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 Junge Forscher Die „Grüne Schule“ macht Karriere. Das Institut für Botanik koor- diniert ein EU-Projekt. Seite 6 www.uibk.ac.at Beilage zur Tiroler Tageszeitung Nr. 18 Februar 2012 – Österreichische Post AG, Info.Mail Entgelt bezahlt Magazin der Leopold-Franzens- Universität Innsbruck Astronomiejahr 2009  Faszination Universum Für den Weltfrieden Die vergessenen Frauen, die sich für Antimilita- rismus und Pazismus engagierten. Seite 14  Das ktive Weltstädtchen Innsbruck Seite 18 

wissenswert 18 - Magazin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

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Die neue Führungsspitze / Forschendes Lernen / Psychologie / Idealtyp eines Bürgers / Lawinengefahr / Das friedlichere Geschlecht? / Übersetzungslücke / Inns‘el der Seligen / Erfolg für Innsbrucker Chemiker

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Junge Forscher

Die „Grüne Schule“macht Karriere. DasInstitut ür Botanik koor-diniert ein EU-Projekt.

Seite 6

www.uibk.ac.atBeilage zur Tiroler Tageszeitung

Nr. 18 Februar 2012 – Österreichische Post AG, Ino.Mail Entgelt bezahlt

M a g a z i n d e r L e o p o l d - F r a n z e n s -U n i v e r s i t ä t I n n s b r u c k

Astronomiejahr 2009

Faszination Universum

Für den Weltfrieden

Die vergessenen Frauen,die sich ür Antimilita-rismus und Pazifsmusengagierten.

Seite 14

Das fktive

Weltstädtchen

Innsbruck Seite 18 

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Dienstag, 14. Februar 2012 3

wissenswert – Magazin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – 14. Februar 2012

Gründungsherausgeber: Komm.-Rat Joseph S. Moser, April 1993 †; Herausgeber: Gesellschafterversammlung der Moser Holding AG; Medieninhaber (Verleger): Schlüsselverlag

J. S. Moser Ges. m. b. H.; Hersteller: Intergraphik Ges. m. b. H.; Sonderpublikationen, Leitung: Stefan Fuisz; Redaktionelle Koordination: Eva Fessler, Christa Hofer; Redaktion:

Michaela Darmann, Eva Fessler, Nicole Ginzinger, Nina Hausmeister, Christa Hofer, Stefan Hohenwarter, Susanne E. Röck, Uwe Steger, Christina Vogt; Covergestaltung: Stephanie

Brejla, Catharina Walli; Fotos Titelseite: TVB /Christoph Lackner, Institut für Botanik, Soman/Creative Commons-Lizenzsie; Fotos Seite 3: Böhm, ÖNB/Bildarchiv 200494DKriege,

University of Colorado/ESO. Anschrift für alle: 6020 Innsbruck, Ing.-Etzel-Straße 30, Postfach 578, Tel. 53 54-0, Beilagen-Fax 53 54-3797.

I m p r e s s u m

e d i t o r i a l

Univ.-Prof. Dr. Tilmann MärkRektor der Universität Innsbruck

   F  o   t  o  :  w  w  w .  m  a  r   i  o  r  a   b  e  n  s   t  e   i  n  e  r .  c  o  m

Liebe Leserin, lieber Leser!

Nach meiner Wahl zum Rektor hat der Universitätsrat 

vor wenigen Tagen auch die neuen Vizerektorinnen

und Vizerektoren gewählt. Gemeinsam mit Anke

Bockreis (Infrastruktur), Wolfgang Meixner (Personal),

Roland Psenner (Lehre und Studierende) sowie Sabine

Schindler (Forschung) soll der erfolgreiche Weg der 

vergangenen Jahre fortgesetzt werden. Die Voraus-

 setzungen sind gut, weil wir ein gut bestelltes Haus

übernehmen und in einem Team zusammenarbeiten

werden, das eine interessante Mischung aus erfah-

renen und neuen Kolleginnen und Kollegen darstellt.

 Allerdings liegt die Messlatte sehr hoch, denn die Uni 

Innsbruck ist eine der Topadressen für Forschung und Lehre in Österreich und die Herausforderungen wer-

den nicht geringer. Neben der geplanten Gründung

einer „School of Education“ zur Verbesserung der 

LehrerInnen-Ausbildung ist eine der großen Fragen

  jene nach der Rückkehr der Medizin unter das Dach

der Uni Innsbruck. Wir bewerten derzeit die Vor- und 

Nachteile eines solchen Zusammenschlusses unter dem

Gesichtspunkt einer langfristigen Strategie für den

Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandort Tirol.

Erst auf dieser Basis kann eine Entscheidung fallen.

Wie gewohnt werden wir Ihnen auch weiterhin regel-

mäßig interessante Einblicke in die spannende Arbeit 

unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 

bieten und Sie auch gerne bei den zahlreichen Ver-anstaltungen an der Universität begrüßen. Eine gute

Gelegenheit dafür bietet der 28. April, an dem wir ge-

meinsam mit den anderen Tiroler Hochschulen wieder 

eine Forschungsnacht veranstalten.

F E B R U A R 2 0 1 2

4 Die neue Führungssp i tze  Rektor T i lmann Märk über d ie Herausforderungen

für d ie Uni Innsbruck und s e in neues Team.

6 Forschendes Lernen  Die „Grüne Schule“ macht Kar r ie re : Bis 2013 läuf t

e in europaweites Lehr - und Forschungsprojekt .

8 Psychologie  Wie man e in gutes Arbe itsk l ima schaf f t und damit

sowohl Mitarbe iter a ls auch Unternehmen stärkt .

10 Ideal typ e ines Bürgers  Der Nachlass e ines 1896 verstorbenen T i ro lers

er laubt e inen besonderen Bl ick ins 19. Jahrhundert .

12 LawinengefahrEi n Innsbrucker Forscher sucht jene Methode, d ie

zur Ris ikoberechnung am aussagekräf t igsten ist .

14 Das fr iedl ichere Geschlecht?  Laurie R. Cohen untersuchte das Wirken von Frauen,

die sich für Antimilitarismus und Pazifismus engagierten.

16 Übersetzungs lücke  Übersetzungen s ind für Computer ke in großes

Problem. Das g i l t aber n icht für Gebärdensprache.

18 Inns ‘e l der SeligenWissenschaf t le r verwandeln d ie Landeshauptstadt

in e in f ik t ives Städtchen mit 100 Menschen.

20 Erfolg für Innsbrucker Chemiker  Bis lang g laubte man, dass es gasförmige Kohlen-

säure gar n icht g ibt . Das wurde nun wider legt .

i n h a l t

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Dienstag, 14. Februar 2012 4

Tilmann Märk, bisher er-

folgreicher Physiker, Un-

ternehmer und Vizerek-

tor, freut sich darauf, sich

neuen Aufgaben widmen

und die Zukunft der eige-

nen Universität als Rektor

noch stärker mitgestalten

zu können.

Im Interview spricht Tilmann Märk, der vom

Universitätsrat einstimmig gewählte neue Rektor

der Universität Innsbruck, über Ziele und

Herausforderungen der kommenden Jahre.

Blick mit Stolz aufunsere Universität

Vizerektorin für

Infrastruktur

 A nke Bockreis, geboren 1971,studierte Bauingenieurwe-

sen an der Technischen Hoch-schule Darmstadt. Von 1996 bis2009 war sie wissenschaftlicheMitarbeiterin am Institut IWARder TU Darmstadt, wo sie 2001mit einer Arbeit über die Überwa-

chung von Flächenbiofiltern zur Geruchsminderung von Abfall-behandlungsanlagen promovier-te. 2007 und 2008 absolvierteBockreis mehrere Forschungsauf-enthalte an der École des Minesd‘Ales in Frankreich. Zusätzlichsammelte sie praktische Erfah-rungen in verschiedenen Inge-nieurbüros. Seit Oktober 2009ist sie Uni-Professorin für Abfall-behandlung und Ressourcenma-nagement am Institut für Infra-struktur in Innsbruck. Zu ihrenForschungsschwerpunkten zäh-len die Entwicklung biologischer und mechanisch-biologischer Ab-fallbehandlungsverfahren sowiederen Optimierung. Insbesonde-

re ihre Untersuchungen über die Anwendbarkeit der Infrarotther-mografie in der Abfallbehand-lung sind wegweisend. Ihre wis-senschaftliche Tätigkeit möchteBockreis auch in ihre Tätigkeitals Vizerektorin einfließen lassen,etwa durch die Einführung einesnachhaltigeren Abfallwirtschafts-konzepts oder die Verbesserungder Energieeffizienz universitärer Gebäude. Darüber hinaus möch-te sie als Nachfolgerin von ArnoldKlotz die im Entwicklungsplan2010-2015 niedergeschriebenenInfrastrukturprojekte umsetzen.

Vizerektorin für Infrastruktur:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Bockreis.

Vizerektor für

Personal

 W olfgang Meixner, geboren1961 in Jenbach, begann

im Jahr 1982 das Studium der Europäischen Ethnologie/Volks-kunde an der Uni Innsbruck, daser 1989 mit dem akademischenGrad Mag. phil. abschloss. Esfolgte ein Doktoratsstudium an

der Geisteswissenschaftlichen Fa-kultät. Bereits ab 1994 war er amInstitut für Geschichte der UniInnsbruck, in der Abteilung für 

 Wirtschafts- und Sozialgeschich-te, wissenschaftlich tätig. 2001wurde er mit der Dissertation„Aspekte des Sozialprofils öster-reichischer Unternehmer im 19.Jahrhundert: regionale und sozi-ale Mobilität“ zum Dr. phil. pro-moviert. Sein Forschungsschwer-punkt liegt vor allem im Bereichder österreichischen Wirtschafts-,Sozial- und Kulturgeschichte. Zu-dem wirkte er bei zahlreichen

 Ausstellungen mit, u. a. „vertikal.Die Innsbrucker Nordkette. Eine

 Ausstellung in der Stadt“ des Ös-

terreichischen Alpenvereins undder Tiroler Landesausstellung2005. Von 2005 bis 2007 war er 

 Vorsitzender des Betriebsrates für das wissenschaftliche Personal,von 2007 bis 2012 war er als Vi-zerektor für Personal an der UniInnsbruck tätig und wurde nunerneut auf eine Dauer von vier Jahren zum Vizerektor für Per-sonal bestellt. Für Meixner liegtdas Hauptaugenmerk vor allemim Erkennen und Fördern desPotenzials von Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern im Rahmen der Ziele der Universität.

Vizerektor für Personal: Ass.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Meixner. 

Was sind die größten Herausfor-derungen, die Sie in den kommen-den vier Jahren erwarten? 

Märk:   Wie bereits im Hearingvor der Rektorswahl angespro-chen, wird die größte Herausfor-derung das Halten beziehungs-weise die Steigerung der hohenQualität in Forschung und Lehrebei gleichzeitigem Anstieg der Studierendenzahlen und wahr-

scheinlich gleichbleibendem Bud-get sein. Unter meinem Vorgän-ger Karlheinz Töchterle ist es inden letzten Jahren gelungen, dieUniversität Innsbruck nationalund international stark zu posi-tionieren. Diesen Weg möchteich fortsetzen, andererseits werdeich sicherlich spezifische Akzentesetzen, die mir persönlich für die

 Weiterentwicklung der Universität

Innsbruck wichtig erscheinen.

Bologna revisited

Gibt es ein bestimmtes Vorha-ben, das Sie während Ihrer Amts-zeit unbedingt umsetzen möchten? 

Märk: Einerseits möchte ichsehr rasch eine Nachjustierungder im Bologna-Vertrag veran-kerten Bachelor-, der Master- undPhD-Studien vorantreiben, ande-

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rerseits liegt mir eine vermehrte

Kooperation am Hochschulstand-ort und ein vermehrter Wissens-transfer von der Universität indie Gesellschaft sehr am Herzen.

 Auch eine moderate weitere Ver-besserung der Verwaltungsab-läufe und Optimierung der orga-

nisatorischen Strukturen stehenauf meiner Liste. Ein wichtigesProjekt ist für mich auch die Neu-strukturierung der PädagogInnen-ausbildung.

 Vor meiner Wahl habe ich au-ßerdem Folgendes formuliert:„Am Ende der von mir geleitetenRektoratsperiode wünsche ichmir zufriedene und hoch moti-

Vizerektor für Lehreund Studierende

R oland Psenner, geboren 1950,übernimmt ab 1. März das

  Vizerektorat für Lehre und Stu-dierende von Margret Friedrich.Er studierte Biologie, Limnologieund Biochemie an der Uni Inns-bruck, wo er auch promovierte.

 Von 1977 bis 1986 war er Postdocan der Österreichischen Akademieder Wissenschaften, wo er später als wissenschaftlicher Mitarbeiter forschte. Ein Jahr lang war Psen-ner als Raumplaner in seiner Hei-mat Südtirol tätig. 1991 wurde er 

außerordentlicher Uni-Professor in Innsbruck, 1997 ordentlicher Universitätsprofessor für Limnolo-gie. Sein Forschungsinteresse giltinsbesondere den Auswirkungendes Klimawandels auf alpine Öko-systeme wie Hochgebirgsgewäs-ser oder Gletscherregionen. Seit2010 leitet er den interfakultärenForschungsschwerpunkt „Alpiner Raum – Mensch und Umwelt“. Er engagiert sich seit vielen Jahren inUni-Politik und -Verwaltung, von

2001 bis 2004 war er Studiende-kan der naturwissenschaftlichenFakultät, seit 2008 leitet er als De-

kan die Fakultät für Biologie undwirkt darüber hinaus in in- undausländischen Forschungsgre-mien und -beiräten mit. RolandPsenner kennt die Uni Innsbruckebenso wie die österreichischeHochschullandschaft aus ver-schiedenen Blickwinkeln – als Wis-senschaftler, Lehrer und Berater.Diese vielschichtige Perspektivemöchte er sich auch als Vizerektor bei der Realisierung neuer Projek-te bewahren.

Vizerektor für Lehre und Studie-rende: O. Univ.-Prof. Dr. RolandPsenner.

Vizerektorin fürForschung

T ilmann Märks Nachfolgerinals Vizerektorin für Forschung

wird die 1961 geborene Astro-physikerin Sabine Schindler. Nachdem Studium an der Uni Erlangen-Nürnberg und der Promotion ander Ludwig-Maximilians-Univer-sität München 1992 forschte sie

u. a. an der University of Californiain Santa Cruz, am Max-Planck-Ins-titut für extraterrestrische Physikin Garching und an der LiverpoolJohn Moores University in Groß-britannien. 2002 wurde SabineSchindler nach Innsbruck beru-fen, seit 2004 leitet sie das Institutfür Astro- und Teilchenphysik. Seit2010 ist sie außerdem wirklichesMitglied der Österreichischen

  Akademie der Wissenschaften(ÖAW). Bisher leitete Schindler die Forschungsplattform „Sci-entific Computing“ – in dieser Funktion formte sie die Hochleis-tungsrechner-Strategie der UniInnsbruck maßgeblich mit, eine

 Aufgabe, die auch unter ihre Zu-

ständigkeiten als Vizerektorin fal-len wird. Zudem leitete SabineSchindler bisher das Universitäts-Forschungszentrum für Astro- undTeilchenphysik. Auch in der Lehreengagiert sich Schindler, unter anderem als Koordinatorin desvon der EU geförderten „ErasmusMundus“-Master-Programms in

  Astrophysik. Das Interesse der mehrfach ausgezeichneten Wis-senschaftlerin gilt der Erforschungvon Galaxienhaufen und Struktur-formationen im All, ein Feld, demsie sich auch als Vizerektorin wei-ter widmen will.

Vizerektorin für Forschung:Univ.-Prof. Dr. Sabine Schindler.

Tilmann Märk, der neue Rektorder Uni Innsbruck, wünscht sichvon der Politik mehr Verständnisfür die Situation der Studieren-den und Universitäten. 

vierte MitarbeiterInnen in allenBereichen. Im Idealfall sollten Stu-dierende und MitarbeiterInnenmit Stolz auf  ihre  Universität bli-cken und jede und jeder solltemit Freude an dieser Universitätstudieren und arbeiten.“ Das Er-reichen dieses Ziels ist für michganz entscheidend.

Was wünschen Sie sich von der Politik – abgesehen von mehr Bud-get? 

Märk: Von der Politik wünscheich mir mehr Verständnis für dieSituation der Studierenden undder Universitäten sowie, darauf basierend, das Schaffen von op-timalen Rahmenbedingungenund Voraussetzungen. Die finan-

zielle Ausstattung ist da nur ein– wenngleich wichtiger – Eckpfei-ler. Im Übrigen werben wir schonjetzt 20 Prozent unseres Budgetsdurch Drittmittelprojekte ein.

Partizipativer Führungsstil

Welche Aspekte waren für Sie bei der Zusammenstellung Ihres Füh-rungsteams besonders wichtig? 

Märk: Ich habe nach Persön-lichkeiten gesucht, die erstenshohe fachliche und soziale Kom-petenz aufweisen, die zweitens sowie ich für Teamarbeit, partizipa-tive Führung und Kooperation mitden anderen Gremien stehen unddrittens effizientes und modernesManagement beherrschen. Mitden nun im Unirat einstimmigbestätigten vier VizerektorInnenhabe ich meine Wunschkandida-tInnen im Team. Ich freue michsehr auf die Zusammenarbeit mitdiesen KollegInnen.Das Interview führte Eva Fessler.

Der neue Rektor Tilmann Märk setzt auf Teamarbeit und Kooperationmit anderen Gremien.  Fotos: Bockreis, M. Rabensteiner (2), E. Fessler, Uni Innsbruck (2)

«Mit den im Unirat einstim-mig bestätigten Vizerekto-rinnen und -rektoren habeich meine Wunschkandida-tInnen im Team.» Tilmann Märk

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Die „Grüne Schule“ macht

Karriere: Bis 2013 läuft ein

europaweites Lehr- und

Forschungsprojekt, das Dr.

Suzanne Kapelari koordi-

niert.

 Apfel- oder Kartoffelblüte, Huf-lattich – für viele, vor allem Ältere,einfach zu erkennen. Aber ebennicht für alle. „Wir erleben derzeitzwar einen Gartenboom, gleich-zeitig verschwindet das Wissenüber ganz alltägliche Pflanzen im-mer mehr. Wir stellen häufig fest,dass Pflanzen nicht mehr mit ih-rem Namen bezeichnet werdenkönnen. Sogar in Schulbüchernwird oft nur von ,Büschen‘ oder ,Bäumen‘ geschrieben“, berichtetDr. Suzanne Kapelari vom Institutfür Botanik der Uni Innsbruck. Vor 

Naturwissenschaftl icher Unterricht einmal anders: Im Rahmen des EU-

Projekts INQUIRE lernen Lehrkräfte „forschendes Lehren“ und ermöglichen

ihren Schülerinnen und Schülern einen ganz besonderen Zugang zu Wiss en.

Forschendes Lernen bringt

Projektpartner

 A n INQUIRE sind folgende Part-ner beteiligt: * Uni Innsbruck,

Botanischer Garten, und Fachdi-daktik Zentrum West für Naturwis-senschaften (PHT+Uni); * BotanicGardens Conservation International(Großbritannien); * Museo delle Sci-enze, Trento (Italien); * Royal Bota-nic Gardens, Kew (Großbritannien);

* Uni Bremen, Didaktik der Biologie(Deutschland); * University BotanicGardens at University of Sofia (Bul-garien); * SchulbiologiezentrumHannover (Deutschland); * Botani-scher Garten Bordeaux (Frankreich);* Lomonosov Moscow State Univer-sity Botanical Garden (Russland);* Naturhistorisches Museum, Bota-nischer Garten, Oslo (Norwegen);* King‘s College London Universi-

ty (Großbritannien); * Botanischer Garten der Universität Lissabon(Portugal); * Nationaler botanischer Garten Belgiens; * Botanischer Gar-ten der Uni Coimbra (Portugal);* botanika GMBH, Bremen (Deutsch-land); * Spanisches Institut für Na-turwissenschaftliche Forschung,Madrid (Spanien); * Königlicher Botanischer Garten Juan Carlos I.,Universität von Alcalá (Spanien).

Kinder verfügen über eine für Wissenschaftler wichtige Eigenschaft: Sie sind neugierig. Sie wollen wissen, warum etwas passiert und wie die

diesem Hintergrund ist am Insti-tut schon im Jahr 2000 die „Grü-ne Schule“ gegründet worden,

die von Kapelari geleitet wird. Was damals ganz klein begonnenhat, ist inzwischen eine fixe Grö-ße für das Institut und die Tiroler Schulen geworden. Rund 3000bis 4000 SchülerInnen besuchen

jährlich die „Grüne Schule“. Seit2005 waren es 19.143 Schüle-rInnen insgesamt, die mit Begeis-

terung in die Welt der Wissen-schaft eingetaucht sind.

Höherer Lerneffekt 

„Wir wissen aus der Forschung,dass naturwissenschaftliche Expe-

rimente im Klassenzimmer ge-ringe Lerneffekte haben, wennsie nur vorgeführt werden“, be-

tont Kapelari. „Wir wollen mit der ,Grünen Schule‘ und dem neu-en EU-Projekt INQUIRE einerseitszeigen, dass mit dieser Art, sich

 Wissen anzueignen, der Lerneffekthöher ist. Andererseits soll der 

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Wissen nd Saß

WEITERE INFORMATIONENwww.inquirebotany.org

Dr. Suzanne Kapelari stu-

dierte Biologie-Zoologie.Sie dissertierte am Institut für Pharmakologie und absolvierteihr Lehramtsstudium Biologieund Erdwissenschaften. Nachdem Unterrichtspraktikum aneinem Gymnasium folgtenProjekte für das Land Tirol, denLandesumweltanwalt und dieStadt Innsbruck. Im Jahr 2000übernahm sie die Leitung der „Grünen Schule“. Seit 2010koordiniert sie das EU-ProjektINQUIRE. Ein weiteres Projektist die Ausstellung „Hortus Me-dicus – Die Kraft der Pflanzen“im botanischen Garten vom30. Mai bis 10. Oktober (täg-lich 13 bis 17 Uhr).

zuR pERSON

SuzANNE kApELARI

Dinge funtionieren. Im Rahmen der „Grünen Schule“ am Institut für Botani önnen sie ihrem Forscherdrang nachgeben.  Fotos: Institut für Botanik

Unterricht für die Kinder und Ju-gendlichen spannender werden“,schildert die Wissenschaftlerin.„Wir wollen den Schülerinnenund Schülern außerdem zeigen,dass man Wissen durch Forschenselbst gewinnen kann und manbestehendes Wissen hinterfragensollte und es auch verschieden in-

terpretierbar ist“, nennt Kapelarizusätzliche Aspekte.Diese Art zu unterrichten ist ei-

ne Herausforderung – nicht nur für die Schülerinnen und Schüler,sondern auch für deren Lehrkräf-te. Damit diese ihren Unterrichtentsprechend gestalten können,braucht es Werkzeuge, die imRahmen von INQUIRE vermit-telt werden sollen. Insgesamt17 Partner aus elf europäischenLändern, darunter 14 botanischeGärten, nehmen an dem von der EU geförderten Projekt teil, dasvom Innsbrucker Uni-Institut auskoordiniert wird und noch bis2013 läuft. In diesen Gärten wirdjeweils ein 60-stündiger Fortbil-dungskurs für Lehrende entwi-

ckelt und durchgeführt. Mit Hilfedieses Kurses sollen die Lehrkräftein die Lage versetzt werden, „for-schendes Lernen“ zu vermitteln.

  Vermittelt wird nicht nur didak-tisches Wissen, sondern vor allemFachwissen, das an den Univer-sitäten und in den botanischenGärten vorhanden ist.

Lehrerfortbildung

Das Interesse der Schulen undLehrkräfte ist jedenfalls hoch. „Andem Lehrgang, der im Herbstgestartet ist, nehmen insgesamt14 Lehrerinnen und Lehrer al-ler Schultypen und aus allen Ti-roler Landesteilen sowie siebenEducators, Wissensvermittler vonaußerschulischen Einrichtungen,teil“, ist Kapelari stolz. Ein wich-tiger Aspekt ist dabei auch, dassder Kurs am Institut von der Pä-dagogischen Hochschule Tirolins Fortbildungsprogramm für Lehrende aufgenommen wur-de. Der IBES-Lehrgang (IBES =Inquiry-Based Science Education,übersetzbar etwa als „forschungs-

basierte Pädagogik“) umfasstdrei Module. Das erste befasst sichmit dem theoretischen Hinter-grund dieser Art der Wissens-vermittlung. Im zweiten Modu-le werden Strategien erarbeitet,wie solche „Forschungsprozesse“in der Schule unterstützt undLernfortschritte evaluiert werden

können. Das letzte Modul findetdann in den botanischen Gärtenstatt, in denen die Kinder undJugendlichen ihre Forschungsfra-gen in der Praxis bearbeiten. Wiein Innsbruck, wo der nächste Kursheuer im Herbst startet, findet dasProgramm auch in weiteren zehneuropäischen Ländern statt. Über eine eigene Plattform werden Er-fahrungen und Wissen aller Ins-titutionen ausgetauscht und die

 Angebote so weiterentwickelt. ImJuni 2013 sollen alle Ergebnissebei einem Kongress in Kew Gar-dens präsentiert werden.

[email protected]

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Demokratie ist nicht nur

Eckpfeiler einer ethischen

Gesellschaft, auch in Unter-

nehmen fördert sie die so-

ziomoralische Atmosphäre

und die Innovationskraft.

Druck und Stress am Arbeits-platz, keine Anerkennung seitensder Kollegen oder der Chefetage,vielleicht sogar Mobbing. Das

sind nicht nur unglaublich be-drückende Bedingungen für Ar-beitnehmer, auch das Unterneh-

men leidet darunter. Wenn mandiese Arbeitsbedingungen nun inihr positives Gegenteil verkehrt,unter Psychologen auch sozio-moralische Atmosphäre (SMA)genannt, stärken sie das proso-ziale Verhalten, die Innovations-bereitschaft und Kreativität der 

  Arbeitnehmer. Zu diesem Ergeb-

nis kamen Forscher rund um Dr. Wolfgang G. Weber vom Institut  für Psychologie der Universität

Innsbruck.„Die soziomoralische Atmo-sphäre bezeichnet jene Merk-male des Organisationsklimas,die das prosoziale Verhalten der 

  Arbeitnehmer fördern“, erklärt  Wolfgang Weber. „Das heißt,die Arbeitnehmer zeigen mehr Einfühlungsvermögen, mehr Ver-

lässlichkeit, Hilfsbereitschaft undSolidarität. Und zwar unterei-nander, aber auch im Umgang

mit ihren Vorgesetzten und demUnternehmen insgesamt.“ ImIdealfall hat die soziomoralische

 Atmosphäre auch Einfluss auf diedemokratische Einstellung der Mitarbeiter, was auch der Gesell-schaft zugutekommt.

Das Organisationsklima (Merk-male eines Unternehmens/ei-

Wie man ein gutes Arbeitsklima schaff t und damit sowohl Mitarbeiter als

auch Unternehmen stärkt, haben Innsbrucker Psychologen erforscht.

Mit gutem Arbeitsklima zuunternehmerischem Erfolg

Mit einer demokratischen Erziehung lässt sich eine schlechte soziomoralische Atmosphäre (SMA) teilweise kompensieren. Die Förderung derSMA im Unternehmen bewirkt aber weit mehr.  Foto: Shutterstock

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Dienstag, 14. Februar 2012 9

ner Großabteilung, die von denMitarbeitern einheitlich wahrge-nommen werden, Anm.) beein-flusst aber letztendlich nicht nur die Arbeitnehmersituation, auchauf das Unternehmen wirkt sicheine gute SMA positiv aus.

Bindende Werte

In Unternehmen mit guter so-ziomoralischer Atmosphäre wirdneben dem prosozialen Verhal-ten auch die Bindung an dasUnternehmen gestärkt. Diesewiederum fördert die Produkti-vität, wie Betriebswirte nachwei-sen konnten. Ein Argument, dassich immer mehr Unternehmer zu Herzen nehmen. Im Gegen-

zug nimmt in Unternehmen mitvernachlässigter soziomoralischer  Atmosphäre das Fehlerverhaltender Arbeitnehmer stark zu. ZumBeispiel wird auf das Firmeneigen-tum nicht mehr geachtet bzw.dieses unrechtmäßig an sich ge-nommen. Diese latente Sabotagekann in Summe großen Schadenam Unternehmen verursachen.Ein Schaden, der mit einer gutensoziomoralischen Atmosphärevermieden werden kann.

Demokratische Basis

Die soziomoralische Atmo-sphäre lässt sich in fünf Haupt-merkmale unterteilen, die so-wohl unter den Arbeitnehmerngelten als auch zwischen Arbeit-nehmern und Arbeitgebern. Einwichtiges Merkmal ist die Bereit-schaft in einem Unternehmen,über Konflikte offen zu sprechen.

  Auch ob der Umgang von kon-stanter gegenseitiger Wertschät-zung geprägt ist, kommt zumTragen. Darüber hinaus die Be-reitschaft, auf berechtigte private

Belange der Mitarbeiter Rücksichtzu nehmen, über Prinzipien imUnternehmen und Regeln offenzu diskutieren und sie gegebe-nenfalls auch ändern zu können.Das fünfte Merkmal, das die SMA

charakterisiert, ist die vertrauens-volle Übertragung von Verant-wortung auf die Mitarbeiter.

„Sehr intensiv geforscht habenwir in den letzten Jahren in Südti-rol, da sich eine gute Zusammen-arbeit mit dem Legacoopbund,dem Genossenschaftsbund für Handwerks- und sozialökono-mische Betriebe, ergeben hat.

  Verglichen wurden die – demo-kratisch strukturierten – Genos-senschaftsbetriebe mit privaten,hierarchisch strukturierten Unter-nehmen“, erläutert Weber. Dabeikonnte der starke Zusammenhangzwischen der soziomoralischen

 Atmosphäre und der Bindung ansUnternehmen bzw. auch dem

prosozialen Verhalten der Mitar-beiter nachgewiesen werden.Die Ausbildung einer guten

soziomoralischen Atmosphärebedarf jedoch einiger Vorberei-tung. Zu diesem Zweck geben

  Weber und seine Mitarbeiter auch Seminare und Schulungen.„Zum einen müssen Mitarbei-ter vorbereitet werden. An der Gruppendynamik und der Kom-munikation muss gearbeitet wer-den, am besten in teilautonomenGruppenarbeiten. Aber auch dieFührungskräfte bedürfen der Un-terstützung von Fachkräften. Siemüssen mit den Techniken der Organisationsentwicklung ver-traut gemacht werden“, betontder Innsbrucker Psychologe.

Meilensteinprojekt Tulsa

Eine weitere große Studie läuftderzeit in den USA. An der Univer-sität von Tulsa/Oklahoma konntezum einen die starke Korrelationzwischen soziomoralischer Atmo-sphäre und prosozialem Verhaltenauch in nordamerikanischen Un-

ternehmen belegt werden. Zumanderen wurde in Tulsa das Pro-jekt ausgebaut und in die Arbeits-praxis übertragen. „Unser Pro-jektmitarbeiter und ehemaliger Kollege in Innsbruck, Dr. Armin

Pircher-Verdorfer, forschte ent-sprechend in einem von Prof. Dr.Brigitte Steinheider von der Uni-versity of Oklahoma in Tulsa undPolizeichef Todd Wuestewald ini-tiierten Shared-Leadership-Modellim Broken Arrow Police Depart-ment mit“, erklärt Weber. Ange-sichts der streng hier archischenStrukturen in amerikanischen Poli-zeibehörden eine Revolution. DasShared-Leadership-Modell basiertauf einem Parlament, das aus ge-wählten Vertretern aus dem Po-lizeiwesen und aus berufenemFachpersonal besteht. So kannauch der Polizist von der Straßemittels des gewählten Vertretersim Unternehmen mitbestimmen.

Das demokratische Modell –quasi die Basis einer guten sozio-moralischen Atmosphäre – wirdauch im deutschsprachigen Raumimmer öfter umgesetzt. „Dassdieses über Jahrzehnte bestens

funktionieren und auch Krisenüberstehen kann, zeigen Firmenwie Wagner Solar in Marburg,

  Volkswagen oder die Raiffeisen-Banken“, stellt Weber fest. „Na-türlich kann es auch in demo-kratischen Unternehmen Krisenund schwarze Schafe geben. Die

  Wahrscheinlichkeit, dass ein de-mokratisches Unternehmen mitguter soziomoralischer Atmo-sphäre aber auf lange Sicht krea-tiver, innovativer und damit auchproduktiver arbeitet, ist mehr alsgroß. Und auch die Korruptionkönnte mit demokratischen Kon-trollorganen effektiv eingedämmtwerden.“ In der Demokratisie-rung von Großunternehmen wie

etwa Banken sieht Wolfgang We-ber deshalb auch die Chance für mehr Ethik in der Finanzwirtschaft.Ein Modell mit Zukunft in einer ethischen Gesellschaft eben.

[email protected]

Erfolgsprojektmit Zukunft

S

eit 2004 laufen die Projektezum Thema Organisationsklima

und soziomoralische Atmosphäreim Speziellen am Institut für Psy-chologie der Universität Innsbruck.Die Forschungen erstrecken sich

von Süd- über Nordtirol zum süd-deutschen Raum und mittlerweilebis nach Amerika. Der Kern der Forschergruppe besteht aus demProjektleiter Univ.-Prof. Dr. Wolf-gang G. Weber (l.), Mag.a Christi-ne Unterrainer (M.) und Dr. ArminPircher-Verdorfer (r.), der das Ko-operationsprojekt in Tulsa/Oklaho-ma mitbetreut hat und derzeit ander TU München lehrt.

Mit Blaulicht Richtung DemokratieIm Zuge der Tulsa-Studie erorschten Brigitte Steinheider (University o Okla-homa in Tulsa) und Armin Pircher-Verdorer in Zusammenarbeit mit Polizeiche Todd Wuestewald (Bild) die soziomoralische Atmosphäre im Broken Arrow Po-lice Department. Mit der Einührung des Shared-Leadership-Modells konntensowohl die soziomoralische Atmosphäre als auch die Identifkation mit demUnternehmen und die Innovationskrat gesteigert werden. Das Projekt wurde2010 mit dem IACP/Sprint Excellence in Law Enorcement Research Awardausgezeichnet. Fotos: Wuestewald, Weber, Unterrainer, Pircher-Verdorfer

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Dienstag, 14. Februar 2012 10

Anhand der Biographie

eines seiner Vorfahren

zeigt ein Innsbrucker Histo-

riker das Leben eines Ver-

treters des Bürgertums im

19. Jahrhundert.

Der typische Vertreter des Bür-gertums aus dem 19. Jahrhun-dert reiste viel, war Arzt, Beam-

Joseph Hundegger war Advokat und mit seiner Biographie einnahezu idealtypischer Vertreter des Bürgertums: Anhand des

Nachlasses des 1896 verstorbenen Tirolers lassen sich die historischen

Einschnitte des 19. Jahrhunderts besonders gut verfolgen.

Ein Bürger-IdealtypDer Nachlass von Joseph Hundegger (*1823, †1896) diente Matthias Egger als wertvolle Quellensammlung. Quelle: Universitätsverlag Wagner, Foto: Roland Kubanda

ter, Wissenschaftler, Unterneh-mer, Anwalt oder ging einemähnlichen Beruf nach, betätigtesich aktiv in Vereinen und hegteein auf persönliche Liebe und Zu-neigung bauendes Familien-Idealabseits der Ehe als Mittel bloßer Existenzsicherung. Ein Kopfgeldauf den preußischen Ministerprä-sidenten Graf Bismarck auszuset-zen, ist als Merkmal nicht zwin-

gend gefordert – im Fall JosephHundeggers zeigt diese Episodeaber einen interessanten Aspektseiner Persönlichkeit.

„1866, während des Kriegesmit Preußen, setzte Hundegger in der Tageszeitung ‚Presse‘ 100Gulden auf Bismarck aus“, erzähltMag. Matthias Egger. Er ist der Urururenkel von Joseph Hundeg-ger und arbeitet in einem aus sei-

ner Diplomarbeit entstandenenBuch die Biographie seines Vor-

  fahren auf. „Hundegger fühltesich zwar selbst der ‚DeutschenNation‘ zugehörig, lehnte aber –wie diese Anzeige deutlich zeigt– die so genannte ‚KleindeutscheLösung‘ strikt ab. Diese Haltunglässt sich auf seinen tiefen katho-lischen Glauben und die damiteinhergehende Anhänglichkeit

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Dienstag, 14. Februar 2012 11

an das Haus Habsburg zurückfüh-ren.“

Bewegte Zeiten

Joseph Hundegger erlebte aus-gesprochen bewegte Zeiten – da-runter auch die Revolution 1848(siehe Info-Box rechts). Die-se Zeit verbrachte der 1823 inGrießbruck bei Klausen gebore-ne Sohn eines Landarztes als Jus-Doktorand in Innsbruck. „DasJahr 1848 und besonders dieRevolutionszeit zwischen Märzund Juni nimmt einen bedeu-tenden Platz in Joseph Hundeg-gers Nachlass ein“, sagt Matthi-as Egger. Der bürgerlich-liberalmotivierte Aufstand gegen das

„System Metternich“ zielte auf breitere demokratische Mitbe-stimmung im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie undwurde besonders vom Bürger-tum und der liberalen Studen-tenschaft getragen. Auch erstenational motivierte Unabhängig-keitsbestrebungen vom Habs-burgerreich machten sich 1848bemerkbar. „Metternichs Regie-rung kennzeichnete sich durcheine außerordentlich unflexibleHaltung und einen Reformstill-

stand. Das Hauptaugenmerk lagdabei auf der Bekämpfung libe-raler und demokratischer Ideen“,erklärt Matthias Egger.

Hundegger selbst war von ers-ten Ergebnissen der Revolutionbegeistert, etwa der Aufhebungder Zensur und die Errichtungder Nationalgarden. So schreibter in einem Brief an seine Fa-

 Joseph Hundegger um 1870. Foto: Nachlass Joseph Hundegger

«Am Beispiel JosephHundeggers lässt sichauch ein sozialer Aufstiegs-prozess festmachen, dersich über drei Generationenerstreckte.»Matthias Egger Foto: Egger 

1848/49 – DieRevolutionsjahre

1 848/49 fanden in Mitteleu-ropa hauptsächlich vom libe-

ralen Bürgertum – aber auch vonder Arbeiterschaft – getragene

 Aufstände gegen die zu dieser Zeitherrschenden politischen und so-zialen Strukturen statt. Bedeuten-de Zentren der Revolution warenFrankreich, die Staaten des Deut-schen Bundes, die italienischeHalbinsel, das dreigeteilte Polenund das nach Unabhängigkeitvon habsburgischer Herrschaftstrebende Ungarn. Im Deutschen

Bund strebten die Revolutionä-

re hauptsächlich politische Frei-heiten im Sinne demokratischer Reformen und die nationale Eini-gung der verschiedenen Fürsten-tümer an. In einzelnen Regionenkam es in Folge der Aufständesogar zu kriegerischen Auseinan-dersetzungen, so auch in Nordita-lien, wo der erste italienische Un-abhängigkeitskrieg ausgefochtenwurde.

I n Wien nahm das Geschehen abdem Ausbruch der Aufstände im

März 1848 bürgerkriegsähnliche Ausmaße an: Kaiser Ferdinand I.floh im Mai 1848 mit seiner Fa-milie nach Innsbruck, das so für 

knapp zwei Monate auch proviso-

rische Hauptstadt der Monarchiewar. „Initialzündung“ für die Auf-stände war wesentlich die fran-zösische Februarrevolution von1848 und die damit verbundene

 Ausrufung der Zweiten Französi-schen Republik. Die Erhebungendauerten in den jeweiligen Staa-ten und Regionen unterschiedlichlange, im Oktober 1849 endetendie letzten Kämpfe mit der Kapi-tulation der ungarischen Unab-hängigkeitsbewegung. Trotz ihresvordergründigen Scheiterns präg-ten die Revolutionen von 1848/49die politische Kultur und das De-mokratieverständnis der meistenmitteleuropäischen Staaten lang-

fristig und nachhaltig.

Präsentation desHundegger-Buchs

D as Buch „‚Für Gott, Kaiser und Vaterland zu Stehen

oder zu Fallen ...‘ Die Aufzeich-nungen Joseph Hundeggersaus dem Revolutionsjahr 1848“von Matthias Egger wird am 22.März 2012 um 19.30 Uhr imUniversitätshauptgebäude imUniversity-of-New-Orleans-Saalvorgestellt.

milie am 19. März 1848: „DenJubel sollten Sie sehen, der hier allgemein herrscht, allüberall

  Vivat, allüberall Bänder und all-überall ungetrübte Freude. […]Die Pressfreiheit ist eine sehr ge-

 fürchtete Sache, allein gewiß mitUnrecht schädlicher erachtet, alseine schlechte Censur […]. EineNacht habe ich vor Freude u[nd]

 Aufregung ganz Schlaflos zuge-bracht, 2 Tage fast nicht essenmögen und bin vor Freude undBerührung fast krank. […] Wasman 30 Jahre gehofft, aber nichtso vollendet zu hoffen gewagt,das hat der 15. März gebracht.“

 Als Mitte März in der Lombar-dei und in Venetien Aufständegegen die Habsburgerherrschaftausbrachen und erste Forde-rungen nach einer Loslösung der italienischsprachigen GebieteTirols von der Innsbrucker Re-gierung laut wurden, schwandHundeggers Begeisterung für 

die Revolution. Als Mitglied einer Studentenkompanie zog er zur Niederschlagung der Aufständenach Südtirol.

Sozialer Aufstieg

  Am Beispiel Joseph Hundeg-gers lässt sich auch ein sozialer 

  Aufstiegsprozess festmachen,der sich über drei Generationenerstreckte. „Während sein Groß-vater wohl noch der städtischenUnterschicht zuzurechnen war,schafften es sein Vater, und ins-besondere Joseph Hundegger selbst, durch den Erwerb von Bil-dungsdiplomen, berufliche Kom-petenz und persönlichen Ehr-geiz, die Familie im Bürgertumzu etablieren“, erklärt Matthi-

as Egger. Ein weiteres Merkmal  für diesen Aufstiegsprozess sindauch die erweiterten Heirats-kreise. Hundegger selbst heirate-te im Jahr 1857 die Tochter desBürgermeisters von Murau, dieer seiner Mutter in einem Brief wie folgt beschreibt: „ZwanzigJahre, niedlich, gesund, etlichetausende als Nothpfennig undreiche Verwandte, Tochter un-seres Bürgermeisters und Han-delsmanns, bedeutenden Gü-terbesitzers, etc. Mama ich binganz glücklich!“[email protected] 

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Dienstag, 14. Februar 2012 12

Die Berge sind in strah-lendes Weiß getaucht, dieSonne lacht vom Himmel:Wer denkt in solchen Mo-menten an Lawinengefahr?

  Auch wenn sich der Winter vonseiner besten Seite zeigt, istdie Gefahr trotzdem oft nichtweit entfernt, wenn man auf 

Skitourengeher wissen, dass sie sich über die L awinengefahr informieren

müssen. Zur Risikoberechnung gibt es verschiedene Methoden. Christian

Pfeifer ist auf der Suche nach dem aussagekräftigsten Verfahren.

Welches Risiko

birgt die Skitour?

Lawinen werden für Tourengeher schnell zur tödlichen Falle. Sie brauchen verlässliche Systeme zur Risikoabschätzung.  Foto: Böhm

einer Skitour unterwegs ist. Mitabsoluter Sicherheit kann zwar niemand die Lawinengefahr vo-raussagen, die Statistik hilft aber,das Risiko zu minimieren. Es gibtmehrere Methoden, als Skitou-rengeher die Lawinengefahr ab-zuschätzen. Am bekanntestensind wohl die Munter-Methode,die „Snow-Card“ des Deutschen

 Alpenvereins (DAV) und „Stop or 

Go“ des Österreichischen Alpen-vereins (OeAV).

Ähnliche AnsätzeDas Grundprinzip dieser Be-

rechnungen ist ähnlich: Werner Munter berechnet in seiner „Re-duktionsmethode“ das Risiko an-hand einer Formel. Dazu wird zu-nächst das Gefahrenpotenzial er-mittelt. Dies geschieht entweder 

nach Augenmaß vor Ort oder mitHilfe des Lawinenlageberichts. An-hand von Reduktionsfaktoren wieHangneigung und Ausrichtungwird dann das Restrisiko ermittelt.

 Auch der Faktor Mensch spielt beider Ermittlung des Restrisikos eineRolle. Die „Stop or Go Card“ ba-siert ebenfalls auf Munters Metho-de und schätzt in einem zweitenSchritt die lawinenbildenden Fak-

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Dienstag, 14. Februar 2012 13

toren auf ihre Gefährlichkeit ein.Die „Snow Card“ von Martin Eng-ler und Jan Mersch setzt auf denFaktorencheck (letzter Schneefall,

  Wind, Temperatur, Altschnee-oberfläche, Altschneetiefe).

Nicht ohne Makel

Doch alle Systeme haben ei-nen Makel: „Diese Verfahren sindnicht empirisch fundiert. Das be-deutet, dass die derzeit verwen-deten Entscheidungsmethodenunsicher sind“, erklärt ChristianPfeifer, Statistik-Experte an der Universität Innsbruck. Genau die-sen Makel möchte der Wissen-schaftler mit einer ausgefeilterenMethode beheben.

„Optimal wäre es, wenn wir konkrete Begehungszahlen hätten,mit denen wir arbeiten könnten,um eine präzisere Entscheidungs-strategie zu entwickeln“, berich-tet Pfeifer. Belastbare Zahlen ge-be es für den gesamten österrei-

chischen Raum aber nicht, einvon den Forschern eingereichtesProjekt zur Finanzierung der Er-mittlung der Begehungsdatenwurde bisher abgelehnt. Pfeifers

  Vorschlag, um die Begehungs-daten zu ermitteln, klingt simpel:

  An markanten Punkten, beson-ders aussagekräftig wären Kreu-zungen mehrerer Routen, wolltensich die Forscher zwei Winter langan einer bestimmten Anzahl Ta-

gen im Jahr positionieren, um dieTourengeher zu zählen und zubefragen.

Da die genaue Erhebung der Begehungszahlen im Momentnoch nicht möglich ist, suchtendie Wissenschaftler nach anderenbelastbaren Daten. Dabei stießenChristian Pfeifer und sein Teamauf offizielle Unfallstatistiken, diezumindest einen Teil der Unfäl-le erfassen. Dennoch bleibt dieDatenlage unvollständig: VieleUnfälle werden nicht statistischerfasst, da sich die Tourenge-her selbst helfen können. „Mankann davon ausgehen, dass die-se nicht wollen, dass ihr Unfallpublik wird“, vermutet Pfeifer.Unfälle mit Bergungseinsätzen

oder Todesopfern und registrier-te Lawinenabgänge fließen un-ter anderem in das Datenmate-rial ein, auf das sich die Forscher stützen. Das Team untersuchtezunächst, an welchen Tagenes Unfälle gab, und leitete da-raus mit Hilfe eines statistischenModells eine Methode der Risiko-berechnung ab. Dieses sieht vor,zu den Faktoren Hangneigung,Exposition und Lawinenwarnstufeden Faktor der bisherigen Unfällehinzuzufügen, um die Entschei-dungsmethoden sicherer zu ma-chen. Eine einfache Matrix miteinem rot-gelb-grünen Ampelsys-tem soll das Modell anwender-

 freundlich machen.

Systeme vereinen

Gedanklich sind die Forscher aber schon einen Schritt weiter:„Wir haben nun die Idee, die ver-schiedenen Entscheidungsstrate-gien über subjektive Wahrschein-lichkeiten zusammenzubringen“,blickt Pfeifer in die Zukunft undsetzt gleich noch eine Vision nach:„Eines Tages ist es vielleicht mög-lich, das eigene System mit TIRIS,der Geodatenbank des Landes Ti-rol, zu vernetzen und sich danndie aktuelle Entscheidungshilfeper SMS auf ein Mobiltelefon sen-

M gue Eschedugssege wäe vellech wege Lweesäze ög. Fotos: Zoom-Tirol, Uni Innsbruck

Experte fürAlpinstatistik

C

hristian Pfeifer studierte

in Innsbruck Mathema-tik. Nach seiner Dissertationam Institut für Mathema-tik begann er, sich intensivmit Statistik zu beschäftigen.Seit 15 Jahren liegt sein In-teresse im Bereich der Al-pin- und Lawinenstatistik. ImJahr 2009 habilitierte Christi-an Pfeifer an der Fakultät für   Volkswirtschaft und Statistik.Heute betreut er selbstständigStatistik-Projekte und ist Pri-vatdozent an der UniversitätInnsbruck.

zur pErson

christian pfEifEr

«uee e a-wege egebe eekle tede vemeeödl veledeLweälle.»

Christian Pfeifer

den zu lassen. Technisch wäre dassicherlich heute schon machbar.“

Um das Thema zu vertiefen, bie-tet die Uni Innsbruck erstmals ein  Alpinstatistik-Seminar für Disser-tanten an. Sie beschäftigen sich indiesem Seminar auch mit der Mög-lichkeit, die verschiedenen Sys-teme zu kombinieren. Außerdemanalysierten sie hier die zeitlicheEntwicklung von Lawinenunfällenund entwickelten eine Datenbankmit Datenmaterial aus 22 Jahren.Eine Überraschung erlebten dieForscher, als sie die Anzahl der To-desopfer pro Jahr unter die Lupenahmen: Im Gegensatz zur öffent-lichen Meinung, die von sinken-den Unfallzahlen ausgeht, fanden

sie eine zumindest statistisch er-wähnenswerte Tendenz zu mehr Lawinentoten. „In dieser Zeitreihesehen wir eine klare Tendenz zuvermehrten tödlich verlaufendenLawinenunfällen“, merkt Pfeifer an. Eines ist für ihn sicher: „DieRisikoabschätzung für Touren-geher ist auch weiterhin ein heißesThema.“ 

[email protected]

WEitErE inforMationEnhp://sudclud.cm/usbuck/ukke-

lwessk

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Dienstag, 14. Februar 2012 14

Das Engagement der Pazi-

fistinnen im späten 19. und

frühen 20. Jahrhundert

reichte teilweise über die

nationalen Grenzen hinaus,

dennoch wurde es aus dem

kollektiven historischen Ge-

dächtnis ausgeklammert.

Dr. Laurie R. Cohen untersuchte das Wirken von Frauen, die sich zwischen

den beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts für Antimilitarismus

und Pazifismus engagierten. Mit ihrer Fors chungsarbeit möchte sie die

„vergessenen Frauen“ wieder sichtbar machen.

Frauen sind nicht das

friedlichere Geschlecht

Helene Granitsch arbeitete gemeinsam mit Bertha von Suttner an der Organisation der Österreichischen Friedensgesellschaft. Foto: ÖNB/Bildarchiv 200494D

Kriege und bewaffnete Konfliktesind keine Phänomene der Ver-gangenheit, sondern finden heu-te noch entgegen der Haltungenvieler Menschen statt. Infolge-dessen nimmt das Bemühen um

  Weltfrieden in der Geschichteder Menschheit einen entschei-denden Platz ein. Der Weltfriedenist ein gesellschaftlich normatives

Ideal, das viele engagierte Bür-gerinnen und Bürger anzustre-ben versuchen, dafür kämpfenund deren Engagement nicht in

 Vergessenheit geraten sollte. Vor allem der Aspekt, dass Frauen beiden politischen Entscheidungs-prozessen kaum präsent sind undihre Beiträge und Leistungen nachwie vor als Randerscheinungen

behandelt werden, war der Aus-gangspunkt für die großange-legte Forschung von Dr. LaurieR. Cohen. „Ist die scheinbare Ab-wesenheit der Frauen ein Zeichenmangelnden Interesses, stummer Unterstützung oder Marginalisie-rung? Zu diesem Thema liegenkaum Untersuchungen vor“, er-klärt Cohen. Primär interessierte

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Dienstag, 14. Februar 2012 15

Frauen demonstrieren am Internationalen Frauentag für ihre Rechte inDhaka.  Foto: Soman/Creative Commons-Lizenz

sie die Trennung zwischen der Friedens- und Frauenbewegung,auf die sie in ihrer Forschungsar-beit immer wieder stieß. „Sowohldie feministische als auch die pa-zifistische Geschichtsschreibungbehandelten den Feminismusund den Pazifismus als voneinan-der getrennte Sphären. Fast so,als hätten die Zielsetzungen der Bewegungen keine Gemeinsam-keiten oder Synergien. Dies magvielleicht ideologische oder tak-tische Motive haben“, so Cohen.Ihr Befund ist ein anderer: „Diestarke Verbundenheit, der ge-meinsame Geist und die Zusam-menarbeit der Feministinnen, Pa-zifistinnen und der feministischen

Pazifistinnen geht aus den histo-rischen Primärquellen eindeutighervor.“

Vergessene Aktivistinnen

Cohen untersuchte die Biogra-phien und Aktivitäten von Frauen,die sich im späten 19. Jahrhun-dert und frühen 20. Jahrhundertin Österreich-Ungarn, Deutsch-land, Russland und den USA für 

  Antimilitarismus und Pazifismuseinsetzten und dabei auch eineninternationalistischen Weg ver-folgten. Tatsächlich sind indesnur wenige dieser außergewöhn-lichen Frauen bekannt. Lediglichdie Namen der beiden erstenFriedensnobelpreisträgerinnenBertha von Suttner und Jane Ad-dams, die den Nobelpreis in denJahren 1905 und 1931 erhielten,sind den meisten namentlich ver-traut. Demzufolge war es Cohenein großes Anliegen, diese Ein-seitigkeit in der Geschichtsschrei-bung auszugleichen und die ver-gessenen Frauen oder „frechenFrauen“, wie sie die Frauen selbst

bezeichnet, sichtbar zu machen.„Diese Frauen setzten sich für menschenwürdigere Lebensbe-dingungen sowohl auf lokaler alsauch nationaler und internatio-naler Ebene ein. Ihre konkreten

  Anliegen konzentrierten sich da-bei auf das Prinzip der demokra-tischen Diskussion, auf Erziehungund Bildung, auf die Beseitigungvon Waffen und militärischenStrukturen, auf Selbstbestimmungund auf die grundlegenden Men-schenrechte.“ Die Frauen tratenmit geschärftem Verstand undenormem Selbstbewusstsein auf,um ihren Stimmen Gehör zu ver-schaffen und die Männer von ih-rem Pazifismus zu überzeugen.Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

war es nämlich verpönt, dass sicheine Frau in der Politik oder in der Öffentlichkeit äußert, geschwei-ge denn aktiv daran teilnimmt.Durch Ehrgeiz und Beharrlich-keit, zwei Eigenschaften, die dieseFrauen bewegten, konnten vieleder zu erreichenden Ziele er-möglicht werden. So forderte dieösterreichisch-ungarische Staats-bürgerin und Mitbegründerinder Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, kurz I.F.F.F.,Rosika Schwimmer, im Jahr 1915die Ministerpräsidenten, Außen-minister, Könige als auch denPapst eindringlich dazu auf, sichfür das unverzügliche Ende desKrieges einzusetzen. „Frauen sind

nicht das friedlichere Geschlecht“,sagt Cohen. „Frauen setzen in ih-rer Funktion als Pazifistinnen die

  Waffen ein, die ihnen zur Verfü-gung stehen, und das sind die

  Waffen des Verstandes und der Sprache.“

Ein Wesensmerkmal, das diemeisten Pazifistinnen ihrer Zeitmiteinander verband, ist ihre in-

ternationale oder zumindest trans-atlantische Aktivität. Ein Beispielhierfür ist die amerikanische Pa-zifistin Andrea Hofer Proudfoot,die ihren Aufenthaltsort zwischenden USA und Österreich wechsel-te. Sowohl in dem einen als auchin dem anderen Land engagiertesie sich im Rahmen der Frauen-friedensbewegung, organisiertezum Teil den 21. InternationalenFriedenskongress oder begleiteteBertha von Suttner bei ihrer Vor-tragsreise durch die USA. Für ihre

 Verdienste wurden Proudfoot imJahr 1928 die Salvator-Medailleder Stadt Wien und das silberneEhrenzeichen der Republik Öster-reich verliehen. Zudem wurde sie

auch zum Ehrenmitglied der Uni-versität Innsbruck ernannt. Der inChicago veröffentlichte Nachruf auf ihre Person barg keinen Hin-weis auf ihre Friedensarbeit. „Umeinen Überblick über ProudfootsEngagement zu erhalten, ist esnotwendig, zahlreiche über den

  Atlantik verstreute Details ihresLebenswegs in den USA und Ös-terreich zu einem Gesamtbild zukombinieren“, sagt Cohen. „Dievon mir untersuchten Personenbewegten sich sowohl gedanklichals auch körperlich innerhalb wieaußerhalb ihrer nationalen Gren-zen und entwickelten so ein zu-nehmend weltbürgerliches Selbst-verständnis.“

Neue Pazifistinnen

Das auf drei Jahre angelegteFWF-Forschungsprojekt „Pazifis-

tinnen im neuen Kontext. Ein trans-atlantischer Dialog (Elise-Richter-Programm)“ ist zwar offiziell 2010beendet worden, das Thema er-laubt aber aufgrund seiner Ge-genwärtigkeit nachfolgende For-schungen. So lässt sich die Aktuali-tät des Forschungsthemas anhandvon gegenwärtigen Bewegungenwie der Occupy-Bewegung oder der Friedensbewegung Code Pinkerkennen. „Die neuen Aktivis-tinnen sind die Gründerinnen der US-amerikanischen Friedensbewe-gung Code Pink, deren oberstesZiel die Beendigung des Irakkriegswar. Die Bewegung wird dabeivorwiegend von Pazifistinnengetragen“, erklärt Cohen. Der Name der Bewegung spielt da-

bei auf zwei Punkte an, einerseitswird damit auf das von George  W. Bush und seiner Regierungeingeführte Farbcodesystem Be-zug genommen – der FarbcodePink ist zwar heikel, aber nochnicht derart gefährlich wie der Farbcode Rot – und andererseitswird die Farbe Pink immer nochmit Weiblichkeit in Verbindunggebracht.

[email protected] 

«Frauen setzen als Pazifis-tinnen die Waffen ein, dieihnen zur Verfügung stehen:die Waffen des Verstandesund der Sprache.»Laurie R. Cohen Foto: Cohen

InternationalerFrauentag

D er erste Frauentag wurdeam 19. März 1911 in Dä-

nemark, Deutschland, Öster-reich-Ungarn und der Schweizgefeiert, nachdem sich die

deutschen Sozialistinnen ClaraZetkin und Käte Duncker beider Internationalen Sozialisti-schen Frauenkonferenz in Ko-penhagen im Jahr 1910 dafür eingesetzt hatten. Die Idee zur Einführung eines Frauentageskam aus den USA. Die ameri-kanischen Sozialistinnen grün-deten dort ein nationales Frau-enkomitee, das beschloss, einennationalen Kampftag für dasFrauenwahlrecht in die Wegezu leiten. Der erste Frauentag inden USA fand bereits im Febru-ar 1909 statt und war ein voller Erfolg. Erst einige Jahre später wurde der 8. März zum „Inter-nationalen Frauentag“ erklärt.

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Dienstag, 14. Februar 2012 16

Rund 12.000 Menschenbeherrschen die in Öster-reich verwendete Österrei-chische Gebärdensprache(ÖGS). Schnelle Kommuni-kation mit Menschen, diedie Sprache nicht können,fällt allerdings schwer.

Überset zungen sind für Computer kein großes Problem mehr, genauso

wenig die Übertragung von Gesprochenem in Schrift . Nur eine Lücke

gibt es noch: die automatische Übersetzung von Gebärden.

Übersetzungslückenschließen

Zwei Menschen unterhalten sich in Gebärdensprache. Die Interpretation dieser Sprache ist derzeit noch nicht durch Computer möglich. Foto: iStockphoto

Gesprochene Worte niederschrei-ben, Geschriebenes vorlesen oder von einer Sprache in die ande-re übersetzen – alles das könnenComputer bereits. Manches aus-gezeichnet, anderes eher holprig,aber die grundlegende Technikfunktioniert und kommt auchimmer mehr im Alltagslebenzum Einsatz: Etwa durch Über-

setzungs-Seiten im Internet oder Sprachensteuerung moderner Smartphones. Nur eine Lücke indieser „Übersetzungskette“ gibtes noch: Bislang konnten Com-puter Gebärdensprache nicht ver-stehen und damit auch nicht ingesprochene oder geschriebeneSprache übertragen.

Diese Lücke wiegt umso

schwerer, als Hörende nur sel-ten Gebärden verstehen und dieKommunikation zwischen Hö-renden und Menschen mit einer Hörbehinderung deshalb häufignur über den Umweg der Schrift-sprache einwandfrei funktioniert.Der Informatiker Prof. JustusPiater von der Universität Inns-bruck hat sich dieses Problems

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Dienstag, 14. Februar 2012 17

J ustus Piater (* 1968) stu-dierte an der TU Braun-

schweig und der UniversitätMagdeburg und schloss 1994mit dem Diplom ab. Danachging er als Fulbright-Stipendi-

at an die University of Massa-chusetts Amherst (USA), wo er 1998 einen M.Sc. und 2000einen Ph.D. in Computer Sci-ence erwarb. 2002 wurde er zum Professor für Informatikan der Université de Liège inBelgien berufen, seit 2010 ister Professor für Informatik mitdem Schwerpunkt Intelligen-te Systeme in Innsbruck. SeinInteresse konzentriert sich auf die semantische Interpretati-on visueller Wahrnehmungs-inhalte, beispielsweise durchautonome Roboter, die mitihrer Umgebung interagie-ren, oder die Interpretationmenschlicher Gebärden.

zur person

justus piater

 Wo heute noch Menschen Übersetzungsarbeit leisten, sollen bald Computer einspringen – auch in der Übersetzung  von Gebärden sollen sie in absehbarer Zeit zum Einsatz kommen. Foto: Shutterstock

angenommen: „Wir haben unsvorgenommen, Gebärdenspracheso wie gesprochene Sprache vonComputern transkribieren zu las-sen.“ Das über drei Jahre laufendeProjekt namens „SignSpeak“ wirdim April 2012 beendet und wur-de von der EU-Kommission ge-fördert, die Innsbrucker Informa-tiker arbeiteten mit Partnern ausmehreren europäischen Ländernzusammen.

Videoanalyse

Die Technik und erforderlicheRechenleistung hinter diesemeinfach klingenden Projekt istenorm: Der Computer muss, imIdealfall, die Handbewegungen

und die Mimik eines Gebär-denden genau analysieren undin Echtzeit in geschriebene oder gesprochene Wörter übertragen.„Gebärdensprache ist sehr kom-plex, in vielerlei Hinsicht komple-xer als gesprochene Sprache undauch nicht zwingend eins zu einsdamit vergleichbar“, erklärt JustusPiater. So werden zum Beispielunterschiedliche Wörter mit denHänden genau gleich gebärdetund unterscheiden sich ledig-lich durch den Gesichtsausdruckdes Gebärdenden. Auch Vernei-nungen werden hauptsächlichdurch die Mimik bestimmt, wieJustus Piater ergänzt: „Der Satz‚Ich gehe ins Kino’ und der Satz‚Ich gehe nicht ins Kino’ sehengleich aus, wenn man nur auf dieHände achtet.“

Gesprächskontext wichtig

Eine Besonderheit der Gebär-densprache ist auch die Möglich-keit, Personen oder Gegenständevirtuell im Raum „abzulegen“ –wenn eine Person im Gespräch

öfter auftaucht, kann ihr etwa der Platz links unten zugewiesen wer-den, und immer dann, wenn der Gebärdende die Person nennt,zeigt er nach links unten undmuss nicht erst den Namen ge-bärden. „So entsteht eine Vielzahlvon möglichen Bedeutungen, dieauch vom jeweiligen Gesprächs-kontext abhängen.“ Was für Menschen relativ leicht fassbar ist, stellt Maschinen vor größereProbleme: „Hände sind ausge-sprochen komplex und die Bewe-gungen und Gebärden, die damitmöglich sind, sehr umfangreichund unterschiedlich“, sagt JustusPiater. Moderne Computer schaf-fen es zwar, die Hände zuverlässigzu verfolgen – die Rechnerkapazi-

tät und aufwändigen manuellenEinstellungen, die dafür nötigsind, sind allerdings nicht für den

 Alltagsgebrauch geeignet.

Bedeutende Schritte„Wir haben zwar Fortschritte in

der automatischen Beobachtungvon Gesichtern und auch bei der Hand-Verfolgung gemacht. Ganzkonnten wir das Ziel, Gebärdenschnell und zuverlässig überset-zen zu können, aber noch nichterreichen“, sagt Justus Piater. Zukomplex ist diese Aufgabe derzeit

noch. „Aber unsere europäischenPartner und wir haben gezeigt,dass es prinzipiell machbar ist –mit einem beschränkten Vokabu-lar schafft unser System die Über-setzung zufriedenstellend, praxis-tauglich ist das nur leider nochnicht.“

Besonders im Gesichts-Trackingist dank der Fortschritte in diesemProjekt eine wesentlich zuverläs-sigere Anwendung möglich. „Ge-sichter sind leichter zu tracken alsHände – sie sind charakteristischer,jedes Gesicht hat zwei Augen, die

sich grundsätzlich nicht an voll-kommen anderen Orten befindenkönnen als unter der Stirn, undwenn der Computer weiß, wodas eine Auge ist, weiß er auch,wo das zweite ist“, erklärt JustusPiater. Bei Händen ist das durchdie Vielzahl an Bewegungen we-sentlich komplexer.

Die Fortschritte, die die Inns-brucker Wissenschaftler mit ih-ren Partnern aus anderen euro-päischen Ländern gemacht ha-ben, sind auch für die Forschungin anderen Bereichen nützlich:„Denkbar wäre zum Beispiel einEinsatz im Operationssaal – ein

 Arzt kann Befunde mittels Hand-bewegungen und Gebärden ein-

geben, ohne einen Computer be-rühren zu müssen“, nennt JustusPiater ein Beispiel. Auch in der 

  Werbewirtschaft und allgemeinin Computer-Interfaces sind so-wohl Gestensteuerung als auchSteuerung mittels Verfolgung der 

  Augen denkbar. Auch die Film-branche könnte auf komplizierte

  Anzüge mit Sensoren und Mar-kern im Gesicht für Darsteller voncomputeranimierten Charakterenverzichten – Gesichts- und Hand-Tracking könnte diese Art der Übertragung überflüssig machen.Und wer weiß: In wenigen Jahrenist vermutlich auch die Echtzeit-Übersetzung von Gebärden-sprache kein Problem [email protected] 

«Häd d gchkmlx d d Gbäd,

d m h möglch d,h mfgch.»Justus Piater

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Dienstag, 14. Februar 2012 18

Andreas Exenberger und

Josef Nussbaumer verglei-chen in einem Gedanken-

experiment Innsbruck und

die Welt und geben un-

vermutete Einblicke in die

Lebensrealitäten in der

Tiroler Metropole.

  Wir schreiben das Jahr 2000,in dem das fiktive Weltstädtchennamens Inns’Bruck genau 100 Ein-wohner mit Hauptwohnsitz und 8

 Wohngebäude (davon 2 Einfami-lienhäuser) zählt. Es ist 300 Quad-ratmeter groß, verfügt über einStraßennetz von 300 Meternsowie über 70 Meter Radweg.„2000 lebten real 112.500 Men-schen in Innsbruck. Wir habendaher alle statistischen Angabendurch den Wert 1.125 dividiert,um die Demografie, Wohn-, Ar-beits- und Konsumverhältnissesowie den Ressourcenverbrauchgreifbarer und global vergleich-bar zu machen“, erklärt Ass.-Prof.

  Andreas Exenberger den Hinter-

grund des Experiments, dessenErgebnisse er und Ao. Univ.-Prof.Josef Nussbaumer im Band „Poli-tik in Tirol. Jahrbuch 2012“ ver-öffentlicht haben. Das Jahr 2000dient den Wissenschaftlern vomInstitut für Wirtschaftstheorie,-politik und -geschichte dabeiauch als Referenzpunkt, um Ver-änderungen im Zeitablauf zu zei-gen. So gab es im Jahr 1900 inInns’Bruck erst 44 Hauptwohn-sitze, 2010 hingegen bereits 106.Der Bevölkerungsanstieg der ver-gangenen Jahre resultiert aus demZuzug aus dem Umland, dennim fiktiven Städtchen Inns‘Bruckwird jährlich eine Person geborenund eine stirbt. Neben den 106Einwohnern mit Hauptwohnsitz

Überschaubarer machen Wissen-

schaftler die Lebensverhältnisse in

Innsbruck, indem sie die Landes-

hauptstadt in ein fiktives Städtchen

mit 100 Menschen verwandeln.

Inns‘el der Seligen

Innsbruck ist Vorlage ür das fktive Weltstädtchen Inns‘Bruck in einemExperiment Innsbrucker Forscher.  Foto: Shutterstock

leben in Inns’Bruck 2010 noch

weitere 19 Personen mit einemNebenwohnsitz. Von den insge-samt 125 Anwesenden haben101 die österreichische Staats-bürgerschaft, 14 sind EU-Bür-ger, 10 Menschen stammen auseinem Nicht-EU-Land. Statistischwahrnehmbar sind in Inns’Bruck5 deutsche und 5 italienischeStaatsbürger (Letztere vor allemaus Südtirol), 2 türkische sowieje einer aus Serbien und Bosnien-Herzegowina. „Statistisch gibtes in unserer fiktiven Stadt kei-nen einzigen Afrikaner“, ergänztJosef Nussbaumer. Inns’Bruck istaußerdem nicht besonders poly-glott: Neben Deutsch liegen beiden Muttersprachen nur jugo-slawische Sprachen und Türkischüber der statistischen Wahrneh-mungsschwelle, als Zweitsprachesind (neben Deutsch) nur Eng-lisch und – weit weniger – Italie-nisch einigermaßen verbreitet.

Globaler Vergleich

Die Idee, die Innsbrucker Le-bensverhältnisse auf eine über-

schaubare Einwohnerzahl von100 herunterzubrechen, ist dieFortsetzung eines Gedankenexpe-riments, das Andreas Exenberger und Josef Nussbaumer bereits vor drei Jahren sehr erfolgreich für diegesamte Welt durchgeführt ha-ben. Die Zahlen, die sie für das

  fiktive 100-Einwohner-Dorf Glo-bo errechnet haben, vergleichensie mit jenen von Inns’Bruck undkommen in ihrer Publikation zudem Ergebnis, dass Tirols Lan-deshauptstädtchen nicht vondieser Welt ist. „Wenn man sichbestimmte Zahlen anschaut, wirdeinem bewusst, wie gut Innsbruckim globalen Vergleich dasteht.Gerade in Zeiten, in denen sichviele Menschen vielleicht nicht

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Dienstag, 14. Februar 2012 19

Das fktive 100-Einwohner-Städtchen Inns‘Bruck, dargestellt als eine Art Insel, die durch Brücken mit dem Rest von

 Tirol verbunden ist, in dem im Jahr 2000 rund 500 Menschen lebten. Foto: Stefan Neuner

Schule

Einblicke in Inns'Bruck

und Globo geben der 

Artikel „Ist Innsbruck von

dieser Welt“ in „Politik in

 Tirol. Jahrbuch 2012“,

Herausgeber Ferdinand

Karlhofer und Günther 

Pallaver, sowie das Buch

„Unser kleines Dorf. Eine

Welt mit 100 Menschen“

von Josef Nussbaumer,

Andreas Exenberger und

Stefan Neuner.

Inns'Bruck Globo

Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) 81,6 67,9

Menschen im Sozialversicherungssystem 100 ca. 20

Kinder im schulpflichtigen Alter, die arbeiten müssen 0 von 8 4 von 20

arbeitslos oder existenzbedrohend unterbeschäftigt 3 von 62 17 von 52

Bauern 0 36

Menschen, die mit TBC-Erregern infiziert sind 0 33

Personen mit Zugang zu elektrischem Strom 100 73

  Autos 4

Christen 76 30

Muslime 5 20

Grafik: Art Direction Moser Holding

Globo

Inns’Bruck

mehr alles leisten können, wassie gewohnt sind, ist es wichtig,sich unsere Situation im globalenKontext zu vergegenwärtigen“,gibt Josef Nussbaumer zu beden-ken. So haben 100 Menschen inInns’Bruck Zugang zu sauberemTrinkwasser, in Globo fehlt 20 der Zugang zu sauberem Trinkwasser,ohne Strom leben im Weltdorf 27Menschen, in Inns’Bruck habenalle Strom. In Globo sind 44 von100 Menschen gänzlich von der Geldwirtschaft ausgeschlossen,in Inns‘Bruck gibt es (abgesehenvon Kindern) nur eine Personohne Bankkonto, die vermutlichauch keines will. Während es beiuns statistisch keinen Obdachlo-

sen gibt, leben in Globo 15 Men-schen ohne Dach über dem Kopf beziehungsweise in einem Slum.45 Globo-Bewohner haben unzu-reichenden Zugang zu sanitärer 

 Versorgung, in Inns’Bruck gibt esstatistisch immerhin eine Woh-nung ohne Bade- und Duschge-legenheit. „Es ist allerdings nichtsicher, ob dort auch jemandwohnt, denn viele Wohnungenstehen leer. Nichtsdestotrotz hatuns das erstaunt“, so Exenberger.

  Was die gesundheitliche Ver-sorgung betrifft, geht es den Be-wohnern von Inns’Bruck im globa-len Vergleich hervorragend, auchwenn sich statistisch kein Arzt für 100 Einwohner ausgeht. Es gibtein Krankenhaus, 100 Menschenhaben hier Zugang zu Blutversor-gung im Fall einer Operation, inGlobo genießen nur 20 das Privi-leg. Im Bereich der Bildung ist Inns-bruck ebenso gesegnet. 24 Men-schen – davon mindestens 12Nicht-Innsbrucker – gehen hier zur Schule, 22 studieren an der Universität, die einen wissen-

schaftlichen und einen nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter beschäftigt sowie einen externenLektor. „Für eine Stadt in einementwickelten Land ist das zwar ty-pisch, auf Globo bezogen aber al-les andere als selbstverständlich“,verdeutlicht Exenberger.

Paradies mit Fehlern

 Auch wenn es den Innsbrucke-rinnen und Innsbruckern – im Üb-rigen überwiegen die Frauen undstehen finanziell schlechter da alsdie Männer – verhältnismäßig gutgeht, möchten es Andreas Exen-berger und Josef Nussbaumer nicht verabsäumen, auch auf Prob-leme in Inns’Bruck hinzuweisen.Die Verteilungsgerechtigkeit sei

natürlich auch in Innsbruck einProblem, ebenso die hohen Miet-und Wohnkosten. „Einkommens-und Vermögensunterschiede wür-den sich wahrscheinlich pointiertdarstellen lassen, wenngleich sienicht so extrem sind wie in Glo-bo“, mutmaßt Exenberger. „Aller-dings gibt es nur wenige zuverläs-sige öffentliche Datenquellen da-

zu.“ Eine Situation, die übrigensauch auf weitere Themengebietewie beispielsweise Energie- undÖlverbrauch zutrifft. „Viele Dingesind regional und lokal schwie-riger zu recherchieren als global“,bedauert Josef Nussbaumer undergänzt, dass die statistische Be-schreibung der Stadt Innsbrucksich zunehmend verschlechtert.

„Von 1945 bis in die Mitte der 1990er-Jahre gab es ein sehr de-tailliertes statistisches Handbuch,das aus Kostengründen nichtmehr herausgegeben wird. Daszeigt in gewisser Weise den Wert,den man der Transparenz undReflektion der eigenen Situationbeimisst.“

[email protected] 

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Dienstag, 14. Februar 2012 20

Prickelndes Mineralwasser

oder Sekt – das fällt Laien zu-

erst zu Kohlensäure ein. Ein

weit verbreiteter Irrtum, der

sich rund um die Kohlensäure

rankt. Denn tatsächlich ist es

Kohlendioxid, welches für das

Prickeln verantwortlich ist.

Zu mehr als 99,9 Prozent bestehtMineralwasser aus Kohlendioxidund Wasser. Aufgrund der saurenReaktion, die eintritt, wenn Kohlen-dioxid mit Wasser reagiert, sprichtman landläufig von Kohlensäure.„Aber das ist so nicht richtig. DennKohlensäure ist im Mineralwasser zwar vorhanden, aber nur in sehr geringen Mengen von circa 0,01

Prozent“, weiß Thomas Lörtingvom Institut für Physikalische Che-mie der Uni Innsbruck. „Allerdingshandelt es sich um in Wasser gelös-te Kohlensäure und die verflüchtigtsich, sobald man eine Mineralwas-serflasche öffnet.“ So viel zu IrrtumNummer eins. Der zweite, der sichauch heute noch in manchen Che-mie-Lehrbüchern findet, ist jener,

dass Kohlensäure ein instabiles Mo-lekül ist, welches man nicht in Rein- form isolieren kann. Bereits Anfangder 90er-Jahre wurde dies von Inns-brucker Chemikern rund um ErwinMayer, zeitgleich mit einer Arbeits-gruppe der NASA, widerlegt. Siekonnten nachweisen, dass sich rei-ne Kohlensäure als Festkörper her-stellen lässt. Nichtsdestotrotz wird

Bis vor Kurzem glaubte man, dass es gasförmige Kohlensäure gar nicht gibt.

Innsbrucker Chemiker konnten das widerlegen. Mit ihrer Entdeckung haben

sie auch einen wichtigen Grundstein für astronomische Forschungen gelegt.

Die ganze Wahrheitüber Kohlensäure

Auch im Schweif von Kometen, die sich der Sonne nähern, oder in der Marsatmosphäre wird gasförmige Kohlensäure vermutet.   Foto: University of Colorado/ESO

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Dienstag, 14. Februar 2012 21

Kohlensäure als Reinsubstanz imInternet-Lexikon „Wikipedia“ nochimmer eine „wissenschaftliche Ku-riosität“ genannt.

Bis heute kursiert der Glaube,dass Kohlensäure augenblicklich zuKohlendioxid und Wasser zerfällt,wenn man kristalline Kohlensäureerwärmt. „Praktisch wurde es für unmöglich gehalten, gasförmigeKohlensäure zu bestimmen, daman davon ausging, dass sie sichsofort zersetzt“, bestätigt JürgenBernard, der in der Arbeitsgrup-pe von Lörting zu diesem Themaforscht. Weit gefehlt, denn auchdieses Dogma wurde von den Inns-brucker Wissenschaftlern umge-stoßen. Vor einem Jahr machten

sie nämlich eine bahnbrechendeEntdeckung. Und zwar, dass Koh-lensäure im Vakuum bei -50 bis-30 Grad vom Festkörper in dieGasphase übergeht – und dortbestehen bleibt.

Gefangen in der Matrix

Dafür mussten die Wissen-schaftler einen Trick anwenden,denn die Moleküle von fester Kohlensäure verteilen sich beimÜbertritt in die Gasphase in denganzen Raum. Dadurch sind sienur sehr schwer zu fassen und zuanalysieren. „Der Trick bestehtnun darin, dass man die gasför-migen Kohlensäure-Moleküle ineiner Matrix aus Edelgas auf -270Grad abkühlt“, erklärt Bernard.„Weil es so kalt ist, können sichdie Gasmoleküle nicht mehr be-wegen und werden auf kleinemRaum von circa ein mal ein Zen-timeter festgefroren.“ Dadurchentsteht ein gefrorenes Abbildder gasförmigen Kohlensäure, dasman mittels eines Infrarotspek-trometers exakt charakterisieren

kann. Unterstützt wurden die Inns-brucker Wissenschaftler dabei vonder Forschungsgruppe um HinrichGrothe von der TU Wien, die einesolche Matrixisolationsapparatur 

besitzt. Ein Gerät, mit dem manGasmoleküle bei tiefen Tempera-turen in einer Matrix einfangenund untersuchen kann. „Die Ma-trix selbst kann man sich vorstellenwie einen Rosinenkuchen“, ver-deutlicht Bernard. „Der Kuchen-teig ist die Matrix, die Rosinensind die Moleküle. Gibt man we-nig Rosinen in den Teig, könnensie sich gut verteilen. Man hat al-so ein großes Verhältnis zwischen

Matrix und Kohlensäure, wodurchdie Moleküle weit verteilt sindund man sie sehr gut bestimmenkann. Gibt man mehrere Rosinenhinein, kommen sie näher zusam-men – genauso, wie es sich auch

mit den Molekülen verhält.“Der zweite Trick, den die Wis-senschaftler angewandt haben:Sie ließen den „Kuchenteig“ bzw.die Matrix wieder verschwinden.

Durch das Erwärmen auf -30Grad blieben nur die „Rosinen“,die Moleküle, übrig. Diese ordnensich dann zu einem neuen Gebil-de, einem neuen Festkörper zu-sammen. Und zur Überraschungaller handelte es sich dabei wie-der um Kohlensäure – womit manwiderlegt hatte, dass Kohlensäuredurch Erwärmen in Wasser undKohlendioxid zerfällt.

Kohlensäure im Weltall

Die daraus gewonnenen Er-kenntnisse sind Lörting zufolgenicht nur für die Grundlagenfor-schung enorm wichtig. „Der Ver-gleich von unseren Laborspektrenmit Satellitenspektren legt nahe,dass es im All ein natürliches Vor-kommen an Kohlensäure gibt.“ Auf Grund der Bedingungen im Welt-raum müsste es etwa in der Mars-atmosphäre oder im Schweif vonKometen, die sich der Sonne nä-hern, gasförmige Kohlensäure ge-ben. „Unsere neuesten Laborex-

perimente weisen außerdem da-rauf hin, dass Kohlensäure auchin der Erdatmosphäre, vor allemin Cirruswolken, vorkommt. Der Nachweis in der Erdatmosphäre

Die Moleküle de Kohlensäue (H2CO3) teten in de Gasphase in dei unteschiedlichen Fomen auf: entwe-de als gepaates Kohlensäue-Molekül (.) ode in wei Aten von Einelmolekülen (l.).  Fotos: Uni Innsbruck

Jürgen Bernard, geboren1981 in Bozen, studierte

an der Uni Innsbruck Chemieund erhielt das Diplom eben-dort im Jahr 2009. Seit August2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktoratsstu-dent am Institut für Physika-lische Chemie. 2011 wurdeJürgen Bernard der Anerken-nungspreis der Jury für den„Best Student Paper Award2011“ für den Artikel „Spek-troskopische Beobachtungvon matrixisolierter Kohlen-säure, abgeschieden aus der Gasphase“ verliehen. Eben- falls 2011 erhielt er den Otto-Seibert-Wissenschaftspreis.

zur pErsOn

JürGEn bErnArD

«Die Matix, i de die Mo-lekle gefage id, kama ich votelle wieeie roiekche.»Jürgen Bernard

beeits Anfang de 90e-Jahe gelang es Innsucke Foschen,

Kohlensäue in reinfom im festen zustand heustellen.

ist bisher nicht gelungen. Wir hof-fen aber, dass sich noch jemandfindet, der das nachtesten wird.“

Gemeinsam mit Lörting wirdsich Jürgen Bernard weiterhin mitdieser und anderen Fragen rundum die Kohlensäure auseinander-setzen. Schließlich gehören siezu den wenigen Wissenschaftlernweltweit, die reine Kohlensäureim Labor herstellen können. „Bei-spielsweise wollen wir untersu-chen, wie die Kohlensäure tatsäch-lich ausschaut“, so Bernard. „Dreiverschiedene Varianten haben wir aus unseren Spektren bereits iden-tifiziert.“ Theoretische Unterstüt-zung bekommen die Chemiker beiihren Arbeiten schon seit mehr als

einem Jahrzehnt von der Innsbru-cker Arbeitsgruppe um Klaus Liedl,die mittels Computermodellen beider Interpretation der experimen-tellen Daten hilft. So können dieForscher vielleicht noch so man-chen Irrtum aufdecken. Denn auchwenn sie noch nicht die ganze Wahrheit über Kohlensäure wissen,so steht doch fest, dass sie dieser ein beträchtliches Stück näherge-kommen sind.  [email protected]

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Dienstag, 14. Februar 2012 22

 An der Universität Innsbruck fan-den am 7. und 8. Februar wie-der die FIT-Infotage statt. Schüle-rinnen höherer Schulen aus Tirolund Vorarlberg hatten die Mög-lichkeit, in technische und natur-wissenschaftliche Studiengänge„hineinzuschnuppern“. Insgesamtwurden 25 Studienrichtungenvorgestellt, die sowohl an der Universität Innsbruck als auch amMCI, an der FH Kufstein, an der UMIT und an der FH Vorarlbergangeboten werden. Durch aktives

  Ausprobieren, Laborführungen,

Institutsbesichtigungen und Vor-stellen von beruflichen Möglich-keiten konnten sich die Teilneh-merinnen ein gutes Bild von deneinzelnen Studienrichtungen ma-chen. Zwischen den Führungengab es eine Info-Messe, bei der sich die Schülerinnen über die ak-tuelle Arbeitsmarktsituation, dasStipendiensystem, die ÖH unddie Psychologische Beratungs-stelle für Studierende informierenkonnten.

Mädchen nutztendie FIT-Infotage

Naturwissenschaftliche und tech-nische Fächer wurden den Schüle-rinnen vorgestellt.  Foto: Uni Innsbruck

 Am 20. Jänner lud die Universitätwieder zur Habilitationsfeier , inder Rektor Tilmann Märk dieLehrbefugnis an 13 Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler überreichen konnte. Die Habilita-tion ist der höchste akademische

 Abschluss, für den herausragendeLeistungen in wissenschaftlicher Forschung und universitärer Leh-re nachgewiesen werden müssen.Rektor Märk drückte in seinenGrußworten Dank für den wich-tigen Beitrag der Habilitierten zur Forschungsleistung der Universi-tät aus und gratulierte herzlich.

Neu Habilitiertefeierten

Fotografische Dokumenta-

tionen, Zeichnungen, Pläne

sowie persönliche Kalender

aus dem Privatbestand des

Architekten Prof. Clemens

Holzmeister sind seit An-

fang Februar im Besitz des

Archivs für Baukunst der

Universität Innsbruck.

Rektor Tilmann Märk nahm denTeilnachlass von Guido Holzmeis-ter, dem 97-jährigen Sohn desTiroler Architekten, entgegen.„Als Rektor der Universität Inns-bruck bin ich sehr dankbar, dassder Nachlass des Architekten Prof.Clemens Holzmeister der Uni Inns-bruck übergeben wurde. Dieser Nachlass stellt eine Bereicherungfür das Archiv für Baukunst dar“,so Rektor Tilmann Märk.

Für Guido Holzmeister war es essenziell, den Teilnachlass inForm einer fotografischen Doku-mentation, einer Diasammlung,eines nationalen und internationa-len Pressespiegels, einer Berufskor-respondenz, eines Restnachlassesan Zeichnungen und Plänen, einer filmischen Dokumentation sowiepersönlicher Kalender sinnvoll zuvergeben. „Von diesem Nachlass

sollen vor allem die Studierendenprofitieren. Selten kann man ander Arbeit eines Architekten derartviel lernen, wie dies bei der Arbeitmeines Vaters der Fall ist“, huldig-te Guido Holzmeister seinem Vater Clemens. „Ich kenne wenige Leu-te, die so viele Briefe geschriebenhaben.“

Unterstützt wird dieser Gewinnfür die Universität Innsbruck da-

durch, dass Universitätsrätin Dr.Monika Knofler zahlreiche in ihremBesitz befindliche Unterlagen vonund über Clemens Holzmeister dem Archiv für Baukunst der Universität Innsbruck überlassenwird. Neben der wissenschaft-lichen Bearbeitung des Nachlassessoll am Archiv für Baukunst aucheine Ausstellung konzipiert wer-den.

Uni erhält Nachlass von

Clemens Holzmeister

Guido Holzmeister zeigt Rektor Tilmann Märk einige der Dokumenteseines Vaters Clemens Holzmeister.  Foto: Hausmeister

Seit Mitte der 1920er-Jahre wur-de jeder Rektor der UniversitätInnsbruck porträtiert, so auchKarlheinz Töchterle, der im April2011 ins Wissenschaftsministe-rium wechselte. Karlheinz Töch-terle ließ sich von seinem Bruder,Martin Töchterle, malen. Am 27.Jänner nahm die Universität Inns-bruck das Bild in seinem Beiseinentgegen.

Das Porträt Karlheinz Töchter-les wurde von seinem Bruder als100 mal 80 Zentimeter großesÖl-auf-Leinwand-Gemälde kon-zipiert. „Es war mir ein großes

  Anliegen, dem Charakter vonKarlheinz möglichst gut zu ent-sprechen“, sagt Martin Töchterle.

„Ihm sind Traditionen sehr wich-tig, aus diesem Grund ist das Bildeher klassisch“, erläutert er weiter.Es ehre ihn sehr, dass sein Werk ineiner Reihe mit so vielen großenTiroler Künstlern hängen werde,so Martin Töchterle.

Zwei echte Töchterle

M artin Töchterle malt seitüber 25 Jahren Aqua-

relle und Ölbilder, seit einiger Zeit experimentiert er auch mitMischtechniken. Sein thema-tisches Interesse ist breit gefä-chert und reicht von Landschaf-ten über Stillleben und Akte bishin zu Porträts.

Karlheinz Töchterle (l.) ließ sichvon seinem jüngsten Bruder Mar-tin (r.) porträtieren. Foto: Uni Innsbruck

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Dienstag, 14. Februar 2012 23

Diplome für Jungforscher der Sommer-Uni vergebenRektor Tilmann Märk überreichte Ende Jänner 30 Jungforscherinnen und Jungforschern der Kinder-Sommer-Uni 2011

ihr Diplom. Überreicht wurden die Diplome an jene Kinder, die an mindestens vier Kursen teilgenommen haben. DieKinder-Sommer-Uni der Jungen Uni fand in den Sommerferien bereits zum neunten Mal im Rahmen des Ferienzugesder Stadt Innsbruck statt. Der Ansturm auf die 32 interaktiven Workshops zu unterschiedlichsten Wissenschaftsthemenwar enorm: Mit 561 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stellte das Programm einen neuen Rekord auf. Foto: Uni Innsbruck

Das Spacesuit Laboratorydes Österreichischen Welt-raum Forums (ÖWF) ist andie Universität Innsbruck übersiedelt. Am 20. Dezem-ber fand die feierliche Er-öffnung statt.

Das Raumanzug-Labor des Ös-terreichischen Weltraum Forums(ÖWF) will in den Räumlichkeiten

der Universität Innsbruck den  Analog-Marsanzug „Aouda.X“weiterentwickeln, der im April2011 in der spanischen Halbwüs-tengegend des Rio Tinto getestetwurde. Das ÖWF forscht als ein-zige europäische Gruppe an der Entwicklung von Mars-Rauman-zügen.

  Vizerektor Arnold Klotz, der sich federführend für dieses La-bor an der Universität Innsbruck

eingesetzt hat, freute sich, ge-meinsam mit Mag. Gernot Grö-mer vom Vorstand des ÖWF undder Leiterin des Instituts für Astro-und Teilchenphysik, Prof. SabineSchindler, das Band zu den neuen

Laborräumlichkeiten durchschnei-den zu dürfen. „Was ich von Ger-not Grömer im Rahmen der Simu-lation einer Marsexpedition in der spanischen Region des Rio Tintoerfahren habe, war sehr beeindru-ckend. Was hier gemacht wird, ist

  Astronomie und Raumfahrt zumStaunen, Anfassen und gemein-samen Lernen, angebunden andie einschlägigen internationalenNetzwerke. Ich hoffe, dass Ihnendas Spacesuit Lab gute Dienste für 

Ihre Arbeit leistet“, richtete Vize-rektor Klotz seine besten Wünschean das gemeinsame Team der Uni-versität Innsbruck und des Öster-reichischen Weltraum Forums, dasdas Spacesuit Lab nutzen wird.

Das neue Labor bietet nebenMechanik- und Elektrotechnik-Ar-beitsplätzen auch Möglichkeitenfür 3D Rapid Prototyping – die ra-sche Herstellung von Musterbau-teilen und Modellen.

Neues Hauptquartierfür den Mars-Anzug

ÖWF-Vorstand Gernot Grömer,Vizerektor Arnold Klotz und die

Leiterin des Instituts für Astro-und Teilchenphysik, Prof. SabineSchindler, schneiden symbolischdas Band vor dem Eingang zumneuen Labor durch.  Foto: Uni Innsbruck

Bereits zum 10. Mal wurden En-de Dezember Mittel des vomLand Tirol initiierten Tiroler Wis-senschaftsfonds an Forscherinnenund Forscher der Uni Innsbruckvergeben. Rektor Tilmann Märkzeigte sich stolz über die Qualitätder einzelnen Forschungsanträge:„Forschung ist eine der Grund-aufgaben unserer Universität.Ohne den Wissenschaftsfonds desLandes Tirol wären zahlreiche For-schungsprojekte nicht durchführ-bar. Ich freue mich, dass das LandTirol unsere innovativen Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützt.“ Wissenschaftslandes-rat Bernhard Tilg, der die Förder-mittel persönlich überreichte,betonte die Wichtigkeit der For-schung für das Land Tirol: „Sie istein entscheidender Faktor für die

 Wettbewerbsfähigkeit unserer Re-gion.“ Von den 70 eingereichtenProjektanträgen konnten 49 be-willigt werden, davon stammen42 Anträge von Nachwuchsfor-scherInnen der Uni Innsbruck.

Fördermittel desLandes vergeben

Auch zahlreiche SchülerInneninformierten sich beim Tag deroffenen Tür über das Forschungs-feld Geographie.  Foto: Uni Innsbruck

Die von Prof. Adolf Leidlmair 1971 gegründete Innsbrucker Geographische Gesellschaft (IGG)feierte am 19. Jänner ihr 40-jäh-riges Bestehen. Im Rahmen einesFestkolloquiums mit dem Titel„Geographie heute – zwischenForschung und Praxis“ wurdenzukunftsweisende Fragen zuKlimawandel, Wirtschaftsentwick-

lung und Bevölkerungsdynamikerörtert. Neben dem Festakt sollteein Tag der offenen Tür interes-sierten Schülerinnen und SchülernEinblicke in das weite Forschungs-feld der Geographie geben.

Zwischen Praxisund Forschung

 Am Dreikönigstag verlieh die Uni-versität Amsterdam (Niederlande)dem Physiker Peter Zoller ein Eh-

rendoktorat. Der bereits vielfachausgezeichnete Theoretiker Peter Zoller wurde für seine wegwei-

senden Arbeiten auf dem Gebietder Laser- und Atomphysik ge-ehrt.

Ehrendoktorat für Peter Zoller

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16. Februar, 18.30 UhrVortrag: Das Megalithphäno-

men MecklenburgsChristoph Steinmann berichtetüber neue Erkenntnisse der Neo-lithisierung im Grenzgebiet deszentraleuropäischen Ackerbaus.Ort: Seminarraum 1, Zentrumür Alte Kulturen, Langer Weg 11

24. und 25. FebruarKinderuniversität am Wochen-ende: Auf den Spuren alterKulturen: Die Vorfahren derGriechen: Die Minoer undMykenerDie „Schatztruhe“ im Zentrum ür Alte Kulturen önet sich ür Jugendliche (12 bis 15 Jahre) am24. Februar,17 bis 19 Uhr, und ür Kinder (7 bis 11 Jahre) am 25.Februar, 10 bis 12.30 Uhr u. a.zum Thema: Wer war das geheim-nisvolle Seeahrervolk, das Kretabesiedelte, noch bevor es die altenGriechen gab? Anmeldung eror-derlich unter: [email protected] – Ort: Atrium, Innsbruck,Langer Weg 11, 1. Stock

5. März, 9 Uhr

Montagsfrühstück mit KathrinRöggla und Thomas Wegmann Es wird die Frage ins Zentrumgestellt, welche Möglichkeitendie Literatur hat, au die neuenFormen der Arbeitswelt und au  Veränderungen von Arbeit und Alltag durch Formen der (Selbst-)

Organisation zu reagieren.Ort: Literaturhaus am Inn, Jose-

Hirn-Straße 5, 10. Stock

7. März, 19.30 UhrBuchpräsentation und Dis-kussion: Deutschlands NeueRechte. Angriff der Eliten. VonSpengler bis Sarrazin

 Volker Weiß analysiert, wie sichdas Bedürnis nach Abgren-zung einer Elite in Deutschlandsjüngerer Vergangenheit äußerteund wie die Neue Rechte salon-ähig wird. Die Veranstaltungfndet au Initiative des Arbeits-kreises ür Wissenschatlichkeitund Verantwortlichkeit statt.Ort: Hörsaal 3, SoWi, Universi-tätsstraße 15

15. März, 20 bis 22 UhrNacht der offenen Tür amInstitut für Astro- und Teil-chenphysik Interessierte können unter pro-essioneller Anleitung durch einTeleskop blicken und Näheresüber die Arbeit von Astro- undTeilchenphysikeren erahren. AusSicherheitsgründen düren keine

Kinder unter 6 Jahren teilneh-men. Trepunkt um 20 Uhr beimNordeingang des HochhausesTechnikerstraße 25. – Ort: Cam-pus Technik, Technikerstraße 25

21. März, 18.30 UhrVorlesung: Was hat Organ-

spende mit Ökonomie zu tun?– Über die Gestaltung von

Institutionen zur Verteilungknapper RessourcenMarkus Walzl, neu beruener Proessor an der Fakultät ür 

 Volkswirtschat und Statistik, hältseine Antrittsvorlesung.Ort: Kaiser-Leopold-Saal,Karl-Rahner-Platz 3

22. März, 20 UhrPhilosophisches Café: DieAktualität der Philosophie –Metaphysik In der ersten von vier Veran-staltungen in Kooperation mitder Volkshochschule könnenPhilosophie-Interessierte gemein-sam mit Philosophie-ProessorinPaola-Ludovika Coriando Fragenrund um die Metaphysik nach-gehen.Inormationen: http://www.phil-cafe.info.ms/ Ort: Die Bäckerei – Kulturback-stube, Dreiheiligenstraße 21a

29. März, ab 14 UhrVorträge und Diskussion:Wahlen in Frankreich und

Russland – Entscheidungen fürunsere ZukunftMehrere Vortragende, darunter die ORF-Büroleiterin in Paris, EvaTwaroch, legen die Bedeutungder ranzösischen und russischen

 Auslandspolitik ür Europa undÖsterreich dar. Der Vortrags-

nachmittag mit abschließender Podiumsdiskussion ist Teil und

 Autakt einer ächerübergreien-den Vortragsreihe zum ThemaLuxusgut Demokratie.Ort: Kaiser-Leopold-Saal der Theologischen Fakultät, Karl-Rahner-Platz 3

29. März, 19.30 UhrVortrag und Diskussion: Wiewir ticken? Einstellung derÖsterreicherInnen zu Demo-kratie, Politik und MigrationSieglinde Rosenberger und GilgSeeber beschätigen sich unter der Moderation von GabrieleStarck mit den „kritischen“ Be-ziehungen zwischen BürgerInnenund liberal-repräsentativer Politik,und zwar aus der Perspektive der BürgerInnen. Die Veranstaltung fndet au Initiative des Arbeits-kreises ür Wissenschatlichkeitund Verantwortlichkeit statt.Ort: Haus der Begegnung,Rennweg 12

12. April, 20 UhrPodiumsdiskussion zurEurokrise

 Au Einladung des Instituts ür Geschichtswissenschaten undEuropäische Ethnologie diskutie-ren u. a. Minister a. D. FerdinandLacina und die Journalistin Anne-liese Rohrer miteinander.Ort: Aula im Universitätshaupt-gebäude, 1. Stock, Innrain 52

veransta l tungst ipps