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1 Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee Ausgabe 1/2011, November 2011 Entkoffeinierung von Tee Von Reinhold Zenger und Simon Gerhard, Plantextrakt GmbH & Co. KG, Tea Team, Vestenbergsgreuth Tee (Camellia sinensis) ist wegen seiner geschmacklichen Vielfalt und unter anderem auch wegen seiner sanft anregenden Wirkung, welche auf den Koffeingehalt des Produktes zurück zu führen ist, eines der beliebtesten Getränke weltweit. Menschen, die auf diese anregende Wirkung verzichten möchten, oder die empfindlich auf Koffein reagieren, müssen auf den Genuss von Tee jedoch nicht verzichten, sondern können sich für entkoffeinierten Tee entscheiden. Zur Entkoffeinierung von Tee stehen in der Gegenwart verschiedene technische Verfahren zur Verfügung: Die gängigsten sind die Entkoffeinierung mittels Ethylacetat, Methylenchlorid oder überkritischem CO 2 . Reinhold Zenger und Simon Gerhard gehen in ihrem Beitrag zunächst kurz auf chemische und historische Aspekte von Koffein ein, erläutern dessen physiologischen Effekte beim Menschen und befassen sich sodann mit natürlichen Koffeingehalten von Tee (Camellia sinensis) sowie Koffeingehalten im entkoffeinierten Produkt. Zenger und Gerhard stellen im Hauptteil des Beitrages die gängigen industriellen Verfahren zur Entkoffeinierung von Tee dar, ehe sie abschließend kurz auf Forschungsansätze auf dem Gebiet der Entkoffeinierung eingehen und erläutern, wie der Verbraucher den Koffeingehalt seines Tees nach eigenem Belieben beeinflussen kann.

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Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee Ausgabe 1/2011, November 2011

Entkoffeinierung von Tee

Von Reinhold Zenger und Simon Gerhard, Plantextrakt GmbH & Co. KG, Tea Team,

Vestenbergsgreuth

Tee (Camellia sinensis) ist wegen seiner geschmacklichen Vielfalt und unter anderem auch

wegen seiner sanft anregenden Wirkung, welche auf den Koffeingehalt des Produktes

zurück zu führen ist, eines der beliebtesten Getränke weltweit. Menschen, die auf diese

anregende Wirkung verzichten möchten, oder die empfindlich auf Koffein reagieren, müssen

auf den Genuss von Tee jedoch nicht verzichten, sondern können sich für entkoffeinierten

Tee entscheiden. Zur Entkoffeinierung von Tee stehen in der Gegenwart verschiedene

technische Verfahren zur Verfügung: Die gängigsten sind die Entkoffeinierung mittels

Ethylacetat, Methylenchlorid oder überkritischem CO2.

Reinhold Zenger und Simon Gerhard gehen in ihrem Beitrag zunächst kurz auf chemische

und historische Aspekte von Koffein ein, erläutern dessen physiologischen Effekte beim

Menschen und befassen sich sodann mit natürlichen Koffeingehalten von Tee (Camellia

sinensis) sowie Koffeingehalten im entkoffeinierten Produkt. Zenger und Gerhard stellen im

Hauptteil des Beitrages die gängigen industriellen Verfahren zur Entkoffeinierung von Tee

dar, ehe sie abschließend kurz auf Forschungsansätze auf dem Gebiet der Entkoffeinierung

eingehen und erläutern, wie der Verbraucher den Koffeingehalt seines Tees nach eigenem

Belieben beeinflussen kann.

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Entkoffeinierung von Tee

Von Reinhold Zenger und Simon Gerhard, Plantextrakt GmbH & Co. KG, Tea Team,

Vestenbergsgreuth

Einleitung

Tee (Camellia sinensis) ist weltweit nach Wasser das beliebteste und am meisten

konsumierte Getränk. Jährlich werden mehr als 4 Millionen Tonnen Tee verarbeitet und

getrunken1. Die Beliebtheit von Tee begründet sich einerseits durch seinen vielfältigen

Geschmack, andererseits ist Tee wegen seiner anregenden Wirkung bekannt. Der dafür

ausschlaggebende Bestandteil im Tee ist das Koffein. Neben den positiven, anregenden

Eigenschaften – wie z.B. Steigerung der Aufmerksamkeit und der Konzentration – können

bei Aufnahme von größeren Mengen an Koffein oder bei empfindlichen Personen aber auch

unerwünschte Effekte – wie z.B. Schlafstörungen, Anstieg des Blutdrucks und Herzrasen –

auftreten2,3,4.

Für Menschen, die empfindlich auf Koffein reagieren und dennoch auf den Genuss von Tee

nicht verzichten möchten, gibt es die Möglichkeit, entkoffeinierten Tee zu trinken. Hierbei

wird der Koffeingehalt des Produktes reduziert, die gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe des

Tees, wie z.B. die für ihre antioxidative Wirkung bekannten phenolischen Verbindungen

(Flavanole, Flavonolglycoside und andere) bleiben jedoch größtenteils (abhängig vom zur

Entkoffeinierung eingesetzten Verfahren) erhalten5,6. Weltweit werden jährlich ca. 10.000

Tonnen entkoffeinierter Tee hergestellt und konsumiert.

Im Folgenden werden unter anderem allgemeine Informationen zu Koffein gegeben sowie

verschiedene Entkoffeinierungsverfahren vorgestellt.

Koffein

Koffein (C8H10N4O2, 1,3,7-Trimethylxanthin oder Methyltheobromin) ist ein zu den Purinen

zählendes, gut wasserlösliches Pflanzenalkaloid. Neben Tee ist es u.a. auch in Kaffee,

Kakao und Mate enthalten. Abbildung 1 zeigt die Strukturformel von Koffein.

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Abbildung 1: Koffein7

Reines Koffein wurde erstmals 1820 von Friedrich Ferdinand Runge aus Kaffeebohnen

isoliert. Die erste Koffein-Synthese erfolgte 1895 durch Emil Fischer. Eine erfolgreiche

Entkoffeinierung gelang erstmalig 1903 Ludwig Roselius, einem Kaffeehändler aus

Hamburg.

Koffein ist die weltweit am weitesten verbreitete und konsumierte psychoaktive Substanz.

Die Wirkung basiert auf der Anregung des Zentralnervensystems. Durch die Blockade von

Adenosin-Rezeptoren kommt es zur Steigerung der psychischen Aktivität, es werden

Ermüdungserscheinungen aufgehoben und geistige Leistungen verstärkt. Wird Koffein in

größeren Dosen (ab ca. 300 mg) konsumiert, kann dies zu Symptomen wie z.B. Herzrasen

und Händezittern führen4,8.

Der Koffeingehalt im Tee wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. So spielen sowohl

das Anbaugebiet, die Höhenlage des Anbaugebiets, Wetterbedingungen, eingesetzte

Dünger, oder auch die Varietät der Teepflanze eine Rolle. Tabelle 1 zeigt den Koffeingehalt,

abhängig vom Anbaugebiet.

Herkunft Koffeingehalt [%] Afrika 3-4

Südamerika 2-3 China 2-4

Sri Lanka 2-4 Indonesien 2-3

Assam 3-4

Tabelle 1: Koffeingehalt nach Anbaugebiet9

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Hinsichtlich entkoffeinierten Tees gibt es keine weltweit gültigen gesetzlichen Regelungen,

die einen einheitlich definierten Restkoffeingehalt vorschreiben. Unterschiedliche Länder

haben hierfür unterschiedliche Vorgaben bzw. Empfehlungen. Für Deutschland gilt der in

den Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse und deren Extrakte und Zubereitungen10

des Deutschen Lebensmittelbuchs, festgelegte maximale Restkoffeingehalt von 0,4%,

welcher auch in den USA in einem von der Tea Association of the USA an seine Mitglieder

veröffentlichtem Schreiben Industry Standard for Decaffeinated Tea empfohlen wird.

Industrielle Verfahren, welche bei der Entkoffeinierung von Tee zum Einsatz kommen,

werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.

Entkoffeinierung mittels organischer Lösungsmittel

Die Entkoffeinierung von Tee mittels organischer Lösungsmittel ist eine klassische fest-

flüssig Extraktion:

Das Prinzip der Entkoffeinierung mittels einer fest-flüssig Extraktion besteht darin, dass man

ein Lösungsmittel einsetzt, welches die Eigenschaft besitzt, den zu separierenden Stoff

(Koffein) aus der ursprünglichen Phase (Teeblatt) in die Lösungsmittelphase zu überführen.

Die übrigen Bestandteile sollen dabei in der Ausgangsphase (Teeblatt) verbleiben11. Im Falle

der Entkoffeinierung von Tee kommen als Lösungsmittel entweder Ethylacetat oder

Dichlormethan zum Einsatz. Daneben gewinnt die Entkoffeinierung mittels überkritischem

CO2 immer mehr an Bedeutung.

Ethylacetat – auch Essigsäureethylester genannt – ist eine farblose, flüchtige und angenehm

riechende Flüssigkeit, deren Siedepunkt 77 °C beträgt. Neben der Entkoffeinierung findet es

z.B. Verwendung bei der Aromatisierung von Likören, Bonbons und Limonaden oder auch in

Arzneizubereitungen. In der Natur ist Ethylacetat weit verbreitet, so wurde es in

verschiedenen Gemüse- und Obstsorten, in Wein und Bier aber auch in Tee als natürlicher

Bestandteil des Teearomas nachgewiesen7.

Dichlormethan – auch Methylenchlorid genannt – ist eine farblose, unbrennbare Flüssigkeit,

welche schwerer ist als Wasser und darin nur in geringen Mengen löslich ist. Der Siedepunkt

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des Chlorkohlenwasserstoffs beträgt 39,6 °C. Es besitzt ein gutes Lösevermögen für

lipophile Stoffe wie Öle, Fette oder Wachse7.

Durch den im Vergleich zu Ethylacetat niedrigeren Siedepunkt (39,6 °C vs. 77 °C) ist

Methylenchlorid nach wie vor ein gern zur Entkoffeinierung von Tee genutztes Lösungsmittel.

Mittels Methylenchlorid entkoffeinierter Tee stellt im europäischem Raum den am weitest

verbreiteten entkoffeinierten Tee dar. Die antioxidativ wirksamen Substanzen bleiben

weitestgehend erhalten. In manchen Ländern - z.B. den USA - ist Methylenchlorid jedoch

nicht unumstritten. So wird Methylenchlorid als halogenierter Kohlenwasserstoff als

gesundheitsschädlich eingestuft7. Es wirkt stark auf das Zentralnervensystem, Leber, Lunge

und Niere7. Der Höchstwert für Dichlormethan im entkoffeinierten Tee liegt bei 5 mg/kg12. In

den USA ist Methylenchorid als Entkoffeinierungsmittel von Tee durch die Food and Drug

Administration (FDA), die behördliche Lebensmittelüberwachung und

Arzneimittelzulassungsbehörde, verboten. Dort sind nur Ethylacetat und CO2 als

Lösungsmittel zugelassen, wobei es für Ethylacetat in entkoffeiniertem Tee keinen

festgelegten Grenzwert gibt, da Ethylacetat neben z.B. Wasser oder CO2 unbeschränkt als

Lösungsmittel für Lebensmittel zugelassen ist. Üblicherweise wird Ethylacetat – bis auf

technisch unvermeidbare Mengen – wieder aus dem Tee entfernt.

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Entkoffeinierung mittels Ethylacetat9

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Abbildung 2 zeigt schematisch das Verfahren der Entkoffeinierung mittels Ethylacetat. Hierzu

wird der eingesetzte Tee im ersten Schritt befeuchtet, um die Blattkapillaren zu weiten, so

dass das Koffein aus dem Blatt herausgelöst werden kann. Im Anschluss daran wird eine

vorher genau definierte Menge an Ethylacetat zur Reduzierung des Koffeins auf den

gewünschten Gehalt zugegeben. Durch den Prozess der Lösungsmittelrückgewinnung

werden am Ende der Entkoffeinierung die im Tee verbliebenen Rückstände an Ethylacetat

wieder entfernt. Zu guter Letzt wird der entkoffeinierte Tee noch auf einen

Restfeuchtegehalte von annähernd 5% getrocknet, so wie es auch bei der Herstellung von

Tee in den Anbauländern üblich ist.

In der Regel werden damit Restkoffeingehalte von 0,1% bzw. bis zu 0,4% erreicht. Das bei

der Entkoffeinierung anfallende Koffein kann in gereinigter Form dann vielerlei

Verwendungen zugeführt werden. Neben dem im obigen Flowchart dargestelltem Verfahren

über Extraktionsgefäße (Perkolatoren), können zur Entkoffeinierung mit organischen

Lösungsmitteln auch andere Verfahren wie z.B. Querstrom- oder Gegenstrom-

Extraktionsverfahren zum Einsatz kommen. Hierbei wird der zu entkoffeinierende Tee meist

kontinuierlich im Quer- bzw. Gegenstrom zum Lösungsmittel geführt, bis der gewünschte

Koffeingehalt erreicht ist11.

Entkoffeinierung mittels überkritischem CO2

Neben der Entkoffeinierung mittels organischen Lösungsmitteln gewinnt die Entkoffeinierung

von Tee mittels überkritischem CO2 immer mehr an Bedeutung. Die Vorteile gegenüber der

Entkoffeinierung mittels Methylenchlorid liegen darin begründet, dass CO2 weltweit, d.h.

auch in den Ländern in denen Methylenchlorid nicht zugelassen ist, verwendet werden kann.

Es besteht unter anderem keine Gesundheitsgefährdung durch Lösungsmittelrückstände im

entkoffeinierten Tee. CO2 löst das Koffein sehr selektiv aus dem Tee, d.h. die

gesundheitsfördernden Bestandteile, wie z.B. die Antioxidantien verbleiben weitestgehend im

entkoffeinierten Tee6,13,14. Als einziger Nachteil des Kohlendioxidverfahrens kann angemerkt

werden, dass für dieses Verfahren sehr aufwändige technische Anlagen benötigt

(Hochdruckextraktionsanlagen) werden, die gegenüber der Technik für Entkoffeinierung

mittels Ethylacetat oder Methylenchlorid wesentlich kostenintensiver sind.

Der überkritische Zustand einer Substanz ist definiert als jener Aggregatszustand, bei dem

die Temperatur und der Druck über dem sog. „kritischen Punkt“ liegen. Ab diesem Punkt gibt

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es keinen Unterschied mehr zwischen Flüssig- und Gasphase einer Substanz. Bei

wasserhaltigem CO2 liegt der kritische Punkt bei einer Temperatur von 31,1 °C und einem

gleichzeitig vorliegenden Druck von 73,8 bar.

Substanzen im überkritischen Zustand weisen eine lösungsmittelähnliche, relativ hohe

Dichte auf, die Viskosität entspricht dabei gleichzeitig der von Gas. Abbildung 3 zeigt den

überkritischen Zustand (schraffiertes Feld) im Phasendiagramm, abhängig von Temperatur

und Druck.

Im Bereich des überkritischen Zustands können ohne Überschreitung der Phasengrenze

Temperatur und Druck variiert werden. Dadurch können Eigenschaften wie Dichte, Viskosität

und der Diffusionskoeffizient kontrolliert und ausgenutzt werden. Bei der Extraktion von

Koffein spielt vor allem die Dichte eine Rolle, die im überkritischen Bereich gut eingestellt

werden kann14,15.

Abbildung 3: Überkritischer Zustand einer Substanz15

In Abbildung 4 ist schematisch ein Batch-Verfahren zur Entkoffeinierung mittels

überkritischem CO2 dargestellt.

Der zu entkoffeinierende befeuchtete Tee wird in einen Behälter gegeben, welcher den

hohen Drücken Stand hält. Das CO2 wird mit Hilfe einer Hochdruckpumpe in den

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überkritischen Zustand versetzt und in den Behälter zur Entkoffeinierung gepumpt. Hier wird

es bei definierten Druck- und Temperaturbedingungen für eine bestimmte Zeit in Kontakt mit

dem Tee gehalten, sodass das Koffein gelöst werden kann und vom Tee in das

Lösungsmittel CO2 übergeht. Danach wird – je nach Extraktionsverfahren – das mit Koffein

beladene CO2 wieder gereinigt. Dies geschieht entweder, indem es über Aktivkohlefilter

geleitet wird, welche das Koffein zurückhalten oder das unter hohem Druck stehende CO2

wird in einen weiteren Behälter befördert, in dem der Druck soweit entspannt wird, dass das

Koffein aus der Lösung ausfällt und auskristallisiert. Das nun wieder reine CO2 kann über die

Hochdruckpumpe erneut dem Prozess zugeführt werden.

Der noch feuchte und nunmehr entkoffeinierte Tee gelangt am Ende des Prozesses zur

Trocknung.

Abbildung 4: Schematische Darstellung der Entkoffeinierung mittels überkritischem CO2

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Auch bei diesem Verfahren kann das gewonnene Koffein gereinigt und für diverse

Anwendungen eingesetzt werden.

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Forschungsansätze zur Entkoffeinierung von Tee

Neben den beschriebenen und in der Industrie zum Einsatz kommenden Verfahren zur

Entkoffeinierung von Tee sind in der Literatur verschiedene Forschungsansätze zur

Koffeinreduzierung zu finden. Hierauf soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

YU16 beschreibt Versuche zur Entkoffeinierung unter anderem von Tee mittels Einsatz von

Cyclodextrinen. Hierbei konnte eine Koffeinreduzierung um 80% erreicht werden.

Die Entkoffeinierung mit Hilfe von mikrobiologischen und enzymatischen Methoden wird von

GOKULAKRISHNAN et al.17 beschrieben. So können Bakterien der Gattung Pseudomanas

sowie Aspergillus- und Penicillium- Pilzstämme den Koffeingehalt in Tee reduzieren. Die

Entkoffeinierung durch Enzyme erfordert auf Grund der relativ geringen Stabilität der

geeigneten Demethylasen noch weitere Forschungsarbeit.

Des Weiteren gibt es Forschungen zur Entkoffeinierung mit einem Verfahren, bei welchem

Polymere zum Einsatz kommen18. Allerdings stellte sich heraus, dass das untersuchte

Polymer eher die Catechine als das Koffein adsorbiert.

All diese neueren Verfahren konnten sich bisher nicht großtechnisch behaupten.

Exkurs: Koffeingehalt beim Aufgießen von Tee selbst beeinflussen

Im letzten Abschnitt wird die Möglichkeit erläutert, den Koffeingehalt zu Hause beim

Aufgießen einer Tasse Tee selbst zu beeinflussen und zu reduzieren. Basis hierfür ist unter

anderem der Artikel von YANG et al.19. Hierin wird der Einfluss der Ziehzeit auf den

Koffeingehalt untersucht. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Ziehzeit einen

wesentlichen Einfluss auf den Koffeingehalt des Tee-Aufgusses in der Tasse hat. So sind

nach 20 Sekunden bereits 30% des im Tee enthaltenen Koffeins in den Aufguss

übergegangen. Nach einer üblichen Ziehzeit von 3 Minuten sind es 75%.

Wird der Tee nun direkt zweimal hintereinander aufgegossen, davon einmal kurz für 20

Sekunden (der daraus resultierende Aufguss wird verworfen) und danach für die üblichen 3

Minuten, ist der zweite Aufguss deutlich koffeinreduziert.

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Betrachtet wird ein handelsüblicher Tee mit einem Koffeingehalt von 3%. Für den Tee-

Aufguss einer Tasse werden davon 2 g extrahiert. In diesen 2 g sind also 3% * 2 g = 60 mg

Koffein enthalten. Bei einer üblichen Ziehzeit von 3 Minuten würden aus diesen 2 g Tee 75%

des enthaltenen Koffeins in den Aufguss übergehen. D.h., von den 60 mg wären 45 mg im

Aufguss.

Werden von demselben Tee nun ebenfalls 2 g – vor dem eigentlichen zum Verzehr

gedachten Aufguss – für 20 Sekunden vorextrahiert, gehen dabei bereits 18 mg Koffein (60

mg * 30%) in Lösung. D.h., im Tee(-blatt) verbleiben noch 42 mg (60 mg – 18 mg) Koffein.

Wird das Tee(-blatt) nun nochmals aufgegossen mit einer Ziehzeit von 3 Minuten, gehen nun

wiederum 75% der 42 mg Koffein in den Extrakt über, was zu einem Koffeingehalt von 31,5

mg im trinkfertigen zweiten Aufguss führt.

Anhand dieser Berechnung lässt sich nachvollziehen, dass noch immer 31,5 mg an Koffein

im trinkfertigen zweiten Aufguss vorhanden sind.

In einem handelsüblichen, nach den beschriebenen Verfahren hergestellten entkoffeinierten

Tee mit einem maximalem Restkoffeingehalt von 0,4% sind dagegen lediglich maximal 8 mg

Koffein pro Tasse enthalten.

Fazit

Die am Markt verfügbaren Verfahren zur Entkoffeinierung von Tee haben, jedes für sich

betrachtet, Vor- und Nachteile. Jedoch kann gerade auf Grund der diversen Methoden ein

entkoffeinierter Tee für die verschiedenen Verbraucherwünsche und -anforderungen

angeboten werden.

Zukünftige Markttrends, verbesserte Verfahren sowie auch Gesetzgebungen werden zeigen,

in welche Richtung sich die Entkoffeinierung von Tee weiterentwickeln wird.

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Literatur

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