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Workshop zum Schwerpunkt: SCHÜLER*-LEHRER*-BEZIEHUNG AUS BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE IM FÖRDERSCHWERPUNKT DER EMOTIONALEN UND SOZIALEN ENTWICKLUNG Tijs Bolz M.Ed., Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik CvO Universität Oldenburg Fachgruppe Pädagogik bei Verhaltensstörungen & Fachgruppe Sonder- und Rehabilitationspädagogische Psychologie 1 „Schön, dass du da bist - du wirst dich hier bestimmt wohlfühlen

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Workshop zum Schwerpunkt:

SCHÜLER*-LEHRER*-BEZIEHUNG AUS BINDUNGSTHEORETISCHER

PERSPEKTIVE IM FÖRDERSCHWERPUNKT DER EMOTIONALEN UND

SOZIALEN ENTWICKLUNG

Tijs Bolz M.Ed., Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik CvO Universität Oldenburg

Fachgruppe Pädagogik bei Verhaltensstörungen &Fachgruppe Sonder- und Rehabilitationspädagogische Psychologie

1

„Schön, dass du da bist - du wirst dich hier bestimmt

wohlfühlen“

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MÖGLICHE IMPLIKATIONEN FÜR DIE (SONDER-)PÄDAGOGISCHE PRAXIS(BOLZ & KOGLIN I. VORB.)

2„Bindungstheoretische Professionalisierung“: Fort- und Weiterbildung

Wahrnehmen & Verstehen

Erfassung der Bindungsrepräsentation

von SuS

Selbstreflexion zu den eigenen Beziehungs-

repräsentationen (und deren Auswirkung auf

das schulische Handeln

Beobachtung der S-L-B Interaktion im Klassenraum

• Schule als sicherer Ort

• Schule als tragfähiger und haltender Ort

• Beziehungs-orientierte Proaktive und Reaktive Strategie

Gestaltung vertrauensvoller

Beziehungen

Interpretieren & Handeln

Gezielte beziehungsorientierte

Prävention und Intervention

Bindungs- und Beziehungsorientierte

Schulkonzepte & Settings

• Konzept der Feinfühligkeit

• CARE Intervention• etc.

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3

SCHWERPUNKTE DES WORKSHOPS

I. Bedeutsamkeit der Gestaltung von Beziehung im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung

II. Bindungstheoretischen Grundannahmen und deren Potentiale für die Beziehungsgestaltung im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung

III. Ansätze bindungsgeleiteter und beziehungsorientierter Handlungsmöglichkeiten für die schulische Praxis

INHALTE DES WEITERFÜHRENDEN WORKSHOPS:- Wahrnehmen, Erkennen und Verstehen von bindungsrelevanten

Verhaltensweisen im Unterricht - Vertiefung bindungsgeleiteter Handlungsmöglichkeiten für die

schulische Praxis

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4

Wahrnehmen und Verstehen von bindungsrelevanten Aspekten im schulischen Kontext fängt bei der eigenen

Person an.

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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LEHRERROLLE – SCHÜLERROLLE

5

Korridormodell – Ein Modell zur Kontext- und Rollenklärung

(Kühn, 2018, 26)

Privatperson Lehrerrolle

K

o

r

r

i

d

o

r

Schülerrolle Kind

K

o

r

r

i

d

o

r

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Übung I:

1.) Suchen Sie sich eines der drei Korridormodelle aus (A, B oder C) und bearbeiten Sie für sich die angefügten Fragen.

2.) Tauschen Sie sich bei Bedarf in Kleingruppen über Ihre Ergebnisse aus.

6

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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>>Indem wir „Lehrer“ und „Schüler“ sagen, begrenzen wir die Beziehung auf zwei Rollen mit den Funktionen „Lehrer“ und

„Lernen“. Die Gestaltung dieser pädagogischen Beziehung liegt in professioneller Verantwortlichkeit<<

(Kühn, 2018, 27)

7

Übernahme der Verantwortung für Beziehungsprozesse mit Schülern beginnt mit der

Reflexion der eigenen professionellen Rolle.

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Leitfragen für die Reflexion (Kühn, 2018)

8

Lehrkraft Schüler

• Was ist mein beruflicher Auftrag, was nicht?

• Was ist der pädagogische Auftrag, was nicht?

• Welche Rahmenstrukturen sind erzieherisch zielführend?

• Welche Verantwortlichkeiten und Aufgaben ergeben sich bezogen auf den Unterrichtsrahmen für meine Rolle?

• Welche Interaktionsstrukturen sind erzieherisch zielführend?

• Welche Verantwortlichkeiten und Aufgaben ergeben sich bezogen auf Interaktionen in meiner Rolle?

• Was sind meine konkreten Erwartungen an Schüler?

• Welche Aufgaben ergeben sich daraus für Schüler?

• Wo liegen die Verantwortlichkeitenvon Schülern?

• Was sind meine Konsequenzen und wie stufe ich sie ab?

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Frühe Bindungserfahrungen besitzen wichtige Implikationen für die sozial-emotionale Entwicklung im

weiteren Lebenslauf(vgl. Ahnert & Spangler, 2014)

Was bedeutet dies für den schulischen Kontext?

9

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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POTENTIALE BINDUNGSTHEORETISCHER GRUNDANNAHMEN FÜR DIE

BETRACHTUNG DER SCHÜLER-LEHRER-BEZIEHUNG

• Funktion von Lehrkräften als sichere Basis und sicherer Hafen zu fungieren

• die emotionale Unterstützung durch die Lehrkraft sensitive Reaktion auf die Bedürfnisse der SuS Verstehen der Perspektive (Empathie) der SuS

• Kognitive Repräsentation der Eltern-Kind-Bindung (Modell sozialer Beziehungen) werden mit in den Unterricht gebracht

• Bedeutung der affektiven Qualität der Schüler-Lehrer-Beziehung (Koomen et al. 2011)

(Verschueren, 2015, 79)

Interindividuelle Unterschiede der SuS in der Wahrnehmung der SLB & Einfluss der Eltern auf die SLB

(Davis 2003)

10

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Internale Arbeitsmodelle

- Bindungsverhalten hat genetische Basis

- ist aber auch durch Interaktionserfahrungen modifizierbar

Durch Zusammenspiel zwischen Bindungsverhaltenssystemdes Kindes und dem Fürsorgesystem entwickelt sich das internale Arbeitsgedächtnis

Setzt sich zusammen aus:

• selbst gespeicherten Wissen über Bindungserfahrung

• Erwartungen und Vorstellungen hinsichtlich der Reaktion der Bindungsperson und über das eigene Selbst

11

dienen der Interpretation, Planung und Vorhersage von Interaktionen mit Interaktionspartnern

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Internale Arbeitsmodelle – Ein Beispiel

12

Übung II: • Lesen Sie das Gedankenspiel durch• Machen Sie sich Gedanken zu den Fragen

Gedankenspiel verdeutlicht:• Die internalen Arbeitsmodelle beeinflussen die Interaktionen

des Kindes mit seiner (auch neuen) Umwelt• Mensch erwartet von für ihn neue Personen, dass sie ihn

entsprechend seines eigenen Selbstbildes wahrnehmen.• Die internalen Arbeitsmodelle beeinflussen die Erwartungen in

Bezug auf das Verhalten des Gegenübers

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Einfluss des internale Arbeitsmodelle auf…Gefühle:

• Gegenüber der Eltern und gegenüber der eigenen Person

• Das Bild, das die Eltern von ihrem Kind haben, beeinflusst maßgeblich wie es sich selbst sieht

kindliche Erwartung:

• in Bezug auf das elterliche Verhalten

• Umgang mit dem Kind

Eigene Verhaltensplanung:

• Interaktion mit der jeweiligen Bezugsperson (Bowlby 1988)

• Anpassung des Verhaltens an die Wirklichkeit (Fremmer-Bombik 2011)

13

Die internalen Arbeitsmodelle dienen der Simulation der Realitätermöglichen vorrausschauendes Planen des Verhaltens Anpassung des Verhaltens auf real gegebene Umstände

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Einmal unsicher- immer unsicher?

Stabilität von Bindung

14

• Bindungsmuster neigen zur Stabilität sind aber keinesfalls unveränderlich

• Lebensumstände eines Kindes können sich derart verändern, dass dies auch zur Veränderung der Bindungsqualität führt (Bretherton, 1985)

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Wirkung von Bindungserfahrungen auf die Bewältigungsfähigkeit

(Zimmermann, 2004, S. 121)

• Bindungserfahrungen werden in internalen Arbeitsmodellen gespeichert• Diese haben Auswirkungen auf den Umgang mit negativen Gefühlen

sowie auf die Gestaltung von engen Beziehungen • Steuern die Wahrnehmung, Interpretation und Ausbildung von

Erwartungen, die Regulation der entstehenden Gefühle und das daraus resultierende Verhalten

SuS sowie Pädagogen übertragen ihre Beziehungskonzepte auf die Schüler-Lehrer Interaktion

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Internale Arbeitsmodelle im Überblick

16

„Internale Arbeitsmodelle beinhalten internalisierte, mentale Repräsentationen vom eigenen Selbst, der

Umwelt und den Bezugspersonen“(Lengning & Lüpschen, 2012, 28)

„Sie dienen der Simulation der Realität, der Bewertung von Situationen und daraus folgend der Verhaltenssteuerung in

bindungsrelevanten Situationen“ (Lengning & Lüpschen, 2012, 28)

„Bei allen Kindern bilden sich spezifische Bindungsverhaltensmuster aus, die über zahlreiche

Situationen hinweg gezeigt werden“

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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BINDUNGSMUSTER/ -STRATEGIEN UND BINDUNGSSTÖRUNG

17

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Bindungsverhaltens-system

Explorations-verhaltenssystem

Unsicher-ambivalent/ ängstlich

vermeidend Sichere Bindung

Transmission der Bindungsmuster in die Schule

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Die Bindungstypen im Überblick – Ein Kontinuum

• sicher-balancierte Bindungstyp (Typ B)

• unsicher-vermeidende Bindungstyp (Typ A)

• unsicher ambivalente Bindungstyp (Typ C)

• desorganisierte/ desorientierte Bindung (Typ D)

Abzugrenzen von Bindungsstörungen 19

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Zusammenfassung der Bindungstypen(vgl. Lengning 2004)

20

Unsicher-vermeidende

Bindung

(A)

Sichere Bindung

(B)

Unsicher-ambivalente

Bindung

(C)

Beziehungs-

strategien

Vermeiden Beziehungen

Brechen Beziehung ab

Suchen keine oder kaum

Unterstützung bei ihren

Bezugsperson

Zeigen ihren Wunsch nach

Bindung offen

Sind beziehungsorientiert

Suchen bei Belastung

Unterstützung der

Bezugsperson

Zeigen vermehrt

Bindungsverhalten

Strategien im

Bindungsverhalten sind unklar

(vgl. hierzu Verhalten in der

Fremden Situation)

Suchen Ständig Aufmerksamkeit

der Bindungsperson

Selbstkonzept

Selbsteinschätzung ist

vermeidend perfekt, d. h.

eigene Schwächen

werden nicht erkannt

oder nicht zugegeben

Selbsteinschätzung ist offen

und flexibel

Selbstwertgefühl ist positiv

Achtet sich selbst

Selbsteinschätzung ist negativ

Selbstvertrauen ist gering

Das Bild von Sich selbst ist

negativ

Umgang mit

Emotionen

Umgang mit Emotionen ist

nicht offen

Negative Emotionen werden

verleugnet

Emotionen können offen

kommuniziert werden

Zugang zu eigenen

Emotionen ist gut

Emotionen werden schlecht

integriert

Negative Emotionen werden

manchmal verleugnet

Haltung zu

Körperkontakt

Vermeidend Körperkontakt wird gesucht Kontakt wird gesucht, aber

sie widersetzen sich auch

gleichzeitig

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Transmission - Kinder übertragen ihre Bindungskonzepte auf ihre Lehrkräfte

• In Bindungskonzepten der Kinder sind ihre Erfahrungen abgebildet, ihre Erwartungen werden dadurch bestimmt.

• Jede neue Person, zu der eine Bindung entwickelt wird, wird den bestehenden Modellen angepasst (Bowlby, 1997)

21

Bindungsmuster sind durch neue sichere Bindungserfahrungen veränderbar

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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Beziehungsorientiertes Handeln aus bindungstheoretischer Perspektive

22

Grundlegendes Ziel: Für unsicher gebundene Kinder die pädagogische Beziehung so gestalten, dass diese den bisherigen Beziehungserfahrungen widerspricht und die Entwicklung sicherer Arbeitsmodelle von Bindung fördert.

Feinfühlig (re-)agieren:- Bindungssignale des Kindes wahrnehmen- Korrekt interpretieren und verstehen- angemessen darauf reagieren

I. WAHRNEHMEN, ERKENNEN UND VERSTEHEN VON BINDUNGSRELEVANTEN

VERHALTENSWEISEN IM UNTERRICHT

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II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM

UNTERRICHT AUS BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

23

Prompt und angepasst an das Bindungsverhalten

(Bindungsstil) des Kindes.

Im Sinne der Bindungstheorie und in jedem Fall dem Kind

positive Wertschätzung entgegenbringend

Verhaltensstörungen stellen oft Lösungsversuche für das

Kind im Umgang mit Problemen dar.

Wahrnehmung

der

Verhaltensweise

Korrekte

Interpretation und

Verstehen der

Verhaltensweise

Angemessene

feinfühlige

Reaktion

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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Übung III:

Lesen Sie sich das Fallbeispiel durch.

1. Wahrnehmung

– Welche Informationen werden wahrgenommen?

– Welche Einflussfaktoren sind relevant?

– Welche Verhaltensweisen sind aus Ihrer Perspektive bindungs- und beziehungsrelevant?

2. Interpretation und Verstehen der Verhaltensweise- Welcher Bindungsstil steckt hinter dem Verhalten?

- An welchen Verhaltensweisen ist dieser Bindungsstil zu erkennen? (Überprüfung)

24

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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Zusammenfassung der Bindungstypen(vgl. Lengning 2004)

25

Unsicher-vermeidende

Bindung

(A)

Sichere Bindung

(B)

Unsicher-ambivalente

Bindung

(C)

Beziehungs-

strategien

Vermeiden Beziehungen

Brechen Beziehung ab

Suchen keine oder kaum

Unterstützung bei ihren

Bezugsperson

Zeigen ihren Wunsch nach

Bindung offen

Sind beziehungsorientiert

Suchen bei Belastung

Unterstützung der

Bezugsperson

Zeigen vermehrt

Bindungsverhalten

Strategien im

Bindungsverhalten sind unklar

(vgl. hierzu Verhalten in der

Fremden Situation)

Suchen Ständig Aufmerksamkeit

der Bindungsperson

Selbstkonzept

Selbsteinschätzung ist

vermeidend perfekt, d. h.

eigene Schwächen

werden nicht erkannt

oder nicht zugegeben

Selbsteinschätzung ist offen

und flexibel

Selbstwertgefühl ist positiv

Achtet sich selbst

Selbsteinschätzung ist negativ

Selbstvertrauen ist gering

Das Bild von Sich selbst ist

negativ

Umgang mit

Emotionen

Umgang mit Emotionen ist

nicht offen

Negative Emotionen werden

verleugnet

Emotionen können offen

kommuniziert werden

Zugang zu eigenen

Emotionen ist gut

Emotionen werden schlecht

integriert

Negative Emotionen werden

manchmal verleugnet

Haltung zu

Körperkontakt

Vermeidend Körperkontakt wird gesucht Kontakt wird gesucht, aber

sie widersetzen sich auch

gleichzeitig

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Bindung und Lernen

„Menschen lernen durch Bindung an Personen mehr als durch andere Informationsquellen“

(Dollase, 2015)

26

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNDREIECKE FÜR DIE BINDUNGSTYPEN – SICHER BALANCIERT

GEBUNDEN

27

SchülerIn

Lehrkraft Lernaufgabe(Geddes, 2007)

Eigene Bedürfnisse, Interaktion mit sowie Unterstützung durch die Lehrkraft und Orientierung an den Erfordernissen der Lernaufgabe befinden sich in einem dynamischen Gleichgewicht.

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNDREIECKE FÜR DIE BINDUNGSTYPEN – UNSICHER-VERMEIDEND: SCHULE ALS UNSICHERE BASIS?

28

SchülerIn

Lehrkraft Lernaufgabe(Geddes, 2007)

Lernaufgabe erfüllt eine wichtige Brückenfunktion zwischen Lehrkraft und Schüler, da die Schüler darüber verlässlich Interesse und Zuwendung durch die Lehrkraft erfahren.

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNPROFIL UNSICHER- VERMEIDEND GEBUNDENER SCHÜLER

29(Geddes, 2007)

Ebene 1: Reaktion auf die Schule/ das Klassenzimmer• Keine äußeren Anzeichen von Angst oder Verunsicherung angesichts der

neuen Situation

Ebene 2: Reaktion auf die pädagogische Fachkraft • Verleugnung von Unterstützungs- und Hilfebedarf durch die Lehrkraft• Emotionale Nähe des Lehrers wird nur schwer ertragen

Ebene 3: Reaktionen auf Lernaufgaben • Autonome und intensive Beschäftigung mit Aufgaben, starke Unabhängigkeit • Feindseligkeit und Aggression wird auf pädagogische Mitarbeiter gerichtet • Die Lernaufgabe fungiert als emotionale Sicherheitszone zwischen Schüler

und Lehrkraft

Ebene 4: Fähigkeiten und Schwierigkeiten• Schulleistungen unterhalb des Fähigkeitsniveaus• Eingeschränkte Verwendung von Sprache zur Kommunikation• Eingeschränkte Nutzung kreativen Denkens

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNDREIECKE FÜR DIE BINDUNGSTYPEN UNSICHER-AMBIVALENT

SCHULE ALS UNSICHERE BASIS?

30

SchülerIn

Lehrkraft Lernaufgabe(Geddes, 2007)

• In der Lernsituation wirken unsicher-ambivalente Schüler überängstlich und tendieren zu anklammerndem und kontrolliertem Verhalten.

• Versuchen dessen Rolle zu übernehmen, wobei die Lernaufgabe als Störfaktor für die Beziehung ignoriert wird.

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNPROFIL UNSICHER- AMBIVALENT GEBUNDENER SCHÜLER

31(Geddes, 2007)

Ebene 1: Reaktion auf die Schule/ das Klassenzimmer• Hohe Angst- und Unsicherheitsniveau (im Extremfall Schulphobie)

Ebene 2: Reaktion auf die pädagogische Fachkraft • Starkes Bedürfnis nach der Aufmerksamkeit der Lehrkraft• Offensichtliche Abhängigkeit von der Lehrkraft • Ausdruck von Feindseligkeit und Aggression gegenüber der Lehrkraft

Ebene 3: Reaktionen auf Lernaufgaben• Schwierigkeiten mit der selbstständigen Aufgabenbewältigung• Keine Persistenz in der Beschäftigung mit der Lernaufgabe aus Angst die

Aufmerksamkeit der Lehrkraft zu verlieren

Ebene 4: Fähigkeiten und Schwierigkeiten• Schulleistungen unterhalb des Fähigkeitsniveaus• Gut entwickelte Sprachfähigkeit • Schwache Mathematikleistungen

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNDREIECKE FÜR DIE BINDUNGSTYPEN DESORGANISIERT

32

(Geddes, 2007)

SchülerIn

Lehrkraft Lernaufgabe

• Einerseits kann schulische Unterweisung durch den Lehrer nicht akzeptiert werden, da sie ständig Kontrollverlust, physische oder psychische Bedrohung von diesem erwarten und diese durch ihr Verhalten zu provozieren versuchen.

• Andererseits werden auch die Lernaufgaben nicht akzeptiert, da sie potentiell die Gefahr des Versagens bergen und somit bestehende Gefühle von Inkompetenz und Unzulänglichkeit noch verstärken.

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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LERNPROFIL DESORGANISIERT GEBUNDENER SCHÜLER

33(Geddes, 2007)

Ebene 1: Reaktion auf die Schule/ das Klassenzimmer• Extreme Angst, die ihren Ausdruck in kontrollierendem oder übermächtigem

Verhalten findet

Ebene 2: Reaktion auf die pädagogische Fachkraft• Größte Schwierigkeiten die Autorität des Lehrers anzuerkennen, aber

eventuell Respekt vor der Schulleitung • Unfähigkeit, den Anweisungen des Lehrkraft zu folgen

Ebene 3: Reaktionen auf Lernaufgaben• Die Lernaufgabe löst starke Ängste vor dem Versagen aus, daher wird diese

abgelehnt oder sogar zerstört • Schwierigkeiten zuzugeben, „etwas nicht zu wissen“• Schüler wirkt leicht altklug und behauptet bereits alles zu können/ zu wissen

Ebene 4: Fähigkeiten und Schwierigkeiten• Mangelnde Kreativität und Phantasie, konzeptionelles Denken fällt schwer• Hohe Wahrscheinlichkeit für Schulversagen

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

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II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM

UNTERRICHT AUS BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

34

Prompt und angepasst an das Bindungsverhalten

(Bindungsstil) des Kindes.

Im Sinne der Bindungstheorie und in jedem Fall dem Kind

positive Wertschätzung entgegenbringend

Verhaltensstörungen stellen oft Lösungsversuche für das

Kind im Umgang mit Problemen dar.

Wahrnehmung

der

Verhaltensweise

Korrekte

Interpretation und

Verstehen der

Verhaltensweise

Angemessene

feinfühlige

Reaktion

II. BEZIEHUNGSORIENTIERTE

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT

Page 35: Workshop zum Schwerpunkt: S *-LEHRER* …...Workshop zum Schwerpunkt: SCHÜLER*-LEHRER*-BEZIEHUNG AUS BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE IM FÖRDERSCHWERPUNKT DER EMOTIONALEN UND SOZIALEN

35

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN

HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS BINDUNGSTHEORETISCHER

PERSPEKTIVE

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WODURCH KANN EINE SICHERE BINDUNG GEFÖRDERT

WERDEN?

Bindungsgeleitete Interventionen

• Keine Zementierung der unsicheren Bindungsmuster durch komplementäres Verhalten

• Schüler Beziehungserfahrungen ermöglichen, die zum Aufbau einer sicheren Beziehung führen

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Feinfühliges Bindungsverhalten

• Symbolische Interaktionen• Synchronisation• Regelspiele• (Tiergestützte Interventionen)

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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WODURCH KANN EINE SICHERE BINDUNG GEFÖRDERT WERDEN?

Konzept der Feinfühligkeit (Ainsworth 1913 - 1999)

• Die Fürsorgeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling.

• Ausgeprägte Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung

• Bindungsperson muss nicht die leibliche Mutter sein

• Die Fürsorgeperson muss die Signale des Schülers…wahrnehmen

richtig interpretieren

prompt reagieren

angemessen reagieren

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III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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Übung IV:

- Leiten Sie aus der Tabelle Verhaltensweisen bzw. Reaktionen von Lehrkräften in Bezug zu Ihrem Fallbeispiel und den jeweiligen Bindungsmustern ab

- Notieren Sie diese auf Ihrem Handout (mit Ablaufschema)

- Welche weiteren Reaktionen gibt es aus Ihrer Sicht?

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„Hauptziel in der Schule sollte es bei Schülern mit ungünstigen Bindungsmustern sein, die Beziehung zum Schüler so zu

gestalten, dass diesen den bisherigen Erfahrungen widerspricht und dadurch eine Chance zur Veränderung ungünstiger

Bindungsmuster eröffnet wird“(Julius, Gasteiger-Klicpera & Kißgen, 2009, 229f.)

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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Die Bedeutsamkeit von Ritualen und Strukturgebung

• Sicherheit und Halt geben

• Orientierung ermöglichen

• Sorgen für Strukturierung und damit Ordnung

• Vermitteln Verlässlichkeit und Geborgenheit (z.B. Begrüßungsrituale)

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Teil einer sicheren Basis, die wiederum die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und das Lernen durch Exploration erst

ermöglich!

(Jungmann & Reichenbach, 2016)

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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Eine Bindungsfigur, also auch eine Lehrkraft, kommt nicht aus der Bindung heraus und auch nicht aus den

Konsequenzen.

„Man kann sich nicht nicht beziehungsmäßig verhalten“

(Julius, 2011)

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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Aspekte der Selbst-

Betrachtung

Ziele

Selbstwahrnehmung und

Selbstbewusstsein

Mit sich und anderen selbstbewusst und einfühlsam umgehen

Sich selbst zur Sprache bringen, statt anderen zu sagen, was sie tun sollen

Sich der Bedeutung der nonverbalen Kommunikation bewusst sein und sie

authentisch einsetzen

Empfindung/ Gefühle Aus Machtspielen aussteigen und autonom handeln

Ängste wahrnehmen, reflektieren, minimieren beziehungsweise transformieren

Gefühle, Verstand und Handlungen als Partner betrachten

Berufsklärung und

Sinnfindung

Übungen zu „Ich als Lehrerkraft: Damals und heute?“

Berufliche Kompetenzen wahrnehmen, reflektieren und professionell anwenden

Belastung und Entlastung Stärken Einsätzen, Schwächen akzeptieren (Spiel mit Stärken und Schwächen)

Erwartungen von Erfüllungen entkoppeln und Leistungsdruck entschärfen

Wege aus der „Sackgasse“ Perfektionismus finden

Innere und äußere Überforderungen erkennen und sich selbst entlasten

Selbst und Umwelt Eigene Lebensgeschichtliche Einflüssen wahrnehmen und ihre Wirkung im

beruflichen Alltag produktiv nutzen

Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein (Bolz, 2017, 14)

III. ABLEITEN VON PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN AUS

BINDUNGSTHEORETISCHER PERSPEKTIVE

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Ohne eine deutliche Berücksichtigung emotionaler und sozialer Dimensionen

bleibt unser Unterricht hochgradig riskant und letztlich inhaltsleer!

(Budnik et al. 2003)

„Der Beziehungsaspekt dominiert den Inhaltsaspekt“

(Watzlawick, Beavin & Jackson, 2011)

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Neben dem Erkennen der Grenzen der eigenen Professionalität ist es unerlässlich, dass man nur dann feinfühlig positive Beziehungen gestalten kann, wenn man selber Psychohygiene betreibt

und es einem selber gut geht!

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Vielen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit!

Rückmeldungen bzw. Fragen?

Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik

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