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Wo in den Bächen und Flüssen der Nordostschweizam meisten Gold zu finden ist
Die Schweizer sind weit reicher anGold, als sie bisher wussten: Eine systematische Prospektion in der Nordostschweiz zeigte, dass man aus denmeisten Flüssen Gold waschen kann.Wichtigste Lieferanten sind der Rheingletscher und die Molassegesteinedes Napfgebietes.
VON HARALD STEINERT
In der Schweiz gibt es eine alte, aberweitgehend vergessene Goldwäschertradition. Vor allem im Napfgebiet wird seitdem Mittelalter Gold aus den Flüssen gewaschen, aus dem nachweislich Goldmünzen geschlagen worden sind. Einige"hauptberufliche" Goldwäscher arbeiteten noch in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an der Aare im Aargauin der Nähe von Umikon. Dort steht nocham Flussufer ein letztes Dokument, einrostender Waschherd. Die Tradition istinzwischen erloschen, doch hat in denletzten Jahrzehnten sich wieder eineganze Zunft von Hobbygoldwäschern zusammengefunden, die den Goldflittern inden Flüssen und Bächen in der Schweiznachgespürt: zwar kein lohnendes, aberein begeisterndes Geschäft. Einheimisches Gold (vor allem aus dem Napfgebiet) findet sich immerhin auf den Mineralienbörsen auf dem Verkaufstisch. Zwischen 50 und 100 solcher "angefressener" Sammler dürften in der warmen Jahreszeit unterwegs sein.
Das Glück des Goldwäschers: Wenner in seiner Waschpfanne nachschweisstriefender Arbeit einen "Sternenhimmel" leuchten sieht. Denn die meisthöchstens millimetergrossen Goldflitterstrahlen tatsächlich in dem Waschkonzentrat zwischen den "gewöhnlichen"
Mineralien, den Körnchen von Granat,Epidot, Zirkon und Erz wie die Sonne.Man versteht, dass zum Beispiel in densüdamerikanischen Hochkulturen dasGold höchste kultische Bedeutung hatte.Solchen "Sternenhimmel" demonstriertekürzlich an der Hauptversammlung derGeologischen Gesellschaft der GeologeFranz Hofmann aus Neuhausen amRheinfall. Er berichtete über seine rund26jährige Erfahrung in der Goldsuche, inder gesamten Nordostschweiz.
Franz Hofmann hat jedoch nicht nurwegen des Erlebnisses des Sternenhimmel prospektiert, sondern systematischmit rund 500 Waschversuchen auch derHerkunft des Goldes nachgespürt, das eraus den Fluss und Bachschottern sammelte.
Gold vom RheingletscherDer Ursprung der Goldflitter, die heute
in den Fliessgewässern der Nordostschweiz driften und örtlich dort angereichert werden, wo die Strömung die leichteren Bestandteile der Flusssedimentefortfährt, liege zum Teil in älteren Moränen aus der Eiszeit. Hauptlieferant jedoch war der gross Rheingletscher derjüngsten so genannten Würmvereisung,der mit seinen Zungen den Thurgau undweitgehend das Zürcher Oberland überflutet hatte: Er brachte im Gletscherschutt Gold aus dem Hinterrhein wie ausdem Vorderrhein mit, wo Goldlagerstätten im Felsgestein bekannt sind. Im Vorderrheingebiet ist es vor allem das berühmte CalandaGold. das zu der Goldführung des Rheingletschers beigetragenhat. Im Hinterrheingebiet muss es einebisher unbekannte Lagerstätte von Berggold (Gold im anstehenden Gestein) imGebiet von Filisur geben. Dort konnte
Hofmann hohe Goldkonzentrationen imFlusssediment nachweisen, die weiterflussaufwärts völlig fehlen und auch nichtaus dem ebenso goldfreien Landwasserlauf stammen. Doch bisher kennt niemand auch nur Indizien für die nähereLokalisation des Goldmutterlagers imRaum Filisur.
Auch das reichste Waschgoldgebietder Schweiz – das Napfgebiet – hat zuder Goldführung der heutigen Ströme inder Nordostschweiz beigetragen. DerenSediment stammt zum Teil aus der Erosion von geologisch viel älteren Sandsteinschichten, die damals in der Warmzeit des Tertiärs durch Meeresströmungen aus dem Napfgebiet abtransportiertund im Raum St. GallenRorschach abgelagert wurden. Sie könnten zum Beispiel das Gold geliefert haben, das heutein der Sitter gewaschen werden kann.
Der würmeiszeitliche Linthgletscher,der über die Linthebene und das Zürichseegebiet floss, hat mit seinen Moränenkein Gold mitgebracht, wie die Waschversuche des Neuhauser Geologennachweisen. Ebenso ist der Südschwarzwald mit seinen Bächen steril – vomGoldsucherstandpunkt aus gesehen.Diese Klärung der Herkunft des Waschgolds der Nordostschweiz erklärt die Verteilung der heutigen Vorkommen.
Goldreichste StellenAm goldreichsten ist der Hochrhein et
wa von dem Rheinknie bei Schaffhausenab bis nach Zurzach, wo allein in drei vonsechs Waschversuchen jeweils mehr als500 Goldflitter pro Kubikmeter Schottergefunden wurden. (Rund 1000 Goldflitterentsprechen etwa 40 Milligramm Gold).
Der Rheinfall selbst betätigt sich alsGoldkonzentrierungsanlage. In den Strudellöchern unterhalb des Falls lassensich relativ reiche Funde machen. Vielgrösser war allerdings die Überraschung
für den Neuhauser Geologen, als er erstim Lauf seiner Arbeiten feststellen musste, dass die reichsten Goldvorkommender Nordostschweiz nur 15 MinutenFussweg von seinem Heim entfernt imHochrhein bei Neuhausen liegen. Dortkonnte er rund 1000 Flitter pro Kubikmeter Schotter nachweisen.
Kuriosum am ZürichseeGoldführend sind auch die meisten
Flüsse des Thurgaus. Besonders reichgesegnet scheint die Glatt, goldarm jedoch die Thur zu sein. Am Nordhang desIrchels, bei Kloten und im Tösstal bis Bülach hin findet sich Gold in den Bächen.
Ein Kuriosum ist die Goldführung desGoldinger Bachs am Ostende des Zürichsees. Dort gibt es eine Goldsage, diean das "lsarloch" anknüpft, wo im 18.Jahrhundert durch die prospektierendenBergleute, die "Venediger" genannt werden, Stollen angelegt und mehrere tausend Tonnen Gestein gefördert wurden.Doch diese Gesteine sind absolut goldfrei. Das Gold des Waschversuches imGoldinger Bach (einige Dutzend Flitterpro Kubikmeter) stammt aus anderenQuellen. Überhaupt hat die Arbeit Hofmanns bewiesen, dass die überall kursierenden Goldsagen absolut nichts mit derGoldführung der Fliessgewässer zu tunhaben und beinahe eher als Hinweis darauf genommen werden können, dassdort kein Gold zu erwarten ist. Auch dieOrts und Flussnamen mit «Gold» sindnicht auf das gelbe Metall zurückzuführen, sondern auf altschweizerdeutscheAusdrücke wie "Goll" oder «Goldo» fürGeröll. Oder Hinweise auf besondereFarbigkeit der Landschaft. Das «GoldeneTor», an der Südostseite des FlugplatzesKloten verdankt seinen Namen goldigschimmernden Flittern des MineralsGlimmer, die dort bei Grundwasserstössen aufgewirbelt werden.
Überraschend goldarm sind allerdingsdie Gewässer der Hauptstadt des Goldes, Zürich, deren Panzerkeller sicherlichein Vielfaches des Goldes bergen, das inallen Flüssen und Bächen der Schweizdriftet oder im Schotter lagert. Hier hatdie Linthgletscherzunge gewirkt, die keinin den Alpen geschürftes Gold mit brachte.
Der pensionierte BerufsschullehrerErnst Widmer aus Küsnacht konzentrierte seine Arbeit auf das Zürcher Oberland.Dort hat er etwa zehn Kubikmeter Bachschotter verwaschen: eine Arbeit, für dieer immer wieder mächtige Findlingsblöcke beiseite räumen musste, um an dengoldführenden Schotter heranzukom
men. Dabei fiel ihm – neben anderen bemerkenswert grossen Flittern – ein Riesenexemplar von 7 Millimeter Länge indie Hände: Das Rekordgoldkorn derNordostschweiz, das sauber in einerSchachtel mit vergrösserndem Glasdeckel aufgeklebt wurde. Allerdings gibt esneben den flachen Goldflittern ebensorundliche Goldkörnchen.
Der Saldo der Goldprospektion in derNordostschweiz: Ihre Flüsse – allen voran der Hochrhein – können in punctoGoldführung ohne weiteres mit dem berühmten Rheingold konkurrieren. Diesesstammt aus dem Oberrheintal unterhalbvon Basel, wo lange Zeit Gold gewaschen Wurde.
Wie man «Gold wäscht»
Waschgold oder Flussgold werden dieGoldkörnchen oder flachen Goldflittergenannte die in lockeren Sedimentenvon Flüssen oder Bächen gefundenwerden und durch Waschen gewonnenwerden können. Die Goldpartikel sind inden Sedimenten oft zu Lagerstätten angereichert, zu so genannten Seifen. Sieentstehen dort, wo stärkere Strömungen die leichten Mineralkörner fortspülen, so dass die schweren Mineralkörner und vor allem das Gold zurückbleiben und dadurch konzentriert werden.Das Gold wird seit dem Altertum durchden Waschprozess gewonnen: Man fülltdas goldhaltige Roherz in eine Goldwäscherpfanne, die in möglichst strömendem Wasser gedreht oder geschwenktwird, so dass das Wasser die leichtenMineralienkörner fortspült und dieschweren Körner zurückbleiben. Man
sieht, das Goldwaschen ist letztlichnichts weiter als eine Fortsetzung dernatürlichen Bildung der Goldseifen mittechnischen Mitteln.
Diese technischen Mittel kann manheute noch käuflich erwerben (aus denUSA importiert). Waschgold ist nur ingroben Schottern oder Geröllen ausheutigen oder geologisch älteren Flussoder Bachsedimenten zu finden. Dochmuss mandie Grobbestandteile zunächst absieben: Das gelbe Metall findet sich dann in der übrig bleibendenSand und Kiesfraktion. Nach Erfahrungen des Neuhausener Geologen FranzHofmann in den Waschgoldvorkommender Nordostschweiz mit mehr als 500"Verwaschenen" Proben ist es empfehlenswert, das Absieben mit einem Siebvon vier Millimeter Maschenweite durchzuführen. (H. St.)