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Wirtschaftstheorien als politische Interessen. Die akademische Nationalökonomie in Deutschland 1918-1933. Campus Forschung, Band 226 by Claus-Dieter Krohn Review by: Fritz Neumark FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 40, H. 1 (1982), pp. 174-175 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40911759 . Accessed: 19/06/2014 03:27 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.60 on Thu, 19 Jun 2014 03:27:20 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Wirtschaftstheorien als politische Interessen. Die akademische Nationalökonomie in Deutschland 1918-1933. Campus Forschung, Band 226by Claus-Dieter Krohn

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Wirtschaftstheorien als politische Interessen. Die akademische Nationalökonomie inDeutschland 1918-1933. Campus Forschung, Band 226 by Claus-Dieter KrohnReview by: Fritz NeumarkFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 40, H. 1 (1982), pp. 174-175Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40911759 .

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1 74 Besprechungen

Claus-Dieter Krohn: Wirtschaftstheorien als politische Interessen. Die akademische Nationalökonomie in Deutschland 1918-1933. Campus Forschung, Band 226. Cam- pus Verlag, Frankfurt - New York 1981. 285 Seiten.

Es ist schwer, ja nahezu unmöglich, der vorliegenden Arbeit im Rahmen einer Bespre- chung gerecht zu werden. Ich behalte mir daher vor, mich mit ihr an anderer Stelle ausführlicher auseinanderzusetzen. Sie ist zweifellos außerordentlich interessant und „aktuell", wie alles, was mit der Entstehung des HiTLER-Regimes und seinen Taten bzw. Untaten zusammenhängt. Noch während ich mit der Lektüre der KROHNschen Schrift beschäftigt war, erschien beispielsweise die Basler Dissertation von Ron Shafferman (unter Leitung von G. Bombach entstanden), die als „D-28" der Veröffentlichungen der Institute für Sozialwissenschaften bzw. für angewandte Wirtschaftsforschung Zürich 1981 von der Zentralstelle der Studentenschaft herausgegeben wurde; sie trägt den Titel "The Socio-economic Ideology of National Socialism and its Realization in Corporate and Economic Policy" und hat begreiflicherweise zahlreiche Berührungspunkte mit der KROHNschen Schrift.

Diese legt allerdings, wie schon der Buchtitel andeutet, das Schwergewicht auf die in Deutschland von der Revolution 1918 bis 1933, also vor der „Machtergreifung" Hitlers von der akademischen Nationalökonomie vertretenen Wirtschaftstheorien. Aber gerade deswegen ergänzen die beiden Publikationen einander in mehrfacher Hinsicht.

Krohns Urteil über die deutschen Nationalökonomen der erwähnten Zeit ist überwie- gend außerordentlich negativ, ja in manchen Fällen geradezu vernichtend. In vielem muß man ihm, insbesondere wenn man, wie der Rezensent, so gut wie alle irgend bedeutenden von dem Autor zitierten Wirtschaftstheoretiker noch persönlich gekannt hat, beistim- men, so etwa hinsichtlich der These, diese hätten „ihre Werturteilslosigkeit betont, (aber) ... ständig Wertungen (abgegeben)" (S.23), oder der Behauptung, die deutsche Wirt- schaftswissenschaft habe lange unter „Praxisferne" gelitten (S. 24). Gnade vor des Ver- fassers Augen finden nur einige wenige (jüngere, linksorientierte) Theoretiker, wie insbe- sondere die Vertreter der von Harms - jedenfalls organisatorisch - begründeten „Kieler Schule", also A. Löwe, G. Colm und H. Neisser, ferner allenfalls noch E. Lederer und E. Heimann. Die volle Schärfe der Kritik trifft dagegen die mehr oder minder extremen oder „orthodoxen" Liberalen à la L. v. Mises sowie Adolf Weber und dessen Schüler, in gemäßigterer Form auch Liberale - die man später als „Ordo-Liberale" bezeichnen sollte - wie Röpke, Hayek, Α. Rüstow und W. Eucken. Speziell Rüstow spielt eine große Rolle in Krohns Buch, wobei auch Akten aus dem Nachlaß R.s weitgehend Ver- wendung gefunden haben. Mein nie ganz überwundenes Mißtrauen gegen Darstellungen von Historikern, die sich (zu) weitgehend auf Akten stützen, ist durch Krohns Ausfüh- rungen über Rüstow, aber auch etwa Eucken und Zwiedineck-Südenhorst bestärkt worden. Ich glaube, K. ist diesen und manchen anderen akademischen Nationalökono- men in menschlicher wie sachlicher Hinsicht nicht ganz gerecht geworden, während aller- dings in nicht wenigen anderen Fällen sein (wissenschaftliches, aber auch ethisch-politi- sches) Verdammungsurteil - leider - zutreffend sein dürfte. Hierher gehören u.v.a. W. Sombart und F. v. Gottl-Ottlilienfeld (siehe etwa S. 178 ff. und 182ff.), während sich Krohn - m. E. mit Recht - nur relativ kurz mit des „Romantikers" O. Spann ständestaatlichen Ideen abgibt, die für meinen Geschmack bei Shafferman (aaO.) eine unverdient breite Würdigung finden.

Umgekehrt kommt der Name Erich Preiser zwar bei Shafferman, nicht aber bei Krohn vor, der seinerseits wiederum Schmalenbach die diesem wissenschaftlich und moralisch-menschlich gebührende Reverenz erweist (siehe S. 87 ff., besonders S. 92), während man dessen Namen und Gedanken bei Shafferman vergebens sucht.

Daß die Mehrzahl der akademischen deutschen Nationalökonomen in den 15 Jahren, die die Weimarer Republik bestand, sich vor wirtschaftliche, aber auch spezifisch politi- sche Interessen spannen oder auch nur aus heute nahezu unverständlicher Fehlbeurtei-

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lung der Lage und reaktionärem „wishful- thinking" nationalistische oder wenn man will: patriotische Gefühle ihre Ratio beherrschen ließen, ist eine der Hauptthesen des KROHNschen Buchs, und man wird kaum umhinkönnen, sie in den meisten Fällen als richtig anzuerkennen. Weniger diese Bindung an gewisse (Gruppen-)Interessen als theo- retische Unfähigkeit dürfte allerdings bei den Stellungnahmen entscheidend gewesen sein, die von der großen Mehrzahl der deutschen (akademischen) Nationalökonomen in der Zeit der Wirtschaftskrise 1930-33 abgegeben wurden1. Aber erstens standen sie da- mals keineswegs allein, sondern fanden nicht zuletzt in Frankreich und den Vereinigten Staaten zahlreiche Gesinnungsgenossen, und zweitens sind wir in dem halben saeculum, das seither verstrichen ist, zwar glücklicherweise hier und da mit unseren Kenntnissen und Erkenntnissen etwas weiter gekommen, doch zeigt ein Blick auf den Zustand der wirtschaftstheoretischen und praktischen Verhältnisse der späten 70er und frühen 80er Jahre in der Welt, nicht zuletzt in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland, um nur diese beiden Länder zu nennen, daß die Wirtschaftstheorie noch immer lückenhaft ist und/oder bei den politisch Entscheidenden (zu denen in diesem Falle auch die Zentralbanken zu rechnen sind) selbst dann nicht genügend Gehör findet, wenn sie - ex post gesehen - vernünftige Ratschläge gibt.

Abschließend: Das KROHNsche Buch, in manchem gewiß anfechtbar, verdient auf- merksame Beachtung. Es wird vielen - namentlich jüngeren - Lesern zahlreiche neue Aufschlüsse geben; bedauerlicherweise wird diese Tatsache gelegentlich durch eine ge- wisse Einseitigkeit der Darstellung und des Urteils beeinträchtigt.

Fritz Neumark

Peter Kuhbier: Grundlagen der quantitativen Wirtschaftspolitik. Walter de Gruyter Verlag. Berlin - New York 1981. 229 Seiten.

Sollen wirtschaftspolitische Diskussionen nicht zu Übungen sophistischer Rhetorik mißbraucht werden können, sind ökonomische Modelle als Bezugsrahmen der politi- schen Entscheidungsfindung eine conditio sine qua non. Dies gilt nach Ansicht des Autors selbst dann, wenn alle Modelle ein unvollkommenes Abbild der ökonomischen Realität darstellen und inkorrekte Spezifikationen einzelner Verhaltensgleichungen nicht ausgeschlossen werden können (so sinngemäß S. 6). Dem ist voll zuzustimmen. Eine for- male Behandlung oder Mathematisierung wirtschaftspolitischer Fragestellungen ist so- mit „ein notwendiges Übel [. . .], das dazu dient, Ordnung in die zu beratenden Fragen- komplexe zu bringen" (S. 6), mit dem Ziel, alle abgeleiteten Ergebnisse einer übergeord- neten Diskussion zugänglich zu machen. Eine solche den durch wirtschaftspolitische Maßnahmen realisierbaren Zielerreichungsgrad einzelner Zielvariablen bewertende Dis- kussion ist gleichfalls aber ein mittels mathematischer Methoden modellierbarer Prozeß.

Diese beiden Komponenten einer zielorientierten Wirtschaftspolitik : die Bildung und Quantifizierung ökonomischer Modelle einerseits und die Zielrealisierungsbewertung an- dererseits stellen die zentralen Punkte dieses Buches dar. Im ersten Teil werden die hierzu notwendigen einzelnen Bausteine entwickelt. In den Kapiteln I bis IV sind dies nach defi- nitorischen Präliminarien das ökonomische Modell, seine quantitative Implementierung und die Prognostizierung exogener Variablen, im Kapitel V die Zielfunktion als Krite- rium einer wirtschaftspolitischen Entscheidungsfindung.

1 Über die (freilich nicht allzu zahlreichen) Verfechter eines Anti-Depressionskurses vgl. nunmehr das von O. Landmann eingeleitete Kapitel „Theoretische Grundlagen für eine aktive Krisenbekämpfung in Deutschland 1930-1933", in G. Bombach u.a.: Der Keynesianismus III, Berlin - Heidelberg - New York 1981. S. 215ff.

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