schnitt.Nur in Baden-Württemberg war derWohlstand höher.

Mit steigendem Einkommennimmt der Wohlstand überproportio-nal zu. Bayerische Haushalte mit ei-nem Nettoeinkommen von 1 500 bis2000 Euro verfügten 2008 nach Ab-zug von Schulden über ein Vermögenvon 46 000 Euro, Haushalte mit mehrals 5 000 Euro Nettoeinkommenbrachten es auf ein Vermögen vonnetto über 400 000 Euro. Hypothe-kenschulden wurden dabei bereits ab-gezogen und Produktivvermögen inForm von Firmenbeteiligungen au-ßer Aktien nicht berücksichtigt. Be-trachtungen der einkommensstärks-ten Steuerfälle zeigten, dass die ge-werblichen Einkünfte eine großeRolle in der bayerischen Einkom-mensstruktur spielen. Aus Gewerbe-betrieben stammte über die Hälftedes Gesamteinkommens. Einnahmenaus Kapitalvermögen steuerten rundein Viertel bei, gefolgt von Einkom-men aus nichtselbständiger Arbeit.

Finanzstarke Region

Die statistischen Befunde der baye-rischen Staatsregierung werdendurch das jüngste Wohlstandsran-king der Initiative Neue SozialeMarktwirtschaft (INSM) aus demJahr 2009 bestätigt. In dieser Rang-liste, für die von der Arbeitslosen-quote über die Kauf- und Wirtschafts-kraft bis hin zur Urlaubsgästeanzahl39 Indikatoren bewertet wurden, be-legte der Landkreis München denersten Platz. Unter den reichsten 25Regionen war Bayern mit 15 Kreisenund Städten mit Abstand am stärks-ten vertreten, weit vor Baden-Würt-temberg und Hessen. Dem INSM-Wohlstandsranking zufolge verfüg-ten die Einwohner des LandkreisesMünchen im Schnitt über eine Kauf-kraft, die um 41 % höher lag als imBundesdurchschnitt.

Bayern ist allerdings ein Flächen-staat mit differenzierter Wirtschafts-struktur, sodass sich die einzelnen Re-gionen stark voneinander unterschei-den. Spitzenreiter sind die Land-kreise Starnberg und München, wodie verfügbaren Einkommen im Jahr2008 nach Angaben des bayerischenLandesamtes für Statistik und Daten-verarbeitung um fast die Hälfte bezie-hungsweise um gut ein Viertel höherlagen als im bayerischen Durch-schnitt. Es verwundert nicht, dassOberbayern unter den Regierungsbe-zirken die Einkommensrangliste an-führt. Da Reichtum aus Einkommengeneriert wird, findet sich in Oberbay-ern eine höhere Reichtumsquote alsim bayerischen Durchschnitt.

Die Bayern besitzen im Schnittnicht nur viel und verdienen gut, siesparen auch mehr als andere. DerFreistaat weist die zweithöchste Spar-quote der privaten Haushalte inDeutschland auf. Nur die Baden-Württemberger verwenden einen pro-zentual höheren Anteil ihres Einkom-

mens zur Bildung von Geldvermö-gen. Die Altersgruppe über 80 Jahresparte am stärksten, sie legte rund20 % ihres Einkommens auf die hoheKante. Dahinter folgten die 25- bis55-Jährigen, die etwas mehr als 10 %sparten.

Recht konservative Anleger

Sparneigung, Vermögensdichteund Einkommenshöhe eröffnen eingroßes Potenzial für Private-Ban-king-Dienstleistungen in Bayern, ob-wohl der Wettbewerb aufgrund der

Bankendichte sowie der Nähe zuÖsterreich und der Schweiz beson-ders ausgeprägt ist. Wir haben des-halb im Oktober 2009 eine Niederlas-sung in München eröffnet. Kürzlichfolgte eine Geschäftsstelle in der un-terfränkischen Metropole Würzburg.Als wichtigste Kundengruppen imFreistaat erweisen sich Mittelständ-ler, vermögende Privatkunden, kirch-liche Einrichtungen und Stiftungen.Wichtigste Ziele für die Kunden sindder Kapitalerhalt nach Steuern undGebühren sowie eine nachhaltigeRendite, wobei bayerische Anlegereine Spur konservativer sind als An-leger aus anderen Regionen Deutsch-lands.

Nach der Finanzkrise haben ver-mögende Privatkunden ihre Anlagenauf den Prüfstand gestellt und teil-weise neu geordnet. Sicherheit, eineffektives Risikomanagement undnachhaltige, risikoadjustierte Er-träge stehen jetzt mehr im Vorder-grund bei den Vermögenszielen. Ge-fordert werden von den Kunden eineunabhängige Beratung, einfacheund verständliche Anlageempfehlun-gen sowie absolute Transparenz inder Kostenstruktur der Vermögens-betreuung.

Gespräche mit Kunden in Bayernzeigen, dass eine hohe Reputationund langjährige Erfahrungen im Pri-vate Banking von großer Bedeutungbei der Auswahl der Bank sind. Be-vorzugt werden nach den Lehrenaus der Finanzkrise Anbieter mit ge-sunden Bilanzen, deren Geschäfts-modell sich in den letzten Jahrengleichermaßen als widerstandsfähigund erfolgreich in dem anspruchsvol-len Marktumfeld erwiesen hat.

Trend zur Direktberatung

Neben Performance wird von denKunden eine hundertprozentig indivi-duelle und integrierte Beratung er-wartet. Allgemein geht der Trendweg von der Vermögensverwaltungund hin zur Direktberatung, bei der

der Kunde sich die Entscheidungüber die Vermögensanlage selbst vor-behält. In der Vermögensverwaltungwerden die Anlageentscheidungenvon der Bank getroffen, nachdem An-lageziele und Anlagestrategie durchden Kunden festgelegt wurden. DieVermögensberatung wird allerdingsdurch Auflagen der EU-Finanzmarkt-richtlinie Mifid immer zeitaufwendi-ger und bürokratischer. Fach- und So-zialkompetenz der Berater werdendaher immer wichtiger; Kunden ach-ten darauf, dass Berater die richtigenFragen stellen und komplexe subjek-

tive oder familiäreAspekte beachten. Oftstehen im Mittelpunktder Kundengesprächenicht nur die Kapitalanla-gen, sondern auch The-men der Steuer- undNachlassplanung oderder Nachfolgeplanungzur Sicherung des eige-nen Unternehmens.

Julius Bär ist mit ih-rem kundenorientiertenAnsatz und der Fokussie-rung auf die Vermögens-betreuung in diesem ver-

änderten Marktumfeld gut aufge-stellt. Die Schweizer Bank ist der füh-rende reine Anbieter von Private-Ban-king-Dienstleistungen der Schweiz,mit Wurzeln, die bis ins 19. Jahrhun-dert zurückreichen. Die Bank ist ander Schweizer Börse im Swiss MarketIndex notiert, der die 20 größten undliquidesten Aktiengesellschaften um-fasst. Sie ist unabhängig und gehörtmit einer Eigenkapitalquote von 24 %zu den bestkapitalisierten Finanz-gruppen in Europa.

Unabhängige Beratung auf höchs-tem fachlichem und persönlichem Ni-veau über das gesamte Spektrum zeit-gemäßen Wealth Managements hin-weg sind die Ziele der Bank. Die Bera-tung der Kunden ist frei von Interes-senkonflikten, da wir über keine ei-gene „Produktfirma“ verfügen undnie Investment Banking betrieben ha-ben. Bei der vollständig offenen Pro-duktarchitektur empfiehlt und inves-tiert der Kundenbetreuer nur in jeneProdukte und Dienstleistungen, wel-che den Zielen und der Risikobereit-schaft der Kunden am besten entspre-chen. In der Beratung können unsereKundenbetreuer auf großes interna-tionales Know-how zurückgreifen.Derzeit verwalten wir ein Gesamtver-mögen von etwa 140 Mrd. Euro anrund 40 Standorten in mehr als 20Ländern, wobei Research auch ausdem wichtigen WachstumsmarktAsien geliefert wird.

Mit den Niederlassungen in Bayernunterstreicht die Schweizer Bank ih-ren Expansionswillen beim Ausbauder Vermögensverwaltung inDeutschland – der wichtigste europäi-sche Markt außerhalb der Schweiz.Ab einem betreuten Vermögen von500 000 Euro möchten wir zum be-vorzugten Vermögensverwalter beiPrivatkunden avancieren. Das organi-sche Wachstum verläuft erfolgreich,auch im Freistaat. Schon ein Jahrnach der Eröffnung wurde das Teamin der Münchner Niederlassung auf-gestockt, weitere Einstellungen sindin Vorbereitung.

Kreditgenossenschaften sind für Bayern unverzichtbarErfolgreiche Leistungsbilanz 2010 – Zuverlässige Kreditvergabe auch in Krisenzeiten – Bankenregulierung mit Augenmaß

VonStephan Götzl

Präsident desGenossenschafts-verbandes Bayern

VonVolker Rützel

Niederlassungsleiterder Bank Julius Bärin München

Der Freistaat ist eine Hochburg des Private BankingWettbewerb besonders ausgeprägt – Gewandelte Anforderungen nach der Finanzkrise

B 4 Börsen-Zeitung Nr. 93 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Mai 2011

Page 5: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Wohneigentum in Deutschland istsehr teuer. In das Eigenheim investie-ren die meisten Bürger daher ihre gan-zen finanziellen Ressourcen. Geradeweil die komplette wirtschaftlicheExistenz davon abhängt, sollten Haus-eigentümer dafür Sorge tragen, dasssie ihr Eigenheim umfassend versi-chern. Neben der Absicherung gegendie Risiken Brand, Leitungswasser so-wie Sturm und Hagel gehört der Versi-cherungsschutz gegen Elementarge-fahren heutzutage einfach dazu.

Wie einschneidend sich Naturgewal-ten auswirken können, zeigen die Fol-gen des Hochwassers „Viola“, das ver-gangenen August Teile Sachsens heim-gesucht hat. Ich bin nach der Flut dort-hin gereist, um mir ein Bild vom Aus-maß der Katastrophe zu machen. EinDammbruch in Polen hatte eine Flut-welle von bis zu 4 Metern ausgelöst.Das Wasser war in den betroffenen Ge-bieten sehr schnell angestiegen, teil-weise innerhalb 30 Minuten um einigeMeter. Die Keller der Häuser fülltensich sofort. Das Wasser stand bis zu ei-nen halben Meter hoch im Erdge-schoss. Die Bewohner hatten keineMöglichkeit, noch etwas zu retten.Nur denjenigen Kunden, die die Ele-mentarschadendeckung abgeschlos-sen hatten, konnten wir helfen undihre Schadenaufwendungen ersetzen.

Neben Überschwemmungen durchGewässer gibt es auch andere Ereig-nisse, die große Schäden verursachenkönnen und nur mit dieser Police ver-sicherbar sind. Lokal auftretende Star-kregenereignisse haben in den letztenJahren sehr zugenommen. Sie verur-sachen Überschwemmungen – auchin Gebieten, die nicht an Gewässernliegen. Solche Ereignisse könnenebenfalls verheerende Schäden verur-sachen, deren Wiederherstellungs-und Aufräumungskosten schnell imfünf- bis sechsstelligen Bereich liegenund den einzelnen Hauseigentümer fi-nanziell erheblich belasten.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtigder Elementarschadenversicherungs-schutz für alle Gebäudebesitzer ist.Deshalb ist es für mich umso überra-schender, dass bisher lediglich 26%der deutschen Hauseigentümer diesewichtige Versicherung abgeschlossenhaben, obwohl rund 98,5% der Wohn-gebäude Deutschlands problemlos ver-sicherbar sind. 2009 haben die deut-schen Versicherer insgesamt 60 Mill.Euro für die Erstattung von 20000 Ele-mentarschäden ausgegeben. ZweiJahre zuvor waren es bei der gleichenAnzahl von Schäden 10 Mill. Euro we-niger – das heißt, die Schäden werdenim Durchschnitt teurer.

Um die Versicherbarkeit eines Ge-bäudes festzulegen, arbeiten die deut-schen Versicherer mit dem gemein-sam entwickelten Zonierungssystemfür Überschwemmungen, Rückstauund Starkregen (ZÜRS), das Deutsch-land in vier Gefährdungsklassen un-terteilt. Die verschiedenen Zonen do-kumentieren die Überschwemmungs-wahrscheinlichkeit nach ihrem zeitli-chen Eintritt.

Gebäude, die in den Zonen eins bisdrei liegen, sind bei der Allianz grund-sätzlich versicherbar. In Zone vier ver-bleiben nur noch 1,5 % der deut-schen Wohngebäude. Mit einem

Hochwasser, das statistisch gesehenhäufiger als einmal alle zehn Jahreeintritt, handelt es sich um stark über-schwemmungsgefährdete Gebiete.Deshalb ist die Zone vier für uns alsVersicherer äußerst problematisch:Wir müssen hier mit unseren KundenIndividuallösungen wie schadenver-hütende Maßnahmen oder erhöhteSelbstbehalte besprechen. Um esaber ganz klar zu sagen: Es gibt in die-ser Zone auch Risiken, für die wir imInteresse der Versichertengemein-schaft auch künftig keinen Versiche-rungsschutz anbieten können.

Wie erreicht man, dass sich nochmehr Hauseigentümer dieses exis-tenzbedrohenden Risikos bewusstwerden und sich absichern? Politik

und Versicherungswirtschaft habendie Aufgabe, das Bewusstsein derMenschen zu schärfen. Eine Vorreiter-rolle hat dabei das Bundesland Bay-ern übernommen. Schon vor überzwei Jahren hat die bayerische Lan-desregierung gemeinsam mit der Ver-sicherungswirtschaft die breit ange-legte Kampagne „Voraus denken –elementar versichern“ ins Leben geru-fen. Sie war die erste Initiative dieserArt und ist daher wegweisend für an-dere Bundesländer. In Flyern, auf Pla-katen, im Internet und in Radiospotswurde damals bayernweit auf das Ri-siko der sogenannten Elementarge-fahren hingewiesen. Durch die Kam-pagne konnte die Anzahl der Hausei-gentümer, die die Elementarversiche-rung für ihr Gebäude abgeschlossenhaben, überdurchschnittlich erhöhtwerden. Das ist ein Erfolg, über denwir uns freuen. Aber es kann nur einEtappensieg sein.

Risikobewusstsein fehlt

Warum schließen trotz Aufklärungim Verhältnis noch relativ wenigeBürger diese wichtige Versicherungab? Es dürfte am nötigen Risikobe-wusstsein fehlen. Vielen Hausbesit-zern ist die existenzielle Gefahr offen-bar nicht bewusst – es hilft nur wei-tere Aufklärung. Interessant ist in die-sem Zusammenhang das Ergebnis ei-ner Studie zum Katastrophenschutz,die Allianz Zentrum für Technikdurchgeführt wurde: Die geringe Be-reitschaft der Bürger, eine solche Ver-sicherung abzuschließen, ist nicht zu-letzt psychologisch und gesellschafts-politisch bedingt.

Naturkatastrophen und ihre Folgenwerden laut Studie von der Bevölke-rung als „höhere Gewalt“ wahrgenom-men, auf die sie weitgehend passivreagiert. Die Bürger der Industrielän-der sehen keinen persönlichen Hand-

lungsbedarf für Vorsorgemaßnah-men. Vielmehr erwarten sie, dass inihrem Land alles getan wird, um beiEintreten von Katastrophen möglichstgut geschützt zu sein. Die Hilfe imErnstfall ist in der Erwartungshaltungder Bürger zur Aufgabe staatlicher In-stanzen und institutioneller Rettungs-einrichtungen geworden. Diese Ein-stellung kann jedoch im Unglücksfallfür die Betroffenen zu schweren finan-ziellen Schäden führen.

Gegen Pflichtversicherung

Immer wieder das Bewusstsein derMenschen für das Risiko von Über-schwemmungen – auch durch Starkre-gen – zu wecken, sich als Bürger über

mögliche Schutzmöglich-keiten zu informierenund seinen Versiche-rungsschutz anzupassen– das alles erfordert vonallen Beteiligten vielGeld und Aufwand. Da-her gibt es immer wiederStimmen, die die Elemen-tarschadenversicherungzur Pflichtversicherungmachen wollen. Wer einHaus besitzt, neu bautoder kauft, müsste obliga-torisch mit seiner Wohn-gebäudeversicherung die-

sen Versicherungsschutz abschließen.Es gibt Länder, die diese Pflichtver-

sicherung haben. Dazu zählt beispiels-weise mein Heimatland, die Schweiz.Dort muss mit der Feuerversicherungauch die Elementardeckung mit abge-schlossen werden. Dadurch wird derElementarschutz für alle Bürger er-schwinglich. Der Nachteil am Pflicht-versicherungssystem der Schweizliegt auf der Hand: Alle Bürger müs-sen unabhängig von der Gefährdungdes Gebäudes einen Beitrag bezahlen.Da dieses Modell keine Gefährdungs-zonen kennt, wird die Versicherungeher als Steuer wahrgenommen.

Zudem wird die Eigenverantwor-tung der Bürger durch eine Pflichtver-sicherung nicht gefördert. Dass sichEigentümer mit sinnvollen Schutz-maßnahmen für ihr Haus beschäfti-gen, ist jedoch unverzichtbar.

Auch verfassungsrechtliche Beden-ken sprechen gegen eine Pflichtversi-cherung. Obligatorische Versicherun-gen gibt es hierzulande nur, umDritte zu schützen. Deutlich wird dasam Beispiel der Kfz-Versicherung.Man darf sein Auto nur fahren, wennman eine Kfz-Haftpflichtversiche-rung abgeschlossen hat. Ob aber fürSchäden am eigenen Kfz eine Teil-oder Vollkaskoversicherung besteht,ist unerheblich.

Entscheidend ist vor allem eines:Durch die Pflichtversicherung würdeein falsches Signal gesetzt. Sie unter-stützt falsche Besiedlungspolitik. Daskann nicht richtig sein. Wir müssenKraft und Gewalt der Natur anerken-nen und uns ihr anpassen, statt sie be-zwingen zu wollen. Wir können un-ser Hab und Gut einfach schützen.Präventiv, indem wir zunächst genauüberlegen, wo wir unser Haus bauen.Und für den Schadenfall durch denentsprechenden – für alle Hauseigen-tümer erschwinglichen – Versiche-rungsschutz.

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Sparkassen sind regional tätige Kre-ditinstitute in kommunaler Träger-schaft. Sie konzentrieren sich auf ihrejeweiligen Gebiete und betreibenkeine Geschäfte, die sie nicht kennen.Die 73 bayerischen Sparkassen kön-nen so für das Geschäftsjahr 2010 einsolides und stabiles Ergebnis vorle-gen. Dies schlägt sich in einem nach-haltigen Erfolg nieder.

Versorgung gesichert

Kundeneinlagen und Kundenkre-dite legten 2010 weiter zu. Die Spar-kassen haben damit ihre Kernauf-gabe erfüllt, in allen Teilen des Frei-staates Bayern die finanzwirtschaftli-che Versorgung zu sichern. Privatkun-den, Firmenkunden, die Existenz-gründer und die Kommunen setzenmit Erfolg auf die Sparkassen. Folg-lich konnten diese ihre Marktanteilebei Firmenkrediten ausbauen. Auchbei den privaten Wohnbaukreditengab es Marktanteilsgewinne für dieSparkassen. Jede zweite private Im-mobilie in Bayern wurde 2010 von ei-ner Sparkasse finanziert.

Die Ertragslage der Sparkassen hatsich weiter verbessert. Mit einem ge-steigerten Jahresüberschuss stärkensich die Sparkassen als eigenkapital-starke regional verankerte Kreditinsti-tute. Sie sind damit den kommendenneuen aufsichtsrechtlichen Anforde-rungen, wie etwa Basel III, gewach-sen. Die Sparkassen sind in Bayerngrößter Finanzdienstleister und Ver-trauensgeber für Private, Handwerkund Mittelstand.

Vor zwölf Monaten standen diebayerische Wirtschaft und die Spar-kassen noch stark unter dem Ein-druck der Turbulenzen aus den Jah-ren 2008 und 2009. Maßgebliche Ex-perten hatten damals vorhergesagt,dass es zu nachlaufenden Wertberich-tigungen und Kreditausfällen kom-men würde. Die Sparkassen habenihre Risikovorsorge auch entspre-chend angepasst. Durch die starke Ex-portnachfrage sind die negativenPrognosen nicht eingetreten. Derdeutlich spürbare Rückgang der Auf-wendungen für die Kreditrisikovor-sorge ist eines der bemerkenswertes-ten Ergebnisse des vergangenen Jah-res.

Vor dem Hintergrund einer sich sta-bilisierenden Konjunktur betrug dieaddierte Bilanzsumme der 73 bayeri-schen Sparkassen zum 31.12.2010insgesamt 171,1 Mrd. Euro, ein Plusvon 2,1% gegenüber dem Vorjahr. Da-bei wurde ein Betriebsergebnis vor Be-wertung von 1,9 Mrd. Euro, rund 210Mill. mehr als 2009, erzielt. Dazu trugin erster Linie ein leicht höherer Zins-überschuss bei. Dieser konnte auf 3,9Mrd. Euro (2009: 3,7 Mrd. Euro) unddamit auf 2,3 % der durchschnittli-chen Bilanzsumme (DBS) gesteigertwerden. Die Kernkapitalquote beträgt

10,7%. Die aufsichts-rechtliche Gesamtkenn-ziffer beim Eigenkapitalliegt bei 16,2 %. BeideWerte bewegen sich da-mit weit oberhalb dervon der BaFin vorgegebe-nen Mindestquote von4 % bzw. 8 %.

Im Jahresverlauf 2010sind von den bayeri-schen Sparkassen mehrals 11 Mrd. Euro neueKredite an Unternehmenund Selbständige zuge-

sagt worden. Die Bestände an Unter-nehmensdarlehen erhöhten sich da-durch um deutliche 5,7 % auf nun51,1 Mrd. Euro. Die bayerischen Spar-kassen konnten 2010 die Bestände anWohnbaukrediten um 4,2 % erhö-hen. Der Treiber hierfür war das deut-lich wachsende Neugeschäft. Die pri-vate Wohnbaufinanzierung präsen-tiert sich damit als Kernprodukt derSparkassen. Einen Finanzierungs-schwerpunkt bildete 2010 die energe-tische Sanierung und Modernisie-rung von Bestandsimmobilien. DerTrend zum Einsparen von Energiekos-ten wird weiter anhalten.

Das Konsumentenkreditgeschäftist hinsichtlich der Marktstellung einstrategisch bedeutsames Geschäfts-feld für die bayerischen Sparkassen.Dabei werden die Rahmenbedingun-gen für eine verantwortungsvolle Kre-ditvergabe beachtet. Sparkassen kön-nen wahlweise neben dem bilanz-wirksamen Produkt künftig auch dasProvisionsprodukt der neu gegründe-ten „S-Kreditpartner GmbH“ ihrenKunden anbieten. Mit der DeutschenLeasing und der Landesbank Berlinführen dabei zwei leistungsstarke Un-ternehmen im Sparkassenverbundihr Auto- und Konsumentenkreditge-schäft zusammen und stellen ihre ge-bündelte Expertise den Sparkassenals Dienstleistung zur Verfügung.

Die bayerischen Sparkassen reich-ten 2010 mehr als 160 Mill. Euro Kre-

dite an Existenzgründer aus. Mit ca.1500 abgeschlossenen Finanzierun-gen für neue Unternehmen wurdevon den bayerischen Sparkassen wie-der rund jede zweite Existenzgrün-dung begleitet. Bei durchschnittlichknapp drei Arbeitsplätzen je Grün-dungsfinanzierung bedeutet dies,dass damit ca. 5 000 Arbeitsplätzeneu geschaffen bzw. durch Krediteder bayerischen Sparkassen erhaltenwerden konnten.

Spitze bei den Handwerkern

Außerdem sind die bayerischenSparkassen absoluter Marktführer imBereich der Handwerkskredite. Rundzwei Drittel der Kredite in diesem fürdie mittelständisch geprägte Wirt-schaft so wichtigen Marktsegmentkommen von Sparkassen. 2010 wur-den ca. 29 000 Finanzierungen ausFördermitteln der KfW Banken-gruppe, der LfA Förderbank Bayernsowie der Landwirtschaftlichen Ren-tenbank neu ausgereicht. Das Gesamt-volumen erreichte gut 3 Mrd. Euro(2009: 2,3 Mrd. Euro). Ihre beson-dere Expertise im Fördergeschäftzeigte die Sparkassenorganisation ins-besondere im Bereich der Finanzie-rungen mit ökologischem oder inno-vativem Charakter. Hierfür könnenüber die entsprechenden Programmeder KfW und der LfA beste Konditio-nen ermöglicht werden. Des Weite-ren zeigten die Sparkassen besondereKompetenz bei der Vergabe regionalbezogener Förderprogramme derKfW und LfA.

Die Zahl der Auszubildenden undTrainees hat sich auch 2010 weiter er-höht. Die bayerischen Sparkassen bil-den zurzeit 3 629 Auszubildende(inkl. Trainees) aus, das sind 62mehr als im Vorjahr. Die Gesamtzahlder Mitarbeiter bei Sparkassen bliebmit knapp 46 000 weitgehend kon-stant, wobei der Anteil der Teilzeitbe-schäftigten weiter anstieg. Die Frau-enquote bei den Beschäftigten der

bayerischen Sparkassen liegt bei ca.60 %. Wir bieten damit gerade für fle-xible Beschäftigungswünsche in allenTeilen des Freistaates ein hochwerti-ges Angebot qualifizierter Arbeits-plätze. Die bayerischen Sparkassensind damit im Wirtschaftsraum Bay-ern nach Siemens und BMW der dritt-größte Arbeitgeber.

Die Geschäftsstelle vor Ort bleibtauch zukünftig der zentrale Bestand-teil des Geschäftsmodells der Sparkas-sen. Trotzdem optimieren wir die Ge-schäftsstellen weiter. In bestimmtenRegionen haben wir Änderungen inder Geschäftsstellenstruktur vorge-nommen. Die Zahl der Beratungscen-ter stieg um 18 auf 471 an, sodass wirbayernweit in 2936 personenbesetz-ten Filialen unmittelbaren Kunden-kontakt pflegen. Gleichzeitig verrin-gerte sich die Anzahl der konventio-nellen Geschäftsstellen 2010 um 39auf 2 465. Dazu kommen noch 358Selbstbedienungscenter (+ 13), so-dass ein flächendeckendes Netz anVertriebsstellen die Versorgung mitFinanzdienstleistungen gewährleis-tet.

„Energiebündel gesucht“

Seit 2010 unterstützen die bayeri-schen Sparkassen die „Bayerische Kli-mawoche“, die jährlich unter derSchirmherrschaft des BayerischenUmweltministeriums und in Zusam-menarbeit mit der BayerischenKlima-Allianz durchgeführt wird.Jüngstes Beispiel dieser Unterstüt-zung ist die 2010 durchgeführte Kam-pagne „Energiebündel gesucht“, dieBürger in ganz Bayern aufrief, sichmit einer originellen Projektidee fürKlima und Umwelt einzusetzen. DieKampagne verlief äußerst erfolgreichund prämierte schließlich ein Projektim Steigerwald, das sich für Arten-und Umweltschutz einsetzt. Die Vor-arbeiten zur Unterstützung der Baye-rischen Klimawoche 2011 sind der-zeit in vollem Gange.

VonSeverin Moser

Vorstand der AllianzDeutschland

VonTheo Zellner

Präsident desSparkassenverbandesBayern

Sparkassen sind nachhaltig erfolgreichAufwendungen für Kreditrisikovorsorge sind 2010 spürbar zurückgegangen – Private Wohnbaufinanzierung ist Kernprodukt – Hohe Expertise im Fördergeschäft

Elementarschäden oft unterschätztErhebliche finanzielle Belastungen drohen – Nur jeder Vierte ist versichert

Sonnabend, 14. Mai 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 93 B 5

Page 6: Wirtschaftsraum Bayern

Fortsetzung von Seite B 4

schock-Szenarien sowie die Liquidi-tätsanforderungen nach Basel IIIstark betroffen. Langfristige Kredit-ausreichungen an Unternehmen undprivate Haushalte wären durch kurz-fristige zu ersetzen, damit die auf-sichtsrechtlichen Kennziffern einge-halten werden können. Damit wirdeine in Deutschland über Jahrzehntegewachsene und bewährte langfris-tige Kreditkultur zerstört. Dabei hatinsbesondere die jüngste Finanzkrisegezeigt, zu welchen Finanzkatastro-phen eine auf Kurzfristigkeit ange-legte Kredit- und Refinanzierungspo-litik führt. Dieses Denken kommt ausden USA – und diese werden Basel IIIgarantiert so nicht einführen!

Hinzu kommt, dass die Kreditinsti-tute faktisch gezwungen werden, inihren Anlagedepots Bankanleihendurch Staatsanleihen zu ersetzenbzw. für Bankanleihen eine höhere Ei-genkapitalunterlegung einzuplanen.Eine derartige Privilegierung vonStaatsanleihen gegenüber Bankanlei-hen ist sachlich nicht gerechtfertigt.Zudem ist zu erwarten, dass Bankenihre steigenden Belastungen durchdie Bankenregulierung über erhöhteKonditionen an die Unternehmenweitergeben. Bei der Umsetzung vonBasel III gilt es deshalb darauf zu ach-ten, dass bewährte Strukturen regio-naler Mittelstandsbanken und damitdie gesamte mittelständische Unter-nehmenslandschaft in Deutschlandnicht gefährdet werden. Der Mittel-

stand bildet das Rückgrat der bayeri-schen Volkswirtschaft. Dazu gehörenvor allem auch die bayerischen Kredit-genossenschaften als Unternehmenund als Banken. Gemeinsam sichernsie in der Vielzahl regionaler Wirt-schaftskreisläufe den Wohlstand derBevölkerung des Freistaats und dieZukunft des Wirtschaftsstandorts. Esist sicher kein Zufall, dass es in Län-dern ohne kleine und mittlere Regio-nalbanken auch kaum mittelständi-sche Unternehmen gibt. In Deutsch-land sind Mittelstandsbanken die Ga-ranten des Wachstums und der Wirt-schaftskraft. Deswegen sollte bei derBankenregulierung das jeweilige Ge-schäftsmodell und seine Bedeutungfür die Volkswirtschaft weitreichendeBerücksichtigung finden.

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Beim täglichen Griff in die Regale derSupermärkte dieser Welt begegnendie Menschen indirekt einem starkenbayerischen Unternehmen. Jedevierte Getränkeflasche, die irgendwoauf der Welt geöffnet wird, wurde zu-vor auf Maschinen und Anlagen desWeltmarktführers in diesem Seg-ment, der Krones AG aus Neutraub-ling/Regensburg, hygienisch abge-füllt, etikettiert und verpackt. ImFalle von Kunststoffflaschen (PET)wurden diese vor dem Füllprozessebenfalls auf Krones-Maschinen her-gestellt und geformt.

Krones hat sich mittlerweile als Sys-temanbieter etabliert mit dem Ziel,die komplette Wertschöpfungsketteseiner Kunden abzudecken. Unser An-gebot umfasst Anlagen zur Herstel-lung der Produkte selbst (Prozesstech-nik), den starken Kern aber bildet dieAbfüll- und Verpackungstechnik. Dasjüngste Standbein umfasst die In-house-Materialflusstechnik (automa-tische Läger und Kommissioniersys-teme) sowie IT-Solutions zur Visuali-sierung und Optimierung der spezifi-schen Produktionsprozesse. Zu unse-ren Kunden zählt heute die kom-plette Getränkeindustrie weltweit,aber auch die Bereiche Kosmetik,Pharma, flüssige Lebensmittelu. v.a. m.

Obwohl der Technologiekonzern90 % seiner Produkte im Wert vonweit über 2,4 Mrd. Euro (2011) ex-portiert, arbeiten von den rund10 700 Mitarbeitern des Unterneh-mens mehr als 8300 in Deutschlandund davon wieder über 7 800 in Bay-ern.

Auch wenn die Nachfrage nach un-seren Produkten und Dienstleistun-gen zunehmend verstärkt aus demasiatischen Raum und anderenSchwellenregionen kommt (zweiDrittel der Umsatzerlöse werden be-reits außerhalb Europas erzielt), setztKrones für die Produktion von hoch-komplexer Maschinen- und Anlagen-

technik unverändert auf den Stand-ort Deutschland.

Die Wettbewerbsfähigkeit des hei-mischen Produktionsstandorts ist auf-grund des hochqualifizierten Perso-nals, der herausragenden Innovati-onskapazitäten sowie der Qualität

von lokalen Zulieferern hervorra-gend. Der Standort Deutschland, res-pektive Bayern, ist für uns zwar im-mer noch teurer als andere, aber wirsind hier auch produktiver, innovati-ver, schneller und besser und damitsehr wettbewerbsfähig auf den Welt-märkten.

Standort-Fitness

Diese Einschätzung wird auch ineiner Publikation des World Econo-mic Forum, Davos, (vom Januar2011) bestätigt, wonach Deutsch-land/Europa für die Produktion vonhochkomplexer Technik einzigartigund weltweit das kompetentesteTechnologie-Cluster ist. Der im Jahr2010 realisierte Aufschwung derviertgrößten Volkswirtschaft derWelt (Deutschland) ist ausschließlichdurch den Export vieler solcher er-folgreicher Unternehmen wie Kronesgetrieben. Während das Bruttoin-landsprodukt 2010 in Deutschland„nur“ um 3,6 % stieg, betrug das Ex-portwachstum +14,9 %. Jeder dritteArbeitsplatz in Bayern hängt damit di-

rekt oder indirekt vom Export ab. DerStandort Deutschland hat den gro-ßen Vorteil, dass viele führende Un-ternehmen aus verschiedenen Tech-nologiebereichen in Deutschland zufinden sind. Krones ist in seinem Me-tier der Technologie-Treiber, der

schon in der Vergangen-heit mit eisernem Willengearbeitet hat, um dieIdeen zielgerichtet zumErfolg zu bringen.

Wir arbeiten heute ex-trem vernetzt, weil wirwissen, dass Innovatio-nen zu einem Großteilan den Schnittstellenzwischen den Technolo-gien entstehen. DurchKontakte und Netzwerkekommt es zu Synergien,und aus Synergien ent-stehen neue Ideen, die

nicht selten wiederum Innovationenhervorbringen.

Deutsche Ingenieure und ausgebil-dete Fachkräfte stehen im weltweitenVergleich immer noch an der Spitze.Und damit das so bleibt, müssen wirallgemein auf Bildung, Kreativitätund Innovation setzen und im Unter-nehmen auf Flexibilität, operativeAgilität und Schnelligkeit. Wir wis-sen, dass Bildung unser wertvollster„Rohstoff“ ist und der Schlüssel zuwirtschaftlichem Wachstum und letzt-lich Wohlstand. Gute Bildung undTop-Qualifikationen sind – nüchternbetrachtet – der einzige und echteWettbewerbsvorteil, auf den Deutsch-land auf Dauer setzen kann.

Wir sehen unsere Mitarbeiter alsunseren eigentlichen Erfolgsfaktor,und wir sind stolz darauf, dass wirlaut einer aktuellen Umfrage als ei-ner der attraktivsten Arbeitgeber imMaschinenbau in Deutschland gel-ten. Wir tun auch einiges dafür, dassdies alles so bleibt.

Krones zählt zu den großen Ausbil-dern in der Region und bietet ein brei-tes Angebot in der Aus- und Weiterbil-

dung. Im Jahr 2010 hatten wir 537Auszubildende in unserem Unterneh-men und boten 685 Praktikanten und226 Diplomanden die Möglichkeit, inder Praxis zu arbeiten und ihre Ab-schlüsse zu absolvieren.

Mit diesen Programmen und einerintensiven Zusammenarbeit mit denHochschulen machen wir sehr guteErfahrungen und sichern damit ineinem starken Netzwerk, dass wirauch morgen auf bestens ausge-bildete Mitarbeiter zurückgreifenkönnen.

Krones hat starke Wurzeln in Bay-ern und ist weltweit erfolgreich. Wirsind uns aber auch bewusst, dass die-ser Erfolg der Vergangenheit keineGarantie für die Zukunft ist und im-mer wieder von Neuem erkämpft wer-den muss, Tag für Tag, Jahr für Jahr.Im globalen Wettbewerb müssen wiruns tagtäglich mit vielen Mitbewer-bern, zunehmend auch aus denSchwellenländern, einem Preis- undLeistungswettbewerb für Arbeit stel-len. Wir sind uns auch sicher, dassneue Wettbewerber, vornehmlichaus Asien, in Zukunft ihren Weg ma-chen und ihre wirtschaftliche Stärkeweiter ausbauen werden.

Auf die Stärken besinnen

Die überzogene Diskussion überbillige Löhne in Asien und die Sor-gen, die wir uns deswegen machen,verstellen uns oftmals die richtigeSichtweise der Dinge. Häufig ziehenwir falsche Rückschlüsse aus der Dis-kussion um billige Arbeitskräfte undschätzen unsere eigene Wettbe-werbsfähigkeit falsch ein. Mit derKonsequenz, dass wir vergessen, unszu fragen, wo unsere eigenen Stär-ken liegen und wie wir diese aus-bauen können, um unsere eigene Po-

sition in der Welt zu behaupten undzu verbessern.

Aus der Sicht eines Maschinen-und Anlagenbauers wie Krones istGlobalisierung nicht zwangsläufigeine Bedrohung, sondern vielmehreine Chance. Die Produktion vonhochkomplexer Technik (Maschi-nen- und Anlagenbau) und Syste-men auf Weltstandard-Qualitätsni-veau ist in Asien nämlich mindestensso teuer wie in Deutschland, und dasKosteneinsparungspotenzial von Pro-duktionen in Asien wird bei tech-nisch anspruchsvollen, hochwerti-gen Produkten in der Regel erheb-lich überschätzt.

Die Nachfrage nach Endproduk-ten unserer Kunden war auch in derKrise relativ stabil, d. h. wir habeneigentlich keine Zyklizität wie klas-sische Investitionsgüterhersteller.Die Basis für unser Wachstum istfolglich grundsätzlich positiv undweiter stabil.

Unser Markt („Essen und Trin-ken“) wächst aufgrund der Mega-trends wie der steigenden Weltbevöl-kerung und des zunehmenden Le-bensstandards in den Schwellenlän-dern langfristig. Wir verspüren ei-nen steigenden Anspruch nach hygie-nisch einwandfreien Getränken undqualitativ hochwertigen Lebensmit-teln, was auch die Komplexität unse-rer Maschinen und Anlagen nachoben treibt. Neue Ernährungstrendsund Lifestyle-Produkte führen zu ei-ner dynamisch wachsenden Geträn-kevielfalt. Und der Wettbewerb inden Verbrauchermärkten führt zu ei-ner enorm zunehmenden Zahl an un-terschiedlichen Behältern und Verpa-ckungsformen. Der so wachsendenKomplexität ist nur mit innovativerTechnik und hochautomatisierterProzessintegration zu begegnen, um

sie beherrschbar zu machen. Dasswir unsere Chancen erkennen undauch zielorientiert umsetzen, habenwir in der Vergangenheit bereits be-wiesen. Krones konnte ab 1998 biszur Wirtschaftskrise 2009 Auftrags-eingang, Umsatz und Gewinn Jahrfür Jahr steigern und damit seinenKunden innovative Technologie,höchste Qualität und seinen Mitarbei-tern einen attraktiven Arbeitsplatzbieten. Mit neun Rekordjahren inFolge ist Krones zum Weltmarktfüh-rer aufgestiegen und hat in dieserZeit den Börsenwert für seine Aktio-näre verfünffacht.

Zukunft klar im Visier

Mit dem aktuell vorgestellten Stra-tegieprogramm „Value“ haben wirdie Zukunftsgestaltung und unsereZiele in einer geänderten Welt prä-zise formuliert. Gemeinsam mit unse-ren Führungskräften und allen unse-ren Mitarbeitern werden wir neue Er-folgspotenziale erschließen und wie-der eine Dynamisierung des Unter-nehmens erreichen.

Mit „Value“ setzen wir auf ertrags-orientiertes Wachstum in einer geän-derten Welt, auf unsere Kundennäheund Innovationskraft, auf unsere Pro-zessbeherrschung und Produktivität.Wir wollen für Kunden, Mitarbeiterund Aktionäre unsere Attraktivität er-höhen und unsere Ressourcen opti-mieren. Wir wollen unsere Kapital-struktur weiter verbessern, um auf ei-ner gesunden Basis nachhaltig profita-bel zu sein. Mit „Value“ werden wirdie Erfolgskurve von Krones aus derVergangenheit auch in Zukunft errei-chen und fortsetzen. Wir sind stolzauf unser Unternehmen und seinestarken Wurzeln, und wir glauben anunseren Erfolg.

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Nach mehr als 400 Jahren lokalerProduktion im Großraum Nürnbergbegann sich der heute global agie-rende Kabelspezialist Leoni zu inter-nationalisieren. Triebfedern für dieExpansion ins Ausland sind nochheute die Erschließung neuer Absatz-märkte sowie die Generierung vonKostenvorteilen. Die BRIC-Staatengewinnen weiter an Bedeutung.

Wenige Unternehmen können aufeine derart lange Historie zurückbli-cken wie die Leoni AG. Die Wurzelndes Konzerns reichen zurück bis insJahr 1569, als der französische Huge-notte Anthoni Fournier in Nürnbergeine Werkstatt zur Herstellung soge-nannter Leonischer Waren grün-dete. Daraus entstand am 23. April1917 die Leonische Werke Roth-Nürnberg AG, die bereits 1923 andie Börse ging. Erst Ende der achtzi-ger Jahre beschleunigte sich die Ent-wicklung. Innerhalb eines knappenJahrzehnts verwandelte sich die mit-telständische deutsche Firma in ei-nen weltweit agierenden, heuteMDax-notierten Konzern.

Neben der Vergrößerung vonMarktanteilen in etablierten Län-dern und der Erschließung zusätzli-cher Anwendungsfelder wie Hochge-schwindigkeitsdatenkommunika-tion oder Photovoltaik war es die In-ternationalisierung, die den entschei-

denden Wachstumsimpuls brachte.Die erste Auslandsgesellschaft grün-deten wir 1977 in der für damaligeVerhältnisse ungewöhnlichen Re-gion Nordafrika. 1980 beschäftigtedas Unternehmen weltweit etwa1 700 Mitarbeiter, davon 16 % imAusland. Zehn Jahre später hattesich das Verhältnis von Beschäftig-ten im In- und Ausland bereits ge-

dreht: Die Belegschaft war auf etwa4 800 Personen gewachsen, von de-nen bereits mehr als 80 % ausländi-schen Standorten angehörten. Denvorläufigen Höhepunkt der Globali-sierung haben wir 2010 erreicht, alszum Jahresende rund 55 000 Mitar-beiter in Lohn und Brot standen, da-von rund 93 % im Ausland. Der welt-weite Produktionsverband des Kon-

zerns umfasste 90 Fabriken in 37Ländern, davon 23 in Deutschland.

Die stark gewachsene Mitarbeiter-zahl im Ausland mag zunächst denBlick dafür verstellen, dass auch derheimische Arbeitsmarkt vom Wachs-tum des Geschäfts profitiert hat. Sowar die Zahl der Mitarbeiter an deninländischen Standorten beständiggestiegen und erreichte im Herbst

2008, beim Ausbruchder Wirtschaftskrise, ei-nen Rekordwert vonmehr als 4 200. Leonistellt hierzulande tech-nologisch anspruchs-volle, immer häufigermaßgeschneiderte Spe-zialkabel und Kabelsys-teme her, die etwa inComputertomographen,Robotern, Rechenzen-tren, Kreuzfahrtschif-fen, Raumsonden, Hoch-geschwindigkeitszügenoder Elektrofahrzeugen

eingesetzt werden. Neben dem Kon-zernsitz in Nürnberg befinden sichdie Schaltstellen für das Draht-, Ka-bel- und Bordnetz-Geschäft nachwie vor in den fränkischen StädtenWeißenburg, Roth und Kitzingen.

Dennoch ist die Erschließungneuer Regionen ein Schlüssel fürden Erfolg. Insbesondere der Unter- Fortsetzung Seite B 8

Kreditgenossenschaften . . .

Starke Wurzeln in Bayern – weltweit erfolgreichInnovation und Produktivität gewinnen gegen Kosten – Top-Ausbildung als Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherung

VonHans-Jürgen Thaus

StellvertretenderVorstandsvorsitzenderKrones

VonKlaus Probst

VorstandsvorsitzenderLeoni

Erschließung neuer Regionen ist einSchlüssel für den Erfolg

Den Abnehmern folgen, um sie vor Ort zu versorgen

B 6 Börsen-Zeitung Nr. 93 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Mai 2011

Page 7: Wirtschaftsraum Bayern

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Börsen-Zeitung, 14.5.2011Wirtschaft braucht Wissenschaft. In-zwischen herrscht ein breiter politi-scher und gesellschaftlicher Konsens,dass Bildung und Forschung die Inno-vationsfähigkeit eines Landes si-chern. Die Bundesregierung und dieRegierungen der Länder haben ausdiesen Erkenntnissen die Konsequen-zen gezogen, als sie im Jahr 2008 be-schlossen haben, die Mittel für Hoch-schulen und außeruniversitäre For-schungseinrichtungen deutlich zu er-höhen. Das war eine zukunftswei-sende Entscheidung für den Techno-logiestandort Deutschland.

Denn für das Wirtschaftswachstumin Industrieländern sind nicht nur Ar-beit und Kapital, sondern vor allemder technologische Fortschritt die ent-scheidende Triebfeder. Wirtschafts-wissenschaftler haben errechnet,dass bis zu 80% des Bruttoinlandspro-dukts aus der Einführung neuer Tech-nologien resultieren. Und je näherein Land mit seiner Technologie andas weltweit höchste Niveau heran-reicht, desto stärker beleben diese In-vestitionen das Wirtschaftswachs-tum. Das belegt eine Untersuchung in22 OECD-Ländern in den Jahren von1960 bis 2000.

Wir werden zudem nur mit Investi-tionen in die Forschung die großenHerausforderungen der Menschheitin der Energieversorgung, dem Klima-schutz, der Ernährung und der Ge-sundheit meistern. Schon heute be-schert uns der medizinische Fort-schritt in den Industrienationen einestetig steigende Lebenserwartung,und die Menschen bleiben im Alter

auch immer gesünder. Zu dieser Ent-wicklung haben Impulse aus der For-schung maßgeblich beigetragen. Sohat etwa Axel Ullrich, Direktor amMax-Planck-Institut für Biochemie inMünchen, die biochemischen Signal-wege bei der Entstehung verschiede-ner Krebsarten aufgeklärt. Auf derGrundlage dieser Erkenntnisse wur-den Medikamente etwa gegen be-stimmte Arten von Brust- und Darm-krebs entwickelt.

Dass die Pharmaindustrie fast dieHälfte ihrer Produkte auf Basis der Er-gebnisse entwickelt, die universitäreund außeruniversitäre Forschungsein-richtungen erzielen, stellte EdwinMansfield, Wirtschaftswissenschaft-ler der Universität Pennsylvania, be-reits Mitte der neunziger Jahre fest.In der Informations- und Kommunika-tionsbranche baut die Entwicklungvon mehr als einem Viertel der neuenProdukte auf diese Erkenntnisse auf.

Lohnende Nähe

Mehr als 80 % der forschungsna-hen Unternehmen erweitern ihr Port-folio an Gütern beziehungsweiseDienstleistungen, verbessern derenQualität und eröffnen sich neueMärkte oder bauen ihre Marktanteileaus. Von den Unternehmen ohne Ko-operation mit einer Universität ge-lingt das nur gut 40 %.

Es lohnt sich also, Unternehmenim Umfeld wissenschaftlicher Einrich-tungen anzusiedeln. Ein Blick auf dieLandkarte bestätigt dies. So bildetdas Max-Planck-Institut für Bioche-mie in München beispielsweise die

Keimzelle des prosperierenden Bio-technologie-Standortes, den die Re-gion um München heute darstellt. Ins-gesamt haben sich in den vergange-nen 30 Jahren 164 kleinere und mitt-lere Unternehmen aus dem Kernbe-reich der Biotechnologie in Bayernund vor allem um München angesie-delt.

Ähnliches gilt für die Medizintech-nik in Erlangen-Nürnberg. Dort gibtes eine starke Forschung in diesem

Bereich, dafür stehen sowohl dieFriedrich-Alexander-Universität Er-langen-Nürnberg als auch außeruni-versitäre Forschungseinrichtungen,wie etwa das Fraunhofer-Institut fürIntegrierte Schaltungen oder dasMax-Planck-Institut für die Physikdes Lichts. Diese Institutionen sindeine fruchtbare Symbiose mit zahlrei-chen Unternehmen eingegangen, dieProdukte der Medizintechnik entwi-ckeln und herstellen. Siemens ist hiereiner der Hauptakteure.

Wenn es um die Impulse geht, diedie Wissenschaft in die Wirtschaftgibt, verdient die Grundlagenfor-schung besondere Aufmerksamkeit.Denn Grundlagenforschung ist in

Hochtechnologieländern der zentraleInnovationstreiber. Das Wissen, dashier über die Gesetzmäßigkeiten inder Natur und im Menschen gewon-nen wird, schafft die Basis für umwäl-zende Neuerungen. Hier geht es ummehr als darum, etablierte Technolo-gien zu verbessern und die bestehen-den Arbeitsplätze zu sichern. Auf dieErkenntnisse aus dieser Forschungwird die Welt von übermorgenbauen, hier wird die Grundlage für

völlig neue Technolo-gien und neue Arbeits-plätze geschaffen.

Eine präzise und um-fassende „Return-on-In-vestment-Quote“ öffentli-cher Aufwendungen fürdie Grundlagenfor-schung ist schwierig zuerrechnen. Das liegtauch an den oft langenZeiträumen zwischenEntdeckung und Anwen-dung. Berechnungenvon Wirtschaftswissen-schaftlern und Statisti-

kern variieren zwischen einer Ren-dite von 30 % für alle Bereiche bis hinzu 700 % für spezielle Gebiete. So ha-ben Wissenschaftler der Stanford-Uni-versität und der Analysis Group fürdie Stammzellforschung einen Ge-winn der eingesetzten Mittel von min-destens 120 bis 236% über einen Zeit-raum von 30 Jahren ermittelt. Solltedie Forschung mit Stammzellen zugrößeren Verbesserungen bei der Be-handlung von Krankheiten führen,dann könne gar mit einer Renditevon 700 % gerechnet werden.

Um solche Erfolge zu erzielen, müs-sen wir auf höchstem Niveau for-schen. Grundlagenforschung inDeutschland kann im weltweiten Ver-

gleich aber nur bestehen, wenn wirim Wettbewerb um die besten Köpfeweltweit konkurrenzfähig bleiben.Hochqualifizierte aus aller Welt füruns zu gewinnen, bietet nicht zuletzteine Möglichkeit, dem sich abzeich-nenden Mangel an Akademikern undFachkräften in Deutschland zu begeg-nen. Um auf diesen Mangel zu reagie-ren, müssen wir zudem Nachwuchsim eigenen Land gewinnen. Dasheißt, wir müssen Kinder und Jugend-liche frühzeitig für Mathematik, Infor-matik, Natur- und Technikwissen-schaften begeistern, generell die Bil-dung und Weiterbildung fördern unddie Erwerbsquote hochqualifizierterFrauen erhöhen.

Wirtschaft muss Anteil tragen

Eine weitere große Herausforde-rung für Wirtschaft und Wissen-schaft besteht darin, die Erkennt-nisse aus der Grundlagenforschungnoch besser für Innovationen zu nut-zen. Wissenschaft und Wirtschaftmüssen früher als bisher in einenkonstruktiven Dialog treten. Darü-ber hinaus müssen Kapitalgeber je-doch auch bereit zu mehr Risikosein, wenn es darum geht, in kleineund mittlere Unternehmen zu inves-tieren, die radikal neue technischeoder medizinische Ansätze verfol-gen. Denn auch die Wirtschaft ist ge-fordert, ihren proportionalen Anteilan den Aufwendungen zu erbringen,um Deutschland einen Spitzenplatzim wissenschaftlichen und wirt-schaftlichen Wettbewerb zu sichern.

Die Max-Planck-Gesellschaft hatauch in diesem Bereich Initiative er-griffen – mit dem Ziel, die Übertra-gung von Ergebnissen in die Wirt-schaft zu erleichtern und damit das

finanzielle Risiko für potenzielle In-vestoren zu senken. Damit aus denInvestitionen in die Grundlagenfor-schung schneller und direkter Ge-winn geschöpft werden kann, nimmtdas Lead Discovery Center in Dort-mund vielversprechende Projekteaus der biomedizinischen Grundla-genforschung auf, um sie bis zur so-genannten Leitstruktur (Lead) –zum Ausgangspunkt für die Entwick-lung eines Arzneistoff-Kandidaten –weiterzuentwickeln.

Umfassender Nutzen

Eins sollte jedoch klar sein: Grund-lagenforschung ist nicht nur wegen ih-res potenziellen materiellen Nutzenswertvoll. Forschung muss nicht im-mer einer praktischen Anwendungdienen. Denn ihre Erkenntnisse verän-dern unser Weltbild, unser Verständ-nis vom Menschen. Denken wir nuran die Funde von Urzeitmenschen, Bil-der vom Universum oder die Erkennt-nisse der Kunstgeschichte und der eth-nologischen Forschung. Selbstver-ständlich lässt sich Grundlagenfor-schung als Erkenntnisgewinn, als kul-turelle Leistung dabei nicht auf die Na-turwissenschaften begrenzen. Alle Dis-ziplinen tragen dazu bei, von denGeistes- und Sozialwissenschaftenüber die Biologie bis hin zur Physik.

Der erste Direktor des großen Teil-chenbeschleuniger-Labors Fermilab,Bob Wilson, hat bei einer Anhörungvor dem amerikanischen Kongress-ausschuss den Wert seiner Forschungfür die Gesellschaft provokativ aufden Punkt gebracht. Auf die Frage,was sein Labor zur Verteidigung desLandes beitragen wird, antworteteer: „Nichts, aber es wird dafür sor-gen, dass es verteidigenswert ist.“

Fortsetzung von Seite B 3

trägen umfassen, nur mit einer hoch-modernen IT so erfüllt werden, dassder Spezialist auch profitabel arbei-tet. Nicht umsonst investiert die Baa-der Bank pro Jahr einen hohen ein-stelligen Millionenbetrag in die Infor-mationstechnologie – und das schonseit Jahren.

Wie sehr die IT mit den Jahren im-mer mehr zu einem entscheidendenWettbewerbsfaktor geworden ist, zei-gen die Leistungen, die die Systemenach Bekanntwerden der Japan-Kata-strophe erbringen mussten. Währendein Intermediär im Handel mit ver-brieften Derivaten zuvor schon Grö-ßenordnungen von täglich 700 Millio-nen Quote-Updates in der Lage seinmusste zu verarbeiten, ist diese Zahlinfolge der Japan-Krise auf mehrereMilliarden pro Tag gestiegen. Das ent-spricht etwa dem Fünffachen vondem, was an Quote-Updates nach derLehman-Pleite im September 2008zu verkraften war. Und dass die Ent-wicklung hier nicht endet, zeigt dieZahl der von der Baader Bank betreu-ten Skontren im Handel mit verbrief-ten Derivaten, die seit Beginn der Ja-pan-Krise um 10 000 auf 440 000 ge-stiegen ist. Dabei stellen wir uns da-rauf ein, dass sich dieser Wert zumJahresende in etwa verdoppeln wird.

Enge Verknüpfungen

Die bisher genannten Aspekte ha-ben sich mit der gewandelten Rolledes Intermediärs in einem moder-nen, effizienten Handel sowie der da-mit eng verknüpften Bedeutung vonHuman-, Eigen- und IT-Kapital be-fasst. Hinzu kommt aber noch dieelektronische Verknüpfung der Han-delsplätze, die den virtuellen Charak-ter der heutigen Börsenwelt eben-falls IT-getrieben nochmals erhöhthat. Längst müssen die Börsenhänd-ler der Banken an der Börse nichtmehr körperlich anwesend sein, weilder „Zuruf“ einer Order per Datenlei-tung erfolgt. Dieser „Zuruf“ geht aufelektronischem Wege an Börsen wieBerlin, Düsseldorf, Frankfurt oderXetra, München, Stuttgart oder dieZertifikatebörse Scoach, wo die Baa-der Bank Skontroführer ist.

Als Mitglied der Terminbörse Eu-rex, der London Stock Exchange, derNyse Euronext der SIX Swiss Ex-change, der Wiener Börse sowie vonChi-X Europe haben wir direkten Zu-gang zu den wichtigsten Handels-plätzen Europas. Außerdem sind wirin der Lage, über ein globales Netz-werk von Partnerhäusern an allen be-deutenden Börsenplätzen der Weltwie New York, Tokio oder SingapurFinanzinstrumente zu handeln. Umdies zu steuern, ist heutzutage keine

Niederlassung mehr in London, Pa-ris oder New York mehr nötig. Mit ei-ner hochmodernen Technik funktio-niert dies auch von Unterschleiß-heim aus. Und je mehr Handelsteil-nehmer solche Verbindungen oderNetzwerke knüpfen, desto virtuellerwird die Börsenwelt und desto mehrwächst der Handel mit Finanzinstru-menten zusammen – sodass dies inder Theorie einmal ein einziger virtu-eller Marktplatz sein kann.

Der Ort wird unwichtig

Nicht flächendeckend abgeschafftist die Präsenzpflicht der Interme-diäre, weshalb die Skontroführerund künftigen Spezialisten an derFrankfurter Wertpapierbörse nachwie vor in ihren weißen Rondellensitzen. Die Skontroführer der BörsenBerlin und München müssen im Ge-gensatz dazu nicht zwingend vor Ortsein, weil diese Börsen Fernskontrenzugelassen haben. Aus diesem Grunderfolgt der Handel von Anleihen undder meisten Aktien an der Börse Mün-chen durch die Baader Bank von ih-rem Stammhaus in Unterschleißheimaus – und nicht am Sitz der Börse inder Münchner Innenstadt.

Ebenfalls von Unterschleißheimaus stellen wir als SkontroführerPreise für Währungsanleihen derBörse Berlin fest, die uns zugeteiltenAktienfernskontren führen wir inFrankfurt. Diese Situation verdeut-licht nochmals den Gedanken einervirtuellen Börse, wo die Orte, von de-nen aus gehandelt wird, in den Hin-tergrund treten. Dass die Grundprin-zipien eines überwachten börslichenHandelsplatzes erhalten bleiben, istauch hier der Technologie zu verdan-ken, weshalb die Handelsüberwa-chungsstellen der Börsen Berlin undMünchen elektronisch jederzeit inder Lage sind, den Handel lückenlosund systematisch zu kontrollieren.

Ungeachtet der zunehmenden Be-deutung der Technik für den Wertpa-pierhandel bedarf es auch künftig derintelligenten Steuerung des Men-schen, der die Handelssysteme pro-grammiert und gegebenenfalls ord-nend einschreitet. Die Rolle des Inter-mediärs an den Börsen ist daher ambesten mit dem Piloten in einem Flug-zeug zu vergleichen. Bei ruhigemFlug überlässt man gerne dem Autopi-loten die Steuerung. Wenn es aberum Start oder Landung geht oderman gar in Turbulenzen gerät, schal-tet der Pilot auf Handbetrieb undbringt die Maschine mit technischerUnterstützung ans Ziel. Als im Januar2009 ein Airbus nach dem Start inNew York havarierte, war es ebennicht der Autopilot, dem die Notlan-dung auf dem Hudson River gelang,sondern der Pilot am Steuerknüppel.

Die ordnende Hand . . .

Wissen schafft die Basis für InnovationTechnologischer Fortschritt ist entscheidende Triebfeder für Wirtschaftswachstum – Nachwuchs frühzeitig begeistern

VonPeter Gruss

Präsident der Max-Planck-Gesellschaft

Sonnabend, 14. Mai 2011 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 93 B 7

Page 8: Wirtschaftsraum Bayern

Börsen-Zeitung, 14.5.2011Die BayernLB bekennt sich klar zuden bayerischen Sparkassen alsKunde und Vertriebspartner. Trotzgeänderter Eigentumsverhältnissewill sie die langjährige Partnerschaftfortführen und intensivieren. Dazuhaben wir unser Leistungsangebotoptimiert sowie Transparenz und Pro-fitabilität in den Vordergrund ge-rückt. Davon profitieren beide Sei-ten.

Die BayernLB und die bayerischenSparkassen verbindet eine lange ge-meinsame Geschichte. Schon 1925gründeten die Sparkassen im Frei-staat Bayern die Bayerische Gemein-debank, die 47 Jahre später mit derBayerischen Landesbodenkreditan-stalt zur Bayerischen Landesbank ver-schmolz. Damals verankerten dieSparkassen und der Freistaat Bayernals gleichberechtigte Eigentümer dieRolle der Landesbank als Partner undDienstleister der bayerischen Spar-kassen in der Satzung des Instituts.

Nur noch lose Bindung

Die Rahmenbedingungen derüber Jahrzehnte gewachsenen Bezie-hung haben sich vor zwei Jahrengrundlegend verändert. Ende 2008zwang die Finanzkrise den FreistaatBayern, die BayernLB im erhebli-chen Umfang mit einer Kapitalzu-fuhr zu stützen. Infolgedessen ver-schob sich die Eigentümerstrukturder Bank erheblich: Die bayerischenSparkassen fanden sich in einer Min-derheitenposition wieder und muss-ten deutliche Wertkorrekturen aufihre Anteile vornehmen. Viel Geldund vor allem Vertrauen ging da-durch verloren. Zudem waren Bay-ernLB und bayerische Sparkassen ei-gentumsrechtlich gesehen nur mehrlose aneinander gebunden. BeideSeiten sahen sich mit der Frage kon-frontiert, wie das künftige Verhält-nis ausgestaltet sein soll. Vorstandund Verwaltungsrat verordneten der

BayernLB in Reaktion auf die Stüt-zungsmaßnahmen einen tiefgreifen-den Umbau. Ziel war es, ein fokus-siertes, effizientes und risikobewuss-tes Finanzinstitut zu schaffen, dassich auf den Heimatmarkt Bayern,Deutschland und ausgewählte aus-ländische Märkte konzentriert.

Zentraler Baustein

Um ein Auseinanderdriften vonBayerischer Landesbank und bayeri-schen Sparkassen abzuwenden,wurde das Sparkassengeschäft als ei-

ner der zentralen Bausteine des Ge-schäftsmodells der „neuen“ Bay-ernLB definiert – neben den Ertrags-säulen Firmenkunden, Privatkun-den, Immobilien und öffentlicheHand. Dahinter stand von Anfang andie Einsicht, dass ein weiterhin en-ges Miteinander mit den bayeri-schen Sparkassen auch unter verän-derten Eigentumsverhältnissen wirt-schaftlich für beide Seiten Sinnmacht.

Die bayerischen Sparkassen benö-tigen einen verlässlichen und kom-petenten Partner, der beispielsweiseim Mittelstandsgeschäft als Konsor-tialpartner Risiken schultert, derüber Fördermittel berät oder für in-ternational verflochtene Unterneh-men Kontakte ins Ausland herstellt.Auch als Lieferant von Anlagepro-

dukten für die Sparkassen und derenEndkunden können wir einen Mehr-wert bieten. Auf der anderen Seitesind die Sparkassen für den ge-samten BayernLB-Konzern wichtigeVertriebspartner und Kunden. Schonheute unterhalten wir profitableGeschäftsbeziehungen zu den aller-meisten der 72 bayerischen Spar-kassen. Beide Partner bilden so ge-sehen auch unter geänderten Rah-menbedingungen eine Symbiose.Auch zu zahlreichen außerbayeri-schen Sparkassen unterhält dieBayernLB aktive Geschäftsbezie-

hungen und bietet die-sen ausgewählte Pro-dukte an.

Von existenzieller Be-deutung für die Bay-ernLB sind die bayeri-schen Sparkassen zu-dem für die Refinan-zierung. Der durch Ba-sel III verursachte Ka-pitalbedarf wird das Auf-nehmen von Mittelnüber den Kapitalmarktperspektivisch verteu-ern. Aus diesem Grundist der BayernLB daran

gelegen, ihre kapitalmarktunab-hängige Funding-Basis zu stärken.Das geschieht über die Direktbank-tochter DKB, aber in noch viel stärke-rem Maß seit jeher über die Spar-kassen. Diese legen bei der Bay-ernLB Tages- und Termingelder anund zeichnen langfristige Emissio-nen, um ihren Passivüberhang wirt-schaftlich zu steuern. Derzeit tragendie Sparkassen mit einem Volumenvon circa 20 Mrd. Euro zur Refinan-zierung der BayernLB bei. Sie hatdeshalb ein ureigenes Interesse da-ran, die Partnerschaft mit den Spar-kassen in Form einer Ehe ohne Trau-schein fortzuführen. Uns ist klar,dass wir als Partner attraktiv seinmüssen, um über das Notwendige hi-naus in geschäftlichen Kontakt zukommen.

Unter den geänderten Vorzeichenkonnte es ein „Weiter-so“ im Spar-kassengeschäft der BayernLB nichtgeben. Die Bank leitete einen Para-digmenwechsel ein hin zu einem aus-schließlich vertrieblich ausgerichte-ten Produkt- und Dienstleistungska-talog sowie mehr Profitabilität undTransparenz. Nur was sich wirt-schaftlich rechnet, können wir bereit-stellen. Das bedeutet für die bayeri-schen Sparkassen aber keineswegs,dass sie schlechter gestellt sind als inder Vergangenheit. Im Gegenteil:Als Hauptmiteigentümer waren sieder BayernLB verpflichtet, heutesind sie bei der Auswahl ihrer Dienst-leister freier. Die BayernLB mussalso viel intensiver daran arbeiten,eine überzeugende Leistungspalettevorzuhalten, um die Sparkassen alsKunden zu binden. Das tut sie. Dennwir haben uns zum Ziel gesetzt, un-sere Position als bevorzugter Partnerder Sparkassen im Heimatmarkt Bay-ern zu verteidigen und zu intensivie-ren.

Angebot optimiert

In den vergangenen zwei Jahrenhaben wir viel investiert, um denWandel im Sparkassengeschäft in Zu-sammenarbeit mit den Sparkassenvoranzubringen. Dazu trug unter an-derem das Projekt „VerbundmodellBayern“ bei, an dem je eine Spar-kasse aus den sieben bayerischen Re-gierungsbezirken teilnahm. Dochwie genau hat sich das Leistungs-und Serviceangebot geändert? Ei-nige Beispiele:

(a) Neues Betreuungsmodell: DieBayernLB hat für ihre drei Sparkas-sen-Vertriebsdirektionen in Bayern(Süd, Mitte, Nord) die Position desRegionaldirektors geschaffen und da-mit das Vertriebsmanagement pro-fessionalisiert. Der Regionaldirektorsteuert die Gesamtgeschäftsbezie-hung mit einer Sparkasse und führtvor Ort jährliche Planungs- und Be-treuungsgespräche. Darüber hinaus

nimmt jedes Vorstandsmitglied derBayernLB eine aktive Rolle in der Be-treuung der bayerischen Sparkassenwahr. Damit will die BayernLB be-wusst ein Zeichen der Wertschät-zung an die Sparkassen senden.

(b) Standardisierter Konsortialkre-dit: Die BayernLB hat einen deutlichvereinfachten Kreditprozess im Kon-sortialgeschäft entwickelt. Mit Hilfedes „S-Plafond“ können die Spar-kassen innerhalb kürzester ZeitKonsortialbeteiligungen der Bay-ernLB bis zu einer Höhe von 5 Mill.Euro in ihre Kundenfinanzierungeneinbauen. Die Resonanz von Seitender Sparkassen seit Ende der Pilot-phase im Herbst 2010 war vielver-sprechend. In den kommenden Mo-naten dürfte sich das Volumen deut-lich ausweiten, da zahlreiche Kon-sortial-Engagements in den S-Pla-fonds überführt werden sollen. Ins-gesamt belief sich das Konsortialvo-lumen der BayernLB im Immobilien-und Firmenkundengeschäft zum31.12.2010 auf rund 2 Mrd. Euro.

(c) Investition in erfolgreiche undneue Produkte: Der Leistungskata-log der BayernLB wird stärker als inder Vergangenheit an den Bedürfnis-sen der Sparkassen ausgerichtet. Bei-spielsweise wurde in bewährte Pro-dukte wie die in Nürnberg angesie-delte Sorten- und Edelmetallabtei-lung investiert, die Sparkassen inund außerhalb Bayerns unter ande-rem mit Gold und Silber beliefert.Um die führende Stellung in diesemMarkt zu festigen und die Service-kraft zu stärken, stockte die Bay-ernLB das Personal auf und inves-tierte in die Automatisierung der Pro-zesse.

Im Kapitalmarktbereich wurdenangesichts hoher Preisausschläge anden Rohstoffmärkten neue Produktezur Absicherung von Preisrisiken fürSparkassenkunden aufgelegt, diesehr gefragt waren. Dazu zählt bei-spielsweise ein Zertifikat zur Diesel-preisabsicherung, das über die Spar-kassen an Spediteure, Logistiker

oder Landwirte vertrieben wird. DieEntwicklung vergleichbarer Pro-dukte für Weizen oder Raps wirdvon uns derzeit geprüft.

(d) Kommunalgeschäft: Die Bay-ernLB hat das bayerische Kommunal-geschäft organisatorisch in den Spar-kassenbereich eingegliedert. Dasmacht Sinn, denn in diesem Ge-schäft arbeiten Sparkassen und Bay-ernLB als Konsortialpartner traditio-nell eng zusammen. Mit dieser Maß-nahme wird eine weitere Stärkungdes Geschäfts mit den bayerischenKommunen innerhalb des BayernLB-Konzerns in enger Zusammenarbeitmit den bayerischen Sparkassen an-gestrebt. Durch die Koordinationsämtlicher Vertriebsaktivitäten überzentrale Ansprechpartner soll so-wohl für den Kommunalbetreuer derSparkasse als auch für die Kommu-nen selbst größere Transparenz überunser Angebot geschaffen werden.

Vertrauen zurückgewinnen

Wir werden auch in Zukunft hartdaran arbeiten, den bayerischenSparkassen wettbewerbsfähige Leis-tungen zu bieten. Nur so kann dieBank verloren gegangenes Ver-trauen auf Seiten der Sparkassen zu-rückgewinnen. Ein versöhnliches Sig-nal sendete die BayernLB EndeMärz: Nach zwei Jahren mit hohenVerlusten wies sie für 2010 ein Vor-steuer-Ergebnis in Höhe von 885Mill. Euro aus. Wir konnten die Ver-lustteilnahme bei den stillen Einla-gen, die vor allem von Sparkassen ge-zeichnet worden waren, zur Hälftewieder ausgleichen.

Im laufenden Jahr möchten wir er-neut ein positives Ergebnis liefern.Das Sparkassengeschäft soll weiterausgebaut werden und dadurch ei-nen nachhaltigen Ergebnisbeitragleisten. Davon profitiert nicht nurder Verbund, sondern die gesamtebayerische Wirtschaft, die gerade inder konjunkturellen Aufwärtsbewe-gung starke Finanzpartner braucht.

VonEdgar Zoller

Vorstandsmitglied derBayernLB

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nehmensbereich Wiring Systems istaufgrund des Preisdrucks in der Au-tomobilindustrie permanent auf derSuche nach kostengünstigeren Pro-duktionsstandorten. Da die Herstel-lung bis heute nur in begrenztemMaße automatisierbar ist, müssendie Bordnetze überwiegend vonHand gefertigt werden. In Deutsch-land bzw. Westeuropa ist dies seit ge-raumer Zeit wirtschaftlich nichtmehr möglich. Mit dem Ziel vor Au-gen, nicht nur wettbewerbsfähig zubleiben, sondern auch die Kostenfüh-rerschaft in der Bordnetz-Branchezu halten, hat Leoni nach der Öff-nung Osteuropas zunächst Werke inPolen und Ungarn, später in Rumä-nien und der Ukraine eröffnet.

In der jüngeren Vergangenheit ha-ben Tunesien, Marokko und Ägyp-ten an Bedeutung gewonnen. Der-zeit beschäftigen wir dort insgesamtmehr als 25 000 Mitarbeiter in zehnProduktionsstätten. Infolge der Auf-stände war die Fertigung zu Beginndes Jahres kurzfristig beeinträchtigt.Die Situation der Werke hat sich je-doch innerhalb kurzer Zeit normali-siert, sodass wir derzeit keinesfallsdie Aufgabe unserer ägyptischen, tu-nesischen oder marokkanischen Akti-vitäten beabsichtigen. Es ist nichtauszuschließen, dass wir in Abspra-che mit einzelnen Kunden das Risikostreuen werden und künftig die Ferti-gung bestimmter Produktgruppenauf geografisch getrennte Werke ver-teilen. Eine wesentliche Umschich-tung an andere Standorte erwartenwir jedoch derzeit nicht.

China ist tragende Säule

Bei den meisten osteuropäischenund nordafrikanischen Standortenhandelt es sich um reine Lohnferti-gungen. Dem gegenüber stehen Ex-pansionen, die von der Suche nachneuen regionalen Absatzmärkten ge-trieben sind. Vor allem China wirdaufgrund seiner enormen wirtschaft-lichen Dynamik in den kommendenJahren eine der tragenden Säulendes Wachstums sein. Die Bordnetz-Division konnte dort ihr Geschäft ins-besondere in den letzten zwei Jah-ren deutlich ausweiten, sodass sichdie Erlöse von 2009 auf 2010 annä-

hernd verdreifachten und mehr als90 Mill. Euro erreichten.

Einerseits ist es gelungen, stabileKundenbeziehungen, etwa zu Merce-des-Benz, auf den asiatischen Konti-nent auszurollen: Heute beliefertLeoni zum Beispiel die C-Klasse undE-Klasse sowie die Transporter Vitound Viano mit Kabelsätzen. Anderer-seits konnten wir zukunftsweisendeVerträge mit chinesischen Herstel-lern wie SAIC oder NAC unterzeich-nen. Selbst angesichts der Tatsache,dass die Nachfrage nach Fahrzeugenin China in diesem Jahr nicht sostark steigen wird wie 2010, – dieChina Association of Automobile Ma-nufacturers prognostizierte im Ja-nuar eine Zunahme um 10 bis 15 %nach einem Plus von 32,4 % im ver-gangenen Jahr – gehen wir davonaus, unseren Umsatz mit Kabelsät-zen und Bordnetz-Systemen bis2012 zu verdoppeln.

Globalisierte Kunden beschleuni-gen auch die Ausweitung des China-Geschäfts der Division Wire & CableSolutions (WCS). So haben bereitsin den neunziger Jahren europäi-sche Hersteller von Haus- und Elek-trogeräten wie Philips oder Boschihre Produktionsstätten nach Chinaumgesiedelt. Als etablierter Zuliefe-rer von Innenverkabelungen undNetzanschlussleitungen sind wir un-seren Abnehmern gefolgt, um sie vorOrt zu versorgen. Größtenteils wur-den die Produkte nach Europa expor-tiert, doch mit der wachsenden Bin-nennachfrage entstand ein neuerMarkt mit riesigem Potenzial. Heutebeliefern wir mit unseren Kabelnauch die Autoindustrie, die Telekom-munikation und die Medizintechnik,wobei ein steigender Anteil im Landverbleibt. Im Jahr 2010 hat die WCSknapp 160 Mill. Euro in China umge-setzt, was etwa 12 % des Divisions-umsatzes entspricht.

Bedingt durch die hohe wirtschaft-liche Dynamik des Landes sowie diegute Ausgangs- und Auftragslagevon Leoni in beiden Divisionen wirdChina in den nächsten fünf bis zehnJahren der bedeutendste regionaleWachstumstreiber des Unterneh-mens sein. Derzeit beschäftigen wirrund 3 000 eigene Mitarbeiter anneun Standorten, ein weiteres Bord-netz-Werk wird in Kürze eröffnet.Das Reich der Mitte belegte bereits

2010 nach Deutschland und Frank-reich den dritten Platz der umsatz-stärksten Länder. Im laufenden Jahrwerden die Erlöse in China konzern-weit von rund 250 Mill. Euro aufmindestens 350 Mill. Euro steigen.

Ebenfalls vielversprechend, wennauch noch auf niedrigerem Niveau,ist Indien. 2010 hat Leoni zunächstein Entwicklungsbüro in der Auto-mobilhochburg Pune eröffnet. Im De-zember folgte unweit die Einwei-hung einer Produktionsstätte undkurz darauf der Anlauf der Produk-tion von Motorkabelsätzen für TataCummins. Aus diesem Geschäft er-warten wir ab 2012 Umsätze imzweistelligen Millionenbereich.Auch die WCS plant, noch im laufen-den Jahr eine eigene Fertigung zustarten. Interessant erscheinen insbe-sondere die Absatzmöglichkeiten fürSpezialkabel in den Bereichen Schie-nenverkehrstechnik und erneuer-bare Energien.

Erfreuliche Entwicklung

Schließlich bietet Russland aus-sichtsreiche Wachstumsmöglichkei-ten. Den Schritt zur Erschließungdieses Schwellenlandes hat Leoni be-reits im Herbst 2008 über die Akqui-sition des Bordnetz-Geschäfts desrussischen AutomobilzulieferersItelma zur Versorgung internationa-ler Hersteller gewagt. Gleichzeitigist es gelungen, den ersten Auftragdes Lkw-Produzenten Kamaz zu ge-winnen. Der russische Automobil-und Nutzfahrzeugmarkt entwickeltsich derzeit sehr erfreulich. Für zu-sätzliches Wachstum werden außer-dem mehrere Neuaufträge sorgen,unter anderem für Low-Cost-Fahr-zeuge der Renault-Gruppe, einenweiteren Geländewagen von Nissansowie ein Kompaktmodell von PSA.Wir erwarten, unser Geschäft inRussland bis zum Jahr 2012 um denFaktor 4 zu vergrößern. Leoni wirdauch künftig weitere Potenzialregio-nen identifizieren und dort sowohlim Automobilsektor als auch in ren-tablen Nischengeschäften mit Spezi-alkabeln und Kabelsystemen seineExpansion vorantreiben. Die Erfah-rung zeigt, dass die Internationalisie-rung unerlässlich ist – sowohl fürdas weitere Wachstum als auch fürdie Sicherung der Profitabilität.

Eine Symbiose unter anderen VorzeichenDas enge Miteinander mit den bayerischen Sparkassen ist auch mit geänderter Eigentümerstruktur wirtschaftlich sinnvoll – Position weiter ausbauen

Erschließung neuer Regionen . . .

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